Ärzteblatt sachsen 6/2015 · kasuistik über eine herpes-zoster-infektion eines 8-jährigen...

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227 Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015 Ärzteblatt Sachsen Sächsische Landesärztekammer und „Ärzteblatt Sachsen”: http://www.slaek.de, E-Mail: [email protected], Redaktion: [email protected], Gesundheitsinformationen Sachsen für Ärzte und Patienten: www.gesundheitsinfo-sachsen.de „Denk ich an Gesundheitsversorgung in der Nacht,…?” 228 118. Deutscher Ärztetag 230 Informationsveranstaltung für Medizinstudenten und Jungärzte in Dresden 236 Chancen und Perspektiven für Ärzte in Weiterbildung 238 Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft startet Projekt zur Erfassung und Bewertung von Medikationsfehlern 238 Ärzte für Sachsen: On Tour im Vogtland 239 KV Sachsen: Ärzte für Satellitenpraxis gesucht 240 Dr. med. Hans-Peter Maidhof / Dr. med. Rudolf Grzegorek / Dr. med. Ingrid Thümmel 237 Ausschreibung und Abgabe von Vertragsarztsitzen 241 Das Handbuch gegen Krebs 243 Kasuistik über eine Herpes-Zoster-Infektion eines 8-jährigen Mädchens 244 Konzerte und Ausstellungen 247 Malende Ärzte 247 Dr. med. habil. Oswald Petter zum 75. Geburtstag 248 Zum Ausscheiden von Dr. med. Manfred Halm aus dem Verwaltungsausschuss 249 Nachruf für Dr. med. habil. Gerhard Weißbach 250 Nachruf für Dr. med. Jürgen Schwarze 251 Jubilare im Juli 2015 252 Gedenken: Beginn der Krankenmorde in Pirna vor 75 Jahren 254 Treffen der Studienjahresabgänger von 1967 der Universität Leipzig 254 600 Jahre Medizinische Fakultät der Universität Leipzig 255 Fortbildung in Sachsen – August 2015 Editorial Berufspolitik Leserbriefe Mitteilungen der KVS Buchbesprechung Originialie Mitteilungen der Geschäftsstelle Personalia Verschiedenes Medizingeschichte Medizingeschichte Einhefter Titelbild: © SLÄK 118. Deutscher Ärztetag Seite 230 600 Jahre Medizinische Fakultät der Universität Leipzig Seite 255 Herpes-Zoster-Infektion Seite 244

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227Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

ÄrzteblattSachsen

Sächsische Landesärztekammer und „Ärzteblatt Sachsen”: http://www.slaek.de, E-Mail: [email protected], Redaktion: [email protected], Gesundheitsinformationen Sachsen für Ärzte und Patienten:www.gesundheitsinfo-sachsen.de

„Denk ich an Gesundheitsversorgung in der Nacht,…?” 228

118. Deutscher Ärztetag 230 Informationsveranstaltung für Medizinstudentenund Jungärzte in Dresden 236Chancen und Perspektiven für Ärzte in Weiterbildung 238Arzneimittelkommission der deutschenÄrzteschaft startet Projekt zur Erfassung undBewertung von Medikationsfehlern 238Ärzte für Sachsen: On Tour im Vogtland 239KV Sachsen: Ärzte für Satellitenpraxis gesucht 240

Dr. med. Hans-Peter Maidhof /Dr. med. Rudolf Grzegorek /Dr. med. Ingrid Thümmel 237

Ausschreibung und Abgabevon Vertragsarztsitzen 241

Das Handbuch gegen Krebs 243

Kasuistik über eine Herpes-Zoster-Infektioneines 8-jährigen Mädchens 244

Konzerte und Ausstellungen 247Malende Ärzte 247

Dr. med. habil. Oswald Petterzum 75. Geburtstag 248Zum Ausscheiden von Dr. med. Manfred Halmaus dem Verwaltungsausschuss 249Nachruf für Dr. med. habil. Gerhard Weißbach 250Nachruf für Dr. med. Jürgen Schwarze 251Jubilare im Juli 2015 252

Gedenken: Beginn der Krankenmorde in Pirna vor 75 Jahren 254

Treffen der Studienjahresabgänger von 1967der Universität Leipzig 254

600 Jahre Medizinische Fakultät der Universität Leipzig 255

Fortbildung in Sachsen – August 2015

Editorial

Berufspolitik

Leserbriefe

Mitteilungen der KVS

Buchbesprechung

Originialie

Mitteilungen der Geschäftsstelle

Personalia

Verschiedenes

Medizingeschichte

Medizingeschichte

Einhefter

Titelbild: © SLÄK

118. Deutscher ÄrztetagSeite 230

600 Jahre Medizinische Fakultät der Universität LeipzigSeite 255

Herpes-Zoster-InfektionSeite 244

Berufspolitik

228 Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

„Denk ich an Gesund-heitsversorgung in der Nacht, ...?“

Sehr verehrte Kolleginnen und Kolle-gen,nicht nur in der Gesundheitspolitik fühlen wir uns zuweilen an Heinrich Heine und seine Zeitgedichte aus dem Pariser Exil erinnert – selbst unsere Eltern und Großeltern waren von der Zukunft selten sonderlich überzeugt – und doch geht es immer weiter.

Ich möchte zum Abschluss der Legislatur einige meiner Gedanken äußern, über die Veränderungen unseres Gesundheitswesens in den letzten Jahren und über anstehende Fragen, mit denen wir uns auseinan-dersetzen müssen.

Haben doch viele von Ihnen noch ein Gesundheitswesen kennen gelernt, indem es nach planwirtschaftlichen Vorgaben, gemessen am Mangel der DDR-Wirtschaft bei bestem Bemü-hen nur langsam voranging. Welche Verheißungen brachte dann die poli-tische Wende, welchen Aufbruch? Schnell wurde klar, die DDR ist der Bundesrepublik beigetreten – viel Gestaltungspielraum für Gesund-heitsversorgung, gemessen an durchaus positiven Errungenschaften wie zum Beispiel Dispensaire gab es dennoch nicht – dies war der Preis dafür, dass sich Mangel in scheinba-ren Überfluss wandelte. Polikliniken

wurden zugunsten eigener Nieder-lassungen aufgegeben, Krankenhäu-ser wurden unter heftigen Protesten geschlossen oder mussten in erster Linie wirtschaftlichen Grundlagen genügen. Die staatliche Versicherung wurde in eine Solidarversicherung überführt. Letztendlich hielt die Öko-nomie stärker Einzug als gewünscht.

Die Ärzteschaft war damit aber ebenso wieder in die Lage versetzt, selbstbestimmt, nach staatlichen Rahmenvorgaben, ihren Beruf auszu-üben.

Bald schon aber kamen die ersten Kostendämpfungsgesetzte, Einschnit- te, sprach man von notwendigem Abbau der Überversorgung – die Grundstrukturen bundesdeutscher Gesundheitsversorgung wurden aber vorerst kaum angepasst.

Ganz im Gegenteil, es wurde mittels „mehr Wettbewerb im Gesundheits-wesen“ versucht, die Kosten bei schicksalshaft auftretenden Erkran-kungen zu beherrschen – Gesund-heitsversorgung ist nun mal kein Markt, der den Grundlagen betriebs-wirtschaftlicher Lehre folgt. Hinzu kommen ein immenser medizinisch technischer Fortschritt und eine immer älter werdende Bevölkerung.

Seit den 2000er Jahren haben wir eine große Menge gesetzlicher Ein-griffe erlebt. Wir stellen uns Fragen wie: Warum keine Polikliniken, aber MVZ? Warum keine Positivliste, aber Arzneimittelrichtlinie und AMNOG? Warum duale Krankenhausfinanzie-rung, wenn der Staat seinen Ver-pflichtungen nicht in dem Maße nachkommt, auch dadurch Kranken-hausärzte immer höhere Fallzahlen zu bewältigen haben, sich die Arbeitsleistung immer mehr verdich-tet und Profit für das Krankenhaus erwirtschaftet werden muss, gleich-zeitig aber der Rechtfertigungsdruck steigt? Wie kann ambulant vor sta-tionär gewährleistet werden, wenn regelmäßig die gesetzliche Axt am Baum fachärztlicher Versorgung an -gesetzt wird? Hausärzte zwar als wichtiges Glied der Versorgung bezeichnet werden – Budgets ihren

Handlungsspielraum aber einschrän-ken? Von sektorenübergreifender Versorgung zwar gesprochen, aber letztlich nichts zur Überwindung von Sektorengrenzen getan wird?

Zu guter Letzt sucht der Gesetzgeber sein Heil in sogenannten „arztentlas-tenden Strukturen“ und dem soge-nannten Direct access – der Substitu-tion ärztlicher Leistung. Ärztliche Indikationsstellung ist nicht teilbar, und schon gleich gar nicht substitu-ierbar – das gefährdet unsere Patien-ten in massiver Weise.

Ist der ärztliche Beruf denn unter all den Einflüssen noch ein FREIER BERUF? – eindeutig ja! Er ist es, denn zum Wohle unserer Patienten haben wir uns alle unabhängig, unseren Patienten gegenüber ver-pflichtet, weisungsfrei auf der Basis unseres Wissens und unserer Verant-wortung zu entscheiden. Das ist der maximale Schutzmechanismus, diese Aufgabe hat uns der Staat mittels unserer Ausbildung und Approba-tion übertragen.

Gesundheitsversorgung wird sich verändern. Faktisch haben wir schon heute viele Kollegen, welche statio-när wie auch ambulant tätig, neben ihrer Praxis- oder Kliniktätigkeit gut-achterlich, beratend oder anderswei-tig in Gesundheits- und Sozialversor-gung eingebunden sind und dem Hippokratischen Eid folgend, ihr Wissen der nachfolgenden Genera-tion zur Verfügung stellen.

Lassen Sie uns die Chancen des Berufsstandes, mit dem in uns ge -setzten Vertrauen zu aller erst zum Wohle unserer Patienten nutzen. Der Staat hat die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Aus dieser Verant-wortung kann ihn keiner entlassen. Aber der Staat hat auch dafür zu sor-gen, dass nicht nach Kassenlage der Finger über die Lebensleistung eines Arztes gehoben oder gesenkt wird. Sicherheit der Berufsausübung ist die Grundlage eines funktionierenden Gesundheitswesens.

Erik BodendieckVizepräsident

Erik Bodendieck © SLÄK

118. Deutscher Ärztetag

Frankfurt am Main, 12. bis 15. Mai 2015

Feierlich eröffnet wurde der Ärztetag in der historisch bedeutsamen Frank-furter Paulskirche. Sie gilt als Wiege der deutschen Demokratie. Das betonte Prof. Dr. med. Frank Ulrich Montgomery in seinem Referat zur Eröffnung. Er sagte: „Ein würdiger Ort also, um über die Wechselwir-kung von Freiheit, Demokratie, Ver-antwortung und Selbstverwaltung nachzudenken.“ Diese Worte des Bun- desärztekammerpräsidenten konn ten als Leitmotiv für den Themenkatalog des Ärztetages verstanden werden. In seiner durchaus kämpferischen Rede sprach er die derzeit brennen-den Themen an, die die deutsche Ärzteschaft bewegen. Er hob hervor:

„Wenn wir Ärzte Verantwortung übernehmen sollen – und das ist eine unserer vordringlichen Aufga-ben – so müssen wir auch die dafür notwendige Freiheit erhalten.“

Weitere wichtige Punkte der Rede waren: Die Einholung einer Zweit-meinung ist ein Recht, darf aber nicht zur Pflicht werden.

Das Tarifeinheitsgesetz wird entschie- den abgelehnt, da es den Betriebs-frieden im Krankenhaus zerstören wird.

Zum Präventionsgesetz bemerkte er, dass im Kern einige vernünftige Dinge enthalten sind, wenn aber die Ärztevertreter im Präventionsbeirat weiterhin nicht vertreten sind, wird auch der vierte Anlauf scheitern.

Auf der positiven Seite stehen nach Aussagen von Prof. Dr. Montgomery:Die Verbesserung der Weiterbildung für die Allgemeinmedizin. Es muss allerdings dafür gesorgt werden, dass die Gelder in den Weiterbil-dungspraxen zur Verfügung stehen.

Die Ansprache von Gesundheitsmi-nister Hermann Gröhe war eine typi-sche Rede eines versierten Berufspo-litikers. Er äußerte sich zu Fragen der Wirtschaftlichkeit, der Stärkung der Hospiz- und Palliativmedizin, trat recht vehement für eine bessere Durchimpfung der Bevölkerung ein, seine Ausführungen zu Präventions-gesetz, Versorgungsstärkungsgesetz, Krankenhausplanung und Investiti-onsstau blieben eher allgemein und machten nicht den Eindruck, dass von politischer Seite aus von den bis-herigen Standpunkten abgewichen wird. Die Ärzte müssen also unver-ändert hartnäckig weiter um ihre Interessen kämpfen.

VersorgungsstärkungsgesetzDer Deutsche Ärztetag hat das ge -plante GKV-Versorgungsstärkungs-gesetz zum Teil heftig kritisiert. Ins-besondere die Pläne für den Zwangs-aufkauf von Vertragsarztsitzen, die Einrichtung von Terminservicestellen und die geplante Zweitmeinungsre-

Berufspolitik

230 Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

Prof. Dr. med. Frank Ulrich Montgomery und Gesundheitsminister Hermann Gröhe (re.) © jardaimodusphoto

Rathaus Frankfurt/Main © SLÄK

gelung griffen massiv in die Kompe-tenz der ärztlichen Selbstverwaltung ein und müssten revidiert werden. Prof. Dr. Montgomery: „Welchen Sinn macht es, Praxisstandorte abzu-bauen, wenn gleichzeitig vorgebli-che Terminprobleme unserer Patien-ten die Politik auf den Plan rufen?“. Ein große Umfrage der IKK classic hat ergeben, dass drei viertel der Patienten mit der Terminsituation zufrieden sind.

Zur Situation der Krankenhäuser be -merkte Prof. Dr. Montgomery, dass Pflegekräfte und Ärzte chronisch überlastet sind, ein Investitionsstau von über 30 Mrd. Euro vorliegt, die Einführung eines Krankenhausstruk-turgesetzes oder eines Qualitätsinsti-tutes an der Situation nichts ändert, solange die Politik nicht eindeutig Stellung bezieht.

Mit Blick auf die geplante Kranken-hausreform forderte das Ärzteparla-ment die Länder auf, endlich ihren Investitionsverpflichtungen für die Kliniken nachzukommen. Notwendig sei eine Neukonzeption des DRG-Fallpauschalensystems, unter ande-rem im Sinne einer stärkeren Berück-sichtigung von steigenden Ausgaben zum Beispiel durch Tarifanpassungen.

Bei der Umsetzung der von der Bun-desregierung im Koalitionsvertrag angekündigten Qualitätsoffensive im Gesundheitswesen forderten die Abgeordneten des Ärztetages praxis-nahe und patientenorientierte Lösun-gen. Zwar sei es möglich, die Rah-menbedingungen für gute Qualität bundeseinheitlich zentral zu gestal-ten. Unerlässlich sei jedoch die Expertise der Ärztekammern. Be -denklich sei, dass die Qualitätsindi-katoren in erster Linie als Messinstru-ment für finanzielle Zu- und Ab -schläge genutzt werden sollen. Einige Delegierte forderten bei die-sem Thema mehr politische Durch-schlagskraft von der Bundesärzte-kammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Die Ärzteschaft könne ihre Positionen nur dann wirk-sam durchsetzen, wenn sie einheit-lich auftrete und sich nicht selbst spalte.

Impfschutz von Kindern und JugendlichenAuf Antrag der sächsischen Delegier-ten hat der Deutsche Ärztetag die Länderregierungen aufgefordert, ihre Gesetze zum Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen (Schu-len, Kindergärten und andere) um einen nachgewiesenen vollständigen Impfschutz zu ergänzen oder zu erweitern. Begründet wurde diese Forderung damit, dass Schutzimp-fungen zu den wirksamsten Maß-nahmen der Prävention gegen Infek-tionskrankheiten gehören. Eine sin-kende Durchimpfungsrate führe zu erheblichen Gesundheitsrisiken für die Bevölkerung, wie der Masernaus-bruch 2014/2015 zeige. Bezüglich der Masernimpfung gab es beim 109. und 117. Deutschen Ärztetag bereits entsprechende Aufforderun-gen an den Bundesgesetzgeber. Der Antrag wurde mit großer Zustim-mung angenommen. Mehrere Anträge zu einer zweiten Lesung von einzelnen Delegierten, die mit diesem Beschluss nicht ein-verstanden waren, wurden abge-lehnt.

SchweigepflichtVor dem Hintergrund der Debatte über eine Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht in Folge der Ger-manwings-Katastrophe stellte der Ärztetag klar, dass Ärzte nur in bestimmten Ausnahmefällen Aus-kunft geben dürfen. Auch gelte die Schweigepflicht über den Tod des Patienten hinaus. Die Abgeordneten

des Ärztetages lehnten eine Locke-rung der ärztlichen Schweigepflicht strikt ab. Auch einzelne Diagnosen oder Diagnosegruppen dürfen von den bestehenden Regelungen zur ärztlichen Schweigepflicht nicht aus-genommen werden. Der Ärztetag

Berufspolitik

231Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

Erik Bodendieck, Vizepräsident © SLÄK

Dr. med. Thomas Lipp © SLÄK

forderte zudem eine rechtliche Auf-arbeitung der von der Staatsanwalt-schaft Düsseldorf nach der Flugzeug-katastrophe erwirkten Durchsu-chungsbeschlüsse von Arztpraxen.

„Der Respekt vor der Schweigepflicht gilt nicht nur für Ärzte, sondern auch für Gerichte und Ermittlungs-behörden“, so der Ärztetag.

Globale Epidemien Über „Medizin in Zeiten globaler Epi-demien“ referierte Dr. med. Tankred Stöbe von „Ärzte ohne Grenzen“. Er be richtete von seinen persönlichen Einsätzen und den vielseitigen Pro-blemen im Zusammenhang mit der Ebola-Epidemie in Westafrika. Dieser Bericht führte emotional bewegend vor Augen, wie vor allem die westliche Welt bei der Bekämp-fung der Epidemie versagt hat. Im März 2014 traten die ersten Erkran-kungen auf, im Juni 2014 teilte die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Gren-zen“ mit, dass Ebola außer Kontrolle ist. Die WHO reagierte erst im August, die Bundesrepublik erst im September 2014. Bis dahin gab es bereits 2.800 registrierte Tote, die sich dann auf eine Gesamtzahl von über 11.000 steigerte. Die Dunkelziffer dürfte wesentlich höher liegen. Die Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, speziell der

„Ärzte ohne Grenzen“, haben Über-menschliches geleistet, diese Epide-mie unter Kontrolle zu bringen. Aber: Ebola ist nicht zu Ende. Die gewonnenen Erfahrungen müssen dazu führen, dass den weltweiten Epidemien mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird und die WHO sowie alle Staaten verpflichtend in die

Bekämpfung einbezogen werden. Maßnahmenkataloge liegen vor, sie müssen nur umgesetzt werden. Dazu lieferte der Beitrag von René Gottschalk, Leiter des Gesundheits-amtes Frankfurt/Main, unter dem Thema „Management hochpatogener Infektionskrankheiten in Deutsch-land“ einen wichtigen Ausblick.

Kommunikative Kompetenz von ÄrztenProf. Dr. med. Ulrich Schwantes führte in das Schwerpunktthema der kommunikativen Kompetenz aus Sicht eines Hausarztes ein und machte einmal mehr deutlich, welch hohen Stellenwert diese Kompetenz in der ärztlichen Profession genießen sollte. Eine professionelle Distanz zu den Patienten sei aus fachlicher Perspek-tive wichtig, jedoch schließe dies eine emotionale Nähe zum Patienten nicht aus. Empathie sei eine wichtige Voraussetzung für den Arztberuf und Grundlage für eine funktionie-rende Kommunikation auf allen Ebe-nen, verbal wie nonverbal. Zudem kann Empathie Ärzte vor Burn out schützen, so Prof. Dr. Schwantes.Rudolf Henke, Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer und Präsident der Ärztekammer Nordrhein, sagte, im vermeintlichen Zeitdruck des ärzt-lichen Alltags dürfe eine wertschät-zende und einfühlsame Grundhal-tung des Arztes ebenso wenig verlo-ren gehen wie die Bereitschaft, Pati-enten ihre Anliegen ohne Unterbre-chung vortragen zu lassen.

„Der Patient steht im Mittelpunkt der Arzt-Patient-Kommunikation, nicht der Arzt.“ Das betonte Erik Boden-dieck, Vizepräsident der Sächsischen Landesärztekammer. Defizite in der Kommunikation würden den Hei-lungsprozess verschlechtern. Ein aus-führliches Gespräch mit dem Patien-ten zu Beginn spart am Ende mehr Zeit, als eine 30 Sekunden Anam-nese.Das Ärzteparlament hat sich dafür ausgesprochen, die Kommunikation mit Patienten stärker in die Aus- und Weiterbildung von Ärzten zu inte-grieren. Die Medizinischen Fakultä-ten müssten die in der Approbations-ordnung für Ärzte festgelegte Kom-petenzentwicklung in der ärztlichen Gesprächsführung konsequent aus-bauen. Die interkulturelle und sprachliche Sensibilität müsse auch in der ärztlichen Weiter- und Fortbil-dung kontinuierlich gefördert wer-den. Der Ärztetag begrüßte die Ent-wicklung eines Curriculums der Bun-desärztekammer zur ärztlichen Ge -sprächsführung, das für die Fort- und Weiterbildung von Ärzten aller Fachrichtungen genutzt werden soll. Die Abgeordneten mahnten aber auch Arbeits- und Rahmenbedingun-gen in Praxis und Klinik an, die eine geeignete und ruhige Kommunikati-onssituation ermöglichen und den Schutz der persönlichen Daten und der ärztlichen Schweigepflicht ge -währleisten. Der Ärztetag forderte ausreichend Zeit für diese wichtige Form der ärztlichen Zuwendung. Dies müsse bei der Bewertung ärztli-

Berufspolitik

232 Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

Die sächsischen Delegierten bei der Abstimmung © SLÄK

Dr. med. Tankred Stöbe © SLÄK

cher Tätigkeit, bei der Bedarfsermitt-lung und bei Stellenplänen berück-sichtigt werden.

Sachstand Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)Über den Sachstand einer neuen GOÄ informierte der Verhandlungs-führer der Bundesärztekammer, Dr. med. Theodor Windhorst. Derzeit sei der politische Wille für eine neue GOÄ vorhanden. Diese Situation müsse die Ärzteschaft konstruktiv nutzen.

Nach 20 Jahren Stillstand scheint nun eine neue GOÄ konsensfähig zu sein, die in enger Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium in 400 Gesamtvergütungen und 160 Zu -satzleistungen etwa 80 Prozent des Gesamtvolumens der GOÄ abdeckt. Mit einer neuen GOÄ könnten klare Regelungen für Einkünfte der Ärzte-schaft gefunden werden, was in anderen Berufsgruppen der freien Wirtschaft undenkbar wäre. Dafür müsse die Ärzteschaft auch so man-che Vorgabe der Krankenkassen oder der Politik als Kompromiss hinneh-men. Maximalforderungen einiger ärztlicher Vertreter würden dem Pro-zess der Schaffung einer neuen GOÄ nur schaden. Erwartet wird die neue GOÄ für 2016.

Die erwartete heftige Kritik von den Delegierten blieb auf dem Ärztetag aus. Im Zusammenhang mit den GOÄ-Verhandlungen hat der Ärzte-

tag gefordert, dass auch die konser-vativen Leistungen angemessen bewertet werden.

Berufsordnung Der Deutsche Ärztetag hat auch ein-zelne Vorschriften der (Muster-)Berufsordnung novelliert. Geändert wurde das Einsichtnahmerecht der Patienten in die ärztliche Dokumen-tation. Bislang waren diejenigen Teile von der Einsichtnahme ausgenom-men, die subjektive Eindrücke oder Wahrnehmungen des Arztes enthal-ten. Nun wurde diese Vorschrift an die Regelungen des Patientenrechte-gesetzes angepasst. Die Formulie-rung, dass Patienten auf deren Ver-langen unverzüglich Einsicht in die vollständige, sie betreffende Patien-

tenakte zu gewähren ist, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche the-rapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegen-stehen, wurde noch um die Berück-sichtigung erheblicher Rechte auch der Ärzte ergänzt.

Nachdem der Bundesgerichtshof eine entsprechende Regelung in Baden-Württemberg zu den Teil-Berufsausübungsgemeinschaften für verfassungswidrig hält, wurde die Einschränkung, dass sich der Beitrag einzelner Ärzte nicht nur auf die Erbringung medizinisch-technischer Leistungen beziehen darf, gestrichen.

Die Bestimmung zur Weiterführung der Praxis nach dem Tod des Praxisin-habers wurde für Partner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz geöffnet und der Vertretungszeitraum von drei auf sechs Monate verlängert.

Die (Muster-)Berufsordnung hat keine unmittelbare Rechtswirkung in den Bundesländern. Dort gilt das jeweilige Satzungsrecht der Landes-ärztekammern auf Grundlage der Heilberufe- und Kammergesetze. Sie dient aber der möglichst einheit-lichen Umsetzung der berufsrecht-lichen Vorgaben in den einzelnen Kammerbereichen. Die Akzeptanz der (Muster-) Berufsordnung und die Transparenz der Änderungsverfahren wird durch ein ausgefeiltes Abstim-mungsverfahren gewährleistet.

Berufspolitik

234 Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

Reihe der sächsischen Delegierten © SLÄK

Dr. med. Rainer Kobes, Prof. Dr. med. habil. Uwe Köhler (re.) © SLÄK

Novellierung (Muster-)WeiterbildungsordnungDer Vorsitzende der Weiterbildungs-gremien der Bundesärztekammer, Dr. med. Franz Bartmann, gab auf dem 118. Deutschen Ärztetag einen Sach-standsbericht zur Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung (MWBO). Er betonte dabei, dass die Struktur der Weiterbildungsordnung erhalten bleiben soll und lediglich ergänzende Abschnitte zur Doku-mentation der Weiterbildung (Log-buch) und ein Glossar vorgesehen sind. Derzeit überarbeitet die Bun-desärztekammer gemeinsam mit den Landesärztekammern die von den Fachgesellschaften und Berufsver-bänden eingereichten Vorschläge, um für alle Weiterbildungsbezeich-nungen eine einheitliche Struktur zu erreichen. Nach Abschluss dieser Konvergenzphase erhalten die Fach-gesellschaften und Berufsverbände die Möglichkeit, den überarbeiteten Entwurf zu prüfen und zu kommen-tieren.Zudem ist eine Weiterentwicklung des Logbuchs geplant. Dieses soll zukünftig verbindlich in der MWBO geregelt sein und über eine regelmä-ßige Dokumentation des Weiterbil-dungsfortschritts zur erleichterten Planung des Weiterbildungsverlaufs beitragen, außerdem die Mobilität bei einem Wechsel der Weiterbil-dungsstätten auch zwischen den Landesärztekammern unterstützen. Schon jetzt erleichtert ein sorgfälti-ges Führen des Logbuches die Wei-terbildung erheblich, da Weiterbilder und Weiterzubildende über den Stand der Weiterbildung identische Informationen haben. Dazu eine ver-bindliche bundesweite Regelung ein-zuführen sei eine sinnvolle qualitäts-sichernde Maßnahme.

Durch den Vorstand der Bundesärz-tekammer wurden ergänzend zum Sachstandsbericht zur MWBO erste Überlegungen zur Finanzierung der ambulanten Weiterbildung vorge-stellt. Mit einem „Selbstverwaltungs-modell“ beabsichtigt man, die „Fi -nanzierung der ambulanten fach-ärztlichen Weiterbildung“ zu sichern und die fachärztliche Weiterbildung im ambulanten Bereich zu fördern.

Im Interesse des ärztlichen Nach-wuchses wurde der Gesetzgeber aufgefordert, die Finanzierung der ambulanten fachärztlichen Weiterbil-dung über eine gesetzliche Regelung zu sichern.

Dass die Vereinbarung zur Förderung der Weiterbildung in der Allgemein-medizin in der ambulanten und stationären Versorgung zukünftig expressis verbis im SGB V verankert werden soll, wurde ausdrücklich begrüßt.

Berufspolitik

235Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

Die sächsischen Delegierten treten an die Wahlurne zur Wahl des Präsidenten der Bundesärztekammer © SLÄK

Dr. med. Eberhard Huschke, Dipl.-Med. Petra Albrecht,Prof. Dr. med. habil. Wolfgang Sauermann (v.li.) © SLÄK

WahlDie Delegierten des Deutschen Ärz-tetages wählten Herrn Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery, Hamburg, zum Präsidenten sowie Frau Dr. med. Martina Wenker, Präsidentin der Nie-dersächsischen Ärztekammer und Herrn Dr. med. Max Kaplan, Präsi-dent der Bayrischen Landesärzte-kammer, zu den Vizepräsidenten der Bundesärztekammer.

Sächsische BeschlussanträgeEine Übersicht über die von Sachsen eingereichten und beschlossenen Anträge finden Sie im Internet unter www.slaek.de, Presse, Deutscher Ärztetag.

Prof. Dr. med. habil. Hans-Egbert SchröderVorsitzender des Redaktionskollegiums

„Ärzteblatt Sachsen“Knut Köhler M.A.

Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Berufspolitik

236 Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

Dr. med. Martina Wenker, Vizepräsidentin, Prof. Dr. med. Frank Ulrich Montgomery, Präsident, Dr. med. Max Kaplan, Vizepräsident © jardaimodusphoto

STEX in der Tasche – wie weiter?

Chancen und Perspektiven im sächsischen Gesundheitswesen

Das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz, die Sächsische Landesärztekammer, die Krankenhausgesellschaft Sachsen und die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen laden alle Medizinstudenten, die PJ-ler und andere Interessierte herzlich ein zu einer

Informationsveranstaltung für Medizinstudenten und Jungärzte

am 24. Juni 2015 ab 11.30 Uhr in das Medizinisch-Theoretische Zentrum der Technischen Universität Dresden, Fiedlerstraße 42, 01307 Dresden.

Im Hörsaal findet ein Einführungs-vortrag zu Fragen der ärztlichen Wei-terbildung statt und anschließend eine Podiumsdiskussion mit Vertre-tern der Sächsischen Landesärzte-

kammer, von Weiterbildungsbefug-ten und Weiterzubildenden aus säch-sischen Krankenhäusern und aus der Niederlassung.

Vor, während und nach der Plenar-veranstaltung informieren und bera-ten Sie an ihren Ständen im Foyer erfahrene Ärzte, Geschäftsführer sächsischer Krankenhäuser, Vertreter ärztlicher Standesorganisationen in Sachsen und der Sächsischen Apo-theker- und Ärztebank zur Weiterbil-dung sowie zu Chancen und Einsatz-möglichkeiten im■ ambulanten Bereich,■ stationären Bereich,■ öffentlichen Gesundheitsdienst.

Dabei stehen Themen im Mittel-punkt wie■ individuelle Gestaltung der Wei-

terbildung,■ Weiterbildung und Karrierechan-

cen im Krankenhaus,■ Weiterbildung im ambulanten

Bereich■ Gründung oder Übernahme einer

Praxis,■ Berufsmöglichkeiten im Öffentli-

chen Gesundheitsdienst,

■ Vereinbarkeit von Beruf und Familie,

■ Fördermöglichkeiten.

Für das leibliche Wohl während der Veranstaltung ist gesorgt.Eine Anmeldung ist nicht erforder-lich. Die Veranstaltung ist kostenfrei. Für Ihre Fragen, auch gerne vorab für die Podiumsdiskussion, stehen wir Ihnen unter arzt-in-sachsen@ slaek.de gerne zur Verfügung. Den Einladungsflyer können Sie sich von der Homepage der Sächsischen Landesärztekammer www.slaek.de herunterladen.

Dr. med. Patricia KleinÄrztliche Geschäftsführerin

Erratum:

Im „Ärzteblatt Sachsen“, Heft 5/2015, Seite 212, „Dresdens erste Polikliniken“ von Dr. med. Volker Klimpel, muss es in der 1. Spalte, 21. Zeile von oben richtig heißen „(1821 – 1907), später Chefarzt am Diakonis-senkrankenhaus und in Dresden-Friedrichstadt.

Leserbriefe

237Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

ZirkumzisionLeserzuschriften zum Artikel im

„Ärzteblatt Sachsen“, Heft 5/2015, Seite 205/206

Dr. med. Hans-Peter Maidhof, CottbusDer lange Leserbrief von Dr. med. Lothar Markus über eine vor zwei Monaten zu Ende gegangene Son-derausstellung im Jüdischen Museum Berlin ist anstößig. Schon die Kom-mentierung des Sicherheitschecks beim Zugang zum Jüdischen Museum mit der Formulierung „die Juden haben halt Angst vor Aktionen gegen sie“ ist zwar nicht falsch, wirkt aber doch unangemessen naiv plaudernd. Der Ductus des Plauder-tons zieht sich dann leider weiter durch den zu lange geratenen Leser-brief: Nach einem ersten Teil, der uns die Bildungserlebnisse des Autors beim Besuch der Ausstellung nach-vollziehen lässt und einem zweiten Teil, der unnötig bildhaft einige Vor-stellungen des Autors zu Funktion und Ästhetik der männlichen Beschneidung im Leser zum Schwin-gen bringt, werden uns schließlich (Oh hätte die Redaktion hier doch gekürzt!) „ein paar Bemerkungen … zum Judentum“ vorgelegt. Die so schlichten und undifferenzierten Ein-lassungen über das „erfolgreiche Wesen der Juden“, „denen es immer wieder gelingt, führende Positionen“ einzunehmen, inklusive Aufzählung der Zahl jüdischer Nobelpreisträger gehen so parallel zu anderen rassisti-schen Argumentationslinien, dass deren Abdruck im „Ärzteblatt Sach-sen“ unerträglich ist. Hier hat die Redaktion versagt.

Dr. med. Rudolf Grzegorek, GörlitzMan mag das Problem der Zirkumzi-sion aus rituellen Gründen drehen und wenden wie man will, der Kon-flikt zwischen dem Recht auf körper-liche Unversehrtheit von Schutzbe-fohlenen und dem Recht auf freie Religionsausübung ist nicht wegzu-reden.Nach dem Urteil der Kölner Richter, die die Beschneidung von Knaben als rechtswidrig erklärten und als straf-

bare Handlung ansahen, schlugen die Wogen hoch. Juden und Mus-lime befanden sich in seltener Über-einstimmung, die man sich auf ande-ren Gebieten nur wünschen könnte. Dabei wurde von Abrahams Söhnen völlig vergessen, dass es sich bei allen Erzvätern um Gestalten aus der sogenannten Sagenzeit handelt und selbst „Nachfahre“ Mose und sein Wirken geschichtswissenschaftlich sich dem Zugriff entziehen. Sollte man im 21. Jahrhundert auf das Flie-ßen von Blut bei Neugeborenen bestehen, selbst wenn in grauer Vor-zeit die Zirkumzision, blutigere Riten oder gar Menschenopfer ablösend, durchaus fortschrittlich gewesen sein mag? Die Identifikationsfindung in Weltreligionen dürfte auch anders realisierbar sein. Auch die großen christlichen Konfessionen tauchen den Täufling im Regelfall nicht mehr unter, um ihn unter die Fürsorge Gottes zu stellen. Die strikte Unter-scheidung der Zirkumzision aus ritu-ellen Gründen von der Beschneidung der Mädchen ist quantitativ unbe-stritten, qualitative Unterschiede ver-mag ich zumindest in der Schärfe, wie es zum Beispiel Kollege Markus und viele Religionsvertreter sehen, nicht mittragen. Bei beiden Eingrif-fen wird blutig am Genitale manipu-liert, ein sensibler Bereich, nicht etwa nur ein Ohrloch gestochen oder am Unterarm geritzt.

Richtig wurde festgestellt, dass die hygienische Bedeutung der Zirkumzi-sion, in Ländern mit geregelter Was-serversorgung, sekundär ist. Wichtig ist, dass wir Eltern samt Kindern Kenntnisse über Genitalhygiene ver-mitteln. Dieses wäre auch eine dank-bare Aufgabe für gegebenenfalls unterbeschäftigte Urologen, die unter Um ständen der privat zu liqui-dierenden Zirkumzision aus religiö-sen Motiven nachtrauern. Posivite Auswirkungen auf die Sexualethik durch das Entfernen der Vorhaut sind mir nicht bekannt. Und wenn sich nur 3,2 Prozent der befragten Eltern gemäß einer Studie in Israel letztendlich gegen die Beschneidung ihrer Sprösslinge entschieden, ist über den Gruppendruck wenig aus-gesagt. Wie die vom Bundestag

geforderte Schmerzfreiheit in der Praxis zu realisieren ist, bleibt mir schleierhaft.Zumindest das orthodoxe Judentum lehnt jegliche Analgesie ab und der von mir angefragte Zentralrat der Juden teilte mir durch den damaligen Generalsekretär Stephan Kramer 2013 mit, dass unter anderem Emla-Salbe, Zäpfchen und in süßem Wein getauchte Schnuller zur Anwendung zugelassen seien. Jeder mag sich sein Urteil selber bilden. Dr. med. Ingrid Thümmel, RadebeulHiermit möchte ich mich für oben genannten Leserbrief und dessen Veröffentlichung durch die Redak-tion ausdrücklich bedanken.

Ich halte diesen klar dargelegten und mit Wissen fundierten Beitrag zu dieser von einigen anhaltend kontro-vers diskutierten Frage für gesell-schaftlich relevant. Wenngleich der Begriff der Schuld zur geschichtli-chen Vergangenheit heute weitest-gehend abgelehnt wird, so sollte doch gegenwärtig mit bestimmten Themen bei aller Sachlichkeit fein-fühlig umgegangen werden. Akzep-tanz und Toleranz religiöser und anderer Lebensweisen und Gefühle gehört zu unserer ärztlichen Haltung. Durch Seelsorge sowie andere religi-öse Handlungen werden unsere Heil-verfahren unterstützt. Wir als Ärzte wissen, dass auch unser Handeln an Grenzen stößt, die nur über die Reli-gion erfahrbar und überwindbar sind.Die Ausübung religiöser Riten und Freiheiten ist uns durch das Grund-gesetz gesichert. Diese Rechte anzu-greifen, zerstört den Frieden in unse-rer Gesellschaft und sind dem Anse-hen unseres Berufstandes zuwider. Deshalb sollten wir immer prüfen und abwägen, wofür wir eintreten und welche Signale wir damit in die Welt senden, was wir erreichen oder zer-stören werden, und dabei sollten wir uns weder vom Zeitgeist oder Ideolo-gien, noch von Veröffentlichungen diverser Autoren beeinflussen lassen.

Anmerkung der Redaktion: Artikel und Leserbriefe geben ausschließlich

die Meinung der Autoren wieder.

Chancen und Per-spektiven für Ärzte in Weiterbildung

„Vom Studenten zum Facharzt – meine Zukunft in Sachsen“ war das Thema der 6. Informationsveranstal-tung für Medizinstudenten und Jung ärzte am 4. Mai 2015 in Leipzig, in der die Studenten in Form kom-pakter Vorträge und eines Podiums-gesprächs auf ihre ärztliche Zukunft eingestimmt werden sollten.Mittlerweile schon traditionsgemäß veranstalteten die Kreisärztekammer Leipzig (Stadt) und die Bezirksge-schäftsstelle Leipzig der KV Sachsen ergänzend dazu am Abend im Keller des „Spizz“ im Zentrum Leipzigs für die Studenten ein besonderes „get together“. Der Vorstandsvorsitzende der Kreisärztekammer Leipzig (Stadt), Dr. med. Mathias Cebulla, leitete mit den Worten ein „…es ist das Ziel des heutigen Abends, Ihnen die Körper-schaften Ärztekammer und Kassen-ärztliche Vereinigung näherzubrin-gen, es erwarten Sie Vertreter der Ärzteschaft, die mit Ihnen über Ihre Fragen und Probleme im Zusammen-hang mit dem Berufsstart quasi schon als Kollegen sprechen wol-len…“.Dr. med. Sylvia Krug, Vorsitzende der Bezirksgeschäftsstelle Leipzig der KV

Sachsen, ermunterte die Studenten ebenfalls zur Diskussion auf Augen-höhe.

Der Vorstand der Sächsischen Lan-desärztekammer wurde durch den Vizepräsidenten, Erik Bodendieck, repräsentiert. Aus Dresden war der Stellvertretende Vorsitzende der KV Sachsen, Dr. med. Claus Vogel, ange-reist.Das Universitätsklinikum Leipzig war mit dem Studiendekan Spectabilis Prof. Dr. med. habil. Horst-Jürgen Meixensberger, dem Medizinischen Vorstand Prof. Dr. med. Wolfgang Fleig, der Leiterin der Studienabtei-lung, Frau Schäfer, und den Vor-standsmitgliedern der Kreisärzte-kammer Leipzig, Prof. Dr. med. habil.

Christoph Josten und Prof. Dr. med. Andreas Dietz, gut verteten und dokumentierte damit auch die Ver-bundenheit von Universität und Kör-perschaften.

Über 100 Studenten nutzten die Gelegenheit, sich mit den Vertretern der Ärztesschaft in lockerer Atmos-phäre, bei gutem Essen und ebenso gratis Getränken, unterbrochen von tollen Musikeinlagen der Band Mad-doxxx (es wurde auch getanzt!), zu unterhalten, Fragen zu stellen und sich näherzukommen.

Ein gelungener Abend!

Dr. med. Mathias CebullaVorsitzender der Kreisärztekammer

Leipzig (Stadt)

Berufspolitik

238 Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

Dr. med. Mathias Cebulla (li) im Gespräch mit Medizinstudenten © SLÄK

AkdÄ startet Projekt zur Erfassung und Bewertung von Medikationsfehlern Erstmals werden innerhalb des deutschen Spontanmeldesystems für Nebenwirkungen Medikati-onsfehler systematisch erfasst

Im Rahmen eines vom Bundesminis-terium für Gesundheit geförderten Projekts (1) führt die Arzneimittel-kommission der deutschen Ärzte-schaft (AkdÄ) seit Anfang dieses Jah-res ein Projekt zur systematischen Erfassung und Bewertung von Medi-kationsfehlern durch. Laut WHO sind etwa zehn Prozent der Krankenhausaufnahmen auf

Nebenwirkungen zurückzuführen. In Deutschland beruhen nach Daten aus dem Netzwerk der regionalen Pharmakovigilanzzentren über drei Prozent der stationären Aufnahmen in internistische Abteilungen auf unerwünschten Arzneimittelwirkun-gen. Insgesamt 0,6 % der Aufnah-men sind dabei auf vermeidbare Ereignisse zurückzuführen.In dem AkdÄ-Projekt sind Ärzte auf-gerufen, Medikationsfehler und dar-aus resultierende unerwünschte Wir-kungen zusätzlich innerhalb des bereits existierenden Spontanmelde-systems zu berichten. Aus der syste-matischen Analyse dieser Meldun-gen sollen Ansätze zur Vermeidung von Medikationsfehlern entwickelt werden. Parallel zum Projekt der AkdÄ hat das Bundesinstitut für Arz-

neimittel und Medizinprodukte (BfArM) ein Forschungsprojekt ge -startet, in dem prospektiv in drei deutschen Krankenhausnotaufnah-men Medikationsfehler erfasst und unter anderem Erkenntnisse zur Häufigkeit von Medikationsfehlern gewonnen werden sollen. Beide Pro-jekte sind Bestandteil des „Aktions-plans zur Verbesserung der Arznei-mitteltherapiesicherheit in Deutsch-land“ (2) und werden in enger Zusammenarbeit von AkdÄ und BfArM realisiert.1) Förderkennzeichen: GE 2014 0106 2) Förderkennzeichen: 2515ATS001

Kontakt: Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Geschäftsstelle

Dr. med. Katrin BräutigamHerbert-Lewin-Platz 1, 10623 Berlin

Telefon 030 400456-500E-Mail katrin.braeutigam@akdae

Berufspolitik

Ärzte für Sachsen: On Tour im Vogtland

Am 9. Mai 2015 war es wieder soweit, die „Ärzte für Sachsen – On Tour“ startete bereits zum vierten Mal, um mit Medizinstudierenden vor Ort die Perspektiven einer Tätig-keit in den Regionen Sachsens ken-nenzulernen. Ziel der diesjährigen Veranstaltung des Netzwerks „Ärzte für Sachsen” war der Vogtlandkreis, wo die jungen Mediziner einem Krankenhaus wie auch einem nieder-gelassenen Hausarzt einen Besuch abstatteten.

Um auf die ärztliche Tätigkeit außer-halb der universitären Zentren neu-gierig zu machen, war gleich die erste Station am Klinikum Ober-göltzsch Rodewisch bestens geeig-net. Der Leitende Chefarzt, Dr. med. Dietrich Steiniger, der auch Vorsit-zender der Krankenhausleitung ist, übernahm die Vorstellung der Klinik. Er berichtete über die Unterstüt-zungs- und Weiterbildungsmöglich-keiten am Krankenhaus und präsen-tierte beim Rundgang durch das Kli-nikum seine moderne und familien-freundliche Einrichtung.

Da zu dem Städtchen Rodewisch neben diesem Haus der Regelversor-gung auch noch das Sächsische Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie gehört, hatten die Teil-nehmer der Tour die Gelegenheit, bei einem Vortrag des Ärztlichen Lei-

ters, Priv.-Doz. Dr. med. Dr. rer. pol. Niels Bergemann, viel über das breite Diagnostik- und Therapieangebot des Fachkrankenhauses zu erfahren. In der Kombination des ärztlichen Leistungsspektrums vor Ort wurde so das hohe Versorgungsniveau auch in den Regionen deutlich.

Die Bürgermeisterin von Rodewisch, Kerstin Schöniger, ließ sich die Gele-genheit ebenfalls nicht entgehen, die jungen Mediziner über die Vor-züge und die positive Entwicklung ihrer Stadt zu informieren. Und spä-testens als dann noch Anneliese Ring vom Landratsamt des Vogtlandkrei-ses für die ärztliche Tätigkeit in der Region warb, war den Medizinstu-dierenden klar, hier gibt es für sie hervorragende Perspektiven. Für Frau Ring war der Besuch der Veran-staltung von „Ärzte für Sachsen“ auch ein persönliches Anliegen, begleitete sie doch das Netzwerk von Anfang an und war mit ihrem lokalen Projekt „Ärzte fürs Vogtland“ eine Art Vorreiter des sachsenweiten Netzwerks.

Der letzte Halt der Tour galt wieder einer Hausarztpraxis. Bei Ulrich Puschmann im Höhenluftkurort Grünbach erfuhren die Studierenden viele Details über den medizinischen Alltag einer solchen „Landarztpra-xis“. In offener und gewinnender Weise erzählte Herr Puschmann von den kleinen und großen Herausfor-derungen und bewies, dass zu einer guten hausärztlichen Versorgung

Dr. med. Dietrich Steiniger, Kerstin Schöniger und Anneliese Ring (v.li.) werben für ihre Region © SLÄK

Der ärztliche Leiter des Sächsischen Krankenhauses für Psychiatrie und Neurologie, Priv.-Doz. Nils Bergemann, im Gespräch mit den Medizinstudenten © SLÄK

Herr Puschmann (li.) beim Rundgang durch seine Hausarztpraxis © SLÄK

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Berufspolitik

240 Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

KV Sachsen: Ärzte für Satellitenpraxis gesucht

Das bei der Sächsischen Landesärzte-kammer angebundene Netzwerk

„Ärzte für Sachsen“ hat das Ziel,

langfristig neue Ärzte für Sachsen zu gewinnen und neue Konzepte gegen den Ärztemangel zu entwickeln. Die institutionsübergreifende Arbeits-weise des Netzwerks ermöglicht die (Weiter-)Entwicklung und Koordinie-rung konkreter Projekte zur Verbes-serung der ärztlichen Versorgung

unter dem Dach von „Ärzte für Sachsen“. Ein solches Modellprojekt kommt nun mit der „Satellitenpraxis“ in die Umsetzungsphase.Die Idee einer Satellitenpraxis wurde aus der seit 2013 tätigen Unterar-beitsgruppe „Neue Versorgungsmo-delle“ heraus entwickelt und bezieht sich auf die Einrichtung von Praxis-räumen in weniger gut versorgten Regionen, die von einem oder meh-reren Ärzten einer oder unterschied-licher Fachgruppen genutzt werden können.

Federführend für die Realisierung dieser Einrichtung der ambulanten Versorgung ist die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen (KV Sachsen), die nun das Pilotprojekt für die Region Oschatz beschlossen hat. Die KV Sachsen stellt dafür in der Stadt Mügeln die Räumlichkeiten der Pra-xis, die Infrastruktur und das nicht-ärztliche Personal zur Verfügung.Gesucht werden nunmehr Hausärzte, die sich vorstellen können, allein oder zusammen mit anderen Ärzten an einem oder mehreren Tagen in der Woche in Mügeln tätig zu wer-den. Dies kann für bereits niederge-lassene Kollegen der Region als Zweigpraxisstandort erfolgen oder in Form einer Anstellung, auch für neue Kollegen.Unterstützt wird die KV Sachsen von weiteren Partnern des Netzwerkes

„Ärzte für Sachsen“, wie der Sächsi-schen Landesärztekammer und den sächsischen Krankenkassen.

Weitere Informationen zur Tätigkeit in der Satellitenpraxis finden Sie in der nebenstehenden Ausschreibung.

Kontakt: KV Sachsen, Frau Hase, Leiterin der Abteilung Sicherstellung in der Bezirksgeschäftsstelle Leipzig, Telefon 0341 2432 147.

auch ein hohes Engagement für die Patienten gehört.2012 startete die „Ärzte für Sachsen – On Tour“ in Ostsachsen in Görlitz, Bautzen und Berthelsdorf. Nachdem 2013 der westsächsische Landkreis

Zwickau, 2014 Nordsachsen und in diesem Jahr das Vogtland angesteu-ert wurden, ist das Team von „Ärzte für Sachsen“ noch für Vorschläge für mögliche weitere Ziele offen. Über die nächste Tour informiert das

Netzwerk wie gewohnt auf www.aerzte-fuer-sachsen.de und Facebook.

Martin Kandzia M.A.Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Mitteilungen der KVS

241Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

Ausschreibung von Vertragsarztsitzen Von der Kassenärztlichen Vereini-gung Sachsen werden gemäß § 103 Abs. 4 SGB V folgende Vertragsarzt-sitze in den Planungsbereichen zur Übernahme durch einen Nachfolger ausgeschrieben:Bitte beachten Sie folgende Hin-weise:

*) Bei Ausschreibungen von Fachärz-ten für Allgemeinmedizin können

sich auch Fachärzte für Innere Medi-zin bewerben, wenn sie als Hausarzt tätig sein wollen. Bei Ausschreibungen von Fachärzten für Innere Medizin (Hausärztlicher Versorgungsbereich) können sich auch Fachärzte für Allgemeinmedizin bewerben.Nähere Informationen hinsicht-lich des räumlichen Zuschnitts sowie der arztgruppenbezo-genen Zuordnung zu den einzel-nen Planungsbereichen bzw. Ver-

sorgungsebenen sind auf der Homepage der KVS (www.kv sachsen.de → Mitglieder → Arbei-ten als Arzt → Bedarfsplanung und sächsischer Bedarfsplan) abrufbar.Bitte geben Sie bei der Bewerbung die betreffende Registrierungs-Num-mer (Reg.-Nr.) an.Es wird darauf hingewiesen, dass sich auch die in den Wartelisten ein-getragenen Ärzte bei Interesse um den betreffenden Vertragsarztsitz bewerben müssen.

Bezirksgeschäftsstelle Chemnitz

Reg.-Nr. Fachrichtung Planungsbereich Bewerbungsfrist

Allgemeine fachärztliche Versorgung

15/C030 Psychologische Psychotherapie/Verhaltenstherapie Chemnitz, Stadt 24.06.2015

15/C031Psychologische Psychotherapie/Tiefenpsychologie

(hälftiger Versorgungsauftrag)Freiberg 24.06.2015

15/C032Kinder-und Jugendmedizin

(hälftiger Versorgungsauftrag)Plauen, Stadt/Vogtlandkreis

13.07.2015

Schriftliche Bewerbungen sind unter Berücksichtigung der Bewerbungsfrist an die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen, Bezirksgeschäftsstelle Chemnitz, Postfach 11 64, 09070 Chemnitz, Tel. 0371 2789-406 oder -403 zu richten.

Bezirksgeschäftsstelle Dresden

Reg.-Nr. Fachrichtung Planungsbereich Bewerbungsfrist

Allgemeine fachärztliche Versorgung

15/D026Ärztliche Psychotherapie/Tiefenpsychologie

(hälftiger Versorgungsauftrag)Dresden, Stadt 24.06.2015

15/D027Psychologische Psychotherapie/Tiefenpsychologie/Analytische

Psychotherapie (hälftiger Versorgungsauftrag) Dresden, Stadt 24.06.2015

15/D028Psychologische Psychotherapie/Verhaltenstherapie

(hälftiger Versorgungsauftrag)Dresden, Stadt 24.06.2015

15/D029 Psychologische Psychotherapie/Verhaltenstherapie Dresden, Stadt 24.06.2015

15/D030 Frauenheilkunde und GeburtshilfeGörlitz, Stadt/Nieder schle-sischer Oberlausitzkreis

13.07.2015

15/D031 Haut- und GeschlechtskrankheitenGörlitz, Stadt/Nieder schle-sischer Oberlausitzkreis

13.07.2015

15/D032Psychologische Psychotherapie/Verhaltenstherapie

(hälftiger Versorgungsauftrag)Meißen 24.06.2015

Schriftliche Bewerbungen sind unter Berücksichtigung der Bewerbungsfrist an die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen, Bezirksgeschäftsstelle Dresden, Schützenhöhe 12, 01099 Dresden, Tel. 0351 8828-310 zu richten.

Mitteilungen der KVS

242 Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

Bezirksgeschäftsstelle Leipzig

Reg.-Nr. Fachrichtung Planungsbereich Bewerbungsfrist

Hausärztliche Versorgung

15/L024Allgemeinmedizin*)

(hälftiger Versorgungsauftrag)Leipzig 24.06.2015

15/L025 Allgemeinmedizin*) Eilenburg 13.07.2015

15/L026 Allgemeinmedizin*) Markkleeberg 13.07.2015

15/L027 Allgemeinmedizin*) Leipzig 13.07.2015

15/L028 Innere Medizin*) Leipzig 13.07.2015

Allgemeine fachärztliche Versorgung

15/L029 Neurologie und Psychiatrie Delitzsch 13.07.2015

15/L030 Chirurgie Leipziger Land 13.07.2015

15/L031Psychologische Psychotherapie/Verhaltenstherapie

(hälftiger Versorgungsauftrag)Leipzig, Stadt 24.06.2015

Spezialisierte fachärztliche Versorgung

15/L032 Innere Medizin Leipzig, Stadt 24.06.2015

Schriftliche Bewerbungen sind unter Berücksichtigung der Bewerbungsfrist an die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen, Bezirksgeschäftsstelle Leipzig, Braunstraße 16, 04347 Leipzig, Tel. 0341 2432-153 oder -154 zu richten.

Abgabe von VertragsarztsitzenVon der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen werden folgende Vertragsarztsitze zur Übernahme veröffentlicht.

Bezirksgeschäftsstelle Chemnitz

Fachrichtung Planungsbereich Bemerkung

Hausärztliche Versorgung

Allgemeinmedizin*) Chemnitz geplante Abgabe: 4. Quartal 2015

Allgemeinmedizin*) Reichenbach geplante Abgabe: 01.04.2016

Innere Medizin*) PlauenInfektions- u. Tropenmedizin,

geplante Abgabe: 2015

Innere Medizin*) Zwickaugeplante Abgabe: 2018,

Kooperation durch Anstellung auch früher

Allgemeine fachärztliche Versorgung

Augenheilkunde Mittlerer Erzgebirgskreisgeplante Abgabe: Ende März 2017 bzw.

Ende Juni 2017

Spezialisierte fachärztliche Versorgung

Kinder-und Jugendpsychiatrie(hälftiger Versorgungauftrag)

Südsachsen geplante Abgabe: Ende 2015

Interessenten wenden sich bitte an die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen, Bezirksgeschäftsstelle Chemnitz, Postfach 11 64, 09070 Chemnitz, Tel. 0371 2789-406 oder -403.

Buchbesprechung

243Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

„Das Handbuch gegen Krebs“Neues Wissen. Neue Hoffnung. Neue Therapien.

Von Sarah Majorczyk und über 60 Experten der Deutschen Krebsgesell-schaft und der Deutschen Krebshilfe.

Herausgeber:Prof. Dr. Wolf Schmiegel, Dr. h. c. Fritz Pleitgen, Dr. Andreas Penk, Sarah Majorczyk.Verlag Zabert Sandmann GmbH München, 1. Auflage 2014ISBN 978-3-89883-448-3, 385 Seiten, viele Bilder, Preis: 19,95 Euro

Inhalt:VorwortKapitel:1. Krebs verstehen2. Der Krebs und ich3. Das TherapiehandbucchGlossar, Inhaltsverzeichnis, Adressen, Register.

Die Diagnose Krebs ist noch immer fatal. In der Bundesrepublik Deutsch-land erkranken jährlich ca. 500.000 Menschen neu an einem Krebsleiden beziehungsweise an einem bösarti-gen Tumor. In den zurückliegenden Jahren seit der Jahrhundertwende hat sich sehr viel in der Erkennung und Behandlung von Krebserkran-kungen für die Betroffenen im posi-tiven Sinn verändert. Die Patienten haben größere Chancen auf Heilung oder auf Verlängerung ihres Lebens, selbst wenn eine endgültige Aushei-lung nicht erfolgen kann.

Es gibt mehr als zweihundert ver-schiedene Krebserkrankungen und im vorliegenden Nachschlagewerk sind komprimiert auf 230 von 385 Seiten nach einem überschaubaren Darstellungsprinzip fünfunddreißig der verschiedenen und häufig auftre-tenden Krebsarten beschrieben. Die sechzig medizinischen Fachexperten der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Krebshilfe aus allen Regionen der Bundesrepublik, die an

der Erstellung des Buches beteiligt waren, haben mit den Herausgebern gemeinsam in akribischer Arbeit ein inhaltsreiches Buch allen interessier-ten Lesern und insbesondere Betrof-fenen an die Hand gegeben. Das Buch ist kein medizinisches Lehrbuch für die Ausbildung von Studenten oder ein Fachbuch für Facharztkandi-daten, sondern vielmehr ein pragma-tisches Übersichts- und Nachschlage-werk, das alle Bereiche von Anbe-ginn der Diagnosestellung bis hin zur Nachsorge anschaulich für Betrof-fene und Angehörige erschließt. Nach dem Vorwort steigt das Buch im ersten Kapitel mit einer allge-meinverständlichen Erklärung der Möglichkeiten der Krebsentstehung, so zum Beispiel mit den Themen

„Was ist Krebs?“ und „Krebs vorbeu-gen!“, ein.Danach schließt sich ein sehr gut gelungenes zweites Kapitel mit der Überschrift „Der Krebs und ich“ an. Die Herausgeber lassen hier fünf Betroffene und deren Angehörige zu Wort kommen.Es werden die Fragen gestellt: „Ich habe Krebs, was nun, was passiert mit mir?“ Dabei kommt es auch zur Erörterung, wie die Tatsache mit Betroffenen und Angehörigen zu handeln ist. Wenn der Krebs als rezi-divierende Erkrankung zurückkehrt oder die Unheilbarkeit der Krankheit feststeht, dann steht die Frage des Umgangs mit Lebensqualität sowie Lebenszeit.

Das dritte Kapitel titelt „Das Thera-piehandbuch“ und ist am umfang-reichsten. Es werden die Krebsthera-pien im Überblick beschrieben und Therapieübersichten nach Krebsarten dargestellt. Dabei wird nach Karzino-men, Sarkomen und Leukämie sowie Lymphomen aufgeschlüsselt.Jeweils zu den ausgesuchten 35 Krankheitsbeispielen wird wieder-kehrend Wissen zu■ Diagnosemöglichkeiten,■ Therapiemöglichkeiten nach Erst-

diagnose,■ Nachsorge,■ Therapiemöglichkeiten nach Rück-

fallvermittelt.

Dem Leser wird weiterhin Auskunft zu den Beratungsdiensten der Deut-schen Krebshilfe und der Deutschen Krebsgesellschaft gegeben und es wird über Naturheilverfahren und kli-nische Studien berichtet.

Am Ende des Buches gibt es einen Überblick zu wichtigen Adressen mit Hilfeverweisen, die Betroffene ken-nen sollten, und im Glossar sind noch einmal alle Fachbegriffe für den Laien gut verständlich erklärt.

Insgesamt gesehen ist das Buch sehr gut lesbar, flüssig geschrieben und auch verständlich für den anempfoh-lenen Leserkreis von Interessierten, Betroffenen und Angehörigen. Das Buch versucht mit seinem vermittel-ten Sachwissen die Hilflosigkeit und die Ängste der Betroffenen und der Angehörigen abzubauen. Dies ist nach Meinung des Rezensenten gut gelungen. Auch aus diesem Grund wird dem Buch eine rasche Verbrei-tung bei vorliegendem moderatem Preis für eine große Leserschaft gewünscht.

Dr. med. Hans-Joachim Gräfe,Kohren-Sahlis

Kasuistik über eine Herpes-Zoster-Infek-tion eines 8-jährigen Mädchens (A. H.)

EinleitungDer Herpes Zoster ist eine Viruser-krankung, welche durch das zur Familie der Herpesviren gehörende Varizella-Zoster-Virus (VZV) im Rah-men einer endogenen Aktivierung (Infekte, Stress, Abwehrschwäche) bei Teilimmunen ausgelöst wird. Reaktivierung und Latenz des Virus sind nahezu unbekannt (16). Das Virus wird in der Kindheit, insbeson-dere im Kleinkindalter übertragen und löst dann die Windpocken aus. Bei dem Ausbruch von Herpes Zoster kommt es zu einer gürtel- bzw. strei-fenförmigen Ausbreitung von grup-piert stehenden Bläschen entlang dem Dermatomverlauf des betroffe-nen Spinalganglions, in welchem die Viren zeitlebens persistieren können. In Deutschland erkranken jährlich etwa 350.000 bis 400.000 Men-schen an einem Herpes Zoster (HZV), ca. 70 % sind älter als 50 Jahre (1,17). Bei Kindern ist der Herpes Zoster wesentlich seltener. Von 1.000 an Windpocken erkrankten Kindern litt durchschnittlich lediglich ein Kind nach 5 ± 2,5 Jahren an Herpes Zos-ter, bezogen auf alle Altersgruppen liegt die prozentuale Häufigkeit bei 2% bei unter 10-jährigen und bei 6% bei 10- bis 18-jährigen (2,18) Symptome der Infektion sind starke drückende bis brennende Schmerzen im Bereich des Dermatoms, die Bla-senentstehung erfolgt innerhalb weniger Stunden bis fünf Tage. Die Bläschen öffnen sich dann im Verlauf von sieben bis zwölf Tagen und es kommt zum borkigen Abheilen der Läsionen. Narbenbildung oder Pig-mentstörungen (insbesondere nach Superinfektionen der Haut mit Bak-terien) kommen relativ häufig vor (3,18). Eine weithin gefürchtete Komplikation ist die Post-Zoster-Neu-ralgie, die die Patienten lebenslang begleiten kann. Komplikationen sind weiterhin neurologische Manifestati-onen (zum Beispiel Meningitis, Mye-

litis), Ösophagitis, Beteiligung des Auges und Pneumonien.

AnamneseErstmalige Vorstellung des 8,4-jähri-gen Kindes in der Sprechstunde am 24. 1. 2012. Das Kind klagt über mit-telstarke Schmerzen im Bereich der rechten Thoraxhälfte sowie über Abgeschlagenheit und körperliche Schwäche. Es gingen keine Infekte voraus, Stress oder starke körperli-che Anstrengung wurden negiert.

Eigen- und FamilienanamneseUnauffällige Geburt 40. SSW, nor-male Kindheitsentwicklung, 2. Kind gesunder Eltern, Windpocken im 4. LM, Überträger: der ältere Bruder.Befund:Es zeigten sich im Verlauf des Der-matoms Th 8. – 9. kleine gruppiert stehende Bläschen in einer Ausdeh-nung von ca. 2 – 5 cm, KG: 136 cm (SDS 0,66/P7 4,5), Gew.: 25,9 kg (SDS 0,55/P29.1), Temp.: 35.8°, RR 117/67, Puls 80/min, übriger klini-scher Befund unauffällig.

Therapie und VerlaufNach eindeutiger klinischer Diagnose wurden lokal antiseptische Lösungen (Octenisept®) im Wechsel mit anäs-thesierender Lotion (Anaesthesulf-Lotio®) und eine Schmerztherapie mit Ibuprofen Saft (200 mg alle acht Stunden), abwechselnd mit Paraceta-mol vierstündig (300 mg alle acht Stunden) ordiniert. Auf eine antivi-

rale Behandlung wurde aufgrund des Alters, der klinischen Ausbildung am Thorax und des sonst gesunden Kindes verzichtet, gemäß den Emp-fehlungen der Konsensuskonferenz des Robert Koch-Institutes von 2008 (http://www.p-e-g.org/archiv_tmp/jahrestagung_18/forum/sektion_ virologie_zoster.pdf.) und der Deut-schen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie, DGPI (13).

Nach zwei Tagen erfolgte eine Wie-dervorstellung, bei der die Hautver-änderung leicht fortgeschritten war und auch die Schmerzen zugenom-men hatten. Daraufhin wurde zu -sätzlich Metamizol in altersadaptier-ter Dosis in Tropfenform verordnet und eine Wiedervorstellung für den nächsten Tag vereinbart. Am nächs-ten Tag stellte sich die kleine Patien-tin mit erheblicher Verschlechterung des Lokalbefundes (Abb. 1) und un -stillbaren Schmerzen vor, daraufhin erfolgte die Einweisung in die nahe gelegene Universitätskinderklinik.

Stationärer VerlaufNach stationärer Aufnahme erfolgte die Einleitung einer virustatischen intravenösen Therapie mit Aciclovir über insgesamt zwölf Tage und einer intensivierten Schmerztherapie mit-tels Würzburger Schmerztropf (Tra-madol, Metamizol, Dimenhydrinat), dann wegen Unverträglichkeiten mit wiederholten Pitramidinjektionen (Dipidolor®). Darunter kam es zur

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244 Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

Abb. 1: Paraklinik bei Aufnahme: Leukopenie, Diff.BB: monozytär (16,1%), CRP 5,24, sonst unauffällig, IGM und IGG Varizella Zoster positiv

Linderung der Schmerzen. Lokal wurden auf die Läsionen Phenol-Methanal-Harnstoff-Polykondensat (Tannosynt®) aufgetragen und desin-fizierende Bäder durchgeführt. Nach einigen Tagen zeigte sich unter den Bläschen ein ausgedehnter Hautde-fekt (Abb. 2).

Weiterer VerlaufNach Entlassung der Patientin erfolg-ten die Wundverbände ambulant, bis zur abschließenden Wundheilung dauerte es noch weitere zehn Tage. Leider ist die Wundheilung mit einer doch erheblichen Narbenbildung ein-hergegangen (Abb. 3 und 4).

Die Narben wurden mittels Laserthe-rapie behandelt, um zu versuchen, das Hautbild zu verbessern. Am Bauch gelang dieses sehr gut, am Rücken leider nur mit mäßigem Erfolg. Leichte Schmerzen im Bereich der Narben treten nach Aussage der Patientin selten auch heute noch bei Lageänderungen auf. Eine Post-Zos-ter-Neuralgie hat sich glücklicher-weise nicht entwickelt (Abb. 4, Seite 246).

Zusammenfassung und DiskussionBei der aufgeführten Kasuistik han-delt es sich um einen seltenen Ver-lauf einer schweren Herpes-Zoster-Infektion, nach vermutlich endoge-ner Aktivierung.

VZV-Infektionen können selektiv virustatisch behandelt werden, wenn Sie innerhalb von 48 (-72) Stunden angewendet werden (13). Da für die orale Zostertherapie im Kindes- und Jugendalter nur Aciclovir, das Viro-statikum mit der schlechtesten Bio-verfügbarkeit, zugelassen ist und bei oraler Anwendung die Bioverfügbar-keit maximal 20 % beträgt, wurde ambulant auf die Einleitung einer virustatischen Therapie am Anfang der Erkrankung verzichtet, da eine zu erwartende gute Prognose vorlag (Auftreten am Stamm, Alter, keine Risikofaktoren). Ob hier eine frühzei-tigere Therapie nach Wiedervorstel-lung mit oralem Aciclovir, wie ab dem 16. Lebensjahr empfohlen (13), den Verlauf gebremst hätte, ist un -klar und bleibt zu diskutieren.

Das Kind musste 15 Tage stationär behandelt werden und hatte insge-samt einen Schulausfall von vier Wochen zu verkraften. Die Narben-behandlung läuft bis zum heutigen Tage weiter und ist nicht abgeschlos-sen. Eine in der Zwischenzeit durch-geführte immunologische Diagnostik erbrachte keine Besonderheiten.

Bekanntermaßen kommt es bei einer Ansteckung mit Windpocken im Säuglingsalter (meist durch größere Geschwister wie in diesem Fall) auf-grund des partiellen Nestschutzes durch maternale Antikörper in den ersten Lebensmonaten zu relativ harmlosen Infektionen bzw. zu kei-nem Ausbruch der Erkrankung. Aus

diesem Grund wird auch angenom-men, dass keine 100%ige Immunität gegen das Virus erworben wird. Eine Windpockeninfektion im Klein-kind- und Vorschulalter verläuft in aller Regel komplikationslos.

Genau diese Argumente führen viele Impfkritiker und -gegner als Begrün-dung gegen eine Impfung ins Feld, obwohl durchaus schwere Verläufe der Windpockenerkrankung mit Meningitis, Otitiden, Pneumonien, Osteomyelitis und Hepatitis in der Literatur beschrieben sind, bei Er -wachsenen kommt es sogar viel häu-figer zu schweren Verläufen (4, 5). In seltenen Fällen kann es auch zu einer Infektion bei Schwangeren kommen,

Originalie

245Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

Abb. 2: Lokalbehandlung des Defektes mit Hydrogel (Prontosan® Wundgel) und Silikonwundauflagen (Mepitel®). Der stationäre Aufenthalt endete am 15. Tag

Abb. 3: Ambulante Weiterbehandlung mit Wundverbänden

ca. 3 – 6 % aller Schwangeren haben keinen ausreichenden Schutz gegen das Windpockenvirus. Eine Infektion in allen Phasen der Schwangerschaft kann den Fötus schädigen, auch für die Schwange-ren stellt die Infektion ein höheres Risiko als für Nichtschwangere dar (6,13). Eine passive Immunprophy-laxe durch die Gabe eines Varizella-Zoster-Immunglobulin (Varitect® i.v., Varicellon® i.m.) innerhalb von 96 Stunden nach Expositionsbeginn bei seronegativen Frauen ist empfohlen, ob damit das fetale Varizellensyn-drom verhindert werden kann, ist nicht bewiesen (13). Auch das Neu-geborene sollte nach Geburt passiv immunisiert und postnatal eng beob-achtet werden und bei Auftreten von Effloreszenzen mit Aciclovir int-ravenös behandelt werden.

Die Varizellen-Schutzimpfung ist in Deutschland für alle Kinder und Jugendlichen von der Ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Institutes (STIKO) seit 2004 und bereits seit 1998 von der Sächsi-schen Impfkommision (SIKO) bei allen als nichtimmun geltenden Per-sonen (negative Varizellen Anam-nese, fehlende oder nicht dokumen-tierte 2. Impfung) empfohlen. Die Impfung sollte im Alter von 11 bis 14 Monaten erfolgen, sie kann jedoch auch jederzeit danach vorgenommen werden. Eine zweite Impfung sollte nach einem Mindestabstand von zwölf Wochen erfolgen. Noch unge-

impfte Kinder ohne Windpocken in der Anamnese sollten möglichst bald geimpft werden, da die Erkrankung bei ihnen mit einer höheren Kompli-kationsrate einhergeht, identisch zu Erwachsenen. Frauen mit Kinder-wunsch, die keine Windpocken hat-ten, Personal im Gesundheitswesen und immunsupprimierte Patienten sollten ebenfalls geimpft werden. Durch die Impfung wird die Morbidi-tät der Erkrankung reduziert (13, 14, 15). Eine postexpositionelle Varizel-lenprophylaxe (Inkubationsimpfung) innerhalb von fünf Tagen nach Expo-sition oder innerhalb von 72 Stun-den nach Exanthembeginn kann bei Risikopatienten erwogen werden. Leider ist die Zostererkrankung eine seltene Komplikation, die auch nach der Impfung gegen Varizellen auf-treten kann, in der Literatur sind dazu nur einzelne Fälle beschrieben, die aber einen blanden Verlauf zeig-ten (7, 8).

Es gibt theoretisch immunologisch betrachtet zwei mögliche Folgen eines generellen Standard-Impfpro-gramms gegen Varizellen. Erstens: Eine Zunahme der altersspezifischen Inzidenz im höheren Lebensalter bei schlechten Durchimmunisierungesra-ten oder Nachlassen der Immunität nach Jahrzehnten der Impfung. Zweitens: Da nach der Varizellenimp-fung meist keine Effloreszenzen auf-treten, ist anzunehmen, dass Impfvi-ren in der Regel nicht in die Ganglien gelangen und damit auch nicht

endogen reaktiviert werden können (= Zostererkrankung). Eine steigende Zosterinzidenz bei zunehmendem Durchschnittsalter der Bevölkerung ist eher ein demografisches Problem und vermutlich keines der Varizellen-impfung. Für beide Probleme gibt es aber international noch keine kon-kreten Zahlen (9,10).

In den Vereinigten Staaten wurde 1995 ein Impfprogramm gegen Vari-zellen gestartet. Die Nachbeobach-tung hinsichtlich eines vermehrten Auftretens von Herpes Zoster zeigte widersprüchliche Ergebnisse. Die Autoren vermuten einen Anstieg der HZV-Fälle, bis die erwachsene Bevöl-kerung nur noch vorwiegend aus Einzelpersonen mit impfinduzierter Immunität besteht, die das Wild-VZV nicht mehr in sich tragen. In Kanada zeigte sich auch ein Anstieg der Inzi-denz der HZV-Fälle ohne Impfpro-gramm. Die Daten weisen darauf hin, dass sich bisher noch nicht identifi-zierte Risikofaktoren für HZ ebenfalls im Laufe der Zeit verändern (11). In neueren Untersuchungen aus den Vereinigten Staaten wurde eine 3- bis 12-fach reduzierte Erkrankungs-häufigkeit an Herpes Zoster nach Impfung gegen Varizellen gefunden, diese würde sogar noch höher aus-fallen, wenn diejenigen Kinder ohne bereits durchgemachte Varizellen-infektion (damit ohne Risiko für einen Zoster) keine Berücksichtigung finden würden (16). Somit scheint das Varizellenimpfprogramm keine negativen Auswirkungen auf das Auftreten des Zosters im Kinder und Jugendalter zu haben. In einer Veröf-fentlichung von 2005 aus England wurde gezeigt, dass 51 % der Krankheitsfälle verhindert werden und damit natürlich auch ihre Über-tragung. Es konnte sogar gezeigt werden, dass bei Auftreten einer Gürtelrose trotz Impfung diese in der Regel deutlich milder und mit weni-ger Komplikationen verläuft. Bei Auftreten eines Zosters war eine Postzosterneuralgie um 66,5 % sel-tener (12,16).

Eine Impfung gegen Herpes Zoster (Zostavax®) im Erwachsenenalter wird in Sachsen bereits seit 2010 für

Originalie

246 Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

Abb. 4: Wundheilung mit erheblicher Narbenbildung

über 50-Jährige (ohne Rücksicht auf eine frühere Erkrankung) empfohlen (14), seit 09/2013 ist der Impfstoff auch in ganz Deutschland verfügbar. Die Zosterinzidenz wird dadurch gesenkt und der Krankheitsverlauf gemildert (19). Derzeit wird die Imp-fung nur von einer gesetzlichen Krankenkasse in Sachsen übernom-men. Eine STIKO-Empfehlung liegt derzeit noch nicht vor.Es sind weitere Studien erforderlich, um mögliche Nebeneffekte eines

Varizellen-Impfprogramms zu isolie-ren. Die Beteiligung der verschiede-nen Faktoren an der HZV-Epidemio-logie zu klären, wird eine Herausfor-derung sein. Mittels Impfung der Verbreitung der Windpocken, entge-gen zu treten, scheint nach derzeiti-gem Wissensstand, aus medizini-scher, epidemiologischer und ethi-scher Sicht, eine sinnvolle Maß-nahme zum Schutz von Säuglingen, nicht geschützten Schwangeren und nicht immunen Erwachsenen zu sein.

Ob sich dadurch auch schwere Krankheitsverläufe durch eine HZV-Erkrankung vermeiden lassen, muss durch weitere Untersuchungen ge -klärt und untermauert werden.

Mit freundlicher Genehmigung der Eltern.

Literatur beim Verfasser

Anschrift des Verfassers:Dr. med. Sebastian May

Facharzt für AllgemeinmedizinHünerfeldstraße 13, 04288 Leipzig

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247Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

Mitteilungen der Geschäftsstelle

Sächsische Landesärztekammer

ProgrammvorschauKonzert – FestsaalSonntag, 27. September 201511.00 Uhr – Junge MatineeEs musizieren Schülerinnen und Schüler der Musikschule des Landkreises Meißen

Konzerte und Ausstellungen

AusstellungenFoyer und 4. Etage

Jubiläumsausstellung25 Jahre Sächsische Landesärztekammer28. Mai bis 26. Juli 2015Vernissage: Donnerstag, 28. Mai 2015, 19.30 UhrEinführung: Dr. sc. phil. Ingrid Koch,Kulturjournalistin, Dresden

Bezirksstelle Leipzig der Sächsischen LandesärztekammerBraunstraße 16, 04347 LeipzigMalereien von Beat Toniolobis 10. Juni 2015

Der Kunstverein Sulzbach-Saar e.V. präsentiert vom 25.September bis 11. Oktober

in der „Galerie in der AULA“ in Sulzbach/Saar die Ausstellung

MALENDE ÄRZTE 2015 mit Teilnehmern aus ganz Deutschland

Schirmherr dieser Ausstellung ist der Präsident der BundesärztekammerProf. Dr. Frank Ulrich Montgomery

Sind Sie Ärztin, sind Sie Arzt?Möchten Sie ausstellen?

Bewerben Sie sich bitte bis zum 31. Juli 2015

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Personalia

248 Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

Dr. med. habil. Oswald Petter zum 75. Geburtstag

Dr. med. habil. Oswald Petter wurde am 12.6.1940 in Laubendorf, Kreis Zwittau/Sudetenland, geboren. Im Zuge der Vertreibung im Jahr 1945 verlor die Familie ihr gesamtes Ver-mögen, Haus und Hof und wurde in das sächsische Dorf Beilrode im Kreis Torgau umgesiedelt. Hier war der Neubeginn zunächst von Hunger und Armut geprägt.

Nach Schulbesuch und Reifeprüfung am Gymnasium Torgau folgte das Studium der Humanmedizin in Ros-tock von 1958 bis 1964, danach die Ausbildung zum Dermatologen an der Universitäts-Hautklinik Leipzig unter dem Direktorat von Prof. Harry Braun. Dies sollte eine prägende Zeit im Hinblick auf die spätere Tätigkeit als Phlebologe sein. Nach Promotion und Facharztprüfung im Jahr 1968 leitete Dr. Petter fortan die Poliklinik-Hautabteilung am Kreiskrankenhaus Torgau bis 1991. Von 1992 bis 2009 war er als niedergelassener Hautarzt in eigener Praxis mit Schwerpunkt Phlebologie tätig.Dr. Petter hat sein berufliches Wirken den Beinleiden gewidmet und sein Name steht für den Aufbau und die Entwicklung einer organisierten Phlebologie in der ehemaligen DDR.1978 wurde er zum Vorsitzenden der in Leipzig neu gegründeten interdis-ziplinären Sektion Phlebologie der Dermatologischen Gesellschaft der DDR gewählt.Die Betreuung phlebologischer Pati-enten erfolgte bis zu dieser Zeit lediglich auf autodidaktischer Grund-lage durch einzelne interessierte Ärzte in ambulanten und stationären Einrichtungen. Es mangelte darüber hinaus an apparativer Ausrüstung für Diagnostik und Therapie. Chronisch venöse/postthrombotische Ulcera cruris konnten ein Amputations-grund sein. Eine adäquate Betreuung venenkranker Patienten (Ulcus cruris, Varikosis, Thromboembolie/PTS, Lym-phödemerkrankungen etc.) fehlte bzw. blieb nur wenigen Spezialein-richtungen vorbehalten.

Von Beginn an förderte Dr. Petter daher die notwendige phlebologisch- fachübergreifende kollegiale Zusam-menarbeit. Dem neu gewählten Vor-stand der Sektion gehörten somit die Fachbereiche Chirurgie/Gefäßchirur-gie, Dermatologie, Innere Medizin/Angiologie, Allgemeinmedizin und Radiologie an.

Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit mit über 100 Publikationen, der Beschreibung der Primären Leit-veneninsuffizienz als phlebologische Entität, der Organisation und Beglei-tung der jährlichen Phlebologenta-gungen, Habilitationsschrift 1990, reger Vortragstätigkeit und Buchbei-trägen sind sein persönliches Talent und Engagement beim Aufbau der phlebologischen Arbeitsgruppen (AG Phlebochirurgie, Sklerosierung, Lym-phologie, Pharmakotherapie, Physi-kalische Therapie, Kompressionsthe-rapie, Epidemiologie, Öffentlichkeits-arbeit) hervorzuheben, trotz Ressour-cenknappheit und Mangelwirtschaft in der damaligen DDR.Er hat zusammen mit E. Wolf (Herz-berg/Brandenburg) Varizenchirurgie praktiziert und dabei auch neue Wege zur Verbesserung der Sei-tenastchirurgie beschritten (Deleto-rentechnik nach Luza und Smetana).Trotz staatlicher Restriktionen ist es ihm gelungen, einen regen wissen-schaftlichen Austausch sowohl mit den Ostblockstaaten als auch den Kollegen aus Westdeutschland, Österreich, der Schweiz, Holland und Frankreich zu organisieren und zu

pflegen, aus dem noch heute Ver-bundenheit und Freundschaften resultieren.Viele interessante Details kann man in dem von ihm und Klaus Holzegel verfassten Buch „Zur Geschichte der deutschen Phlebologie“ nachlesen.Dr. Petter hat aufgrund seiner christ-lichen Prägung dem Werben der damaligen SED und seiner Blockpar-teien widerstehen und unmissver-ständlich widersprechen können.Er war nach der Deutschen Wieder-vereinigung Vorsitzender der Deut-schen Gesellschaft für Phlebologie-Ost von 1990 bis 1991, und setzte sich persönlich für den Zusammen-schluss von Ost und West zu einer gesamtdeutschen Gesellschaft für Phlebologie ein, deren Vorstand er dann auch angehörte. Er ist Ehren-mitglied der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie und der Tschechi-schen Gesellschaft für Dermatologie.Dr. Petter war darüberhinaus lang-jähriger Vorsitzender der Kreisärzte-kammer Torgau-Oschatz. Während dieser 12-jährigen Amtszeit zählten die Organisation und die Entwick-lung der ärztlichen Selbstverwaltung im nordsächsischen Kreisärztekam-merbereich Torgau-Oschatz zu sei-nen besonderen Verdiensten.Für diese berufspolitischen Leistun-gen wurde ihm im Jahr 2003 die

„Hermann-Eberhard-Friedrich-Richter-Medaille“ verliehen.Neben den fachbezogenen Kontak-ten haben Dr. Petter und seine Ehe-frau Krista mit vielen Kollegen-Fami-lien enge freundschaftliche Bezie-hungen gepflegt, denen die Wogen der Berufspolitik nichts anhaben konnten. In ihrem Hause war man als Besucher stets willkommen. Wir sind stolz darauf, zu den Freunden von Oswald und Krista gehören zu dürfen.

Die Autoren gratulieren und wün-schen dem Jubilar viele weitere erfüllte Jahre im Kreis der Familie und Freunde.

Prof. Dr. med. habil. Wolfgang Hach, Frankfurt/Main

Dr. med. Gerhard Petter, Leipzig

Mit freundlicher GenehmigungQuelle: Hach W., Petter G. Laudatio.

Phlebologie 2015; 44: 91.

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Mit der Gelassenheit der Erfahrung

Zum Ausscheiden von Dr. med. Manfred Halm aus dem Verwal-tungsausschuss

Bestimmte Dinge kann und möchte man sich nur ungern vorstellen. Eine Sitzung des Verwaltungsausschusses der Sächsischen Ärzteversorgung ohne Dr. Manfred Halm gehört zwei-fellos dazu.Der Verwaltungsausschuss der 6. Legislaturperiode, den die Delegier-ten der 28. Erweiterten Kammerver-sammlung im Juni 2015 zu wählen haben, wird sich jedoch daran gewöhnen müssen, da Dr. Manfred Halm, von 1991 bis Juni 2000 der erste Vorsitzende des Verwaltungs-ausschusses und im Anschluss 15 Jahre lang sein stellvertretender Vor-sitzender, nicht wieder kandidiert.

Seine Leidenschaft. Seine Hin-gabe. Seine Weitsicht.Das alles wird Dr. Halm künftig The-men widmen, die in einem Viertel-jahrhundert ehrenamtlichen Wirkens allzu oft zu kurz gekommen sind. Denn als ein Kammermitglied der ersten Stunde packte er 1990 die Chancen der neu gewonnenen Frei-heit beim Schopfe und warf sich – neben seiner beruflichen Laufbahn als Gefäßchirurg – kopfüber in seine zweite Karriere im berufsständischen Ehrenamt.So beteiligte sich Dr. Halm zwischen 1990 und 1992 als Mitglied des Aus-

schusses „Versorgungswerk“ maß-geblich am Aufbau der Sächsischen Ärzteversorgung, warb für Akzep-tanz, ebnete rechtlich und strukturell den mitunter steinigen Weg. Von 1992 bis 2004 vertrat er als Vor-standsmitglied der Arbeitsgemein-schaft Berufsständischer Versor-gungseinrichtungen e.V. zudem die Interessen aller Versorgungseinrich-tungen der neuen Bundesländer.

Seine Akribie. Seine Erfahrung. Seine Beharrlichkeit. Dr. Halm verfügt nicht nur über ein fast enzyklopädisches Allgemeinwis-sen, sondern erwarb sich ein beein-druckendes Fachwissen in den Berei-chen Altersvorsorge, Versicherungs-mathematik und Kapitalanlage, mit dem er die Hauptämtler der Verwal-tung zu Höchstleistungen herausfor-derte. Sein Sachverstand, gepaart mit einem sprichwörtlichen „Elefan-

tengedächtnis“ und einer Genauig-keit, die auch dem Genitiv zu seinem Recht verhalf, hat dazu beigetragen, dass im Ausschuss konzentrierte Arbeit auf höchstem Niveau in Inhalt und Form geleistet werden konnte.

Sein Charme. Sein Witz. Seine Lebensfreude.Neben allem Ernst steht für Dr. Halm immer auch die Freude an der gemeinsamen Sache im Vordergrund. Mit einem sensiblen Gespür für die Bedürfnisse seiner Mitmenschen ist er empfänglich für Zwischentöne, ohne es dabei selbst an Direktheit oder Konsequenz vermissen zu las-sen. Sein Humor hat mancher langen Sitzungsnacht den nötigen Schwung verliehen und kontroverse Diskussio-nen in versöhnlichem Schlussakkord ausklingen lassen. Dabei strahlt er eine Ruhe und Gelassenheit aus, dank der sich die Ordnung der Dinge scheinbar von selbst einstellt.Für die Sächsische Ärzteversorgung markiert das Ausscheiden von Dr. Halm nach fünf erfolgreichen Legis-laturen tatsächlich und ohne jegli-ches Pathos einen Meilenstein: Das Versorgungswerk ist den Kinderschu-hen entwachsen, die Weichen für eine starke und stabile Solidarge-meinschaft sind gestellt. Dafür und für alles andere gilt ihm unser Dank.

Die Mitglieder des Verwaltungsausschusses und der Geschäftsleitung

Personalia

249Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

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Nachruf für Prof. Dr. med. habil. Gerhard Weißbach

* 5. 3. 1933 ✝ 4. 12. 2014

Seine Eltern in dem kleinen Erzge-birgsort Burkhardtsdorf hätten es sich sicher nicht träumen lassen, dass aus ihrem Sohn Gerhard einmal ein international geachteter Kinder-hämatologe und -onkologe werden würde. Gerhard Weißbach wurde am 15. März 1933 als Sohn eines Fabrikar-beiters in Burkhardtsdorf/Erzgebirge geboren. Nach der Grundschule in seinem Heimatort besuchte er die Oberschule in Thum. An der Leipzi-ger Universität konnte er danach (1952) Humanmedizin studieren und schloss das Studium 1957 mit sehr gutem Ergebnis ab.

Während des studentischen Prakti-kums im Pathologischen Institut der Leipziger Universität lernte er 1956 seine Frau kennen. Schon bald da -nach, im Januar 1957, heiratete das Paar.Die wichtigsten Daten seiner berufli-chen Laufbahn sind schnell genannt:■ Der fleißige und durchaus ehrgei-

zige junge Assistent gönnte sich keine Zeit. Sofort nach dem Staatsexamen (1957) promovier- te er zum Thema: „Ein Beitrag zur Problematik um den Korsa-kowschen Symptomenkomplex“.

■ 1959 Approbation■ 1959 bis 1964 Ausbildung zum

Facharzt für Kinderheilkunde unter Josef Dieckhoff (bis 1960)und Siegfried Liebe (ab 1961).

■ Schon 1969, fünf Jahre nach Abschluss des Facharztes, habili-tierte er mit der Arbeit „Das fi brinolytische Potential des Neu-geborenen“.

■ 1969 Mitbegründer und Vor-standsmitglied der Sektion Hämophilie

■ 1970 Ernennung zum Oberarzt und 1976 zum Hochschuldozen-ten

■ Leitung des Teilkomplexes „neo-natale Blutungen“ im DDR-wei-ten Forschungsprojekt „Perinato-

logie (Leiterin: Prof. Inge Rapo-port, Charité Berlin)

■ 1983 Mitglied des Vorstandes der Gesellschaft für Hämatologie und Bluttransfusion der DDR

■ 1985 Berufung auf den Lehrstuhl für Pädiatrie/Hämatologie-Onko-logie der Medizinischen Akade-mie „Carl-Gustav Carus“ Dresden. Stellvertreter des Klinikdirektors.

Heute ist der Begriff Teamwork in aller Munde. Ihm jedoch war damals schon bewusst, wie entscheidend die enge Kooperation mit vielen Nachbardisziplinen für die erfolgrei-che Therapie und Prognose seiner kleinen Malignom-Patienten ist. Das 1976 von Prof. Dr. Joachim Dietzsch eingeführte regelmäßige pädiatri-sche Tumorkonsilium, in welchem die Kinderonkologen gemeinsam mit den Strahlentherapeuten, Kinderchi-rurgen, Pathologen versuchen, die individuell beste Therapie zu finden, baute er konsequent aus. In der ihm eigenen sehr exakten Weise bearbeitete er eine breite Palette wis-senschaftlicher Fragen seines Spezial-gebiets. Darüber hinaus hat er sich sehr für die Verbesserung der Betreu-ung von Hämophilen und deren Schutz vor Infektionen engagiert. Als nach der Wiedervereinigung Deutschlands die Medizinischen Aka-demie in die Medizinische Fakultät Carl-Gustav-Carus der Technischen Universität Dresden umgewandelt wurde, bestätigte die Gründungs-kommission die erfolgreiche Tätig-keit von Prof. Dr. Weißbach, indem sie ihn zum C3-Professor neuen Rechts für Kinderheilkunde, Schwer-punkt Hämatologie/Onkologie, be -rief.

Drei seiner Mitarbeiter führte er zu Habilitation: in Leipzig Prof. Harald Lenk und Priv.-Doz. Manfred Domula und in Dresden Priv.-Doz. Ralf Knöfler.Als Krönung seiner Tätigkeit kann man einerseits die Weitergabe seiner Kompetenz an die Schüler und ande-rerseits sein 1991 erschienenes Lehr-buch „Blutgerinnungsdiagnostik in der Klinik“ betrachten. Diese Mono-grafie wiederum zeugt von seiner langjährigen praktischen Erfahrung und seinem breiten Fachwissen. Innerhalb weniger Wochen hat er ein flüssig geschriebenes Lehrbuch von 550 Seiten erstellt und dabei 1.800 (!) Literaturstellen verarbeitet. Er war ein Meister im Formulieren. Das Buch hat er bewusst als metho-dische Anleitung für Lernende und Anfänger und nicht für Spezialisten konzipiert. Hinter der Beschränkung auf den Leserkreis ohne Spezial-kenntnisse steckt eine kluge Strate-gie. Dieses Buch kennzeichnet den Wissenschaftler und den Menschen Gerhard Weißbach in mehrfacher Hinsicht. Er war eher ein stiller, verschlossener Mensch. Aber uns, die wir das Glück hatten, ihn näher zu kennen, war er ein überaus lieber zuverlässiger Freund und aufgrund seines schier unerschöpflichen Allgemeinwissens ein interessanter Gesprächspartner. Er liebte Musik und Theater. Bei all diesen Interessen war er bodenstän-dig und hat die Beziehung zu seiner erzgebirgischen Heimat nie verloren. Die Klinikkollegen haben seine kluge, bescheidene sensible Art und sein umfassendes klinisches Wissen ge -schätzt. Als er sich im März 1998 in der täglichen Klinikkonferenz runde ohne viel Aufsehen in den Ruhe-stand verabschiedete, spendeten ihm alle anwesenden Kollegen ste-hend Applaus und dankten ihm. Sol-che „standing ovations“, wie man heute sagen würde, waren in der Kli-nik einmalig und hatte es vorher noch nicht gegeben.Mit vielen, die ihn kannten, trauern wir um den Verlust eines lieben ver-ehrungswürdigen Kollegen und Freundes.

Prof. emer. Dr. med. habil. Dieter Gmyrek, Priv.-Doz. Dr. med. habil. Ralf Knöfler

Personalia

250 Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

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Nachruf für Dr. med. Jürgen Schwarze

* 6. 6. 1950 ✝ 5. 3. 2015

Am 5. März 2015 verstarb nach schwerer Krankheit Dr. med. Jürgen Schwarze, Chefarzt der Klinik für All-gemein- und Viszeralchirurgie am Ev. Diakonissenkrankenhaus in Leipzig, kurz vor Vollendung seines 65. Lebensjahres.

Dr. Jürgen Schwarze wurde am 6. Juni 1950 in Großkorbetha geboren. Nach erfolgreichem Abschluss der Oberschule mit berufsbegleitendem Abitur studierte er von 1970 bis 1975 Humanmedizin an der Karl-Marx-Universität Leipzig. Danach war er zunächst am Institut für Pharma-kologie und Toxikologie der Universi-tät tätig. Dort beschäftigte er sich, besonders tierexperimentell, mit neuropharmakologischen Fragen, die dann auch Inhalt seiner Promotion wurden.1979 begann er die Weiterbildung zum Facharzt für Chirurgie in der Chirurgischen Klinik des Bezirkskran-kenhauses St. Georg in Leipzig unter der Leitung von Prof. Dr. Hartig. Er durchlief das breit gefächerte fachli-che und operative Spektrum der Kli-nik, unter anderem die Allgemein- und Viszeralchirurgie, die Unfall-, Thorax-, Gefäß- und Pacemakerchir-urgie sowie die chirurgische Intensiv-therapie. 1982 erhielt er die Aner-kennung als Facharzt für Chirurgie.Seine weitere fachliche Entwicklung galt besonders der Viszeral- sowie der Gefäßchirurgie, wofür er dann auch die Schwerpunktanerkennun-gen erhielt. Er wurde Oberarzt der Klinik, eine Funktion, die er zehn Jahre begleitete. Gefördert durch seine manuelle Geschicklichkeit und technische Begabung sowie die gründliche Kenntnis des jeweils aktu-ellen Wissensstandes hat er sich chi-rurgisch rasch weiter qualifiziert, ein-schließlich der Übernahme auch der großen operativen Eingriffe der Vis-zeralchirurgie, wobei sein besonde-res Interesse der Tumorchirurgie galt.Technischen Neuerungen gegenüber war Dr. Schwarze stets aufgeschlos-

sen. So war er maßgeblich an der Einführung der Klammernahtgeräte-Technik in der Viszeralchirurgie, dem Neuromonitoring des N. recurrens bei Schilddrüseneingriffen u.a. betei-ligt.Dr. Schwarze war ein wichtiger Aktivposten der Klinik, insbesondere bei der Inangriffnahme neuer Aufga-benkomplexe und gemeinsam über-legter weiterer Zielsetzungen, bei denen es darum ging, neue Erkennt-nisse für die tägliche Routine dieses Krankenhauses aufzubereiten und dann auch detailgerecht einzuführen.1997, nach 18 Jahren Tätigkeit in der Chirurgischen Klinik des Klinikums St. Georg, übernahm Dr. Schwarze die Stelle des leitenden Chirurgen der Asklepius Klinik in Oschatz. Er -folgreich führte er die damals noch ungeteilte Chirurgie über sechs Jahre.2003 wechselte er noch einmal und folgte dem Ruf zum Chefarzt der Kli-nik für Allgemein- und Viszeralchir-urgie des Ev. Diakonissenkranken-hauses in Leipzig. Diese Klinik konn- te Dr. Schwarze dank seiner hohen fachlichen Qualifikation und seines Führungsstils schnell weiter profilie-ren und ihr zu hohem Ansehen ver-helfen, insbesondere durch eine wesentliche Erweiterung des Opera-tionsspektrums und die Gründung des Darmzentrums.Gezielt hat er seine ärztlichen Mitar-beiter insbesondere operativ geför-dert und sie zu eigenständigem und verantwortungsvollem Handeln motiviert und qualifiziert. Teamgeist war ihm wichtig, ebenso wie enge

und freundschaftliche Beziehungen zu den ärztlichen Kooperationspart-nern sowie zu Kollegen außerhalb seiner Klinik.

Erwähnenswert sind eine Vielzahl wissenschaftlicher Veranstaltungen auf hohem Niveau und mit großem Zuspruch, die er gemeinsam mit dem Ärztlichen Direktor des Diakonissen-krankenhauses, Dr. med. Ulrich Socha, organisiert und veranstaltet hat.Wesentlich war er auch an den jähr-lichen Treffen von ehemaligen und noch tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Chirurgischen Klini-ken sowie ihrer Kooperationspartner des Klinikums St. Georg beteiligt.In seinem Haus in Oschatz, bei seiner Frau Hannelore, fand er Ausgleich und Entspannung. Dort war er oft zusammen mit seiner Familie und mit vielen Freunden. Ein Gartenfest war jährliches Ereignis. Seine besondere Liebe galt den beiden Retrievern und dem gemeinsamen Hobby, der Her-stellung von Glasarbeiten, nach Tif-fany-Art.Dr. Jürgen Schwarze war Arzt und Chirurg, der sich mit seinem gesam-ten umfangreichen Wissen und Können seinen ihm anvertrauten Patienten verschrieben hat. Seine hohe Fachkompetenz, sein operati-ves Können, sein hohes Verantwor-tungsbewusstsein, sein didaktisches Ge schick, seine Erfahrungen weiter-zugeben und seine beispielgebende Kollegialität zeichnen ihn als bemer-kenswerte Chirurgen-Persönlichkeit aus. Dies hat ihm bei seinen Patien-ten, deren Angehörigen und im Kol-legenkreis hohe Wertschätzung und großes Ansehen verschafft.Seine Familie, seine Freunde, zahl-lose Patienten, seine Kollegen und Mitarbeiter und viele andere trauern um Dr. Jürgen Schwarze. Sie alle werden seiner stets ehrend geden-ken.

„Das schönste Denkmal, das ein Mensch bekommen kann, steht in den Herzen seiner Mitmenschen.“ Albert Schweitzer

Prof. Dr. med. habil. Günter Schmoz, MeißenProf. Dr. med. habil. Wolfgang Hartig,

Limbach-OberfrohnaDr. med Ulrich Socha, Leipzig

Dr. med. Andreas Scholz, Leipzig

Personalia

251Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

© Privat

Personalia

252 Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

Unsere Jubilare im Juli 2015 – wir gratulieren! 60 Jahre02.07. Strohmer, Albrecht 04889 Schildau03.07. Dr. med. Hänsel, Jutta 01558 Großenhain04.07. Dr. med. Letzien, Norbert 04158 Leipzig06.07. Dipl.-Med. Zessin, Elke 02763 Zittau08.07. Dr. med. Bandmann, Bernd 02827 Görlitz11.07. Dr. med. Löbe, Matthias 04416 Markkleeberg11.07. Dr. med. Vollstädt, Veronika 08248 Klingenthal12.07. Dipl.-Med. Genz, Ingolf 09306 Rochlitz12.07. Dipl.-Med. Schleif, Thomas 09128 Chemnitz15.07. Dipl.-Med. Lehmann, Roswitha 02943 Weißwasser16.07. Dipl.-Med. Rauchmaul, Gabriele 04299 Leipzig18.07. Dr. med. Werner, Bernd 04349 Leipzig19.07. Dipl.-Med. Pertermann, Elvira 04159 Leipzig20.07. Dipl.-Med. Denner, Christa 08468 Reichenbach21.07. Dipl.-Med. Hänel, Ulli 08352 Roschau22.07. MUDr. Tittel, Gunther 01734 Rabenau23.07. Dipl.-Med. Bunge, Ellen 09661 Hainichen23.07. Dr. med. Tippmann, Jens 09127 Chemnitz24.07. Dr. med. Goerl, Reinhard 01279 Dresden24.07. Dr. med. Sachsenweger, Bettina 02977 Hoyerswerda24.07. Dr. med. Schuster, Dorothea 01187 Dresden25.07. Dr. med. Weihrauch, Steffen 02826 Görlitz26.07. Dr. med. Matthes, Regina 01326 Dresden28.07. MUDr. Zigova, Ludmila 01844 Neustadt30.07. Dr. med. Berger, Cordula 04880 Elsnig30.07. Dr. med. Reinknecht, Curt 09128 Chemnitz30.07. Dr. med. Siegert, Elke 01326 Dresden30.07. Dipl.-Med. Wenzel, Bettina 09429 Wolkenstein31.07. Dr. med. Pretzsch, Christiane 04107 Leipzig

31.07. Dr. med. Schubert, Michael 09212 Limbach-Oberfrohna

65 Jahre01.07. Dipl.-Med. Dorer, Angelika 08209 Auerbach01.07. Dr. med. Reuter, Ulrich 01324 Dresden02.07. Dipl.-Med. Bartel, Angelika 01900 Großröhrsdorf03.07. Wächtler, Brigitte 04158 Leipzig04.07. Senger, Brigitte 04249 Leipzig04.07. Dipl.-Med. Spoerhase, Gabriele 09113 Chemnitz05.07. Dr. med. Püschel, Bernd 01705 Freital05.07. Dipl.-Med. Siegel, Kay 04319 Leipzig08.07. Dr. med. Holland-Moritz, Andreas 01445 Radebeul09.07. Dr. med. Rödszus, Lothar 28865 Lilienthal b. Bremen11.07. Dr. med. Quart, Rolf-Peter 01877 Bischofswerda13.07. Dr. med. Rentzsch, Renate 01069 Dresden16.07. Münsberg, Evelyn 04157 Leipzig19.07. Hertel, Gernot 08412 Werdau21.07. Dr. med. Thiele, Dagmar 04277 Leipzig22.07. Dipl.-Med. Schössow, Günter 09439 Amtsberg23.07. Dipl.-Med. Deininger, Ruthild 04425 Taucha/Dewitz24.07. Wolfgramm, Margitta 04758 Oschatz25.07. Dipl.-Med. Gast, Bärbel 01796 Pirna25.07. Glenewinkel, Jürgen 04420 Großlehna29.07. Eißner, Elisabeth 09306 Seupahn29.07. Dr. med. Tinius, Werner 09376 Oelsnitz30.07. Dr. med. Schreier, Johanna 04105 Leipzig31.07. Dipl.-Med. Konrad, Eva 04565 Regis-Breitingen31.07. Dipl.-Med. Kupka, Peter 04347 Leipzig

70 Jahre01.07. Kilian, Ulla-Katrin 08315 Bernsbach04.07. Dipl.-Med. Zapf, Günther 09496 Marienberg09.07. Dr. med. Förster, Klaus 02742 Friedersdorf09.07. Dr. med. Jackisch, Wilfried 02906 Niesky11.07. Dipl.-Med. Eulitz, Gundula 01259 Dresden

13.07. Dr. med. Hückel, Doris 04177 Leipzig13.07. Dr. med. Reichel, Wolfgang 01665 Diera-Zehren15.07. Doz. Dr. med. habil. Baier, Dieter 04317 Leipzig26.07. Dr. med. Reichelt, Petra 01848 Hohnstein27.07. Lamnek, Eva 01689 Weinböhla27.07. Dr. med. Vollstädt, Gotthart 01129 Dresden29.07. Mueller, Eva 01662 Meißen29.07. Dipl.-Med. Müller, Dietrich 01844 Neustadt

75 Jahre01.07. Dr. med. Richter, Christine 01277 Dresden03.07. Dr. med. Böhme, Christian 08321 Burkhardtsgrün/Erzg.06.07. Dr. med. Krohn, Karlheinz 09573 Augustusburg06.07. Dr. med. Neumerkel, Hans-Jörg 08060 Zwickau06.07. Dr. med. Ohl, Peter 08393 Meerane07.07. Dr. med. Böhmer, Sonnhild 01099 Dresden07.07. MUDr. Frater, Alexander 01307 Dresden10.07. Köhn, Erika 04317 Leipzig11.07. Dr. med. Paasch, Hartmut 04838 Gotha13.07. Abraham, Anna 04720 Döbeln13.07. Dr. med. Schreiber, Regina 09599 Freiberg14.07. Hertel, Frieder 08301 Schlema14.07. Dr. med. Starck, Erika 01326 Dresden15.07. Elbe, Ellen 09224 Grüna15.07. Kirst, Klaus 04155 Leipzig16.07. Dr. med. Baumann, Johannes 09212 Limbach-Oberfrohna17.07. Dr. med. Spannemann, Winfried 09212 Limbach-Oberfrohna18.07. Dr. med. Hoyer, Theobald 08412 Werdau20.07. Dr. med. Hasper, Barbara 02708 Löbau20.07. Dr. med. Lutze, Christa-Maria 04158 Leipzig20.07. Dr. med. Wihnaleck, Gerd 01796 Pirna21.07. Dr. med. Bergert, Gottfried 01877 Schmölln21.07. Dr. med. Lange, Ulrich 08209 Auerbach23.07. Dr. med. Riedel, Karl-Heinz 01217 Dresden

24.07. Dr. med. Heberling, Ingrid 04416 Markkleeberg24.07. Dr. med. Kamann, Klaus-Peter 04157 Leipzig24.07. Dr. med. Lörche, Johannes 01558 Großenhain25.07. Dr. med. Schedwill, Klaus 01445 Radebeul27.07. Dr. med. Dietel, Rolf 09123 Chemnitz/Einsiedel28.07. Dr. med. Wegner, Gisela 01662 Meißen29.07. Dr. med. Petermann, Margot 09123 Chemnitz30.07. MUDr. Chudoba, Günter 01219 Dresden30.07. Höhn, Erika 04319 Leipzig

80 Jahre03.07. Dr. med. Trültzsch, Siegfried 08064 Zwickau06.07. Dr. med. Kretzschmar, Klaus 02979 Elsterheide09.07. Dr. med. Heyser, Heinz 02625 Bautzen09.07. Prof. Dr. med. habil. Richter, Joachim 04509 Delitzsch11.07. Dr. med. Scheidig, Ingrid 01219 Dresden12.07. Dr. med. Möckel, Liesa 09599 Freiberg13.07. Dr. med. Vetters, Wolfgang 01445 Radebeul20.07. Dr. med. Kunkel, Inge 09350 Lichtenstein20.07. Dr. med. Lehnert, Ute 01445 Radebeul21.07. Dr. med. Preuße, Christiane 04109 Leipzig23.07. Dr. med. Kipping, Margrid 04329 Leipzig26.07. Dr. med. Langner, Dieter 04328 Leipzig29.07. Dr. med. Ernst, Rosemarie 01307 Dresden

81 Jahre06.07. Dr. med. Weinhold, Christine 09599 Freiberg07.07. Dr. med. Kopmann, Gudrun 04416 Markkleeberg11.07. Pahlig, Brigitte 04552 Borna12.07. Dr. med. Bursy, Brigitte 04758 Oschatz12.07. Dr. med. Fischer, Edith 04552 Borna13.07. Dr. med. Kluge, Christa 01259 Dresden15.07. Dr. med. Grimmann, Manfred 09456 Annaberg-Buchholz15.07. Dr. med. Ständer, Wolfgang 04435 Schkeuditz17.07. Dr. med. Hamann, Horst 02779 Großschönau

22.07. Dr. med. Wolf, Christian 04720 Gärtitz30.07. Dr. med. Fickert, Adelheid 08525 Plauen

82 Jahre01.07. Dr. med. Körtel, Erhard 01796 Pirna02.07. Dr. med. Nestler, Ulrich 08289 Schneeberg02.07. Dr. med. Sengebusch, Wolf-Dieter 01855 Sebnitz03.07. Dr. sc. med. Palowski, Hubert 01279 Dresden09.07. Prof. Dr. med. habil. Gmyrek, Dieter 01445 Radebeul-Wahnsdorf09.07. Dr. med. Grau, Liselott 04107 Leipzig13.07. Dr. med. Geidel, Klaus 04687 Trebsen16.07. Prof. Dr. med. habil. Kiene, Siegfried 04416 Markkleeberg17.07. Dr. med. Clauß, Gudrun 09117 Chemnitz26.07. Dr. med. Löhnert, Annemarie 01814 Prossen29.07. Dr. med. Runge, Eva 01277 Dresden29.07. Dr. med. Werner, Arndt 01445 Radebeul31.07. Dr. med. Scharfe, Gisela 01774 Höckendorf

83 Jahre03.07. Dr. med. Streitz, Ulrich 04275 Leipzig06.07. Dr. med. Hacker, Gertrut 01157 Dresden06.07. Dr. med. Otto, Henry 04288 Leipzig08.07. Dr. med. dent. Zschiesche, Dieter 04207 Leipzig10.07. Auerbach, Johanna 01454 Radeberg14.07. Prof. Dr. med. habil. Reinhold, Dieter 01324 Dresden20.07. Dr. med. Rothe-Horn, Ilse 04318 Leipzig31.07. Dr. med. Krenkel, Johannes 09577 Braunsdorf

84 Jahre02.07. Dr. med. Beyer, Wolfgang 02627 Weißenberg08.07. Dr. med. Schuster, Christa 08261 Schöneck11.07. Dr. med. Jungmichel, Dieter 04849 Bad Düben17.07. Dr. med. Kratzsch, Erika 09131 Chemnitz23.07. Dr. med. Lincke, Hans-Ullrich 02826 Görlitz

27.07. Dr. med. Göttsching, Maria 01612 Nünchritz

85 Jahre02.07. Prof. Dr. med. habil. Theile, Herbert 04319 Leipzig11.07. Dr. med. Wunderlich, Hans 04643 Geithain18.07. Prof. Dr. med. habil. Wohlgemuth, Balthasar 04229 Leipzig21.07. Müller, Gisela 09126 Chemnitz22.07. Dr. med. Stafetzky, Rudi 08280 Aue

86 Jahre13.07. Dr. med. Gitter, Werner 09116 Chemnitz13.07. Dr. med. Queißer, Hermann 01109 Dresden25.07. Prof. Dr. med. habil. Schwarz, Reinhold 04157 Leipzig

87 Jahre01.07. Dr. med. habil. Scholbach, Manfred 04105 Leipzig02.07. Richter, Manfred 02957 Krauschwitz03.07. Dr. med. Renz, Hildegard 08606 Oelsnitz07.07. Böhm, Günter 08297 Zwönitz13.07. Jänicke, Inge 04288 Leipzig

88 Jahre31.07. Dr. med. Bönisch, Lothar 09306 Wiederau

89 Jahre11.07. Dr. med. Dorscheid, Marie-Luise 01705 Freital

90 Jahre22.07. Grams, Johanna 04347 Leipzig

91 Jahre31.07. Dr. med. Seikowski, Gisela 08645 Bad Elster

93 Jahre12.07. Dr. med. Weißbrodt, Charlotte 04157 Leipzig27.07. Dr. med. Stüve, Annemarie 04668 Grimma

95 Jahre19.07. Prof. em. Dr. med. habil. Tittel, Kurt 04229 Leipzig

Personalia

253Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

Gedenken: Beginn der Krankenmorde in Pirna vor 75 Jahren

Unmittelbar nach der Entfesselung des Zweiten Weltkrieges begannen die Nationalsozialisten im Deutschen Reich und den besetzten Gebieten mit der Umsetzung ihres Programms zur „Vernichtung lebensunwerten Lebens“. Im Rahmen der sogenann-ten „Aktion T4“ ließen die Kanzlei des Führers der NSDAP, das Reichsin-nenministerium und die speziell geschaffene Zentraldienststelle in der Tiergartenstraße 4 in Berlin in den Jahren 1940 und 1941 im Deutschen Reich sechs Tötungsanstalten ein-richten, in denen mehr als 70.000 psychisch kranke und geistig behin-derte Menschen aus psychiatrischen Einrichtungen, Alters- und Pflegehei-men und Krankenhäusern vergast wurden. Eine dieser Tötungsanstal-ten befand sich in der Ende 1939 aufgelösten psychiatrischen Landes-anstalt Pirna- Sonnenstein.Im Frühjahr 1940 ließ die Berliner

„Euthanasie“-Zentrale in einem Teil-bereich des Anstaltskomplexes eine Tötungsanstalt einrichten: Im Keller des Männerkrankengebäudes C16 wurde eine Gaskammer und ein Kre-matorium eingebaut.Am 28. Juni 1940 traf ein erster Transport von zehn Patienten aus der Landesanstalt Waldheim in der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein ein. Noch am selben Tag wurden diese Männer in der Gaskammer durch Kohlenmonoxid ermordet.

Dies war der Auftakt für die NS-„Euthanasie“-Verbrechen in Pirna-Sonnenstein, denen bis August 1941 13.720 geistig behinderte oder psy-chisch kranke Menschen und 1.031 Häftlinge aus Konzentrationslagern zum Opfer fielen.Pirna wurde zu einem Ort des syste-matisch-industriellen Massenmordes an den Schwächsten und Hilfloses-ten der Gesellschaft.

Entstanden aus zivilgesellschaftli-chem Engagement, stellt sich die Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein als Teil der Stiftung Sächsische Gedenk-stätten seit 15 Jahren der Aufgabe, den nationalsozialistischen Kranken-morden ein würdiges Erinnern ent-gegenzusetzen. Durch die Veröffent-lichung von Lebensgeschichten, durch vielfältige Bildungsangebote

oder in der künstlerischen Auseinan-dersetzung, bleibt das Hauptanlie-gen bestehen: Die Würde der Opfer wiederherzustellen.

Am 28. Juni 2015 möchte die Stif-tung Sächsische Gedenkstätten in der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein in diesem Sinne an den Beginn der zentralen Krankenmorde in Sachsen vor 75 Jahren erinnern. Die Gedenk-feier, an der auch Familienangehö-rige von Ermordeten teilnehmen werden, und die Sächsische Staats-ministerin für Wissenschaft und Kunst Frau Dr. Eva-Maria Stange eine Gedenkrede halten wird, beginnt um 14.00 Uhr im Veranstaltungsraum der AWO Sonnenstein gGmbH.

Dr. Boris BöhmGedenkstätte Pirna-Sonnenstein

Verschiedenes

254 Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

Hauptgebäude der ehemaligen Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein, 1995, © Archiv Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein

Treffen der Studien-jahresabgänger von 1967 der Universität LeipzigTraditionell führen wir unser Studien-jahrestreffen wieder am 2. Oktober 2015 durch. Anlässlich der 1000-jäh-rigen Ersterwähnung Leipzigs besu-chen wir das Stadtgeschichtliche Museum im Alten Rathaus. In der gebuchten Führung (Teilnahmege-

bühr, einschließlich Eintritt ca. acht Euro) geht es bei einem Rundgang durch die historischen Räume um die bewegte Leipziger Geschichte von der Frühzeit bis in die heutigen Tage.Wir treffen uns am Freitag, dem 2. Oktober 2015, 14.45 Uhr, vor dem Haupteingang des Alten Rathauses am Markt.

Abends geht‘s dann – wie immer – in die Räume des Auerbachs Keller, in denen für uns ab 18.30 Uhr der

Salon im Großen Keller reserviert ist.Wir – Hans-Otto Kluge und ich – freuen uns auf ein Wiedersehen.

Teilnahmemeldungen bitte an: Priv.-Doz. Dr. med. Bernd Wiedemann (Mail: [email protected], Tel.: 0341 2311452 oder Handy: 0160 92353013) oder Dr. Hans-Otto Kluge (Tel.: 0871 23184)

Medizingeschichte

255Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

Tradition und Innovation

Die Medizinische Fakultät der Universität Leipzig wird 600 Jahre alt

Es klingt eindrucksvoll, dass in Leip-zig die nach Heidelberg (1386) zwei-tälteste durchgängig aktive Universi-tät auf dem heutigen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland existiert, und es ist eine schöne Koinzidenz, dass die Medizinische Fakultät ihren 600. Geburtstag genau 1.000 Jahre nach der chronikalischen Ersterwäh-nung der Stadt Leipzig feiern kann. Viele Leser werden sich erinnern, dass die Universität Leipzig 2009 ihr 600. Gründungsjubiläum mit einem großen Reigen an Veranstaltungen und Publikationen gewürdigt hat. Da die Medizinische Fakultät in den Sta-tuten explizit neben den Artes libera-les und den beiden Fakultäten für Theologie und Jurisprudenz genannt wird, hätte sie mit gutem Recht 1409 als Geburtsjahr reklamieren können. Unter den 46 Gründungs-mitgliedern waren immerhin sieben Mediziner, und ein Mediziner – Helmhold (von) Gledenstedt (gest. 1441) – wurde auch schon 1410 und dann noch einmal 1416 zum Rektor gewählt. Der jetzige Jubiläumsan-lass ist jedoch der 10. Juli 1415, an dem sich die inzwischen neun Mit-glieder der Medizinischen Fakultät auf eigene Statuten einigten und den ersten Dekan wählten. Sein Nachfolger wurde 1429 Gledenstedt, in dessen Amtszeit die ersten in Leip-zig nachweisbaren medizinischen Doktorpromotionen am 9. Oktober 1431 fielen; eine offizielle Promoti-onsordnung gab es erst 1522. Ab 1438 hielten zwei promovierte Medi-ziner vor kleinem Publikum Vorlesun-gen in einem Seitenraum der Nikolai-kirche, einer als Professor für „Patho-logie“ (Krankheitslehre bzw. Theore-tische Medizin) und einer als Profes-sor für „Therapie“ (Praktische Medi-zin). Letzterer hatte bis 1796 in der Regel auch das Amt des Dekans auf Lebenszeit inne. 1549 kam eine Pro-fessur für Chirurgie (und Anatomie) hinzu, 1580 eine für „Physiologie“;

Wechsel und Aufstieg waren nach Freiwerden einer Position möglich.

Die ersten JahrhunderteSeit 1543 war der Gebäudekomplex des ehemaligen Dominikanerklosters St. Pauli am Grimmaschen Tor das Kernstück der Universität, deren Fakultäten sich die Nutzung teilten. Bis zur Neubauphase im 19. Jahr-hundert fanden daher auch Vorle-sungen, Prüfungen und Sitzungen der Mediziner fast ausschließlich dort statt. Ein Gelehrter des 16. Jahrhun-derts ist durch den Namen einer sei-ner Liegenschaften über Leipzig hin-aus bekannt: Heinrich Stromer aus Auerbach (1482 – 1542) fungierte 1501 als Magister und Professor der Philosophie, war bereits mit 26 Jah-ren erstmals Rektor der Universität, studierte dann Medizin und wurde schon 1516 zum Professor für Patho-logie und 1523 für Therapie berufen. Daneben diente Stromer Fürsten in Sachsen, Brandenburg und Magde-burg-Mainz als Leibarzt, korrespon-dierte mit allen namhaften Humanis-ten und war mit Martin Luther per-sönlich bekannt. Durch Heirat reich geworden, war Stromer Mitglied des Rats der Stadt und besaß mit

„Auerbachs Hof“ eine Ladenpassage sowie ein Wirtshaus mit mehreren Schankstuben. Erwähnenswert aus dem 16. Jahr-hundert ist noch die Anlage eines

„Hortus medicus“ für wichtige Arz-neipflanzen; der erste botanische Garten in Deutschland nutzte viel-leicht schon ab 1543 (spätestens 1576) das Gelände des früheren Klostergartens. Ein prominenter Bo -taniker war der Universalgelehrte August Quirinus Rivinus (1652 – 1723), nach dem das Hainveilchen (Viola riviniana) benannt ist. Unter den Medizinern des 17. Jahrhun-derts verdient Gottfried Welsch (1618 – 1690) als „Vater der Ge -richtsmedizin“ Beachtung, der spezi-elle Vorlesungen anbot und eine genaue Sektionsanleitung als Basis für Begutachtungen verfasste. Sein Nachfolger Johannes Bohn (1640 – 1718) prägte den Begriff „forensi-sche Medizin“ in seiner Schrift „De officio medici duplici, clinici ac foren-sis“.

1704 wurde das neue Anatomische Theater im ersten Stock des im Zent-rum des früheren Klosterareals gele-genen Mittelpaulinums eröffnet – der erste Raum für ausschließlich medizinische Lehrzwecke, zu dem in den nächsten Jahrzehnten zwei wei-tere Zimmer für Bibliothek und Sammlung hinzukamen. Sezierübun-gen für die bislang aufs Zuschauen beschränkten Studenten wurden aber erst ab 1785 angeboten. Zu dieser Zeit wurde auch eine klinische Unterweisung am Krankenbett ge -fordert, wie sie andernorts längst üblich war. Als Geburtstag des prak-tischen Unterrichts in Leipzig gilt der 29. April 1799, an dem erstmals eine Demonstration im städtischen Jakob-spital stattfand, und zwar in einem eigens als „Institutum clinicum“ aus-gewiesenen Vierbettzimmer für „ins-truktive Kranke“. Die Resonanz war allerdings relativ gering: Im ersten Jahr besuchten 22 Studenten den täglich stattfindenden Kurs, doch aufgrund des häufigen Personal-wechsels (obwohl der jeweilige Leiter des „klinischen Instituts“ den Rang eines Ordinarius hatte) sanken die Teilnehmerzahlen in den nächsten Jahrzehnten bis auf fünf ab.

Modernisierungen im 19. JahrhundertDas 19. Jahrhundert brachte eine Spezialisierung mit sich, die eine gleichzeitige Betreuung mehrerer

Siegel der Medizinischen Fakultät Leipzig © Thomas Goerlich

Fächer und gar eine Rotation zwi-schen Lehrstühlen zunehmend ver-unmöglichte. Einer der letzten

„Allroun der“ an der Medizinischen Fa kultät war Karl Gottlob Kühn (1754 – 1840), der nacheinander die Fächer Anatomie und Chirurgie, The-rapie, Physiologie und Pathologie unterrichtete. Seiner beachtlichen altphilologischen Kompetenz ist die erste und bis heute einzige kom-plette griechisch-lateinische Galen-Ausgabe zu verdanken. 1812 wurde das Ordinariat für Chirurgie und Anatomie aufgespalten und der erste

„Spezialist“ war der Anatom Johann Christian Rosenmüller (1771 – 1820), dessen Name mit mehreren Epony-men verbunden ist (Rosenmüller-Grube, -Lymphknoten, -Drüse und -Organ). Außerdem sind eine Höhle in der Fränkischen Schweiz und der Höhlenbär (Ursus spelaeus Rosenmu-eller) nach ihm benannt. Sein Nach-folger Ernst Heinrich Weber (1795 – 1878) war beachtliche 50 Jahre lang (1821 – 1871) Ordinarius für Anato-mie und vertrat 1840 – 1865 die Physiologie unentgeltlich mit. Unbe-eindruckt von den miserablen räum-lichen Lehrbedingungen, führte Weber eine funktionelle Betrach-tungsweise in die Anatomie ein, so dass die Kombination mit der neuen, experimentell orientierten Physiolo-gie nachvollziehbar war. Bahnbre-chend waren seine Untersuchungen zur Mechanik des Gehens sowie zum Druck-, Temperatur- und Ortssinn in

der Haut, wobei er viele Forschun-gen gemeinsam mit seinen Brüdern Wilhelm Eduard (1804 – 1891) und Eduard Friedrich (1806 – 1871) durchführte. Aus der fruchtbaren Zusammenarbeit mit dem kreativen (Psycho-)Physiker Gustav Theodor Fechner (1801 – 1887) resultierte die gemeinsame Formulierung des Weber-Fechner-Gesetzes, das die Be -ziehungen zwischen Reiz und Reak-tion beschreibt.

Bekannte FrauenärzteAkademische Anerkennung fand die Geburtshilfe, als Johann Christian Gottfried Jörg (1779 – 1856), der Gründungsdirektor der 1810 mit pri-vaten Stiftungsmitteln eröffneten Entbindungsanstalt (nach der Erblas-serin „Triersches Institut“ genannt), ein persönliches Ordinariat erhielt. Jörgs bekanntester Assistent aus den Anfangsjahren dürfte Carl Gustav Carus (1789 – 1869) sein, der ab 1814 am Dresdner Collegium medico-chirurgicum den Lehrstuhl für Geburtshilfe innehatte und des-sen Namen die Dresdner Medizini-sche Fakultät trägt; außerhalb der Medizingeschichte kennt man Carus als romantischen Maler, der Caspar David Friedrich nahe stand. Jörgs Nachfolger Carl Siegmund Franz Credé (1819 – 1892) ist jedem Medi-ziner ein Begriff. Er war bis 1856 in Berlin Leiter der Hebammenschule und der Gebärabteilung an der Charité gewesen und hatte dort

1853 den „Credéschen Handgriff“ zur Expression der gelösten Plazenta entwickelt. Als besonders segens-reich darf die 1879 erfolgte Einfüh-rung der „Credéschen Prophylaxe“ der gonorrhoischen Neugeborenen-Blennorhoe durch 1%-Silbernitratlö-sung gelten, die noch heute gesetz-lich vorgeschrieben ist. Unter seinem Nachfolger Paul Zweifel (1848 – 1927) wurde eine neue, große Frau-enklinik im Johannistal errichtet, die zu einem Zentrum für operative Gynäkologie wurde, aus der viele namhafte Frauenärzte hervorgingen. Bekannt ist zum Beispiel Albert Döderlein (1860 – 1941), der sich mit der gynäkologischen Bakteriolo-gie beschäftigte (Döderleinsche Stäb-chen) und erstmals in der Geburts-hilfe Gummihandschuhe benutzte. Nicht nur die Fürsorge für mittellose Frauen, sondern auch für behinderte Kinder war im 19. Jahrhundert eine wichtige sozialmedizinische Aufgabe. Hier ist Daniel Gottlob Moritz Schre-ber (1808 – 1861) anzuführen, der sich der funktionellen Korrektur von orthopädischen Problemen annahm und nach dem die „Schrebergärten“ benannt sind, die sowohl der körper-lichen Betätigung an der frischen Luft als auch der Eigenproduktion gesunder Nahrungsmittel dienen sollten.

Das Medizinische ViertelDer heutige Standort von Medizini-scher Fakultät und Universitätsklini-kum in der Liebigstraße wurde 1871 durch das Engagement des Internis-ten Carl Reinhold August Wunder-lich (1815 – 1877) und des Chirur-gen Carl Thiersch (1822 – 1895) als „Städtisches Krankenhaus zu St. Jakob“ begründet. Das neue Klini-kum hatte zunächst 350 und dann bis 1888 450 Betten. Wunderlich errang einen Platz in der Medizinge-schichte durch die Einführung von Fieberkurven in den Klinikalltag. Die damals kontinuierliche Messung der Körpertemperatur zeigte für zahlrei-che Krankheitsbilder charakteristi-sche Verläufe und die exakte Befund-dokumentation zur Überprüfung therapeutischer Effekte führte zur Entdeckung der fiebersenkenden Wirkung der Salizylsäure. Die Medi-

Medizingeschichte

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Das Städtische Krankenhaus St. Jakob in der damaligen Waisenhausstraße (heute Liebigstraße) im Eröffnungsjahr 1871. Aus: Die Gartenlaube 1871, S. 345.

© wikipedia

Medizingeschichte

257Ärzteblatt Sachsen 6 / 2015

zinische Klinik wuchs nach der Integ-ration des sogenannten Roten Hau-ses (1897) auf 800 (1909) bis 900 (1910) Betten zur damals größten derartigen Anstalt in Deutschland.

Carl Thiersch steht am Anfang der großen Zeit der Leipziger Chirurgie. Schon 1867 führte er das gerade erst publizierte antiseptische Verfahren nach Joseph Lister (1827 – 1912) ein und machte so die Leipziger Klinik zu einer Musteranstalt. Mit seinem Namen sind Instrumente sowie Ope-rationsverfahren verbunden, so zum Beispiel die Thiersch-Plastik bei der Hauttransplantation. Thierschs Nach-folger Friedrich Trendelenburg (1844 – 1924) hatte bereits die Lehrstühle in Rostock (1875) und Bonn (1882) innegehabt, bevor er 1895 nach Leipzig kam. Auch er ist durch meh-rere Eponyme für Symptome und Prozeduren in der klinischen Medizin gegenwärtig. Das Gleiche gilt für sei-nen Assistenten Georg Clemens Per-thes (1869 – 1927), der die Hüft-kopf-Nekrose beschrieb (Perthes-Krankheit), verschiedene plastische Verfahren entwickelte und erstmalig Röntgenstrahlen zur Behandlung von bösartigen Geschwülsten ein-setzte. Präsent ist ferner auch der dritte der großen Leipziger Ordina-rien für Chirurgie, Erwin Payr (1871 – 1946): Er war ein vielseitiger Chirurg, dessen besondere Neigung der Gelenkchirurgie galt (Payr-Methode zur Kniegelenkeröffnung und Kreuz-bandplastik, Payr-Zeichen für einen Schaden des medialen Meniskus),

der aber auch Instrumente und Untersuchungstechniken (Payrscher Spritzversuch) entwickelte.

Aufstieg zur WeltgeltungVon der zweiten Hälfte des 19. Jahr-hunderts bis zum Zweiten Weltkrieg erlebte die Medizin an der Universi-tät Leipzig ihre Blütezeit und genoss Weltruf. Unter dem Kultusminister Johann Paul Freiherr von Falkenstein (1801 – 1882) begann 1853 eine neue Epoche des sächsischen Bil-dungswesens, das mit Naturwissen-schaften und Medizin zur Steigerung der Wirtschaftskraft des Landes bei-tragen sollte. Die Erhöhung der Immatrikulationszahlen an der Medi-zinischen Fakultät in Leipzig sollte dabei durch erstklassige Kompetenz in wenigen, aber zentralen Bereichen erreicht werden – für mehr fehlte das Geld. Die Leipziger Universitäts-bibliothek Albertina widmet diesem Kapitel die Ausstellung „Labor und Klinik – Zur Leipziger Universitätsme-dizin im 19. Jahrhundert” (11. Juni bis 18. Oktober 2015, täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr).

Unter den Protagonisten ist an erster Stelle Carl Ludwig (1816-1895) zu nennen, der in den 1840er Jahren in Marburg die messende Experimen-talphysiologie begründet hatte und durch das Kymographion zur Auf-zeichnung der Pulswellen berühmt geworden war. Seitdem ist es eine Selbstverständlichkeit in der Medizin, dass Körpervorgänge in Kurvenform dargestellt werden. 1855 an die

Medizinisch-Chirurgische Militäraka-demie (Josephinum) in Wien berufen, kam er 1865 nach Leipzig. 1869 wurde die neue Physiologische An -stalt eröffnet und erwies sich mit ihrer apparativen Ausstattung schnell als Anziehungspunkt nicht nur für Studenten, sondern auch für zahlrei-che namhafte Gastwissenschaftler aus aller Welt. Ein Doktorand Ludwigs, der Pharma-kologe Rudolf Boehm (1844 – 1926), markiert ebenfalls die neue Ära in Leipzig (1884 – 1921). Auch er nahm entschieden einen Instituts-neubau in Angriff, mit dem in den Jahren 1886 – 1888 die damals größte pharmakologische Einrich-tung Deutschlands entstand, mit großzügigen Laboratorien, einem eigenen Hörsaal mit 180 Plätzen, einem Mikroskopiersaal und einem repräsentativen Sammlungsraum. Aus Boehms internationaler Hörer-schaft gingen fünf Ordinarien hervor. Seit 1999 trägt das Leipziger Institut für Pharmakologie und Toxikologie seinen Namen.Renommiert war auch Wilhelm His (1831 – 1904), der ab 1872 in Leip-zig das Fach Anatomie vertrat. Er konnte 1875 seinerseits einen Neu-bau des Anatomischen Instituts eröffnen, damals eine der bestausge-statteten anatomischen Einrichtun-gen Deutschlands. His bemühte sich um eine internationale Vereinheitli-chung der anatomischen Nomenkla-tur („Baseler Nomina Anatomica“) und regte 1886 die Gründung der noch immer bestehenden Anatomi-schen Gesellschaft an. In der Leipzi-ger Stadtgeschichte figuriert His als derjenige, der die Gebeine Johann Sebastian Bachs bei der Umbettung identifizierte und dessen Gesichts-weichteile rekonstruierte, so dass der Bildhauer Carl Seffner (1861 – 1932) dem Bachdenkmal an der Thomaskir-che 1894 authentische Züge verlei-hen konnte. Von His’ vielen For-schungsgebieten sei hier nur die embryonale Entwicklung des Nerven-systems (Entdeckung des Neuroblas-ten, Beitrag zur Formulierung der Neuronentheorie) hervorgehoben. Mit seinem Namen verbunden ist die Einrichtung der Brain Commission (heute: International Brain Research

Ansichtskarte vom Roten Haus (1912). © wikipedia

Organization) zur internationalen Vernetzung der Hirnforschung. Überhaupt war Leipzig ein Zentrum der Neurowissenschaften. 1811 war der von Johann Wolfgang von Goe-the geschätzte Johann Christian August Heinroth (1773 – 1843) auf den weltweit ersten Lehrstuhl für

„psychische Therapie“ (Psychiatrie) berufen worden; das Ordinariat

wurde jedoch zunächst nicht verste-tigt. Erst Paul Flechsig (1847 – 1929) wirkte wieder von 1884 bis 1921 als Ordinarius für Psychiatrie, ist jedoch viel bedeutender durch seine Arbei-ten zu Hirnanatomie, Hirnstruktur und Hirnreifung („myelogenetisches Grundgesetz“), zur Informationsver-arbeitung der Hirnrinde („Assoziati-onszentren“) und zu den morpholo-

gischen Grundlagen von funktionel-len Störungen und Geisteskrankhei-ten. Diese Erklärungsversuche der höheren Hirnfunktionen mit neuro-anatomischen Analysen im Sinn der

„Hirnpsychiatrie“ schlugen sich in der berühmten Rektoratsrede „Gehirn und Seele“ von 1894 nieder. Auch Flechsigs Labor gehörte zu den Leip-ziger Forschungsinstitutionen, die internationale Wirksamkeit entfalte-ten. Der Internist Adolf (von) Strümpell (1853 – 1925) gilt als einer der Be -gründer des Faches Neurologie und wirkt durch seine Beschreibung der spastischen Spinalparalyse (Strüm-pell-Zeichen, Strümpell-Lorrain-Krank-heit), bestimmter Enzephalitisformen (Marie-Strümpell-Enzephalitits, Strüm-pell-Leichtenstern-Enzephalitis) und der Spondylitis ankylopoetica (Bech-terew-Strümpell-Mariesche Krank-heit) bis heute fort. Für das Renom-mee der Leipziger Nervenheilkunde spricht, dass Strümpell zusammen mit Flechsigs Nachfolger Oswald Bumke (1877 – 1950) der Ärztekom-mission angehörte, die ans Kranken-lager des sterbenden Lenin (1870 – 1924) gerufen wurde. Auch der nur drei Jahre in Leipzig tätige Wilhelm Erb (1840 – 1921) gehört zu den bedeutenden Neurologen. Er folgte aber schon 1883 als Nachfolger sei-nes Lehrers Nikolaus Friedreich (1825 – 1882) einem Ruf nach Heidelberg, wo er eine eigene neurologische Schule aufbaute.Strümpells Nachfolger Paul Morawitz (1879 – 1936) hatte schon in seiner Assistentenzeit in Tübingen mit hämatologischen Forschungen be -gonnen und kam 1926 nach Leipzig. Morawitz ist der Begründer der modernen Blutgerinnungslehre und organisierte einen der ersten Blut-spendernachweise, der es erlaubte, ab 1933 Blutübertragungen zum festen Bestandteil der Therapie zu machen. Auf diese Pionierarbeit darf das 1962 gegründete Institut für Transfusionsmedizin stolz sein; es ist unter der 2002 eingeführten Marke

„Blutbank“ der größte Blutspende-dienst der Region mit derzeit 92 Mit-arbeitern und die größte universitäre Einrichtung dieser Art in Deutsch-land.

Medizingeschichte

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Das Medizinische Viertel 1945 (schwarz = Totalverlust):Nr. 13 = Anatomie, Nr. 10 = Pharmakologie, Nr. 55 = Poliklinische Institute, Nr. 57 = Zahnklinik, Nr.14 = Augenklinik, Nr. 16 = Physiologie, Nr. 18 = Chemisches Institut, Nr. 18a = HNO, Nr. 38 = Sudhoff-Institut und naturwiss. Einrichtungen

© uni-leipzig

Das Medizinische Viertel 1945 (schwarz = Totalverlust):Nr. 24 = Hygiene, Nr. 26 = Pathologie, Nr. 28 = Gerichtsmedizin, Nr. 32 = Medizinische Klinik, Nr. 27 == Rotes Haus © uni-leipzig

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Dunkle KapitelEinen tiefen moralischen Einschnitt in der Fakultätsgeschichte brachten die Jahre 1933 bis 1945. Als Folge des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ wurden 1933 sechs jüdische Hochschullehrer und mindestens sieben weitere Ärz - te der Fakultät entlassen, darunter der angesehene Gynäkologe Felix Skutsch (1861 – 1951), für den im Dezember 2014 auf dem Südfried-hof eine Gedenktafel errichtet wurde. Die jüdischen Studenten wurden aus der Universität gedrängt und konnten nur vereinzelt 1933/34 noch ihre Abschlussprüfungen absol-vieren, so zum Beispiel der spätere Nobelpreisträger Bernhard Katz (1911 – 2003), der unter einem Pseudonym promoviert wurde. Der Inhalt des Medizinstudiums wurde durch Lehrveranstaltungen in „Ras-senhygiene und Erblehre“ sowie

„Wehrwissenschaft“ den Interessen der Machthaber angepasst. Die Aus-bildungsqualität litt ab 1939 erheb-lich durch die zwecks Zeitersparnis eingeführte Trimestereinteilung und durch die Kriegsdienstverpflichtung von Hochschullehrern und Studen-ten. Dazu kamen die schweren bau-lichen Schäden an rund zwei Dritteln der Institute und Kliniken durch Luft-angriffe ab Dezember 1943. Die Anweisung zum Kriegseinsatz aller Studenten vom 6. September 1944 bedeutete schließlich das vorläufige Ende des Studienbetriebs.

Dunkle Kapitel der Fakultätsge-schichte sind auch die Verwicklun-gen von Leipziger Medizinprofesso-ren in die kriminellen Machenschaf-ten des NS-Regimes: Der Pädiater Werner Catel (1894 – 1981) war als Gutachter im „Reichsausschuss zur Erfassung erb- und anlagebedingter schwerer Leiden“ maßgeblich an der NS-Kinder-„Euthanasie“ beteiligt. Die beiden Lehrstuhlinhaber in der Dermatologie, Bodo Spiethoff (1875 – 1948, Ordinarius 1934 – 1943) und Josef Vonkennel (1897 – 1963, Ordi-narius 1943 – 1945) waren aktive Parteimitglieder, letzterer darüber hinaus Berater der Waffen-SS und einbezogen in Sulfonamid-Versuche an Häftlingen im KZ-Buchenwald.

Der Anatom Max Clara (1899 – 1966), nach dem die Clara-Zellen im Bronchialepithel benannt sind, ist in Verruf geraten, weil er mit direkt von Hingerichteten gewonnenen Präpa-raten arbeitete.

Kontinuität und NeubeginnDer Gynäkologe Robert Schröder (1884 – 1959), unter dessen Direkto-rat rund 630 Zwangssterilisationen durchgeführt wurden, wurde nach dem Krieg rehabilitiert und gehörte als Nationalpreisträger und „Verdien-ter Arzt des Volkes“ in den frühen DDR-Jahren zu den Aushängeschil-dern der Fakultät. Zu diesen zählt zweifellos auch der Stoffwechselspe-zialist Max Bürger (1885 – 1966), der maßgeblich zur Entdeckung des Glu-kagons beitrug und sich vor allem mit den Veränderungen der körperli-chen Leistungsfähigkeit im Zuge des Alterungsprozesses beschäftigte. In Leipzig gründete er 1939 zusammen mit seinem Hallenser Kollegen Emil Abderhalden (1877 – 1950) die

„Zeitschrift für Alternsforschung“ und verfasste den Klassiker der Gerontologie „Altern und Krankheit“ (1947). Seit 1976 vergibt die Deut-sche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie, die auf die 1938 von Bürger ins Leben gerufene Deutsche Gesellschaft für Alternsforschung

zurückgeht, zweijährlich einen Max-Bürger-Preis, und seit März 2000 erinnert das Max-Bürger-Forschungs-zentrum an der Universität Leipzig an diesen bedeutenden Internisten, der trotz NSDAP-Zugehörigkeit und der politischen Funktionalisierbarkeit seines Arbeitsgebiets die persönliche Integrität wahrte und sich nach Kriegsende bis zu seiner Emeritie-rung 1957 mit voller Kraft dem Wie-deraufbau der Klinik widmete.

Seitens der Chirurgie leistete dies Herbert Uebermuth (1901 – 1986), der 1933 als Assistent bei Payr begonnen hatte. Nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft 1946 arbei-tete er zunächst als niedergelassener Chirurg und Leiter des Chirurgisch-Poliklinischen Instituts. 1952 erhielt er den Ruf auf den Lehrstuhl für Chi-rurgie, den er bis 1966 innehatte. Uebermuth baute eine großen Chir-urgenschule auf, aus der zehn Ordi-narien und Dutzende Chefärzte her-vorgingen. Obwohl er – wie es damals typisch für die deutsche Chi-rurgie war – für die umfassende Kompetenz des Operateurs eintrat, förderte er vorausschauend den damals noch ungewöhnlichen Auf-bau von Fachabteilungen, insbeson-dere für Kinder- (1959 – 1986 von Fritz Meißner [1920 – 2004] geleitet)

Das 1984 eingeweihte Bettenhaus im Jahr 2009, © Johannes Kazah, wikipedia

und Herzchirurgie (1961 – 1982 von Martin Herbst [1917 – 2005] gelei-tet). 1964 wurde eine Chirurgische Wachstation eingerichtet. Ueber-muth war Ehrendoktor der Universi-tät Jena, Nationalpreisträger, Träger des Vaterländischen Verdienstordens in Silber sowie Ehrenmitglied in vie-len wissenschaftlichen Gesellschaf-ten.

Universitätsmedizin in der DDR-ZeitFür eine abschließende Bewertung der DDR-Jahre ist es noch zu früh, und die Lückenhaftigkeit des Materi-als stellt ein nicht unerhebliches Hin-dernis bei der Aufarbeitung dar. Der Neuanfang nach dem Krieg war geprägt durch enorme materielle Schwierigkeiten und einen spürbaren Personalmangel infolge kontinuierli-cher Abwanderung, die bis 1961 anhielt. Die Studienreform von 1951 brachte nicht nur feste Lehr- und Zeitpläne mit strenger Anwesenheits-pflicht, sondern auch Pflichtveran-staltungen in Marxismus-Leninismus, Historischem und dialektischem Materialismus sowie Politischer Öko-nomie. Im Zuge der Umbenennung in Karl-Marx-Universität 1953 ver-schwanden die alten Bezeichnungen

„Städtisches Krankenhaus St. Jakob“ und „Städtisches Kinderkranken-haus“. 1961 – 1963 stieg die Zahl der Immatrikulationen an der Leipzi-ger Medizinischen Fakultät auf kaum zu bewältigende 800 Neuzugänge im Jahr an. Die Beschwerden über die daraus resultierende Reduktion praktischer Studienanteile führten 1964 zur Vorschaltung eines Pflege-jahrs, zur Festlegung von verpflich-tenden Praktikumsanteilen und zu einem Praktischen Jahr am Studie-nende. Gleichzeitig wurde besonde-res Augenmerk auf die Qualifizie-rung der Lehrenden gerichtet, die die Absolventen zu „sozialistischen Ärzten“ erziehen sollten. Die struktu-rellen Veränderungen der Universität 1968/69 betrafen auch die Medizini-sche Fakultät, deren Einheiten zwar erhalten blieben, die aber nunmehr als „Bereich Medizin“ figurierte, dem ein Prorektor für Medizin vor-

stand. Ab 1970 war auch in der Medizin die zunehmende Zentralisie-rung von Entscheidungen über For-schung, Lehre und Krankenversor-gung spürbar, was in Verbindung mit einer sich verstärkenden Restriktion von Auslandskontakten und perma-nentem Ressourcenmangel vielfach demotivierend wirkte. Einen weite-ren Einschnitt bedeutete die 1971 eingeführte Pflicht-Diplomarbeit für alle Medizinstudierenden, die mittel-fristig zu einer Abnahme der medizi-nischen Promotionen führte; qualita-tiv bedeutete dies die Veränderung des Medizinstudiums von einem Staatsexamens- zu einem Diplomstu-diengang.

Gegenwart und ZukunftDer Erinnerung an Höhen und Tiefen soll ein vom Karl-Sudhoff-Institut herausgegebenes Bändchen über das „Klinische Vogelschießen“ die-nen. Dieses Ereignis wurde von der Mitte des 19. bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts als geselliger Abschluss des Studienjahres von der Medizini-schen Fakultät inszeniert, und die aus diesem Anlass von der zweiten Hälfte der 1880er-Jahre an erschie-nenen Festzeitungen erlauben aus studentischer Perspektive unkonven-tionelle Blicke auf bekannte Profes-soren der Fakultät und die histori-schen Veränderungen.

Außerdem erscheint ein neuer medi-zinhistorischer Stadtführer, der den rasanten Veränderungen der letzten Jahre Rechnung trägt, denn seit 1990 sind fast alle Kliniken und Insti-tute der Medizinischen Fakultät neu gebaut oder komplett saniert wor-den. Das 1983 in Plattenbauweise errichtete Bettenhaus wurde 2013 abgerissen, auf der frei gewordenen Fläche sollen später neue Klinikbau-ten entstehen. 1999 trat die Rechts-formänderung des Universitätsklini-kums in eine Anstalt öffentlichen Rechts in Kraft; Fakultät und Klini-kum figurieren nun gemeinsam als Leipziger Universitätsmedizin. Das Jubiläumsjahr soll genutzt werden, um der Öffentlichkeit verstärkt die Leistungen und Fortentwicklungen

im Bereich Forschung und Patienten-versorgung zu veranschaulichen – hierzu an dieser Stelle nur einige Highlights: Beispielhaft genannt sei der Forschungsprofilbereich „Nach-haltige Grundlagen für Leben und Gesundheit“ an der Universität Leip-zig, an dem die Medizinische Fakul-tät mit vielfältigen Projekten maß-geblich beteiligt ist: Das Thema

„Mensch und Gehirn“ setzt in Koope-ration mit dem Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissen-schaften eine große Leipziger Tradi-tion fort. Interdisziplinäre Grundla-genforschung wird zu „Molekularer und zellulärer Kommunikation in Therapie und Diagnostik“ betrieben, wobei sich speziell das Interdiszipli-näre Zentrum für Bioinformatik (IZBI) der Gewebeorganisation und Sig-naltransduktion widmet. Das 2003 gegründete Biotechnologisch-Biome-dizinische Zentrum (BBZ) fördert zusätzlich die Vernetzung derartiger Aktivitäten innerhalb der Universität. Das aktuelle Gebiet der Zivilisations-erkrankungen wird im groß angeleg-ten LIFE-Projekt zu den Zusammen-hängen zwischen Genetik, Lebensstil und Umwelt sowie im Integrierten Forschungs- und Behandlungszent-rum (IFB) Adipositas-Erkrankungen untersucht. Das 2005 ins Leben gerufene interdisziplinäre Innovati-onszentrum für Computer-assistierte Chirurgie (ICCAS), in dem Ingenieure und Informatiker mit Medizinern zusammenarbeiten, hat sich schnell zu einer international beachteten Einrichtung der Spitzenforschung entwickelt. 2015 wurden zwei neue Schwerpunkte etabliert, das Zentrum für seltene Erkrankungen (UZSE) sowie das Leipziger interdisziplinäre Centrum für Allergologie (LICA). Man darf gespannt sein, wie die his-torische Bewertung all dieser neuen Entwicklungen in hundert Jahren ausfallen wird.

Literatur bei der Verfasserin

Anschrift der Verfasserin:Prof. Dr. med. Dr. phil. Ortrun Riha

Karl-Sudhoff-Institut für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften

Käthe-Kollwitz-Straße 82, 04109 Leipzig

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