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KATHERINE HOWE DAS HEXENBUCH VON SALEM

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D A S H E X E N B U C H V O N S A L E M

R O M A N

A U S D E M A M E R I K A N I S C H E N

V O N J U D I T H S C H WA A B

PAGE & TURNER

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Die Originalausgabe erschien 2009 unter dem Titel »The Physick Book of Deliverance Dane«

bei Voice, an imprint of Hyperion, New York.

Verlagsgruppe Random House fsc-deu-0100Das fsc-zertifi zierte Papier EOS für dieses Buch

liefert Salzer, St. Pölten.

Page & Turner Bücher erscheinen imWilhelm Goldmann Verlag, München, einem Unternehmen der Verlagsgruppe

Random House GmbH.

1. Aufl age Copyright © der Originalausgabe 2009

by Katherine HoweCopyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2009

by Page &Turner/Wilhelm Goldmann Verlag, München,in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Redaktion: Kerstin von DobschützGesetzt aus der Janson-Antiqua

Druck und Einband: GGP Media GmbH, PößneckPrinted in Germany

ISBN: 978-3-442-20356-7

www.pageundturner-verlag.de

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Heute sah ich, wie Giles Corey zwischen Steinen zu Tode erdrückt wurde. Zwei Tage lang hatte er so ge-legen, ohne einen Laut von sich zu geben. Bei jedem Stein sagte man ihm, er solle gestehen, sonst würden es noch mehr Steine werden. Doch er fl üsterte nur: mehr Gewicht. Mitten in der Menge stand auch Gevatterin Dane; als man den letzten Stein auf ihn legte, wurde sie bleich, nahm meine Hand und weinte.

Brieffragment, datiert mit: »Salem Towne, 16. September 1692«

Aus dem Kabinett für seltene Handschriften des Athenäums in Boston

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P R O L O G

Marblehead, MassachusettsEnde Dezember 1681

Peter Petford tauchte einen langen hölzernen Löffel in den Eisentopf mit köchelnden Linsen, der über dem Feuer

hing, und versuchte, die Sorge aus seinem Bauch zu vertrei-ben. Er rückte mit seinem Hocker näher an den Herd heran, beugte sich vor, einen Ellbogen auf das Knie gestützt, und sog begierig den Duft der gedämpften Hülsenfrüchte ein, der sich mit dem würzigen Geruch des brennenden Apfel-holzes vermischte. Es war ein tröstliches Aroma, das ihn ei-nen Moment lang glauben machte, diese Nacht sei eine ganz gewöhnliche Nacht, und sein Bauch gab ein ungeduldiges Knurren von sich, als er den Löffel aus dem Linsengericht zog, um zu prüfen, ob es gar war. Peter war kein Mann, der zum Grübeln neigte, und er war sich sicher, seinem Magen könne nichts Schlimmes widerfahren, das sich nicht mit ei-ner Schale Linsen kurieren ließe. Außerdem kommt gleich je-

nes Weib, dachte er mit grimmiger Miene. Für weise Frauen hatte er bislang nie Verwendung gehabt, doch Gevatterin Oliver hatte darauf bestanden. Sie hatte gesagt, die Tränke und Tinkturen jener Frau kurierten fast alles. Einmal, so hieß es, habe sie mit ihren Zauberkräften gar ein Kind gefunden, das sich verlaufen hatte. Peter brummte vor sich hin. Er wür-de es mit ihr versuchen. Dieses eine Mal würde er es versu-chen.

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Aus einem Winkel des schmalen, fi nsteren Raumes drang ein schwaches Wimmern, und Peter blickte von dem damp-fenden Topf empor, eine tiefe Furche der Angst zwischen den Brauen. Mit einem Schüreisen stocherte er nach einem der Scheite, der einen knisternden Regen aus Funken und eine graue Rauchsäule von sich gab, und richtete sich dann von seinem Hocker auf.

»Martha?«, fl üsterte er. »Bist du wach?«Aus dem Dunkel war kein weiterer Laut zu hören, und

Peter trat mit leisen Schritten auf das Bett zu, auf dem sei-ne Tochter schon seit Tagen lag. Er zog den schweren, wol-lenen Vorhang beiseite, der zwischen den Bettpfosten hing, und ließ sich vorsichtig auf der Kante der klumpigen Feder-matratze nieder. Das fl ackernde Licht von der Feuerstelle huschte über die Decken und beschien ein bleiches Gesicht, umrahmt von Strähnen fl achsfarbenen Haares. Die Augen standen halb offen, doch waren sie glasig und blicklos. Pe-ter strich über das Haar, dort wo es über das harte Kopfpols-ter gebreitet lag. Das schmächtige Mädchen stieß ein mattes Seufzen aus.

»Das Linsengericht ist fast gar«, sagte er. »Ich hole dir etwas.«

Während er die heißen Hülsenfrüchte auf einen fl achen irdenen Teller schöpfte, spürte Peter, wie eine Flamme ohn-mächtiger Wut in seiner Brust emporstieg. Er biss die Zäh-ne zusammen, um sie zu löschen, aber sie loderte beständig hinter seinem Brustbein und machte sein Atmen schnell und fl ach. Was weiß ich schon, wie ich dem Mädchen Linderung ver-

schaffen könnte, dachte er. Jede Tinktur, die er anwendete, ließ es ihr nur noch schlechter gehen. Zuletzt gesprochen hat-te Martha vor drei Tagen, als sie des Nachts nach Sarah ge-schrien hatte.

Er ließ sich wieder auf der Bettkante nieder und löffelte

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ein wenig Linsenbrei in den Mund des Mädchens. Die Klei-ne nahm ihn mit einem schwachen Schlürfen auf, ein dün-nes Rinnsal stahl sich aus ihrem Mundwinkel und lief ihr über das Kinn. Peter wischte es mit seinem Daumen weg, der noch schwarz vom Ruß des Herdfeuers war. Immer, wenn er an Sarah dachte, wurde es ihm so eng in der Brust.

Er schaute auf seine kleine Tochter, betrachtete sie ge-nauer, während ihr die Augen langsam zufi elen. Seit sie krank geworden war, schlief er auf einer schimmeligen Strohprit-sche auf dem Dielenboden. Im Bett war es wärmer, denn es lag näher an der Feuerstelle und war von dem wollenen Bal-dachin umgeben, den einst sein Vater den weiten Weg von East Anglia hierhergebracht hatte. Ein düsterer Schatten fi el über Peters Gesicht. Siechtum, das wusste er, war ein Zei-chen für die Ungnade des Herrn. Was auch immer dem Mäd-

chen widerfahren wird, es ist der Wille Gottes, grübelte er. Ob ihres Leidens wütend zu sein, war folglich eine Sünde, denn sündhaft war es, gegen Gott zu zürnen. Sarah hätte ihn dazu gedrängt, für die Rettung von Marthas Seele zu beten, auf dass sie erlöst werde. Doch Peter war es gewohnt, seinen Schädel mit Fragen des Ackerbaus zu beschäftigen statt mit Glaubensdingen. Vielleicht war er ja kein so guter Mensch, wie Sarah es gewesen war. Welche Sünde Martha mit ihren fünf Lenzen begangen haben sollte, war ihm unergründlich, und oft ertappte er sich dabei, dass er in seinen Gebeten nach einer Erklärung verlangte. Nicht die Erlösung seiner Toch-ter war es, um die er bat. Sein einziger Wunsch war, dass sie wieder gesund würde.

Angesichts dieses Beispiels seiner Selbstsucht wurde Peter von Wut und Scham ergriffen.

Er knetete seine Finger, beäugte ihr schlafendes Gesicht.»Es gibt Sünden, die uns zu Teufeln machen«, hatte der

Priester diese Woche im Bethaus verkündet. Peter zwickte

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sich in den Nasenrücken und kniff die Augen zusammen, während er versuchte, sich zu erinnern, welche das waren.

Zu lügen oder zu morden, das waren Sünden. Martha war einmal dabei ertappt worden, dass sie ein schmutziges Kätz-chen im Küchenschrank versteckt hatte, und als Sarah sie danach fragte, hatte sie behauptet, nichts von irgendwelchen Kätzchen zu wissen. Aber das konnte wohl kaum eine der Sünden sein, die der Pfarrer im Sinn gehabt hatte.

Das Göttliche zu schmähen oder zu verhöhnen, das waren Sünden. Es war sündhaft, andere zu Missetaten zu verfüh-ren. Sich dem göttlichen Richtspruch zu widersetzen. Neid. Trunksucht. Hochmut.

Peter schaute auf die zarte, fast durchscheinende Haut der Wangen seiner Tochter hinab. Er ballte eine Hand zur Faust, drückte die Knöchel fest in die andere Handfl äche. Wie konnte Gott solche Qualen über eine Unschuldige brin-gen? Warum hatte Er Sein Antlitz von ihm abgewandt?

Vielleicht war es ja gar nicht Marthas Seele, die in Gefahr war. Vielleicht wurde das Kind ja für Peters eigenen hochmü-tigen Mangel an Glauben gestraft.

Während diese unwillkommene Furcht in Peters Brust er-blühte wie eine Knospe, hörte er draußen auf der schlam-migen Straße Hufe trappeln und vor seinem Haus zum Ste-hen kommen. Gedämpfte Stimmen, ein Mann und eine Frau, ein Wortwechsel, knirschendes Sattelleder, ein dumpfes Plat-schen. Das wird Jonas Oliver mit jener Frau sein, dachte Pe-ter. Er stand von der Bettkante auf, als es leise an der Tür klopfte.

Auf seiner Vortreppe, in einen nassen, wollenen Umhang mit Kapuze gehüllt, stand eine junge Frau mit weichen, of-fenen Zügen. Sie trug eine kleine Ledertasche in den Hän-den, und ihr Gesicht war von einer gestärkten weißen Hau-be eingerahmt, der man den meilenlangen Ritt, welchen sie

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gerade hinter sich gebracht hatte, nicht anmerkte. Hinter ihr im Schatten stand die vertraute breite Gestalt von Jonas Oliver, der ein freier Bauer wie Peter und dessen Nachbar war.

»Gevatter Petford?«, erkundigte sich die junge Frau und blickte rasch in Peters Gesicht empor. Er nickte. Sie warf ihm ein aufmunterndes Lächeln zu, während sie die Wassertröpf-chen von ihrem Umhang schüttelte und ihn sich über den Kopf zog. Sie hängte den Überwurf auf einen Haken neben der Türangel, strich sich mit beiden Händen den zerknit-terten Rock glatt, eilte dann quer durch den ärmlichen, dunk-len Raum und ging neben dem Bett des Mädchens auf die Knie. Peter beobachtete sie einen Moment lang und wandte sich dann Jonas zu, der ebenso durchnässt in der Tür stand und sich lautstark in ein Sacktuch schnäuzte.

»Was für eine unwirtliche Nacht«, sagte Peter anstelle eines Willkommensgrußes, was Jonas mit einem Brummen quittierte. Er schob das Tuch in seinen Ärmel zurück und stampfte ein paar Mal mit den Füßen auf, um den Schmutz von seinen Stiefeln zu lösen, doch das Haus betrat er nicht.

»Etwas zu essen, bevor Ihr geht?«, bot Peter an und rieb sich zerstreut mit der Hand über seinen Schädel. Er war sich nicht sicher, ob es ihm recht wäre, wenn Jonas sein Angebot annahm. Es hätte ihn abgelenkt, ein wenig Gesellschaft zu haben, jedoch war sein Nachbar noch weniger ein Freund müßiger Plauderei als er selbst. Sarah hatte oft behauptet, dem Jonas Oliver könne sogar ein Ochsenkarren über den Fuß fahren, und er würde dennoch keine Miene verziehen.

»Gevatterin Oliver wartet gewiss schon«, lehnte Jonas die Einladung mit einem Achselzucken ab. Er schaute zur ande-ren Seite des Zimmers, wo die junge Frau am Bett des Mäd-chens hockte und ihm etwas zufl üsterte. Neben ihren Knien saß ein aufmerksamer, etwas zerzaust aussehender kleiner

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Hund von braungelber Farbe, der auf dem Dielenboden winzige schlammige Pfotenspuren hinterlassen hatte. Jonas fragte sich vage, ob das Tier Gevatterin Dane gehörte, und wo sie es wohl während ihres langen Weges bei sich gehabt hatte; jedenfalls hatte er es nicht bemerkt, und ihre Leder-tasche schien kaum groß genug zu sein. Räudige kleine Töle, dachte er. Gehört wahrscheinlich der kleinen Martha.

»Dann kommt am Morgen wieder vorbei«, sagte Peter. Jonas nickte, tippte sich kurz an die Kante seines schweren Filzhutes und verschwand in der Nacht.

Peter nahm auf dem niedrigen Hocker neben dem fast erloschenen Herdfeuer Platz, den Holzteller mit dem abge-kühlten Linsengericht auf dem Tisch neben ihm. Er stützte das Kinn auf die Faust, sah zu, wie die sonderbare junge Frau seiner Tochter mit einer weißen Hand über die Stirn strich, hörte das leise, unverständliche Murmeln ihrer Stimme. Er hätte erleichtert darüber sein sollen, dass sie hier war, das wusste er, denn im Dorf war sie wohl bekannt. Dieser Ge-danke war wie ein Strohhalm für ihn, an den er sich klam-merte, so gut es ging. Und doch – während seine Augen sich langsam vor Müdigkeit und Sorge trübten und ihm der Kopf auf dem Arm schwer wurde, erfüllte ihn der Anblick seiner schmächtigen kleinen Tochter, wie sie dort in dem Bett lag und die Finsternis sich langsam um sie schloss wie eine Faust, mit nichts anderem als Furcht.

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E I N S

Cambridge, Massachusetts

Ende April 1991

Unsere Zeit ist fast um, scheint mir«, verkündete Man-ning Chilton und spähte mit einem funkelnden Auge auf

seine dünne Taschenuhr, die mit einer Kette an seiner Weste hing. Er blickte forschend in die anderen vier Gesichter am Konferenztisch. »Aber noch sind wir nicht fertig mit Ihnen, Miss Goodwin.«

Wann immer Chilton besonders zufrieden mit sich selbst war, wurde seine Stimme ironisch und neckisch zugleich: eine nicht zusammenpassende Gekünsteltheit, die seinen Studenten auf die Nerven ging. Connie nahm die Verände-rung in seiner Stimme sofort wahr, und sie wusste, dass ihre Abschlussprüfung sich ihrem Ende zuneigte. Ein säuerlicher Geschmack stieg in ihrer Kehle hoch, und sie schluckte. Die anderen Professoren am Prüfungstisch erwiderten Chiltons Lächeln.

Trotz ihrer Nervosität verspürte Connie Goodwin auch einen Hauch Genugtuung, und einen Moment lang gönnte sie es sich, dieses prickelnde Gefühl zu genießen. Hätte man sie nach dem bisherigen Verlauf der Prüfung gefragt, so wäre ihre Antwort gewesen, es sei recht gut gegangen. Mehr oder weniger. Ein banges Lächeln brach sich auf ihrem Gesicht Bahn, doch sie verbarg es rasch hinter der glatten Miene dis-tanzierter Fachkompetenz, von der sie wusste, dass sie ei-

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ner jungen Frau in ihrer Lage wesentlich besser zu Gesichte stand. Es war ein Ausdruck, der sich bei ihr nicht von Natur aus einstellte, und die dazu notwendige Anstrengung erin-nerte auf eher komische Weise an jemanden, der gerade in eine glitschige Khakifrucht gebissen hatte.

Eine einzige Frage stand noch aus. Eine letzte Chance, die Prüfung doch noch in den Sand zu setzen. Connie rutschte unruhig auf ihrem Stuhl herum. Während der Monate vor ihrer Abschlussprüfung hatte sie abgenommen, zunächst nur langsam und dann in ziemlich rasantem Tempo. Nun fehlte ihren Knochen ein natürliches Polster auf dem harten Stuhl-sitz, und auch der Fair-Isle-Pullover hing sehr locker um ihre Schultern. Tiefe Schatten lagen unter den schrägen Wan-gen, die sonst immer frisch und leicht gerötet waren, und lie-ßen ihre blassblauen Augen, eingerahmt von weichen, kurzen braunen Wimpern, noch größer wirken. Die dunklen Brauen waren vom angestrengten Nachdenken fi nster zusammenge-zogen, die glatten Flächen ihrer Wangen und die hohe Stirn weiß wie eine Wand, nur von einem Hauch dunkler Som-mersprossen gesprenkelt und durch ein scharfes Kinn und eine wohl geformte, wenngleich recht ausgeprägte Nase her-vorgehoben. Ihre Lippen, dünn und blassrosa, wurden noch blasser, wenn sie sie, wie jetzt, aufeinanderpresste. Eine Hand wanderte nach oben und machte sich am zusammengebun-denen Ende eines langen, borkenbraunen Zopfes zu schaf-fen, aber einen Moment später hatte sie sich wieder unter Kontrolle und legte die Hand in den Schoß zurück.

»Ich kann es gar nicht glauben, wie ruhig du bist«, hat-te Thomas, der schlaksige Student, dessen Tutorin Connie war, beim Essen am frühen Nachmittag zu ihr gesagt. »Wie bringst du heute bloß was runter? Wenn ich meine Münd-liche vor mir hätte, wäre mir wahrscheinlich jetzt schon kotz-übel.«

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»Thomas, dir ist doch schon vor den Tutoriensitzungen kotzübel«, hatte Connie ihm sanft in Erinnerung gerufen, obwohl es stimmte, dass es ihr den Appetit fast gänzlich ver-dorben hatte. Unter gewissem Druck hätte sie zugegeben, dass es ihr Spaß machte, Thomas ein wenig einzuschüchtern – eine kleine Grausamkeit, die Connie mit dem Argument rechtfertigte, ein eingeschüchterter Student würde den Ter-minen, die sie ihm setzte, eher nachkommen und sich viel-leicht auch mehr in seine Arbeit stürzen. Doch wenn sie ganz ehrlich war, steckte tatsächlich ein weniger ehrenhafter Be-weggrund hinter ihren neckischen Quälereien. In Thomas’ Augen schimmerte Angst, wenn er sie anschaute, und das war ein Gefühl, das ihr den Rücken stärkte.

»Außerdem ist das doch gar keine so eine große Sache, wie immer getan wird. Man muss einfach nur darauf vorbereitet sein, irgendeine Frage aus den rund vierhundert Büchern zu beantworten, die man bislang an der Graduate School gelesen hat. Und wenn man das verhaut, dann schmeißen sie einen raus«, hatte sie beim Mittagessen gesagt. Thomas bedachte sie mit einem Blick kaum verhohlener Ehrfurcht, während sie den Salat auf ihrem Teller mit der Gabel hin und her schob. Sie lächelte ihn an. Wer lernen wollte, Professor zu sein, musste auch lernen, sich wie einer zu benehmen. Es kam überhaupt nicht infrage, Thomas zu erkennen zu geben, wie groß ihre Angst war.

Gewöhnlich stellte die mündliche Abschlussprüfung einen Wendepunkt dar – den Moment, in dem die Professoren den Prüfl ing mehr als Kollegen willkommen hießen und nicht mehr wie einen Schüler behandelten. Stand das Examen al-lerdings unter keinem guten Stern, konnte es auch zu einem spektakulären intellektuellen Blutbad geraten, dann nämlich, wenn der unvorbereitete Student – bei vollem Bewusstsein, aber machtlos – dabei zusehen musste, wie er berufl ich aus-

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einandergenommen wurde. In jedem Fall würde Connie ih-ren Unzulänglichkeiten ins Auge blicken müssen. Sie war ein sehr sorgfältiger, genauer Mensch, der nichts, aber auch gar nichts dem Zufall überließ. Während sie den halb aufge-gessenen Salat weg von dem in Anbetung versunkenen Tho-mas über den Tisch schob, sagte sie sich, dass sie so gut vor-bereitet war, wie es eben nur ging. Vor ihrem inneren Auge tauchten die vielen, vielen Regale voller Bücher auf, die sie sich zu Gemüte geführt, exzerpiert und in ihre Literaturliste aufgenommen hatte. Während sie ihre Gabel beiseitelegte, begann sie rasch eine kleine Ratestunde mit sich selbst. Wo sind die Bücher über Wirtschaft? Hier. Und die über Kultur- und Sozialanthropologie? Ein Regal darüber, gleich links.

Ein Schatten des Zweifels huschte über ihr Gesicht. Und wenn sie doch nicht genügend vorbereitet war? Eine erste Welle der Übelkeit drehte ihr kurzzeitig den Magen um, und ihr Gesicht wurde blasser. Jedes Jahr passierte das jeman-dem. Man hörte immer wieder diese Geschichten von Stu-denten, die alles vermasselt hatten, die schluchzend aus den Prüfungssälen rannten, weil ihre akademische Karriere zu Ende war, noch bevor sie begonnen hatte. Im Grunde gab es nur zwei Möglichkeiten, wohin das alles hier führen würde. Rein theoretisch konnte ihr heutiges Auftreten ihr Ansehen an der Fakultät deutlich erhöhen. Wenn sie sich richtig prä-sentierte, war sie bereits einen Schritt weiter auf der Karri-ereleiter und damit zur Professorenstelle.

Es konnte aber auch sein, dass sie sich ihre Bücherregale im Kopf anschaute und feststellte, dass sie leer waren. All ihre Geschichtsbücher würden verschwunden sein, und an ihrer Stelle lag da nur noch ein etwas verstaubter Hefter mit den Inhaltsangaben von Fernsehserien aus den Siebziger-jahren sowie einigen Texten von Rocksongs. Sie würde den Mund aufmachen und nichts würde herauskommen. Und

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dann würde sie ihr Zeug zusammenpacken und nach Hau-se gehen.

Jetzt, vier Stunden nach ihrem Mittagessen mit Thomas, saß sie an einem auf Hochglanz polierten Mahagonitisch in einer dunklen, abgeschiedenen Ecke der Historischen Fa-kultät der Universität Harvard und hatte bereits ganze drei Stunden Befragung durch ein Gremium von vier Profes-soren über sich ergehen lassen. Sie war müde, befand sich jedoch gleichzeitig durch den Adrenalinausstoß in einem Zustand erhöhter Aufmerksamkeit. Connie erinnerte sich, die gleiche seltsame Mischung aus Erschöpfung und intel-lektueller Intensität empfunden zu haben, als sie die Nacht durchgemacht hatte, um dem abschließenden Kapitel ihrer Zulassungsarbeit am College den letzten Schliff zu verpas-sen. Ihre Nerven waren so überreizt, dass alles, was sie wahr-nahm, sie zu bedrängen und nach Aufmerksamkeit zu schrei-en schien – das Kratzen des Textilbandes, mit dem sie ihren zerrissenen Saum provisorisch abgeklebt hatte, der klebrige Geschmack von gezuckertem Kaffee in ihrem Mund. Einen Moment lang ließ sie sich von diesen Kleinigkeiten ablenken, dann schob sie sie energisch beiseite. Nur die Angst blieb, of-fenbar nicht gewillt, zu weichen. Sie richtete ihre Augen auf Chilton und wartete.

In dem schmucklosen Raum befand sich kaum mehr als der schartige Konferenztisch samt Stühlen und direkt dahin-ter eine große Tafel, auf der Jahrzehnte verwischter Kreide eine blassgraue Farbe hinterlassen hatten. Hinter ihr hing das Porträt eines alten Mannes mit weißem Schnurrbart, ge-schwärzt durch Jahrhunderte der Vergessenheit. Ganz hinten schottete ein rußgeschwärztes Fenster den Raum gegen den spätnachmittäglichen Sonnenschein ab. Fast reglos hingen Staubfl usen in dem einzigen Sonnenstrahl, der den Raum er-hellte und die Gesichter der Mitglieder des Prüfungskomi-

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tees von Nase bis Kinn beleuchtete. Von draußen hörte sie junge Stimmen, Studenten aus einem unteren Semester, die einander etwas zuriefen und sich lachend entfernten.

»Miss Goodwin«, sagte Chilton. »Heute Nachmittag ha-ben wir noch eine letzte Frage für Sie.« Ihr Doktorvater beugte sich in das leere Zentrum des Tisches vor, Sonnen-licht streifte sein silbergraues Haar und wirbelte den Staub zu einer glitzernden Korona auf, die sich um seinen Kopf legte. Auf dem Tisch vor ihm waren seine Finger ebenso sorgfältig verschlungen wie der Knoten der Klubkrawatte um seinen Hals. »Würden Sie dem Prüfungsgremium bitte einen kurzen und prägnanten geschichtlichen Abriss der He-xerei in Nordamerika geben?«

Als Historikerin mit Schwerpunkt »Alltagsleben im Ameri-ka der Kolonialzeit« musste Connie in der Lage sein, längst vergangene gesellschaftliche, religiöse und wirtschaftliche Systeme bis ins geringste Detail zu beschreiben. In Vorbe-reitung auf diese Prüfung hatte sie sich – unter anderem – eingehend mit den Methoden zum Pökeln von Schweine-fl eisch, der Nutzung von Fledermauskot zu Düngezwecken sowie den handelsmäßigen Verfl echtungen von Molasse und Rum beschäftigt. Ihre Zimmergenossin Liz Dowers, eine große, bebrillte Studentin mittelalterlichen Lateins, blond und schlank, hatte ihr einmal über die Schulter geschaut, wie sie die Bibelverse studierte, die im achtzehnten Jahrhundert für Stickmustertücher verwendet wurden. »Jetzt haben wir uns endgültig so spezialisiert, dass wir einander nicht mehr verstehen können«, hatte Liz bemerkt und dabei den Kopf geschüttelt.

Mit dieser letzten Frage, das wusste Connie, hatte ihr Chilton im Grunde ein Geschenk gemacht. Einige der früheren Fragen waren wesentlich fi eser gewesen und hat-

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ten darin sogar das übertroffen, womit sie gerechnet hatte. Ob sie bitte die verschiedenen Hauptexportgüter der bri-tischen Kolonien in den Vierzigerjahren des neunzehnten Jahrhunderts beschreiben könne, und zwar von der Kari-bik bis nach Irland? Ob nach ihrem Dafürhalten Geschich-te mehr von bedeutenden Persönlichkeiten geprägt sei, die unter außergewöhnlichen Umständen handelten, oder von großen Bevölkerungsgruppen, die in wirtschaftliche Systeme gezwängt würden? Und was glaube sie, welche Rolle der Ka-beljau für die Entwicklung von Handel und Gesellschaft in Neuengland gespielt habe? Während sie den Blick langsam von einem Professor zum nächsten schweifen ließ, sah sie in deren erwartungsvollen Augen jeweils genau das besondere Fachwissen gespiegelt, mit dem er oder sie sich einen Namen gemacht hatte.

Connies Doktorvater, Professor Manning Chilton, schau-te sie über den Tisch hinweg an. Ein kleines Lächeln spielte um seine Mundwinkel. Sein Gesicht, von einem Kranz sorg-fältig gebürsteten, watteweißen Haares umgeben, war runz-lig auf der Stirn, und auch zwischen den Nasenfl ügeln und dem Kiefer hatten sich Falten gebildet, die im Licht der tief stehenden Sonne im Konferenzsaal dunkle Schatten bil-deten. Aus seiner Körperhaltung sprach die lässige Selbstge-wissheit einer aussterbenden Spezies von Akademiker – eines Mannes, der seine gesamte Karriere beschirmt vom purpur-roten Wappen Harvards verbracht hatte und dessen Spezi-alisierung auf die Wissenschaftsgeschichte der Kolonialzeit bereits in einer Kindheit vorgeprägt worden war, in der man ihn permanent aus dem Wohnzimmer eines herrschaftlichen Stadthauses in Back Bay verscheucht und sich selbst über-lassen hatte. Ihn umwehte das deutliche Aroma von altem Leder und Pfeifentabak, ein männlicher, jedoch noch nicht großväterlicher Duft.

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Katherine Howe

Das Hexenbuch von SalemRoman

DEUTSCHE ERSTAUSGABE

Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 512 Seiten, 13,5 x 21,5 cmISBN: 978-3-442-20356-7

Page & Turner

Erscheinungstermin: August 2009

Sie trennen Jahrhunderte – aber ein magisches Erbe verbindet sie Connie Goodwin ist eine hervorragende Studentin der Harvard Universität und schreibtgerade an ihrer Doktorarbeit über Sitten und Gebräuche im Amerika des 17. Jahrhunderts. IhrSpezialgebiet sind die Hexenverfolgungen in Salem. Als Connies Mutter Grace sie eines Tagesbittet, das halbverfallene Haus der Großmutter in Marblehead, Massachusetts, in Ordnung zubringen, ist Connie wenig begeistert. Mit gemischten Gefühlen reist sie in das Küstenstädtchen,das nicht weit von Salem entfernt liegt. Immerhin hofft Connie, in den alten Kirchenregisternvon Salem etwas über die Hexenprozesse zu finden, und ist froh, dass ihr der gutaussehendeRestaurator Sam, den sie in der Kirche antrifft, bei den Recherchen helfen möchte. Kurz darauf entdeckt Connie im verwunschenen Haus der Großmutter ein vergilbtes Pergament,das sie auf die Spur eines alten Buches mit sonderbaren Formeln und Rezepten bringt. Alssie ihrer Mutter von dem Folianten erzählt, ist diese nicht überrascht: Grace weiß von demBuch, das lange im Familienbesitz war, und warnt ihre Tochter, sich damit zu beschäftigen.Gemeinsam mit Sam kommt Connie schließlich einem gefährlichen Familiengeheimnis auf dieSpur – und entdeckt plötzlich seltsame Fähigkeiten an sich selbst … Ein großer Frauenroman, der im heutigen Neuengland und im 17. Jahrhundert spielt.