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41 IMMUNOLOGIE BIOCHEMISCHE GRUNDLAGEN Immunologische Nachweisverfahren werden zum Nachweis von vielen verschiedenen Substanzen genutzt. Ist ein Stoff immunogen, so führt die Injektion dieses Stoffes in einem fremden Organismus zur Antikörperbildung. Nach der Isolierung solcher Antikörper können diese nicht nur zur Detektion von Proteinen, Antikörpern, Hormonen oder Viren eingesetzt werden, sondern u.a. auch einen Nachweis von Toxinen und Pestiziden in Blut oder Urin von Patienten ermöglichen. Hieraus ergibt sich eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten in der Medizin und den Naturwissenschaften. SCHWANGERSCHAFTSTEST DURCH IMMUNOLOGISCHEN NACHWEIS DES HUMANEN CHORIONGONADOTROPINS (HCG) IM URIN Eine der häufigsten Anwendungen ist der immunologische Schwangerschaftsschnelltest, welcher im Jahr 1980 patentiert wurde und auch bei ungeübter Anwendung eine hohe Zuverlässigkeit bietet. Hierbei wird durch eine einfache Immunreaktion ein Peptidhormon im Urin der zu untersuchenden Person nachgewiesen, welches während der Schwangerschaft von der Plazenta gebildet wird und für die Erhaltung der Schwangerschaft verantwortlich ist. Anders als beim beschriebenen „Stäbchenschnelltest“ ist im Labor eine weitaus genauere Diagnostik möglich. Vor allem innerhalb der ersten fünf Schwangerschaftswochen kann die Hormonkonzentration im Urin unter der Nachweisgrenze des Schnelltests liegen, sodass hierbei ein falsch negatives Testergebnis auftreten kann. Aber auch rechtsmedizinische Fragestellungen können eine quantitative Bestimmung der hCG-Konzentration erforderlich machen, wenn es z.B. darum geht, ob eine Schwangerschaft unrechtmäßig, also zu spät, abgebrochen wurde. QUANTITATIVE BESTIMMUNG VON ANTIGENKONZENTRATIONEN Mittels EIA (Enzymgekoppelter Immunadsorptionstest) bzw. ELISA (Enzyme Linked Immuno Sorbent Assay) lässt sich schnell die genaue Konzentration eines Antigens in wässriger Lösung bestimmen. Die in den 60er Jahren entwickelte Methode, bei der Enzyme zur Markierung von Antikörpern oder Antigenen verwendet werden, wird in der Immunologie sehr verbreitet für den Nachweis einer Antikörper-Antigen-Wechselwirkung benutzt. Gleichzeitig eignet sich diese Methode für

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Page 1: BIOCHEMISCHE RUNDLAGEN - ruhr-uni-bochum.de · Die Reinigung von Antikörpern über Protein A/G erfolgt wie zuvor durch kovalente Bindung der Proteine an eine Matrix. Bei Inkubation

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IMMUNOLOGIE

BIOCHEMISCHE GRUNDLAGEN

Immunologische Nachweisverfahren werden zum Nachweis von vielen verschiedenen

Substanzen genutzt. Ist ein Stoff immunogen, so führt die Injektion dieses Stoffes in einem

fremden Organismus zur Antikörperbildung. Nach der Isolierung solcher Antikörper können

diese nicht nur zur Detektion von Proteinen, Antikörpern, Hormonen oder Viren eingesetzt

werden, sondern u.a. auch einen Nachweis von Toxinen und Pestiziden in Blut oder Urin von

Patienten ermöglichen. Hieraus ergibt sich eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten in der

Medizin und den Naturwissenschaften.

SCHWANGERSCHAFTSTEST DURCH IMMUNOLOGISCHEN NACHWEIS DES HUMANEN

CHORIONGONADOTROPINS (HCG) IM URIN

Eine der häufigsten Anwendungen ist der immunologische Schwangerschaftsschnelltest,

welcher im Jahr 1980 patentiert wurde und auch bei ungeübter Anwendung eine hohe

Zuverlässigkeit bietet. Hierbei wird durch eine einfache Immunreaktion ein Peptidhormon im

Urin der zu untersuchenden Person nachgewiesen, welches während der Schwangerschaft

von der Plazenta gebildet wird und für die Erhaltung der Schwangerschaft verantwortlich ist.

Anders als beim beschriebenen „Stäbchenschnelltest“ ist im Labor eine weitaus genauere

Diagnostik möglich. Vor allem innerhalb der ersten fünf Schwangerschaftswochen kann die

Hormonkonzentration im Urin unter der Nachweisgrenze des Schnelltests liegen, sodass

hierbei ein falsch negatives Testergebnis auftreten kann. Aber auch rechtsmedizinische

Fragestellungen können eine quantitative Bestimmung der hCG-Konzentration erforderlich

machen, wenn es z.B. darum geht, ob eine Schwangerschaft unrechtmäßig, also zu spät,

abgebrochen wurde.

QUANTITATIVE BESTIMMUNG VON ANTIGENKONZENTRATIONEN

Mittels EIA (Enzymgekoppelter Immunadsorptionstest) bzw. ELISA (Enzyme Linked Immuno

Sorbent Assay) lässt sich schnell die genaue Konzentration eines Antigens in wässriger

Lösung bestimmen.

Die in den 60er Jahren entwickelte Methode, bei der Enzyme zur Markierung von Antikörpern

oder Antigenen verwendet werden, wird in der Immunologie sehr verbreitet für den Nachweis

einer Antikörper-Antigen-Wechselwirkung benutzt. Gleichzeitig eignet sich diese Methode für

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die quantitative Bestimmung von Antigen- bzw. Antikörperkonzen-trationen. Das Prinzip der

Methode ist in Abb. 1 dargestellt:

Antigen Enzym- Markierter Anti- farbloses farbiges

() gekoppelter körper gebunden Substrat Produkt Antikörper an Antigen

Die Anwesenheit eines Antigens wird mit Hilfe des Enzym-gekoppelten Antikörpers nach-

gewiesen. Das Enzym reagiert anschließend mit dem farblosen Substrat und ein farbiges,

leicht detektierbares Produkt entsteht. Die Menge des farbigen Produktes ist der Enzym-

konzentration und gleichzeitig der Antigenkonzentration proportional.

Der in Abb.1 beschriebene Ablauf stellt einen sogenannten direkten ELISA-Test dar, weil der

spezifische Antikörper direkt markiert ist. Oft ist es nicht möglich, den spezifischen Antikörper

mit einem Enzym zu koppeln. In diesem Fall kann der an das Antigen gebundene Antikörper mit

Hilfe eines Enzym-gekoppelten Zweitantikörpers aus einer anderen Spezies (z. B. Ziege-Anti

Maus IgG) nachgewiesen werden. Die Methode ist der sogenannte indirekte ELISA-Test.

Das Prinzip ist in Abb. 2 schematisch dargestellt:

Enzym-gekoppelter Anti-

Immunoglobulin Antikörper

Antikörper gegen Antigen

Immobilisiertes Antigen

Diese Methode ist im Vergleich zum direkten ELISA-Test wesentlich empfindlicher, weil mehr

als ein Enzym-gekoppeltes zweites Antikörpermolekül an den primären Antigen-spezifischen

Antikörpern gebunden sein kann.

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IMMUNGLOBULINE

Beim Menschen sind fünf verschiedene Immunglobulin (Ig)-Klassen zu finden, welche sich in

der Struktur ihrer konstanten Regionen unterscheiden und in verschiedenen Geweben in

unterschiedlichen Konzentrationen zu finden sind.

IgA ist in allen Schleimhäuten des Körpers zu finden. Es wird insbesondere von Drüsen rund

um die Brustwarze von Müttern sezerniert und schützt den Säugling vor Pathogenen. Im

Serum bildet es 15 % aller Immunglobuline.

IgD ist als membranständiger Antigenrezeptor auf der Oberfläche von B-Zellen zu finden,

allerdings ist die genaue Funktion noch unbekannt. Der IgD-Anteil im Serum liegt deutlich unter

1 %.

IgE vermittelt nach Antigenbindung auf der Oberfläche von Mastzellen die Ausschüttung von

Histamin und spielt somit eine wichtige Rolle bei allergischen Reaktionen. Weniger als 1 %

der Immunglobuline des Körpers gehört zu dieser Klasse.

IgG ist die am häufigsten vorkommende Klasse von Immunglobulinen im Plasma und während

der Immunantwort wird es mit einiger Verzögerung gebildet, bleibt dann jedoch lange erhalten.

Von Bedeutung ist das Vorkommen von IgG im Zusammenhang mit Impfungen,

Autoimmunerkrankungen und dem Vorkommen des Rhesusfaktors während der

Schwangerschaft.

IgM ist das erste Immunglobulin, welches im Verlauf einer Immunantwort an der Oberfläche

von B-Lymphozyten erscheint und zu einer Aktivierung des Komplementsystems beiträgt. Ein

erhöhter IgM-Anteil im Blut kann also auf eine momentane Infektion hinweisen.

GEWINNUNG VON ANTIKÖRPERN

Um in der Diagnostik immunologische Nachweisverfahren durchzuführen, wurden anfänglich

Antisera verwendet. Man immunisierte zunächst ein Versuchstier, z. B. ein Kaninchen, mit dem

nachzuweisenden Molekül und verwendete dann das Serum dieses Versuchstiers, welches

nun Antikörper gegen das nachzuweisende Molekül enthält, als Werkzeug in immunologischen

Tests. Ein Antiserum stellt somit ein Gemisch aus Antikörpern gegen alle Antigene dar, mit

denen das Versuchstier in Berührung gekommen ist. Dies birgt das Risiko möglicher

Kreuzreaktionen und einer verminderten Spezifität der Immunreaktion.

Ein monoklonaler Antikörper vermeidet diese Probleme, da er das Produkt einer einzigen

B-Zelle darstellt. Seine Herstellung ist allerdings sehr aufwendig. Zunächst wird eine Maus

mehrfach mit dem nachzuweisenden Molekül immunisiert. Dann wird ihr die Milz entnommen,

die nun zahlreiche B-Zellen enthalten sollte, die Antikörper gegen das nachzuweisende

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Molekül produzieren. Um diese Zellen zu immortalisieren, werden sie mit einer

Mäusetumorzellinie fusioniert. Durch die Fusion der beiden Zellarten entstehen unter anderem

B-Zell-Tumorzell-Fusionen, welche selektiert und weiter kultiviert werden. So können

Zellkulturen angelegt werden, die ausschließlich Antikörper gegen ein einzelnes Epitop

sezernieren. Da die Zellen den gewünschten Antikörper kontinuierlich ins Medium abgeben,

kann man nun beliebige Mengen dieses monoklonalen Antikörpers herstellen. Damit ist es

theoretisch nur einmal nötig den aufwendigen Herstellungsprozess zu durchlaufen. Für die

meisten diagnostisch wichtigen Makromoleküle sind heute monoklonale Antikörper

kommerziell erhältlich. Diese werden aber auch therapeutisch eingesetzt. Da sie jedoch meist

aus der Maus stammen, würden sie eine Immunreaktion im Menschen auslösen. Aus diesem

Grund müssen die für die Antigen-Bindung nicht benötigten Regionen eines solchen

Antikörpers mit gentechnischen Methoden durch die entsprechenden menschlichen

Sequenzen ersetzt werden. Man spricht in diesem Fall von einem humanisierten

monoklonalen Antikörper.

REINIGUNG VON ANTIKÖRPERN

Um die gewonnen Antikörper für diagnostische Zwecke einsetzen zu können, bedarf es häufig

einer Reinigung aus Serum oder Zellkulturmedium. Meistens wird eine

Affinitätschromatografie für diese Reinigung eingesetzt. Dabei können zum einen Antikörper

gereinigt werden, die spezifisch gegen ein bestimmtes Antigen gerichtet sind oder es können

unspezifisch alle Antikörper aus der Lösung isoliert werden.

Bei der spezifischen Reinigung wird das Antigen, gegen das der gewünschte Antikörper

gerichtet ist, an eine Matrix kovalent gebunden. Diese Matrix wird mit der Antikörper-haltigen

Lösung inkubiert, wobei die gewünschten Antikörper an die Matrix binden. Nach mehreren

Waschschritten können die gebundenen Antikörper durch Zugabe eines sauren Puffers wieder

eluiert werden.

Für die unspezifische Reinigung werden die Antikörper-bindenden Eigenschaften von Protein

A bzw. Protein G ausgenutzt. Protein A und Protein G sind Oberflächenproteine von

Staphylococcus aureus bzw. Streptokokken. Beide Proteine besitzen die Eigenschaft

Immunglobuline, vor allem IgG, zu binden. Dabei erfolgt die Bindung nicht über die

Antigenbindestellen, sondern über den Fc-Teil des Immunglobulins. Für die Bakterien

fungieren diese Proteine als ein Schutzmechanismus, da durch die Bindung wirtseigener

Antikörper eine Erkennung durch das Immunsystem des Wirts erschwert wird.

Die Reinigung von Antikörpern über Protein A/G erfolgt wie zuvor durch kovalente Bindung

der Proteine an eine Matrix. Bei Inkubation mit Antikörperhaltigen Lösungen binden diese an

Protein A/G und können nach mehrmaligem Waschen durch Zugabe eines sauren Puffers

eluiert werden.

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AUFTRENNUNG VON PROTEINGEMISCHEN MITTELS SDS-POLYACRYLAMID-GELELEKTROPHORESE

(SDS-PAGE)

Die Gelektrophorese bezeichnet im Allgemeinen die Wanderung von geladenen Teilchen

durch ein Trägermaterial in einem elektrischen Feld. Dabei wandern verschiedenartige

Moleküle und Partikel je nach Ladung und Größe mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten

und können so voneinander getrennt werden.

Bei der SDS-Gelelektrophorese (SDS = Sodium Dodecyl Sulfate = Natriumdodecylsulfat)

werden Proteine nach einem einzigen physiko-chemischen Parameter aufgetrennt, ihrem

Molekulargewicht. Sie dient der Analyse von Proteingemischen und ermöglicht schnelle

Molekulargewichtsbestimmungen.

SDS ist ein stark anionisches Detergenz, welches die Proteine denaturiert, sich an diese anlagert

und proportional zu ihrer Größe mit einer negativen Ladung versieht. Die Eigenladungen der

Proteine werden überdeckt. Sekundär- und Tertiärstrukturen der Proteine werden durch

Aufspaltung der Wasserstoffbrücken und Streckung der Moleküle aufgelöst. Lediglich

Disulfidbrücken (Schwefelbrücken zwischen Cysteinen) kann das SDS nicht spalten, diese

können optional durch Zugabe reduzierender Thiole wie z.B. 2-Mercaptoethanol oder

Dithiothreitol (DTT) aufgebrochen werden. Durch das identische Ladungs- zu Masse-Verhältnis

sowie die Auffaltung und Streckung der Aminosäureketten unterscheiden sich die SDS-

Komplexe verschiedener Proteine für viele Messmethoden nur noch in ihrer Größe.

Die Auftrennung der SDS-Protein-Mizellen erfolgt in der Regel in einem Polyacrylamidgel,

weshalb diese Methode auch als SDS-PAGE (SDS-Poly-Acrylamid-Gel-Elektrophorese)

bezeichnet wird. Die Gelmatrix besteht aus Ketten von polymerisiertem Acrylamid, die durch

einen Anteil von bifunktionalem Bisacrylamid quervernetzt sind. Im angelegten elektrischen

Feld wandern die negativ geladenen SDS-Protein-Komplexe zur Anode (Pluspol). Dabei trennt

der Molekularsiebeffekt der porösen Gelmatrix die einzelnen SDS-Protein-Komplexe nach

ihrem Molekulargewicht auf: Kleinere Proteine wandern schneller durch die Poren des Gels

als größere. Am Ende des Vorganges sind die Proteine nach Größe fraktioniert und können

durch weitere Verfahren, wie z.B. Coomassie- oder Silberfärbung oder immunologische

Nachweismethoden, wie Immunoblotting, sichtbar gemacht werden. Mit Hilfe von

Markerproteinen, deren Molekulargewichte bekannt sind und die man ebenfalls auf das Gel

aufträgt, lassen sich die Molekulargewichte der zu analysierenden Proteine abschätzen. Die

Porengröße des Gels muss an den jeweiligen Molekulargewichtsbereich, in welchem eine

lineare Auftrennung der Proteine erzielt werden soll, angepasst werden.

Meistens wird die SDS-PAGE mit einem diskontinuierlichen Puffersystem durchgeführt, bei

welchem das Trenngel mit einem großporigen Sammelgel überschichtet ist. Die Probe und

das Sammelgel enthalten Tris-Cl (pH 6,8), der Puffer in der oberen und unteren Pufferkammer

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Tris-Glycin (pH 8,3) und das Trenngel Tris-Cl (pH 8,8). Alle Komponenten des Systems

enthalten 0,1% SDS. Sobald das elektrische Feld anliegt, bilden die Chloridionen die Spitze

der sich in Richtung Anode bewegenden Molekülfront und die Glycin-Moleküle den Schluss.

Dazwischen befinden sich die SDS-Protein-Komplexe, die an der Grenzschicht zum Trenngel

durch den hohen Reibungswiderstand in einer sehr schmalen Zone aufkonzentriert

(„gesammelt“) werden. Diese Verdichtung vor dem Eintritt ins Trenngel bewirkt eine

wesentliche Erhöhung der Bandenschärfe und Auflösung des Gels.

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ZIELSETZUNG DER EXPERIMENTE

I. Aufreinigung von IgG-Antikörpern aus Schafserum

Im Rahmen des Versuchstages sollen Immunglobuline der Klasse IgG aus Serum des Schafes

affinitätschromatographisch mittels ProteinA-Sepharose isoliert werden. Sowohl

Reinigungserfolg als auch IgG-Gehalt im Serum sind anschließend mit Hilfe von SDS-PAGE

und Coomassie-Färbung zu bestimmen.

II. ELISA-Test zum Nachweis des hCG-Hormons im Urin

Anhand eines ELISA sollen verschiedene vorgelegte Urinproben qualitativ auf das

Vorhandensein von hCG untersucht und die hCG-Konzentrationen, der positiven Proben,

jeweils einer Schwangerschaft im dritten bzw. siebten Monat zugeordnet werden. Das

qualitative Ergebnis ist am Ende des Versuches mit einem kommerziell erhältlichen Schnelltest

zu überprüfen.

VERSUCHSDURCHFÜHRUNG UND VERSUCHSPROTOKOLL

Mitbringliste: Kittel, Lineal, Taschenrechner

VERSUCHSDURCHFÜHRUNG DES ELISA-TESTS

Puffer für ELISA (stehen am Arbeitsplatz):

Verdünnungslösung für das Antigen: in 10 ml 0.01M Natrium-Phosphatpuffer

pH 7,2 und 25mg Mannitol

Waschpuffer (PBS-T) (blauer Deckel): NaCl 137 mM, KCl 2,7 mM,

Na2HPO4 8,1 mM, KH2PO4 1,76 mM, 0,1 % Tween20, pH 7,2 (einstellen mit NaOH)

Blocklösung (orangener Deckel): 2,5 % Magermilchpulver in PBS-T

hCG-Antikörperlösung (gelber Deckel): ß-hCG-Antikörper (Calbiochem 230746-1)

1:4000 in PBS-T

Zweitantikörperlösung (gelb/blauer Deckel): Anti-Maus-AK POD-Konjugat (Invitrogen

626520) 1:4000 in PBS-T

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Substrat-Lösung (braunes Gefäß): 1,2mg Tetramethylbenzidin in 1 ml Ethanol abs. lösen; 9

ml Na-Acetatpuffer 0,1M pH 5,0 und 10µl H2O2 (37%) hinzufügen

Lösung jeden Tag frisch ansetzen

Stopplösung (roter Deckel): 1M Schwefelsäure (ätzend)

Versuchsdurchführung

Die Proben sind bereits in die Platte pipettiert und über Nacht inkubiert worden. Für die

Verteilung der Proben siehe Plattenschema.

Zunächst die in der Platte befindliche Flüssigkeit auskippen und den Rest durch

Ausklopfen der Platte auf Handtuchpapier entfernen.

Im Anschluss in jedes belegte Well 300 µl Waschpuffer ELISA pipettieren und direkt

danach ausschütten und ausklopfen. Diesen Vorgang insgesamt dreimal durchführen.

Als nächstes erfolgt ein Blockieren von Bindestellen um unspezifische Bindung des

folgenden Antikörpers zu unterbinden. Hierfür in jedes Well 300 µl Blocklösung

pipettieren und für 30 min bei Raumtemperatur inkubieren.

Nach erfolgter Inkubation wird erneut dreimal mit 300 µl Waschpuffer gewaschen.

Im nächsten Schritt erfolgt die Bindung des für hCG spezifischen Antikörpers. Hierfür in

jedes Well 200 µl hCG-Antikörperlösung pipettieren und die Platte für 30 min bei

Raumtemperatur inkubieren.

Nach erfolgter Inkubation wird erneut dreimal mit 300 µl Waschpuffer gewaschen

Zum Nachweis des gebundenen spezifischen hCG-Antikörpers wird mit einem, gegen

diesen ersten Antikörper gerichteten, Zweitantikörper inkubiert. Dafür je 200 µl der 2.

Antikörperlösung. in jedes Well pipettieren und für weitere 60 min inkubieren.

Nach erfolgter Inkubation wird erneut zweimal mit 300 µl Waschpuffer und zweimal mit 200 µl

H2O gewaschen.

Der Nachweis des gebundenen Zweitantikörpers erfolgt enzymatisch. Hierfür ist der

Zweitantikörper mit Peroxidase konjugiert. Zum Starten der Reaktion je 100 µl Substrat-

Lösung (Tetramethybenzidin-Lösung) in jedes Well pipettieren und 2 min stehen lassen.

Nun fügt man 100 µl Stopplösung (Schwefelsäure) hinzu. Es kommt zu einem Farbumschlag

von blau nach gelb. Im Anschluss wird die Absorption der Wells bei 450nm im Plattenlesegerät

gemessen.

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Die ermittelten Messwerte sind zu notieren und das Ergebnis zu interpretieren.

1 2 3 4 5

A Urin A unverd.

Urin A 1: 2 verd.

Urin A 1: 4 verd.

Urin A 1: 8 verd.

Urin A 1: 16 verd.

B Urin B unverd.

Urin B 1: 2 verd.

Urin B 1: 4 verd.

Urin B 1: 8 verd.

Urin B 1: 16 verd.

C Urin C unverd.

Urin C 1: 2 verd.

Urin C 1: 4 verd.

Urin C 1: 8 verd.

Urin C 1: 16 verd.

Ergebnistabelle: gemessen am Plattenlesegerät bei 450 nm:

1 2 3 4 5

A

B

C

AFFINITÄTSCHROMATOGRAFISCHE REINIGUNG VON ANTIKÖRPERN

1. Puffer für die affinitätschromatografische Reinigung von Antikörpern (stehen am

Arbeitsplatz):

2. 10 x Waschpuffer (10 x PBS-T 500) NaCl 5 M, KCl 27 mM, Na2HPO4 81 mM, KH2PO4

17,6 mM, 1 % Tween20, pH 7,4

3. Waschpuffer (PBS-T 500) (Glasflasche mit blauem Deckel): NaCl 500 mM, KCl 2,7 mM,

Na2HPO4 8,1 mM, KH2PO4 1,76 mM, 0,1 % Tween20, pH 7,4

4. Elutionspuffer (blau/roter Deckel): 0,2 M Glycin, pH 2,8

5. Neutralisationspuffer (weißer Deckel): 1,5 M Tris/HCl, pH 8,8

6. Probenpuffer (gelbes, kleines Eppi): 250mM Tris/HCl, pH 6,8, 40% Glycerin,

7. 20% β - Mercaptoethanol, 0,4% Orange G

8. 20 % Ethanol

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VORBEREITEN DER SÄULE

Die Protein-A-Agarose ist bereits in der Säule vorgelegt. Zunächst die in der Säule befindliche

Flüssigkeit (20 % Ethanol) auslaufen lassen. Im Anschluss wird die Säule 2-mal mit je 10 ml

Waschpuffer (mit der Plastikpipette pipettieren) äquilibriert. Beim zweiten Durchlauf die Säule

am Ende mit einem gelben Stopfen verschließen, so dass ein kleiner Rest Puffer über dem

Säulenmaterial verbleibt.

VORBEREITEN DES SERUMS: (WIRD TEILWEISE VOM ASSISTENTEN DURCHGEFÜHRT!!)

Bevor das Serum auf das Säulenmaterial gegeben wird, wurde es zunächst den

Pufferbedingungen angepasst. Dazu hat der Assistent zu 2 ml Serum 200 µl 10-fach

Waschpuffer gegeben und danach gemischt. Die Probe steht mit „S“ beschriftet auf dem Platz

Von dem Serum werden 10 µl in ein frisches Eppi gegeben und mit 90 µl Waschpuffer Säule,

(nicht der Waschpuffer ELISA!!) versetzt (T= Totalprotein). Dieses Eppi wird zur Seite gestellt.

Das restliche Serum wird auf die Säule gegeben.

AFFINITÄTSCHROMATOGRAFIE:

Das Rest-Serum wird in die äquilibrierte und verschlossene Säule gegeben und für 15 min.

inkubiert. Während der Inkubation wird das am Boden der Säule befindliche Säulenmaterial

durch vorsichtiges Schütteln mehrmals aufgeschwemmt.

Nach der Inkubation den Stopfen der Säule entfernen und das Serum auslaufen lassen. Dabei

den Durchlauf (DL) in einem 2,2ml Eppi auffangen.

Im Anschluss erfolgen 5 Waschschritte. Hierfür jeweils 10 ml Säulenwaschpuffer (mit der

Plastikpipette pipettieren) in die Säule geben und auslaufen lassen. Auch hier die Durchläufe

(W1-W5) je in einem Reagenzglas auffangen.

Nach dem letzten Waschschritt die Säule erneut verschließen.

Für die Elution der gebundenen Antikörper wird zunächst ein Eppi mit 50 µl

Neutralisationspuffer versetzt. Im Anschluss wird auf die noch verschlossene Säule 250 µl

Elutionspuffer gegeben und für 5 min inkubiert. Danach den Stopfen der Säule entfernen und

das Eluat in das vorbereitete Eppi tropfen lassen. Direkt im Anschluss wird ein zweiter

Elutionsschritt wie zuvor durchgeführt und im selben Eppi aufgefangen (Probe E).

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SDS-PAGE ODER PROTEINELEKTROPHORESE:

Pipettierplan (Angaben in µl) (wird direkt in das Eppi pipettiert!!!)

Name der Probe Probenmenge Waschpuffer Säule Probenpuffer

T (Totalserum)

Schon fertig!!!

Siehe Vorbereitung

des Serums

10µl 90µl 25µl

W1 (Waschschritt 1) 100µl 25µl

W5 (Waschschritt 5) 100µl 25µl

E (Eluat) 100µl 25µl

Alle mit Probenpuffer versetzten Proben (T, verdünnter DL, W1, W5, E) werden für 5 min bei

95 °C im Heizblock erhitzt.

STARTEN DES SDS- STAIN FREE GELS

Von jeder Probe werden 15 µl auf das Gel aufgetragen. Dabei sollte folgende Reihenfolge

verwendet werden:

Marker (5µl), Total, W1, W5, E

Wenn alle Proben auf das Gel aufgetragen sind, wird der Deckel auf die Gel-Kammer gesetzt

und ein konstanter Strom von 40 mA pro Gel angelegt. Sobald die farbige Bande aus dem

Gel ausgelaufen ist, wird der Strom ausgestellt (ca. 30 – 40 min).

Danach wird das Gel auf einen Leuchttisch gelegt und ausgewertet.

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PROTEINMARKER:

Ein wichtiges Verfahren in der Protein-Biochemie ist die Analyse von Proteinen anhand ihrer

unterschiedlichen Wanderungsgeschwindigkeit im elektrischen Feld. Dazu werden

Eichproteine mitgeführt, mit deren Hilfe die Molekulargewichte der zu analysierenden Proteine

bestimmt werden können.

Gelauswertung:

Marker 5µl Totalserum

15µl

W1

15µl

W5

15µl

Eluat

15µl

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LERNZIELE

Inhaltlich:

Definition von Antigenen

Prinzip der zellulären und humoralen Immunantwort

Antikörper:

A. Struktur von IgG-Molekülen

B. Aufbau der Moleküle der einzelnen Immunglobulinklassen

C. Funktion der einzelnen Antikörperklassen

D. Wechselwirkungen zwischen Antigen und Antikörper

E. Polyklonale und monoklonale Antikörper

F. Prinzip der Gewinnung von polyklonalen Antikörpern

Physiologie des humanen Choriongonadotropins (hCG)

Methodisch:

Enzymgekoppelte Immunadsorptionstests

Affinitätschromatographie, Protein-A-Agarose

SDS-PAGE, Färbemethoden