bericht über die 11. jahresversammlung der deutschen mineralogischen gesellschaft

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Tschermaks Mineralogisehe u. Petrographische Mitteilungen. Bd. 37, H. I, 2, 1926. IV. Bericht Uber die 11. Jahresversammlung der Deutschen Mineralogischen Geselischaft. Zfirich 7. u. 8. September 1925. Diese ¥ersammlung wurde im minera]ogisch-petrographischen Institut des eidgenSssischen Polytechnikums in Zttrich am 7. und 8. September 1925 ab- gehalten, war yon Mineralogen der Schweiz, des Deutschen Reichs und Osterreichs gut besucht, auch ungarische, tschecho-slowakische, englische und amerikanische Fachgenossen hatten sich eingefunden. Far die Vorbereitang hatte Prof. P. Niggli, untersttttzt yon mehreren seiner Landsleute, vortrefflich gesorgt. In dem Institut des Polytechnikums fand die Versammlung eiaen ausgezeichnet eingerichteten Rahmen. In der Gesch~ftsitzung am 7. September wurde der Nestor der Deutschen Mineralogen Gustav Tschermak in Wien zum Ehrenmitglied der Gesel]- sehaft erw~thlt. In den wissenschaftlichen Sitztmgen wurden folgende Vortr~tge gehalten deren Inhalt nach Autorreferaten der Vortragenden wiedergegeben ist. t'ber Spannungen und Entspannungen. Friedrich Rinne in Leipzig: 1. Nach Ansicht des Vortragenden empfiehlt es sich, bei Erw~gungen fiber das Wesen der Spannungsumst~tnde Spannungen 1. Art (prim~re oder normale Spannungen) yon solchen ~. Art (sekund/ire, anomale Spannungen) zu unterscheiden. Erstere werden durch die elektrischen Druck- und Zugkr~fte ver.~nlaflt, welche die normale Aggregation feinbaulicher Teile bedingen, sei es die Vereinigung yon Elektronen zu Atomen, von Atomen zu Molekttlen, yon Molek~len zu parakristal- linen Stoffen (mit nur nach elner Baurichtung parallelisierten Teilen) oder von Bauteilen atomistischer oder molekfilarer Art zum Raumgitter der Kristalle. Die Coulomb'schen Kr~fte der Anziehung und die in niichster Nachbarschaft wirks~tmen Born'schen absto~enden Kr~ifte halten solche primer gespannten Systeme zusammen. Das Mal~ der Spannung wird durchden jeweiligen Wiirmegrad beeinflul~t. Er bringt die Gliederung in die Zust~nde gasiger, fltissiger und kristallinfester Art mit sich sowie die Unferzust~nde der Modifikationen, die nach vorbereitender allmahlicher Verst~rkung der prim~ren Spannung im allgemeinen sprungweise wechseln. 2. Sekund~ire Spannungen sind als Zusatzspannungen gekennzeichnet. Sie lassen sich den prim~ren Spannungszust~inden aufpr~igen durch mechanische Be- anspruchung der Materialien, gleichwie durch den Einflul~ magnetischer, elek- trischer oder stofflicher Felder. Auch das Ma{~ der sekund~iren Spannung wird dureh den W~rmegrad, als Ausdruck der feinbaulichen Beweglichkeit bedingt. 3. Die feinbauliche Anderung durch sekund~tre Spannung im Vergleich zur reinen, normalen Struktur besteht in Atomverlagerungen und Atomdefor. mationen. Wird beispielsweise ein Steinsalzstab dutch Druck in seiner L~ings- richtung verkiirzt, so stellt sich der Vorgang feinbaulich als N~iherung der Atome

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Page 1: Bericht über die 11. Jahresversammlung der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft

Tschermaks Mineralogisehe u. Petrographische Mitteilungen. Bd. 37, H. I, 2, 1926.

IV. Bericht Uber die 11. Jahresversammlung der Deutschen Mineralogischen Geselischaft.

Zfirich 7. u. 8. September 1925.

Diese ¥ersammlung wurde im minera]ogisch-petrographischen Institut des eidgenSssischen Polytechnikums in Zt t r ich am 7. und 8. September 1925 ab- gehalten, war yon Mineralogen der Schweiz, des Deutschen Reichs und Osterreichs gut besucht, auch ungarische, tschecho-slowakische, englische und amerikanische Fachgenossen hatten sich eingefunden. Far die Vorbereitang hatte Prof. P. Niggli, untersttttzt yon mehreren seiner Landsleute, vortrefflich gesorgt. In dem Institut des Polytechnikums fand die Versammlung eiaen ausgezeichnet eingerichteten Rahmen.

In der Gesch~ftsitzung am 7. September wurde der Nestor der Deutschen Mineralogen Gustav T s c h e r m a k in Wien zum E h r e n m i t g l i e d der Gesel]- sehaft erw~thlt.

In den wissenschaftlichen Sitztmgen wurden folgende Vortr~tge gehalten deren Inhalt nach Autorreferaten der Vortragenden wiedergegeben ist.

t ' ber Spannungen und Entspannungen. Friedrich Rinne in Leipzig:

1. Nach Ansicht des Vortragenden empfiehlt es sich, bei Erw~gungen fiber das Wesen der Spannungsumst~tnde Spannungen 1. Art (prim~re oder normale Spannungen) yon solchen ~. Art (sekund/ire, anomale Spannungen) zu unterscheiden. Erstere werden durch die elektrischen Druck- und Zugkr~fte ver.~nlaflt, welche die normale Aggregation feinbaulicher Teile bedingen, sei es die Vereinigung yon Elektronen zu Atomen, von Atomen zu Molekttlen, yon Molek~len zu parakristal- linen Stoffen (mit nur nach elner Baurichtung parallelisierten Teilen) oder von Bauteilen atomistischer oder molekfilarer Art zum Raumgitter der Kristalle. Die Coulomb'schen Kr~fte der Anziehung und die in niichster Nachbarschaft wirks~tmen Born'schen absto~enden Kr~ifte halten solche primer gespannten Systeme zusammen. Das Mal~ der Spannung wird durchden jeweiligen Wiirmegrad beeinflul~t. Er bringt die Gliederung in die Zust~nde gasiger, fltissiger und kristallinfester Art mit sich sowie die Unferzust~nde der Modifikationen, die nach vorbereitender allmahlicher Verst~rkung der prim~ren Spannung im allgemeinen sprungweise wechseln.

2. Sekund~ire Spannungen sind als Zusatzspannungen gekennzeichnet. Sie lassen sich den prim~ren Spannungszust~inden aufpr~igen durch mechanische Be- anspruchung der Materialien, gleichwie durch den Einflul~ magnetischer, elek- trischer oder stofflicher Felder. Auch das Ma{~ der sekund~iren Spannung wird dureh den W~rmegrad, als Ausdruck der feinbaulichen Beweglichkeit bedingt.

3. Die feinbauliche Anderung durch sekund~tre Spannung im Vergleich zur reinen, normalen Struktur besteht in A t o m v e r l a g e r u n g e n und A tomdefo r . mat ionen. Wird beispielsweise ein Steinsalzstab dutch Druck in seiner L~ings- richtung verkiirzt, so stellt sich der Vorgang feinbaulich als N~iherung der Atome

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dar. Atomverlagerungen sind also nicht etwa willkiirliche, sondern selbstverst~nd- liche Annahmen. Im ttbrigen erweist der beanspruchte Stab dutch eingetretene Doppelbrechung, dal~ sich in den ~ul~eren, elektronischen Atomzonen, dem Sitz der Optik und Chemie, -~nderungen im Sinne einer Atomdeformation voll- zogen haben.

4. Einen Anhalt ftlr das ~Ial~ der Kr~fte, das far Atomverlagerungen n0tig ist, liefern die Zahlen der Elastizit~tsmodule. Es sind sehr betrichtliche Gr06en die bei Steinsalz an 4000 kg/qmm, bei Gl~sern 3000--8.000 kg/qmr~, bei Korund sogar 52.000 kg/qrnm betragen. Ebenso anschaulich erweisen die ,bekannten Defor- mations-Spannungsdiagramme in ihrem steilen Aufstieg der figurativen Linie, da~ flir die in Rede stehenden Atomverlagerungen starke Kr~fte ben0tigt werden. Bei feinbaulich bekannten Stoffen kann man die Atomverlagerungen auf Grund dieser Beobachtungen leicht in Zahlen angeben. Beispielsweise warde die Kanten- l~nge des Elementarwarfels yon Steinsalz vor dem Zerreil~en (das nach Joffd bei einer Zugspannung yon 0.45 kg/qmm eintritt) nur um 0.0056.10-8 cm vergr~l~ert sein.

Im Gegensatz zu diesen Umst~nden lassen sich Atomdeformationen schon bei Anwendung sehr kleiner Kr~fte erzielen. Ruft doch das zarte Biegen eines Glasstabes mittels Fingerdruck bereits deutliche Doppelbrechung hervor. Vergleichs- weise handelt es sich hier um St6rungen der Planetenbahnen, w~hrend die Atom- verlagerungen Dislokationen der Sonnen als Hauptmassen des Systems enmprechen wtirden.

5. Besonders geeignvte Beispiele filr das Studium dieser Umst~nde sind durch Druck oder Zug bezooglich Biegung, DriUen beanspruchte G1/lser, auch Stein- salz und Sylvin. Beim Abschrecken tritt deutlich der Einflu~ der Begrenzungs- fl~ichen hervor; es ist inde~ hiebei an Steinsalz und Sylvin eine Komplikation insofern nicht zu verkennen, als aulter den optischen Wtirfelsektoren der abge- schreckten Spaltstiicke auch diagonal blattf0rmig gestreckte Felder auftreten, die um 450 verwendet auslSschen.

Bei isomorphen Mischungen veranlaSt das Vikariieren der Atome eine-~n- derung der feinbaulichen Zug- und Druckkr~fte, 'die sich stets als Wechsel der Brechung, bei normalerweise isotropen Stoffen als Doppelbrechung, bei optisch anisotropen Materialien als Wandlung der Doppelbrechung kennzeichnet. Ein sehr sch0nes Beispiel solcher Umst~nde bietet die optische Gliederung in Anwachs- pyramiden beim Granat yon Wilui dar: Schnitte nach (101) und (211); (110) z. B. weisen Felder mit dem konoskopischen Austritt der positiven, anderseits der ne- gativen Mittellinie und yon Barren auf. Hinsichtlich normalerweise doppelbrechender Stoffe gliedern sich, wie bekannt, (001)-Platten und ¥ertikalschnitte des brasilia- nischen Topas in verwickelt aufgebaute optische Felder.

Im Gegensatz zu diesen Mannigfaltigkeiten erwies die r0ntgenographische Beobachtung mittels Lauediagrammen keine wesentlichen Verschiedenhelten der Beugungsbilder auf. Aufnahmen auf den Arealen der optisch wechselnden Sek- toren eines Schnittes oder auch solche tiber die Grenzen mehrerer Felder hinweg sind gleich. Somit tritt deutlich heraus, dal~ in der Tat die Atomverlagerungen im Fall optischer Anomalien geringf~igig sind im Gegensatz zu dem sich kriiftig bekundenden ~nderungen der die ,,Gestalt" der Atome umschreibenden Elektronen- bahnen. Es liegen somit im wesentliehen bei den in Rede stehenden anomalen Stoffen Elektronen-Zwillingsst0eke vor.

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6. Hat man es nach 0bigem bei der sekund~ren Spannung (feinbaulich) mit Atomverlagerungea und Atomdeformatioaen zu tun, so stelIt sich eine Entspan- hung als A t o m r l t c k l a g e r u n g und A t o m r e f o r m a t i o n dar. In dem Sinne wir- ken mechanische Beeinflussungen, wie es beim Nachlassen yon Druck oder Zug im Rahmen der Elastizit~tsgrenze oder auch bei RiSbildungea an Gins, abgeschrektem Steinsalz oder Sylvia zu erkennen ist. Oft ist auch, wie bekannt, die Yerwendung erh~hter Temperatur sehr wirksam, so bei Glas, Steinzatz und Sylvia. Beim brasi- lianischen Topas verschwindet, wie der Vortragende fand, auf den Schnitten nach (001) das so sehr auif'allige AuseinauderfaUen der AuslSschungsriehtungen in den Feldern der Platten; sie 15schen nach dem GlOhen bei etwa 1000 o ohne Substanz- verlust nach den Achsenrichtungen aus, wenn auch Differenzen hinsiehtlich der St~rke der Doppelbrechung zurttckbleiben. Ebenso ist es bei Schnitten der Zone [100]. R6ntgenographisch zeigt sich gegenttber dem optisch anomalen Zustand keine wesentliche Veritnderung.

7. Yon besonderem lnteresse ist der Ausgleich von Spannungen, wenn die Vereinheitlichung im Akte der Sammelkristallisation 0ber die Grenzen der Indi- viduen hinausgeht. Bei feinzerriebenem Steinsalz tritt eine solche KornvergrSberung bereits bei 100 ° C ein. Bei Sylvin sogar schon bei Zimmertemperaiur. Man kann sich davoa durch Pulveraufnahmen nach der Lauemethode ttberzeugen, die am zu untersuchenden Material vor dem Tempern lediglich eine diffus strahlige Au- reole um den Einstich des Primitrstrahls ergebea, danach deutliche getrennte Ein- stiche yon Sekund~rstrahlen zeigen. Bei Drehspektrogrammen bekundet sich die Sammelkristallisation durch Differenzierung der vorher gleichmg.i~igen Beugungs- ringe in Striche.

Eia neues ¥er fahren zur Goniometrie auf photographischem,Wege. Siegfried R~sch, Leipzig:

(Auch in den Sitzungsberiehten der s;.ichsischen Akademie der Wissenschaften Leipzig, Band 77, 1925 und [ira Druek] in Band 3 der Beitrg.ge zur Kristallographio beschrieben.)

Ein Kristall wird in bestimmter Orientieruug auf den mit zwei Teilkreisen r und Justiervorrichtung versehenea Apparat aufgesetzt und in bestimmter Richtuag yon paraUelem Licht getroffen; die Reflexe werden entweder auf einer ebenen, photographischen Schicht oder auf einem Zylinder aufgefangen. Trifft das ein- fallende Licht den Kristall in der Richtung der Polachse and ist die photogra- phische Schich~ senkrecht zu dieser Richtung angeordnet, so gilt for die Orte der Refleze die Beziehung d ~ r - t g 2 p, worin d der Abstand vom Projektionsmittel- punkt, r die Entfernung des Kristalls yon der photographischen Schicht, p die Poldistanz der Fl~tche oder des Flitchenelements bezeichnet. Die endliche Gr61~e des Kristalls kann im Bedarfsfalle durch einfache Korrektionsformeln unsch~dlich gemacht werden, kann aber meist unberticksichtigt bleiben. Haben Platte, Kristall- achse und Prim~.rstrahl eine andere Lage zueinander oder wird auf den Zylinder projiziert, so zeiehnen sich die Meridiane und Breitenkreise des Kristalls in be- stimmten Kurven auf, unter denen sich in Spezialf~llen Kegelschnitte., Sinuskurven und die bekannten Debyekurven befinden. Es wurden berechnete Netze vorgefithrt~ mit deren Hilfe die Photogramme leicht nach Poldistanzen .o und Meridianwinkeln '~

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ausgewertet werden k6nnen. Weiterhin wurde eine Anzahl yon Photogrammen demon° striert, die die verschiedenen Anwendungsm6glichkeiten der Methode erliuterten.

Symmetriekomplexe und Kristallgitter. L. Weber, Z~lrieh: Sehon Bravais hare erkannt, dab die an und far sieh holoedrischen Raum-

gitter hemiedrischen und tetartoedrischn Charakter bekommen, sobald die Gitter- punkte dureh entsprechende, parallelgestellte Kristallformen ersetzt werden. Es resultieren auf diese Weise Veranschaulichungen der symmorphen Raumgruppen. Auch die ~lbrigen Raumgruppen lassen sich, wie Referent in seiner Arbeit: ,Die Bedeutung der Kristalpolyeder in der Lehre der regelmil~igen Punktsysteme ~ (Schweizer Mineralogisch-Petrographisehe Mitteilungen, Band V, 1--66) gezeigt wird, dutch raumgitterartige Anordnungen yon Kristallformen darstellen, und zwar sind die Kristallformen, welche zur Veranschaulichung tier verschiedenen Raum- gruppen einer bestimmten Symmetrieklasse dienen, Teilfl~icher derjenigen Form. welche die symmorphen Raumgruppen ergibt. Natttrlich sind diese Meroeder nicht mehr parallel gesteUt, auch kommen Formen zur Verwendung, die einem niedriger symmetrischen System angeh6ren, als die dargestellte Raumgruppe.

Die Zur~lckftthrung der Raumgruppen Th 4, 0 4, 0 6, 0 7, Oh 7 auf raumgitter- artige Anordnungen erfordert gewisse Kunstgriffe.

Die Millerschen Indizes der Formen stehen mit den ,Zusammengeh6rigen Koordinatenwerten" in engstem Zusammenhang, w~hrend die Flichensymmetrie fQr die ~Symmetriebedingung der Punktlage" eharakteristisch ist.

Bei bestimmten Gr6Benverhiiltnissen der Polyeder schneiden sich mehrere Flt~chen in einem einzigen Punkte. Dieser gehSrt dann einer ,spezieUen Punkt- lage ~ an und ist durch andere Symmetriebedingungen ausgezeichnet.

Referent hat diese leitenden Gedanken an einigen Beispielen durchgeftthrt Im Anschlul~ daran zeigte Referent weiterhin, wie mit Hilfe der ~Haupt°

tabelle IV" in P. Nigglis Geometrischer Kristallographie des Diskontinums elegant entschieden werden kann, welche Punkte einer gegebenen Atomanordnung einen in sich abgeschlossenen Komplex bilden. Es mSge sich zum Beispiel um eine Ver- bindung ABC 3 handeln, die kubisch-holoedrisch kristaUisiere und im Elementar- wilffel vier Molekale enthalte. In Anbetracht fillt einzig die Raumgruppe Oh 4, weil diese allein durch Punktlagen der erforderlichen Z~hligkeit ausgezeichnet ist. Die 4-z~hligen Punkte haben die Symmetrie D2d, die 12-zi~hligen V (wenn ohne Freiheitsgrad) beziehungsweise C:~v (wenn mit einem Freiheitsgrad). Da sich zu einem Punkt der Symmetrie D~d nur Punkte in der Zahl 2, 6 oder 12 gesellen k{~nnen, so ist sofort klar, das alas StrukturmodeU unter den angenommenen Ver- h~Itnissen weder ein Molekiil- noch ein Radikalgitter bilden kann.

Ganz anders, wenn ABC 3 kubisch tetartoedrisch w~re. Da in diesem Fall die Symmetrie der Punktlagen durch C3 und Ci symbolisiert wird, so sind Molektil- gitter ohne weiteres mOglieh, doeh werden sie bei zu spezieller Punktanordnung nicht als solche in Erscheinung treten mflssen.

Das Wachstum konkaver Kristallkugeln yon Kalialaun. K. Spangenberg, Kiel: Versuche bei 29 o und 190 C gestatteten bei sehr geringen ~bers/Rtigungen

das Wachstum yon konvexen Kugeln aus Kalialaun besonders gut zu veffolgen.

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Dabeiwurdengleichzeitig auch die Wachstumsgeschwindigkeitsverh~ltnisse der auf- tretenden Fl~chenkombination yon (111), (110), (100), (221), (112) und (210) inner- halb angegebener Fehlergrenzen festgestelltl). Schematisch kann man die Kine- matik dieses Wachstums so darstellen, wie wenn die Alaunkugel bereits im Aus- gangsstadium die Gleichgewichtskombination der obengenannten Formen gewesen w~re. In Wirklichkeit traten jedoch nebdn den an den entsprechenden Polen der Kugel neu entstandenen glatten Wachstumsfl~chen Zwischengebiete auf, die aus lauter kleinen Subindividuen der gleichen Kombination bestanden und deren be- sonders auffallendes, yon der geometrischen Kinematik abweichendes Verhalten bereits a. a. O. Seite 211/12 besprochen wurde; inwieweit diese Abweichung des experimentellen Verlaufes yon dem geometrisch erwarteten durch das Vorkommen yon einspringenden Winkeln etwa mitbedingt sein konnte, soUte sich bei der Be o obachtung des Wachstumsverlaufes yon Hohlkugeln ergeben, tiber die hier kurz berichtet wird. Der formal kinematisch zu erwartende Verlauf dieses Wachstums schien aul~erdem durch die bei der blol~ geometrisehen Konkurrenz tlbrigbleiben- den Fl~ichen mit maximaler Wachstumsgeschwindigkeit die Messung der an der Konvexkugel nur schwierig zu erhaltenden Verschiebungsgeschwindigkeiten yon (210) erleichtern zu kSnnen.

Bei fast g~azlich gehinderter Verdunstung d. h. bei sehr langsamem Wachs- turn und geringsten Ubersiittigungen, wurden bei 30 o C mit Hohlhalbkugeln yon etwa 30 mm Durchmesser, die in grofie Kalialaunkristalle eingeschliffen worden waren, eine Reihe yon Wachstumsstadien erzeugt. Sie ergaben beim Beginn des ~Vachstums die Anlage derselben Fl~chenarten und keiner weiteren wie bei der Konvexkugel, nut mit noch etwas zahlreicher und umfasseflder entwickelten ,Vi- zinalen ~ in den Zonen Ill0]. Der weitere Verlauf des Wachstums fiihrte aber nicht zu einem Konkavgebilde, das sich analog dem Wachstum der Konvexkugel etwa aus der konkaven Gleichgewichtskombination h~tte ableiten lassen. Es bildeten sich vielmehr in den Gebieten zwischen den an den entsprechenden Polen aeuan- gelegten Fl~chen kleine k o n v e x e paralielgestellte Anwachsk~rper heraus, die alle obengenannten Fl~ichea ebenfalls enthielten. Diese sehr zahlreichen uud kleinen konvexen Subindividuen verschmelzen weiterhin zu immer gr61~eren und wenigeren der gleichen Art, an denen sp~iter nur (210) nicht mehr goniometrisch gefunden werden konnte. Die Subindividuen ~iberwuchera dana die in den allerersten Sta- dien glattspiegelud angelegten Fl~ichenteile im Verlauf ihres Wachstums immer mehr, so daft die urspriinglich als Teile einer konkaven Kombination angelegten F1Rchen in der Reihenfolge (210), (221), (110), [211), (100), ( l i d verschwinden. Nur noch in der Anordnung der konvexen Subindividuea verriit sich ihre ehemalige Lage, besonders in den Zonen [110].

Es ergibt sich also aug diesen bisherigen Versuchen, da~ die anf~ingliche Anlage der Fltichen an der Oberfliiche der Hohlkugel dem nach dem Verlauf des Versuches an der Konvexkugel zu Erwartenden entspricht, dal~ aber die kinema- tische Konkurreaz der Fli~chen offenbar weiterhin nicht zur Auswirkung gelangen kann, well die yon der Seite der Zwischengebiete herankommenden konvexen An- wachskSrper daran hindern. 0b ¥ersuche mit in den Kristall eingeschliffenen ebe- hen Hohlformen yon Kombinationen der oben genannten Fliichen andere Ergeb-

:) K. Spangenberg, Zeitschr. L Krist. 61. 189--225.

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nisse haben, wird z. Z. noch festgesteUt. Beobachtet wurde abet bereits, dal~ aufo fallenderweise das Ausheilen yon _~tzgrttbchen der bekannten (kkh)-Kombina- tion auf den (lll)-FI~.chen des Kalialauns ebenfalls nicht den erwarteten Ver- lauf nimmt. Weitere Aufkl~rung hat auch die Untersuehung der Vereinigung der kleinen zu grSBeren Subindividuen in den Zwischengebieten bei den konvexen wie konkaven Kugeln zu erbringen. (Ausfahrliche Mitteilungen erfolgen in der Zeit- schrift f. Krist.)

Uber eehte .~tzhtlgel und LGsungskGrperformen an Brasilianer BerylL E. Ernst, Heidelberg:

Der Vortragende beriehtet unter Vorweisung zahlreieher Liehtbilder tlber Untersuchungen an nattlrlich geKtzten (wahrscheinlich durch alkalische LSsungen) Beryltkristallen yon Brasilien, die sich in eine Reihe forts chreitender ~.tzung bringen lassen. Die sehr ins einzelne gehenden Untersuchungen lassen sich ohne Vorlage der Bilder kaum durch Wortbeschreibung verst~ndlich wiedergben, weshalb auf die Ver6ffentlichung an anderer Stelle verwiesen wird,

Uber Schiebungen am Bleiglanz. H. Seifert, Berlin: Vom Bleiglanz waren seit l~ngerem verschiedene komplizierte Zwillings°

verwaehsungen in lamellarer Ausbildung bekannt; es wurden angegeben Ze (441), (331), (113). Ihre Entstehung auf Grund einfacber Schiebungen nach Gleit- fl~ichen war unsicher; ein Sehiebungsgesetz konnte filr sie bisher nicht formuliert werden, da einerseits in der Natur nur Spaltk~rper mit solchen Lamellen beob- achtet waren, andererseits ihre ktlnstliche Erzeugung mi~lang. Aber auch die wahre Natur dieser Gebilde als ZwiUingslamellen war umstritten. Vielfach fand man stark schwankende Winkel zwischen den Spaltfliichen der Lamellen und des Hauptkristalls, so dal~ eine Zur~ickfllhrung auf einfaehe Biegungseffekte m0glieh erschien (f ~ [110] t J_ [110] in T ----~ (001)).

Neue l~Iessungen an Spaltmaterial, das auger den fraglichen Lamelten m6glichst geringe Deformationsspuren in Gestalt yon Verbiegungen und Kriim- mungen aufwies, maehten das Bestehen der zwei Gesetze (441) und (113) sehr wahrscheinlich. Es zeigte sich innerhalb befriedigender Fehlergrenzen eine Konstanz der Spaltwinkel.

Gitterschiebungen sind fiir die bezeichneten ZwiUingsgesetze ganz unwahr- scheinlich. Die Rechnung ergibt zu KI ~ (441) und zu Kt ~ (113) nur solche mit dem Gitter vertr~igliche zweite Kreisschnittsebenen K2,die einen sehr spitzen Winkel mit der Gleitfl~iche bilden. Jede der so berechneten Schiebungen wilrde ganz aul~erordentlich grol~e, mechanisch ganz unplausible maximale Kippungen yon K~ erfordern. Voraussetzung der Rechnung war dabei, dal~ die Ebene S der Schiebung eine Fl~iche (110) ist.

Es gelang, natttrliche Kristalle mit W'achstumsfl~ichen und den aus diesen durch Sehiebung entstandenen Lamellenfl~.chen ausfindig zu machen. Die nicht geniigende Zahl der Beobachtungen muBte durch elnige Annahmen erg~nzt werden, yon denen behauptet werden daft, dal~ sie darch das Ergebnis gerechtfertigt er- scheinen. Man gelangt dana zu folgenden L.6sungen: KI ffi (113) mit Ks = (111) und

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Kz = (441) mit K2 = (001). Be±de Schiebungen haben denselben maximalen Kip- pungswinkel 8 yon K2; sie sind keine Gitterverschiebungen. Auch die folgenden Schie- bungsschemata, zu denen man yon denvorigen dutch einige einfache Beziehungen im Gitter gelangt, we±sen dieselben oder nahezu dieselben Konstanten auf: K~ = (332) mit K', = (112); KI ~ (118) mit K2 = (I10); K1 ~ (552) mit K2 ~ (113); K1 (221) mit K2 ~ (225)). Einige yon diesen sind nach Beobachtungen des Vortragenden tatsltehlich ebenfalls in der Natur verifiziert.

Diese geschilde~ten geometrischen Beziehungen gelten far jedes regul~re Gitter. Ihre dutch die zahlreiehen Schiebungssehemata eharakterisierte eigenartige Bedeutung far die BleiglanzStruktur ±st noch unaufgekl~rt. -- Zu den bisher be- kannten Beispielen ftlr Nichtgitterschiebungen, Rutil und Zinn, ±st jetzt ein drittes gekommen.

Ausfilhrliche Publikation ±st in Vorbereitung.

Die Kristal ls trukiur yon Granat. G. Menzer, Berlin:

Uber die Kristallstruktur der Granate liegt bisher nur eine Ver~ffentlichung vor; es ±st eine vorl~ufige Mitteilung yon l~ishikawa aus dem Jahre 1916. Er land ftir einen manganhaltigen Almandin ein raumzentriertes Gitter mit der Kanten- l~tnge 11, 6 A und je 8 Granatmoleklllen im Elementarwttrfel; als Raumgruppe gibt er 0h lo an. (~ber die Lage der Atome macht er nur unbegrilndete Angaben. Ich untersuchte nach P u l v e r m e t h o d e einen fast reinen, hellrosa gef~bten Kalkton- g r a n a t aus Xalo'stoc in Mexiko und fand dabei folgendes:

1. Ein r a u m z e n t r i e r t e s Wi i r fe lg i t t e r . 2. Die Kantenl~inge des Elementarwttrfels: 11,80 ± 0,06 A. 3. Die R a u m g r u p p e 0h 1° mit 8 Molekillen im Elementarwtirfel. 4. Die Alumin iuma tome liegen in den 16 Symmetriezentren [0, 0, 0]: die

Punktlage [1/8, 1/8, I/8] ±st unwahrscheinlich, weil dann die gesch~tzten Inten- sit,ten mit den berechneten schlecht tlbereinstimmen und well dann die Alo und Ca-Atome viel n~her aneinander liegen als die Atomradien gestattem

5. Die Ca-Atome nehmen die 24-z~hlige Punktlage [0, 1/4, l/s] ohne Freiheits- grad ein.

6. Die Si -Atome nehmen die zweite m~gliche 24-z~ihlige Punktlage, n~mlich [0, 1/4, 3/8] ein. Die berechneten und gesch~tzten Intensit~ten wtirden wesentlich schlechter ilbereinstimmen, wean man die Ca- und Si-Atome vertauscht.

7. Die Saue r s to f f a tome befinden sich in einer 96-z~hligen Punktlage mit 3 Freiheitsgraden; die Parameter sind:

[0,035 ~ 0,02; 0,055 ± 0,02; 0,650 ± 0,03]. Jede andere P u n k t l a g e wilrde I n t e r f e r e n z e n l iefern , deren

I n t e n s i t ~ t e n in W i d e r s p r u c h mit den b e o b a c h t e t e n stehen. Um jedes Si-Atom liegen 4 Sauerstoffatome in den Ecken eines tetragonalen

Bisphenoids, dessen Mittelpunkt das Si-Atom bildet; ahnlich liegen 4 Sauerstoff- atome um ein Ca-Atom; sie bilden ein rhombisches Bisphenoid. Umjedes A1-Atom liegen 60-Atome gleichweit entfernt.

Die 32-z.~hligen und die 48-zahligen Punktlagen mit einem Freiheitsgrad babe ich far den Sauerstoff nicht berticksichtigt, well chemisch kein Grund vorliegt mit 2 oder 3 versehiedenen Sauerstoffatomen zu rechnen.

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Mit der Braggschen Atomradienhypothesen stimmen die gefundenen Werte gut fiberein. E8 ist der Abstand

Si--O 1,71 ~k statt 1,17 ~ 0,65 ~ 1,82 ~k Ca--O 2,31 . . 1,70 ~ 0,65 = 2,35 . AI - -0 1,95 . ,, 1,35 -}- 0,65----- 2,00 ,, Si--Ca 2,95 . ~ 1,17 -I- 1,70 ~ 2,87 . AI--Ca 3,30 . , 1,35 ~ 1,70 ~ 3,05 , AI--Si 3,30 ,, , 1,35 ~1,17 = 2,52 ,

Diese ~ibereinstimmung ist deawegen besonders bemerkenswert, weil die Atom-0rter direkt aus den RSntgen-Spektren berechnet wurden und nicht mittels spekulativer Betrachtungen auf Grund der Atomradienhypothese.

Uber die regelmiil~ige Aufwach~ung yon Naironsalpeter auf Eall~spat. A. Johesen:

Uber das ,Gesetz" dieser Verwachsung findet man in der Literatur nur u n z u r e i c h e n d e und einander w i d e r s p r e c h e n d e Angaben. Die Erkl/trung hie- fQr ist die, daft zur v611igen Beschreibung der gegenseitigen Lage beider Kristalle nicht weniger als ffinf Winkel gemessen werden mllssen und daf~ aul~erdem nicht nur eine einzelne gegenseitige Lage besteht, sondern u n e n d l i c h viele . Diese vielen Stellungen fallen, wie meine zahlreicheu Messungen ergaben, in einem be- stimmten S t r e u b e r e i c h , der sich genau und ein ' fach kennzeichnen und durch eine stereographische Projektion deutlieh veranschaulichen l~[~t. Man kann sich die Gesamtheit der verwirklichten Lagen erklitren, wenu man annimmt, dal~ sich

jede Spaltungsebene des Salpeters einer solchen des Kalkspaltes parallel zu stellen sucht und ebenso jede Spaltungskante; das wird besonders verstitndlich, wenn man sich die Spaltnngsflttche des Kalkspates, auf der die Aufwachsung erfolgt, nicht geometrisch eben, sondern mit treppenartigen Partien ausgestattet denkt, deren Treppenstufen allen drei Sl~altungsebenen parallel sind.

Jene Verwachsungen entstehen auch dann, wenn man auf die frische Spal- tungsflitche des Kalkspates anstatt der w~sserigen Salpeterl6sung einen schmelz- fltissigen Tropfen yon Salpeter bringt.

Da5 Dolomit, Magnesit und Eisenspat gar nicht oder doch viel seltener als Kalkspat solche Verwachsungen mit Salpeter liefern, httngt vermutlich damit zu- sammen, dal! die A d h e s i o n der Salpeterl6sung auf den Spaltungsflitchen dieser drei M{neralien nachweislich viel geringer ist als bei Kalkspat. Diese geringere Adh~tsion daft wohl auf groltere G r e n z f l i t c h e n s p a n n u n g zurt~ckgefilhrt wer- den und diese wiederum auf geringeren c h e m i s c h e n Umsatz zwischen Karbonat und ~a~03 und auf eine geringere Differenz der beiden G i t t e r p a r a m e t e r .

Die s a t t e l a r t i g g e f o r m t e n Rhomboede r - [ - R yon B r a u n s p a t zeigen den Bau yon Schichtkristallen; wenn sich flachere, chemisch etwas abweichende Kristitllchen besonders auf den Ecken und Kanten eines Brauuspat-Kristalles so anlagern wie der Salpeter auf dem Kalkspat, dann wird jene Sattelform resultieren, die in der Tat keine blolte Oberfl~tchenbildung, sondern im Bau der S c h i c h t - k r i s t a l l e begriindet ist und demnach auch an Spaltungsst~cken hervortritt, fJber- haupt sind bei Schichtkristall6n zwei aufeinanderfolgende Schichten w e d e r mit

~,Iineralogisch-Petrographische Mitteilungen. 37. 1925. 6

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$ 2 Bericht ilber die 11. Jahresversammlung der Deutsch. Min. Gesellschaft.

ihrer Tafelebene no ch mit ihren Symmetrieelementen genau parallel, wodurch eine Spannnng und. somit auch die Z w e i a c h s i g k e i t yon Turmalin, Vesuvian usw. sowie die S e k t o r e n b i l d u n g ~;on Topas hervorgerufen wird.

Konstanz und Yarfabilitit in Kristallhabitus nnd Tracbt erliiutort an Hand ze,,tralalpiner Yorkommeu. J. Koenigsberger-Freiburg-

Die zentrMalpinen Kluftmineralien stellen einen syngenetischen Typus (P. Niggl i) dar. Sie sind etwa gleichzeitig unter ziemlich einheitlichen Ent- stehungsbedingungen bei Temperaturen zwischen 1500 und 500 o und in diesen Temperaturen entsprechender Wasserdampfkonzentration auskristallisiert. Die Kohlens~urekonzentration wechselt st~trker. Der Temperatureinflu6 ist aus der Sukzession (ira Gegensatz z. B. zu den Vorkommen der Erzgitnge) deutlich zu er- sehen. Die chemisch-physikalischen Einfl/isse der LSsungsgenossen sind durch die Beschaffenheit des Gesteins der Kluft bedingt.

Man kann vorl~ufig folgende Einteilung der zentralalpinen Mineralien nach VariabilitRt yon Habitus und Tracht geben.

1. Mine~lien mit konstantem Habltus. Unter diesen befinden sich solche, deren I~abitus nicht nur in den alpinen

Mineralkl/lften, sondern fiberhaupt konstant sind. Auf diese Grilnde f~r aIlgemeine ftabituskonstanz bei einzelnen Mineralien weisen die Untersuchungen yon P. Niggti uber den Zusammenhang yon Raumgitter und ~u6erer Form. - - Als Beispiei solcher alpinen Kluftmineralien seien angeffihrt: Kalkeisen- und Kalktongranat. Das Rhombendodekaeder ist Habitus bestimmend. -- Galenit zeigt vorherrschend W~rfelform, daneben kleine Oktaederfl~chen. -- Bei Brookit ist habitusbestimmend (110). -- Beryll, Monazit, Axinit und bis auf Feinheit der ~uf~eren Form auch Quarz und Turmalin haben in den Hauptziigen konstanten I[abitus. Es sind Mineralien, die meist keine ausgesprochene Spaltbarkeit haben und die h~afig der h6chst- symmetrischen Klasse des betreffenden Kristallsystems angehSren.

2. Mineralien mit temperaturabhRugigem Habitus. Ein bekanntes Beispiel (G. v. Rath, R. L. Parker , G. Kalb) bietet Calcit.

Als ~iltestes Mineral bei der h6chsten Temperatur ausgeschieden ist Calcit tafel- fiirmig nach der Basis, in der sp~iteren Sakzession rhomboedrisch und alsjtingstes Mineral aufgewachsen spitz skalenoedrisch. Hier nimmt die Ausdehnung der For- men nach der Hauptachse mit sinkender Temperatur zu.

Es scheint eine h~tufige Eigentfimlichkeit zu sein, da[t je tiefer die Bildungs- temperatur eines Kristalls liegt, umso starker Streckung nach einer bevorzugten Achse erfolgt. So sind die alpinen Kluftmineralien langgestreckt, h~ufig haarfSrmig. Hornblende kommt fast nur Ms Amiant vor. Epidot, Turmalin, Diopsid, Phenakit, auch Zirkon sind langgestreckt. Als Pegmatit und noeh mehr als Gesteinsmineralien sind sie kurzprismatisch. Dagegen sind ftir Ratil die Liisungsgenossen mit ma[i- gebend. Doch findet man Rutil langgestreckt haarf~rmig fast nur als Mineral tiefer Temperatur.

3. Mineralien, deren Habitus yon ihrer G r ~ e abh~ingt.

Diese Abh~ngigkeit ist nicht stark; sie ist naturgem~6 am leichtesten bei den Mineralien zu konstatieren, die h~ufig und in einer Khfft in gro6en Massen

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Bericht tiber die 11. Jahresversammlung der Deutsch. blin. Gesellschaft. 8 8

vorkommen. - Far Quarz gilt, da5 er in sehr groBen und sehr kleinen Kristallen fl~chenarm, im mittelgroBen flichenreicher, in kleinen fl~chen~rmer.

4. Minerallen, deren Habitus durch L6sungsgenossen s tark beeinfluflt wird. Rutil ist zusammen mit Eiseaspat langgestreckt haarf6rmig und dunkel ge-

farbt, mit Dolomit und Magnesit zusammen kurz prismatisch mit zaldreichen sch/~nen Flichen and zeigt die normale Eigenfarbe. Mit Hltmatit zusammen, such wenn nicht auf H~matit aufsitzend, ist Rutil oft nach einem Prisma abgeflacht. Pyrit ist im Aaregranit fast nur yore Wilrrel begrenzt, in den Schiefern der Tremolaserie und im Dolomit vorwiegend yore Pentagondodekaeder. - - Albit ist in Gneisen vorwiegend wei5 und zeigt Periklinhabitus; in kalkreichen Sedimenten kommt er in klaren ilbitzwillingen vor.

Zu der Beeinflul;ung durch L6sungsgenossen geh6rt auch die durch Bei- mengungen, die dem Auge sichtbar sind. - - So zeigt z. B. Fluorit, rosarot gefltrbt das Okt~eder, blau and farblos meist Wtlrfel, rio|eft and r6tlich violett neben W~rfel Oktaeder und Rhombendodekaeder. Es gibt Vorkommen, wo das rosarote 0ktaeder yon schwach bl~ulichem Wiirfel umwachsen sind. - - Anatas zeigt blau- gef~rbt die Protopyramide. Je dunkler die Farbe. am~o melir ist die Form treppen- artig na~h der Hauptachse zugesp!tzt and verl~tngert. Der rotbraune Anatas ist erheblich kllrzer. Anatas mit der gelben Eigenfarbe ist i~beraus fl~tchenreich uud nach der Basis abgeflacht.

5. Mineralien, deren Habitus yon der iussche idungsar t abh.ingig ist. Sphen schwebend in Chloritsand ausgeschieden, bildet fast stets Kreuz-

zwil]inge. Aufgewachsen auf der Stufe dagegen ist sein tIabitus je nach den L6- sungsgenossen und, was dasselbe bedeutet, nach seiner Farbe sehr wechselnd.

6. Miaera l iea mlt v/;lllg var iablem Habitus. i u f derselben Stufe und ohne merklichen Sukzessionsunterschied zeigt

Apatit kurz- und langprismatische Formen, in geringem Ms5 wechselt auf ein und derselben Stufe I-I~matit den Habitus, vielleicht ztlsammen mit dem Titan- gebalt. - - Bei Idokras sind bisweilen Habitusunterschiede auf der gleichen Stufe vorhanden.

F e i n h e i t e n des H a b i t u s werden yon r e g i o n a l e n , unbekannten Be- d i n g u n g e n beeinflu~t. So sind z. B. bestimmte Rhomboeder fftr den Quarz im Tessinermassiv, und andcre im Adulam~ssiv kennzeichnend, w~hrend im Aare- und Gotthardmassiv steile Rhomboeder selten und dann meist andere mind ~ls im Adula- und Tessinermassiv. Die Quarz begleitenden gr6Beren Mineralien sind in den Kltiften des Aaregranit dieselben wie in denen des Adulagneises. Auch ist die Sukzession die gleiche.

Der Habitus des Kdtflar ist aufler yon den LSsungsgenossen anscheinend noch regional beeinfiui~t. Man kann z. B. Adular aus dem Urserengneis yon solchem aus dem Gotthardgranit trotz ~halicher Paragenese unterscheiden.

E i n e g e g e n s e i t i g e A n p a s s u n g der T rach t , die wohl auf L6sungs- genossen beruht, kann nicht als Eigenschaft yon bestimmten Mineralien, d. h. yon Kristallen mit bestimmten Raumgitter bezeichnet werden. Man findet z. B., da5 auf derselben Stufe Quarz, Albit, Apatit in aneinander gereihten Krist~llen auf-

6*

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8 4 Berieht Uber die 1t. Jahresversammlung der Deutsch. Min. Gesellsehafl.

treten. In anderen Kltlften zeigen Adular, Sphen, Quarz zusammen rhomboedrische Tracht dureh Flichenverzerrung. - - Die Tracht ist bisweilen auch yon der Lage des Kristalls, d. h. yore Einflul~ de r S c h w e r k r a f t abh~ngig. So findet man die gewundenen Quarze fast nur auf der oberen horizontalen Kluflwand nach unten hingend.

D i s k u s s i o n : F . R i n n e .

Bei der Beurteilung der Kristalltrachten empfiehlt es sich, nicht lediglich die F 1 it c h e nentwicklungen in Betracht zu ziehen, sondern das Moment der Kanten als Ausdruck yon A t o m r e i h u n g e n mit zu ber~lcksichtigen. Wie ich verschiedent- lich in VerSffentliehungen betonte, erscheint mir die Rangordnung der Kanten auf Grund ihrer R e i h u n g s d i c h t e bedeutsam und wiehtig fltr die Erklirung des Wechsels im Kristallhabitus. In dem Sinne ist es z. B. minderbefremdlich, da~ dal~ der Quarz einmal in Richtung der Prismenkante gestreckt ist, anderseits (beim Chalzedon) nach einer Senkrechten dazu. Die Kanten (Zonen) (10~0) : (01~0) und (10T0) : (10~1) sind ja beide Hauptfeinbauelemente des Minerals. N~ihere An- gaben ilber diesen Gegenstand gedenke ieh demn~tchst zu machenl).

Uber den Chemismus der Muskovite. J . Jakob~ Ztlrich:

Es d~tffte liingst bekannt sein. da~ sich.die chemischen Analysen der we- nigsten Muskovite auf die herkOmmliche einfache ,,Orthosilikatformel" verrechnen lassen. An Hand yon zehn neuen chemischen Analysen wurde nun gezeigt, da6 diesen Mineralen dennoch ganz bestimmte st0chiometrische Gesetzmit/~igkeiten zu Grunde liegen, die jedoch noch nicht n£her erklir t werden k6nnen. Die Analysen lassen sich n/imlich auf Molektile der fotgenden Art verrechnen:

1 (SiO. SiO~,)~ K~. 1 (SiO:, SiO~)~ I (SiO~ SiO~) K

_ [Mg~ _ _

Diese Teilmolekiile stehen zu einander in einfachen rationalen Verhitltnissen- es wurden folgende Zahlen gefunden : I0 : 0, 9 : 1, 8 : 2, 6 : 4 beziehungsweise 6 : 3 : l, 3 : 7. M~Sglicherweise werden sich noch andere derartige VerhiLltnisse finden lassen. Die~ausihhrliche Arbeit erseheint in der Zeitschrift fdr Kristallographie.

D i s k u s s i o n : ~. Rinue.

DaB die 0rthosilikatformel f~ir Muskovit KH2AI:, Si~O~ das chemische Konstitutionswesen des Minerals nicht trifft, wird naeh meiner Meinung durch die experimentellen Erfahrungen tiber den Ab- und Umbau der Glimmer erwiesen. Bereits Brun erkannte, da~ ein Verjagen des Wassergehaltes durch Glilhen yon Glimmern im Vakuum keine optische Vergnderung hervorruft. Ich fand, da/~ auch im RSntgen-Drehspektrogramm sich nach der Wasserentziehung keine ¥erlinderung zeigt und ferner, da5 beim oxydierenden Gli~hen you Muscovit und Biotit ersterer praktiseh optisch einachsig, letzterer optisch zweiachsig mit krAftiger Achsendis-

i) Anmerkung des Herausgebers: Dem yon Rinne vorgebrachten Gedankeu stimme ich vMlig bei. Er ist in meiner Rektoratsrede ,,Das Wachsen und der B a u d e r Kristalle", Wieu 1918, § 23, klar ausgesprochen. F. Beeke.

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Bericht i~ber die II. Jahresverssmmlung der Deutsch. Min. Gesellschaft 85

persion wird. Glilhen in reduzierender AtmosphiLre macho diese optischen Ande. rungen rilckgi~ngig und der r~ntgenogrsphisehe Befuud ist der slte. Die Glimmer ertragen ohne Einsturz ihrer Kristallstruktur eine mlt Entwisserung verbundene

I [ I I I I I I I I Oxidation Fe-~-Fe und eine Redaktion mit Fe-~-Fe zum Zeichen, dab es sich dabei um konstitutionell nicht wesentlich bedeutsame Vorginge hsndet. Die Orthoo silikafformel tritgt dem inde~ durchaus keine Rechnung; somit kgnn sie sis Konsti- tutionsformel der Glimmer nicht zu Recht bestehen. In dem Sinne stimme ich auf Grund meiner obigen Erfahrungen ganz mit den Darlegungeu yon J. J akob tiberein. Die yon letzterem vorgelegten genauen Analys~werte werden im Verein mit rGntgenographischen Untersuchungen uns der Kenntnis der feinbaulichen Art der Glimmer n~her bringen.

Beobachtungen am Magnetlt, Ilmenlt, Elsenglanz und Uberleguugen fiber alas System FeO, Fez03 und Ti Oso Paul Ramdohr~ Clausthal i. Harz:

Eine Zusammenstellung der Analysen ergibt aueh bei vom Analytiker for homogen gehaltenem Material fttr die Minerale Eisenglanz, Magnetit, Ilmenit und z. T. such far Rutil, Pseudobrookit usw. derartige Abweiehungen yon der Ideal- formel, dab man an 0beraus weitgehende Mischbarkeit denken kGnnte. Ob man das tats~.chlich so deuten darf, wurde an sehr gro~em Beobaehtungsmaterial bei Hae- matit, Magnetit und Ilmenit untersucht. Besonders dankbar war die Anschliff. untersuchung bei Erzen,. die aus magmatisehen Gesteinen mit m~glichst genau bekannter Geschichte stammten. Die Fttlle des sich ergebenden Tatsachenmaterials l~6t sich schlecht in einem kurzen Referat darstellen.

I. Fes Os -- Fe:3 04. Die Angsben yon Sosman und Hostetter, da~ eine unbeschr~tnkte Mischbsrkeit vorliegt, findet in der Natur keinerlei St~Itze; die yon ihnen angeRthrten Beispiele yon FeO-reichem Eisenglanz, beziehnngsweise Fe~O:s- reichem Magnetit erweisen sich, wie schon Broderick nachweisen konnte, als sehr feine Gemenge. Ins~esondere ist der ,,Martit" stets ein ursprilnglich als Fej 04 wohldefinierter Magnetit, der dutch sekundltre ¥orgt~nge gsnz oder z. T. in Eisen- glanz pseudomorphosiert wurde, nicht etwa ein Mischkristall. Gsnz geringe Misch- barkeit, etwa in dem yon Ruer und Nakamotto angegebenen Ma~e 4 %, beziehungs- weise 2 %, ist dagegen wahrscheinlich. Auch die noch Fes 03-haltigen, aus Haematit durch Kontaktmetamorphose usw. hervorgegangenen Magnetite sind stets Gemische.

2. Fe3 04 -- Fe Ti 03. Den Schlttssel des Verst~ndnisses bildet der Ver- gleich yon ,,Titanomagnetiten" in Tiefengesteinen, in relstiv Isngsam und in schnell erstarrten Ergu/~gesteinen. In dem letzten Fall liegen aueh bei st~rksten VergrSf~erungen homogene Mischkristalle vor, die dem Auge den Ti-Gehalt durch etwas ungewShnliche Reflexfarbe gegenQber normalen Magnetiten verraten. In langsam abgekOhlten Gesteinen sind die Titanomsgnetite stets entmischt in Mag- netit und llmenit. Die Verwachsungsart Ithnelt sehr h~ufig der des Kamazit und Plessit in Meteoreisen, kann aber auch ganz andere Bilder ergeben. In einem Gestein yore Katzenbuckel Ist die Entmischung gerade im Entstehungszustand fixiert. In einigen Fitllen scheint die Entmischung in zwei Generationen vor sich gegangen zu sein.

Der Gehalt an Fe Ti 03 geht bei Titanomagnetiten bis etwa 50 %. Darttber hinaus finden sich -- viel seltener -- eigenartige Verwachsungen yon Ilmenit mit

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86 Bericht tiber die 11. Jahresversammlung der Deutseh. Min. Gesellschaft.

Magnetit, in denen Ilmenit das formgebende Mineral ist. Auch sie sind entmischte Mischkristalle, wie aus vieleu Grttnden sichergestellt ist. Diese ,,Magnetoilmenite" scheinen sich bei schon viel h6herer Temperatur zu entmischen als die ,,Titano- magnetite". In einem Fall (Sudbury) fand die Entmischung sehon statt, bevor der letzte Rest der magmatisehen Sulfide (Pentlandit, Magnetkies, Kupferkies) erstarrt war; diese Minerale verdrttngen n~tmlieh selektiv nur die Magnetitlamellen. In einem Fall ist in einem solchen ,,Magnetoilmenit" die Menge des Fe:~ 04 h6her als die des Fe Ti 0s.

Fe Ti O ~ - Fez Os. Aueh hier sind Ausseheidungen aus langsam und schnell abgektthlten Gesteinen verschieden. Die ,,Ilmenite" der Ergul~gesteine sind auch bei hohem Gehalt an Fe2 03 meist homogen, diejenigen aus Tiefen- gesteinen erweisen sich dagegen als durch Entmischung entstandene Verwach- sungen yon Crichtonit und Haematit in allen Mengenverh~ltnissen, wobei der unter- geordnete Gemengtei! jeweils in Form yon Linsen eingelagert ist. Die GrSl~e dieser Linsen ist abh~ngig yon der durch den geologischen Befnnd wahrscheinlich ge- machten Abktthlungsdauer. Uber einen gewissen Gehalt an Fe203 im Ilmenit bezw. an Fe Ti 03 im Fe.~ 0~, hinaus erfolgt die Entmischung in zwei sehr deutlich ver- sehiedenen Generationen von Entmischungsk6rpern. Sehr geringe Gehalte an Feg.03 bezw. an FeTiOj machen sieh nicht mehr als Entmischungsk6rper be- merkbar. In den bei hoher Temperatur gebildeten Mischkristallen yon Fe Ti 03 -- Fe20:j ist zonar der Gehalt verschieden; im Innern sind stets Fe~O~-reiehere Kerne, der Rand ist reines FeTi0~. Das deutet auf den h6heren Sehmelzpunkt des Haematits einerseits und auf den immerhin merklich versehiedenen Verlauf yon Solidus- uud Liquiduskurve andererseits hin.

Aus dem bisher Gesagten lassen sich dann die wahrscheinliehen Diagramm- typen der bin/tren Systeme Fe~ O~ -- F% O i, Fes O.t -- Fe Ti 0:~, Fe Ti 0:~ -- Fe~ 0:~ konstruieren.

An der Diskusion beteiligten sich: M~lgge, Niggli und der Vor t r agende . Die ausf0hrliehe Ver6ffentlichung mit zahlreichen Photographien erfolgt in

der Festschrift zum 150j/ihrigen Bestehen der Clausthaler Bergakademie.

Uber die Deformationsstrnkturen yon Alumlniumkristallen und Kristallhauf- werken und ihre gegenseitigen Beziehungen. E. Sehiebold, Berlin-Dahlem. Bericht i~ber die Ergebnisse von Untcrsuchnngen, wclche gemeinsam mit G, Sachs und E. Seidl im

Kaiser ~Vi|hclm-Iustittlt nit ~IetaHforschung au~getilhrt wurden.

Bei meehanischvr Beanspruchung yon Aluminiumkristallen und KristalL- haufwerken treten naeh Uberschreitung der Elastizit~itsgrenze inhomogene Form- ~inderungen auf. Der Kristall verhiilt sich so, als ob er in kleinere Einheiten (Gitterbereiche) entsprechend den Subindividuen, Gleito und Zwillingslamellen zeffalleu w/ire, welche sich als nunmehr kinetisehe Einheiten um kleine Betriige ver- lagern. Die allgemeinste Lagen~lnderung eines solchen Gitterbereiches be~teht iu einer Bewegung des Bereiehes als starrer K6rper und in seiner Verzerruug. ~) Erstere ist aus Drehnngen um kristallographische Richtungen um beliebige Winkelbetrlige und aus Gleitungen l/tugs kristallographischer Ebenen und Rich- tungen zusammengesetzt, deren Betrag infolge der gleichzeitigen Verzerrung keit~er Decksehiebung des ursprflngliehen Gitters gleich ist. (Mfigge-°). Die Ver-

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Bericht tiber die 11. Jahresversammlung der Deutsch. Min. Gesellschaft. ,~7

zerrung der Gitterbereiche als Summe aer Verzerrungen der ElementarkSrper ist erfahrungsgemti5 yogi einer viel kleineren Gr6flenordnung als die Bewegung. In- wieweit diese geringfiigigen Verzerrungen der Atome zur Erkl~rung der ver- ~nderten physikalischen und chemischen Eigenschaften ausreichen, ist bisher eine offene Frage. Es w~ire zu bedenken, da5 die bestehende rSntgenographische Untersuchung nichts ilber die La~eniinderung ~md Verzerrung der Elektronen- bahnen aussagt, welche infolge der kleinen Masse der Elektronen viel erheblicher sein kSnnten als die Verzerrungen der Atomkerne, worauf nach F. Rinue :l) ge- wisse optische Erscheinungen hinweisen.

Die R6ntgenbilder plastisch deformierter Kristalle sind 1. durch eine Ge- stalts- und La'genitnderung und 2. durch eine Veriinderung der Intensit~tt der Interferenzen gekennzeichnet. 1) Die Gestaltsiinde~ung besteht im Lauediagramm in einer Zerteilung in schmale Streifen und in einer ann~hernd radialen streifen- fSrmigen Verzerrung (RSntgenasterismus). Die Lagen~nderung der Interferenz- punkte und -streifen ist eine Verschiebung entsprechend der Verdrehung des Gitters als Ganzes gegenttber dem RSntg~nstrahl infolge de~ festen Einspannung.

Die mit wachsender Verformung deutlicher hervortretende Symmetrie der Interferenzen beweist, daft sich die (elastisch) verkr~mmten Gitterbereiche im Verlauf der. Lagen~nderung mehr mit einer (bezw. mehreren) kristallographischen 1Richtung in die Hauptrichtungen des Spannungsfeldes einordnen. Es entsteht eine ,,Deformationsstruktur "4) mit einer je nach der Art der Beanspruchung wech- selnden Symmetrie, welche durch systematische RSntgenaufnahmen erschlossen werden kann. .~,) Dfe wichtigsten technologischen Prozesse (Ziehen uud Pressen. Biegen, Walzen und Verdrillen) geben charakteristische I~6ntgenbilder, welche umgekehrt Rttckschltisse auf die Art der Verformung erlauben. Die genaue Be- schreibung der Deformationsstrukturen effolgt durch ~'bertragung der im R0ntgen- bild vertretenen Lagen der Gitterbereiche in die Polkugel (bezw. in die stereo- graphische Projektion). Zur angeniiherten Beschreibung geniigt die Angabe der kristallographisehen Richtungen, wPlche den Maxima der Streuungsber.eiche am n~.chsten liegen.

I. Z i e h s t r u k t u r. 6) Die Faserstruktur yon gezogenen AI-Dr~ihten mit [111] als Faserachse (Zugrichtung) wurde best~itigt. Die Zugstruktur im Fliefl- kegel yon Zerrei/~st~ben ist mit der Ziehstruktur im Prinzip identisch, jedoch weniger scharf ausgepr~igt. Kristalle und Kristallhaufwerke zeigen trotz ~iul~erlich gleicher mechanischer Beanspruchung nicht immer identische Deformationsstruk- turen. Zieht man Aluminiumkristalldr~.hte. durch eine Dttse aus, so haben die Gitterteilchen gleiche Orientierung wie im polykristallinen gezogenen Draht. Da- gegen stellt sich beim frei gedehnten AI-Kristall die Richtung [112] in die Draht- achse ein. Die ,,Umschntlrungsspannungen" beim Ziehen durch die Dtise wirken dem- nach iihnlich, wie die Spannungen, welche im Kristallhaufwerk sn den Korn- begrenzungen der Kristalle infolge der gegenseitigen Behinderung entstehen

2. D r u c k s t r u k t u r. 7) Die Druckstruktur einer gestauchten AI-Probe ist eine Faserstruktur, bei welcher die Gitterbereiche ann~hernd mit [I 10]-Richtungen parallel zur Druckriehtung liegen.

3. W a I z s t r u k t u r. 6) Die Walzstruktur yon flach gewalzten AI-Blechen wurde best~ttigt. Die Gitterbereiehe liegen mit [112]-Richtungen mit einer Ab- weichung yon einigen Graden parallel zur Walzrichtung und mit (110) Ebenen

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88 Bericht i~ber die 11. Jahresversammlung der Deutseh. Min. Gesellschaft.

parallel zur Walzebene und nehmen zwei zur horizontalen and verfikalen Sym- metrirebene spiegelbildliche Lagen ein. Beim Walzen yon Einzelkristallen stellen sich die Gitterbereiche in der Endlage in die N~he der einen oder anderen zur Vertikalebene spiegelbildlichen Lage" ein. Die Erreichung der Endlage und die Streuung sind in hohem Ma~e vt~n der Ausbildung, Lage und Orientierung der Kristalle im Walzgut abh~tngig, s)

4. T o r s i o n s s t r u k t u r. 7) Bei einseitiger Torsion yon A1-Kristallen und -kristallhaufwerken entsteht eine Torsionsstraktur. Die Gitterteilchen liegen in der Endlage grSftenteils mit [111] zum geringeren Teile mit [100] parallel zur Torsionsachse. Die Streuung der kristallographischen Richtungen ist auch bei sehr weitgehender Torsion erheblich gr6fer als beim Zug, Staueh- oder Walz- vorgang. Bei wechselseitiger Torsion eines Kristalls um gleiche Betr~ge wird die ursprtingliche Struktur nur ann~thernd wiederhergestellt, es bleibt stets eine ge- gewisse Streuung der Gitterbereiche zurtick. Durch nachtr~gliches Gl0hen kann der I~ristall nur teilweise zum Ausheilen gebracht werden, da der Asterismus nicht verschwindet and auferdem auch anders orientierte Krist~llchen entstehen.

5. IIochsymmetrisehe Deformationsstrukturen 7) lassen sich darch Super- positionen yon kleinen Deformationen in verschiedeuen symmetrischen Riehtungen erzielen. So fahrt das weehselseitige Stauehen yon Al-Wtirfeln senkrecht zu den drei Wilrfelfl~tchen zu einer Deformationsstruktur, in welcher die Gitterbereiche drei symmetrische Lagen einnehmen, welche aus der Stellung des Probewarfels durch Drehung um 45 '~ in je einer der drei Wllrfelfl/lchen hervorgehen.

Die verschiedenen Deformationsstrukturen yon A1-Kristallen und Kristall- haufwerken haben sehr enge Beziehungen zu einander. Beim freigedehnten AI- Kristall kommt die Einstellung einer [112]-Riehtung in die Richtung grafter lAngung darch abwechselndes symmetrisches Gleiten auf zwei (lll)-Flg.chen in llt)] ltiehtungen zustande, deren Symmetrale die [ll2]-Riehtung ist, der Kristall flaeht sich in der Querriehtung abP) Wird diese Abflaehung dureh Umsehlingungs- druek wie beim Ziehen durch eine D~ise oder dureh die Hemmungen an den Kornbegrenzungen verhindert, so tritt eine dritte Gleitebene (l 1 I) in Aktion, wo- dureh eine [lll].Richtung als 8ymmetrale yon drei (lll)-Fl~chen bezw. drei [ll0]-Richtungen in die Riehtung grOfter L~,ngung f~illt, wie es bei tier Zieh. und Zugstrukmr beobachtet wird.

Die Druckstruktur kann formal aus der Zieh-und Zugstruktur dadurch abgeleitet werden, daf beim Druckversuch die Riehtungen grSfter L~ngung senk- recht zur Druekriehtung ]iegen. Da dies [I11]- und [ll2]-Riehtungen der (Jitter- berelche sind, muff eine [110]-Riehtung in die Druekachse fallen, welehe auf [111] und [112] senkrecht steht. Aueh die Walzstruktur des EinzelkristaUes l~tSt sieh formal erklg.ren. Der Kristall flaeht sich dureh wechselseitiges Gleiten parallel zwei (lll)-Fl~ichen l~ings zwei Gleitriehtangen [110] ab, in welchen maximale 8chubspannungen herrschen. Die Symmetrale beider Gleitrichtungen [112] steUt sich in der Endlage in die l~,he der Walzriehtung ein. Da die Walzebene eine Symmetrieebene des Walzvorganges ist, haben die Gleitebenen die Tendenz sieh symmetrisch zur Walzebene zn stellen, d. h. in der Endlage fllllt die winkel- halbierende Ebene (110) mit der Walzebene zusammen. Wie welt die beobaehtete Abweichung der [112]-Riehtung vonder Walzriehtung etwa auf die Behinderung und das Auftreten weiterer Gleitfl~chen zurtlckgefiihrt werden l~ann, sei dahingestellt.

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Bericht. ilber die I I. Jahresversammlnng der Deutsch. Min. Gesellschaft. 89

Beim feinkristallinen Haufwerk sind alle mSglichen Ausgangslagen vor- handen, mithin stellen sich im idealen Falle je die H~Ifte der Gitte.rbereiche in die zur vertikalen Symmetrieebene spiege]bildlichen Gitterlagen ein.

Man kann somit den Walzvorgang als Kombination yon Dmck senkrecht zur Walzebene und zus~tzlichen Zug parallel zar Walzrichtung auffassen. Der Druck b ewirkt die annlthernde Einstellung yon [110] Richtungen der Gitter- bereiche senkrecht zur Walzebene, der Zug die Einstellung der Richtungen gr~fiter Lingung [112] und [111] in die N~he der Walzrichtung.

Eine Vorstellung der geometrischen Verhiltnisse bei tier Torsion eines Rnndstabes fithrt zur Auffassung, da~ eine einmal in Aktion getretene Gleit. bewegung nicht mehr abgeI~st wird, da sowohl die Gleitebene der F I ~ c h e der gr6Bten Sehubspannung (Querschnittebene) wie die Gleitrichtung der Ri c h t u n g der grS~ten Schubspannung (Tangente an dem Querschnittsumfang) sich n~hern.

Die durch dan wechselseitige-Stauchen bewirkte Anordnung der Gitter- bereiche I/ti~t sich als Uberlagerung yon drei Druckstruktnren mit Bezug au~ jede der drei Druckrichtungen auffassen, wobei die gemeinsameu Lagen besonders intensiv sin&

Literaturverzeichnis.

i) Vgl. E. Schiebold, Zeitschr. f. Metallk., 16. J~hrg., S. 417 und 46~. 1924. s) O. Mfigge, Neues Jahrb. 1898 I, S. 155. s) F. Rinne, Yortr. Deutsche Mineralog. Ges. Z~irich, 1925; Zeitschr. f. Krist.,

I~I. Bd., S. 3.~9, 1925. • ~) M. Polanyi, Die Naturwiss., 9 Jahrg., S. 337, 1921, 10. Jahrg., S. 411, 1972. ~') K. Weissent)erg, Ann. d. Phys., Bd. 69, S. 409, 1922. ~) Lit. s. bei E. Schiebold I). 7) G. Sachs und E. Schiebold, IDie Naturwiss. 13. Jahrg., S. 964, 1925;

Zeitschr. Ver. Deutsch. Ing., Nr. 50, S. 1557, Nr. 51, S. 1601, 1925. Hier auch ausftthrliche Literaturangaben.

s) E. Seidl und E. Schiebold, Zeitschr. f. Metallk., 17. Jahrg., S. 221, 283, 320, 365, 1925.

9) G. J. Taylor und C. F. Elom, Proc. Roy. Soc. A., Vol. 108, 19~5.

An der anschlieSenden Diskusion beteiligten sich die Herren G ro5 und Leonhardt.

Untel~suchungen iiber die Regelnng des qnarzgefiiges kr_~stalliner Schiefcr. Wal ter $chmidt-Leoben.

Der Vortragende bespricht die Ergebnisse der Untersnchung des Quarz- geffiges kristalliner Schiefer mit Hilfe des Universaldrehtisches. Es wurden die Lagen der optischen Achsen yon m{iglichst vielen Quarze n eines Schliifes in Bezug auf diesen eingemessen und diese erhaltenen Kugelkoordinaten in eine f l ~ c h e n- t r e u e (nicht stereographische) Projektion der Lagenkugel auf die Schliffebene eingetragen. Dies ermSglichte eine einfache statistische A.uswertung der Besetzungs. dichte der einzelnen Teile der Lagenkugel mit Achsenpunkten, woraus dann Dichte- plane entwerfbar sind.

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,90 Bericht /Iber die II. Jahresversammlnng der Deutsch. Min. Gesellschaft.

Die Kritik der Methode hat sich haupts~chlich mit dem Umstaude zu be- fassen, da~ die ermittelten Polh6hen der Achslagen bedeutend mehr der Gefahr systematiseher Fehler augesetzt sind als die Azimute. Zur Kontrolle wurden zu- nichst scheinbar ungeregelte Gef~ge herangezogen.

Ein nicht mechanisch hergenommener Granit, B5hmerwald, ergab aber eine ausgesprochene Anh~iufung der Quarzachseu an einem Punkte, die nicht auf einem Polh~henfehler beruht, da an ihrer Abgrenzung dan Azimut geradeso beteiligt int. M~glic~keit der Abbildung eines Vektors bei der Erstarrung, etwa des Temperatur- gef~tlles. Auch ein ~ollkommen unbertthrter Terti/trsandstein ergab schwache prim~.re Regelung, Anb~iufung in der Ebene der Schichtung.

Ein anderer Weg der Kontrolle ist die Untersuchung zweier aufeinander senkrechter SchliIFe desselben St~'ickes, da die daraus erhaltenen Dichtepl~ne durch Drehung ineinander ttberftlhrbar sein miissen. Dieser Weg zeigte, da~ keine schweren Fehler der PolhOhenbestimmung vorgefallen sind.

Vorgefithrt wurden die Ergebnisse zweier Untersnchungsreihen. Die erste beha1~delte das Geftige eines rein mechanisch durchbewegten Gebietes, in S yon Leoben, Muglgnei6e und Quarzit an znm gr~l~ten Tell orientierten Schliii'en. Fiir dan Gebiet ist aus tektonischen Gritnden die Durchbewegungsrichtung als S--N annehmbar. Die Striemung des Gesteines, zugleich auch Richtung auSerordentlich starker Streckung der Quarzk6ruer, verl~iuft nicht in der Durchbewegungsriehtung, sondern in der in der Schieferun~ebene gelegenen Senkrechten darauf, im ,,tek- tonischen Streichen ~'.

Die Schlilfe, entnommen einer Strecke yon tiber 20 kut L~.nge, zeigten ein vollkommen einheitliches Gef(tgebild. S~Imtliche Quarzachsen liegen in einem Grol~- kreis, der auf der Schieferungsebene senkrecht steht und durch die Durchbewe- gungsricht~mg geht. Das tektonischeStreiehen ist vollkommen leer. Im besetzten Grog- kreis linden sich zwei ausgesprochene H~ufungsstellen, eine im Polder Schieferung eine zweite angen~ihert in der Durchbewegungsrichtung. Dabei halten die schwacl~ deformierten GroBquarze dan Maximum im Polder Schieferung, die abgescherten, st~irker hergenommenen Sp~ine dan in der Durchbewegnngsrichtung. Es konnte, da die Schieferungsebene nieht volJst~ndig sicher feststeUbar war, nicht ermittelt werden, ob das Gef/igebild vollkommen rhombiseh oder monoklin pseudorhombisch int.

Eine andere Untersuchungsre.ihe behandelte kristal|isationsschiefrige Gesteine aus der Penninserie, 7.urn Teile ann der Greinerscholle, zum Teile aus dem V~I Piora. Es warden Schliffe gewiihlt, in denen die Darchbewegungsrichtung durch die Ver]agerung des si in Granaten festgelegt erschien.

Die Gefiigebilder dieser Schliffe waren wieder unter sich einheitlich, aber yon den fnlheren grundverschiedeu. Wieder war der Gro~kreis durch die Dnrch- bewegungsrichtung senkrecht auf die Schieferungsebene besetzt, das fr(there Maximum im Pol der Schieferung hier aber ein Minimum. Daf/Ir aber die Richtung des tektonischen Streichens ein deutllches Maximum.

Die Streuungen waren bei dieser kristallisationsschiefrigen Reihe bedeutend gr5l~er als bei der frtiheren.

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind zwar noch zu wenig umfassend um allgemeine Schlilsse zu ermSglichen. Sie zeigen abet sehon, dal~ die Regelungen der Quarze im Gesteinsgefilge weitgehende Analogie mit denen der Kristalle il~ verformten Metallen besitzen. Sie zeigen ferner, dal~ auf diesem Wege wertvolle

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Bericht tiber die 11. Jahresversammlung der Deutsch. Min. Gesellschaft. 91

Anhaltspunkte fttr die Tektonik gewinnbar sind, elnmal aus den Symmetrieverh~It- nissen des Gef~igebildes auf die Richtungen der tektonischen Verformung, ander- seits aus der Art des Gef~gebildes auf die geologischen Bedingungen der Ver- formung. Es wurde dabei die Frage aufgeworfen, ob die beiden so verschiedenen Typen der Geft~gebilder nicht dadurch bedingt sind, dal~ in einem Falle der Quarz als Alpha-, im anderen FaUe als Betaquarz verformt ~ wurde.

Die Ergebnisse der Untersuchung bestAtigen vollkommen die Anschauungen, die S a n d e r auf anderem Wege ~lber die Regelung des Quarzgeft~ges gewonnen hat.

Zum Schlasse betont der Vortragende die Wichtigkeit der zur Tektonik orientierten Schliffe, da die anderen fttr Gefttgeuntersuchung nicht brauchbar sind.

Diskuss ion: A. Johusen~ Berlin.

Ieh erkl~re mir das Zustandekommen der Trenerschen Gefiigeregel (Haupt- achse des Quarzes ann~hernd senkrecht zur Schieferung) etwa so: Ein Quarzkorn geht bei Schubbeanspruchungen in gefaltete Gl'eitlamellen ~iber, die entsprechend der sogenannten B6hmschen Streifung ungef~hr parallel der Basis orientiert sind, so dal~ die Basis anniihernd parallel der Schieferungsebene des Gesteins liegt. Mit der Flfltelung der Lamellen sind Spannungen verbunden, so dal~ bei der folgenden Rekristallisation jede Gleitlamelle in ein Aggregat yon Quarzkristatlen zerf~llt, deren gegenseitige Grenzfl~chen zirka parallel der Faltungsachse liegen mtlssen und die, ebenso wie die urspr~lngliche Gleitlamelle, ihre Hauptachsen (optische Achsen) mehr oder weniger senkrecht zur Schieferungsebene gerichtet haben.

Herr Becke bemerkt hierzu, daft diese Erkl~rung sehr gut auf seine Be- obachtungen passe.

J. Fromme-Egeln legte vor und ~esprach quarzft~hrende Fayalitgabbros (nach Ramdohr), Orthit und Gadolinit in und auf Pegmatit, Carearo und l~ephrit, sfi:ntlich aus dem Radautal im Harz. Nach Frommes Ansicht mu~ hlr diesen Fundort an einer Entstehung des Carcaro und des Nephrit aus Pyroxen und aus Serpentin festgehatten werden. Im tlbrigen k~ndigte er das demn~,chstige Erscheinen seines regionalen Werkes: ,Die Minerale des Broekengebirges, insonderheit des Radautales ~ an.

Graphische Darstellung volt Gesteinsanalysen. F. Beeke, Wien:

Der Inhalt dieses ¥ortrages ist in dem vorliegenden Heft der Min. Petr. Mitt., Seite 27, wiedergegeben.

Petrochemische Untersuchung ungarischer Eruvtivgesteine. B. Manritz- Budapest, mit Analysen yon H. F. Haarwood-London.

Es wurden die Liparite und Andesite des.M~'ttragebirges in geologisch-petro- graphisch-chemischer Beziehung untersucht. Die Eruptionen der Liparite wieder- holten sieh mindestens dreimal in dieser Gegend; es waren wahrscheinlich sub- marine Eruptionen. Itauptausbruch der Andesite in der Mioc~nzeit. Auf Grund yon 20 neuen Analysen (Analytiker Mauritz) wurden die Differentiationsdiagramme konstruiert; bemerkenswert ist, dab die basischen Pyroxenandesite teilweise schon

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~'~ Exkursionsbericht der D. M. G. anl~l~lich der XI. Jahresversammlung.

in die Reihe der Anorthosite geh6ren. N6rdlich vom Matragebirge befinden sich plioc~ne Basalte (mehrere neue Analysen yon Harwood); diese Gesteine m/lssen als Tephrite und Basanite bezeichnet werden.

Bericht tiber die Exkursion der Deutschen Minera- logischen Gesellschaft im Anschlusse an die

XI. Jahresversammlung in ZUrich. L e i t e r d e r E x k u r s i o n : P. Niggli (Zttrich) wissenschaftlicher Teil,

und L. Weber (Ztirich) gesch/fftlicher Teil. Z a h I d e r T e i I n e h m e r : Fiir die 3tlgige Exkursion $6, flir die 4t~gige 46. Zeit: Dienstag, den S. September bis Samstag, den 1~. September 1925.

Dienstag nachmittags, zwei Stunden nach Schlu5 der ~vissenschaftliehen Sitzung, Abfahrt nach Airolo. Nach dem Abendessen gab der erstgenannte Leiter einen •Tberblick tiber die geologischen und petrographischen Verhiiltnisse des Exkursionsgebietes. Der Hauptzweck der Exkursion war mit jungen triasischen bis liasischen Gesteinen bekannt zu machen, die w~thrend der alpinen Faltung intensiv metamorphosiert wurden, ohne dal~ eigentlich magmatische Agentien mit- wirkten. Diese Gesteine sind in Muldenzonen erhalten geblieben. Neben ihnen treten varistische Eruptivgesteine und mehrfsch metamorphe kristalline Schiefer auf.

Am Mittwochmorgen studierte die eine Gruppe der Exkursionsteilnehmer zuerst die Hornbleudegarbenschiefer und Granatphyllite der Tremolaserie an der Gotthardstralle, w~hrend die andere Gruppe direkt n~tch Ambri-Piotta und yon da mit der Drahtseilbahn nach Piora fuhr. Nachmittags marschierten die vereinigten Gruppen yon Piora ~ber den Passo deU'Uomo nach Santa Maria am Lukmanier. ~uarzite, Staurolithschiefer, granathihrende Bttndnerschiefer, Rauhwacke, Amphi- bolite, Streifengneise konnten auf dem Wege beobachtet werden.

Der Donnerstag war dem eigentlichen Studium der jungmetamorphen Ge- steine gewidmet. Zuerst wurden auf dem Schuttkegel yon Casaccia die fossilftihrenden Bttndnerschiefer der Scopimulde geschlagen. Die sildlich anschlie~ende, intensiv verfaltete Muldenzone mit hochmetamorphen Gesteinen wurde yon Pian di Segno his Frodalera verfolgt. (Disthen, Staurolith, Granat, Hornblende, Biotit, Plagioklas.) Eine Gruppe lie~ es sich nicht nebmen, die verf~Iteten Granat-Turmalin-Disthen- gneise der Lucomagnodecke selbst gegen den Passo Sole hin zu untersuchen.

Am Freitag ging es der Lukmanierstra~e entlang, quer dutch das Gotthard- massiv nach Curaglia. In tier n6rdlichen Muldenzone wurden bei der Brilcke ';on Curaglia die Chloritoidschiefer und der Verrucano geschlagen. In Curaglia wurde nach Ansprache yon F. Rinne und Aulich der erste Teil der Exkursion geschlossen. Der Rest der Teilnehmer (4(;) wurde durch das Somvixerzwischenmassiv mit seinen Sericitschiefern, Dioriten, Talkgesteinen und Serpentin nach Disentis und weiter nach Truns gefiihrt.

Samstag wurden im Val Puntaiglas im Aufstieg nach der Alp gleiehen Namens die Syenitgranitel Granite, Monzonite und Diorite teils anstehend, tells im Baehschutt untersucht. Neuschnee verhinderte den Aufstieg zu den Gletschern, so dab nach Ansprache yon H. Sehneiderh6hn und P. Niggli bereits nachmittags Schlul~ der Exkursion erkl~irt werden mu~te.