betrachtungen über die selectionstheorie vom standpunkt der oologie aus

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JOURNAL fttr 0RNITHOLOGIE. Niebenundzwanzigster Jahrgang. 147. Juli. 1879. ! ii II Betraehtungen iiber die Seleetionstheorie yore Standpunkt der Oologie aus. Yon W. v. Nathusius (Konigsborn). Dass die folgenden Bemerkungen durch die Arbeit yon Dr. Kutter im Jahrg. 1877 S. 396 and Jahrg. 1878 S. 300 dleser Zeitschr. veraalasst wurden, miichte ich schon in obiger Ueberschrift andeuten, so wie auch dutch dieselbe einen gewissen Gegensatz hervorheben, in welchem sich m. E. seine Behandlung des Themas gegen das- jenige befindet, was man wenigstens frtther als die allein gestattete Basis far wissenschaftliche ErSrterungen ansah. Dr. Kutter's Titel lautet n~tmlich: Betrachtungen tiber Systematik und 0ologie yore Standpunkt der Selectionstheorie. Mir scheint es richtiger, na- mentlich in eiaem~ solchem s p e c i e 1le n Zweige der bTaturforschung gewidmeten Blatt~ wenn man ein so umfassendes Thema als die Seleetionstheorie +iberhaupt behandeln will, doch weuigstens erst die Specialien auf Grundlage der Thatsachen im Einzelnen so ob- jectiv als miiglich festzustellen. Der Anschein einer vorherge- fassten Meinung muss wenigstens hervorgerufen werden, wenn mit einer Darstellung der Hypothese, in welcher man sie als etwas Erwiesenes behandelt, begonnen wird. I-Iiermit einen persSnlichen Vorwuff machen zu wollen, liegt mir weit ab. Es liegt diese Art des Procedirens im Wesen der Selectionstheorie. Wie ja schon oft zur Gentige nachgewiesen, kann man auf dem Wege des Beweises nicht zu ihr gelangen. Sie ist ein Product yon V e r m u t h u n g e n, nicht yon Beobachtungen und Erfahruagen. Dr. Kutter riiumt demgem~iss z. B. auf S. 328 Jahrg. 1878 den Vermuthungen eine Bedeatung ein, weiche ihnen nicht geb~ihrt, indem er sagt: ,,Soweit es gestattet ist, ,Liicken unseres Wissens mit (einigermassen begrttadeten) Yermuthuugen auszufttllen" werden wir kaum yon der C:~b. Journ. f. Ornith, XXV'ZL Jahrg. No. 147, Jnlt 1879, 1~

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Page 1: Betrachtungen über die Selectionstheorie vom Standpunkt der Oologie aus

JOURNAL fttr

0 R N I T H O L O G I E . Niebenundzwanzigster Jahrgang.

147. Juli. 1879. ! i i II

Betraehtungen iiber die Seleet ionstheorie yore Standpunkt der Oologie aus.

Y o n

W. v. Nathusius (Konigsborn).

Dass die folgenden Bemerkungen durch die Arbeit yon Dr. Kutter im Jahrg. 1877 S. 396 and Jahrg. 1878 S. 300 dleser Zeitschr. veraalasst wurden, miichte ich schon in obiger Ueberschrift andeuten, so wie auch dutch dieselbe einen gewissen Gegensatz hervorheben, in welchem sich m. E. seine Behandlung des Themas gegen das- jenige befindet, was man wenigstens frtther als die allein gestattete Basis far wissenschaftliche ErSrterungen ansah. Dr. Kutter's Titel lautet n~tmlich: Betrachtungen tiber Systematik und 0ologie yore Standpunkt der Selectionstheorie. Mir scheint es richtiger, na- mentlich in eiaem~ solchem s p e c i e 1 le n Zweige der bTaturforschung gewidmeten Blatt~ wenn man ein so umfassendes Thema als die Seleetionstheorie +iberhaupt behandeln will, doch weuigstens erst die Specialien auf Grundlage der Thatsachen im Einzelnen so ob- jectiv als miiglich festzustellen. Der Anschein einer vorherge- fassten Meinung muss wenigstens hervorgerufen werden, wenn mit einer Darstellung der Hypothese, in welcher man sie als etwas Erwiesenes behandelt, begonnen wird. I-Iiermit einen persSnlichen Vorwuff machen zu wollen, liegt mir weit ab. Es liegt diese Art des Procedirens im Wesen der Selectionstheorie. Wie ja schon oft zur Gentige nachgewiesen, kann man auf dem Wege des Beweises nicht zu ihr gelangen. Sie ist ein Product yon V e r m u t h u n g e n, nicht yon B e o b a c h t u n g e n und E r f a h r u a g e n . Dr. Kutter riiumt demgem~iss z. B. auf S. 328 Jahrg. 1878 den Vermuthungen eine Bedeatung ein, weiche ihnen nicht geb~ihrt, indem er sagt: ,,Soweit es gestattet ist, ,Liicken unseres Wissens mit (einigermassen begrttadeten) Yermuthuugen auszufttllen" werden wir kaum yon der

C:~b. Journ. f. Ornith, XXV'ZL Jahrg. No. 147, Jnlt 1879, 1~

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2"26 W. v. N a t h u s i u s :

Wahrheit abirren, wenn wir uns die Eier der ~dtesten ¥ogelge- schlechter noch tibereinstimmender mit denen der Reptilien vor- stellen, als dies bei manchen noch zur Zeit der Fall ist. Die Kalkschale derselben war wahrscheinlich u n v o 11 k o m m e n e r c o n s t r u i r t u n d d u r c h w e g ungef~ i rb t . "

Die Vermuthung ist nut insoweit berechtigt, als sie den Weg finden hilft, welchen die B e o b a c h t u n g , das E x p e r i m e n t ein- zuschlagen hat. ,,Gestatten" kSnnten wir ihr ja recht gern, ,L~cken des Wissens auszuffillen", aber leider bleiben die Lacken unaus- gefiillt, auch wenn man Bogen und B~inde mit ,,einigermassen be- gr~indeten" Vermuthungen fallt, und das GefiihrIiche, das darin liegt, in die Lackea des Wissens etwas diesem so durchaus ttete- rogeaes wie das Vermuthea hineinzuftigen, liegt in der dadurch entstehendea Tituschang, als ob diese Lacken nicht vorhanden seien. MSehte man doch wenigstens, wenn man dem Geltist nicht wider- stehen kann, ¥ermuthungen zu ver6ffentlichen~ dieses unter dem besondern Rubrum: ,,Naturvermuthungea" yon dem der :Natur- wissenschaft trennen. Es ware dean doch auch far den Geschmack derjenigen gesorgt, welche dem Ausspruch einer unserer bedeu- tendsten wissenschaftlichen Capaeit/iten: Wenn ich einmal einen Roman lesen will, dann weiss ich mir doch etwas Besseres als Entwicklungsgeschiehte, zustimmen.

Obiges Citat gab ich vollstiiadig, um gleich noch einige Be- merkungen tiber gerade d ie s e Vermuthungen anschliessen zu kSnnen. Die /iltesten aufgefundenen und untersuchten Voget-Eier sind, so viel mir bekanat geworden, die des ausgestorbenen Aepy- ornis yon Madagaskar. Ein sp~tter im Kaukasus aufgefundeaes, ebenfalls yon einem nieht mehr vorhandenen Vogel herrtihrendes Ei konnte leider noch nicht Gegenstand wissenschaftlicher Unter. suchung werden, d a d e r Finder einen Preis dafiir forderte, wel- chen continentale wissenschaftliehe Institute nicht verwendbar haben. Die Structur der Eischale von Aepyornis habe ieh in Siebotd and KSlliker's Zeitschr. f. wissensch. Zooiogie Bd. XXI ausftthrlieh beschrieben and abgebildet. Sie gehSrt zu den h~iehst entwickelten and complicirtesten, die auch bei den recenten Vogel- Eiern vorkommen. Ferner ist unvollst/indige oder fehlend~e Kalk- ~chale keineswegs ein allgemeiner Charakter der Reptilien-Eier. Diejenigen einiger Schlangen and der Krokodile erscheinen votl- st/indiger und complicirter gebaut~ als die der Oscinen. Endlich ~teht Fiirbuag mit uuvollkommener Sehalenbildung durchaus in

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keiaem Zusammenhang. Die am hSchsten entwickelten Schalen- structuren fiaden sich bei den Struthioniden und den Natatoren. Sie sind sammtlich ungefleckt. Die schSne Farbung bei Dromaeus und Casuarlus ist etwas ihrem Wesen nach yon anderen F~rbungen total Verschiedenes. Die wenig entwickelten Eisehalen der Oscinen bieten zahlreicbe F~lle yon Buntheit. Doch ist dieses auch keine Regel, denn die sehr charakteristisehe Schale yon Uria ist sehr bunt. Danach sind diese Vermuthungen nicht einmal einigermassen begr~tndet, sondern widersprechea bekannten Thatsachen.

Dr. K. hat auch die ethisehe und religiSse Seite ber~ihrt, zwar nicht eingehend, aber gerade solche kleine Seitenhiebe gegea die ,,SchSpfungstheoretiker", wie auf S. 827 der zweiten Abtheilang und ganz besonders in der Anmerkung 2 zu S. 338, haben etwas besonders Provocirendcs, uud was ganz allgemeine Verwahrungen der Selectionstheorie gegen Atheismus und Materialismus fiir eine Bedeutung haben sollen, ist schwer abzusehen.

Nicht der christlichen Religion allein angehSrig, sondern far alle theistischen Auffassungen gemeinsam besteht die Annahme eines allm~chtigen and allwissenden geistigen Wesens, welches SchSpfer und Regierer unserer Welt ist, dieses Regiment aber naeh einer gewissen Ordnung f~ihrt, welche uns als g e s e t z 1 ic h ent- gegentritt, wodurch eine N a t u r w i s s e n s c h a f t ermSglicht wird. Jedes vernanftige Gesetz hat ein bestimmtes Ziel. Damit ist das P1 a n m a s s i g e der SchSpfung gegeben. Der Act der SchSpfung muss~ wenn man einen solchen tlberhaupt annimmt, logisch be- trachtet ausserhalb der das schon Gewordene regierenden Gesetze liegen, weshalb man ihn nach dem bestehenden Sprachgebrauch nur als einen wunderbaren bezeichnen kann. Da nach dieser A uffassung selbstverst~ndlich aueh der Mensch mit einem bestimmten Ziel e r s c h a f f e n und mit gewissen geistigen Gaben~ die in Har- monic mit jenem hSchsten Wesen stehen, ausger~istet ist, besteht eine persSnliche Beziehung zu diesem far ihn.

Dass der sogenannte Monismus Hackel's dieses nicht nur Alles leugnet, sondern dessen s~mmtliche Hypothesen im bewussten Gegensatz hiergegen aufgestellt sind, und diesen Hypothesen der Materialismus zu Grunde liegt, bedarf eines Nachweises nicht; aber schon die Selectionstheorie Darwin's, bezUglich deren dieser be- kanntlich sp~ter einger~iumt hat, dass die thierische Abstammung der Menschen ihre nothwendige Consequenz sei, welche er nur absichtlich verschwiegen habe~ um der ,,guten Sachc" nicht zu

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schaden, steht zu jenen theistischen Auffassungen dadurch fin ent- sehiedensten Gegensatz, dass sic eben das P l a n m i i s s i g e , das G e s e t z l i c h e , genug das W e s e n des Weltregiments direct leugnet, und die zufiillige, yea dem SchSpfer unvorhergeseheae und unbeeinflusste Entwicklung durch den Kampf um das Dasein an seine Stelle setzt. Wenn also auch Darwin die Existenz eines SchSpfers nicht ausdrttcklich bestreitet und die Mi~glichkeit often liisst, class gewisse Anfangs-Organismen erschaffen sind~ so folgt doeh aus seiner ausdrttcklichen Erkl~irung, dass er eine p l a n - miis s i g e Entwicklung der lebenden Wese~ nicht annehmen kSnne, dass atle diejenigen Beziehungen des Menschen zum SchSpfer, welche das Wesen der theistischen Auffassungen bilden, ffir den Darwinismus nicht existiren kSnnen, dena mit der Leugnung der planmiissigen Entwicklung wird auch geleugnet, dass die Ent- wicklung priisumtiver niedrigerer GeschSpfe zu Menschen auf einer A b s i c h t des Schiipfers beruhe. Das Sittengesetz wird so bestimmt als yon einem hSchsten Wesen nicht ausgehend betrachtet, dass Darwin ja sehr ausftihrlieh erSrtert hat, wie seiner Meinung naeh auch dieses aus den Z u f i i l l e n des Kampfes um das Dasein babe hervorgehea kSnnen. Far die persSnlichen Beziehungen der Men- schen zum SchSpfer stellen sich also Darwin's Auffassungen prak- tisch genommen vollst~indig gleich mit den atheistischen. Aus Dr. K/s einzelnen Aeusserungen ein Urtheil ~iber seine Stellung zu bilden, will ich mir selbstverstiindlich nicht erlauben, glaube aber, dass wenn sic yon denen Darwin's abweichen~ eine klarere Darlegung derselben vorzuziehen gewesen ware.

Es sagt mir sehr wenig zu, in einem Journal flir Ornithologie solche Themata zu bertihren, abet die ,,SchSpfuugstheoretiker" sind durch die Art yon Dr. K.'s Aeusserungen geradezu, wenn auch wohl unabsichtlich, provocirt.

~Noch eine Unklarheit muss ich bertihren. Im ersten Theil seiner Arbeit gebraucht Dr. K. vieliach den ±usdruck ,,Descendenz- lehre". Diese ist tote die yon der Selectionstheorie darin ver- schieden, dass sic zwar eine Wandlung und Entwicklung der ursprting- lichen Formen aus einer gegebenen SchSpfm~g dureh die in diese getegten causalen }Iomente annimmt, aber das 1 ) 1 a n m it s.s i g e t~nd G e s e t z 1 i c h e dieser Entwicklung nicht bestreitet.

Hiermit mOchte ich im Interesse der Leser die allgemeine Frage der Selectionstheorie so kurz als miiglich erledigt haben, vorbehaltlieh einiger l~utzanwendungen, welche sieh spater ergeben

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Betracht. fib. d. Selectionstheorie v. Standpunkt d. Oologie aus. 229

werden, wenn erst die Feststellung einiger thats~ichlichen Verh~lt- nisse versacht ist. Wer sich ftir die allgemeineren Beziehungen der Selectionstheorie, die doch nacbgerade auch nichts Neues mehr ist, interessirt, wird in dem Werke Wigands : Der Darwinismus und die Naturforschung Newton's und Cuvier's, Braunschweig, Vieweg 1876, eine vom w i s s e n s c h a f t l i c h e n w nicht Vermuthungs- Standpunkt aus m. A. n. vernichtende Kritik dersetben finden.

Sine ira et studio, da ich Dr. K. fiir freundliche Erw/ihnung meiner Arbeiten nur zu danken babe, daft ich mich nun zttr Be- trachtung tier Natur des Vogel-Eies wenden. Ich hatte allerdings schon in d. Zeitschr. (Juliheft. No. 112. 1871) eine gedr/ingte Uebersicht der Resultate meiner in der Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. XVIII, XIX, XX und XXI publieirten Untersuchungen ge- geben, musste dabei aber, um kurz zu sein, yon Anftthrung des speciellen Beweismaterials absehen. Diese Resultate werden nun in ihren wesentlicbsten Theilen bezweifelt oder verworfen, ich bin es also wohl den Lesern schuldig, in eine n~here Eriirterung einzugehen.

Da muss ich zunitehst dem yon Dr. K. in der Anmerkung zu S. 303 (Heft III yon 1878) Gesagten entgegentreten. Ob dieMeckel'- scbe huffassung, dass Iediglich derjenige Theii des Dotters, der dem Furehangsproeesse unterliegt, dem S~iugethier-Ei homolog sei, vieles ftir sich habe oder butte, ist irrelevant. Sie ist durch Gegenbauer (Reiehert's Archiv 1861 p. 491) aus der Entwicklungs- gesehichte des Vogel- und Repfilien-Eies als irrig erwiesen, and gilt die Meckel'sche Auffassung ganz allgemein als beseitigt. Die Gegenbauer'sche hrbeit hatte ieh in dem yon Dr. K. S. 319 er- wiihnten, "also ihm bekannten Aufsatz eith't and ihrer Resultate erwi~hnt, und wenn auch Niemand lebhafter davon durchdrungen sein kann als ich, class in der Wissenschaft Thatsachen und nicht Au- toriti~ten massgebend sind, so muss ich doch mir die Bemerkung erlauben, dass es sich hier eben um Thatsachen u_ud zwar um all- gemein bekannte und vielfach best~tigte handelt~ Auch dabei sind ja Irrthtimer noch immer mSglich; ohne aber soh;he Irrthfimer dureh neue Thatsachen als solche zu erweisen, hat meiner un- massgebIichen Ansicht nach Niemand das Recht, solehe obsolete Dinge in einer wissenschaftlichen Discussion noeb als existent zu betrachten; sonst wttrde ja jede MSglichkeit aufhSren, letztere frucbtbringend zu machen. Die Meckel'sche Ansicht hat zun~ichst nut noch ein historisches Interesse, indem sie begreiflich macht, wie dieser hTtham einen ttichtigen und bedeutenden Mann in die

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weiteren Irrthiimer fiber die Bildung der Eih~illen verlocken konnte, die jetzt noch nachspuken! Ebenso muss ich dem entgegentreten, dass Dr. K. die Landois'sche irrthiimliche Meinung, als ob in der Eischale vom Uterus abstammende celluliire Elemente vorhanden seien, noch als existent behandelt und wenigstens theilweise accep- tirt (S. 309). Irren ist menschlich und aus den a~lgewandten Prii- parationsmethoden hervorgehende Artefacte als Structur-Elemente zu betraehten, ist schon Manchem passirt und wird immer wieder einmal vorkommen. Hat sich Jemand in dieser Art versehen, so ist es vollst~ndig gentigend, dass dieses einmal nachgewiesen wird, uud mfisste die Saehe damit ruhen; aber Dr. K. nSthigt mich, indem er diese Irrthtimer wieder vortriigt, das sehon einmal*) Gesagte noeh bestimmter wiederholen.

Landois lagen bei seiaer Arbeit Schalenschlifl~, welche doch aUein die Struetur der Eisehalen deutlich erkennen lassen, nicht vor. Ich glaube dergt, zuerst angefertigt zu haben und muss, beil~iufig bemerkt, nach dem yon Dr. K. Gesagten annehmea, dass ibm solche ebenfalls nicht vorgelegen haben. Landois operirte nur mit in Siiuren entkalkten Schalenstfickchen. Durch die sich hierbei entwiekelnde Kohlens~iure entstehen in dem gallertartigen Riick- stande blasenfSrmige Hohlr~iume, welche, indem sie sich bei der Behandlung mit Rosanilin-Nitrat mit der rothen Fl~ssigkeit ffillen mSgen, Zellenkerne simuliren. Weder yon etwas Kern~thnlichem, noch yon irgend einer Ann~iherung an Zellengestalten ist bei den Sehliffen yon Vogel-Eischalen das Mindeste zu bemerken, mid auch wean diese Schliffe mit verdfinnter Siture entkalkt werden, fehlen diese tituschenden Hohlriiume, da bier die sich entMekelnde Kohlens~ture ungehindert entweichen kann oder bei ihrer geringen Quantit~it in der FIfissigkeit gelSst bleibt. Wean eine d~inne Eischale, z. B. yon einer Oscine, wo die Mammillen, d. h. die zitzenartigen Auswfichse der inneren Fl~iche, welche in die Schalen- haut eingepflanzt erscheinen, einen verhitltnissm~issig grossen Theil der Dicke einnehmen, flachliegend entkalkt wird, so entsteht das t~iuschende Bild, das zur Annahme yon celluliireu Elementen geffihrt hat. Wie abet Dr. K. auf S. 308, Bd. 6 d. Z. davon sprechen kann, class diese Pseudozellen ,,zuweilen auch in mehreren Lagen iibereinander gefunden werden," w~re mir absolut unverst/~ndlicb, wean ich reich nicht dessen erinnerte, (lass Blasius, der, obgleich

*) Ueber die Hiillen, welche den Dotter des Vogel-Eies umgeben. Zeitschr. f. wissensch. Zoo], Bd. XVIII. S. 227 u. 246.

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er einige wesenfliehe Irrth~imer Landois' berichtigte, doch ebenfalls den durch die Siiurebehandlung so leicht entstehenden Tiiuschungen Raum gegeben harts, auf Taf. XXX Fig. 7 *) einen ,,idealen" Quer- schnitt der Straussen-Ei-Schale abgebildet hat, in welchem aller- dings eine mehrfaehe Schicht dieser ktinstlich hergestellten Hohl- raumchen den unteren Theil ausftillt. Ich muss vermuthen, dass Dr. K. fibersehen hat, wie Blasius diese Abbildung ausdr~icklich als eine sehematische bezeichnet, und dadurch zu obiger Behauptung veranlasst ist, welche ich, nachdem ich Hunderte yon Sehalensehliffen der verschiedensten Species pr~iparirt habe, als unbegr~indet zu er- kliiren wohl berechtigt bin. Sehon constructiv ist es ja einfach unmSglich, dass die in die Schalenhaut inserirten Mammillen- Endungen - - und welter sind die fraglichen Bildungen Nichts - - in mehreren Lagen ~ibereinander stehen kSnnten.

Da mich diese Er~rterung schon auf die Verh~ltnisse der Kalkschale geftihrt hat, will ich zun~ichst bei dieser bleiben, und hier tritt zuniichst entgegen, dass nach der Meekel'schen und allen andern Theorien, welcbe die Schale nicht als einen yore Ei aus ge- wachsenen, wenn auch die zu seinem Aufbau nSthigen Stoft~ aus Absonderungen des mUtterliehen Leibes beziehenden Organismus, sondern als eine mechanische Apposition dieser Absonderungen betrachten, schon die vormale Gestalt des Eis unerkllirt bleibt. MSchte ein vom Oviduct, speeiell yore Uterus ausgehender Druck die ovale Form im Allgemeinen bewirken k~nnen, so wttrden nie- reals hierdurch die beiden Pole dieselbe gleichm~ssige Abrundung und Gl~ittung erfahrcn k~nnen als die ~ibrige Schale. Hier kann derselbe Druck nicht wirken und dieses m~isste am Ei bemerkbar sein. Vollends unbegreiflich w~irden aber viele der beim Haushuhn so h~iufig vorkommenden abnormen Gestaltungen sein, z. B. das yon mir in der Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. XIX Taf. XXVIH Fig. 19. abgebfldete, in der Mitte eingeschntirte oder semmelf6rmige Ei - - ein ahnliches auch das. in Bd. XX T. VII Fig. 15 A. - - und noch mehr die ganz eigenth~imliche Gestalt, die in Bd. XIX T. XXVIII Fig. 22 in versehiedenen Ansichten dargestellt ist. Hier liegt einseitig am Aequator des Eies eine l~inglich runde Region um ca. 3 ram. gegen die abrige Oberfl~che vertieft und geht durch einen faltigen Wulst in die letztere ~iber.

*) Ueber Bildung, Structur und systematische Bedeutung der Eischale der VSgel, Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. XVII. 1867.

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Beztiglich der teratologischen Verh~iltnisse uad dessen, was sie tiber die lqatur der Eischalen lebren, sei hier noch gleich er- w~thnt, dass ich schon (a. a. O. Bd. XVIII S. 244) im Text nach- gewiesen und durch die Abbildung auf T. XVI Fig. 22 erl~iutert habe, w i e a b n o r m e r B e s c h a f f e n h e i t d e s E i e s a u c h e i n e a b n o r m e S t r u c t u r d e r S c h a l e e n t s p r i c h t (vergI. auch a. a. O. Bd. XIX Tar. XXVIII Fig. 19, 20 u. 21). Dieses gilt nicht nur fttr die Schale der sogen. Wind-Eier im Allgemeinen. H~iufig zeigt auch die Oberfl~tche der Schale kleine halbsph~irische Auswiichse oder Erhebungen, welche aber nicht solid sind, sondern einen mit Eiweiss gef~illten Hohlraum enthalten, der durch die Schalenhaut yon dem librigem Eiweiss getrennt wird, wie die oben citirte Fig. 22 es darstellt. Sie ergiebt zugleich, d a s s d i e S c h a I e a n d i e s e n S t e l l e n e i n e c h a r a k t e r i s t i s c h e , von d e r j e n i g e n d e r ~ t b r i g e n E i s c h a l e w e s e n t l i c h a b w e i c h e n d e S t r u c - t u r ha t . Dieser Fall ist nicht vereiuzelt. Es liegt mir unter ±nderem jetzt wieder ein Perlhuhn-Ei mit ~ihntichen Kiirnchen vor, bei denen dassetbe stattiindet. W i e k(~ n n t e d i e s e s s t ~ t t - f i n d e n , w e n n d ie S c h a l e , yore E i l e i t e r g e b i l d e t , dem Ei n u r m e c h a n i s c h a n g e f f i g t w ~ i r e ?

.~uch die sehr interessante a. a. O. Bd. XIX Taf. XXVII Fig. t4- -16 und T. XXVIII Fig. 17 u. 18 abgebildete und das. im Text p. 334 erliiuterte Abnormit~it eines Puter-Eies gehSrt bier- her und beweist m. A. n. evident, dass die Schale eia wirklicher gewachsener Orgauismus, also zum Ei selbst gehSrig ist. Einfach sachlich glaube ich hiermit constatiren zu m'tissen, dass Dr. K. iiber solche thatsiichliche Befunde, deren ErSrterung doeh tier alleiaige Weg zur Aufktiirung einer fill" die Oologie wichtigen Fundamental-Frage ist, stillschweigend hinweggeht.

Auch mit dem S. 310 Gesagten kann ich diese Frage sachlich nicht gefSrdert sehen, wenn ich auch Dr. K. schon ftir das Maass yon Bedeutung, das er meinen Untersuchungen der Eischale ein- r~tumt, persSnlich nur zu danken habe. Die Structur der SchaIe aus derVerwendung,,gewisser organisirterAbsonderungs-Elemente des mtitterlichen Organismus" zu erkliiren, dUrfte doch nur dann gestattet sein, wenn solche Absonderungs-Elemente irgendwie bekannt and durch irgend einc Beobachtm;g nachgewiesen wltren. Auch hier die Liicken der Beobachtung durch Vermuthungen auszuftillen, dtirftc doch als etwas zu weitgehend betrachtet werden mtissen. Uebrigens ist, davon abgesehen, ganz unerfindlich, wie die Schalen.

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structur yon aussen her sich, so wie sie ist, aus irgend welchen Absonderungsproducten in dieser bestimmten und charakteristischen Weise bilden sollte. Dr. K. r~iumt doch auf S. 308den verschiedenen Entwickehngsstufen, welche die Eischalen der Reptilien zeigen, eine Bedeutung fiir die Ontogenese der Vogel-Eischale ein. Danach ]iegen aber die Centra f/ir die Bildung der ersten Schalenrudi- mente in der Faserhaut und diese Centra bIeiben ffir die ganze Structur bestlmmend. Das Wachsen yon diesen Centren aus dureh nach aussen neugebildete Schichten l~isst vollst~ndig die eigen- thfimliche Bildung verstehen, dass die innere Schalenseite keine Fl~iehe bildet, sondern aus zitzenfiirmigen ttervorragungen - - yon mir wegen ihrer charakteristischen Form als Mammillen der Schale b e z e i e h n e t - besteht, welche in die Faserhaut sich einsenken, withrend yon den solchergestalt tiber der letzteren bleibenden Luft- r~iume aus Porenean~ile nach der ~iusseren FI~iche gehen. Wie soll eine solche Structur zumal die v e r z w e i g t e n Porencan~ile bei den G~insen und Struthioniden mit solcher Regelmiissigkeit aus den Absonderungsprodueten des Eileiters, auch wenn dieselben Reste yon tibrigens g~inzlich hypothetischen Organisationen w~tren, hervor- gehen ?

In gewissem Grade ist es sehwierig, solche Vermuthungen zu widerlegen, eben weil sie so g~inzlieh vage und schattenhafte sind und sieh auf gar nichts Thatslichliehes zu sttttzen versuchen. In den schon angefiihrten, in der Zeitschr. f. wissensch. Zoologie .publieirten Arbeiten babe ieh ziemlieh zahlreiehe kbbildungen yon Schalenschliffen gegeben und, wie schon in dieser Zeitschr. 1871 No. 112 mitgetheilt, eine kleine Suite yon Sehalenschliffen der noch lebenden Strnthioniden dem K. zool. Museum in Berlin und eine ebensolche nebst den ausgestorbenen Dinornis und Aep.yornis dem K. K. zool. Museum in Wien i|bergeben, wo sie ja der Pritfung zu- g~nglich sind. Meine sehr zahlreiche Sammlung yon hierhergehSrigen Pr~iparaten steht Jedem, der sieh fiir diese Fragen n~ther interessirt, gern zur Einsicht, und ich denke, dass aus alle diesem Material ftir den, der es ohne vorgefasste Meinung unbehngen priift, die Ueberzeugung, dass die Schale nur e in aus dem Ei e r w a e h s e - h e r O r g a n i s m u s s e i n k a n n , sieh sehlagend ergiebt. Dieser organisirte Charakter schliesst, selbstverstiindlich nicht aus, dass der mtitterliche Organismus, indem er das Rohmaterial zu diesem Bau liefert, einen wiehtigen Einfiuss auf denselben austibt. Die Details dieser Structuren, ohne die Abbildungen und die.Priiparate bier

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eingehender zu erSrtern, ist leider unmSglich, ich will jedoch wenigstens auf eine sehon anderweitig verSffentliche Beobachtung*) hinweisen, welche dem Versuche Dr. K.'s, die Schalenstructur auf o r g a n i s i r t e kbsonderungen des Eileiters zur(ickzuf(ihren, direct entgegenstehen dfiffte.

Die Yerh~ltnisse einer in der Entwicklung begriffenen Schale yon Hirundo riparia sind a. a. O. S. 20 er;irtert und Taf. I Fig. 1 abgebildet. Die Fliichenansicht der haibfertigen Schale ergiebt dasselbe, was schon Purkinje beobachtet und abgebildet hat, aber der Querschnitt, welchen man schoa auf Falten der noch voll- st~indig biegsamen, obschon mit den Schalenrudimenten besetzten Haut beobachten kann, zeigt nicht nu5 dass diese Rudimente nichts Krystallinisches haben, wie Purkiuje meinte, sondern die sich zuerst bildenden Endungen tier Mammillen sir, d; er ergiebt auch, dass sich diese Rudimente u n t e r e i n e r c o n t i n u i r l i c h e n z a r t e n N I e m b r a n b i l d e n , welche wahrscheinlich alas zuweilen auch bei der ausgebildeten Schale noch naehweisbare sogenannte Ober- h~tutchen ist. Wie dem auchse i , so s c h l i e s s t das V o r h a n - d e n s e i n d i e s e s H i i u t c h e n s d ie M S g l i c h k e i t des H i n - z u t r i t t s o r g a n i s i r t e r , a l s o d o c h g e f o r m t e r h b s o n d e - r u n g s - P r o d u c t e des E i l e i t e r s z u r S e h a l e n b i l d a n g v o l l s t ~ n d i g aus .

Was die Schalenhaut (membrana testae), d. h. das zwischen der Sehale und dem Weissen befindliche, aus mehrfachen unter sich verwachsenen Lagen in den versehiedensten Riehtungen sich kreuzender Fasern bestehende Hitutchen betrifft, so tr~igt es so bestimmt den Charakter der Organisation, dass die frfiheren Ver- suche, diese Fasern als ein erstarrtes Secret naeh Analogie der Spinnwebsf~iden zu deuten (Coste), kaum einer Widerlegung bediirfen. Dasselbe gilt yon der Landois'schen Meinung, die ihrea organisirten Charakter anerkennt, sis aber als yore Eileiter abgeliiste Muskel- fasern betrachten will. Dr. K. verwirft zwar Letzteres, spricht sic, wenn auch in sehr unbestimmter Wcise, fiir ein Drtisensecret an, und scheint der Behauptung Anderer, yore Auffinden fasriger Secretionsproducte des Eileiters, eine gew[sse Bedeutung beizu- messen. Dass die Epithel-Zellea einer Schleimhaut Fasem yon derjenigen Beschaffenheit, welche die Fasern der Schalenhaut

*) Untersuchungen iiber nicht cellul~re Organismen. Berlin, Wiegandt~ Hempel u. Parey. 1877.

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Betracht. fib. d. Selectionstheorie v. Standpunkt d. Oologie aus. 235

besitzen, ,,absondern" kSnnten, w~ire ein so merkwiirdiges Unicum in der Histiologie, dass blosse fltichtige Hindeutungen fiir ihre Existenz nicht als beweisend betrachtet werden kSnnen. Diese Fasern tier Schalenhaut sind ein so charakteristisches und der mikroskopischeu Untersuehung so leicht zugiingliches Object, dass die Sache wohl beruhen kann, bis durch Abbildung oder wenigstens Messung und niihere Beschreibung der l~achweis der Identitiit jener fraglichen hbsonderungproducte mit den Fasern der Schalen- haut wenigstens versucht ist.

Die complicirte Structur der Fasern der Schalenhaut beim Vogel-Ei, ihren rShrenfSrmigen Bau bei einigen Schlangen, ihre keulenfSrmigen Endungen und den eigenthfimlichen Inhalt der Ver- dickungen beim lgatter-Ei*) babe ich nachgewiesen. Damit d~irfte doch die l:Iypothese, dass es sich bier um blosse Secrete handele, vollst~indig beseitigt sein, und solche Anschwellungen kommen einzeln aueh in der Schalenhaut des Vogel-Eies, z. B. bei Hirundo rizvaria vor . Endlich tritt hinzu, dass die innere Sehicht des Dotterh/iutchens bei geeigneter Priiparation sich ebenfalls deutlich als ein Faserhautchen zeigt, welches tier Schalenhaut im Wesent- lichen iihnlich, denselbeu Typus nur in feinerem Bau darstellt. Dass das Dotterh~tutehen yon der Membran der Eizelle herstammt, konnte, seit die Meckel'sche Auffassung der Natur des Dotters nieht mehr gilt, nicht bezweifelt werden, und da nun auch in den das Eiweiss durchsetzenden Membranen ganz feine Fasernetze nach- weisbar sind, liegt doch in tier That so nah, dass das Weisse und die es einschliessenden Membrane ein zusammengehSriger, aus der M'embran der Eizelle erwachsener Organismus sind, dass man zu der Frage berechtigt ist: w a r u m dean eigentlieh nach den kiinst- lichsten und unwahrscheinlichsten und unerwiesenen Fictionen, um die Entstehung der Eihiillen als etwas nicht zum Ei Geh(iriges zu erkliiren, gesueht wird?

Ffir meinen verehrten Herrn Gegner, mit dem ich reich hier auseinander zu setzen habe, liegt die Antwort allerdings nab. Da derselbe die friihere Meckel'sche Aufthssung, nach welcher der Dotter des Vogel-Eies nicht dem Inhalt eincr Eizelle entspricht, noch festh/ilt, kann er consequenter Weise die Dotterhaut des Eier- stock-Eies nicht als Zellenmembran betraehten, we dana allerdings die Entwicklung der EihUllen eine r~tthselhafte wird. Ich miichte

*) Zeitschr. f. wissensch. ZooL Bd. XXI.

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aber doeh noch besonders darauf aufmerksam machen, dass die Meckel'sche Behauptung yon der spiralen hufrollung der Eiweiss- schichten durch meine Untersuehungen widerlegt ist. Ebenso wenig stimmt es mit Meckel, dass, wie ich gefunden babe, der Dotter in fllissigem Eiweiss fluctuirt, und erst mehr nach der Schale zu die Membransehichten liegen, welche dem Eiweiss eine festere Be- sehaffenheit geben. Die Entstehung der Chalazen endlich, eigen- thtimlicher membranSser Strlinge, bedarf keiner Erkli~rung, wenn die Eisweisshtillen ein Organismus sind. Dass Or~anismen wachsen und warum sie gerade so wachsen, wig es stattfindet, kSnnen wir iiberhaupt nieht erkliiren; w~ire aber das Eiweiss kein 0i~anismus, sondern ein nicht organisirtes Sekret, so wfire es eine vSllig nichts- sagende und sogar unzu]~tssige Erkliirung, die Chalazen als ,,Ge- rinnungsproducte" zu bezeichnen. Dass einzelne Theile einer Ei- weissliisung gerinnen sollen, wiihrend andere fltissig bleiben, ist eine der Erfahrung widersprechende Annahme. Sind die Be- dingungen der Gerinnung (Coagulation) in einer 600 R iiber- steigenden Temperatur oder gewissen chemische Actionen vorhanden, so erstreckt sich die Coagulation an{" die ganze Liisung; sind diese Bedingungen nicht vorhanden - - und wo ist irgend ein Grund, eine solche £ction hier zu vermuthen? - - so tritt sie gar nieht ein. Dass vollends aus einer ,,Gerinnung" mit solcher Regelm~issigkeit so bestimmt geformte Gebilde als die Chalazen entstehen solIten, ist eine so haltlose Voraussetzung, dass eine Theorie, die zu solchen Erkliirungen zwingt, m. A. n. schon dadm'ch sieh als eine irrige zeigt.

Endtich muss ich noch alas anfiihren, dass alle diese Erklitrungs- versuche allerdings abgezwungen werden, wenn man sich die Auf- gabe stellt, den Eihttllen ihren ffir den unbefangenen Beobachter so evidenten :Charakter tier Zugeh0rigkeit zum Ei zu nehmen, dass sie aber den letzten Halt verlieren, wenn man auch andere Eier als die der VSgel in Betracht zieht. Auch abgesehen yon den Reptilien-Eiern, ist z. B. das Ei yon Hel ix pomatla darin dem Vogel-Ei ganz analog, class es eine Kalkschale und darunter eine riehtige Faserhaut hat, und wo ist denn bei Hel i x ein dem Eileiter der VSgel iihnlieher Ban ?

Ferner haben, wie ich in der schon angefiihrteu Arbeit ,,Ueber nicht cellulitre Organisation" nachgewiesen habe, (lie eigenthiim- lichen Eiertrauben einer andern S c h n e c k e - des gewShnlichen Wellhorns, B~ce inum undatum - - zwar keine Kalkschale, aber aus

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Faserh~iuten.bestehende Schalen*), die bestimrat den Charakter einer Organisation zeigen. Die eoraplicirte Form dieser Eisehalen schliesst den Gedankeu einer mechanischen Entstehung voUst~indig aus. Dort sind auch die Structur-Verhiiltnisse der Eischalen yon Rain clavata - - dem in der Nordsee so h~tufigen Rochen - - er- 5rtert und abgebildet.**) Diese Schale besteht ebenfalls im Wesent- lichen aus einer Faserhaut, und wenn man die eigenthUraliche und m. W. allen Rochen and auch den Haifisehen eigenth~imliehe Ge- stalt der Eier betrachtet, so muss man den Gedanken, dass sie durch mechanische Ablagerung eines Secrets entstanden sein kSnne, als einen abenteuerlichen zurfickweisen. Die Eischale yon •a]a davata stellt n~imtich eine zieralich plattgedriickte, ann~thernd vier- eckige Tasche yon 50 rata. L~inge und 30 rata. Breite dar, deren Ecken in 25--28 ram. lange steife Zipfel oder H(Jrner in der Richtung des l~tngeren Durchraessers auslaufen. Ausserdem sind die Kanten dieser Tasche mit Ausnahme der Hiirner ringsura rait his 6 ram. breiten Fltigeln besetzt, welche nicht hohl sind, sondern nur aus Faserhaut bestehen.

Den Eihfilleu anderer Thiere als der VSgel ist bisher nur wenig Beachtung geschenkt. Ueberall wo ich dieselben untersuchte, land ich Structur, welche nur auf eine Organisation, welche An- kl~inge an den Typus der Hfillen des Vogel-Ei zeigt~ zurfickzu- fiihren ist. Mit solchea allgemeinen Beziehungen hat doch auch der Ornithologe zu rechnen.

Nach dera was Dr. K. ira Eingang des zweiten Theils seiner Arbeit mit grossera Reeht fiber die Bedeutung der Eischalen ftir die Systematik sagt, und bei dem Bedauern~ das er deshalb auf S. 321 dartlber ausspricht, dass er Eihiillen noch nieht viillig als integrirenden Theil des Keiras betrachten kSnne, daft ich ihn viel- leicht gar nicht ats entschiedenen Gegner betrachten und hoffen, dass er, wie e8 wenigstens raein Streben gewesen ist, eine wenn such entsehieden Bek~tmpfung einiger seiner Ansichten, als n u r d e r Sache geltend~ ffeundlichst betrachten wird.

Ich ra6chte nun noch Einiges nachholen, das in dera bis- herigen Gauge meiner Deductionen keinen rechten Platz land.

Auf die F~irbungen der Eischale im Altgemeinen gehe ich da- bei nicht weiter ein, als dass ich beraerke, wie~ sobald das ganze

*) a .a .O.S . 28 u.~. Abbildung Tar. I Fig. 5-9 u, Tar. II Fig. 10--14. **) a. a. 0. S. 26 u. ft. Abbildung Tar. I Fig, 4.

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Ei als ein zusammengehSriger Organismus betrachtet wird, alle diese in's Einzelne gehenden Erkliirungsversuche ihre'r Entstehuug iiberfiUssig sind; denn hie und nirgends ist man bei andern Or- ganismen der Aufgabe, die Ursache der Fiirbungen zu erklaren, ernstlich naher getreten, geschweige dess, dass man sie gelSst habe. Beim Ei fehlt es zun~chst noch sehr an der Vervollstiin- digung der thatsiichlichen Unterlagen, welche allein die weitere Ausdehnung der ja erst in den hnfiingen begriffenen mikroskopischen Untersuchung geeigneter Ditnnschliffe liefern kann. Leugnet man den organisirten Charakter der Eischale, so wird man allerdings auch hier zu Erkl~ruugsversuchen gedriingt. Die vorsichtige Weise, in welcher Dr. K. dieses Thema mit Recht behandelt, zeigt am besten, wie ungentigend bis jezt diese Versuche geblieben sin&

Was im Besondern die rSthlich gelbe Fiirbung der Eier be- trifit, welche die gewShnliche Henne, wenn sie yore Cochinchina- hahn getreten wird, legt, so kann ich der auf S. 319 angeftlhrten Beobachtung keine entscheidende Beweiskraft dagegen beilegen, dass sie durch die Befruchtung des Eies bewirkt werde.

Dass die Fiirbung der Eier allmiilig zugenommeu und nach der Trennung des Hubris yon dem Cochinchinahahn ,,liingere Zeit"*) allmiilig abnehmend fortgedauert haben soil, kann bei einer ver- einzelten Beobachtung leicht schon auf das wechselnde Vererbhngs- vermSgen m~innlicher Thiere je nach ihrem Kiirperzustande u. s. w., dessert grosser Einfluss auf die Producte jedem aufmerksamen Ztichter bekannt ist, zuriLckgefiihrt werden.

Dass die Henne, mit einem gewiihnlichen Hahn zusammenge- sperrt, noch nach Monaten hier und da ein gelblich gefRrbtes Ei gelegt habe, ftihrt Dr. K. mit lobenswerther Vorsicht unter der Be- merkung: ,,Wie mir versichert wird;" an; weist also damit schon die Verantwortung fiir die Richtigkeit ab. Das ist in solchen F~tllen am so iibler, wenn auch derjenige, welcher die Verantwor- tung tritgt, ungenannt bleibt. Waren die Thiere wirklich monate- lang derartig zusammen abgesperrt, dass keine anderweitige zu- fallige Vermischung m(iglich war? Schon darttber, welche Vor- sichtsmassregeln getroffen waren, um dieses auch gegeniiber et- waigen Nachl~tssigkeitea des Dienstpersonals zu sichern, miisste maa doch eine Angabe erwarten. Dann tritt die grosse Schwierig-

*) Ich bedaure darauf aufmerksam machen zu miissen~ dass ohne bestimmtere Angaben nach Tagen etc. solche Anfiihrungen eigentiich keine Beachtung beanspruchen k(innen,

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Betraeht. iib. d. Selectionstheorie v. Standpunkt d. 0ologie aus. 239

keit auf, dessen ganz sicher zu sein, dass die verwendeten ,,ge- wShnlichen" Hiihner oder H~thne vollkommen rein yon jeder Kreuzung mit einer Race gewesen sind, deren Eier gelbliche F~trbung haben. Ist dieses nicht der Fall gewesen, so erkl~iren sich die sp~iteren gef'~rbten Eier leicht als R~ickschl~ige. Solche wechselnd und spontan erscheinende Eierfttrbungen kommen in Zuchten, bei welchen einmal Cochinchina-Kreuzung stattgefunden hat, 5fter vor, und dass der so nahe liegenden Besorgniss einer solchen Tiiuschung und der um sic zu vermeiden angewandten Vorsicht in dem Bericht aberhaupt nicht gedacht wird, kann das Zutrauen, dass Veranlassung zu Rtickschl~tgen mit Erfolg ausgeschlossen wurde, nicht verstiirken.

Jedenfalls aber mSchte ich dagegen Einspruch erheben, dass etwas bis jetzt noch so Sagenhaftes, als die sogenannte Infection des Mutterthieres, d. h. die Nachwirkung fr~iherer Paarungen auf das Resultat spiiterer, zur Erkliirung herbeigezogen wird (S. 320). Das Wesen der Vererbung hat etwas so anziehend Geheimniss- volles, dass darauf bez~igliehe Meinungeu yon jeher eifrig aufge- griffen und weiter getragen sind. So wird vielfach yon der Miig- lichkeit dieser sogenannten Infection gesprochen, aber das ist ebenso wenig ein Beweis, als dass nach Dr. K. erfahrene Hunde- z~ichter diese Meinung theilen. Ueberall wo eompetente Beobachter die anscheinend gtinstigsten Gelegenheiten benutzt haben, um das Vorkommen solcher Infection zu constatiren, ist das Resultat ein negatives gewesen. So fiihrt schon Ammon (Handbuch der ge- sammten Gest~lts-Kunde, KSnigsberg 1833. Anm. z. S. 118) an, class im Trakehner Gesti~t diejenigen Staten, die fr~|her mit Esel- hengsten bedeckt, Maulthiere getragen hatten, bei Aufhebung des Maulthiergestats mit Pferdehengsten gedeckt seien, man a b e r k e i n e S p u r in d e n N a e h k o m m e n g e f u n d e n , w e l c h e a n die G e s t a l t des E s e l s e r i n n e r t habe . Ebenso fiihrt v. Nathusius-Huadisburg in seinen ,,Vortr~igen ~iber Viehzucht und Rassenkenntniss S. 134 u. ft. an, dass er bei zahlreichen besonders auf diesen Punkt gerichteten Beobachtungen, wo Infection zu er- warten gewesen ware - - bei Sehafen allein iiber t000 notirte Fiille auch nicht einen einzigen Fall yon eingetretcner Infection habe finden k5nnen, and schliesst die ErSrterung mit dem Ausspruch: ,,Nach atle dem ist es unzweifelhaft, dass die sogenannte Infection der Mutter eine gesetzliche Erscheinung nicht ist. Kommen in der That solche Fiille vor, dann sind es Ausnahmen und zwar sehr seltene Ausnahmem"

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Sehr bezeichnend fttr diese Saehlage ist, dass auch Dr. K. den schon so oft hierf~ir angeffihrten Fall der mit einem Quaggahengst gedeckt gewesenen VoUblutstute, deren sp~tere F~illen yon einern schwarzen arabischen Hengst sogenannte Wolfsstreifen, d.h. dunkle Querb~tnder aa den Extremitaten, gezeigt haben, anftihrt. Die Thatsaehe ist unbestritten; die Abbildungen dieser Fallen sind so- gar publicirt, trotzdern beweist sie, da sie g~inzlich vereinzelt da- steht, sogut wie gar Nichts, denn diese F~trbung ist wie der soge- nannte Aalstrich und sogar der Schulterstrich etwas bei Pferden hRufig Vorkomrnendes. Amrnon sagt a. a. 0. S. 110: ,,Es ist merk- wttrdig, dass Pferde arabischer und der bessern orientalischen Racen eine Niiancirung von Falb rnit einem schwarzen Strich ~iber dem Kreuz, auch wohl ein Kreuz ~iber dem WiderrUst, wie man es bei Eseln finder, so auch die Wolfsstreifen urn die Fasse gerne fortpflanzen q " . Wie nahe liegt es nun, dass der arabisehe Hengst die Wolfsstreifen seiuer Nachkomrnen veran]asst hat, und der Quagga- hengst an diesem Farbenspiel sehr unschuldig gewesen ist. Das Merkwardigste an der Sache scheint mir zu sein, dass Darwin - - wie ich nach Dr. K's. Citat annehrnen muss - - diesem Fall eine Bedeutung i'tir die ,,Infection" beilegt, obgleich er seine Meinung, dass sammtliche Pferdeformen yon einer gerneinsarnen zebraartig gestreiften Starnm- ibrrn abstamrnen sollen, darauf st{itzt, d a s s be i i h n e n a l l e n W o l f s s t r e i f e n l e d i g l i c h a l s F o l g e yon R f i c k s c h l a g e n v o r k o m m e n . Jedenfalls kann man doch ein hSchstens ganz sin- gulares und ausnahmsweises Vorkommen nicht als Erkl~trung einer so constanten Wirkung, als die der Befruchtung auf die F~trbang der Eischale, verwenden.

Wie Dr. K. auf S. 320 hierbei die Ver~nderung der Farbe yon Aepfeln durch Befruchtung rnit dern Pollen einer anders gef~rbten Sorte zur Sttitze s e i n e r Auffassung heranziehen kann, verstehe ich nieht. Der Fall liegt ja vollst~tndig anders. Die Beziehungen der Frucht zu dem Saamen sind doch sehr viel engere, als die des Eies zurn Eileiter. Erstere bilden zusammen e in e n 0rganismus. Zwischen letzteren besteht gar kein organischer Zasammenhang. Der Fruchtknoten entwickelt sich zur Frucht nur in Folge der Befruchtung des ovulum, das in engster organischer Verbindung mit ihrn steht. Entwickelt er sich ~iberhaapt nur durch (lie Be- fruehtung, so ist es doch naheliegend, dass die Art der Befruch- tung auch auf die Art seiner Entwicklung yon Einfluss sein kann. Hiermit kann rnau doch die nur ~usserlichen Beziehungen~ welche

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zwischen Ei und Eileiter stattfinden~ in keinen Vergleich stellen. Wie verschieden die Sache liegt, ergiebt sich noch daraus, class bekanntlich auch unbefruehtete Eier, w~brend sie den Eileiter pas- siren, normale Hfillen erhalten. Hiitte die Befruchtung einen so tiefgehenden Einfiuss auf die Functionen des Eileiters, dass sogar der Unterschied, der zwisehen dem Sperma eines Cochinchinahahns und dem eines gewShnlichen Hahns ist, dieselbe wesentlich beein- flusste, und hinge yon dieser Function morphologisch die Bildung der EihUllen ab, so kSnnte die unbefruchtete Henne nicht Eier legen, die zwar unfruchtbar, aber im Uebrigen normal sind.

Ieh behaupte ja eben, dass Dotter, Eiweis und Schale ebenso ~ohl e in zusammen gehOriger und zusammen erwachsener Or- ganismus sind, als dieses bei den einzelnen Bestandtheilen der Frucht des Apfels stattfindet, und Dr. K. bestreitet dieses und halt Eiweiss und Schale ffir dem Ei nur ~usserlich angefttgte Acces- sorien. Dass das Ei bis zur Entwicklung der Keimhaut ein ein- zelliger, die Frucht des Apfels schon ein vielzelliger Organismus geworden ist, macht hierin ebenso wenig einen wesenttichen Unter- schied, als dadureh, dass Dr. K. das Wort ,,Hfille" bei beiden an- wendet, der wesentliche Unterschied aufgehoben werden wfirde, w e n n die Eihtillen wirklich nut in mechaniseher Verbindung mit ihrem Inhalt standen. Es w~ire derselbe Unterschied, wie er far uns zwischen unsrer Haut und einem Rock besteht, so ktlnstlich ihn uns der Schneider auch angepasst haben mag.

Des m. A. n. starksten Arguments ffir den accessorischen Cha- rakter der EihUllen erwfiJant Dr. K. nicht. Ich scheue nicht, das- selbe meinerseits zur Sprache zu bringen. Es ist das Vorkommen ganz fremdartiger KSrper, - - man erwiihnt sogar kleiner eiserner Nagel und dgl. - - in ganz normal scheinenden H~thner-Eiern. Ich babe selbst keinen solchen Fall beobachtet, finde die Sache aber doch 5fter und zwar in einer Weise angeffihrt, welche besonderes Miss- trauen nicht erweckt. Zudem dttrfte die MSgliehkeit des Vorhanden- seins yon Pilzsporen im Ei aus dem Auftreten ihrer Mycetien beim Ftiulnissprocess nicht wohl bezweifelt werden kSnnen. Es erscheint dieses allerdings namentlich beziiglich der I~"agel und ahnlicher KSrper sehr auffiillig. Indess dfirfte doch nahere Ueberlegung er- geben, dass sogar letztere sehr wohl, wenn sie zufiillig in den Ei- leiter gelangt sind - - fiber die Miiglichkeit solcher Zufalligkeiten mSchte ich reich eines Urtheils enthalten - - in die noch weiche Eiweisshtllle~ die ihre Schale noch nicht gebildet hat, mechanisch

Cab. Joarn. f Oraith. XXV1L Jahrg. No. 147. JalL 1879. 16

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durch Druck eindringen kannen. Das Bemerkenswerthe dtirfte ledig- lich das sein, dass diese Gewebe so heilungsfahig sind, dass sie den fremden Karper einkapseln und ihren Entwicktungsgang ohne wesentliche Starung vollenden kannen; das hat doch aber nichts Unbegreifliehes oder auch nur Unwahrscheinliches bei der Wachs- thumsenergie dieser Gewebe, die sich in der so schnellen Ent- wicklung der Eihtfilen zeigt, und bei der bekannten grossen Re- productionsfithigkeit primitiver Gewebe im Allgemeiuen. Gewiss wiirde es aber you Iuteresse sein, bei solchen Vorkommnissen die Structur der den fremden Karper umgebenden Eiweissschichten nach der yon mir zur Feststellung ihrer normalen Structur angewandten M e t h o d e - Fertigung m~tssig feiner Schnitte yon dem hart ge- kochten Fiweiss and Beobachtung derselben in Glycerin bei durch- fatlendem Lichte und m~tssig starker Vergr6sserung*) --~ zu unter- suehen.

Die grtindliche Eriirterung der Natur der Eihtillen i~t durch die grosse Tragweite, welche sie for viele histiologische Fragen hat, gerechtfertigt. Hier gehe ich zunachst auf die Beziehungen zu der Haeckel'schen Behauptung ein, dass die Keimesentwieklung (Ontogenese) eine ,Urkunde" ftir die Stammesentwicklung (Phylo- genese) sei. Es ist alterdings so einleuchtend, dass ein Vogel im Eizustande, also mit Kalkschale und ohne jedes Mittel der Loco- motion unfahig gewesen ware, wahrend der ,,Aeonen", welche i'~ir die Stammesentwicklung in Anspruch genommen werden, als selbst- standiges Wesen sich zu ernahren und seine Art zu reproduciren, class Haeckel selbst schon die Eihtillen als ein Product tier ,,Fal- schung" der Keimesgeschichte anfiihrt. Wie namtich die Selections- theorie immer eine gewisse reservatio mentalis hat, um sich zu helfen, wenn die That~achen ihren Axiomen zu sehr in die Quere kommen, so wird, obgleich die Keimesgeschichte nur ein Auszug tier Stammesgeschichte sein soll, doch auch das Hinzukommen neuer Momente statuirt, und das ist dann F~ilschung. Ominases Wort! Man m6chte es fast naiv nennen, wenn man an His und Semper's n~there Untersuchung yon Haeckel's entwicklungsgeschichtlichen Ab- bildungen denkt. D i e s e Falschung soil abet tier Keim selbst be- wirken, indem er sich den Bedingungen des Embryonalzustandes anpasst. Warum passt er sich denn iiberhaupt dem unbequemen Embryonalzustand, der ihn zu diesen Falschungeu erst zwingt, an,

*) Zeitschr. f. w. Zool, 8d. XVIII S, 257 u. tL

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wenn er friiher doch so viel bequemer und angenehmer existiren konnte? Aber mit Schale und Eiweiss ist es doch allein nicht ge- than. huch das tibrige Ei wird sich doch den gegen frtiher so verschiedenen Bedingungen seines jetzigen Embryona]zustandes an- gepasst haben, und diese Anpassung mit ihren Correlationen kann doch nicht einflusslos auf die sp/itere Phylogenese sein.

Demnach ist es durehaus inconsequent und widersinnig, wenn Haeckel (Popullire Vortr/ige 2. Heft S. 93 uad 94) diese ,,f/ilschungs- geschichtlichen Thatsachen" nur als E i n s c h a 1 t u n g e n in die Phy- logenese betrachtet. Wie wiire es denu denkbar, dass sich ein Wesen e b e n so entwicke]n sollte, nachdem es sich dem jetzigen Embryonalleben i~ jeder Beziehang h~tte anpassen mtissen, als wenn es nicht durch diese Anpassung gegangen witre? Haeckel daft also seine Phylogenese nicht so construirea, dass er die ,,F/ilschungs- geschiehtlichen Einschaltungen", z. B. die Eihlillen, einfach streicht, und far den Vogel auch ohne den jetzigen Embryonalzustand die jetzige Weiterentwicklung beibehiilt. Er mttsste, wenn man den Anspruch an eine verntinftige Schlussfolgerung tiberhaupt an ihn stellen diirfte, zugeben, dass seine aus der Ontogenese entwickelten Stammb~iume schon da enden, wo das Ei sich mit einer es ab- schliessenden Hfille umgiebt, wo sie dann freilich ziemlieh kurz und bedeutungslos werden. Der jetzige Vogel ware dann blos eine ,Falschung". Es ist doch aber ein sonderbares Ding, wenn das Beobachtete - - die Ontogenese - - mit dem Vermutheten - - d e r Phylogenese - - nicht stimmt, dann die erstere aIs gef/ilseht zu betrachten. FrUher hiitte Jedermann unbedenklich in einem solchen Falle die Vermuthung als einfach falsch bezeichnet.

Dr. K. verh/ilt sich der Haeckel'schen Biogenese gegeniiber mehr referirend, das eben Gesagte ist also um so weniger gegen ihn gerichtet, als er die Zugehi~rigkeit der Eihtillen zum Ei ja iiberhaupt leugnet, was Haeekel nicht zu thun scheint. Der Paral- lelismus yon Ontogenese und Phylogenese ist abet doch fiir so Viele ein wesentlicher Theil der Darwinischen Anschauungen ge- worden, dass ich ihn mit in Betrachtung ziehen durfte.

Mit der eigenttichen Selectionstheorie, d. h. mit der Transmu- tation der Organismen durch Ueberbleiben des Zweckmiissigeren im Kampf um das Dasein, hat sich dagegen Dr. K. ausdriicklieh einverstanden erkl~irt. Ich erlaube mir nun die Frage - - und diese gilt ebensowohl gegenUber der Annahme, dass die Schale yore Eileiter herriihre - - durch welchen Kampf um's Dasein vor-

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l~tufig yon der F~rbung abgesehen, diese feine, ebenso mannich- faltige, als charakteristische innere Structur der Eischale herbei- gef[ihrt sein soU? Auf das weitere Gedeihen des einmal ausge- schlUpften VSgelchens ist sie doeh ohne jeden Einituss und ebenso wenig ist ein solcher witbrend der Bebrtitung und w~ihrend des Durehganges dureh den Eileiter denkbar. Es handett sich hier n~imlich um die Form und Zahl der Mamm~llen, um die fiir die verschiedenen Familien so sehr charakteristische GrSsse der nicht verkalkten KSrperchen, welche, in die Sehale eingebettet, deren Undurchsichtigkeit bewirken, ferner um die Vertheilung tier letzteren in der Schale, die theilweise auf ihrem Gefiige beruht und dadurch die so sehr versehiedenen und charakteristischen Bilder der Schliffe bei durchfallendem Lichte bewirkt. Wo ist yon alle diesem ein solcher Einfluss aaf die grSssere Fiihigkeit des ausge- sehlUpften jungen VSgelchens zum ,,Kampf um das Dasein" denk- bar ? Wie ki~nnte also dieser Kampf auf die Structur der Eischale zur~ickwirken ?

Mein verehrter Gegner wird auf die ,,Correlation" hinweisen. Das ist nun wieder ein ]~all, wo der Darwinist, nach dem er erst ein bestimmtes Princip - - Selection durch den Kampf um's Dasein aus der unbegrenzten Transmutation - - statuirt hat, da wo die Thatsachen dieses Princip als nichtig erweisen, gleich wieder einen Lackenbiisser zur Hand hat. Ein allgemeiner Zusammen- hang der ganzen SchSpfung auf einem P l a n beruhend, dessert Motive uns im Einzelnen vielfach unerkenabar bleiben, das ist die Correlation, welche l~ngst vor Darwin anerkannt war. Wenn aber der Darwinist dutch Statuirung der Correlation einriiumen muss~ dass in vielen Fallen sein eigenthiimlicher Erkl~trungsgrund nicht ausreicht, woher will er denn wissen, dass nicht auch in den F:,illen, wo sein eigentlicher Grund ibm auszureichen s ch e i n t , es sich nicht doch um blosse Correlation zu einem noch unbekannten Verh~tltniss handelt? Die Correlation ist ein so weites und viel umfassendes Motiv, dass es ganz unm0glich sein wird, in einem gegebenen Falle nachzuweisen, dass sie nicht die alleia gentigende Ursache gewesen sei. Wenn z. B. Darwin behauptet, der vollbe- haarte Pferdeschweifhabe sich durch einen Kampf um das Dasein bei sch~digendem Ungeziefer aus dem dtirftiger behaarten Esels- schweif entwickelt, so kann man ibm einfach erwidern: Du irrst, denn der stiirkere Haarwuchs ist das nothwendige Correlat eines tiefer im Orgaaismus begriindeten Verh~tltnisses. Dann steht ein-

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Betracht. lib. d. Setectionstbeorie v. Standpunkt d. Oologie aus. 245

fach Behauptung ge~en Behauptung, und was man fiir Wissenschaft ausgeben will, ist lediglich eine Frage der M e i n u n g geworden.

Will ich nun beziiglich der Fiirbungen der Vogel-Eier und ihrer Veranlassung den Scharfsinn und die Sorgfalt gern aner- kennen, mit welcher Dr. K. die fr~iher yon Seidlitz ausgesprochenen Meinungen im Speciellen durchzuftihren sucht, und namenflich die Gewissenhaftigkeit, mit welcher er die Ausnahmen yon dem, was er als Regel betrachtet, selbst hervorhebt, so darf ich doch aus- sprechen, dass dabei eine solche Menge yon Nebengrtinden als ,,wahrscheinlich", als ,,wohl meist" wirksam, als ,,mit wenig Aus- nahmen" ,,entweder oder" und dgl. qualificirt werden, dass schoa das Alles sebr auf das Gebiet der Meinung iibergeht; und doeh muss er als letztes ttUlfsmittel zur , , c o r r e l a t i v e n Abh~tng ig - k e i t yon irgead einem andern an sich niitzlichen Ausrastungs- merkma] des miitterliehen Organismus" greifen (S. 336). Nun, w e n n das ein zul~issiger Erkllirungsgrund ist, wozu denn dieser Aufwand yon sich durchkreuzenden Vermuthungen w o e s einen Jeden freisteht, andere Vermuthungen fiir wahrscheinlicher oder far weniger unwahrscheinlich oder far mSglicherweise zutreffen- der, oder wie man sonst die verschiedenen Grade der Zweifel- haftigkeit ausdrticken will, zu erkl~iren. Die correlative Ab- hitngigkeit voa irgend einem andern Umstand geniigt ja voll- stRndig, A l l e s zu erkl~iren, was angefiihrt wird oder sich irgend- wie mit Recht oder aueh mit Unreeht anfCihren liesse, und auf irgend einen B e w e i s muss ja bei dieser Behandlung der Sache yon vornherein verzichtet werden. Das ist - - ich glaube es aus- spreehen zu dtirfen, weil es ja keine Person, sondern eine jetzt leider sehr verbreitete Richtung trifft - - gar keine W i s s e n- s c h a f t mehr. Hier gilt die alte Berliner Redensart: ,,Es kann sin - - es kann sin ooch nich."

Auf ein nach meiner Auffassung fruchtbringenderes Thema bin ich genSthigt niiher einzugehen, weil Dr. K. auf S. 323 u. 324, so wohlwollend er sich auch iiber racine Eischalen-Untersuchungen ausspricht, doch den ftir die Speciesfrage wichtigsten Theil in einer Weise erwiihnt, welche missverstiindlich erscheint. Wer das dort Gesagte liest und sich meiner frither in d. Zeitschr. publicirten Arbeiten, die nicht einmal citirt werden, nicht erinnert, muss an- aebmen, dass ich an KrRhen-Eiern zweifelhaften Ursprungs Beweise ftlr Species-Kennzeichen gesucht babe. Ieh darf also wohl kurz die fr~iheren Resultate resiimiren, indem ich fiir die Einzelnheiten

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und die n~ihere Erliiuterung auf diese friiheren Publicationen ver- weise. In Nr. 112 v. 1871 d Zeitschrift sind iblgende Zahlen als GrSsse in [] Millim. des Durchschnittes der nach einem bestimmten Princip ausgesuchten 12 grSssten Mammillenquerschnitte eines Pr~tparats angeftihrt.

Bei JDromaeus Novae Holtandiae 0,0021. ,, Casuarius galeatus 0,0078.

Da es sich hierbei um Speciesunterschied nicht handelte, sondern nur um den Nachweis der grossen Abweichung, welche sonst so ahnliche und verwandte Eier in diesen Dimensionen zeigen, ist damals nicht angeffihrt, dass dieses bei Dromaeus das ~iberein- stimmende Resultat you 2 Eiern ist.

Bei C~gnus musicus 1. Ei 0,035. ,, ,, ,, 2. ,, 0,033. ,, ,, ,, 3. ,, 0,032. ,, ,, pluto~ius 1. ,, 0,023. ,, ,, ,, 2. ,, 0,021. ,, ,, olor 1. ,, 0,027. ,, ,, ,, 2. ,, 0,024.

,, ,, ,, 3. ,, 0,023. Hierbei wurde natiirlieh hervorgehoben, dass bei C. pluto~d,s

und olor die Unterschiede gegeniiber der Fehlergrenze der Be- stimmungsmethode zu geriug sind, um in die s e m Falle h i e r - d ur c h einen Speciesuntersehied nachweisen zu kSnnen.

Bei der Hausgans zwischeu 0,024--0,021. ,, Anser cinereus 0,023. ,, ,, segetum zwischen 0,015--0,0145.

Anas boschas und die Hauseate gebeu iibereinstimmende Re- suttate, sie sind nicht weiter mitgetheilt, da auch andere Wildenten mit beiden tibereinstimmen, also kein besonders Interesse sich an dieselben kmipfte. Vom Haushuhu wird berichtet, dass ein Cochin- china, eine Baatam-Zwergform, ein Doppel-Ei und sogar ein kleines Spur-El des gew5hnlichen Haushuhns iibereinstimmende Dimen- sionen der Mammillenquerschnitte zeigten. In. Nr. 119 v. 1872 d. Zeitschr. konntc ergiinzeud berichtet werden, dass noch 5 Eier von verschiedenen domesticirten Varietateu und ausserdem Gallus

bankiva und G. Sonnerati, die ich der GUte Dr. Sclater's verdankte, unter sich uud mit deu frtiher untersuchten befi'iedigend iiber- einstimmten.

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Betracht. fib. d. Selectionstheorie v. Standpunkt d. Oologie aus. 247

Folgen die, weil Darwin so grosses Gewieht auf ihre Variation gelegt hat, besonders interessanten Tauben:

C. tur tur 0,0074--0,0072. ,, palumbus 0,0098--0,0083. ,, oe~as 0,012~0.011. ,, Z~vla f e ra 0,014--0,013. Die Haustauben: MSvchen 0,013.

Feldtaube 1. Ei 0,014. Dieselbe 2. Ei 0,011.

2. Pr~iparat dessetben Eis 0,014. KrSpfer 0,014.

Hierbei ist gleich auf die Differenz zweier Priiparate von dem- selben Ei verwiesen. Sie ist leicht erkliirlieh, weil jedes Pr~iparat nur einen so kleinen Theil der Schale enth/iIt, dass die geringste Unregelmiissigkeit der Bildung stSrend wirkt, abet deshalb dth'fe man nicht vergessen, dass die Fehlergrenze dieser Zahlen eine ziemlich weite ist.

Uebrigens ist sp~iterin Nr. 119 v. 1872 d. Zeitchr. noch hinzu- geffigt, dass noch zwei Eier von domesticirten Formen (blauer Pfaffe und schwarze Trommeltaube) ~ihnliche Uebereinstimmung mit der wilden Stammform ergeben haben.

Dass bei Cicon~a alba und C. nlqra im Durehschnitt tier Messungen sich zwar ein specifiseher Untersehied herauszustellen scheint, die Fehlergrenzen aber wegen der unregelm~tssigen Form der Mammillen sehr weite sind, ist auch nicht verschwiegen.

In Nr. 119 v. I872 sind ferner noch folgende Zahlen mitgetheilt: Perdix c~nerea 1. Ei

,, ,~ 2 . ?,

,, petrosa n u r l Ei ,, rubra 1. ,,

Phasfanus colchfcus 1. ,~

,$ , , 2o ~I

~, , , 3o ,2

, nycthemerus l. ,,

2. Pritparat desselben Phasianus nycthemerus 2. ,,

, pictus 1. ,

, , ,, 2 . , ,

, torquatus nur ein Ei

0,0058. 0,0059. 0,0103. 0,0112. 0,0107. 0,0043. 0,0048. 0,0048. 0,0078. 0,0075. 0,0082. 0,0055. 0,0060' 0,0069.

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248 W. v. N a t h u s i u s :

Wenn Dr. K. sich mit diesen Zahlenreihen und dem sonst Mitgetheilten dadurch abfinden zu kiinnen glaubt, dass er sagt: er kSnne sich wegen der nicht ganz unverd~tchtigen Rolle, welche gewisse, zum Theil hypothetisehe B a s t a r d-Eier bei den in Nr. 125 v. 1874 d. Zeitschr. publicirten Untersuchungen spielen, yon der speciellen Zuverliissigkeit des yon mir hervorgehobenen Speeiesunter- schiedes nicht ttberzeugen, so kann ich eine Berechtigung hierzu nicht anerkennen, indem vorstehende Zahlenreihen, in welchen es sich nicht um Bastard-Eier handelt, ergeben, dass ich die Bedeutung dieses Species-Charakters eben nicht den Kr~ihen entnommen habe, sondern zu ihrer Untersuchung erst gekommen bin, nachdem diese specifische Bedeutung schon m. A. n. festgesteIIt war. Will Dr. K. die- selbe bestreiteu, so mag er diese Zahlenreihen kritisiren oder die Sache an eigenen Priiparaten prtifen, start in so missverstiindlicher und unzutreffender Weise auf die Kr~then-Bastarde hinzudeuten.

Uebrigens kann ich doch auch nicht zugeben, dass die an den Kri~hen-Eiern erhaItenen Resultate so nichtssagend sind. Ieh muss in dieser Beziehung auf die ausffihrlichen Eriirterungen in Nr. 125 v. 1874 d. Zeitschr. verweisen, wo auf S. 17 ausdr0cklich ausge- sprochen ist, dass d i e s e Untersuchungen alleinstehend, allerdings den Nachweis, dass die Dimensionen der Mammillenquersehnitte e inder Variation nicht unterliegender speeifischer Charakter seien, wegen der dutch die h~iufige Bastardizing yon corone und cornix

entstehenden Uebergiinge nicht ergeben kiinnten, dass ich diesen jedoch in den f r t i h e r e n hrbeiten geliefert zu haben glaube. Demnaeh glaube ich sachlich bereehtigt zu sein, dabei zu beharren, dass in diesem Structurverhiiltniss der inneren Sehalenfl~iche ein Speciescharakter vorliegt, dessen Constanz in zahlreichen F~illen dutch Untersuchung mehrerer Eier derselben Art erwiesen ist, und bei welchem eine Veriinderung durch Variation und Domestication his jetzt in keinem Falle nachzuweisen war. Vergebtich habe ich dieses versucht beim l:Iaushuhn, bei der Ente, der Taube und neuerdings auch beim Pfau. Besonders bemerkenswerth ist, dass auch die Teratologie ihn wenigstens h.~tufig nicht zu bertthren scheint, wie Doppel-Eier yon Gans und ttuhn und Spur-Ei vom letzteren ergeben hat.

Allerdings kommen FiiUe vor, wo unzweifelhafte Species einen Unterschied hierin wenigstens nicht erkennen lassen, indessen giebt es, soviel mir bekannt, ttberhaupt keinen Speciescharakter, bei welchem dieses nicht vork~ime. Sehlimmer ist, dass es sich um

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Betracht. rib. d. Seleetionstheorie v. Standpunkt d. Oologie aus. 249

ein Yerh~ltniss handelt, das naeh der Form seines Auftretens auch bei dem einzelnen Individuum nur nach D u r c h s c h n i t t s - z a h l e n bestimmt zu formuliren ist, und fiir diese Zahlen das Bestehen einer verh~iltnissmiissig betr~chtlichen Fehlergrenze zuge- geben werden muss. Es kSnnen Pr~tparate von demselben Ei-Indi- viduum bis auf 15% yon einander abweichen, wie ieh bei den Untersuchungen der Kr~ihen-Eier, wo yon 7 Eiern doppelte Pritpa- rate gefertigt wurden, nachgewiesen habe. Dieses sind zwar Aus- nahmen, und sehon wenn man yon 2 Priiparaten den Durehschnitt nimmt, ist die Fehlergrenze um die Hiilfte verengert und kSnnte dieses in wlchtigen F~illen noch mehr geschehelJ, wenn man 3 und 4 Schliffe pr~iparirte; immer geht aber hieraus hervor, dass das Kriterium nur da mit Sicherheit angewendet werden kann, w o e ro h e b l i c h e Unterschiede zwischen den zu vergleichenden Eiern sind. Indess handelt es sich ja auch gar nicht darum, iiberall und immer nach d ie s e m Kriterium die Speciesunterschiede f'estzu- steIlen, sondern es gilt m. A. 2. zun~ichst, die Frage zu ent- scheiden: oh, wie Darwin behauptet, u n v e r ~i n d e r I i c h e S p e c i e s- u n t e r s e h i e d e f i b e r h a u p t n i c h t b e s t e h e n , also die Species iiberhaupt ein halt]oser Begriff ist. Soweit sich auch nur in einzelnen F~illen die Festigkeit eines Speciescharakters, trotz da- neben stattfindender starkerVariatio~, in den tibrigen Eigenschaften nachweisen l~sst, ist seiner Auffassung die Basis genommen. Frtiher schon ist die so ausserordentlich constante Form des ganzen Gebisses und der einzelnen Z~ihne bei den S~iugern, z. B. bei der in andern Punkten so weit gehenden Variation der Hunde, gegen ihn geltend gemacht. Er soll darauf erwidert haben, dass das Gebiss der Hausthiere deshalb nicht variire, weil der Ziichter kein Interesse dabei gehabt h~ttte, es durch Zuchtwahl zu modificiren. Allerdings hat der ZUchter auch kein Interesse daran gehabt, die Dimensionen der Mammillen der inneren Schalenfl~tche zu modifi- ciren; da sie aber ebenso wenig dem direeten Einfluss der natiir- lichen Zuchtwahl unterworfen sein kiinnen, indem hierin gar kein teIeologisches Moment denkbar ist, kann ihre wesentliche Ver- schiedenheit bei verschiedenen Species Seitens des Darwinismus, wie schon angefiihrt wurde, nur auf Correlation zurtickgeftthrt werden. Unterlitgen sie abet den Einfl~issen der Correlation bei denjenigen Ver~tnderungen, welche die nattirliche Selection im ltbrigen Organismus bewirkt, so miissten sic demselben Einfluss

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250 W. v. Nath~ l s ius :

auch bei den Veriinderungen, welche die Auswahl etc. des Zfichters verursacht, unterliegen.

Unter den yon m~r untersuchten Eiern sind die der Tauben urn deshalb besonders interessant, weil sich Darwin so ganz besonders auf seine Beobacbtungen und Versuche an Haustauben und deren wilder Stammform (C. llvia) stiitzt und behauptet, dass die frtiher als specifisch betrachteten Verh/iltnisse, z. B. Sch~tdel- und Schnabel- form, bei den geziihmten Variet~itea unter sich und gegen die wilde C. [ivia welt grSssere Verschiedenheiten zeigten, als zwisehen letzteren und den tibrigen Taubenspecies best~nden.

Die schon auf S. 247. nach meiner friiheren Arbeit angeffihrtc, Zahlen erledigen die Frage gerade bezfiglich der Tauben nocb nicht to vollstiindig, als ich gewfinscht hStte. Die Fehlergrenze ist bei solchen Bestimmungen um so grSsser, als die Mammillen kiirzer und stumpfer sind, und class letzteres bei den Tauben der Fall ist, zeigen die Querschliffe der Sehale. Die mitgetheilten Zahlen ergeben auch in einem Falle, wie gross ihre Versehieden- heit bei zwei Pr~paraten von demselben Ei sein kann. Zu einer noch- maligen Bearbeitung der Taube~, die allerdings erst zeigen wfirde, wie weit diese Schwierigkeiten bei mehr Uebung zu tiberwinden sind, denn gerade diese Pritparate und Zeicbnungen geh~iren der Zeit an, wo sich die Methods erst entwickelte, habe ich leider die Musse nicht finden k6nnen; immer aber ergeben schen diese Zahlen das Resul- tat, dass die Unterschiede zwisehen C. t a r t a r und G. palu~bus einerseits and C. livia und ihren Variet~iten andererseits bedeutend ausserhalb der Grenzen tier mSglichen Beobaehtungsfehler liegen, and viel erheblicher sind, als zwischen den abweichendsten Formen yon C. livla unter sicb. Dass die Variation diese Verh/tltnisse nicht ver/tndert, hat fibrigens auch die zahlreiche und sehr be- fi'iedigend iibereinstimmende Reihe tier Htihner gezeigt, wie schon erwiihnt wurde.

Mit gtinstigerem Auge betrachtct Dr. K. die Versuche, in ~mderweitigen Verhiiltnissen der Schaleostructur eine systematische Bedeutung zu findel b was ich nur dankbarst acceptire, dabei aber die Gelegcnheit beuutzen kann, in weiteren ornithologischen Kreisen an diese Bedcutung wieder za eriunern~ indem ich anftihre, dass ich in der yon Dr. K. citirten Arbeit: Abgrenzung der Ordnung der Oscinen yon den Clamatoren, Scansoren und Columbiden (Zeitsehr. f. wissensch. Zool. 1878) auch in der anscheinend so einfachen und wenig charakteristischen Schalenstructur der Oseinen-

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Betracht. iib. d. Selectionstheorie v. Standpunkt d. OoIogic aus. 25I

Eier den unterscheidenden Typus derselben dargelegt zu baben glaube, und ausserdem noch einiges andere bier Eiuschlagende er- w~thnen konnte. Wie scharf die Zugehiirigkeit des Eies dutch ge- wisse Structurverh~tltnisse bezeichnet werden kann, davon ist mir seitdem ein Fall vorgekommen, welchen ich gegentlber dem Miss- trauen, alas diesen Untersuchungen noch mehrfach zu begegnen scheint, wohl berichten daft, obgleich er sonst kein besonderes Interesse hiitte.

In hiesiger Gegend war ein Ei unter Umst~inden gefunden, die seinen Ursprung sehr zweifelhaft erscheinen liessen. Es wurde mir in ausgeblasenem Zustande zugeschickt, aber dureh unvor- sichtigen Transport so vollstitndig zertrfimmert, dass es in nur einige Millimeter grossen Fragmenten ankara. Aueh ein gefibter Oologe wfirde denselben schwerlich etwas Entscheidendes haben entnehmen kSnnen. Weil reich die Schwierigkeit der Sache reizte, machte ich einen Tangentialschliffvon einem der grSsseren Stiickchen und ergab derselbe sofort, dasses sich um einen Tagraubvogel handelte, was ein RadiaIschliff des Weiteren best~ttigte, and war es nun leicht, aus dem Fundorte das Ei auf Circus zurfiekzu- fiihren.

Dr. K. fiihrt auf S. 325 Bd. 6 der Zeitschr. an, dass nieht alleiu zuweilen in ether Gruppe systematiseh untrennbarer VSgel die Eier einzelner Genera, resp. Species, ganz ausserordentlich yon dem typischen Charakter abweiehen, sondera umgekehrt mitunter die Eier yon VSgeln, weIche durchaus nicht in niiheren verwandt- schaftlichen Beziehungen stehen, eine sehr augenfiillige Ueberein- stimmung gewisser ~tusserer Merkmale zeigen. Er unterlegt denen, welche an die Unver~inderlichkeit der hrten glaube~, miiglichst sonderbar klingende Erklitruugsgrfinde ftir diese angeblichen That- sachen, und will sie dann vom Standpunkte der Seiectionstheorie in befriedigender Weise erkliiren.

Aber ich muss die Wirklichkeit dieser Thatsachen zuniichst und bis dahin bestreiten, we die Fiille genannt sb~d, wo diese Incongruen- zen vorkommen sollen. Mir i s t be t m e i n e n doch nach ge- f a d e z i e m l i c h u m f a n g r e i c h e n U n t e r s u c h u n g e n k e i n e i n z i g e r F a l l v o r g e k o m m e n , a u f w e l c h e n o b i g e An- f f i h r u n g e n p a s s t e n ! FSlle, welche zu ether Kritik der bis- herigen Systematik aufforderI~, finden sich allerdings. Ich werde sie weiterhin s~immtlich anffihren. Solche F~ille, wo ein ~tusser- licher, triigeriscber $chein mangels ether Unter~cucl~u~g der v¢ ir k-

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252 W. v. N a t h u s i u s :

l i c h e n Structur zu solchen irrigen Ansichten Anlass geben kann, sind mir auch vorgekommen. So scheinen Perd[z rubra und P. petroaa Yon P. c~ne~ea in Kern und F/irbung wesentlich abzuweichen, die wirkliche Structur ist aber durchaus fiberein- stimmend.

In der schon erw/ihnten Arbeit tiber die typische Structur der Oscinen (Zeitschr. f. wissensch. Zool. 1878) ist berichtet, (lass ich yon Dr. Rey einige Eisehalenfragmente yon SteatornH ca~'ipenaH mit tier Bemerkunz erhielt, (lass der itussere Habitus des Eies so wesentliche Unterschiede y o n Caprimul.qus zeige, dass eine n/ihere Untersuchung erwiinscht sei. Diese letztere ergab denn aber veil- st/indite Uebereinstimmun~ beider aueh bei solchen Structurver. hi~ltnissen, in welchen Caprlmu[gus y o n andern Clamatoren ab- weicht, ob~leich Dr. Rey doch gewiss ein competentes Urtheil tiber diejenigen Charaktere zusteht, welche bisher in der Ooloffie als maassgebend betrachtet werden. Ich darf die Versicherung nicht bestreiten, dass erfahrene Sammler und Handler ein Ei, dessen aUgemeiner Habitus ihnen bekannt ist, mit grosser Sicherheit naeh einem praktischen Geftihl, wenn aueh nicbt an definirbaren Krite- rien erkennen; damit ist aber ffir die Feststellung yon Familien- oder Gescblechtstypen sehr wenig gewonnen. Abzesehen yon der F~irbung handelt es sich dabei hauptsRchlich wohl um die Textur der /iussern F1/iehe, welche als ,,Kern" bezeichnet wird. Sie ist ja h i i u f i g sehr tibereinstimmend bei verschiedenen Arten derselben Familie; das kann aber auch bei Charakteren stattfinden, die nieht eigentlich fundamental sind. Die Schalenschliffe er~eben, dass beztizlich der Gestaltung der iiussern F1/iche und der Structur der Scbicbten, durch welehe Sie gebildet wird, sebr erheb]icbe, so~ar individuelle Variationen vorkommen k6nnen. Wie bedeutungslos dasjenige, was die gebr/iucldiche itusserliebe Betrachtungsweise der Eischale ergiebt, ffir ihre wirkliche Beschaffenheit ist, folgt auch aus Manchem, was Dr. K. in dieser Beziehung /iussert, indem er z. B. S. 338 Bd. 6 d. Z. yon einer anatogen Besebaffenheit der ,,Schwamm- schicbt" bei Pelecanus, Podlceps und Upupa spt~cht.

Die sehr eharakteristische Beschaffenheit der ~iussersten Schieht bei Pelecanus habe ich schon (Zeitscbr. f. w. Zoot. Bd. XIX S. 324) beschrieben und (das. T, XXVI Fig, 3 uud 4) abgebildet. Vollstiindig analog ist sie bei Halieus und Sula, und naeh der allerdings nur ttusserlichen Betrachtung anderer Steganopoden be- trachte ich sie als ebarakteristisch ftir diese Familie. Spheniscus

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Betracht. fib. d. Sclectioastheorie v. S~andpaakt d. Oologle aus. 25:t

stimmt nicht ganz hiermit ~iberein, es ist aber doch eine gewisse Annaherung vorhanden, die vielleicht far seine systematisehe Stel- lung Beachtung verdient. Bei 2odicep8 liegt dagegen schon eine ganz andere Besehaffenheit vor, und U~pa hat eine so eigen- thfimliche und dabei so total yon Pelecanus verschiedene Be- schaffenheit der ausseren Schalenschicht, dass schon dieser eine Fall zeigt, wie erhebliche T~uschungen eintreten, wenn man ohne mikroskopische Untersuchung Sehlussfolgerungen nach ~usserem Anschein zieht. Die Schale yon Upupa hat n~mlieh gar keine aussere kreide~hnliche Schicht wie die der Steganopoden, sondern es senken sich in ihre Oberfi~che etwa 0y03 ram. tief ofiene Gr~ib- chen oder Kan~le ein, deren Querschnitt yon t~nglich ruuder Form durchschnittlieh etwa 0,015 ram. Durchmesser hat. Diese Durch- messer sind bei den einzelnen Gr~ibchen sehr verschieden und tiegen nach der Messung bei 9 derselben~ die sich neben einander befanden, zwischen 0,026 und 0,01 ram. Diese Grfibchen oder Kanale stehen so dicht neben einander, dass auf Tangential- sehliffen durch die ~usserste Schalenschicht diese sieh vollst~ndig siebartig durchlSehert darstellt. Die totale Dicke der Schale be- tr~gt 0,137 ram., hiervon kommen abet auf die Mammillen ~iber 0,04 ram., und da die Gr~ibchen bis auf fast 0,03 ram. eindringen, bleiben nur ca. 0,067 mm. ~iber, welche eine doch auch wie stets nicht vollstgndig geschlossene Schicht bilden.*) Und dieser Bau, der doch eher das Gegentheil bewirken masste, wird yon Dr. K. dargestellt, als durch Anpassung bewirkt, um dem Ei gegen die mangelnde Reinlichkeit des Nestes einen Schutz zu gewahren! Man sieht in diesem Fall so recht, wohin es ffihrt, wenn an unbe- gr~indete Vermuthungen ~iber die Beschai~enheit eines Organismus weitere Vermuthungen gekn~ipft werden, warum er so sein muss, wie er doch in Wirklichkeit gar nicht ist.

Eine gewisse teleologisehe Betrachtung yon Einzelnheiten in der 1~atur ist immer bedenklieh, und schl~gt leicht in eine unver- st~ndige Kritik urn; aber hier liegt doch die Versuehung sehr nah,

*) Anm. Erst indem ich behufs dieser Beschreibung meine glteren Pr~parate yon Upupa nachsehe und messe, tritt mir entgegen~ wie voll- st~ndig diese Structur wieder die sonderbaren Vermuthungen fiber die Ent- stehung der Schale als mechanisch hinzugetretenes Secret des Eileiters widerlegt. Das mir zur Disposition stehende Beweismaterial fiir das orga- nische Wachsthum der Schaie ist in tier That so reichhattig, dass ich ntu- einen klelnen Theil davon auffihren kann,

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254 W. v. N a t h u s i u s :

gegentiber dem you Dr. K. in der Anmerkung zu S. 338 Gesagtem, sich die Frage zu erlaubeu: Ob nun vielteicht doch bei einer Structur der Eischale, deren Ursache uns allerdings nicht bekannt ist, welche sie aber atmosph/irischer Seh~idlichkeit besonders zu- g~tnglich erscheinen 15sst, ,,die geringe bleigung des Wiedehopfs ,,zur Reinlichkeitspflege des Nestes" ihm ,,p r ii d e s t i n a t o r i s ch und zu w o h l b e d a c h t e m Z w e c k e a n e r s c h a f f e n worden" sein k(innte, da doeh in der That dadurch fiir die tief perforirte Eischale eiu schtitzeader Ueberzug entsteht?

Hoffentlich werden es nur wenige Oologell sein, welche sich aug der Beschreibung solcher Schalenstructur-Verh~Itnisse, welche ja bei den bisherigen Uatersuehungsmethoden nothwendig der Be- achtung entgehen mussten, nicht ohne Weiteres davon tiberzeugen, dass, nachdem neue Methoden ganz ungeahnte Structuren erschlossen haben, ohne Beachtung derselben eiue wissenschaftliche Behandluug der Oologie unmSglich ist, und dass es unzulSssig ist, aug den dtirftigea Resultaten, welche eine nur oberfi~chliche Betrachtung der Eischale aueh fOx den geiibtesten Beobachter unvermeidlicher Weise nut geben kaun, entscheideude Schlussfolgerungen flir oder gegen ihre systematische Bedeutung zu ziehen. Damit soll dem Verdienste fleissiger Sammler und solcher umfassender Werke als O. des Murs Trait~ general d'oologie ornithologique darchaus nicht zu nahe getreten werden. Was Erstere betrifft, m(ichte ich nut wiinschen, dass den Exoten mehr Beachtung geschenkt wiirde, als schon aug den Katalogen der Naturalienhandlungen, in deneu sie verh~ltni~sm~tssig wenig vorkommen, hervorzugehen scheint. Einem gewissen Sammler-Geist mag sich die fill" ein engeres geographisches Gebiet erreichbare Vollst/indigkeit empfehlen, aber dann bleibe~.~ doeh fox die S y s t e m a t i k sehr empfindliche Liicken.

Das Werk yon O. des Murs fusst allerding~ auch nut auf den ~tusseren Kriterien, aber damals waren andere auch noeh nicht be- kannt, und es ist wegen der Masse des Materials, das es geradc beztiglich der Exoten enthiilt, werthvotl.

Dr. K. spricht in einer Anmerkung zu S. 324 Bd. 6 d. Z. yon ,,Andeutungen", die ich beztiglich des Maassgebenden der Structur- verhiiltnisse der Schale fox systematische Gruppirung gegeben habe. Es ist nachgerade keine uuerhebliche Zahl yon Abbildungen und Beschreibungen yon Schalenschliffen, die in den citirten in der Zeitsehr. f. w. Zoologie publicirten Arbeiten euthalten gind; richtig ist indess, dass das noch sehr fragmentarisch i~t; aber ohne Ab-

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Betracht. ~ib. d. Selee~ionstheorie v. Standpuakt. d. Oolo/ie nun. .'255

bildungen ist die blosse Bescbreibung solcher Verb~tltnisse meist fruchtlos, und wens auch racine Priiparatsammlung schon Material zu einem ziemlich umfangreichetl Kupferwerk entb~tlt, so sind doch abgesehen davon~ dass die Anfertigung der Zeichnungen nach den Pr~iparaten schou eine grosse Arbeit erfordern w~irde, s o l c h e Publicationen bekanntlich nicht leicht zu ermSglichen. Zu einer Darlegung der generellen und theiiweise der specifischea und in- dividuellen Unterschiede bei den Lamellirostren lieges schon seit Jahren sorgfitltig ausgeftihrte Zeichnungen nahezu voltstitndig be- reit, aber es fehlt die Gelegenheit zur Publication, da dergl, den allgemeiner gehaltenen wissenschaftlichen Zeitschriften zu speciell ornitholosisch erscheint, und bis jetzt wenigstens unser Journal so zahlreiche Abbildungen nicht zu bringen vermoehte.

Leider muss ich mich also wieder auf Andeutungen beschriin- kell, wenn ich noch Einiges i~ber die bisjetzt hervorgetretenen Resul- rate in der Ktirze hinzufttgen mSchte.

Die Struthioniden bilden, und dieses babe ich nicht blos ange- deutet, senders durch eine ganze Reihe yon Abbildungen belegt, welche Struddo, .Rhea, Dromaeus, Dinornis und Aepyornis umfasst, eine charakteristisch yon allen tlbrigen untersuchten Schalen durch eine unter sich homologe Structur abweichende Gruppe.

Apteryx, ebenfalls abgebildet, sondert sich, wie schon in Nr. 1~2 v. 1871 d. Zeitscbrift angeffihrt ist, yon denselben auf das Be- stimmteste, und scheint sich durch seine Aehnlichkeit mit Grus und Otis an die Grallatoren anzuschliessen. Dieses stimmt zwar nicht mit Owen's Auffassung seiner systematischen Stellung, wohl abet mit der Anderer. Uebrigens konnte nur tins der im Zool. Garten yon London durch A. Mantelll gelegten Eier untersucht werden. Solche Producte aus der Gefangenschaft miichten zuweilen nicht ganz normal sein~ und ferner ist in einer so umfangreichen Gruppe, als die Grallatoren sind, eine durchgiingige Uebereinstimmung uicht zu erwarten. Aus derselben sind bis jetzt ausser obigen beiden nut Arden und Ciconla untersucht, die unter sich und yon jenen in der Beschaffenheit der ~ussern Scbalenschicht bedeutend ab- welches. Beim Storch ist diese Schicht autl~llend de~jenigen iihn- lich, welche (lie TagraubvSgel baben. Sie eharakterisirt sich da- durch, dass sie scharf yon der mittleren Schicht abgegrenzt, wesent- lich durchsichtiger als diese und yon senkrecht auf die Oberfii[chc gestellten Kani~lchen durchzogen ist. Die unregelm~issigere Form und tier geringere Durchmesser ihres Quersehnitts, so wie der

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256 W. v. 5 1 a t h u s i u s :

weniger dichte S~and unterscheiden diese Structur wesentlich yon den vorhin ftir Upu~a beschriebenen GrUbchen. Um ein Urtheil da- rtiber zu ermiiglichen, mit welchem Recht ich dieses Structurver- hiiltniss ftir die Tagraubv(igel als charakteristisch betrachte, fiihre ich an, dass folgende Ei-Schalen derselben untersucht sind:

Halia~tos albicilla~ 2 Individuen~ Affuila naevia~ Vultur fulvus, Zwei Eier hiesiger TagraubvSgel aus eil~er ~ilteren Sammhmg,

wo die Species nicht bezeichnet was der schon erw~thnte Circus. gon Eulen, bei welchen diese eigenthitmliche Schicht g~nzlich

fehlt, sind untersucht: Bubo maximus~ Ulula aluco. Durch die verschiedenartigen Schliffe, welche erforderlich sind,

um die Structur einer Eischale vollst~indig zu itbersehen~ und durch die unter Umst~inden sehr nSthigen Doubletten ist es schon eine Reihe yon 28 Pr~iparaten, welche meine Sammlung hierfiber enth~ilt. Man kann diese Reihe beziiglich der Zahl der Species und der Genera noch far zu unvollstiindig erkl~tren. :Nachdem ich in so vieleu andern Fallen eine derartige Uebereinstimmung verschiedener Species desselben Genus gefunden, dass die Schwierigkeit gerade die ist, einen Speciesunterschie d zu finden~ wiirde ich ersteres kaum zugeben, letzteres dagegen unbedingt~ indem Gypaetos und Harpyia fehlen. Uad dieses ist um so erheblicher, als ieh nun der Ausnahme zu erwahneu habe~ dass beim Kondor zwar in der ttbrigeu Struetur eine befriedigende Uebereinstimmung vorhanden ist, a b e r d i e s e c h a r a k t e r i s t i s c h e t iusse re S c h i e h t g l i nz l i ch feh l t .

Hier tritt nun aber eine grosse Schwierigkeit ein. Ich habe ermSglicht, zwei Koador-Eier zu untersuehen, die auch unter ein- under, obgleich sie aus verschiedenen Quelten stammen, vollst~tndig stimmen, aber sie sind b e i d e a us d e r G e f a n g e n s c h a f t und machen mir nicht nur nach ihrer l~inglichen Form, sondern auch wegen der kleinen halbspharischen Auswlichse, die bei abnormen Eiern so hiiufig vorkommen, nicht einen solchen Eindruck yon Normalit~tt, dass ich danach schon SarcorhamThus als yon den iibrigen TagraubvS- geln darch die Eischalenstructur gesonderte Gruppe hinstellen miichte.

Was den Umstand betrifft~ dass Ciconia, darin von Grus t O ~ und Ardea vollstiindig abweichend~ eine solche A.ehnlichkeit der

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Betracht. ab. d. Selectionstheorie v. Standpunkt d. 0ologie aus. 257

iiusseren Schicht mit den TagraubvSgeln zeigt, wiihrend allerdings die mittleren und inneren Schichtea sich unterscheiden lassen, so babe ich nur C. nora und C. a[ba untersucht, allerdings yon jedem 2 Individuen. Die beiden Formen oder Species stimmen, ab- gesehen yon den Dimensionen des Mammillen, volistlindig aberein, aber in der M~ichtigkeit des chasakteristischen ausseren Schicht ist i n d iv i d u el l ein erheblicher Unterschied. Zun~ichst w~ire nun noch C. mycte~'ia und das Genus Leptoptilus zu untersuchen, auch noch, obschon Ardea c[nerea und A. egretta v o l l s t ~ n d i g tiber- einstimmen, andere Genera derselben Familie, Uberhaupt die ganze Reihe der GralZatores zu vervollst~ndigen.

Man wird auf diese Weise e m p i r i s c h die Bedeutung solcher S tructurverhiittnisse far die Systematik fester stellen kSnnen und v i el- l e i c h t der Frage n~ther gelangen, ob gerade aus diesem Verhiilt- hiss eine Beziehung der Grallatoren zu den RaubvSgeln mittelst der StSrche zu entnehmen ist. Rationeller w~re es freilich, zuerst die Bedeutung solcher Structurverh~ltnisse aus der Morphologie der Eischale selbst zu entwickeln. Wassten wir, welche nachste Ursachen die Bildun~ solcher Verhiiltnisse veranlassen, und welche Functionen solche Strueturen bei der Bildung der Sehale haben, dann warden wit ihre Bedeutung welt sieherer wiirdigen kSnnen. So lange die Entwicklungsgeschichte des Schale tiberhaupt noch so im Dunklen ist als jetzt, ist freilich die Aussicht eine sehr entfernte, dieselbe ftir solche besondere Verhaltnisse ergranden zu kSnnen, und massen wir uns einstweilen bei empiriseh erlangten Resultaten bescheiden.

MSglich ist, dass solehe ErOrterung den Eindruck einer ge- ringeren Bedeutung der Eischalenstruetur, als jetzt schon naehweisbar ist, bei denen hervorruft, welche die Einzelnheiten nicht aus eigener Anschauung verfolgen kSnnen odes mSgen, denn trotz dieser Lttckenhaftiffkeit steht lest, dass far gewisse V6gelgruppen ein so constanter und sicher nachweisbarer Schalentypus vorhanden ist, dass ich mit gutem Grunde berechtigt war, den ausgestorbenen Aepyornis dem entsprechend, was Owen schon den weniffen Knochen- aberresten entnommen hatte~ nach den Resultaten der Eischalen- Untersuchung far struthionid zu erkl~tren, w~thrend Bianconi die- selben Knochenreste nach detaillirter Untersuchung far die eines grossen Raubvogels erkliirt hatte. Mag aber auch ein solcher weniger ganstiger Eihdruek das Resultat sein, so halte ich es doch nicht far richtig, dasjenige zu unterlassen, was meiner Auffassung nach die wesentlichste Aufgabe einer wissenschaftlichen Behand-

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lungsweise solcher Themata ist: n~mlich neben dem was man ge- funden zu haben glaubt, noch bestimmter dasjenige hervorzuheben, was ungelSst geblieben ist, also gerade die L~cken unseres Wissens, die durch Thatsachen noch ausgeftillt werden m0ssen.

Bei dem aber nun noch Anzuff~hrenden muss ich reich freilich etwas kiirzer fassen, was nun auch wohl nicht missverst~indlich sein wird.

Was zuni~chst die Ordnung der Galllnae nach ~ttterer Ein- theilung betriilt, so stellt sich ein ganz bestimmter und leicht zu erkennender Typus bei der grSssten Zahl derselben heraus. Meine Sammlung ergiebt denselben ausser an zahlreichen Pr~iparaten der verschiedensten Varietaten des Haushuhns bei:

Gallus Sonnerati~ ,, bankiva,

Phasianus colcMcus, , pictus, ,, ny ethemerus~ ,~ tor~uatua,

Perdlx cinerea,

,, petrosa, Tetrao urogallus, Meleagris gallopavo~ Pavo cristatus, FrancoZinus cZamator, Crux aleetor. Vollstiindig scheiden sich durch einen ganz differenten Typus

die Crypturiden, yon denen ich Rhynchotus ru]escens, Trachypelmu8 braMlienMs,

y~ Tao~ Crylotuxus perdlcariu8, Tinamus maeulosus

untersuchen konnte, die unter sich sehr gut (ibereinstimmen. Es ist dieses f~ir die neuere Systematik wohl kein tiberraschen-

des Resultat. Eine zwar geringere, aber doch entschiedene Abweichung zeigt

Megapodius nicobariensis. Auch das ist wohl nicht 0berraschend, wohl aber dass l~teroclea so ganzlieh abzuweichen scheint. Ich sage scheint, denn bis jetzt habe ich nur ein Ei, als P. tachypetes

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bezeichnet, untersuchen kSnneu. Es war zwar yon Schltiter, dessen Angaben sich mir hie als unzuverlitssig gezeigt haben, bezogen, aber ich betrachte allerdings eine solche Frage, wenn sich unerwartete Abweichungen herausstellen, hie dutch die Untersuchung eines einzelnen Eies als erledigt. Ich ersehe aus einer Notiz, dass manche Ornithologen die Flughahner zu den Tauben stellen sollen. Ich finde nun in der That die Structur der Eischale auffallend tauben- ~ihnlich, ausser dass im Innern tier Schale Pigmentschichten liegen, welches mir weder bei einer Taube, noch bei irgend einer Galline vorgekommen ist, und muss diesen Fall einfach zur weiteren Be- achtung hinstellen.

Endlieh finde ich noch eine erhebliche Abweichung beim Perl- huhn, welches zwar in einigen Beziehungen noch an den Htihner- typus erinnert, aber namentlich in der zierlichen Dreieckzeichnung der Tangentialsehliffe den Struthioniden und unter ihnen in den ausgesprochenen HSckern der Oberfl~tche Casuarius und JDromaeus so nahe tritt~ dass ich dieses nicht als zufiillig betrachten mSchte. Allerdings kenne ich kein anderes Ei, bei welche'm individuelle Variationen ohne eige~tliche Teratologie so weit gehen, leh hatte deshalb ausser yon 2 Spur-Eiern yon 8 Eiern Priiparate gefertigt, und unter diesen haben nur 6 die erwiihnten Dreieckzeiehnungen. Sie sind jedoch als die typischen zu betrachten, weil die anderen beiden der einfacheren und unbestimmteren Structur, welche die beiden Spur-Eier zeigen, sich n~thern. Ob das Resultat, das ich der Eischalen-Structur zu e,tnehmen genSthigt bin, dass niimlich Num#la mindestens einell Uebergang yon den Hiihnern zu den $traussea bildet, wenn das Perlhuhn nicht sogar dem Kasuar n~iher stehen sollte~ als den eigentlichen H~ihnern, auch anderweitige Sttitzpunkte finden kSnnte, muss ich anheimgeben. Ich mSchte die Befiederung, die auch bei den Struthioniden verschieden ist, und dic Flugfithigkeit des Perlhuhns nicht als entscheidend betrachten.

Eine Eintheilung der Galli~ae in die vier gleichwerthigen Fa- milien tier Phasianiden, Tetraoniden, Crypturiden und Penelopiden wtirde also den aus der Eischalen-Structur entnommen~n Kriterien nicht entsprechen. Nach letzteren hatte man die Crypturiden glinzlich abzulSsen~ und die Phasianiden mit Ausnahme von NurMda mit den Tetraoniden, yon denen vielleicht 2°terocles ausschiede, in eine grSssere Gruppe zu vereinigen, welcher dann noeh die Pene- lopiden, so weit sie dureh Crax repriisentirt sind, hinzutreten~ wogegen die Megapodier far sieh blieben.

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Vollstiindiger ist die Uebereinstimmung mit der gebriiuchlichen Classification bei den Natatoren. Besonders scharf sondern sich unter ihnen die Lamellirostren durch die Uebereinstimmung~ welche sie in den undurchsichtigen Zeichnungen ihrer Mammillenendungen zeigen, yon allen tibrigen, bei welehen diese ganz klar sind. Inner- halb der ersteren sondern sich Schwiine, Giinse und Enten sehr gut, und bei den sehr charakteristischen Schalef~ der Schw~ne lassen sich sogar, abgesehen yon den schon erw~hnten Mammillen- dimensionen, specifische Structuraaterschiede zwisehen C. olaf, musfous und atratus, allerdings zwischen ersteren nur mit M(ihe finden. Von den eigentlichen G~insen nicht zu unterscheiden ist Cereopsls, wenn das eine El, das ich aus nicht sehr sicherer Quelle erhielt, ~icht ist. Dass sich Mergus ganz entenartig, und Anser aegyptlacus mehr eaten- als ganseartig darstellt, kann nicht tiber- raschen; vielleicht eher, dass Erismatw,'a mevsa nicht nur in den Schliffen dutch die ~ussere Schicht, in der ihrem auffallenden ,,Korn" entsprechenden Verschiedenheit, sondern auch sonst noch, yon den tibrigen Eaten etwas versehieden erscheint.

Von den fibrigen bTatatoren babe ich die charakteristische Sonderung der Steganopodea durch die Beschaffenheit der ~tusseren Schieht schon erw~thnt. Sonst kann ich karz anffihren, dass sich die Familien und Genera tibereinstimmend mit der allgemein gel- tenden Gruppirung recht gut sondern, nut dass ich Spheniscus, wie schoa erw~thnt, nieht zu den Alken stellen, sondern eher an die Steganopoden anschliessen mSchte.

Dass ich neuerdings auch f(ir die Oscinen ira Gegensatz gegen die tibrigen :Nesthocker, auch wo deren Schalen ebeni~lls eine nur sehr einfache Struetur besitzen, eincn charakteristischen Typus nachweisen zu kSnnen glaube, ist in der schon yon Dr. K. citirten Arbeit in der Zeitsehr. L wissensch. Zool. 1878 specieller durch- gef~ihrt und aach mit Abbildungen erl~iutert. Da die Ordnung der Oscinen so bestimmt wie wenig andre auf anatomische Unter- suehungen hin festgestellt ist, lege ich hierauf besonderen Werth, glaube aber, um hier nicht noch weitt~tufiger zu werden, auf obige Arbeit verweisen zu diirfen.

Das Alles sind ja erst Anf~tnge, und deren Vervollst~tndigung erst dana zu erwarten, wenn sich Mehrere mit solchen Unter- suchungen beschMtigen. Wasste ich, dass Letzteres dann zu hoffen st~nde, so wttrde ich eine mSglichst detaillirteAnweisung zurAnfer- tigung der verschiedenartigen Schalensctfiiffe nach derjenigen Methode

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publiciren, dutch welche doch sehliesslich Resultate erlangt sind, die ich im Anfang so giinstig nicht zu erhoffen wagte. Es kommen doch eine Anzahl besonderer Handgriffe und Vorsichtsmaassregeln dabei in Betracht, die sich erst aus einer liingeren Erfahrung er- geben haben, and wenn auch diese Methode jedenfalls nocb ver- besserungsfiihig sein wird, so ist es doch immer ein Vortheil, schon auf irgend etwas bestimmtem fussen zu k6nnen.

Uebrigens l~tge eine Einseitigkeit darin, yon den Htillen des Eies nur die Schale in Betracht ziehen zu wollen. Schon frtther habe icb darauf hingewiesen, dass bei Struthlo und Dromaeus die Schichtung .des DotterMutchens yon derjenigen abweicht, die beim Hahn vorliegt. Auch die ganze Beschaffenheit des Eiweisses und seine Structur, wie sie sich bei dtinnen Schnitten, die man an- fertigt, nachdem das Ei vollstiindig hart gekocht ist, und dann in Glycerin beobachtet, in dem verschiedenen Grade der Durchsichtig- keit seiner Schichten zeigt, ist vielleicht fiir die systematische Son- derung griisserer Gruppen ebenso bedeutungsvoll als die Schale. Ich habe schon in Bd. XVIII d. Zeitschr. f. wissensch. Zool. Tar. XVII Fig. 31--33 Abbildungen dieser Verhiiltnisse beim Htihner und Enten-Ei gegeben und auf die Verschiedenheiten hiugedeutet, welche sich bei anderen Eiern ergeben.

Leider wird das Material ft|r solche Untersuchungen stets schwieriger als die Schalen und ftir Exoten selten tiberhaupt zu beschaffen sein. Es wird immer zu rathen sein, dass fiir einen einigermaassen weiten Transport die Eier vor demselben hart ge- kocbt werden, weil sonst, wie ja beztiglich der Bebrtitbarkeit be- kannt, die zarten Membrane, auf denen die Structur beruht, darch das Schiitteln beim Transport zerreissen, wie es z. B. bei einem Straussen-Ei erging, das ich zu einer solchen Untersuchung iiber Hamburg bezog. Dann ist selbstredend die Structur nicht mehr vollstiindig festzustellen.

Ueber 2~[o'l']ah't~'lt8 ~(~'eTIr~'f-t~'l{.~ Gurney und ~t[. g,aia,z.ee~tsis Daud.

Von

August yon Pelzeln. Im Aprilhefte des Ibis 1879 S. 173 t. 3 giebt Mr. J. H. G u r -

n e y die Beschreibung und Abbildung einer neuen Art der Gattung Mo~'phnus, welche er mit dem l~amen M. taeniatus bezeichnet.