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Ausgabe 37/12 Zahnmedizin Die ZahnarztWoche 09 Das Hauptziel ist die Infektionskontrolle Dr. Torsten Neuber über die moderne endodontische Therapie (2) I m ersten Teil der dreiteiligen Artikelserie (siehe DZW 36/12) wurde unter anderem die ap- parative Ausstattung mit dem da- mit verbundenen Investitionsvo- lumen und der Verbesserung der fachlichen Kompetenz durch An- wendung neuer Geräte bespro- chen. Im zweiten Teil geht es um die Konzipierung eines effizienten Behandlungsprotokolls. War die Endodontie in Zeiten ho- her prothetischer Umsätze mehr ein notwendiges Übel mit schein- bar nicht kalkulierbarer Prognose, defizitärer Vergütung und hohem Misserfolgspotenzial, vollzieht sich nun ein Paradigmenwechsel: Die Endodontie wird nicht nur als Mittel zur Patientenbindung, son- dern auch als gezieltes Marke- tinginstrument zur Patientenge- winnung entdeckt. Eine vom Frust zur Lust diametral gewandelte Ein- schätzung der Endodontie mit ge- steigerter Behandlerzufrieden- heit und einem hohen Potenzial zur Generierung restriktionsfreier Honorarumsätze. Moderne Endo- dontie ist natürlich nicht reduzier- bar auf bloße Apparatemedizin (und sei sie auf einem noch so hohen Level), sondern das Ergebnis eines strukturierten Behandlungsproto- kolls. Was bezwecken wir mit einer Wurzelkanalbehandlung? Das Hauptziel der Endodontie ist die Infektionskontrolle. Bei nicht infizierten Fällen (irreversible Pul- pitis, sterile Nekrose, Zustand nach Trauma etc.) soll eine bakterielle Infektion im Sinne einer periradi- kulären Parodontitis verhindert werden. Dabei kommt der Ein- haltung aseptischer Kautelen ei- ne fundamentale Rolle zu, die un- abhängig von der technischen Aus- stattung in jeder Zahnarztpraxis realisierbar ist. Hierzu zählen die Basics. Bei infizierten Fällen ist das Ziel der Therapie die Aushei- lung einer bestehenden perira- dikulären Parodontitis. Neben der Einhaltung aseptischer Kautelen steht hier zusätzlich das antisep- tische Protokoll im Vordergrund. Zu den Basics zählen (Abb. 1 bis 6, siehe auch Seite 10): Desinfektion des Arbeitsfelds vor Behandlungsbeginn (Chlor- hexidin-Mundspüllösung, Po- lierbürstchen und Polierpaste), objektivierbare vollständige Ka- riesentfernung durch Farbin- dikatoren (zum Beispiel Karies- detektor), adhäsiver, prä-endodontischer Aufbau, Kofferdam (als absolutes Muss), bakteriendichter provisorischer Verschluss zwischen den Be- handlungen (Schaumstoffpel- lets in die Kanaleingänge, dünne Schicht Cavit und ein fließfähi- ges Komposit ohne Konditio- nierung als kaustabile Abde- ckung), postendodontische Versorgung im Sinne eines dichten korona- len Verschlusses zur Vermei- dung einer Leakage und somit Reinfektion. Hierbei gilt ein besonderes Au- genmerk dem Kofferdam. Kof- ferdam ist nach wie vor im zahn- ärztlichen Praxisalltag ein unbe- liebtes, selten benutztes Hilfs- mittel, dessen Vorteile immer noch verkannt werden. In der Mehrzahl der Fälle ist die Anwen- dung von Kofferdam, die grund- sätzliche Bereitschaft zur Benut- zung und etwas Übung vorausge- setzt, mit wenigen Handgriffen vollzogen und sehr häufig auch noch delegierbar. Werden die Zäh- ne in einem systematischen Be- handlungsprotokoll routinemäßig unter aseptischen Bedingungen vorbereitet, ist durch die Ver- wendung von Kofferdam eine sig- nifikante Verbesserung der Pro- gnose zu erreichen, und zwar mit bereits vorhandener Ausstattung. Selbstverständlich ist vor jeder Therapie eine adäquate Diagnostik zur Therapieentscheidung durch- zuführen, auf die in diesem Arti- kel nicht weiter eingegangen wird. Wie im ersten Teil erwähnt, ist die Prognose von Primärbehandlungen ohne periradikuläre Parodontitis mit ca. 90 Prozent am besten. Dem- zufolge ist die frühzeitige Dia- gnose einer irreversiblen Pulpitis oder Pulpanekrose zur rechtzei- tigen Einleitung einer Wurzelka- nalbehandlung wünschenswert. Deshalb ist der routinemäßige „Check“ durch Sensibilitätstests wichtig. Auch unter wirtschaftli- chen Aspekten ist die rechtzeiti- ge Erkennung von endodontisch behandlungsbedürftigen Zähnen interessant. Geht man zum Beispiel von ei- ner Praxis mit einem Patientengut von 1.000 aktiven Patienten pro Jahr mit jeweils durchschnittlich 20 Zähnen aus (20.000 Zähne), und unterstellt eine Behandlungsbe- dürftigkeit von 1 Prozent, resultiert ein Behandlungsbedarf an 200 Zähnen. Bei einem angenomme- nen Umsatz von 500 Euro pro Zahn (Fortsetzung auf Seite 10) 4 3 2 1

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Ausgabe 37/12 Zahnmedizin Die ZahnarztWoche 09

Das Hauptziel ist die InfektionskontrolleDr. Torsten Neuber über die moderne endodontische Therapie (2)

Im ersten Teil der dreiteiligenArtikelserie (siehe DZW 36/12)wurde unter anderem die ap-

parative Ausstattung mit dem da-mit verbundenen Investitionsvo-lumen und der Verbesserung derfachlichen Kompetenz durch An-wendung neuer Geräte bespro-chen. Im zweiten Teil geht es umdie Konzipierung eines effizientenBehandlungsprotokolls.

War die Endodontie in Zeiten ho-her prothetischer Umsätze mehrein notwendiges Übel mit schein-bar nicht kalkulierbarer Prognose,defizitärer Vergütung und hohemMisserfolgspotenzial, vollziehtsich nun ein Paradigmenwechsel:Die Endodontie wird nicht nur alsMittel zur Patientenbindung, son-dern auch als gezieltes Marke-tinginstrument zur Patientenge-winnung entdeckt. Eine vom Frustzur Lust diametral gewandelte Ein-schätzung der Endodontie mit ge-steigerter Behandlerzufrieden-heit und einem hohen Potenzial zurGenerierung restriktionsfreierHonorarumsätze. Moderne Endo-dontie ist natürlich nicht reduzier-bar auf bloße Apparatemedizin (undsei sie auf einem noch so hohenLevel), sondern das Ergebnis einesstrukturierten Behandlungsproto-kolls. Was bezwecken wir mit einerWurzelkanalbehandlung?

Das Hauptziel der Endodontieist die Infektionskontrolle. Bei nicht

infizierten Fällen (irreversible Pul-pitis, sterile Nekrose, Zustand nachTrauma etc.) soll eine bakterielleInfektion im Sinne einer periradi-kulären Parodontitis verhindertwerden. Dabei kommt der Ein-haltung aseptischer Kautelen ei-ne fundamentale Rolle zu, die un-abhängig von der technischen Aus-stattung in jeder Zahnarztpraxisrealisierbar ist. Hierzu zählen dieBasics. Bei infizierten Fällen istdas Ziel der Therapie die Aushei-lung einer bestehenden perira-dikulären Parodontitis. Neben derEinhaltung aseptischer Kautelensteht hier zusätzlich das antisep-tische Protokoll im Vordergrund.Zu den Basics zählen (Abb. 1 bis6, siehe auch Seite 10):• Desinfektion des Arbeitsfelds

vor Behandlungsbeginn (Chlor-

hexidin-Mundspüllösung, Po-lierbürstchen und Polierpaste),

• objektivierbare vollständige Ka-riesentfernung durch Farbin-dikatoren (zum Beispiel Karies-detektor),

• adhäsiver, prä-endodontischerAufbau,

• Kofferdam (als absolutes Muss),• bakteriendichter provisorischer

Verschluss zwischen den Be-handlungen (Schaumstoffpel-lets in die Kanaleingänge, dünneSchicht Cavit und ein fließfähi-ges Komposit ohne Konditio-nierung als kaustabile Abde-ckung),

• postendodontische Versorgungim Sinne eines dichten korona-len Verschlusses zur Vermei-dung einer Leakage und somitReinfektion.

Hierbei gilt ein besonderes Au-genmerk dem Kofferdam. Kof-ferdam ist nach wie vor im zahn-ärztlichen Praxisalltag ein unbe-liebtes, selten benutztes Hilfs-mittel, dessen Vorteile immernoch verkannt werden. In derMehrzahl der Fälle ist die Anwen-dung von Kofferdam, die grund-sätzliche Bereitschaft zur Benut-zung und etwas Übung vorausge-setzt, mit wenigen Handgriffenvollzogen und sehr häufig auchnoch delegierbar. Werden die Zäh-ne in einem systematischen Be-handlungsprotokoll routinemäßigunter aseptischen Bedingungenvorbereitet, ist durch die Ver-wendung von Kofferdam eine sig-nifikante Verbesserung der Pro-gnose zu erreichen, und zwar mitbereits vorhandener Ausstattung.

Selbstverständlich ist vor jederTherapie eine adäquate Diagnostikzur Therapieentscheidung durch-zuführen, auf die in diesem Arti-kel nicht weiter eingegangen wird.

Wie im ersten Teil erwähnt, ist diePrognose von Primärbehandlungenohne periradikuläre Parodontitismit ca. 90 Prozent am besten. Dem-zufolge ist die frühzeitige Dia-gnose einer irreversiblen Pulpitisoder Pulpanekrose zur rechtzei-tigen Einleitung einer Wurzelka-nalbehandlung wünschenswert.Deshalb ist der routinemäßige„Check“ durch Sensibilitätstestswichtig. Auch unter wirtschaftli-chen Aspekten ist die rechtzeiti-ge Erkennung von endodontischbehandlungsbedürftigen Zähneninteressant.

Geht man zum Beispiel von ei-ner Praxis mit einem Patientengutvon 1.000 aktiven Patienten proJahr mit jeweils durchschnittlich20 Zähnen aus (20.000 Zähne), undunterstellt eine Behandlungsbe-dürftigkeit von 1 Prozent, resultiertein Behandlungsbedarf an 200Zähnen. Bei einem angenomme-nen Umsatz von 500 Euro pro Zahn

(Fortsetzung auf Seite 10)

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Ausgabe 37/12Zahnmedizin10 Die ZahnarztWoche

Das Hauptziel ist die Infektionskontrolleergibt sich ein Umsatzvolumen von100.000 Euro.

Die Trepanation ist der erste, ei-gentlich endodontische und zu-gleich wichtigste (häufig auch derschwierigste) Schritt bei der Wur-zelkanalbehandlung und wird oftauch von erfahrenen Praktikern inseiner Wichtigkeit unterschätzt. Istdie Zugangskavität nicht korrekt (fal-sche Umrissform, unvollständigesAbtragen des Pulpakammerdachs,zu grazile Ausdehnung, um zum Bei-spiel indirekte Restaurationen odergesunde Substanz zu schonen, etc.),wird die komplette Wurzelkanalbe-handlung (WKB) scheitern (Abb. 7bis 10).

Ziel ist es, entsprechend derindividuellen morphologischenBesonderheiten einen geradlini-gen Zugang zum gesamten endo-dontischen System zu gewährleis-

ten und damit die folgenden Ar-beitsschritte zu ermöglichen:• Identifikation aller Orifizien,• Austausch der Spüllösungen,• Entfernen von Debris,• Vereinfachung der Instrumen-

tierung,

• Vereinfachung der Wurzelfül-lung (gleich welcher Technik),

• Vermeidung/Verringerung vonInstrumentenfrakturen.

Wie im ersten Teil beschrieben, istfür den engagierten Generalisteneine Lupenbrille mit drei- bis fünf-facher Vergrößerung inklusive inte-grierter Beleuchtung mit dem dazu-gehörigen „Mikroinstrumentarium“ein erschwingliches Muss. Die Gren-zen der Visualisierung via Lupenbril-le sind allerdings bei anatomischenStrukturen, die sich apikal vom Pulpa-kammerboden befinden, erreicht.Idealerweise sollten nach eineradäquaten Zugangskavität alle Orifi-zien im Mundspiegel ohne dessenDrehung sichtbar sein (Abb. 11).

Aufbereitung und Reinigung desWurzelkanals bedingen sich gegen-seitig. Hierbei formt das Instru-ment, während die Spüllösung rei-

nigt. Die Reinigung hat Priorität.Provokativ könnte man sagen, dieAufbereitung ist nur dazu da, umdie Spülkanüle auf ein bis zwei Mil-limeter der Arbeitslänge in denWurzelkanal eindringen zu lassenund um für die gewählte Fülltech-

nik eine adäquate Form zu präparie-ren (siehe Teil 3). Die Formgebungsollte den Schilder-Kriterien ent-sprechen (Abb. 12 bis 14).

Zur Aufbereitung gibt es zahl-reiche, gut funktionierende Nickel-Titan-Systeme auf dem Markt, dieje nach „Geschmack“ ausgesuchtwerden. Hinter jedem System steckteine bestimmte Philosophie mitdaraus resultierenden Konstruk-tionsmerkmalen und einer vom Her-steller angegebenen Feilensequenz.Daher sollte man sich unbedingtmit dem jeweiligen System beschäf-tigt haben, bevor man damit denPatienten behandelt (Workshop,Arbeiten im Plastikblock, Arbei-ten im extrahierten Zahn etc.).

Auf Handinstrumente, insbeson-dere auf kleine Größen, kann abernicht ganz verzichtet werden. Auchwenn es keinen wissenschaftlichenNachweis für die Überlegenheit

von rotierenden Instrumenten ge-genüber einer reinen Handinstru-mentation gibt, sind eine kom-fortablere und ermüdungsfreieAnwendung (für Patient und Behand-ler), formkongruente Aufberei-tung und glattere Kanalwände un-

bestritten. Die Anwendung einesdrehmomentgesteuerten Motorsist unerlässlich. Die Verwendungvon Giromatic oder vergleichbarenGeräten ist heute wegen der er-wiesenen Gefahr von Blockaden,Stufenbildung und Transportationbis hin zur Perforation obsolet.Neue Konzepte wie die Reziprok-technik (Abb. 15), gewissermaßeneine maschinelle Weiterentwick-lung der Balanced-Force-Technikmit NiTi-Instrumenten, sind wegenihrer guten Präparationsergebnis-se bei einfacher Praktikabilität alsMeilenstein für die Wurzelkanal-präparation zu sehen. Auch wennder Autor die sogenannte „one-file-endo“-Methode etwas kritisch sieht,denn dieser Terminus bezieht sichnur auf den Teil der reziproken Auf-bereitung, so sind doch zweifels-frei sowohl die Anzahl der verwen-deten Instrumente wie auch der

Zeitaufwand bis zur Erzielung dererwünschten Präparationsformdeutlich reduziert. Der Zeitgewinndarf aber keinesfalls zur Verkür-zung der Behandlungszeit genutztwerden, sondern sollte unbedingtzur Verlängerung und Intensivie-

rung des Spülprotokolls genutztwerden, denn unzureichende Spü-lung ist einer der häufigsten Gründefür endodontische Misserfolge.

Ein grundsätzliches Problem beider Anwendung von NiTi-Instru-menten ist das Risiko der Instru-mentenfraktur. Egal, ob Ermüdungs-oder Torsionsbruch, die meisten

Hersteller empfehlen zur Reduk-tion des Risikos die Anwendungs-häufigkeit sowie „Beanspruchungs-qualität“ (Krümmung, Krümmungs-radius) zu dokumentieren. Dies istallerdings nur arbiträr und wirdder eigentlichen Beanspruchung

der Instrumente nicht gerecht. DesWeiteren sind alle Wurzelkanalin-strumente, egal ob aus Nickel-Titanoder Stahl, kaum den RKI-Anforde-rungen (kritisch B) entsprechendzu reinigen und noch viel wenigerzusterilisieren. Hieraus ist zwingendzu folgern, dass Wurzelkanalinstru-mente Einmalinstrumente sind.

Im Bereich der GOZ sind dieseInstrumente berechenbar, sodasseiner einmaligen Benutzung wirt-schaftlich nichts entgegensteht.Berücksichtigt man die Zeiterspar-nis für die RKI-konforme hygieni-sche Aufbereitung und Dokumen-

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tation durch unsere Mitarbeiter,relativiert sich der wirtschaftlicheSchaden der Einmalbenutzung.Zum Thema Hygiene und Aufberei-tung sei an dieser Stelle zusätzlichauf die Prionenproblematik unddem damit verbundenen Verbotder Mehrfachbenutzung in Groß-britannien hingewiesen.

Unabhängig vom Feilensystemhat sich die Crown-down-Technikmit der Etablierung eines repro-duzierbaren Gleitpfads durchge-setzt. Nähert man sich bei der Er-schließung der Wurzelkanäle nachEinschätzung des diagnostischenRöntgenbilds dem apikalen Wur-zeldrittel, sollte unter endome-trischer Kontrolle der Endpunktdes Wurzelkanals bestimmt wer-den. Die Endometriegeräte dervierten Generation (Abb. 16) sindzuverlässig, haben eine Treffer-quote von bis zu 95 Prozent, funk-tionieren durch das Prinzip derElektroimpedanz auch im feuch-ten Kanal und gehören deshalbunbestritten, wie im ersten Teil er-wähnt, zu jedem endodontischenArbeitsplatz. Selten können Fehl-messungen auftreten. „Falsch po-sitive“ Ergebnisse (das Gerät zeigt„Apex“ an, obwohl die Instrumen-tenspitze nicht am Apex ist), wer-den verursacht durch Kurzschluss-ströme (Kontakt des Instrumentsmit metallischen Restaurationenoder mit Weichgewebe, Perfora-tion, via falsa oder Seitenkanäle).„Falsch negative“ Messungen kön-nen durch Behinderung des Strom-flusses (altes WF-Material, Oblite-rationen oder Verblockung mit Den-tinspänen) hervorgerufen werden.

Die Bestimmung der Arbeits-länge sollte aus einer Kombinati-on von röntgenologischer Aussa-ge und Endometrie erfolgen. Dieimmer noch in Lehrbüchern er-wähnte „Taktilität“ zur Bestim-mung der Arbeitslänge ist antiquiert.Nicht selten ist eine aussagekräf-tige Röntgenmessaufnahme (2-D)projektionstechnisch nicht mög-lich, oder die Messaufnahme er-scheint im Verhältnis zur Endome-trie deutlich zu kurz.

Im Zweifel ist dem endometrischermittelten Ergebnis (Einarbei-tung und daraus resultierend ei-

ne sichere Interpretation der Er-gebnisse des eingesetzten Gerätsvorausgesetzt) der Vorzug bei derBestimmung der Arbeitslänge zugeben. In einfachen Fällen undbei sicherer Beherrschung derelektronischen Längenbestim-mung kann auch schon mal auf ei-ne Röntgenmessaufnahme ver-zichtet werden. Dies ist in jedemEinzelfall kritisch zu prüfen.

Wie schon erwähnt, ist die Spü-lung des Wurzelkanalsystems ex-trem wichtig und wird ähnlich wiedie Zugangskavität in seiner Be-deutung leider weit unterschätzt.Spüllösung der Wahl ist Natrium-hypochlorid (die empfohlenenKonzentrationen schwanken zwi-schen 1 und 5 Prozent), währendH2O2 keine Rolle mehr spielt. Ent-scheidenden Einfluss auf die Spül-wirkung haben eine ausreichendeOberflächenbenetzung, eine adä-quate Menge (30 bis 50 Milliliter)und der Faktor Zeit (eine Stun-de bei infizierten Fällen).

Besonders die Ultraschallakti-vierung gilt heute als Standard fürdie Optimierung der Spülung. Diein der Literatur beschriebenenProtokolle sind unterschiedlich. Inden Händen des Autors hat sich ei-ne Aktivierungszeit von zweimal20 Sekunden pro Kanal nach Ab-schluss der Präparation bewährt.Die Erwärmung der Spüllösungsteigert zusätzlich die Effektivität.Weitere Spüllösungen sind EDTAals Abschlussspülung, Chlorhexi-din als wirksames Agens gegenden Enterococcus faecalis sowieZitronensäure und Alkohol.

Jede Wurzelkanalbehandlungbesteht aus einer sehr komplexenund umfangreichen Behandlungs-sequenz. „Das Ganze ist mehr alsdie Summe seiner Teile“, sagteschon Aristoteles. Jeder einzel-ne Schritt ist wichtig und entschei-dend für den Gesamterfolg, abererst das perfekte Ineinander-greifen wird in seiner Gesamt-heit zu einem wirklichen Erfolgführen. Erst wenn das Fundamentder Asepsis und Antisepsis ge-legt ist, macht technische Aufrüs-tung Sinn.Dr. Torsten Neuber, Münster n

B I L D L E G E N D EAbb. 1: Röntgenologischer Ausgangsbefund Zahn 26 Abb. 2: Klinischer Ausgangsbefund Zahn 26, starker Substanzdefekt distal und palatinalAbb. 3: Zustand nach vollständiger Exkavation und Gingivektomie, das Pulpakavum

wurde anschließend mit warmer Guttapercha ausgeblocktAbb. 4: Adhäsiver Aufbau, um den Zahn kofferdamfähig zu machenAbb. 5: Röntgenologische Wurzelfüllungskontrolle Abb. 6: Die klinische Situation zeigt fünf Wurzeleingänge, bei denen jeweils mb1 mit

mb2 und db1 mit db2 konfluieren.Abb. 7: Klassischer Fehler beim Zugang zu einem oberen mittleren Frontzahn – nur der

palatinale Zugang ist präpariert.Abb. 8: Dadurch wird das ohnehin komplizierte Auffinden des nach Trauma fast vollständig ob-

literierten Wurzelkanals erschwert, das Pulpakammerdach kann nicht abgetragen wer-den, und verbleibende Gewebereste führen unnötigerweise zur Verfärbung der Zahnkrone.

Abb. 9: Durch Extension der Zugangskavität in die Inzisalkante und ins palatinale Drei-eck wurde das Wurzelkanalsystem gefunden

Abb. 10: Der Zugang wurde aufbereitet und gefüllt, ohne Verfärbung der Krone.Abb. 11: Zahn 16 mit Spiegeldarstellung aller WurzelkanalgängeAbb. 12: Die Kriterien nach Schilder für die WK-Aufbereitung lauten: Foramen so klein wie

praktisch möglich und am Ort haltenAbb. 13: Erhalt der originären AnatomieAbb. 14: Kontinuierliche Konizität von apikal nach koronalAbb. 15: Reciproc-Feile und grafische Darstellung des reziproken BewegungsmustersAbb. 16: Moderner Apexlokator

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