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Standpunkt Nr. 01/11 März 2011 2. Jahrgang kostenlos Zeitung der Fraktion DIE LINKE im Rat der Stadt Remscheid und DIE LINKE. Remscheid 100 Jahre internationaler Frauentag Der Internationale Frauentag wird in diesem Jahr zum 100. Mal in aller Welt mit Protestaktionen, Kundgebungen und verschiedenartigen Veranstal- tungen gefeiert. Aus diesem Anlass haben wir die Frühjahrsausgabe von „Standpunkte“ hauptsächlich diesem Thema gewidmet. Obwohl sich die Situation von Frauen in vielen Ländern stark verbessert hat, sind einige wesentliche Forderungen der frühen Frauenbewegung noch immer nicht erreicht: Die Beendigung und Vermeidung imperialisti- scher Kriege, gleicher Lohn bei gleicher Arbeits- leistung und die Festsetzung von Mindestlöhnen. Wenn wir auf Remscheid blicken, wird uns auch nicht gerade warm um’s Herz: Die soziale, bildungs- politische, kulturelle und ökologische Situation ist heute schon unbefriedigend und wird sich - als Folge des 2010 von der Ratsmehrheit beschlossenen „Sparpaketes“ - noch dramatisch verschlechtern. Remscheid wird weiter an Attraktivität verlieren. Und dies wird Frauen und Mädchen in besonderem Maße treffen! DIE LINKE. Remscheid steuert mit all ihren Kräften dagegen: - Wir haben den Antrag auf Unterzeichnung der Europäischen Charta für die Gleichstellung von Mann und Frau im Rat der Stadt Remscheid einge- bracht (s.u.) - Wir stehen ein für eine Reihe konstruktiver Vor- schläge und Forderungen (S. 2) - Natürlich haben unsere Ratsmitglieder das o.g. Sparpaket, das wir als einen Akt der Selbstamputa- tion betrachten, im Rat abgelehnt.

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Standpunkt zum internationalen Frauentag

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Page 1: Standpunkt März 2011

StandpunktNr. 01/11

März 20112. Jahrgang

kostenlos

Zeitung der Fraktion DIE LINKE im Rat der Stadt Remscheid und DIE LINKE. Remscheid

100 Jahreinternationaler

FrauentagDer Internationale Frauentag wird in diesem Jahrzum 100. Mal in aller Welt mit Protestaktionen,Kundgebungen und verschiedenartigen Veranstal-tungen gefeiert. Aus diesem Anlass haben wir dieFrühjahrsausgabe von „Standpunkte“ hauptsächlichdiesem Thema gewidmet. Obwohl sich die Situationvon Frauen in vielen Ländern stark verbessert hat,sind einige wesentliche Forderungen der frühenFrauenbewegung noch immer nicht erreicht:Die Beendigung und Vermeidung imperialisti-scher Kriege, gleicher Lohn bei gleicher Arbeits-leistung und die Festsetzung vonMindestlöhnen.Wenn wir auf Remscheid blicken, wird uns auchnicht gerade warm um’s Herz: Die soziale, bildungs-politische, kulturelle und ökologische Situation istheute schon unbefriedigend und wird sich - als Folgedes 2010 von der Ratsmehrheit beschlossenen„Sparpaketes“ - noch dramatisch verschlechtern.Remscheid wird weiter an Attraktivität verlieren.Und dies wird Frauen und Mädchen in besonderemMaße treffen!

DIE LINKE. Remscheid steuert mit all ihren Kräftendagegen:

- Wir haben den Antrag auf Unterzeichnung derEuropäischen Charta für die Gleichstellung vonMann und Frau im Rat der Stadt Remscheid einge-bracht (s.u.)

- Wir stehen ein für eine Reihe konstruktiver Vor-schläge und Forderungen (S. 2)

- Natürlich haben unsere Ratsmitglieder das o.g.Sparpaket, das wir als einen Akt der Selbstamputa-tion betrachten, im Rat abgelehnt.

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StandpunktSeite 2| März 2011 Nr.01

AusgangslageDie formelle Anerkennung der Gleichbe-rechtigung besteht durch § 3des Grund-gesetzes in dem eigentlich schlichtenSatz: Männer und Frauen sind gleich.Damit ist die Gleichstellung von Frauenund Männern ein Grundrecht aller Men-schen sowie ein Grundwert unserer De-mokratie.Um das Ziel einer wirklich gleichen –egalitären – Gesellschaft zu erreichenmuss dieses Grundrecht auf allen Berei-chen des Lebens angewendet werden: inPolitik, Wirtschaft Gesellschaft und Kul-tur.

Trotz der vielfältigen formalen Anerken-nung und der über Jahrzehnte geleistetentatsächlichen Fortschritte in der Durch-setzung dieses Grundrechtes ist die prak-tische Umsetzung noch längst nichtüberall Realität.Viele Forderungen hin zur wirklich egali-tären Gesellschaft wurden bis jetzt nichtumgesetzt:So bestehen weiterhin wirtschaftliche,politische, kulturelle Ungleichheiten .Be-kannte Beispiele sind:ungleiche Bezahlung für gleichwertige Ar-beit,Unterrepräsentanz von Frauen in Füh-rungspositionen trotz besserer Bildungund Qualifizierung,deutliche Unterrepräsentanz in politi-schen Positionen sowohl im Bundestagund in Länderparlamenten als auch ganzbesonders in Kommunalen Parlamenten.Dazu stellte das Institut für politische Bil-dung 2010 fest: Im Bundestag beträgtder aktuelle Frauenanteil 33% und hatsich damit seit 1998 nur geringfügig er-höht. In den Länderparlamenten istebenfalls durchschnittlich ein Drittelweiblich, mit allerdings großen Unter-schieden zwischen den Bundesländern.In den Kommunalparlamenten sind –durchschnittlich -gerade einmal ein Vier-tel aller Ratsmitglieder weiblich.

Insgesamt gesehen also eine deutlicheingeschränkte Teilnahme an Entschei-dungsprozessen.

Entstehung der Europäischen Chartafür die Gleichstellung von Frauen undMännernDer Rat der Gemeinden und RegionenEuropas als Vertreter der europäischenLokal- und Regionalregierungen hat

„im Bedauern über die noch immer vor-handene Diskrepanz zwischen der ge-setzlichen Anerkennung des Rechts aufGleichstellung und der tatsächlichen undpraktischen Anwendung dieses Rechtes“und„in der Erwägung, dass Lokal- und Regio-nalregierungen in Europa eine entschei-dende Rolle für ihre Bürgerinnen undEinwohnerinnen spielen und spielen müs-sen, um das Recht auf Gleichstellung –insbesondere von Frauen und Männern –in allen ihren Verantwortungsbereichenumzusetzen“eine Charta für die Gleichstellung ver-fasst.Der Rat der Gemeinden und RegionenEuropas fordert die Lokalregierungenauf, sich zur Charta zu bekennen, dieseformell zu unterzeichnen und die in ihraufgeführten Verpflichtungen umzuset-zen.Die Grundsätze der ChartaDie Charta zählt in ihrem ersten TeilGrundsätze auf, die als Grundbedingungfür das Handeln in der Kommune anzuse-hen sind.Diese Grundsätze sinddie Anerkennung der Gleichstellung alsGrundrechtdie Bekämpfung vielfältiger Diskriminie-rungen und Benachteiligungendie ausgewogene Mitwirkung von Frauenund Männern an Entscheidungsprozes-sen die Beseitigung von Geschlechterste-reotypendie Einbeziehung der Geschlechterper-spektive in alle Aktivitäten der Kom-mune.

Wesentliche Forderungen der ChartaUm diese Grundsätze in konkretes – poli-tisches - Handeln umsetzen zu können,fordert die Charta die Kommunen aufeinen Gleichstellungsaktionsplan aufzu-stellen.Das bedeutet u.a.:die Erarbeitung , Annahme und Umset-zung eines Gleichstellungsaktionsplanesinnerhalb von zwei Jahren nach Unter-zeichnung mit der Darstellung von Zielen,Prioritäten, Benennung und Bereitstel-lung von RessourcenBeteiligung von möglichst vielen Akteu-rinnen vor OrtRegelmäßige Veröffentlichung und Be-richterstattungEvaluation und Fortführung des Aktions-planes

Sicher Stellen, dass alle gemäß derCharta relevanten Themen bearbeitetwerden.

Gründe für die Unterzeichnung derChartaDie Verpflichtung zum Aufstellen einesAktionsplanes zwingt die Kommuneeinen kritischen Blick auf den Gleichstel-lungsprozess zu werfen und sich mit derbisherigen Entwicklung auseinander zusetzen. Dabei werden alle in der Kom-mune schon vorhandenen Maßnahmenaufgelistet und einer kritischen Prüfungunterzogen. So ist die Aufstellung desAktionsplanes zunächst einmal eine Be-standsaufnahme, die auch die vorhande-nen positiven Beispiele aufgreift undeinbezieht. (z.B. den Frauenförderplan)Darauf aufbauend werden Ziele formu-liert, die gemäß den Grundsätzen derCharta den Gleichstellungsprozess zwi-schen Frauen und Männern in Gang set-zen oder beschleunigen sollen. Diesbetrifft sowohl Prozesse in der Kommu-nalverwaltung als auch in der Kommune.Die Charta kann dabei als eine Art „Re-giehandbuch“ verstanden und benutztwerden um die Bereiche der Gleichstel-lungspolitik, die im übrigen als eine Quer-schnittsaufgabe anzusehen ist,abzuarbeiten.Rat und kommunale Verwaltung stellensich so auf qualifizierte Art und Weiseden Herausforderungen einer modernenGleichstellungspolitik.Zusammenfassend formuliert die Chartain ihrer Einleitung die Begründung selbstso:„Wenn wir eine Gesellschaft schaffenwollen, die auf Gleichstellung beruht,müssen Lokal- und Regionalregierungendie Genderdimension in ihrer Politik, Or-ganisation und praktischen Arbeit umfas-send berücksichtigen. In der Welt vonheute und morgen ist eine echte Gleich-stellung von Frauen und Männern auchder Schlüssel zu unserem wirtschaftli-chen und gesellschaftlichen Erfolg –nicht nur auf europäischer oder nationa-ler Ebene sondern auch in unseren Re-gionen, Städten und Gemeinden.“

EU-Charta zur Gleichstellung von Mann und FrauLINKE fordert dass Remscheid auch beitritt

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StandpunktNr.01 Seite 3| März 2011

Hebammen-Streik in NRWim März 2011Zu geringe Entgelte für Hebammenlei-stungen und die enorm angestiegenenHaftpflichtprämien - allein zwischen2007 und 2010 um 203 % - zwingenimmer mehr Hebammen, ihren Berufaufzugeben und gefährden so auch dieflächendeckende Versorgung der Gebä-renden.Der Bundestagsabgeordnete unsererPartei Matthias W. Birkwald bekundetseine Solidarität mit den Hebammen

und schreibt u.a.: „Auch für Hebammengilt: Von Arbeit muss man leben kön-nen“. Nachlesen kann man das ganzeSchreiben auf seiner Internet-Seite:http://www.matthias-w-birkwald.deWeitere Informationen zu den Protest-Aktionen und über Möglichkeiten, dieHebammen zu unterstützen, finden sichim Internet unter der Adresse:http://www.hebammenverband.de/

Deutschlands Mädchen - und Frauenfuß-ball boomt. Die deutsche Nationalelf derFrauen ist das erfolgreichste Sportteamder letzten Jahre:Die Frauen wurden zweimal Weltmeisterund sieben Mal Europameister seit 1989.Doch dieser Erfolgsgeschichte geht einedornenreiche Geschichte in punktoGleichberechtigung im Sport seit derGründung der Bundesrepublik Deutsch-land voraus.So wurde zwar im Grundgesetz dieGleichberechtigung von Frau und Mannfestgeschrieben, doch zwischen Theorieund Praxis klaffte auf allen gesellschaftli-chen Ebenen ein riesiges Loch, so auchim Sport:Frauenfußball galt im konservativen Welt-

bild der Nachkriegszeit allgemein als un-weiblich und nichtfrauengemäß. Fandenin den 50ziger Jahren Frauenfußballspielestatt, so wurden diese begleitet von hä-mischen, spottenden oder auch bedau-ernden Presseberichten.Aber dennoch: Mädchen und Frauen, dieFußball spielen wollten, ließen sich nichtabhalten. Sie spielten zu allen Zeiten alsStraßenfußballerinnen, spielten in schonbestehenden Vereinen oder gründetenselbst eigene Vereine.Auf diese Entwicklung reagierten dieFunktionäre des Deutschen Fußballbun-des am 30.Juni 1955 schließlich mit demgenerellen Verbot des „Damenfußballs“.Sie formulieren in der Begründung: “ImKampf mit dem Ball verschwindet dieweibliche Anmut, Körper und Seele erlei-den unweigerlich Schaden und das Zur-schaustellen des Körpers verletztSchicklichkeit und Anmut“. Unter „An-drohung von Strafe bei Zuwiderhand-lung“ war den Vereinen nicht gestattet „Damen – Fußball- Abteilungen zu grün-den oder Damen Fußball – Abteilungenbei sich aufzunehmen.“ Es war denSchiedsrichtern und Linienrichtern verbo-ten, Damenfußballspiele zu leiten,ebenso durften den Frauen keine Plätzezur Verfügung gestellt werden.Doch Frauen spielten Fußball – trotz Ver-bot und Schikane - und sie wurdenimmer mehr und immer stärker. Schließ-lich dachten sie laut darüber nach eineneigenen Verband zu gründen. Da erstwurde der DFB hellhörig und hob endlich

im Oktober 1970 das „Damenfußballver-bot“ auf.Damit allerdings war längs noch nicht dieGleichberechtigung auf dem Fußballra-sen hergestellt. Der DFB entwickelte zu-nächst ein besonderes Regelwerk fürFrauen, dass den Frauenfußball mehr be-hinderte als förderte, wie sich die Journa-listin Monika Koch – Emsermann, damalsselbst Spielerin und spätere Trainerin ineinem Interview 1997 erinnerte.(Quelle: Bundeszentrale für politische Bil-dung)Auch die so genannte „Fachwelt“ rea-gierte auf den erstarkenden Frauenfuß-ball immer wieder mit Häme.So erklärte der damalige BundestrainerHellmut Schön noch 1971: „Die Frau istvon Natur her nicht für diesen Sport ge-eignet.“ Und Nationalspieler Gert Müllerverstieg sich sogar in die Aussage,Frauen sollten doch lieber Kochen alsKicken.Aber – allen Unkenrufen zum Trotz –1974 wurde ein Tor der Stürmerin BärbelWohlleben als erste Frau in der ARD –Sportschau mit der Auszeichnung „Tordes Monats“ geehrt.Und heute? Die deutschen Fußballerin-nen schrieben seither Erfolgsgeschichtenmit internationalen Titeln – auf die dieMänner mittlerweile eher neidisch blik-ken.

Allerdings sollten wir kommunalpolitischinteressierten Frauen uns nicht blendenlassen -. Wir sollten jede Möglichkeit nut-zen uns kundig zu machen, ob die Sport-verwaltung und die ortsansässigenVereine Mädchen und Jungen gleicher-maßen fördern und der Zugang zu allenSportarten für beide Geschlechter gesi-chert ist. Wenn dies nicht gegeben ist, istes an uns dafür zu sorgen dass Ge-schlechtergerechtigkeit auch im Sportverankert wird.

Die Geschichte des deutschenFrauenfußballsAuch eine Geschichte der Gleichberechtigung

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Standpunkt Seite 4| März 2011Nr.01

Die WurzelnDie Tradition des Internationalen Frauentages geht auf die Arbeiterinnenbewegungzur Zeit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zurück. Die Arbeiterinnen griffenzum Mittel des Streiks und der Demonstration, um auf ihre schlechten Arbeits- undauch Lebensbedingungen hinzuweisen: 1858 demonstrierten New Yorker Arbeiterin-nen gegen unmenschliche Arbeitsbedingungen und für gleiche Löhne; 1908/09 gabes einen zweimonatigen Streik von 20.000 Hemdennäherinnen in Manhattan, NY;1912 den Streik der Textilarbeiterinnen in Lawrence – ihr Leitmotiv war: „We needbread and roses, too“.

Im Jahre 1909 führten die nordamerikanischen Sozialistinnen erstmals einen nationa-len Frauenkampftag durch, um für die Ideen des Sozialismus zu werben und das Frau-enwahlrecht zu propagieren. Ein Jahr später wurde von der 2. InternationalenSozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen am 27. August 1910 - mit 100 Dele-gierten aus 17 Ländern - auf Initiative von Clara Zetkin die alljährliche Durchführungeines internationalen Frauentages beschlossen. Als gemeinsames zentrales Anliegenwurde das Frauenwahlrecht festgelegt.

Erster Internationaler Frauentag: 19. März 1911Der erste Internationale Frauentag fand am 19. März 1911 in Dänemark, Deutsch-land, Österreich, der Schweiz und den USA statt. Millionen von Frauen beteiligtensich. Die Wahl dieses Datums sollte den revolutionären Charakter des Frauentags un-terstreichen, weil der 18. März der Gedenktag für die Gefallenen in Berlin währendder Revolution 1848 war und auch die Pariser Commune (erster Versuch einer prole-tarischen Revolution, 1871) im Monat März begonnen hatte. In den folgenden Jahrenbeteiligten sich am Frauentag, der meistens an wechselnden Daten im März oderApril stattfand, weltweit Millionen von Frauen an Demonstrationen, Kundgebungenund Aktionen.

Seit 1921: Internationaler Frauentag am 8. MärzErst 1921 wurde der Internationale Frauentag auf den 8. März festgelegt, und zwarvon der 2. kommunistischen Frauenkonferenz. Davor wurde der Tag immer an einemSonntag gefeiert, damit möglichst viele Arbeiterinnen daran teilnehmen konnten. InDeutschland wurde der Internationale Frauentag in einzelnen Ländern zeitweilig ver-boten (u.a. 1921, 1930 – Preußen).

Rückschläge in und nach dem 2. WeltkriegIn der Zeit zwischen dem 1. und dem 2. Weltkrieg waren die Forderungen am 8. Märzvor allem die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruches sowie Mutter- undSchwangerschaftsschutz. Führten diese Themen am Beginn der Zwischenkriegszeitnoch zu Massenmobilisierungen, wurde dies durch den Nationalsozialismus jäh abge-würgt: Der Frauentag wurde durch den Muttertag ersetzt, und es war unmöglich, den8. März in gewohnter Form zu begehen. (Schwangerschaftsabbruch wurde im Natio-nalsozialismus mit der Todesstrafe geahndet). Auch in Ländern, die nicht direkt in denKrieg involviert waren, wirkte sich dieser negativ auf die Belange der Frauen aus.Diese rückten nicht nur angesichts anderer Dringlichkeiten (Nahrungssicherheit etc.)während des Krieges in den Hintergrund - der Frauenkampf hatte viel an Dynamik ein-gebüßt.Das durch den Faschismus propagierte Bild der Frau als Mutter setzte sich auch nach1945 fort - in den 50er und 60er Jahren spielte der Frauenkampf keine große Rollemehr.

Der Internationale Frauentag heuteErst in den 70er Jahren, im Zuge der Entwicklung der neuen Frauenbewegung, kam eszu einer Wiederbelebung des Internationalen Frauentages - er wurde zu einem Tagder Frauensolidarität unter den Frauen aller Schichten und politischen Ausrichtungen.Großenteils verloren ging jedoch die ursprüngliche sozialistische Tradition, wodurchder 8. März zum allgemeinen "Frauenfeiertag" mutierte, was er heute an vielen Ortenimmer noch ist. Wir finden, angesichts immer noch fehlender Mindestlohnregelungen,eines enormen Anstiegs an Niedriglohnbeschäftigten (davon 70% Frauen), der Zu-nahme von Altersarmut und fehlender Chancengleichheit im Bildungsbereich wird esZeit, wieder aktiv zu werden. Wir freuen uns über Frauen, die sich bei uns beteiligenwollen.

Brot & RosenWenn wir zusammen gehn,

geht mit uns ein schöner Tag,durch all die dunklen Küchen,und wo grau ein Werkshof lag,

beginnt plötzlich die Sonneuns're arme Welt zu kosen,und jeder hört uns singen

Lied aus dem Jahr 1912, entstanden bei einemStreik von 14.000 Textilarbeiterinnen gegen Hunger-löhne und Kinderarbeit in Lawrence, USA: "Brot undRosen!" - Diese Worte wurden zum Motto der ameri-

kanischen Frauenbewegung.

* Beendigung bzw. Vermeidungdes imperialistischen Krieges

* Arbeitsschutzgesetze* Wahl- und Stimmrecht der

Frauen* gleicher Lohn bei gleicher

Arbeitsleistung* der Achtstundentag* ausreichender Mutter- und

Kinderschutz* Festsetzung von Mindestlöhnen

Zentrale Forderungen waren

Geschichte desinternationalen Frauentages

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Seite 5| März 2011Nr.01 Standpunkt

Louise Otto-PetersLouise Otto-Peters (1819 - 1895) war Schriftstellerin und Mitbegründerin der deutschen Frau-

enbewegung. Aus wohlhabender Famile stammend, hatte sie als junge Frau die drückende Not der Fa-brikarbeiter kennengelernt und in einem Roman beschrieben. Das Erlebnis wurde zur Initialzündung, fürdie Rechte und für die Unterstützung der Arbeiter einzutreten. Als 1843 in den Sächsischen Vaterlands-blättern die Frage nach der politischen Stellung der Frau aufgeworfen worde, antwortete Louise Otto imgleichen Blatt: „Die Teilnahme der Frau an den Interessen des Staates ist nicht ein Recht,sondern eine Pflicht.“ Louise Otto-Peters verband den Kampf um politische Gleichbe-rechtigung derFrau mit der revolutionären Bewegung von 1848/49. Freiheit war für sie unteilbar, schloss ganz selbst-verständlich das Recht der Frau auf Erwerb ein.1849 wurde sie Herausgeberin einer Frauenzeitung, die nach nicht einmal zwei Jahren verboten wurde.Sie war 1865 Mitbegründerin des Leipziger Frauenbildungsvereins und berief noch im gleichen Jahr dieerste deutsche Frauenkonferenz nach Leipzig. Von ihr gingen Anregungen aus, Arbeiterinnen nicht nurals Zielgruppe karitativen und pädagogischen Wirkens, sondern auch als Mitstreiterinnen für die Rechteder Frau anzusprechen.

Clara ZetkinClara Josephine Zetkin, geb. Eißner (1857 - 1933) war eine einflussreiche sozialistische deut-

sche Politikerin und Frauenrechtlerin. Sie war bis 1917 aktiv in der SPD, wo sie eine markante Vertrete-rin der revolutionär-marxistischen Fraktion war. 1917 schloss sie sich der aus Protest gegen dieBurgfriedenspolitik während des Ersten Weltkrieges hervorgegangenen SPD-Abspaltung USPD an undwar dort Angehörige des linken Flügels, des Spartakusbundes, danach einflussreiches Mitglied in derwesentlich aus dieser Gruppierung hervorgegangenen KPD. Während der Weimarer Republik war sievon 1920 bis 1933 Reichstagsabgeordnete dieser Partei und 1932 Alterspräsidentin des Parlaments.Einer ihrer politischen Schwerpunkte war die Frauenpolitik. Zetkin postulierte die fehlende Gleichbe-rechtigung der Geschlechter als einen Nebenwiderspruch der herrschenden sozialen und ökonomi-schen Bedingungen, den sie dem Hauptwiderspruch zwischen Kapital und Arbeit unterordnete.

Rosa LuxemburgRosa Luxemburg (1871 - 1919) ist vielleicht die unbekannteste Bekannte in Deutschland.

Fast jeder hat ihren Namen wenigstens schon einmal gehört. Und viele kennen ihre Aussage, dass dieFreiheit die Freiheit des Andersdenkenden sei.Sie war eine herausragende Vertreterin demokratisch-sozialistischen Denkens und Han-delns inEuropa. Mit aller Kraft versuchte sie, den 1. Weltkrieg zu verhindern. Neben Karl Liebknecht war sie diewichtigste Repräsentantin internationalistischer und antimilitaristischer Positionen in der SPD. Späterwurde sie Mitbegründerin des Spartakusbundes und der KPD. Sie war eine leidenschaftliche und über-zeugende Kritikerin des Kapitalismus. Voller Hoffnung begrüßte sie die russische Revolution, blieb alsrevolutionäre Demokra-tin aber kritisch und wach: Hellsichtig attackierte sie die diktatorische Politikder Bolschewiki.

Die nur 1,50 große Rosa Luxemburg hatte von Kind an einen Hüftschaden, ihre Gesundheit war im Ge-fängnis zerstört worden. Obwohl unreligiös, entging sie als Jüdin nicht dem Antisemitismus. Sie wareine promovierte Akademikerin - zu einer Zeit, da noch kaum Frauen studierten. Rosa Luxemburg wareine der wenigen Frauen in der aktiven Politik - Vorurteile gegenüber Frauen, die in der Öffentlichkeiteine Rolle spielten, waren bis weit in die linken Parteien hinein verbreitet. Als Exilantin blieb sie trotzihrer deutschen Staatsbürgerschaft in den Augen vieler eine Ausländerin, eine Polin.

Am 15. Januar 1919 wurde sie - zusammen mit Karl Liebknecht - von Soldaten ermordet. Nach ihrerVerhaftung war sie in einem Berliner Hotel gepeinigt worden. Dann hatten sie ihre Mörder aus demHotel gebracht und versucht, ihr mit einem Gewehrkolben den Kopf einzuschlagen. Anschließendwurde sie in ein Auto gestoßen und zum Landwehrkanal gefahren. Weil sie immer noch lebte, ermor-dete man sie mit einem Schuss in den Kopf, ihr Leib wurde mit Stacheldraht umwickelt und in denKanal geworfen. Erst Ende Mai 1919 wurden die Reste ihrer Leiche gefunden.

Wegen ihres Martyriums wird Rosa Luxemburg bis heute verehrt. Dieselben Menschen, die sie nachihrem Tod auf einen Sockel stellten, wollten jedoch von der lebenden Rosa Luxemburg nichts wissen.Und das hat letzten Endes mit ihrer Haltung zu Lenin und Trotzki zu tun. Nach Rosa Luxemburgs Auffas-sung konnte nicht allein die Partei den Sozialismus erkämpfen, sondern nur die gesamte Klasse - wobeiihr das sozial-rassistische Klassenverständnis fremd war, das später die Stalinisten zur Ausschaltungaller selbständig Denkenden praktizierten, vornehmlich der Intellektuellen.

3 Porträts berühmter Frauenrechtlerinnen

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