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Ausbildung behinderter in Betrieb und I::Jeru, •• BAR Schlussfolgerung aus dem Modellprojekt lt REGionale NEtzwerke zur beruflichen Rehabilitation (lern-)behinderter Jugendlicher (REGINE)" Beiträge und Ergebnisse einer Fachtagung am 21. April 2004 im Kleisthaus zu Berlin

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Ausbildung behinderter in Betrieb und I::Jeru,••

Chancen,Erlahrung~

BAR

Schlussfolgerung aus dem Modellprojekt ltREGionale NEtzwerke zur beruflichen Rehabilitation

(lern-)behinderter Jugendlicher (REGINE)"

Beiträge und Ergebnisse einer Fachtagung am 21. April 2004 im Kleisthaus zu Berlin

Herausgeber: Bundesarbeitsgemeinschaft fOr Rehabilitation (BAR) Walter-Kolb-Straße 9-11 60594 Frankfurt am Main Telefon: (069) 60 50 18-0 Telefax: (069) 60 50 18-28 E-Mail: [email protected] Internet: www.bar-frankfurt.de

Frankfurt am Main 2004

ISBN 3-9807410-4-4 ·

Ausbildung behinderter Jugendlicher in Betrieb und Berufsschule

Chancen, Erfahrungen, Grenzen

Schlussfolgerungen aus dem Modellprojekt der

Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation "REGionale NEtzwerke

zur beruflichen Rehabilitation (lern-)behinderter Jugendlicher (REGINE)"

Beiträge und Ergebnisse einer BAR-Fachtagung

am 21. April 2004 im Kleisthaus zu Berlin

Bearbeitung:

Dr. Hendrik Faßmann

Renate Steger

Institut für empirische Soziologie

an der Friedrich-Aiexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Aus den Grußworten lngo Nürnberger, Kar/ Hermann Haack, Wolfgang Rombach

"REGionale NEtzwerke zur beruflichen Rehabilitation (lern-) behinderter Jugendlicher (REGINE)" - Überblick über Anliegen, Anlage und Ergebnisse eines Modellprojekts der Bundesarbeits­gemeinschaft für Rehabilitation Dr. Hendrik Fassmann, Renale Steger

1 Einführung

1. 1 Der Lernort "Betriebliche Ausbildung und reha-spezifische Förderung durch einen Bildungsträger" und ihre Einordnung in das Lernortekonzept der Bundesagentur für Arbeit

1.2 Anliegen und Anlage des BAR-Modellprojekts REGINE

1.3 Produkte der Begleitforschung

2 Ergebnisse des Modellprojekts

2.1 Grundgesamtheit und Datenbasis

2.2 Die Zielgruppe des Modellprojekts

2.3 Förderstrukturen und Leistungsmerkmale des neuen Lernorts im Rahmen des Modellprojekts

2.4 Beurteilung der reha-spezifischen Förderung durch Auszu­bildende und Ausbildungsbetriebe

2.5 Ergebnisse der betrieblichen Berufsausbildung mit reha­spezifischer Förderung im Überblick

2.6 Ergebnisse der betrieblichen Berufsausbildung mit reha­spezifischer Förderung nach ausgewählten Merkmalen

2.7 Umsetzung von regionaler und überregionaler Vernetzung

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2.8 Möglichkeiten und Grenzen der Regelbeschulung in der Praxis 31

2.9 Kosten der Teilhabeleistung 31

3 Fazit und Handlungsempfehlungen 33

Ergebnisse der Plenumsdiskussion Berichterstattung: Renale Steger, Dr. Hendrik Fassmann 35

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Arbeitsgruppe 1: Auswahl der Teilnehmer(innen) Moderation: Ro/f-Jürgen Maier-Lenz

Impulsreferat Margit Armoneit, Hartmut Querengässer

Diskussionsergebnisse Berichterstattung: Jochen Steinhagen

Arbeitsgruppe 2: Ausbildungsplatzakquisition und Unterstützung von Ausbildungsbetrieben Moderation: Eva U/lrich

Impulsreferat Gerd Specht

Diskussionsergebnisse Berichterstattung: Dr. Hendrik Faßmann

Arbeitsgruppe 3: Verbesserung der Unterstützung wohnortnaher Ausbildungskonzepte durch Berufsschulen Moderation: Erich Lenk

Impulsreferat Brigitte Kumbier-Jordan

Diskussionsergebnisse Berichterstattung: Birgit Lechner

Abschließende Plenumsdiskussion Berichterstattung: Renate Steger, Dr. Hendrik Fassmann

Liste der Fachtagungsteilnehmer(innen)

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Vorwort

1998 gab die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) den Anstoß zum Modellprojekt REGINE: Erprobt werden sollte die Möglichkeit, behinderte Jugendliche unter "normalen" Bedingungen, d.h. in Betrieb und (Regei-)Berufs­schule, auszubilden, und sie dabei reha-spezifisch durch einen Bildungsträger zu fördern. Während eines Zeitraums von fünf Jahren wurden in enger Koope­ration von Rehabilitationsfachkräften, Reha-Berater(innen) und einem Begleit­forschungsteam Erfahrungen mit dieser neuartigen Pflichtleistung der Bundes­agentur für Arbeit zur Teilhabe am Arbeitsleben gesammelt und ausgewertet.

Die Ergebnisse der Begleitforschung zu diesem Projekt, das bundesweit an neun Standorten durchgeführt wurde und sich primär auf lernbehinderte Ju­gendliche konzentrierte, wurden im Dezember 2003 vom Institut für empirische Soziologie an der Friedrich-A/exander-Universität Erlangen-Nümberg vorgelegt. Sie ermutigen dazu, die Möglichkeiten einer betrieblichen Rehabilitation bei der Erstausbildung noch stärker als bisher zu nutzen. Allerdings stehen dem in der Praxis immer noch Hindernisse entgegen, die nur zu überwinden sind, wenn alle Beteiligten - Rehabilitationsträger, Betriebe, Berufsschulen und Bildungs­träger- konstruktiv zusammenarbeiten.

Vor diesem Hintergrund veranstaltete die Bundesarbeitsgemeinschaft für Re­habilitation am 21. April 2004 unter der Schirmherrschaft des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Herrn Kar/ Hermann Haack, die Fachtagung "Ausbildung behinderter Jugendlicher in Betrieb und Berufsschule - Chancen, Erfahrungen, Grenzen" im Kleisthaus zu Berlin. Ziel dieser Veranstaltung war es,

- über das Konzept der Teilhabeleistung "Betriebliche Ausbildung und reha­spezifische Förderung durch einen Bildungsträger'' sowie

- die Anlage des BAR-Modellprojekts REGINE und seine Ergebnisse zu in­formieren,

- Schlussfolgerungen aus den gesammelten Erfahrungen zu den Chancen, aber auch den Grenzen einer "normalen" Ausbildung behinderter Jugendli­cher zu ziehen und

- gemeinsam nach Wegen zu suchen, die Rahmenbedingungen der betrieb-lichen Erstausbildung behinderter junger Menschen weiter zu verbessern.

Die Fachtagung wurde gestaltet von am BAR-Modellprojekt REGINE beteiligten Akteur(inn)en und moderiert von Mitgliedern des Begleitforschungsteams. Knapp 100 Fachleute von Rehabilitationsträgern, Schulbehörden, Arbeitgeber­schaft, Arbeitnehmervertretungen, Selbsthilfeverbänden, lntegrationsämtern, Sozialpolitik und Wissenschaft beteiligten sich an dieser Veranstaltung und trugen durch zahlreiche engagierte Beiträge zu einem erfolgreichen Verlauf bei.

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Mit der vorliegenden Broschüre möchte die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation die Arbeitsergebnisse und Diskussionsbeiträge dieser Fachta­gung einem breiteren lnteressent(innen)kreis zugänglich machen.

Die Geschäftsführung der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation dankt allen Beteiligten, die durch ihr Engagement zu einem guten Gelingen der Ver­anstaltung und zum Entstehen dieser Schrift beigetragen haben!

Aus den Grußworten

lngo Nürnberger

Vorstandsvorsitzender der

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Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation

Es geht heute darum, Schlussfolgerungen aus dem BAR-Modellprojekt "REGI­onale NEtzwerke zur beruflichen Rehabilitation behinderter Jugendlicher RE­GINE" zu ziehen.

Auf einer Tagung hier in Berlin vor einigen Wochen, die von der Bundesagentur für Arbeit ausgerichtet worden ist, hat Herr Alt, Mitglied des Vorstandes der Bundesagentur, in seiner Grundsatzrede darauf hingewiesen, dass die Bun­desagentur für Arbeit künftig mehr betriebliche Ausbildung im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben durchführen bzw. fördern will.

Das zeigt, dass die BAR hier offensichtlich einen guten Riecher gehabt hat. Denn sie hat bereits 1998 ein Modellkonzept erarbeitet, das zum Ziel hat, wohnortnahe Ausbildungsangebote für behinderte Jugendliche im dualen Aus­bildungssystem zu vernetzen und zu erproben. Zielgruppe hierbei waren insbe­sondere lernbehinderte Jugendliche, die wegen Art oder Schwere der Behinde­rung besonderer Hilfen zur beruflichen Eingliederung bedurften, die über die so genannten ausbildungsbegleitenden Hilfen hinausgehen, die aber nicht auf ununterbrochene dichte und intensive Betreuung einer über- bzw. außerbe­trieblichen Rehabilitation angewiesen sind. Es ging darum, die vorhandenen Leistungsmöglichkeiten wohnortnaher Einrichtungen zu nutzen und sie mit dem Ziel der sozialen und beruflichen Integration der Jugendlichen in einem Netz­werk zusammenzuführen. Diese koordinierenden und unterstützenden Funktio­nen konnten von Berufsbildungswerken, sog. sonstigen Rehabilitationseinrich­tungen und freien Bildungsträgern wahrgenommen werden.

Es steht außer Zweifel, dass es Jugendliche mit Behinderungsbildern gibt, die für ihre erfolgreiche berufliche Ersteingliederung auf eine sehr intensive Unter­stützung und Betreuung angewiesen sind und es kann deswegen auch nicht in Zweifel gezogen werden, dass für diesen Personenkreis die Berufsbildungs­werke mit ihren komplexen, umfangreichen begleitenden Diensten, den eige­nen Berufsschulen, den Internaten, der Freizeitbetreuung oftmals die einzigen geeigneten Lernorte darstellen. Aber das schließt unseres Erachtens nicht aus, dass es unter den lernbehinderten Jugendlichen eine größere Anzahl gibt, die im dualen System ausgebildet werden können, wenn hierzu ausreichende ausbildungsbegleitende Dienste und pädagogische Hilfestellungen vorgehalten werden.

Die Nutzung solcher wohnortnaher Angebote setzt voraus, dass die Betriebe und die Verwaltung bereit und in der Lage sind, behinderte Jugendliche auszu­bilden. Diese Bereitschaft ist in den vergangenen Jahren zurückgegangen, und zwar in einer Situation bei gleichzeitig steigenden Schulentlass-Zahlen. Für das Zögern der Arbeitgeber sind sicherlich die schlechten wirtschaftlichen Rah-

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8 /ngo Nürnberger, Kar/ Hermann Haack, Wolfgang Rombach

menbedingungen mit verantwortlich zu machen. Auch und gerade unter diesen Bedingungen müssen wir unter allen Umständen versuchen, Betriebe auf ihre Verantwortung zur Ausbildung hinzuweisen. Gleichzeitig muss und kann der Staat auch die Unternehmen dabei unterstützen, betriebliche Ausbildungsplät­ze bereitzustellen, eben gerade für behinderte junge Menschen. Diese Unter­stützung sollte auch offensiv angeboten werden. Von großer Bedeutung ist dabei auch, dass die Länder eine angemessene Förderung behinderter Ju­gendlicher im Berufsschulbereich sicherstellen. Denn ein wesentliches Anlie­gen des BAR-Modellprojekts war es, die Ausbildung "so normal wie möglich und so speziell wie erforderlich" durchzuführen.

Das bedeutet, dass die praktische Ausbildung im Betrieb und die theoretische in Berufsschulen erfolgen sollten. Erfahrungen aus vergleichbaren Projekten zeigen, dass sich dabei das Zusammenspiel aus überregionaler oder überbe­trieblicher Beratung auf der einen Seite und die regionale Integration, d.h. die regionale Unterstützung und Moderation vor Ort - z.B. in der Zusammenarbeit mit den Betrieben - auf der anderen Seite, bewährt hat. Eine weitere These unseres BAR-Konzepts war, dass Jugendliche, denen die Möglichkeit gegeben wurde, im Rahmen der betrieblichen Ausbildung ihr Können und ihre Belast­barkeit unter Beweis zu stellen, eine besonders gute Chance auf eine spätere Übernahme durch den Ausbildungsbetrieb haben. Sie werden im Lauf dieser Tagung noch die Gelegenheit haben, diese These zu überprüfen und zu disku­tieren.

Ich möchte allen Beteiligten an diesem Modellprojekt meinen herzlichen Dank aussprechen. Mein persönlicher Eindruck ist, dass dieses BAR-Projekt sehr erfolgreich war. Ich bin gespannt, ob Sie ein gleiches Urteil fällen.

Kar/ Hermann Haack

Beauftragter der Bundesregierung für die Belange der behinderten Menschen

Wir befassen uns heute mit den Ergebnissen eines Modellprojektes regionaler Netzwerke, das sich mit der Möglichkeit der Teilhabe von Menschen mit Behin­derungen in der beruflichen Ausbildung befasst. Dieses Projekt hatte einen königlichen Namen: REGINE.

Ich will auf die inhaltlichen Dinge nicht eingehen, sondern stattdessen drei Dinge sagen: Diese Fachtagung steht heute im Kontext einer bundesweit ge­führten Auseinandersetzung über die Zukunft der beruflichen Bildung. Sie wis­sen, wir gehen von der Fraktion in das Geschäftsverfahren des Deutschen Bundestages das Ausbildungsp/atz-Sicherungsgesetz. Ich persönlich halte das für zu kurz gesprungen. Ich bin der Auffassung, man müsste das zum Anlass nehmen für eine grundsätzlich neue Debatte über den Stellenwert der berufli­chen Bildung. Ich gehöre einer Generation an, die Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre zur Zeit der sozialliberalen Koalition das damalige Erdmann­Gutachten gestützt haben, welches von der Gleichwertigkeit der formalen,

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Aus den Grußworten 9

theoretischen Bildung mit der beruflichen Bildung ausging. Ich habe mich da­mals als Kommunalpolitiker im Kreistag bei Debatten wie "Man muss Sport 'rausnehmen!", "Man mus~ allgemeine politische Bildung 'rausnehmen!", "Man muss Religionsunterricht uhd diese Dinge aus dem Kanon der theoretischen Fächer der beruflichen Bildung ·rausnehmen!" entschieden dafür eingesetzt, dass diese Inhalte Bestandteil der beruflichen Bildung bleiben. Ich halte immer noch fest an der Notwendigkeit der Verknüpfung von beruflicher und theoreti­scher Bildung. Sonst, wenn man das abkoppelt, wie das heute leichtfertig ge­fordert wird, ist das der Untergang der Facharbeiter-Qualifikation der Bundes­republik Deutschland und damit auch standortschädigend. Ich will damit den Stellenwert der heutigen Veranstaltung unterstreichen.

Ich will ein zweites sagen. Im Zuge der Neuordnung des Rehabilitationsrechtes SGB IX, Gleichstellungsgesetz, ist des Öfteren mal die Qualifikation und die Sinnhaftigkeit der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation in Frage ge­stellt worden. Hier stellt die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation unter Beweis, dass sie zu innovativen Schritten in der Berufsbildungspolitik, in der Politik für Menschen mit Behinderungen durchaus fähig ist. Ich möchte Herrn Steinke und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der BAR ein herzliches Dan­keschön dafür sagen, dass sie gewissermaßen der "Leitstier'', wenn ich das so ausdrücken darf, dieses Projektes sind. Wenn es gilt, die Ergebnisse umzuset­zen, dann sind meine Hörner auch mit dabei. Das will ich damit unterstreichen.

Das dritte, was ich ihnen sagen möchte, ist, dass wir zur Zeit dabei sind mit dem Arbeitsstab, vertreten durch Herrn Dr. Berringer, einen Workshop mit dem Haus des Handwerks vorzubereiten. Wir möchten das Projekt, 50.000 behin­derte Menschen wieder in den Beruf einzugliedern, verbinden mit einer Qualifi­kationsoffensive "Berufliche Bildung für Menschen mit Behinderungen". Und Grundlage dieser Aktion ist genau dieses Projekt, das wir hier heute diskutie­ren. Ich habe die ersten Gespräche schon geführt in meiner Region, Ostwestfa­len-Lippe, wo wir das RegioNet OWL haben. Es handelt sich dabei um ein regionales Netzwerk, welches die berufliche mit theoretischer Bildung, mit Be­trieben, mit Mittelstandsorganisationen verknüpft. Ich freue mich, dort bereits über positive Ergebnisse aus dem Projekt REGINE berichten zu können.

Diese Ergebnisse werden auch einfließen in die Debatte um das Ausbildungs­platz-Förderungsgesetz. Wir sind mit einer Gruppe von Bundestagsabgeordne­ten dabei, das Ganze auszuweiten, um in einem Beschluss des Deutschen Bundestags zu einer Neuordnung des Berufsschulwesens, des Ausbildungs­wesens in der Bundesrepublik generell zu kommen. Wenn man die Ergebnisse von PISA betrachtet, wenn man Gespräche rekapituliert, die man mit Betrieben geführt hat, dann liegen auch große Defizite an der Schnittstelle von schuli­scher Bildung, beruflich-schulischer Bildung und den tatsächlichen Kenntnissen und Fähigkeiten von Menschen, die in eine berufliche Qualifikation eintreten. Wir wollen versuchen mit einer Gruppe von Bundestagsabgeordneten das etwas mehr in den Vordergrund zu rücken gegenüber dem Aspekt einer ge­genseitigen Quotendiskussion.

10 /ngo NOrnberger, Kar/ Hermann Haack, Wolfgang Rombach

Wolfgang Rombach

Leiter der Unterabteilung Prävention, Rehabilitation und Behindertenpolitik

im Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung

Ich werde mein Grußwort hauptsächlich dazu nutzen, die Rahmenbedingungen vorzustellen, die durch die Novelle des SGB IX geschaffen wurden, das jetzt endlich auch den Bundesrat passiert hat.

Lernbehinderte Jugendliche außerhalb der Berufsbildungswerke in einem sog. Normalberuf auszubilden und zu erreichen, dass sie in diesem Beruf auch erfolgreich am Arbeitsleben teilnehmen, war und ist noch immer Neuland. Die­ses Neuland wird beschritten, und wie das REGINE-Projekt belegt, zeigen sich erste Erfolge. Von 71 Jugendlichen des Modelljahrgangs 1999 hat über die Hälfte, immerhin 39 Jugendliche, ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen. Das ist umso erfreulicher, als bei einer großen Zahl behinderter Jugendlicher das Selbstwertgefühl nach einer schwierigen Schulzeit schon am Boden liegt. Wenn dann noch eine frustrierende Suche nach einem betrieblichen Ausbil­dungsplatz hinzu kommt, bei der sie feststellen, dass niemand sie will und keiner sie braucht, besteht nicht nur die Gefahr, sich ausgegrenzt zu fühlen, sondern die einer tatsächlichen Ausgrenzung aus dem Arbeitsleben. Daher freut mich dieser Erfolg besonders.

Andererseits dürfen wir die Erfolge des Projekts nicht überbewerten. Herr Nürnberger erwähnte schon, dass auch die Berufsbildungswerke einen wichti­gen Stellenwert weiterhin haben werden. Wir sollten uns hüten in dieser Maß­nahme ein Allheilmittel zu sehen. Natürlich wird es auch in Zukunft nicht wenige behinderte junge Menschen geben, für die nur eine Berufsausbildung im be­sonders fördernden und zugleich beschützenden Umfeld einer Rehabilitations­einrichtung in Frage kommt, und zwar in ihrem eigenen wohlverstandenen Interesse. Es müssen also alle Umstände gesehen werden, um für und mit dem Jugendlichen die richtige Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben zu finden.

ln den vergangenen Jahren wurden mit Erfolg von allen Beteiligten große An­strengungen unternommen, um die Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Men­schen zu senken. Hintergründe des Erfolges sind einerseits die progressive Gesetzgebung seit 1998, die die entsprechenden Instrumente zur Verfügung stellte, andererseits aber auch der Wille und das Zusammenwirken aller Betei­ligten. Mit dem von mir schon angesprochenen Gesetz zur Förderung der Aus­bildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen, dem der Bundesrat jetzt am 02. April zugestimmt hat, setzt die Bundesregierung den Weg fort, den sie eingeschlagen hat mit dem Schwerbehinderten-Förderungsgesetz und vor allem mit dem SGB IX.

Zu den Rahmenbedingungen, die ab dem 01. Mai 2004 gelten bzw. ab 01. Januar 2005, soweit es die Aufgaben der Integrationsämter betrifft: Das Gesetz verpflichtet Arbeitgeber, die über betriebliche Ausbildungsplätze verfügen und bereits nach heutigem Recht einen angemessenen Anteil dieser Ausbildungs-

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Aus den Grußworten 11

plätze mit schwerbehinderten Jugendlichen zu besetzen haben, künftig dazu, mit dem Betriebsrat oder der Personalvertretung und der Schwerbehinderten­vertretung über die Fragen der Besetzung von Ausbildungsplätzen mit schwer­behinderten Menschen zu beraten. Also eine Beratungspflicht, die die Gremien, die Vertretungen der Beteiligten, der Beschäftigten einfordern können. So sol­len in den sog. Integrationsvereinbarungen insbesondere auch Regelungen zu diesem Themenkomplex, also zur Politik des Unternehmens für die Berufsaus­bildung behinderter Jugendlicher, abgeschlossen werden.

Arbeitgeber können ab 2005 über die Leistungsmöglichkeiten der Förderin­strumente der Agenturen für Arbeit und der Rehabilitationsträger hinaus bei der Berufsausbildung behinderter Jugendlicher Prämien sowie Zuschüsse zu den Kosten der Berufsausbildung erhalten. Auch können Arbeitgeber, die zur Be­schäftigung schwerbehinderter Menschen nicht verpflichtet sind, z.B. weil sie weniger als 20 Personen beschäftigen, besondere Zuschüsse und Gebühren bekommen, die bei der Berufsausbildung entstehen. Hierzu zählen die Gebüh­ren im Zusammenhang mit Prüfungen bei Kammern und Innungen. Die Integra­tionsfachdienste sollen z.B. die Bundesagentur für Arbeit bei der Berufsbera­tung und der Berufsorientierung in den Schulen unterstützen und schwerbehin­derte Jugendliche bei der betrieblichen Berufsausbildung begleiten. Schwerbe­hinderte Auszubildende werden generell auf zwei Pflichtarbeitsplätze des Be­triebes angerechnet. Sie können, wenn die Vermittlung in eine Berufsausbil­dungsstelle wegen der Art oder Schwere ihrer Behinderung auf besondere Schwierigkeiten stößt, auf drei Pflichtarbeitsplätze angerechnet werden, und somit bestehen mittelbare Anreize durch Einsparung von Aufwendungen für den Arbeitgeber. Bei Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis im Anschluss an die Berufsausbildung gilt die Mehrfachanrechnung zunächst fort.

Betriebliche und überbetriebliche Berufsausbildung werden in der Weise mit­einander verzahnt, dass schwerbehinderte Jugendliche, die in einem Berufsbil­dungswerk oder einer anderen überbetrieblichen Bildungseinrichtung ausgebil­det werden, Abschnitte dieser Berufsausbildung künftig in Betrieben erhalten sollen. Hier setzen wir auf den sog. Klebeeffekt, der ja auch von den Personal­service-Agenturen bekannt ist, der Zeitarbeit. Denn ein Arbeitgeber, der einen behinderten jungen Menschen und seine Leistungsfähigkeit kennen lernt, ist weit eher bereit, ihn auch auf Dauer in sein Unternehmen zu integrieren.

Nichts fördert das Selbstgefühl behinderter junger Menschen mehr als die Ge­wissheit, trotz behinderungsbedingter Einschränkungen und Belastungen eine Ausbildung an den gleichen Lernorten und zu den gleichen Bedingungen wie ihre nicht behinderten Altersgenoss(inn)en absolvieren zu können. Und diese Lernorte sind nun einmal der Betrieb und die Berufsschule. Nur dort ist eine Begegnung "auf gleicher Augenhöhe" denkbar. Das Projekt REGINE zeigt, dass dies möglich ist. ln diesem Sinne sollten wir weitermachen.

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"REGionale NEtzwerke zur beruflichen Rehabilitation (lern-)behinderter Jugendlicher (REGINE)"

Überblick über Anliegen, Anlage und Ergebnisse eines Modellprojekts

der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Dr. Hendrik Faßmann, Renate Steger

Institut für empirische Soziologie an der Friedrich-Aiexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Gliederung

1 Einführung 1.1 Der Lernort "Betriebliche Ausbildung und rehe-spezifische Förderung

durch einen Bildungsträger" und ihre Einordnung in das Lernortekon­zept der Bundesagentur für Arbeit

1.2 Anliegen und Anlage des BAR-Modellprojekts RE GI NE 1.3 Produkte der Begleitforschung

2 Ergebnisse des Modellprojekts 2.1 Grundgesamtheit und Datenbasis 2.2 Die Zielgruppe des Modellprojekts 2.3 Förderstrukturen und Leistungsmerkmale des neuen Lernorts

im Rahmen des Modellprojekts 2.4 Beurteilung der reha-spezifischen Förderung durch Auszubildende

und Ausbildungsbetriebe 2.5 Ergebnisse der betrieblichen Berufsausbildung mit rehe-spezifischer

Förderung im Überblick 2.6 Ergebnisse der betrieblichen Berufsausbildung mit reha-spezifischer

Förderung nach ausgewählten Merkmalen 2.7 Umsetzung von regionaler und überregionalerVernetzung 2.8 Möglichkeiten und Grenzen der Rageibeschulung in der Praxis 2.9 Kosten der Teilhabeleistung

3 Fazit und Handlungsempfehlungen

1 Einführung

1. 1 Der Lernort "Betriebliche Ausbildung und reha-spezifische Förderung durch einen Bildungsträger" und ihre Einordnung in das Lernortekonzept der Bundesagentur für Arbeit

Nach dem bundesdeutschen Arbeitsförderungsrecht richten sich Art und Um­fang berufsfördernder Maßnahmen für Behinderte nach dem individuellen För­derbedarf. Demnach ist jeweils die für den Einzelfall am besten geeignete Leis­tung oder Kombination von Leistungen zu wählen, wobei

14 Hendrik Faßmann, Renate Steger

- das Erfordernis der Maßnahmen wegen Art und Schwere der Behinde­rung,

der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit,

die Erfolgsaussichten der Eingliederung und

die vorrangig ortsnahe Leistungserbringung

zu berücksichtigen sind. Vor diesem Hintergrund entwickelte die Bundesagen­tur für Arbeit das in Abbildung 1 dargestellte gestufte Lernortekonzept Dabei sollen nach Möglichkeit wohnortnahe Ausbildungsangebote genutzt werden, wenn zu erwarten ist, dass hier die im Einzelfall erforderliche Betreuung sicher­gestellt ist. Jugendliche, die wegen Art und Schwere der Behinderung besonde­rer Hilfe bedürfen, die über die Angebote des Benachteiligtenprogramms hi­nausgehen, wurden in der Vergangenheit im Allgemeinen vorwiegend in über­betrieblichen Einrichtungen gefördert.

Förderung a!s a!lgemeirw Leistung ' Fi;!rdE~ruog als bf!sqodere Leistung Vorrang der Kannleistung (§ 100f SGB 111) Pf!icl,tleistung (§ 102f SGB 111) _ _;{f_(i_r s,_e_h_in_<le_rt_e_u_nd_Ni_ch_!b_e_,ll_in_<l_ert_a;_) _J {wefl'"' Art. oder Schwa~ d~~ i:lehlntl<mlllg unerliJjilJich

Betriebliche ' Ausbildung §25BBiG

··--

Abbildung 1

Betriebliche Ausbildung

mitabH § 25 BBiG (§48 BBiGI §42b HwO

_Ausnahme)

BOE (Berufs­

ausbildung in außer~

betrieblichen Einrichtungen)

§ 25 BBiG (§48 BBiGI §42bHwO Ausnahme)

Betriebliche Aus~iictUnfl mit <elu;:

spezifischer Förderung durch

Sildur.gsiräger §258BiG §4S8BIGI §42b H'i>'O

RFGJNE Zielgruppe:

SRE BßW (Sonstige · (B<i\rufs-Reha-Ei.h· bild\ings-richt!lr.ger!} . wBrke} . § 25 ßBiG § 25 ßBiG § 48 BßiGI § 48 aa;Gf

=·~=~ .. ~.~j ~§-42_b_H_w__,.o

Behinderte, die nicht auf überbetriebliche Einrichtungen angewiesen sind,

allgemeine Leistungen jedoch nicht aus:reic:hen

Dieses Lernortekonzept wurde im Januar 1998 durch den Erlass lc5-6530A/ 5390n1097 ergänzt, um auch eine betriebliche Erstausbildung behinderter Personen, die nicht auf überbetriebliche Einrichtungen angewiesen sind, für die allgemeine Leistungen jedoch nicht ausreichen, im Rahmen der besonderen Leistungen fördern zu können und somit eine wohnortnahe berufliche Rehabili­tation unter günstigeren Bedingungen als bisher zu ermöglichen. Dazu sollen

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Oberblick über Anliegen, Anlage und Ergebnisse des Modellprojekts REGINE 15

vorhandene wohnortnahe Ausbildungsangebote im dualen Ausbildungssystem genutzt werden, d.h. die (ln der Regel) jugendlichen Adressat(inn)en werden in Betrieb und (Regel-) Berufsschule ausgebildet. Parallel hierzu erhalten sie durch Bildungsträger vor Ort intensive Unterstützung.

Damit wird angestrebt, die Eingliederungschancen behinderter Jugendlicher in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu erhöhen. Es wird angenommen, dass Perso­nen, die betrieblich ausgebildet wurden und dabei ihre Belastbarkeit unter Be­weis stellen konnten, besonders gute Chancen zur Übernahme durch den Aus­bildungsbetrieb ("Kiebeeffekt") und zur Eingliederung auf dem allgemeinen Ar­beitsmarkt, insbesondere im Bereich klein- und mittelständischer Betriebe, ha­ben.

Das Konzept der "Betrieblichen Berufsausbildung und reha-spezifischen Förde­rung durch einen Bildungsträger" ist durch drei Phasen gekennzeichnet, wie in Abbildung 2 dargestellt sind:

1, Pl!ase: Vorbereitung der Berufsausbildung )> Bewerbungstraining ./-Ausbildungsvorbei"eiturig > Akquisition von Ausbildünglll:letrieben > Erprobungspraktikä > Aufbau I Aktivierung von Netzwerkkontakten

2. Phase: Wolmortnahe Etstausbi!du~g it> Seitlebund Regelberuf!lachule > Praktische Ausbildung Im Betrieb iAusbildungsvertragi) . l> Theoretische. Ausbildurig in der Regelberufsschule > Stütz- und Förderunterficht > lndlviduelki sozialpädagogische Betreuung l> Beratung und Unterstützung von Betrieben und Berufsschule l> Wohnortnahe Netzwerkpflege und 'llrweiterung ·

3. Phase: Nachbetreuung I Obergangshlll'en > Hilfen zur Begründung I Festigung eines Arbeitsverhältnisses > Hilfen zu weiterer Ausbildung

~er7ttU~g,. kris&ninte_rvtinti-On,-WOh-riungssuche, usw~

itiihl!lt!H~I*Iii'ft~!im~:g;;~'!l'g!iiili;iliJi§f.lt~i@~lfit~!li&1~mlRgil!~liilfll1!11!!i!fU

Abbildung 2

Demnach erfolgt die Berufsausbildung in einem "normalen" Betrieb am (offe­nen) Arbeitsmarkt (jedoch nicht in einer außerbetrieblichen Einrichtung wie BBW, BüE). Zwischen den Jugendlichen und den Ausbildungsbetrieben (und nicht zwischen Jugendlichen und Bildungsträgern) wird ein Ausbildungsvertrag geschlossen. Der Unterricht findet in der Regelberufsschule statt, wobei nicht ausgeschlossen ist, dass hier besondere Vereinbarungen oder Arrangements (z.B. spezielle Klassen, besondere Betreuung) getroffen werden, um den be­hinderten Jugendlichen gerecht zu werden. Stütz- und Förderunterricht, Unter-

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16 Hendrik Faßmann, Renate Steger

stützung bei der Prüfungsvorbereitung, sozialpädagogische Hilfen sowie Über­gangshilfen nach Abschluss der Ausbildung werden wohnortnah, nach Mög­lichkeit zugehend (z.B. im Kontext mit Betrieb und I oder Berufsschule) organi­siert und durchgeführt. Angebote von medizinischen und psychologischen Diensten werden, so weit erforderlich, nicht vom Bildungsträger bereitgestellt, sondern unter Nutzung des wohnortnah vorhandenen institutionalisierten Ver­sorgungsnetzes in Anspruch genommen.

Dem Rehabilitationsteam des Bildungsträgers obliegt es, im Rahmen von be­hinderungsbezogener Problemabklärung, Förderplanung und Förderplanfort­schreibung Problemlösungen zu erarbeiten und umzusetzen, die explizit auf den Aufbau und die Nutzung vorhandener regionaler Netzwerke einschließlich der vorhandenen professionellen Dienste rekurrieren. Selbstverständlich ge­schieht dies im Dialog mit den Rehabilitand(inn)en, aber auch mit den anderen Kooperationspartner(inne)n (z.B. aus Betrieb, Schule, Familie). Das Team soll sein Engagement deshalb vor allem auch um Aktivitäten wie Besuche am Ar­beitsplatz, Hausbesuche oder institutionelle Zusammenarbeit mit anderen Be­teiligten erweitern.

Über diese Aufgaben hinaus kommen dem Bildungsträger wichtige Aufgaben im Vorfeld der Ausbildung, wie Bewerbungstraining und Hilfe bei der Suche von Praktikums- und Ausbildungsplätzen zu. Soweit erforderlich erhalten die Aus­zubildenden nach Abschluss der Ausbildung nachgehende Hilfen.

Deutlich erkennbar ist, dass "Betriebliche Berufsausbildung und reha-spezifi­sche Förderung durch einen Bildungsträger" weit mehr beinhaltet als ausbil­dungsbegleitende Hilfen (abH nach § 241 Abs. 1 SGB 111). Letztere sehen zur Sicherung des Erfolges einer betrieblichen Ausbildung Stützunterricht und so­zialpädagogische Begleitung vor, die auf Antrag des Ausbildungsbetriebes oder Maßnahmeträgers bereits zu Beginn und auch für die gesamte Zeit der Ausbil­dung (als allgemeine Leistungen zur beruflichen Eingliederung) in Anspruch genommen werden können (bewilligt in der Regel für ein Jahr). Erfahrungsge­mäß reduzieren sich diese Hilfen in der Praxis allerdings auf Nachhilfeunterricht in Krisensituationen, also insbesondere bei drohendem Ausbildungsabbruch sowie auf die Zeit unmittelbar vor der Abschlussprüfung.

1.2 Anliegen und Anlage des BAR-Model/projekts REGINE

Anliegen der Modellinitiative der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) "REGINE- REGionale NEtzwerke zur beruflichen Rehabilitation (lern-) behinderter Jugendlicher" war es, die Ausgestaltung und Umsetzung der orts­nahen Berufsausbildung auf der Grundlage der neuen Fördermöglichkeit kon­trolliert zu erproben, auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen und ggf. zu opti­mieren. Beginnend mit dem Schulabschlusshalbjahr 1998/99 wurden sukzessi­ve vier Jahrgänge lernbehinderter Jugendlicher an neun Standorten bundes­weit einbezogen (siehe Abbildung 3).

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Oberblick über Anliegen, Anlage und Ergebnisse des Modellprojekts REGINE 17

Abbildung3

Das Projekt, das im Dezember 2003 endete, wurde wissenschaftlich begleitet durch das Institut für empirische Soziologie an der Friedrich-A/exander­Universität Erlangen-Nürnberg. Dabei sollte die Begleitforschung nicht nur pro­zessbegleitend ergebnisorientiert arbeiten (summative Evaluation), sich also auf die Feststellung von Rehabilitationserfolgen beschränken. Vielmehr sollte sie durch formative Evaluation auch einen Beitrag zur Konzeptentwicklung und -präzisierung des neuen Lernorts leisten.

1.3 Produkte der Begfeitforschung

Abgesehen von der Präsentation wichtiger Projektergebnisse in Form von Pro­tokollen, jährlichen Berichten und anderen Publikationen konnten im Rahmen des Projekts weitere wichtige Produkte erarbeitet werden:

So wurden etwa die Dokumentationsunterlagen, die zunächst nur für Zwecke der prozessbegleitenden Evaluation vorgesehen waren, in einigen Einrichtun­gen in Instrumente überführt, die dort routinemäßig zum Assessment und zur Maßnahmedokumentation verwendet werden, und wurden gelegentlich sogar in das einrichtungsinterne Qualitätssicherungshandbuch aufgenommen.

Dies gilt auch im Hinblick auf die REGINE-Arbeitsstandards, die im Projektver­lauf entwickelt und publiziert werden konnten: Dies geschah im Rahmen über­regionaler Workshops, die von der Begleitforschung vorbereitet und moderiert wurden und an denen neben den Bildungsträgern auch die Reha-Berater(in­nen) der Arbeitsagenturen an den Projektstandorten sowie Vertreter(innen) von

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18 Hendrik Faßmann, Renate Steger

Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung, Bundesarbeitsge­meinschaft für Rehabilitation und Bundesagentur für Arbeit teilnahmen.

Diese Workshops dienten darüber hinaus auch dem überregionalen Erfah­rungs- und Informationsaustausch zwischen den Projektpartnem. Wie uns be­richtet wurde, werden viele dieser Kontakte weiter aufrechterhalten und bei Be­darf problemorientiert in Anspruch genommen.

2 Ergebnisse des Modellprojekts

2. 1 Grundgesamtheit und Datenbasis

Die im Folgenden dargestellten Ergebnisse basieren auf Datenquellen wie

- der Dokumentation von Daten der Rehabilitand(inn)en,

- Gesprächen mit Reha-Berater(inne)n der Arbeitsämter,

- Gesprächen mit Mitarbeiter(inne)n der Bildungsträger,

- mündlichen und schriftlichen Befragungen von Arbeitgeber(inne)n der Aus-bildungsbetriebe,

- mündlichen und schriftlichen Befragungen von Berufsschullehrer(inne)n und Schulleiter(inne )n,

- Gruppendiskussionen mit Vertreter(inne)n von Regelberufsschulen und Kultusadministration,

- mündlichEm und schriftlichen Befragungen der am Modellprojekt beteiligten Jugendlichen.

Im Rahmen der Rehabilitand(inn)endokumentation wurden Daten von 370 Ju­gendlichen erfasst, die in vier aufeinander folgenden Jahrgängen am Modell­projekt teilnahmen. Der erste Jahrgang begann die Ausbildung im Herbst 1999, der letzte im Herbst 2002. Bedingt durch die Projektlaufzeit konnten nur die Ju­gendlichen des ersten Modelljahrgangs während aller drei Projektphasen wis­senschaftlich begleitet werden. Deshalb beziehen sich eine Reihe von Ergeb­nissen ausschließlich auf Jugendliche dieses Jahrgangs.

2.2 Die Zielgruppe des Modellprojekts

Die Auswahl der Auszubildenden, die im Rahmen des Modellprojekts gefördert wurden, erfolgte durch die Reha-Berater(innen) der regionalen Arbeitsämter. ln Abbildung 4 werden zentrale Merkmale aufgelistet, die kennzeichnend für die einbezogenen Teilnehmer(innen) waren. Demnach handelte es sich um eine ,.Positivauswahl" von lernbehinderten Jugendlichen: Dies ergibt sich notwendig aus den hohen Anforderungen, die eine betriebliche Ausbildung und der Be­such einer Regelberufsschule an Auszubildende mit Lernbehinderungen stel­len.

Oberblick Ober Anliegen, Anlage und Ergebnisse des Modellprojekts REGINE 19

)> Leichte bis mittlere Lernbehinderulig~il » zusätzlich leichte bis mittlere Verhaltensstörungen

(ein Drittel)

)> Vorwiegend Sonder-/ Förderschüler(innen) )> Teilweise mit Hauptschulabschluss (über die. Hälfte) » Teilweise mit berufsvorbereitenden Maßnahmen

(knapp die Hälfte)

:l> · ln der Regel positives soziales Umfeld

» 15 bis 23 Jahre alf(Modtis: 17 Jahre) :J> Ausländer(innen)anten: · 20% )> Frauenanteil: 35%

Abbildung4

Nach dem einhelligen Urteil von Reha-Fachkräften spielen bei der Entschei­dung für eine betriebliche Ausbildung insbesondere die sozialen Kompetenzen der Rehabilitand(inn)en eine wichtige Rolle. Verhaltensprobleme werden in der Regel von betrieblicher Seite kaum akzeptiert. Aus diesem Grund kommen hier nur Personen in Betracht, die allenfalls leichte bis mittelschwere Verhaltensauf­fälligkeilen aufweisen.

Der Anteil weiblicher Jugendlicher im Modellprojekt entspricht in etwa der ge­schlechtsspezifischen Verteilung an Förder- bzw. Sonderschulen. Ausländische Schüler(innen) sind dagegen im Modellprojekt etwas unterrepräsentiert.

2.3 Förderstrukturen und Leistungsmerkmale des neuen Lernorts im Rahmen des Modellprojekts

Wie oben gezeigt umfasst Förderung durch einen Bildungsträger Leistungen während der folgenden drei Phasen:

- 1. Phase: Vorbereitung der Berufsausbildung

- 2. Phase: Wohnortnahe Ausbildung in Betrieb und Regelberufsschule

- 3. Phase: Nachbetreuung I Übergangshilfen

ln der ersten Phase wurden im Durchschnitt etwas über 12 Stunden pro Reha­bilitand(in) aufgewandt. Hinsichtlich des Förderbedarfs zeigten sich jedoch bei den Jugendlichen erhebliche Unterschiede: er reichte von einer Stunde bis zu knapp 84 Stunden.

20 Hendrik Faßmann, Renate Steger

Abbildung 5 bietet einen Überblick über den Zeitaufwand, der auf die einzelnen Aktivitäten entfiel.

Persön­liche

Betreuung 30,9%

AbbildungS

Netzwerk­aktivitäten

17,9%

Bewerbungstraining . 4,4%

Kontakt zu abgebenden Institutionen 4,3%

Sonstige 5,7%

Ausbildungsplatzakquise 36,8%

Etwas mehr als ein Drittel der Jugendlichen schied nach der Vorbereitungspha­se aus dem Modellprojekt aus, da keine Ausbildung zustande kam. Die wich­tigsten Gründe für das Scheitern einer "REGINE-Ausbildung" waren:

- Ein Drittel der Rehabilitand{inn)en erwies sich für eine betriebliche Ausbil­dung mit reha-spezifischer Förderung als ungeeignet. Am häufigsten wur­de dies von den Bildungsträgem mit mangelnder Motivation und einem damit einhergehenden entsprechenden Verhalten der Jugendlichen be­gründet.

- Bei einem Viertel der Jugendlichen scheiterte eine Fortsetzung der Maß­nahme daran, dass kein geeigneter Arbeitsplatz gefunden werden konnte.

- Ein weiteres Viertel erklärte sich im Verlauf der Vorbereitungsphase von sich aus nicht mehr an diesem Lernort interessiert.

Von den 370 Jugendlichen, die in eine Ausbildung eintraten, wurden insgesamt 47 verschiedene Berufe gewählt. Über die Hälfte davon verteilten sich auf die folgenden fünf Berufe:

- (Fach-)verkäufer(in), Warenkaufleute im Einzelhandel (19,6%)

- Maler(in) und Lackierer(in) (16,3%}

- Friseur(in) (11 ,2%)

Oberblick über Anliegen, Anlage und Ergebnisse des Modellprojekts REGINE 21

- Bäcker(in) I Konditor(in) (6,5%)

- Koch I Köchin (6,5%)

Aus Abbildung 6 geht hervor, dass die lernbehinderten Jugendlichen im Rah­men des Modellprojekts fast ausschließlich von Mikro- und Kleinbetrieben aus­gebildet wurden.

33,9%

Abbildung6

10,7% 1,7%

53,7%

EI Mikrounternehmen: unter 10 Mitarbeiter(innen)

D Kleines Unternehmen: 10 bis 49 Mitarbeiter(innen)

ITl Mittelgrosses Unternehmen: 50 bis 249 Mitarbeiter(innen)

ITl Grosses Unternehmen: ab 250 Mitarbeiter(innen)

Insgesamt wurden die Rehabilitand(inn)en während der gesamten Ausbildung im Durchschnitt vier Stunden pro Woche vom Bildungsträger gefördert. Der Stütz- und Förderunterricht und die sozialpädagogische Betreuung fanden zu einem Großteil als Einzelbetreuung statt. Dies ist neben dem intensiven För­derbedarf auch durch das breite Berufsspektrum und die Notwendigkeit be­dingt, den zeitlichen Restriktionen Rechnung zu tragen, die sich aus den be­trieblichen und schulischen Erfordernissen ergeben. Hinzu kommt die Notwen­digkeit einer möglichst wohnortnahen Förderung. Abbildung 7 zeigt, um welche Arten von Förderung es sich hier im Einzelnen handelte.

Mit insgesamt fast zwei Dritteln stellen Fachtheorie und die Vermittlung allge­meiner Grundlagen (z.B. Deutsch und Mathematik) den Schwerpunkt der lau­fenden Förderung dar. Dies ist vor allem auch darauf zurückzuführen, dass die berufsbildenden Schulen ihrem Auftrag nicht nachkommen (können), die vor­liegenden behinderungsspezifischen Defizite der Jugendlichen durch adäquate Förderung auszugleichen.

--------··· ·---·-····--

22

Sozial-

Fachpraxis 18%

Abbildung7

18%

Hendrik Faßmann, Renate Steger

Allgemeine Grundlagen

26%

Fachtheorie 38%

Zusätzlich zur kontinuierlichen Förderung wurden von den Bildungsträgern bei Bedarf ergänzende Maßnahmen durchgeführt. Meist ging es dabei um Krisen­prävention, Krisenintervention oder den Umgang mit akuten Abbruchgefähr­dungen. Im Mittel benötigten die Jugendlichen während ihrer Ausbildung drei solcher Interventionen. Meist handelte es sich dabei um ein Bündel von Ein­zelmaßnahmen, das durchschnittlich vier unterschiedliche Aktivitäten pro Inter­vention umfasste. Neben dem Jugendlichen wurden dabei häufig Betrieb und Berufsschule in die Krisenbewältigung mit einbezogen; in einigen Fällen waren auch die Eitern der Jugendlichen und der I die zuständige Reha-Berater(in) daran beteiligt. Andere Stellen wie z.B. Jugend- oder Sozialamt spielten dem gegenüber eine eher untergeordnete Rolle.

Bei der Analyse der Förderung nach Abschluss der Ausbildung konnten - be­dingt durch die Projektlaufzeit - nur die Daten des ersten Modelljahrgangs be­rücksichtigt werden. Knapp 40% der Jugendlichen, die im ersten Jahrgang ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hatten, erhielten nachgehende Hilfen. 75% davon dienten der Begründung oder Festigung eines Arbeitsverhältnisses.

2.4 Beurteilung der reha-spezifischen Förderung durch Auszubildende und Ausbildungsbetriebe

Der Stellenwert einer individuellen, reha-spezifischen Förderung durch einen Bildungsträger kommt sowohl in den Befragungsergebnissen der Rehabili­tand(inn)en als auch in jenen der Ausbildungsbetriebe zum Ausdruck:

------------ --- ----------------

Oberblick aber Anliegen, Anlage und Ergebnisse des Modellprojekts REGINE 23

- Von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, waren alle Jugendlichen, die sich an der Befragung beteiligten, mit der Unterstützung durch ihren Bildungsträger sehr zufrieden.

- Der Bildungsträger wurde von den Rehabilitand{inn)en mit fast 63% mit Abstand am häufigsten als die Stelle genannt, die Unterstützung bei Aus­bildungsproblernen bot. Alle Jugendlichen teilten mit, sie seien bei der Prü­fungsvorbereitung vom Bildungsträger unterstützt worden. Demgegenüber wurden Betriebe in diesem Zusammenhang nur von der Hälfte der Auszu­bildenden, Berufsschullehrer{innen) und Elternhaus sogar nur jeweils von etwas über einem Drittel der Rehabilitandlnnen genannt.

- Ähnlich positiv beurteilten Vertreter{innen) der Ausbildungsbetriebe die Un­terstützung durch den Bildungsträger: 75% sahen in dieser besonderen Förderung das wesentliche Kriterium für den Ausbildungserfolg.

2.5 Ergebnisse der betrieblichen Berufsausbildung mit reha-spezifischer För-derung im Oberblick

Zum Ausbildungserfolg lagen nur vom ersten Modelljahrgang vollständige Da­ten vor. Vom zweiten Jahrgang standen noch die Ergebnisse aus von Wieder­holungsprüfungen, Ausbildungsabschlüssen von Rehabilitand{inn)en, die wäh­rend der Maßnahme den Beruf gewechselt hatten, sowie von Jugendlichen, die eine dreieinhalbjährige Ausbildung absolvierten. Vom zweiten Modelljahrgang können deshalb nur Daten über den Verbleib der Auszubildenden dargestellt werden, die ihre Ausbildung Ende 2003 erfolgreich abgeschlossen. Die Ergeb­nisse über den Verbleib der Jugendlichen beziehen sich auf die Zeit unmittelbar nach Ausbildungsende. Eine Nachbefragung zu einem späteren Zeitpunkt war im Rahmen der Projektlaufzeit nicht möglich.

Abbildung 8 bezieht sich auf alle Jugendlichen, die im Jahre 1999 eine betrieb­liche Ausbildung mit reha-spezifischer Förderung im Rahmen des Modellpro­jekts REGINE begannen. Demnach schloss mehr als die Hälfte dieser Perso­nengruppe die Ausbildung erfolgreich ab. Weitere 15,5% beendeten die Maß­nahme zwar vorzeitig, erlernten jedoch an einem anderen Lernort einen Beruf. Meist handelte es sich dabei um ein Berufsbildungswerk oder eine sonstige Reha-Einrichtung. Dieses Ergebnis zeigt, dass ein Teil der ausgewählten Ju­gendlichen trotz intensiver Förderung durch einen Bildungsträger an den hohen Anforderungen einer betrieblichen Ausbildung scheiterte. Deutlich wird jedoch auch, dass der neue Lernort zu anderen Qualifizierungsmöglichkeiten hin durchlässig ist. Gleichwohl hat über ein Fünftel die Maßnahme ohne weitere Berufsförderung beendet: Es ist zu befürchten, dass viele dieser Jugendlichen endgültig auf eine qualifizierte Ausbildung verzichten und deshalb langfristig die daraus resultierenden Nachteile bei der Teilhabe am Erwerbsleben in Kauf nehmen müssen. Ein weiterer, relativ geringer Teil der Auszubildenden hat die Abschlussprüfung endgültig nicht bestanden.

24

AbbildungS

Abbildung 9

Hendrik Faßmann, Renate Steger

8,5%

El Erfolgreicher Ausbildungsabschluß

El Lernortwechsel

El Ohne Ausbildungsabschluß

54,9%

1111 Vorzeitige Beendigung ohne weitere Berufsförderung

--------- -------- -----------------

Oberblick über Anliegen, Anlage und Ergebnisse des Modellprojekts REGINE 25

Den Status, den die Rehabilitand(inn)en des ersten Modelljahrgangs mit erfolg­reichem Ausbildungsabschluss zuletzt innehatten, zeigt Abbildung 9. Demnach war mehr als die Hälfte der Jugendlichen entweder im Ausbildungsbetrieb oder in einem anderen Betrieb tätig. Nach Aussagen der Bildungsträger handelte es sich bei all diesen Beschäftigungsverhältnissen um eine ausbildungsadäquate Tätigkeit. Somit ist bei diesen Personen der erwartete "Kiebeeffekt" tatsächlich eingetreten, wobei dies in Betrieben mit weniger als 1 0 Mitarbeiter(inne )n be­sonders häufig der Fall war. Andererseits war jedoch mehr als ein Drittel der Absolvent(inn)en nach Ausbildungsende zunächst einmal Arbeit suchend und damit arbeitslos. Möglicherweise traten beim ersten Ausbildungsjahrgang Be­mühungen um einen möglichst nahtlosen Übergang von der Ausbildung in eine dauerhafte berufliche Integration gegenüber dem Erreichen des Ausbildungsziels etwas in den Hintergrund.

Abbildung 10

Beim zweiten Modelljahrgang ergab sich allerdings ein deutlich positiveres Bild (vgl. Abbildung 10}: Von den erfolgreichen Auszubildenden wurden insgesamt fast 80% entweder vom Ausbildungsbetrieb übernommen oder von einem an­deren Betrieb eingestellt. Auch diese Rehabilitand(inn)en übten nach Angaben der Bildungsträger ausbildungsadäquate Tätigkeiten aus. Dieses Ergebnis er­scheint - insbesondere angesichts der schwierigen Arbeitsmarktlage - als ein starkes Argument für den neuen Lernort, sofern die Jugendlichen aufgrund ih­rer Behinderung in der Lage sind, die an sie gestellten Anforderungen zu erfül­len.

26 Hendrik Faßmann, Renate Steger

2.6 Ergebnisse der betrieblichen Berufsausbildung mit reha-spezifischer För-derung nach ausgewählten Merkmalen

Um Aussagen darüber machen zu können, welcher Personenkreis sich für die­se Form der Rehabilitation besonders gut eignet, wurde der Zusammenhang zwischen Ausbildungserfolg und folgenden Variablen überprüft:

- Grad der intellektuellen Beeinträchtigung

- Vorliegen von Verhaltensstörungen

- Geschlecht und Nationalität

- Schulabschluss und berufsvorbereitende Maßnahmen

- Ausbildungsberuf und Betriebsgröße

- Vergleich zwischen neuen und alten Bundesländern

Um einen besseren Überblick über die ermittelten Zusammenhänge zu bieten, wird in den Abbildungen 11 bis 13 jeweils die Abweichung der betrachteten Gruppe vom Mittelwert aller Jugendlichen dargestellt.

ln Abbildung 11 wird deutlich, dass sich die Chancen einer erfolgreichen be­trieblichen Rehabilitation mit reha-spezifischer Förderung mit zunehmender in­tellektueller Beeinträchtigung verschlechtern. Allerdings schnitten als mittel­schwer beeinträchtigt eingeschätzte Jugendliche nur um zwei Prozentpunkte schlechter ab als der Durchschnitt aller lernbehinderten Auszubildenden dieses Jahrgangs. Die Maßnahme erscheint also auch für diese Personengruppe durchaus vertretbar. Sehr viel gravierender als eine mittelschwere Lernbehin­derung wirken sich offensichtlich Verhaltensstörungen auf den Erfolg einer be­trieblichen Ausbildung aus, auch wenn es sich dabei nur um leichtere Störun­gen handelt. Solchermaßen beeinträchtigte Personen brachen von sich aus häufiger die Ausbildung ab und waren auch häufiger von einer Auflösung des Ausbildungsvertrags durch den Ausbildungsbetrieb betroffen. Außerdem been­deten solche Jugendlichen die Maßnahme überdurchschnittlich oft ohne weite­re Berufsförderung.

Zwischen Geschlecht, Nationalität und Ausbildungserfolg ergaben sich folgen­de Zusammenhänge (siehe Abbildung 12): Weibliche Auszubildende waren et­was erfolgreicher als ihre männlichen Kollegen. Weitaus bemerkenswerter ist jedoch der deutlich höhere Ausbildungserfolg ausländischer Jugendlicher im Vergleich zu ihren deutschen Kolleg(inn)en. Vielleicht ist er darauf zurückzufüh­ren, dass die Personen mit Migrationshintergrund häufiger wegen mangelnder Sprachkenntnisse als lernbehindert eingestuft werden und dann eine entspre­chende Schulkarriere durchlaufen. Bei intensiver Förderung scheinen Lern- und Leistungsrückstände, die auf solchen Defiziten beruhen, jedoch eher kompen­sierbar als von der Altersnorm abweichende Leistungs- und Verhaltensformen, die auf anderen Störungen und I oder Beeinträchtigungen beruhen.

Oberblick über Anliegen, Anlage und Ergebnisse des Modellprojekts REGINE

Abweichung vom Durch· schnitt in %-Punkten

Grad der intellektuellen Verhaltensstörung Beeinträchtigung

10 ~==============~------~============= 8 ~~~-------------------------------------6

4

2

0

·2 f-------­-4

-6

-8

·10

-12 -14 L_ ____________________ ~~~

leicht (n = 18)

mittel (n =51)

schwer (n=2)

nein (n =51)

ja (n = 19)

Abbildung 11

Abweichung vom Durch· schnitt in %-Punkten

25+------------4~------------~======~ 20+-------------~

15+-------------~

10+----s.:z-------~

5-1---0 t-....----­

-5

-10 +----------·15 +---------------------------::; ~oL-----------------------~-------------

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Abbildung 12

I!! in .,~

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27

28 Hendrik Faßmann, Renale Sieger

Die positive Auswirkung eines Hauptschulabschlusses auf den Ausbildungser­folg entspricht den allgemeinen Erwartungen. Weniger einhellig war dagegen zu Ausbildungsbeginn die Einschätzung hinsichtlich der Auswirkung berufsvor­bereitender Maßnahmen auf den Ausbildungserfolg. Nach den vorliegenden Ergebnissen wirken sie sich ebenfalls positiv auf den Ausbildungserfolg aus.

Eine Ermittlung von Erfolgsquoten für die einzelnen Ausbildungsberufe war aufgrund des großen Berufsspektrums und der geringen Fallzahlen nicht mög­lich. Stellt man jedoch die Gruppe der Berufe, die während des gesamten Mo­dellzeitraums besonders selten (d.h. nur von maximal drei Auszubildenden) gewählt wurde, den restlichen Berufen gegenüber, so zeigt sich, dass die Er­folgsquote in der ersten Gruppe mit 75% besonders hoch ist (Erfolgsquote des 1. Jahrgangs insgesamt: 55%). Es handelte sich dabei um gängige Berufe wie z.B. Mechaniker, Ver- und Entsorger, Glaser, aber auch um Berufe wie Fach­kraft für Fruchtsafttechnik u.ä .. Gemeinsam ist diesen Berufen, dass sie für die hier im Mittelpunkt stehende Personengruppe als eher untypisch und nicht sel­ten auch als problematisch eingeschätzt wurden. Deshalb wurde die berufliche Eignung und Neigung der Rehabilitand(inn)en bei der Wahl dieser Berufe durch die Reha-Berater(innen) bzw. die Bildungsträger besonders eingehend geprüft. Insofern legen die Ergebnisse nahe, dass auch die Förderung unkonventionel­ler Berufswünsche nach gründlicher Abklärung der vorliegenden Vorausset­zungen durchaus befürwortet und somit im Sinne des Postulats "So normal wie möglich- so speziell wie erforderlich!" ausgebildet werden kann.

Abweichung vom Durch­Schnitt in %-Punkten

Abbildung 13

Alte und neue Bundesländer

..J ~

IDQ) "' "' cuu II

= c c .. _ -c ..J ID .. -iä

.. ..c .. ·c c:; -"' _gll 0 c ... -.... i

Betriebsgröße

.. ..c .. ·-~

... _ -"' 1:n c c ·--..

S2

Oberblick über Anliegen, Anlage und Ergebnisse des Modellprojekts REGINE 29

Die Abbildung 13 zeigt, dass der Ausbildungserfolg in Betrieben mit weniger als 10 Mitarbeiter(inne)n deutlich geringer ist als in Betrieben mit 10 und mehr Be­schäftigten. Offensichtlich sind größere Betriebe eher in der Lage, behinde­rungsadäquate Ausbildungsbedingungen zu bieten als Mikrobetriebe. Die er­heblich höhere Erfolgsquote in den neuen Bundesländern im Vergleich zu jener in den alten Bundesländern ist insofern erstaunlich, als die Probleme am Stel­len- und Ausbildungsmarkt eher das Gegenteil erwarten ließen. Eine mögliche Erklärung hierfür ist, dass die lernbehinderten Jugendlichen gerade wegen der schwierigen Arbeitsmarktsituation ihre Chance, eine qualifizierte Ausbildung zu erhalten, besonders hoch einschätzen. Aufgrund dessen entwickeln sie eine besonders hohe Motivation, die sich dann auch als Erfolgsfaktor auswirkt. Al­lerdings erscheint diese Variable alleine kaum in der Lage, den Unterschied von über 25 Prozentpunkten zu erklären. Die Ergebnisse der Studie bieten je­doch kaum Hinweise darauf, auf welche Faktoren die ermittelten Unterschiede außerdem zurückzuführen sein könnten.

2. 7 Umsetzung von regionaler und überregionaler Vemetzung

Konzeptionsgemäß ist es Anliegen des neuen Lernortkonzepts, den Rehabili­tand(inn)en alle Stütz- und Förderhilfen und sonstigen Dienstleistungen wohn­ortnah zu bieten, die sie benötigen, um ihre duale Ausbildung erfolgreich zu absolvieren.

Aufbau wohnortnaher

Abbildung 14

30 Hendrik Faßmann, Renate Steger

Demgemäß suchen die Auszubildenden - so weit dies praktikabel und zumut­bar ist - die in der Nähe von Wohnung, Arbeitsplatz oder Berufsschule gelege­nen Räumlichkeiten des jeweiligen Bildungsträgers auf, um dort gefördert zu werden, oder sie erfahren zu Hause, im Betrieb oder in der Schule sogar eine zugehende Förderung durch das Einrichtungspersonal ("stammhauszentrierte Förderung", siehe dazu und zum Folgenden Abbildung 14).

"Wohnortnähe" bedeutet jedoch nicht, dass die Bildungsträger alle erforderli­chen Rehabilitationsleistungen vor Ort selbst erbringen müssen. Vielmehr kann ihre Funktion auch darin bestehen, Förderbedarfslagen zu ermitteln und darauf zugeschnittene Angebote im Sinne von Case Management im Umfeld der Re­habilitand(inn)en zu erschließen. Dies gilt vor allem dort, wo Bildungsträger in großen Einzugsbereichen agieren müssen: Nicht selten wohnen Auszubildende 60 bis 70 km entfernt und könnten deshalb nur mit beträchtlichem Aufwand durch Personal der Bildungsträger wohnortnah gefördert werden. Dieses zeit­und kostenintensive Arrangement lässt sich jedoch aus ökonomischen Grün­den auf Dauer kaum aufrechterhalten. Aus diesen Gründen kommen neben den traditionellen stammhauszentrierten Komm- und Bringstrukturen sukzessi­ve oder parallel andere Strategien zur Sicherstellung wohnortnaher Förderung von behinderten Personen zum Einsatz: So entschlossen sich einige Projekt­standorte zur Gründung von Zweig- bzw. Außenstellen, um Klienten wohnort­nah fördern zu können. Zudem wurde die unmittelbare Betreuung der Rehabili­tand(inn)en gelegentlich an Ausbilder(innen), Berufsschullehrer(innen) und Ho­norarkräfte vor Ort delegiert.

Insgesamt wurde im Modellzeitraum deutlich, dass sich die ursprünglich inten­dierte Netzwerkbildung in der geplanten Form aus Sicht der Bildungsträger als nicht erforderlich erwies. Dies ist vor allem mit dem Hilfebedarf der Klientel zu erklären, der sich im Wesentlichen auf Teilhabeleistungen beschränkte, welche in Zusammenhang mit der Berufsausbildung standen. Stütz- und Förderunter­richt sowie sozialpädagogische Unterstützung führten die Bildungsträger zum größten Teil selbst durch, um möglichst während des gesamten Förderzeit­raums eine kontinuierliche Betreuung durch das gleiche Förderpersonal sicher­zustellen. Dadurch erübrigte sich - von einigen Ausnahmen abgesehen - die Kooperation mit anderen Bildungseinrichtungen am Wohnort der Rehabili­tand(inn)en.

Das zentrale. regionale Kommunikationsgeflecht (rehabilitand(inn)enzentrierte Basisnetzwerk, siehe dazu Abbildung 15) zur reha-spezifischen Förderung entwickelte sich deshalb hauptsächlich zwischen den Kernpartnern Rehabilita­tionsberater(in), Betrieb, Berufsschule und Bildungsträger, die das Basisnetz­werk bildeten. Als eher peripher sind Netzwerkpartner wie z.B. abgebende För­derschulen, Kammern, Sozial- oder Jugendhilfeeinrichtungen anzusehen, die nur in einzelnen Phasen oder punktuell bei Bedarf mit einbezogen wurden. Die wohnortnahe Erschließung von Leistungen wie z.B. ärztliche Versorgung, Un­terstützung bei der Freizeitgestaltung oder Beratung, war bei den meisten Ju­gendlichen des Modellprojekts nicht erforderlich. Dass es sich bei einer lnstitu-

Oberblick über Anliegen, Anlage und Ergebnisse des Modellprojekts REGINE 31

tionen übergreifenden Zusammenarbeit weitgehend um Neuland handelt, wur­de auch daran deutlich, dass selbst der Aufbau des Basisnetzwerks relativ viel Zeit in Anspruch nahm.

Förder­schule

Eltern

Reha-

Abbildung 15

medizin. L..-1psychctlogJ}..j sozial andere

Bildungs· träger

Regel· Berufs· schule

2.8 Möglichkeiten und Grenzen der Rege/beschulung in der Praxis

Im Rahmen des Modellprojekts zeigte sich rasch, dass an den meisten Berufs­schulen keine adäquaten Lernbedingungen für (lern-)behinderte Auszubildende gegeben sind. Demnach müssen diese Jugendlichen in der Regel heterogen zusammengesetzte Klassen mit normaler Klassenstärke (20 bis 30 Schüler) besuchen und erfahren dort keine besondere Unterstützung (z.B. durch son­derpädagogisch qualifizierte Lehrer(innen) oder Förderunterricht).

Im Rahmen von Diskussionsrunden mit Vertreter(inne)n von Berufsschulen und Kultusadministration an sechs Projektstandorten wurden diese Probleme vor allem unter dem Blickwinkel möglicher Lösungsansätze thematisiert. Die Teil­nehmer(innen) stimmten im Wesentlichen überein, dass entscheidende Ver­besserungen nur zu erwarten sind, wenn der Unterricht in kleineren Klassen stattfindet und mehr sonderpädagogisch ausgebildetes Personal als bisher ein­gesetzt wird. Insbesondere aufgrundfinanzieller Überlegungen wurden Verän­derungsmöglichkeiten der Rahmenbedingungen allerdings prinzipiell skeptisch eingeschätzt. Dies erscheint insofern bedenklich, als generell ein Trend in Rich­tung zunehmend problematischerer Schüler in der Berufsschule zu beobachten ist. So weit es innerhalb des derzeit bestehenden Rahmens um Verbesserun­gen der gegenwärtigen Situation geht, wurden die Handlungsspielräume unter-

··---------

32 Hendrik Faßmann, Renale Steger

schiedlich beurteilt. ln Abbildung 16 werden Lösungsmöglichkeiten aufgelistet, die an einzelnen Standorten zumindest ansatzweise praktiziert werden, um dem Förderbedarf der lernbehinderten Auszubildenden gerecht zu werden.

? Reduzienmg von Klassenstärken • spezifische Anrechnungsschlüssel für Jugendliche mit

Lernbehinderungen I Benachteiligungen • Bildung von Sonderklassen • Bildung von Schwerpunktschulen für bestimmte Berufe

> Förderung in Regelklassen • äußere I innere Unterrichtsdifferenzierung • fachspezifisch unterschiedliche Klassenstärken

.> Sondsrpädagog!sche QuaHfikation der Lehrkräfte • Fortbildungsangebote Sonderpädagogik • Unterstützung des Unterrichts durch Sonderpädagoglnnen

> Intensive Kooperation m!t Netzwerkpartnern • fallspezifische, zeitnahe Kommunikation • fallübergreifend kontinuierlicher fachlicher Austausch

Abbildung 16

2.9 Kosten der Teilhabeleistung

Bei Einführung des neuen Lernorts war für die Bundesagentur für Arbeit grund­legend, dass die Kostensätze hier unter denen sonstiger Reha-Leistungen lie­gen sollten.

Ein Kostenvergleich zwischen Teilhabeleistungen unterschiedlicher Lernorte zeigte, dass unter Berücksichtigung aller anfallenden Kosten (einschließlich der Ausbildungszuschüsse für den Ausbildungsbetrieb sowie der Berufsausbil­dungsbeihilfe) eine "Betriebliche Berufsausbildung mit reha-spezifischer Förde­rung durch einen Bildungsträger" wesentlich kostengünstiger ist als eine beruf­liche Erstausbildung in einer außerbetrieblichen Rehabilitationseinrichtung: So ist für eine Ausbildung am neuen Lernort lediglich ein Drittel der Mittel aufzu­bringen, die bei stationärer Ausbildung in einem Berufsbildungswerk anfallen. Im Vergleich zu einer ambulanten Ausbildung in einem BBW ist der neue Lern­ort etwa um die Hälfte günstiger. Verglichen mit einer ambulanten Leistungs­erbringung in einer Sonstigen Rehabilitationseinrichtung fallen nur etwa zwei Drittel der Kosten an, die dort aufzubringen sind.

Allerdings sind Vergleiche mit anderen Lernorten problematisch, werden dort doch -eine sorgfältige Teilnehmer(innen)auswahl vorausgesetzt- Adressat(in-

----~------~------ ----~-------- -------

Oberblick über Anliegen, Anlage und Ergebnisse des Modellprojekts REGINE 33

n)engruppen mit ganz anders geartetem Unterstützungsbedarf gefördert. Inso­fern lässt sich aus solchen Kostenvergleichen ohne genaue Prüfung der betref­fenden Klientel keineswegsunbesehen ableiten, nunmehr andere kostspielige­re Lernorte durch die neue Tellhabeleistung zu ersetzen.

3 Fazit und Handlungsempfehlungen

ln einer Zeit, in der trotz erheblichen Einsatzes finanzieller Förderinstrumenta­rien allenthalben ein dramatischer Rückgang der Ausbildungsbereitschaft der Betriebe beklagt wird, hat das Modellprojekt REG/NE gezeigt, dass es möglich ist, Jugendliche mit (Lern-)Behinderungen unter "normalen" Bedingungen er­folgreich und kostengünstig auszubilden: Bedingung ist, dass dabei nicht nur die Auszubildenden, sondern auch die Betriebe und Berufsschulen im Vorfeld und während der Lehrzeit durch Bildungsträger unterstützt werden. Kann die­ses den Arbeitgebern plausibel vermittelt und erfahrbar gemacht werden, so sind diese durchaus bereit, Menschen mit Behinderungen auszubilden.

Allerdings gilt es jedoch noch eine Reihe von Problemen zu lösen, um die Aus­bildungserfolge zu optimieren: Demnach ist es erforderlich, die Teilneh­mer(innen)-Auswahl zu verbessern, die bisher oftmals zu spät erfolgt und sich nicht immer als passgenau erweist. Zudem gelingt es vielfach nicht, adres­sat(inn)engerechte Ausbildungsbetriebe zu akquirieren. Als "Achillesferse" des neuen Lernorts muss schließlich die (Regei-)Berufsschule angesehen werden, kann sie doch in der Regel den Bedürfnissen gerade von lernbehinderten Aus­zubildenden nicht gerecht werden. Diese Defizite müssen daher von den ein­gebundenen Bildungsträgern kompensiert werden. Damit finanziert aber die Arbeitsverwaltung weiterhin Pflichtaufgaben, die eigentlich von der Kultusadmi­nistration übernommen werden müssen.

Literatur:

Faßmann, H.; Lechner, B.; Steger, R. 2003: Qualitätsstandards fOr den Lernort "Be­triebliche Berufsausbildung und reha-spezifische Förderung durch einen Bildungsträ­ger" - Ergebnisse einer Modellinitiative der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitati­on .REGionale NEtzwerke zur beruflichen Rehabilitation (lern-) behinderter Jugendli­cher (REGINE)". Materialien aus dem Institut für empirische Soziologie an der Fried­rich-Aiexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Heft 4/2003, Nürnberg: lfeS

Faßmann, H.; Lechner, B.; Steger, R.; Zimmermann, R. 2004: .REGionale NEtzwerke zur beruflichen Rehabilitation (lern-) behinderter Jugendlicher (REGINE)" -Abschluß­bericht der wissenschaftlichen Begleitung einer Modellinitiative der Bundesarbeitsge­meinschaft für Rehabilitation. Materialien aus dem Institut für empirische Soziologie an der Friedrich-Aiexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Heft 1/2004, Nürnberg: lfeS. URL: http:llwww.bmgs.bund.de/deu/gra/publikationenlp_forschung.cfm. Stand: 21. Juni 2004

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35

Ergebnisse der Plenumsdiskussion

Berichterstattung: Renate Steger, Dr. Hendrik Faßmann, Institut für empiri­sche Soziologie an der Friedrich-Aiexander-Universität Er­langen-Nürnberg

Stellenwert der betrieblichen Rehabilitation: theoretischer Anspruch und gesellschaftliche Entwicklung

Herr Prof. Dr. Seyd nahm mit einem längeren Beitrag zunächst zum Verhältnis zwischen dem Anliegen des Modellprojekts und der allgemeinen gesellschaftli­chen Entwicklung im Bereich der beruflichen Bildung behinderter Jugendlicher Stellung. Er konstatierte eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem propagier­ten Ziel einer verstärkten Einbeziehung von Betrieben in die Erstausbildung behinderter Personen und der tatsächlichen Entwicklung. Demnach steht der Intention des Modellprojekts, die berufliche Rehabilitation Jugendlicher in Be­trieben zu fördern, ein tendenzieller Rückzug der Betriebe aus der Mitwirkung an diesen Eingliederungsbemühungen gegenüber. Herr Prof. Seyd wies in die­sem Zusammenhang auch auf den Bericht der Bundesregierung hin, nach dem von 1,1 Mio. Ausbildungsplätzen der privaten Wirtschaft nur 5.300 mit schwer­behinderten Jugendlichen besetzt sind, was weniger als 5 Promille anstelle der angestrebten 5 Prozent entspricht.

Im Gegensatz zur erforderlichen Ausweitung von Berufsorientierung und Be­rufsvorbereitung führe das BVB-Fachkonzept der Bundesagentur für Arbeit zu einer Reduzierung dieser Maßnahmen. Außerhalb des Modellprojekts betrage der Anteil der "Aitbewerber" unter den (lern-)behinderten Auszubildenden mitt­lerweile fast 58%. Der staatliche Anteil an Ausbildungsplätzen liege heute über 50%, ohne dass dem wirksam entgegengesteuert werde. Auch wenn die Bun­desagentur für Arbeit in einem Papier vom 02.04.2004 ein eindeutiges Be­kenntnis zur Strukturverantwortung für die berufliche Rehabilitation von Ju­gendlichen und Erwachsenen abgelegt und für das Jahr 2004 insgesamt 3,3 Milliarden Euro für die berufliche Rehabilitation von Jugendlichen und Erwach­senen vorgesehen habe, was einer Steigerung um 300.000 Euro entspreche, bezweifelte er, ob hierbei die richtigen Prioritäten gesetzt würden.

Herrn Prof. Dr. Seyd ging dann auf das zur Verabschiedung anstehende Ge­setz zur Förderung der Ausbildung Schwerbehinderter ein: Aufgrund von Modi­fikationen des Vermittlungsausschusses sei im Grunde nichts anderes übrig geblieben als ein betriebsinternes Instrument zur Entscheidung über den Ein­satz von Ressourcen. Die vorgesehenen Integrationsvereinbarungen zwischen Betrieben und Betriebsräten seien keineswegs als gleichwertiger Ersatz für ei­ne Pflichtquote anzusehen. Nach seiner Auffassung ist eine solche Quote er­forderlich, weil "sich in der Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland für be­hinderte Menschen nichts tut, wenn es nicht irgendwelche Instrumente gibt, die wehtun."

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36 Renate Steger, Dr. Hendrik Faßmann,

Weiter wies Herr Prof. Dr. Seyd, insbesondere im Hinblick auf den Kostenver­gleich im REGINE-Projekt, auf die Unterschiede zwischen der einbezogenen Klientel und jener der Berufsbildungswerke hin: Erstere stellten hinsichtlich ih­res sozialen Umfelds, ihres Schulabschlusses und ihrer bisherigen Biografie eine Positivauswahl dar. Trotz der mangelnden Vergleichbarkeit zwischen den Zielgruppen von Berufsbildungswerken und betrieblichen Ausbildungen mit re­ha-spezifischer Förderung mache jedoch die hohe berufliche Eingliederungs­quote nach Ausbildungsabschluss im Modellprojekt Mut, diese Möglichkeit stärker als bisher in das Spektrum der beruflichen Rehabilitation zu integrieren. Als enttäuschend bezeichnete er allerdings die geringe Rehabili­tand(inn)enzahl, die im Rahmen des Modellprojekts für diesen Lernort ausge­wählt wurde und äußerte den Verdacht einer mangelnden Zuarbeit der für die Auswahl der Teilnehmer(innen) zuständigen Stellen.

Die Erfahrungen im Modellprojekt mit der Rageibeschulung bezeichnete er als "eine einzige Katastrophe" und verwies dabei auf die beiden weitgehend erfolg­losen Empfehlungen der Kultusministerkonferenz zur integrativen Beschulung behinderter und nichtbehinderter Schüler(innen). Sein Fazit: "Die Regelberufs­schule ist nicht geeignet und wird sich auch nicht entsprechend ändern, dass sie als echter Baustein im System der Berufsausbildung behinderter Menschen in Frage kommt." Als weiteren Kritikpunkt nannte Herr Prof. Seyd die mangeln­de Vernetzung mit Institutionen am Wohnort der Jugendlichen.

Die im Rahmen des Modellprojekts erarbeiteten Qualitätsstandards beurteilte er aufgrund ihres Umfangs als etwas unübersichtlich, bezeichnete sie jedoch gleichzeitig als wertvolle Arbeitshilfe bei der Akquise von Ausbildungsbetrieben und der Zusammenarbeit mit ihnen.

Möglichkeiten, Betriebe stärker an der Ausbildung behinderter Jugendli­cher zu beteiligen

Um Ansatzpunkte zu finden, Betriebe stärker an der Ausbildung behinderter Jugendlicher zu beteiligen, wurde zunächst nach den Motiven der Arbeitgeber gefragt, (lern-)behinderte Jugendliche auszubilden. Herr Dr. Faßmann berichte­te, die im Rahmen des Projekts geführten Gespräche mit Arbeitgebern hätten gezeigt, dass neben dem sozialem Engagement der Betriebe vor allem der Ausbildungszuschuss, der sich in der Regel auf 60% (in besonderen Ausnah­mefällen sogar 100%) der Ausbildungsvergütung des dritten Ausbildungsjahres belief und während der gesamten Ausbildungsdauer bezahlt werde, eine we­sentliche Rolle spiele.

Eine im Bereich berufsvorbereitender Maßnahmen tätige Teilnehmerio betonte den hohen Stellenwert, der Betriebspraktika bei der Erlangung eines Ausbil­dungsplatzes zukomme.

ln diesem Zusammenhang wurde auch die Frage aufgeworfen, inwieweit bei der Stellenakquise Integrationsämter in Anspruch genommen wurden. Diese verfügten bekanntlich über gute Kontakte zu Betrieben, die behinderten Men­schen gegenüber besonders aufgeschlossen sind. Dazu wies Herr Dr. Faß-

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Ergebnisse der Plenumsdiskussion 37

mann darauf hin, dass nur sehr wenige schwerbehinderte Jugendliche in das Modellprojekt einbezogen waren, für die diese Behörde zuständig gewesen wä­re. Allerdings griffen die beteiligten Bildungsträger bei der Suche nach Ausbil­dungsplätzen häufig auf Kontakte zu Arbeitgebern zurück, die bereits früher behinderte oder benachteiligte Personen eingestellt hatten. Daneben konnte eine Reihe von Betrieben durch lnformationsveranstaltungen, Gespräche und Verhandlungen dafür gewonnen werden, sich auf die Ausbildung lernbehinder­ter Jugendlicher einzulassen.

Über die Wirkung von Sanktionen gegenüber Betrieben, die sich nicht an der Ausbildung behinderter Jugendlicher beteiligen, wurde kontrovers diskutiert: Meinten die einen, Mittel- und Grassunternehmen sei ein finanzieller Ausgleich für eine fehlende Ausbildungsbereitschaft durchaus zuzumuten, zumal damit gezielte Hilfen und Modellprojekten finanziert werden könnten, berichteten an­dere aufgrund eigener Projekterfahrungen, das Zugehen auf Arbeitgeber, der Abbau von Berührungsängsten, die Beratung und gezielte Hilfsangebote in Kri­sensituationen und bei Konflikten seien eher dazu geeignet, Betriebe zu moti­vieren, behinderte Jugendliche auszubilden als Sanktionen.

Berufliche Integration und Abbruchgeschehen bei einer betrieblichen Ausbildung von behinderten Jugendlichen

Auf die Frage von Herrn Bar/sen, inwieweit es im Projektverlauf möglich war, Kriterien für eine optimale Teilnehmer(innen)auswahl zu entwickeln, um da­durch die Abbruchquote zu senken, teilte Herr Dr. Faßmann mit, dass es die Anzahl der Ausbildungsabbrecher(innen) und die begrenzte Projektlaufzeit nicht zuließen, solche Kriterien empirisch zu entwickeln und zu überprüfen.

Frau Steger ging näher auf das Abbruchgeschehen ein: Dieses entwickle sich in der Regel während eines längeren Zeitraums. Nur selten sei es monokausal begründet, meist spielten mehrere Faktoren eine Rolle. Am häufigsten wurden Abbrüche von den Bildungsträgern des Modellprojekts mit fehlender Motivation der Rehabilitand(inn)en begründet, die allerdings oft einherging mit massiven Problemen in der Regelberufsschule. Bei der Auswertung der Ergebnisse wur­d~ auch deutlich, dass Personen mit Verhaltensstörungen die Lehre sehr viel häufiger abbrachen als Jugendliche, die "nur" lernbehindert waren. Bei Letzte­ren gelang es eher, Abbrüche durch Kriseninterventionen zu vermeiden. Schei­terte die Ausbildung dennoch, so kam bei dieser Probandengruppe etwas häu­figer ein Lernortwechsel zustande als bei verhaltensauffälligen Jugendlichen, die oftmals ohne weitere Förderung abbrachen. Herr Steinhagen, der als Pro­jektleiter im BBW Harnburg am Modellprojekt mitwirkte, ergänzte, dass viele Betriebe Verhaltensprobleme von Jugendlichen nur während eines begrenzten Zeitraums von wenigen Wochen tolerierten. Bei länger andauernden Schwie­rigkeiten würden die meisten Arbeitgeber auf eine Beendigung des Ausbil­dungsverhältnisses dringen.

Auf die Frage nach einem Vergleich der Erfolgsquoten von betrieblichen Aus­bildungen mit reha-spezifischer Förderung und anderen Lernorten erläuterte

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38 Renale Steger, Dr. Hendrik Faßmann,

Frau Steger die mangelnde Vergleichbarkeit zwischen den Eingliederungsquo­ten von Berufsbildungswerken und den Ergebnissen des Modellprojekts:

- Bei der Eingliederungsquote der Berufsbildungswerke werden nur jene Absolventen berücksichtigt, die ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben. Im Modellprojekt REGINE wurde dagegen von allen Jugendlichen, die ihre Ausbildung begonnen hatten, ermittelt, welcher Anteil davon er­folgreich abschloss und anschließend ausbildungsadäquat beschäftigt war.

- Die Ergebnisse der Berufsbildungswerke basieren auf Befragungen und nicht wie im Modellprojekt REGINE auf der Maßnahmedokumentation der Bildungsträger. Trotz der relativ hohen Antwortquote von etwa 70% bei den Befragungen der Berufsbildungswerke besteht ein Unterschied zu ei­ner Datenbasis von 100%, wie sie im Modellprojekt REGINE gegeben war.

- Während die Berufsbildungswerke ihre Absolventen ein Jahr nach Ausbil­dungsabschluss befragen, beziehen sich Ergebnisse des Modellprojekts auf die Zeit unmittelbar nach Abschluss der Ausbildung; eine spätere Be­fragung war im Rahmen des Projekts nicht möglich.

Herr Dr. Faßmann fügte hinzu, dass die Berufsbildungswerke zwar über ver­gleichbare Daten verfügten, die jedoch nicht veröffentlicht würden. Dazu berich­tete Herr Steinhagen über einen internen Vergleich des BBW Harnburg von "REGINE-Jugendlichen" mit im Berufsbildungswerk Ausgebildeten. Dabei wur­de folgender Trend erkennbar:

- Bei Rehabilitand(inn)en, die im BBW ausgebildet wurden, war die Quote der Ausbildungsahbrüche geringer.

- Bei den "REGINE-Jugendlichen" war dagegen der Anteil höher, der im An­schluss an die Ausbildung eine ausbildungsadäquate Tätigkeit in einem Betrieb ausübte.

Herr Steinhagen erklärte dieses Ergebnis damit, dass REGINE-Teilnehmer(in­ne)n bereits während der Ausbildung einem Ausleseprozess durch die Betriebe unterzogen werden, dem etliche der Jugendlichen zum Opfer fallen. Bei einer BBW-Ausbildung bestehen dagegen vielfältige Möglichkeiten, auch Jugendli­che mit Verhaltensproblemen zu einem erfolgreichen Berufsabschluss zu füh­ren. Deren Probleme beginnen aber dann nach Ausbildungsabschluss. "Sie schaffen zwar die Ausbildung, haben aber dann Probleme, von einem Betrieb akzeptiert zu werden und sich dort zu integrieren."

Arbeitsgruppe 1: Auswahl der Teilnehmer(innen)

Moderation:

Impulsreferat

Rolf-Jürgen Maier-Lenz, Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation

Margit Armoneit, Hartmut Querengässer, Bildungszentrum Saalfeld gGmbH

Im Mittelpunkt des Referats stand die Auswahl von REGINE-Teilnehmer(in­nen), wie sie vom BZ Saalfeld im Rahmen des Projekts "Brücke" zur Schulent­wicklung in Thüringen entwickelt wurde. Ziel dieses Projekts ist die "vorberuflich orientierte Bildung und Förderung Jugendlicher mit Lernbehinderungen". Dabei ist der Bildungsträger bereits im Vorfeld der Berufsförderung an der Berufs­wahlentscheidung von Jugendlichen beteiligt. Schon in der siebten und achten Klasse an Förder- und Sonderschulen erfolgt eine gezielte Vorbereitung der Berufswahlentscheidung, die ergänzt wird durch eine "Kompetenzfeststellung", an der alle Förderschüler(innen) und Schüler(innen) von anderen allgemeinbil­denden Schulen im 8. und 9. Schuljahr teilnehmen. Im Zuge des REGINE­Projekts wurde diese Maßnahmen auch dazu genutzt, die Teilnehmer(innen)­Auswahl zu optimieren.

Durch die Mitwirkung an der Vorauswahl geeigneter Teilnehmer(innen) sah sich das BZ Saalfeld mit einer Reihe von Fragen konfrontiert, deren Antworten auch Einfluss auf die Gestaltung der Phase vor Ausbildungsbeginn (REGINE­Vorphase) hatten:

1 Welche Auswirkungen hat die Beteiligung des Bildungsträgers an der Auswahl der Jugendlichen auf den Entscheidungsprozess?

1.1 Wer trifft die Entscheidung über die Auswahl der REGINE-Teilneh-mer(innen)?

Dem Konzept des BZ Saalfeld gemäß ist die Auswahl Sache der Reha­Berater(innen) der Bundesagentur für Arbeit. Die Bildungsträger haben dabei "nur'' beratende Funktion. Diese Aufgabe sollte jedoch nicht unterschätzt wer­den, da sie durch den Kontakt zu den Jugendlichen während mehrerer Schul­jahre Informationen besitzen oder beschaffen können, die dem/der Reha-Bera­ter(in) in der für den Entscheidungsprozess verfügbaren Zeit gar nicht zugäng­lich sind. Bei der Informationsbeschaffung kommt dem Bildungsträger deshalb eine wichtige Unterstützungsfunktion zu.

1.2 Wann sollte mit der Auswahl der Teilnehmer(innen) begonnen werden?

Nach Auffassung des BZ Saalfeld sollte die Auswahl frühzeitig, d.h. schon in der 7. und 8. Klasse, beginnen. ln diesem Zeitraum nehmen in Saalfeld alle Schüler an einer Kompetenzfeststellung teil. Zusätzlich durchlaufen sie im

40 Margit Armoneit, Hartmut Querengässer, Rolf-Jürgen Maier-Lenz, Jochen Steinhagen

Rahmen des Projekts "Brücke" eine "vorberuflich orientierte Bildung und Förde­rung". ln dieser Zeit werden "Schnuppertage" im BZ Saalfeld durchgeführt, an denen sich die Jugendlichen in einer Werkstatt umsehen und etwas ausprobie­ren können. Gleichzeitig wird in diesem Zeitraum den Lehrkräften das Konzept der "Betrieblichen Ausbildung und reha-spezifische Förderung durch einen Bil­dungsträger" vorgestellt, damit diese eine erste Vorauswahl möglicherweise für diesen Lernort geeigneter Schüler(innen) treffen können.

ln der 8. und 9. Klasse werden die Schüler(innen), die für den neuen Lernort geeignet erscheinen, gezielt zur Suche eines Praktikums in einem Bereich mo­tiviert, in dem sie später einmal ausgebildet werden möchten. Dazu sollen sie sich möglichst ein Unternehmen auswählen, das für die Ausbildung in Frage kommt. ln dieser Zeit, u. U. aber auch im Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) erfolgt dann die gezielte Zuweisung des Jugendlichen zu einem bestimmten Lernort. Zu Beginn des letzten Schuljahres sollte dann eine Anmeldung der geeigneten Personen für die "Betriebliche Ausbildung und reha-spezifische Förderung durch einen Bildungsträger" vorliegen. Dies ist notwendig, um gezielt mit dem Jugendlichen ein Bewerbungstraining durchführen und geeignete Ausbildungs­plätze akquirieren zu können.

Erfahrungsgemäß, so Frau Armoneit, ist das Risiko einer falschen Teilneh­mer(innen)auswahl umso höher, je später die Jugendlichen angemeldet wür­den. ln der Regel seien dies dann die Auszubildenden mit den größten Ausbil­dungsproblemen. Zudem erleichtert eine frühzeitige Information über mögliche Ausbildungswege und Lernorte den Netzwerkpartner(inne)n, den Berufsvorbe­reitungs- und Berufsorientierungsprozess möglichst zielgerichtet zu gestalten. Dies betrifft auch die gezielte Abklärung vorhandener Fähigkeiten und Fertig­keiten. Defizite, die frühzeitig festgestellt werden, können während der letzten Schuljahre noch intensiv bearbeitet werden. Dies setzt jedoch einen engen und kontinuierlichen Kontakt zu den Förderschulen voraus.

2 Welche Merkmale sollten lernbehinderte Teilnehmer(innen) aufwei­sen, die eine betriebliche Ausbildung mit reha-spezifischer Förde­rung absolvieren?

2. 1 Persönliche Einstellungen, Fähigkeiten und Verhaltensweisen

Anhand von Abbildung 1 erläuterte Frau Armoneit die Eigenschaften, die ei­ne(n) "ideale(n)" REGINE-Teilnehmer(in) auszeichnen. Sie verwies jedoch gleichzeitig darauf, dass diese(r) ideale Jugendliche erfahrungsgemäß in der Praxis nicht auffindbar sei und erläuterte deshalb, wie diese Zielgruppenbe­schreibung zu interpretieren sei: Demnach geht es nicht darum, alle diese Fä­higkeiten in vollem Umfang festzustellen; sie sollten aber im Ansatz vorhanden sein.

Beispielhaft verdeutlichte sie dies am Umgang mit Konflikten. Hier erscheint es wichtig, dass der I die Jugendliche Konflikten nicht grundsätzlich aus dem Weg geht, z.B. in dem er wegläuft. Bezogen auf den Beurteilungsgegenstand Ar­beitseinstellung erläuterte sie, dass ein(e) Jugendliche(r), der I die bereits in

AG 1: Ausbildungsplatzakquisition und Unterstützung von Ausbildungsbetrieben 41

der Schule durch Unzuverlässigkeit, mangelnde Arbeitsunterlagen und ein stark schwankendes Arbeitsverhalten auffällt, wohl kaum für eine betriebliche Ausbildung geeignet ist, bei der von ihm I ihr Zuverlässigkeit, selbständiges Ar-

Abbildung 1

Zielgruppe der BAR-Modellinitiative "REGionale NEtzwerke zur beruflichen Rehabilitation

(lern-)behinderter Jugendlicher (REGINE)"

2.2 Die Motivation der Jugendlichen

Frau Armoneit betonte den hohen Stellenwert, den sie der Motivation von Re­habilitand(inn)en als Voraussetzung für eine betriebliche Ausbildung zumisst.

Dabei unterschied sie zwischen

der Motivation, einen Beruf zu erlernen,

- der Motivation, den gewählten Beruf zu erlernen und

- der Motivation, den Beruf im gewählten Ausbildungsbetrieb zu erlernen.

Sie vertrat die Überzeugung, alle drei Aspekte müssten vorhanden sein, damit eine realistische Chance für eine erfolgreiche Berufsausbildung bestehe.

42 Margit Armoneit, Hartmut Querengässer, Rolf-JOrgen Maier-Lenz, Jochen Steinhagen

2.3 Rolle des Elternhauses und des sozialen Umfeldes

Als günstige Ausgangssituation bezeichnete sie ein Elternhaus,

- das im Hinblick auf Arbeitseinstellungen und Arbeitstugenden Vorbildcha­rakter hat und

- in der Lage ist, den I die Jugendliche(n) bei Krisen, persönlichen und be-ruflichen Problemen zu unterstützen.

Dabei geht es nicht darum, Rehabilitand(inn)en mit problematischem Umfeld vom Lernort "Betriebliche Ausbildung und reha-spezifische Förderung durch ei­nen Bildungsträger" auszuschließen. Das Wissen um die Unterstützungsmög­lichkeiten, die Eitern und Familie bieten können, ist jedoch Voraussetzung, um die zu erwartenden Probleme richtig einschätzen und gezielte Maßnahmen zu ihrer Kompensation in die Wege leiten zu können. Ferner sollten Informationen darüber vorliegen, wie stark die Jugendlichen in ihr familiäres und soziales Netz eingebunden sind, um dessen Wirkungen abschätzen zu können.

2.4 Gesundheitsverhalten und Verhaltensauffäl/igkeiten

Indikator für problematisches Verhalten ist vor allem die Strategie, Ausbil­dungsproblemen durch "Krankfeiern" auszuweichen. Nach ihrer Erfahrung füh­ren solche Reaktionsweisen nicht selten zu Ausbildungsabbrüchen. Erforderlich ist deshalb, Anzeichen für derartige Verhaltensstrategien möglichst frühzeitig zu erkennen, um sie bereits im Vorfeld der Ausbildung ansprechen und bear­beiten zu können. Bei auftretenden Fehlzeiten während der Ausbildung besteht dann die Möglichkeit, die Ursachen hierfür in Kooperation mit dem Betrieb zu klären und einer möglichen Abbruchkarriere entgegenzuwirken.

3 Zusammenfassung

Abbildung 2 illustriert nochmals den gesamten Prozess der Teilnehmer(innen)­auswahl. Die Abbildungen 3 und 4 zeigen, in welchen Phasen es nach dem in Saalfeld praktizierten Modell einer Kooperation zwischen dem Bildungsträger, den Reha-Berater(inne )n der Arbeitsagentur und anderen Netzwerkpartnern bedarf: Demnach verdeutlicht die Abbildung 3 die Zusammenarbeit während der einzelnen Phasen der Teilnehmerauswahl auf der institutionellen Ebene, während Abbildung 4 den Auswahlprozess einzelner Teilnehmer(innen) und die sich daran anschließenden Aktivitäten in der Vorphase der Ausbildung darstellt.

Betont wird dass es sich bei den im Verlauf des Auswahlprozesses gesam­melten Daten nicht um Informationen handelt, die während des ganzen Zeit­raums gleich bleiben, sondern vielmehr um Angaben, die sich bedingt durch die Entwicklung der Jugendlichen verändern können und durch eine gezielte Förderung beeinflussbar sind.

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AG 1: Ausbildungsplatzakquisition und Unterstatzung von Ausbildungsbetrieben 43

Auswahl der REGINE-Teilnehmer(innen) @ Wer? Was? Wann?

Reha-Berater(in) und Träger

Klasse 9/10

'TN -~quise

Nelzwerk­partner . l;'l~ruf!öwahlf!nll;ch)lidung Klasse 8/9

Schule und Reha-Berater(in)

Abbildung 2

. ·B.rückf!

• ~ompetenzf!llll!öleii!Jng

Klasse 7/8

Auswahl der REGINE-Teilnehmer(innen)

Institutionelle Ebene

Vorstellung REGINE in den abgebenden liif:f Schulen

-*':3: ~-~, .. :.:--~.= .. ~ Diskussion zum REGINE-Anforderungsprofil ~

Unterstützung der Reha-Serater bei der Entscheidungsfindung

Kooperation mit Abgebender Einrichtung im Rahmen des Bewerbungsverfahrens

Ausbildungsplatzakquise

Abbildung3

Nelzwerk­partner

Netzwerk­partner

44 Margit Armoneit, Hartmut Querengässer, Ro/f-Jürgen Maier-Lenz, Jochen Steinhagen

Auswahl der REGINE- Teilnehmer(innen)

Individuelle Ebene

Vorauswahl von potenziellen Teilnehmer(inne)n

Einbeziehung des Trägers in Entscheidung zum Lernort und den Ausbildungsberuf

Kontaktaufnahme mit REGINE­Anwärter(inne)n

Ausbildungsplatzakquise

Abbildung4

Diskussionsergebnisse

Netzwerk­partner

Berichterstattung: Jochen Steinhagen, Berufsbildungswerk Harnburg

Anforderungsniveau von REGINE-Teilnehmer(innen) aufgrund der Krite­rien zur Zielgruppenbeschreibung

Die in Abbildung 1 dargestellten Kriterien zur Abgrenzung der Zielgruppe für den Lernort "Betriebliche Ausbildung und reha-spezifische Förderung durch einen Bildungsträger" führten zu einer teilweise kontroversen Diskussion. Im Zentrum stand die Frage: "Wie ausgeprägt müssen die in Abbildung 1 aufgeführten Fähigkeiten sein, um Jugendlichen als für diesen Lernort geeignet ansehen zu können?" Dabei wurde auf die Gefahr hingewiesen, dass die Eignung von Jugendlichen mit Lernbehinderungen für eine Ausbildung unter "normalen" Bedingungen durch zu hoch angesetzte Anforderungen generell in Frage gestellt würde.

Plädiert wurde dafür, dass die wichtigsten Merkmale im Ansatz erkennbar sein sollten. Es könne aber nicht darum gehen, sie grundsätzlich als Eignungs­kriterien für eine betriebliche Ausbildung vorauszusetzen. Bezogen auf die drei von Frau Armoneit besonders hervorgehobenen Aspekte müsse zwar eine grundlegende Motivation, einen Beruf zu erlernen, bei einer betrieblichen Aus­bildung vorausgesetzt werden können. Die Motivation für einen bestimmten Be­ruf und eine positive Einstellung zum Ausbildungsbetrieb seien jedoch häufig

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AG 1: Ausbildungsplatzakquisition und Unterstützung von Ausbildungsbetrieben 45

erst Ergebnisse intensiver Bemühungen im Vorfeld der Ausbildung und müss­ten "in einzelnen Schritten tagtäglich erarbeitet werden."

Als zentrale Voraussetzungen wurden neben der generellen Motivation zur Be­rufsausbildung eine gewisse Stabilität der Jugendlichen und eine Reihe sozia­ler Kompetenzen genannt, die es ermöglichen, mit diesen Personen verbindli­che Vereinbarungen zu treffen. Als weitere unabdingbare Eigenschaften wurden Konfliktfähigkeit und Teamfähigkeit genannt. Konkret bedeutet dies, dass der Jugendliche Konflikten weder grundsätzlich aus dem Weg gehen, noch versuchen sollte, sie bevorzugt "mit der Faust" zu lösen. Die Koopera­tionsfähigkeit sei in der Regel bereits im Unterricht zu erkennen. Wurde schon dort festgestellt, dass der Jugendliche dazu noch nie in der Lage gewesen war, so stelle dies ein Ausschlusskriterium für eine betriebliche Ausbildung dar. Allerdings sollten an die Jugendlichen keinesfalls zu hohe Erwartungen gestellt werden, um die Zielgruppe für diesen Lernort nicht über Gebühr einzugrenzen. Die genannten Kriterien sollten hauptsächlich als "Checkliste" verstanden und berücksichtigt werden, um sich ein Gesamtbild vom Jugendlichen machen zu können, das letztlich für seine I ihre Beurteilung entscheidend sei.

ln der Auseinandersetzung um die erforderlichen Qualifikationen für eine betriebliche Ausbildung wurde folgendes Spannungsfeld deutlich: einerseits sollte der neue Lernort möglichst vielen behinderten Jugendlichen offenstehen und nicht nur einigen wenigen "Eiitebehinderten", andererseits besteht die Gefahr, dass Betriebe mit vermittelten "problematischen Jugendlichen" nicht zurecht kommen und sich dann aufgrund ungünstiger Erfahrungen weiter aus der Ausbildung von Rehabilitand(inn)en zurückziehen.

Das Dilemma von Selektion und individueller Förderung

Die im Saalfelder Modell sehr früh beginnende und längerfristig angelegte Teil­nehmer(innen)auswahl wurde von einigen Diskutant(inn)en als inhuman kritisiert "Selektion als Daueraktivität über mehrere Schuljahre hinweg" stehe im Widerspruch zu einer integrativen, ressourcenorientierten Förderung. Dagegen wurde aber eingewandt, es ginge hier nicht darum, ungeeignete Jugendliche generell von einer Berufsförderung auszuschließen, sondern für jede(n) Rehabilitanden/-in den ihm/ihr gemäßen Lernort zu finden. Bedenken, dass eine frühzeitige Auswahl und gezielte Förderung einzelner Jugendlicher die Gefahr einer Differenzierung zwischen "guten" und "schlechten" Risiken und einer entsprechend unterschiedlichen Behandlung berge, konnten jedoch nicht gänzlich ausgeräumt werden.

Gemeinsames Ergebnis: Teilnehmer(innen)auswahl als dialogischer Pro­zess erfordert Zeit

Trotz dieser Kontroversen war sich die Arbeitsgruppe darin einig, dass die Eignung von Jugendlichen für einen bestimmten Lernort nicht als Ergebnis einer punktuellen Entscheidung gesehen werden kann, die es im Anschluss daran "nur" noch umzusetzen gilt. Vielmehr handelt es sich dabei um einen

46 Margit Armoneit, Hartmut Querengässer, Rolf-Jürgen Maier-Lenz, Jochen Steinhagen

Prozess, in dem Rehabilitand(in), Reha-Berater(in), Bildungsträger und andere Netzwerkpartner gemeinsam Informationen sammeln und austauschen sowie getroffene Entscheidungen überprüfen und präzisieren mit dem Ziel, Wege zu finden, die den Jugendlichen eine optimale Teilhabe am Erwerbsleben sichern. ln diesem Zusammenhang wurde auf die entlastende Funktion hingewiesen, die daraus resultiert, dass eine adäquate Lernortwahl für die Rehabilitan­d(inn)en letztlich von den Reha-Berater(innen) verantwortet werden muss.

Schlussfolgerung: Frühzeitige Teilnehmer(innen)auswahl

Eine fundierte Entscheidung über die geeignete Form der beruflichen Erstaus­bildung von (lern)behinderten Jugendlichen setzt Entscheidungsprozesse vor­aus, in dem Interessen, Fähigkeiten und Vorstellungen der Jugendlichen einer­seits und die realisierbaren und erfolgversprechenden Möglichkeiten einer Be­rufsförderung andererseits abgeklärt werden müssen. Vor diesem Hintergrund bestand Einigkeit, dass hierfür ein angemessener Zeitraum erforderlich ist. Da­raus ergab sich die Forderung einer rechtzeitigen Teilnehmer(innen)auswahl. Eine genauere Bestimmung des Begriffs "rechtzeitig" blieb jedoch offen.

47

Arbeitsgruppe 2: Ausbildungsplatzakquisition

und Unterstützung von Ausbildungsbetrieben Moderation: Eva Ullrich, Bundesministerium für Gesundheit und Soziale

Sicherung

Impulsreferat

Gerd Specht, REinit Reckfinghäuser Arbeitsförderungsinitiative e. V.

Grundlage meiner Ausführungen ist eine Reihe von Thesen, die auf eigenen Erfahrungen mit dem Modellprojekt REGINE und anderen Projekten beruhen. Diese decken sich weithin mit den Ergebnissen der wissenschaftlichen Beglei­tung des Modellprojekts.

1. Ermittlung geeigneter Betriebe

1. 1 Eignungskriterien

These 1: Alle anerkannten Ausbildungsbetriebe können und sollten behinder-te Jugendliche ausbilden!

Diese Forderung beruht auf der Überlegung, dass sich lernbehinderte Jugend­liche nicht so wesentlich von anderen Auszubildenden unterscheiden. Wenn besondere Bedarfslagen vorhanden sind, können die Bildungsträger den Be­trieben die erforderliche Unterstützung bieten.

Die Ausbildung lernbehinderter Jugendlicher sollte sich nicht auf die kleinen Betriebe beschränken. Vielmehr sind hier auch die Großbetriebe gefordert, ihren Beitrag leisten. Ich denke, es ist für uns Bildungsträger möglich, über die Kleinbetriebe hinaus auch größere Unternehmen zu überzeugen, solche Aus­bildungsplätze bereit zu stellen. Wir haben zumindest mit zwei großen Betrie­ben entsprechende positive Erfahrungen. So ist es bei E.ON, einer Firma mit einem sehr großen eigenen Ausbildungsbetrieb, gelungen, auch einen REGI­NE-Auszubildenden unterzubringen. Normalerweise nehmen solche Betriebe nur die besten Bewerber(innen). Aber dies ist ein Beispiel dafür, dass sich auch Großbetriebe auf lernbehinderte Jugendliche einstellen können. Dazu ist nicht unbedingt der Druck einer Ausbildungsplatzabgabe erforderlich. Vielmehr ist es auch eine Aufgabe der Bildungsträger, Überzeugungsarbeit zu leisten.

These 2: Betriebliche Ausbildung von behinderten Jugendlichen ist auch ohne Perspektive auf Übernahme sinnvoll!

Natürlich sehen es alle Beteiligten gerne, wenn die Betriebe schon bei der Einstellung von Auszubildenden eine Möglichkeit auf Übernahme eröffnen und später sogar tatsächlich übernehmen. Garantieren kann dies jedoch angesichts der heutigen wirtschaftlichen Lage kaum noch ein Arbeitgeber. Ich denke, das sollte auch kein entscheidendes Kriterium sein, gerade auch bei der Ausbildung

48 Gerd Specht, Eva Ullrich, Dr. Hendrik Faßmann

von Lernbehinderten. Aufgrund unserer Erfahrung ist vielmehr wichtiger, dass die Jugendlichen in renommierten Unternehmen eine gute Ausbildung bekom­men. Dann ist es hinterher auch leichter, mit dieser Qualifikation eine Tätigkeit in anderen Betrieben aufnehmen zu können, falls dies im Lehrbetrieb nicht möglich sein sollte.

These 3: Besser einen Ausbildungsplatz in einer anderen Stadt als keinen Ausbildungsplatz in Wohnortnähe!

Wir wissen von unseren Jugendlichen aus dem REGINE-Projekt sowie aus anderen Projekten, dass sie am liebsten ihren Ausbildungsplatz vor der Haus­tür haben möchten. Das ist aber gerade bei den speziellen Ausbildungswün­schen nicht immer möglich. Deshalb müssen auch (lern-}behinderte Jugendli­che eine gewisse Bereitschaft zur Mobilität aufbringen. Insofern ist es erforder­lich, die Jugendlichen davon zu überzeugen, dass es keinen Sinn macht, ver­geblich zu warten, bis eine Lehrstelle in unmittelbarer Wohnortnähe angeboten wird. Besser ist es einen adäquaten Ausbildungsplatz zu bekommen, auch wenn dazu Fahrzeiten von bis zu 2 Stunden täglich in Kauf zu nehmen sind.

1.2 Informationsquellen

These 4: Mit Hilfe des Branchenbuches und durch informelle Kontakte kön­nen neue Ausbildungsplätze für behinderte Jugendliche akquiriert bzw. reaktiviert werden.

Wie die REGINE-Begleitforschung gezeigt hat, lassen sich viele Ausbildungs­betriebe aufgrund langjähriger Kontakte finden, über die die Bildungsträger bereits verfügen, oder aber auch über die Reha-Berater(innen) erschlossen werden, die ebenfalls mit vielen Unternehmen zusammen arbeiten. Wenn das jedoch alles nicht fruchtet, dann ist es nach unserer Erfahrung Erfolg verspre­chend, einfach das Branchenbuch zur Hand zu nehmen und die dort verzeich­neten Betriebe systematisch anzusprechen, Termine mit den Personalverant­wortlichen zu vereinbaren und diese in persönlichen Gesprächen zu überzeu­gen, auch einen (lern-)behinderten Jugendlichen einzustellen. Ganz wichtig sind darüber hinaus informelle Kontakte, über die Mitarbeiter(innen) oder Be­kannte verfügen: Gerade dieser Weg führt in vielen Fällen zu einem Ausbil­dungsplatz.

2. Akquisestrategien

2. 1 Azubi "verkaufen"

These 5: Bei der Akquisition sollte nicht an die soziale Verantwortung appel­liert werden, sondern es sollte der Nutzen für den Betrieb herausge­stellt werden.

These 6: Behinderte Auszubildende sind anderen Auszubildenden in einigen Bereichen überlegen: Motivation, Engagement, Sorgfalt, Zuverläs­sigkeit.

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AG 2: Ausbildungsplatzakquisition und Unterstützung von Ausbildungsbetrieben 49

Zu diesen beiden Thesen ist folgendes zu sagen: Nach unseren Erfahrungen kommen Appelle an die soziale Verantwortung der Betriebe nicht gut an. Bes­ser ist es, die Qualitäten der Bewerber(innen), die für den Betrieb bedeutsam und nützlich sein können, stärker herauszuarbeiten und diesen mit solchen Argumenten dazu zu bewegen, eine(n) Jugendlichen im Rahmen eines Prakti­kums zu erproben.

So hatten wir in einem Restaurant zwei Praktikanten untergebracht, einen lern­behinderten Jugendlichen und einen Jugendlichen mit der Fachoberschulreife. Der Arbeitgeber konnte jedoch nur einen in die Ausbildung übernehmen und hat sich aufgrund der Praktikumserfahrungen für den lernbehinderten Jugendli­chen entschieden. Dieser hat ihn mehr überzeugt als der andere.

These 7: Viele Ausbildungsplätze können nur mit behinderten Jugendlichen besetzt werden.

Viele Arbeitgeber können ihre Ausbildungsplätze im Grunde nur noch mit lern­behinderten Jugendlichen besetzen, z.B. in den Berufen Bäcker(in) I Kondi­tor(in), Verkäufer(in), Maler(in) I Lackierer(in). Aufgrund der Schwierigkeiten Auszubildende zu finden, stellen diese Betriebe daher sehr gerne zuverlässige Jugendliche mit einer Lernbehinderung ein.

2.2 Azubi im Praktikum erproben

These 8: Durch ein Praktikum können sich Betriebe von der Leistungsstärke behinderter Jugendlicher überzeugen.

Bestehen gravierende Bedenken, sich auf das Wagnis der Ausbildung von Lernbehinderten einzulassen, kann man versuchen, den Betrieb zumindest dazu bewegen, den/die Bewerber(in) in einem Praktikum zu erproben, was zunächst zu nichts verpflichtet. Hier haben die Jugendlichen dann die Möglich­keit, ihre Stärken zu zeigen und die Betriebe zu überzeugen.

These 9: Bei Bewährung im Praktikum stellen Betriebe auch behinderte Aus-zubildende über Bedarf ein.

Nach unseren Erfahrungen lassen sich auf diese Weise sogar Ausbildungsbe­triebe gewinnen, die anfänglich angaben, ihr Ausbildungskontingent für dieses Jahr schon ausgeschöpft zu haben und deshalb keine weiteren Jugendlichen einzustellen. Das heißt, wenn man hartnäckig genug ist und den Jugendlichen mit seinen Stärken darstellt, bieten sich über die Möglichkeit eines Praktikums doch noch Chancen, Ausbildungsplätze zu akquirieren.

2.3 Unterstützung des Betriebes anbieten

These 10: Bildungsträger sucht passenden behinderten Auszubildenden für die Betriebe aus.

Wir übernehmen die Auswahl eines geeigneten Auszubildenden für den jewei­ligen Betrieb. Dabei achten wir darauf, dass der Jugendliche auch in den betreffenden Betrieb passt.

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50 Gerd Specht, Eva Ullrich, Dr. Hendrik Faßmann

These 11: Das umfassende und kostenfreie Serviceangebot der Bildungsträ­ger motiviert Betriebe zur Ausbildung von behinderten Jugendli­chen.

Besonders wichtig ist es, den Betrieben umfassende Unterstützung zu signali­sieren für den Fall, dass es während der Ausbildung zu Problemen kommen sollte. Das betrifft sowohl den Bereich der Fachtheorie, als auch die praktische Ausbildung. Sollte ein(e) Jugendliche(r) trotz solcher Hilfen weiterhin Schwie­rigkeiten haben, bestimmte praktische Arbeiten durchzuführen, kann angeboten werden, ihn I sie für kurze Zeit aus der betrieblichen Ausbildung herauszuneh­men, und ihn solange bei uns außerbetrieblich zu fördern, bis dieses Defizit ausgeglichen werden kann. Dieses umfassende Serviceangebot der Bildungs­träger erleichtert es den Betrieben, sich auf ein(e) lernbehinderte(n) Auszubil­dende(n) einzulassen.

2.4 Fördermöglichkeiten darstellen

These 12: Bildungsträger informiert über finanzielle Fördermöglichkeiten und unterstützt Betriebe bei der Beantragung von Fördermitteln.

Zu unseren Aufgaben gehört es auch, die Betriebe umfassend über die finan­ziellen Möglichkeiten zu informieren. Das betrifft zunächst einmal die Ausbil­dungszuschüsse. Wenn es sich um einen schwerbehinderten Jugendlichen handelt, können noch weitergehende Zuschüsse in Frage kommen.

3. Unterstützungsbedarf der Betriebe

3. 1 Beantragung von Förderleistungen

These 13: Ohne Zuschuss zur Ausbildungsvergütung würden nur wenige Be­triebe einen behinderten Auszubildenden einstellen.

These 14: Der Zuschuss zur Ausbildungsvergütung gleicht die partielle Minder-leistung und den besonderen Aufwand der Betriebe vollständig aus.

Zur Erläuterung dieser beiden Thesen: Erfahrungsgemäß ist in der Regel kaum ein Betrieb bereit, (lern-)behinderte Jugendliche ohne einen Ausbildungszu­schuss einzustellen. Demnach ist dieser Zuschuss heute ein ganz wichtiges Instrument, das in vielen Fällen auch gerechtfertigt ist, weil der bzw. die betref­fende Jugendliche (noch) nicht in der Lage ist, die volle Leistung wie andere Auszubildende zu erbringen. Der Zuschuss sollte weiterhin 60 % der Ausbil­dungsvergütung im 3. Ausbildungsjahr betragen.

Ausnahmen von der Regel sind Großbetriebe, die einen solchen Zuschuss nicht nötig haben und ihn deshalb nicht unbedingt beantragen, aber oftmals auch keine behinderten Jugendlichen einstellen. Hier sollte grundsätzlich ein­mal über die soziale Verantwortung dieser Betriebe nachgedacht werden. Aber das ist eine längerfristige Diskussion. Damit erreichen wir heute für unsere Jugendlichen also noch keinen Ausbildungsplatz.

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AG 2: Ausbildungsplatzakquisition und Unterstützung von Ausbildungsbetrieben 51

Die nachfolgenden Thesen 16 und 17 konnten aus Zeitgründen nicht mehr vom Referenten erläutert und von den Teilnehmer(inne)n diskutiert werden:

3.2 Stütz- und Förderunterficht

These 15: Ohne individuellen Förderunterricht und intensive Vorbereitung auf die schriftliche, praktische und mündliche Prüfung durch den Bil­dungsträger würde kein REGINE-Auszubildender die Abschlussprü­fung bestehen.

3.3 Sozialpädagogische Betreuung

These 16: Durch die sozialpädagogische Betreuung und psychosoziale Unter­stützung der REGINE-Auszubildenden werden Krisen in der Ausbil­dung bewältigt und Ausbildungsabbrüche verhindert.

Diskussionsergebnisse:

Berichterstattung: Dr. Hendrik Faßmann, Institut für empirische Soziologie an der Friedrich-Aiexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Als Quintessenz der Diskussion ergaben sich zwei Aspekte, die vor allem die Möglichkeiten, Ausbildungsplätze zu akquirieren, entscheidend beeinflussen. Demnach werden die Ausbildungsmärkte entscheidend von strukturellen Rah­menbedingungen bestimmt, die sich von den unmittelbar beteiligten Akteuren kaum beeinflussen lassen. Allerdings gibt es auf betrieblicher Ebene durchaus Möglichkeiten, die Ausbildungsbereitschaft zu erhöhen.

Strukturelle Probleme und Lösungsmöglichkeiten

Insbesondere Herr Prof. Seyd machte darauf aufmerksam, dass die Betriebe heute keine Ausbildungsplätze bereitstellen, weil

- angesichts zunehmender Automatisierung und Rationalisierung und dem damit verbundenen generellen Arbeitsplatzabbau weniger Auszubildende und insbesondere keine behinderten Auszubildenden benötigt werden,

- der Trend hingeht zu einer Arbeitsverdichtung, die nicht nur verbunden ist mit mehr Arbeitsintensität sowie neuen Belastungen und Gesundheitsrisi­ken, die den Möglichkeiten einer Ausbildung behinderter Personen entge­genstehen, sondern auch dazu führt, dass Freiräume und Nischen entfal­len, in denen leistungsschwächere Personen früher ausgebildet und von Ausbildern betreut werden konnten,

- die Ausbildungsordnungen von den Betrieben als zu anspruchsvoll ange­sehen und viele der Bewerber(innen) als zu schwach beurteilt werden, den betreffenden Anforderungen zu entsprechen,

- die Ausbildung von Jugendlichen als zu kostenintensiv beurteilt wird.

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52 Gerd Specht, Eva Ullrich, Dr. Hendrik Faßmann

Während Herr Höfling dafür plädierte, Betriebe mit (finanziellen) Unterstüt­zungsleistungen dazu zu bewegen, auszubilden, vertraten Herr Prof. Seyd und Herr Leutloff, aber auch Frau Lewerenz insbesondere vor dem Hintergrund des härter werdenden Verdrängungswettbewerbs die Ansicht, Anreize und Druck­mittel müssten in ein angemessenes Verhältnis gesetzt werden, um die Ausbil­dungsbereitschaft zu erhöhen.

Nach Auffassung etlicher Diskussionsteilnehmer(innen) ist grundsätzlich eine Konsolidierung der Konjunktur notwendig, die dann auch zu einer Verbesse­rung der Situation auf den Arbeits- und Ausbildungsmärkten führen wird. Hilf­reich sei es darüber hinaus, die Ausbildungsordnungen transparenter zu ma­chen auf entbehrliche Anteile hin zu "durchforsten".

Herr Prof. Seyd wies in diesem Zusammenhang auf Forderungen der IG Metall in Baden-Württemberg hin: Demnach sollten in den einzelnen Regionen, in denen die Ausbildungsverträge geschlossen werden und die Betriebe mit Be­rufsschulen und Bildungsträgern zusammenarbeiten, Möglichkeiten eröffnet werden, auf gegebene Rahmenbedingungen flexibel einzugehen. Hier seien vor allem auch die Kammern gefordert, die entscheidenden Einfluss auf die Ausgestaltung der betreffenden Vorschriften ausüben. Darüber hinaus sei über­legenswert, inwieweit sich die Kosten ausbildender Betriebe, z.B. durch Be­schränkung der Ausbildungsvergütungen, reduzieren ließen.

Dagegen vertraten allerdings Herr Leutloff und andere Arbeitsgruppenteilneh­mer(innen) die Auffassung, dass die Betriebe durch besondere Regelungen (z.B. Ausbildungsplatzabgabe; Vergabe von Subventionen nur dann, wenn Ausbildungsplätze geschaffen werden) verpflichtet werden müssten, gerade benachteiligte und behinderte Personen mit geringeren Chancen verstärkt einzustellen. Davon seien die öffentlichen Arbeitgeber nicht auszunehmen.

Betriebsorientierte Strategien zur Förderung der Ausbildungsbereitschaft

Abgesehen von den bereits angesprochenen Anreiz- und Druckmitteln wurde dafür plädiert, Möglichkeiten auszuschöpfen bzw. bei Bedarf zu schaffen, die Betriebe von zentraler, leicht erreichbarer Stelle aus, ggf. sogar zugehend, umfassend über Modalitäten und Umfang einer Förderung der Ausbildung behinderter Jugendlicher zu informieren und ihnen bei der Beschaffung von Unterstützungsleistungen zu helfen. Dies sei wegen des für Außenstehende undurchschaubaren "Förderdschungels" unerlässlich. Allerdings sei es bei dieser Gelegenheit auch sinnvoll, die Betriebe auf den Nutzen hinzuweisen, der mit der Ausbildung verbunden und bereits verschiedentlich belegt worden ist.

Personen, die Ausbildungsstellen akquirieren sollen, müssen nach Auffassung der Diskussionsteilnehmer(innen) eingehende Kenntnisse über die betreffen­den Betriebe haben. Nur so können sie Bewerber(innen) vermitteln, die von den Unternehmen akzeptiert werden und die tatsächlich in der Lage sind, die betreffenden Anforderungen zu bewältigen. Wesentlich ist weiter, so Herr Pie­per, die Betriebe plausibel und glaubhaft weniger über "Unfähigkeiten" als über die Fähigkeiten und Potentiale der behinderten Jugendlichen zu informieren,

AG 2: Ausbildungsplatzakquisition und Unterstatzung von Ausbildungsbetrieben 53

um in der Praxis vorhandene Vorurteile im Hinblick auf vermeintliche Leis­tungsdefizite ausräumen zu können. Dies gilt in besonderem Maße für die Gruppe der lernbehinderten Personen. Allerdings müssen sich die Betriebe darauf verlassen können, äass die ihnen vermittelten Auszubildenden tatsäch­lich zu ihnen passen. ln diesem Zusammenhang schlug Frau Kroll vor, das gegenseitige Verständnis für die jeweiligen Probleme von Betrieben und Bil­dungsträgern durch einen zeitweisen Austausch des Ausbildungspersonals fördern. Dies könnte nicht nur zu größerer Bereitschaft der Unternehmen füh­ren, behinderte Jugendliche auszubilden. Vielmehr böte sich so auch die Chan­ce, dass die Bildungsträger künftig die Belange der Betriebe stärker als bisher berücksichtigten.

Abgesehen von den finanziellen Fördermöglichkeiten sollten die Akquisiteu­rel-innen die Betriebe vor allem auch über die praktische Hilfe und Entlastung während der Ausbildung informieren können, die z.B. wesentlicher Bestandteil der "Betrieblichen Ausbildung und reha-spezifischen Förderung durch einen Bildungsträger" ist. Gerade solche Hinweise können als wertvolle Argumentati­onshilfe dienen. Frau Rüb erläuterte, dass es im Falle von schwerbehinderten Jugendlichen möglich ist, sich der Unterstützung durch einen Arbeitscoach zu bedienen und dies im Gespräch mit dem Arbeitgeber als zusätzliches Argu­ment zu verwenden.

Frau Lewerenz machte in ihrem Beitrag auf die Probleme aufmerksam, die sich aufgrund Unübersichtlichkeit der Ausbildungsregelungen im Bereich der Be­rufsausbildung behinderter Menschen ergeben. 1 Dies führe zu einer Verunsi­cherung in den Betrieben, die über diese Vielfalt nicht informiert seien und sich nicht vorstellen könnten, was es mit einzelnen Berufen auf sich habe, was bei der Ausbildung zu beachten sei usw .. Sie warnte deshalb davor, Ausbildungs­ordnungen zu regionalisieren, da damit weitere Unklarheiten verbunden sein würden. Auch Herr Prof. Seyd plädierte für eine verbesserte Transparenz der Ausbildungsordnungen, etwa im Rahmen einer Synopse, vertrat jedoch gleich­wohl die Ansicht, es müsse in der Praxis möglich sein, Ausbildungsgänge flexi­bel an die jeweiligen Betriebsverhältnisse (z.B. Schifffahrt, Fahrzeugbau) anzu­passen.

1 Anmerkung des Berichterstatters: Für das Jahr 2002 verzeichnete das Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) immerhin 910 Ausbildungsregelungen für behinderte Men­schen.

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Moderation:

Arbeitsgruppe 3: Verbesserung der Unterstützung

wohnortnaher Ausbildungskonzepte durch Berufsschulen

Erich Lenk, Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation

Impulsreferat

Brigitte Kumbier-Jordan, IFAS Institut für angewandte Sozialfragen

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Aller Anfang ist schwer - so könnte das Ergebnis meines Vortrages lauten. Denn unabhängig vom Bundesland wird in dem Modellversuch REGINE deut­lich, dass die Bedingungen für Jugendliche mit Lernbehinderungen an Regel­berufsschulen unzureichend sind.

Es ist noch nicht allzu lange her, da gab es dieses Problem noch gar nicht. Alles war wohlgeordnet - Behinderte und Nichtbehinderte getrennt - die einen besuchten die Regelschulen, die anderen die Sonderschulen. Nun soll alles anders werden; aber welche Voraussetzungen brauchen Regelschulen, um die wohnortnahe Ausbildung von behinderten Jugendlichen zu unterstützen.

REGINE - das Modellprojekt für wohnortnahe Ausbildung für lernbehinderte Jugendliche hat als handlungsleitendes Prinzip den Grundsatz "So normal wie möglich - so individuell wie nötig!". Demnach sollen die lernbehinderten Ju­gendlichen im dualen System - freie Ausbildungswahl auf der einen Seite, Re­gelberufsschule auf der anderen Seite - zusammen mit ihren Altersgenossen ausgebildet und beschult werden und zwar

- möglichst in Vollberufen nach § 25 BBiG in den Betrieben ihrer Umgebung,

- in der ganz normalen Regal-Berufschule - soweit das Normalitätsprinzip -

- unterstützt durch REGINE-Mitarbeiter(innen) im Förderunterricht, in der Alltagsbewältigung, in sozialpädagogischen Belangen und ähnlichem -soweit das lndividualitätsprinzip.

Durch diesen integrativen Ansatz soll auch das Ziel erreicht werden, die Stig­matisierung von Lernbehinderten zu verringern bzw. zu beheben und ihnen entsprechend dem SGB IX eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftli­chen Leben zu ermöglichen.

Immerhin haben, so zeigen die Ergebnisse der Begleitforschung, 88 % der REGINE-Teilnehmer(innen) eine Sonder- oder Förderschule für Lernbehinderte als letzte allgemeinbildende Schule besucht. Ca. die Hälfte hat einen Sonder­bzw. Förderschulabschluss, etwas weniger (als die Hälfte) einen Hauptschul­abschluss - dieser ist meist an der Sonderschule erworben. Nur ca. 7 % haben keinen Schulabschluss. Dies ist zugegebenermaßen für Lernbehinderte ein relativ hohes Schulniveau.

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56 Erich Lenk, Brigitte Kumbier-Jordan, Birgit Lechner

ln der REGINE-Auswertung wird auch nach den schulischen Lernerfahrungen der Teilnehmer(innen) gefragt - d. h. danach, wie sie selbst ihren Lernerfolg und die Lernvoraussetzungen zuhause einschätzen und wie die Einstellung wichtiger Bezugspersonen zum Lernen ist. Die Lernerfahrungen sind bei den meisten der Jugendlichen als schlecht zu bewerten. Dieses Ergebnis ist sicher­lich nicht untypisch für die Lern- und Schulkarrieren von lernbehinderten Ju­gendlichen - aber was bedeutet das für den Lernerfolg an der ganz normalen berufsbildenden Schule? Können diese negativen Lernerfahrungen durch posi­tive Erfolgserlebnisse in Schule und Ausbildung kompensiert werden?

Der Eintritt in das duale Ausbildungssystem mit Beschulung durch die reguläre Berufschule (anstelle einer Sonderschule) stellt für die Teilnehmer(innen) am REGINE-Projekt die Chance dar, das Stigma der Lernbehinderung loszuwer­den. Diese Chance ist jedoch auch mit Hürden verbunden, die zu nehmen für Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf oftmals sehr schwierig ist. Die folgenden Zitate vermitteln hiervon einen ersten Eindruck. Sie stammen aus Interviews, die 2002 zur Vorbereitung einer Präsentation im Rahmen einer Fachtagung zur beruflichen Rehabilitation in Göttingen mit unseren REGINE­Auszubildenden geführt wurden:

- "ln der Berufschule geht alles immer so schnell."

- "Die Lehrer ziehen ihren Stoff durch, und wer nicht mitkommt, hat Pech gehabt. Das ist so, als ob ein Zug abfährt: wer nicht reingekommen ist, muss stehenbleiben."

- "Für meine Mitschüler bin ich nicht normal, für die bin ich der Sonderschü­ler, der von der Doofenschule. Aber ich fühle mich nicht als Doofer, denn sonst hätte ich keine Lehre gekriegt."

- "Ich lasse das Fragen jetzt sein, da wird man sowieso nur doof angemacht und da habe ich keinen Bock drauf."

So wurde der Eintritt in die Berufschule für die meisten REGINE-Teilneh­mer(innen) als starke Zäsur erlebt: Stellte die Schule für Lernhilfe noch einen Schonraum dar, in dem sich die Lehrer(innen) relativ viel Zeit für einzelne neh­men konnten, da die Klassenstärke sehr überschaubar war und in dem man sich mit seinen Leistungen vielleicht sogar im obersten Drittel befand, so sieht die Realität in der Berufschulklasse komplett anders aus: Die eigenen Leistun­gen müssen relativiert werden, Schüler(innen), die früher gute Leistungen er­bracht haben, schreiben plötzlich nur noch mangelhafte oder ungenügende Arbeiten. Im Unterricht verstehen sie "nur Bahnhof' - richtet sich doch das Tempo, mit dem die Lehrer(innen) den Stoff durchnehmen, in der Regel nach dem durchschnittlichem Auffassungsvermögen der Klasse. Dieses liegt jetzt um ein Vielfaches höher als gewohnt- REGINE-Teilnehmer(innen) befinden sich in einer Klasse mit ehemaligen Haupt- und Realschüler(inne)n, in einigen Aus­bildungsberufen sogar mit Abiturient(inn)en. Gelegentlich, wie z. B. in Göttingen im Gastronomiebereich, wird ein niedriger qualifizierter Beruf (hier: Fachkraft im

AG 3: Unterstützung wohnortnaher Ausbildungskonzepte durch Berufsschulen 57

Gastgewerbe) zusammen mit weitaus höher qualifizierten Berufen (hier: Hotel­fachfrau und Restaurantfachfrau) unterrichtet.

Dieser gravierende Einschnitt von der Sonder-Förderschule zur Regelberufs­schule und damit häufig vom guten zum schlechten Schüler bzw. von der guten zur schlechten Schülerin führt dazu, dass das Selbstwertgefühl von REGINE­Teilnehmer(inne)n gerade in der Anfangszeit der Ausbildung einer harten Be­lastungsprobe ausgesetzt ist - und damit einhergehend häufig auch die Leis­tungsfähigkeit und die Motivation.

Unseres Erachtens kann hier eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Lehrpersonal und REGINE-Betreuungspersonal einiges auffangen. Hierzu gehören neben den regelmäßigen Kontakten folgende Absprachen zwischen Berufsschule und Betreuer(inne)n:

- Sicherstellen der Erreichbarkeit

- Regelmäßiger Informationsaustausch

- Benachrichtigung bei Krisen

- Feste Ansprachpartner

- lnitiierung von Prüfungserleichterungen

- Informationen über Unterrichtsmethoden und Lehrpläne

- Vernetzung der Zusammenarbeit

Beispiele einer solchen gelungenen Kooperation zwischen der Schule und dem Bildungsträger gibt es einige. Leider ist diese Zusammenarbeit nicht institutio­nalisiert, sondern abhängig vom persönlichen Engagement der Lehrer(innen).

Berufsbildende Schulen sind im Grunde nicht darauf ausgerichtet, lernbehin­derte Auszubildende angemessen zu unterrichten. Dies zeigt ein Blick auf die strukturellen Rahmenbedingungen:

- REGINE-Teilnehmer(innen) haben sonderpädagogischen Förderbedarf, jedoch die wenigsten Lehrer(innen) an Berufsbildenden Schulen verfügen über eine sonderpädagogische (Zusatz-)Ausbildung.

- Große Klassenstärken: Zwei Drittel aller REGINE-Teilnehmer(innen) wur­den und werden in Klassen mit 20 bis 38 Schüler(inne)n unterrichtet.

Das LeistLngsniveau entspricht dem Hauptschul- und Realschulabschluss.

- Das Tempo, in dem der Unterrichtsstoff vermittelt wird, ist für Schü­ler(innen) mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu hoch

- Viele Schulbücher enthalten kompliziert formulierte Texte und Erklärungen, die für Schüler(innen) mit sonderpädagogischem Förderbedarf ungeeignet sind.

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58 Erich Lenk, Brigitte Kumbier-Jordan, Birgit Lechner

Was müsste sich ändern? Idealerweise sollte auf die individuelle Lernfähigkeit der SchülerQnnen) eingegangen werden. Dies wäre denkbar, könnte man RE­GINE-Teilnehmer(innen) zu einer Sonderklasse zusammenfassen. Leider war das in unserem Projekt nicht möglich, und zwar aus folgenden Gründen:

REGINE-Teilnehmer(innen) wohnen - zumindest im ländlichen Raum - weit verstreut auseinander, d. h. in Einzugsgebieten unterschiedlicher Berufschulen. Unsere Bemühungen in einem Fall, Einfluss auf den Ort der Beschulung zu nehmen, damit eine angemessenere Lernsituationen hätte entstehen können (die Entfernung zum Wohnort der Schüler wäre sogar kürzer gewesen), schei­terten daran, dass Schulleitungen wirtschaftliche Entscheidungen treffen müs­sen.

REGINE-Teilnehmer(innen), die in demselben Einzugsgebiet wohnen, lernen in den wenigsten Fällen denselben Beruf! Das Eingehen auf die persönlichen Ressourcen und damit auch den individuell passenden Beruf ist ja gerade eine der Besonderheiten von REGINE.

An diesen Beispielen aus der Praxis wird deutlich, dass es nicht ausreicht, mit einzelnen engagierten Lehrer(inne)n ein positives Ausbildungs- und Schuler­gebnis zu erzielen. Vielmehr müssen auf institutioneller und auf politischer Ebene sachliche, räumliche und personale Ressourcen bereitgestellt werden, um wohnortnahe Ausbildung für Schüler(innen) mit sonderpädagogischem Förderbedarf selbstverständlich zu machen.

Die folgenden Forderungen an die Politik beziehen sich nicht nur auf die Ver­besserung der schulischen Situation von Teilnehmer(inne)n des REGINE­Projekts. Diese haben ihre Förderbedürftigkeit mit dem Reha-Status attestiert bekommen. Daneben gibt es aber - besonders in handwerklichen Berufen -eine Vielzahl von Auszubildenden mit ausgeprägter Lernschwäche: die soge­nannten Benachteiligten. Forderungen an die Politik zielen deshalb auf die Verbesserung der Beschulung von allen Schüler(inne)n mit erhöhtem Förder­bedarf:

- Einrichtung von Sonderklassen

- Differenzierter Unterricht

- Eigene Klassen für niedriger qualifizierte Berufe

- Kleine Klassen

- Reha-spezifische Fortbildung des Lehrpersonals

- Zeit für gemeinsame Förderplanung

- Zeitbudget für Lehrer(innen) zum Informationsaustausch mit Bildungsträ-gern I zur Betreuung der Rehabilitand(inn)en

Dies sind keine ganz neuen Forderungen; die Empfehlungen der Ständigen Konferenz der Kultusminister 1994 zur Förderung des sonderpädagogischen Bedarfs im berufsbildenden Bereich verweisen auf die vertrauensvolle Zusam­menarbeit aller am Rehaprozess Beteiligten und die Möglichkeit der Unterstüt-

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AG 3: Unterstützung wohnortnaher Ausbildungskonzepte durch Berufsschulen 59

zung einer qualifizierten Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungs­beruf.

Und damit bin ich wieder am Beginn meiner Ausführungen: Aller Anfang ist schwer!

Diskussionsergebnisse:

Berichterstattung: Birgit Lechner, Institut für empirische Soziologie

lntegrative Beschulung in der Regelberufsschule versus gezielte Förde­rung in Sonderberufsschulen

Von einigen Teilnehmer(inne)n wurde die Grundsatzfrage aufgeworfen, was für und was gegen eine integrative Beschulung spricht. Als positive Argumente wurden das dem REGINE-Konzept zugrundeliegende Normalitätsprinzip und die Vermeidung von Stigmatisierung angeführt. Vorgeschlagen wurde, den Jugendlichen ab einem bestimmten Beeinträchtigungsgrad Sonderpädagogen zur Seite zu stellen, die mit ihnen den Unterrichtsstoff erarbeiten und sie bei der Vor- und Nachbereitung unterstützen, um ihnen so die Teilnahme am Unterricht zu erleichtern. Als weitere Fördermöglichkeit wurde die Bildung von Sonder­klassen an Regelberufsschulen genannt, in denen Jugendliche mit besonderem Förderbedarf zusammengefasst werden. Die Verwirklichung dieser Lösung wurde jedoch aus Kostengründen als eher unwahrscheinlich eingeschätzt.

Gegen eine integrative Beschulung sprechen nach Auffassung der Diskussi­onsteilnehmer(innen) hauptsächlich die unzureichenden Bedingungen an Re­gelberufsschulen und die daraus resultierenden Folgen für förderbedürftige Jugendliche. Allein die Größe von Regelberufsschulen und der damit verbun­dene "Massenbetrieb", der kaum Möglichkeiten einer persönlichen Betreuung biete, überfordere viele lernbehinderte Schüler(innen). Des Weiteren gaben einige Teilnehmer(innen) zu bedenken, dass mit einer Unterrichtung von be­hinderten Auszubildenden an Regelberufsschulen nicht in jedem Fall Stigmati­sierung vorzubeugen bzw. zu vermeiden ist. Vielmehr zeige die Praxis, dass Diskriminierung von Schüler(inne)n mit Lernbehinderungen durch ihre Mitschü­ler(innen) an Regelberufsschulen oftmals sehr viel gravierender ist als ein Be­such der Sonderberufsschule. Zudem biete diese den behinderten Auszubil­denden genau die Arbeitsbedingungen, die sie benötigen und die an der "nor­malen" Berufsschulen nicht zu realisieren seien: kleine Klassen, sozialpädago­gisch ausgebildetes Fachpersonal und gezieltes Eingehen auf die individuelle Leistungsfähigkeit der Einzelnen. Versuche von einigen wenigen Sonderbe­rufsschüler(inne)n, an eine Regelberufsschule überzuwechseln, seien in den meisten Fällen gescheitert, so dass diese nach relativ kurzer Zeit wieder an die Sonderberufsschule zurückkehren mussten. Da Regel- und Sonderberufsschü­ler(innen) zwar unterschiedliche Wege beschreiten, jedoch letztlich die gleiche Abschlussprüfung zu absolvieren haben, plädierten vor allem die in der Ar-

60 Erich Lenk, Brigitte Kumbier-Jordan, Birgit Lechner

beitsgruppe vertretenen Lehrkräfte für die Unterrichtung behinderter Jugendli­cher an Sonderberufsschulen.

Forderung von verbesserten Bedingungen an Regelberufsschulen stoßen auf Skepsis

Politisch orientierte Forderungen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für (lern-)behinderte Auszubildende an Regelberufsschulen hielt ein Teil der Arbeitsgruppe für eher unrealistisch. Begründet wurde dies nicht nur mit knap­pen Ressourcen, sondern auch mit der hohen Inhomogenität vieler Berufs­schulklassen, in denen Sonderschüler(innen), Hauptschüler(innen), Realschü­ler(innen) und Gymnasiast(inn)en gemeinsam unterrichtet würden. Dem unter­schiedlichem Bildungsstand und Leistungsniveau aller Schüler(innen) gerecht zu werden sei in der Praxis kaum einlösbar. Deutlich wurde in der Diskussion, dass eine integrative Beschulung gelegentlich auch an zu starren Regelungen scheitert: So berichtete eine Teilnehmerin von zwei gehörlosen Schülerinnen aus Berlin, die an einer Regelberufsschule deshalb nicht aufgenommen werden konnten, weil dort keine Dolmetscher bezahlt werden durften. Die beiden muss­ten daraufhin eine wohnortferne Sonderberufsschule in Essen besuchen.

Individuelle Entscheidungen anstelle von Pauschallösungen

Gegen eine generelle Ausbildung (lern-)behinderter Jugendlicher in Sonderbe­rufsschulen wurde eingewandt, dass trotz unzureichender Förderbedingungen an Regelberufschulen ein Teil der REGINE-Teilnehmer(innen) durchaus in der Lage war, die Ausbildung erfolgreich abzuschließen. Zudem stünden Sonder­berufschulen nicht flächendeckend zur Verfügung, und das Berufsspektrum sei stark eingeschränkt. Die Sonderberufsschule wurde aus diesen Gründen nicht generell als Schulform der Wahl angesehen. Vielmehr sollte die Entscheidung individuell unter Berücksichtigung der vor Ort gegebenen konkreten Rahmen­bedingungen getroffen werden. Vor diesem Hintergrund sei auch hier nach der Maxime "So normal wie möglich, so speziell wie erforderlich" zu entscheiden, wie viel Schonraum für die einzelne(n) Rehabilitand(inn)en notwendig und förderlich ist. Um eine optimale Lösung für die einzelnen Jugendlichen treffen zu können, wurde die Durchlässigkeit zwischen unterschiedlichen Lernorten und Schulformen als besonders bedeutsam hervorgehoben. Hierfür wäre eine weitere Öffnung der Sonderberufsschulen (ggf. auch unter Berücksichtigung der an Berufsbildungswerke angegliederten Schulen) für Jugendliche erforder­lich, die eine betriebliche Ausbildung absolvieren. Als mögliche Lösung wurde ein Modell vorgeschlagen, das aus einzelnen Bausteinen besteht, die sich fallspezifisch kombinieren lassen. ln dieser Richtung wurde noch Entwick­lungsbedarf gesehen.

lnstitutionalisierung der Zusammenarbeit zwischen Bildungsträgern und Berufsschullehrer(inne)n sollte verbessert werden

Um die Kooperation zwischen Bildungsträgern und Berufsschullehrer(inne)n im Interesse der Jugendlichen zu verbessern, wurde eine lnstitutionalisierung

AG 3: Unterstützung wohnortnaher Ausbildungskonzepte durch Berufsschulen 61

dieser Zusammenarbeit gefordert. Bislang erfolgt diese ausschließlich informell und ist damit vom persönlichen Engagement der einzelnen Lehrkräfte abhän­gig. Allerdings wurde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass nicht nur Jugendliche des REGINE-Modellprojekts einer solchen Förderung bedürfen. Vielmehr gibt es darüber hinaus eine Reihe benachteiligter Schü­ler(innen), die ebenso auf eine gezielte schulische Unterstützung angewiesen sind. Das heißt aber, dass letztlich kein Weg an einer Verbesserung der Ar­beitsbedingungen an Regelberufsschulen vorbeiführt, will man nicht alle Schü­ler(innen), die dort- aus welchen Gründen auch immer- Probleme haben oder Probleme verursachen, an häufig mehr oder weniger wohnortferne Spezialein­richtungen verweisen.

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Abschließende Plenumsdiskussion Moderation: Dr. Hendrik Faßmann

Berichterstattung: Renate Steger, Dr. Hendrik Faßmann, Institut für empiri­sche Soziologie an der Friedrich-Aiexander-Universität Er­langen-Nürnberg

Nach einer Vorstellung der Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen konzentrierte sich die Plenumsdiskussion im Wesentlichen auf drei Aspekte.

Der erste davon betraf Anreize für Arbeitgeber, verstärkt lernbehinderte Ju­gendliche einzustellen. Eine Teilnehmerin war der Ansicht, die Bildungsträger sollten Ausbildungsbetriebe nicht nur im Hinblick auf mögliche Fördermittel be­raten, sondern sie auch bei der Antragstellung unterstützen, da viele Arbeitge­ber(innen) erfahrungsgemäß den mit der betreffenden Beantragung erforderli­chen Aufwand scheuten. Dagegen wurde eingewandt, dass dies hauptsächlich fü.r kleinere Unternehmen gelte. Grassbetriebe seien dagegen über Fördermit­tel bestens informiert und in der Lage, die bestehenden Möglichkeiten optimal auszuschöpfen. Als für die Ausbildungsplatzakquise hinderlich wurde auch der häufig lange Zeitraum zwischen Beantragung von Zuschüssen und ihrer tat­sächlichen Auszahlung angesehen, der insbesondere für kleinere Betriebe oft ein Problem darstellt. Schließlich wurde darüber diskutiert, inwieweit ein Ver­zicht auf einen Teil der Ausbildungsvergütung dazu beitragen könnte, mehr Be­triebe dafür zu gewinnen, Jugendliche auszubilden.

Der zweite Aspekt betraf die Rolle von Regelberufsschulen bei der berufli­chen Rehabilitation von Jugendlichen. Nachdem Herr Prof. Seyd die These ver­treten hatte, aufgrund der Ergebnisse des Modellprojekts müsse man die Re­gelberufsschulen als Partner bei der beruflichen Rehabilitation von Jugendli­chen abschreiben, berichteten einige Teilnehmerinnen von positiven Erfahrun­gen, die sich allerdings alle auf eng begrenzte Einzelbeispiele und Modellpro­jekte bezogen. So berichtete ein Teilnehmer über ein Modell mit hörbehinder­ten Jugendlichen, in dem Sonderpädagogen in Regelberufsschulen unterstüt­zend tätig waren und damit gute Ergebnisse erzielen konnten. Es herrschte Ei­nigkeit darüber, dass diese Möglichkeiten erheblich ausgebaut werden müss­ten, damit Rehabilitand(inn)en mit Lernbehinderungen vermehrt Chancen hät­ten, auch solche Berufe zu erlernen, für die es keine Sonderberufsschulen gibt.

Als dritter Bereich wurde das Thema Vernetzung angesprochen. Im Mittel­punkt dieser Diskussion stand die dem Projekt zugrundeliegende Idee, erfor­derliche Leistungen im Wohnumfeld der Jugendlichen zu erschließen und ge­eignete Netzwerkpartner mit der Leistungserbringung zu beauftragen. An un­terschiedlichen Beispielen wurde deutlich, dass ein solches Verfahren dann zum Einsatz kam und funktionierte, wenn die Bildungsträger aufgrund des Ein­zugsbereichs oder wegen geforderter Spezialqualifikationen nicht in der Lage waren, diese Leistungen selbst zu vertretbaren Kosten bereitzustellen. ln die-

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sen Fällen wurden entweder Honorarkräfte beauftragt oder Bildungseinrichtun­gen vor Ort mit in die Betreuung eingebunden.

Frau Weisener-Helebrant vom Berufsbildungswerk Waiblingen berichtete, Ver­suche ansässige Psychotherapeut(inn)en mit in die Versorgung der Rehabili­tand(inn)en einzubinden, scheiterten nicht selten daran, dass wenig Interesse zeigten und bevorzugt andere Zielgruppen behandelten. Herr Bar/sen schilder­te einen anderen gescheiterten Vernetzungsversuch im Rahmen des ähnlich wie REGINE angelegten Modellprojekts MobiliS für sehbehinderte und blinde Rehabilitand(inn)en: Hier wurde versucht, die Integrationsfachdienste mit in die Akquise von Ausbildungsplätzen einzubinden, um dabei von deren Arbeits­marktkenntnissen zu profitieren. Da sich die Integrationsfachdienste zu diesem Zeitpunkt in einer Phase der Umstrukturierung befanden, war eine Kooperation jedoch kurzfristig nicht realisierbar. Die Beispiele zeigen, dass der Aufbau ge­eigneter Netzwerkkontakte nicht selten langfristige Überzeugungsarbeit und zeitintensive Abstimmungsprozesse erfordert.

Zum Abschluss der Tagung verband Herr Maier-Lenz im Namen der Bundes­arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation seinen Dank für die Teilnahme und akti­ve Mitarbeit mit dem Appell, sich auch weiterhin auf der politischen Ebene für eine integrative Bildung an Berufsschulen einzusetzen. Er begründete dies u.a. mit den Ergebnissen der PISA-Studie, die gezeigt haben, dass jene Länder am besten abschnitten, die konsequent integrative Bildungskonzepte verwirklichen. Gleichzeitig plädierte er für eine stärkere Durchlässigkeit zwischen Regel- und Sonderberufsschule, da der Grundsatz "So normal wie möglich, so speziell wie erforderlich" nur bei Nutzung aller Bildungsangebote in optimaler Weise umge­setzt werden könne.

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Liste der Fachtagungsteilnehmer(innen) Altstadt, Heike

Berufsbildungswerk Harnburg GmbH

Reichsbahnstraße 52+53, 22525 Harnburg

Armoneit, Margit Bildungszentrum Saalfeld gGmbH

Käthe-Kollwitz-Straße 2, 07318 Saalfeld

Arnhold, Renate Bundesverband der Elternkreise e. V. (BVEK)

DOrerplatz 3, 18057 Rosteck

Assmus, Oliver Verband Deutscher Rentenversicherungsträger

Eysseneckstraße 55, 60322 Frankfurt a. M.

Barlsen, Jörg Berufsbildungswerk Nordhessen, Rehabilitationszentrum Bathildisheim Mengeringhäuser Straße 3, 34454 Bad Arolsen

Bartelmes, Edith

Projekt BOB Herzogenbuseher Straße 52, 54292 Trier

Baumann, Ulrike

Club Aktiv e.V. Schützenstraße 20, 54295 Trier

Berringer, Christian, Dr. Beauftragter der Bundesregierung fOr die Belange behinderter Menschen Mauerstraße 53, 10117 Berlin

Berthold, Ute Berufsbildungswerk fOr Blinde und Sahbehinderte gGmbH

Flemmingstraße Be, 09116 Chemnitz

Bochnig, Ulrich Agentur für Arbeit Nienburg Verdenar Straße 21, 31582 Nienburg

Böckmann, Frank Arbeitsgemeinschaft Deutscher Berufsförderungswerke

August-Krogmann-Straße 52, 22159 Harnburg

Börgerling, Wilfried Stiftung fOr Bildung und Behindertenförderung GmbH Heidehofstraße 33, 70184 Stuttgart

Breyer, Evelin Sächsisches Staatsministerium für Kultus

Carolaplatz 1, 01097 Dresden

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66 Liste der Fachtagungsteilnehmer(innen)

Deutrich, Hans-JOrgen Landesarbeitsgemeinschaft "Freier Träger d. JSA" in Sachsen Am Stadtpark 2, 04860 Torgau

Eckhoff, Marcus Bundesarbeitsgemeinschaft wohnortnahe Rehs-Einrichtungen Schmalbachstraße 8, 38112 Braunschweig

Faßmann, Hendrik, Dr. Institut für empirische Soziologie an der Universität Erlangen-Nürnberg Marienstraße 2, 90402 Nürnberg

Fehrkamp, Andreas Barrierefreies Rosteck e. V. Auf der Huder 6, 18055 Rosteck

Fieck, Hiltrud Annedore-Leber-Berufsbildungswerk Paster-Behrens-Straße 88, 12359 Berlin

Fiedelers, Anja Recklinghäuser Arbeitsförderungsinitiative e.V. (re.init) Am Stadion 47, 45659 Recklinghausen

Frank, Lorenz Berufsbildungswerk Nordhessen Hoffmann-von-Fallersleben-Straße21, 34117 Kassel

Fraundorf, Gunter BFW Frankfurt am Main

Huizener Str. 60, 61118 Bad Viibei

Fuchs-Schurr, Regina BAWAalen

Felix-Wankei-Straße 11, 73431 Aalen

Fülle, Angelika Allgemeiner Behindertenverband in Deutschland - ABiD Friedrichstraße 95, 10117 Berlin

Glende, Susanne Barrierefreies Rosteck e. V. Auf der Huder 6, 18055 Rosteck

Grabow, Ralf Ohne Barrieren Rosteck e.V.

Elmenhorster Weg 36, 18109 Rosteck

Haack, Karl Hermann Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Mansche Mauerstraße 53, 10117 Berlin

Hagen, Björn FAWgGmbH

Demolierung 2, 23909 Ratzeburg

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Liste der Fachtagungsteilnehmer(innen)

Heikenroth, Cornelia, Dr. Fortbildungsakademie der Wirtschaft gGmbH Bamberger Straße 7, 01187 Dresden

Heinik, Stefan, Dr. Allgemeiner Behindertenverband in Deutschland e.V.-ABiD Friedrichstraße 95, 10117 Berlin

Höfling, Peter Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Bayern Regensburger Straße 100, 90327 Nürnberg

Hohdorf, Antje Hansestadt Rostock, Büro für Behindertenfragen Neuer Markt 1, 18055 Rosteck

Hombach, Wolfgang Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung Wilhelmstraße 49, 11017 Berlin

Hübner, Barbara Ministerium für Bildung, Jugend und Sport Brandenburg Steinstraße 104-106, 14480 Potsdam

Jahnke, Ralf Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport, Abt. VI-Jugend

Beuthstraße 6-8, 10117 Berlin

Jennrich, Stephanie Brücke Schleswig-Holstein gGmbH Feldschmiede 83, 25524 ltzehoe

Jugel, Martina, Dr.

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Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin, Integrationsamt und Hauptfürsorgestelle

Sächsische Straße 28, 1 0707 Berlin

Kitsche, Klemens Berufsbildungswerk Leipzig für Hör- und Sprachgeschädigte gGmbH Knautnaundorfer Straße 4, 04249 Leipzig

Klemm, Norbert Berufsbildungswerk Caritas-Don Bosco-Werk Würzburg GmbH Schottenanger 15, 97082 Würzburg

Klöppel, Ulrike Fortbildungsakademie der Wirtschaft gGmbH Altenburger Straße 64 a, 04617 Rositz

Koch, Stephanie Agentur für Arbeit Magdeburg, Abteilung Berufsberatung

Hohepfortestraße 37, 39104 Magdeburg

Köhler, Gerhard Jugendförderungswerk Erfurt/BAG WBR Storchmühlenweg 8, 99089 Erfurt

Kroll, Karin, Dr.

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Berufsbildungswerk im Oberlinhaus gGmbH

Steinstraße 80/82/84, 14480 Potsdam

Krüger, Herbert ISB gGmbH Potsdamer Straße 141, 1 0783 Berlin

Kumbier..Jordan, Brigitte Institut für engewandte Sozialfragen IFAS Weenderstraße 39, 37073 Göttingen

Kurth-Laatsch, Sylvia Kaltenborn-Wirtschaftsforschung Pettenkoferstraße 16-18, 10247 Berlin

Kutz, Cornelia Christi. Jugenddorfwerk, Außenstelle Lünen Münsterstraße 45, 44534 Lünen

Lathan, Thomas Berufsbildungswerk Leipzig Knautnaundorfer Straße 4, 04249 Leipzig

Lechner, Birgit

Liste der Fachtagungsteilnehmer(innen)

Institut für empirische Soziologie an der Universität Erlangen-Nürnberg Marienstraße 2, 90402 Nürnberg

Lenk, Erich Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Walter-Kolb-Straße 9-11, 60594 Frankfurt/Main

Leutloff, Hans..Jürgen Sozialverband Deutschland e.V. Stralauer Straße 63, 10179 Berlin

Lewerenz, Maren Bundesagentur für Arbeit Regensburger Straße 100, 90327 Nürnberg

Liebmann, Heike Bildungszentrum Saalfeld GmbH Am Gewände 7, 07333 Unterwellenborn

Maier-Lenz, Rolf-Jürgen Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Walter-Kolb-Straße 9-11, 60594 Frankfurt/Mein

Meergarten, Monika Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit Friedrichstraße 34, 10969 Berlin

Mielenz, Erika Landesjugendamt Berlin LJA I C 3 Beuthstraße 6-8, 1 0117 Berlin

Liste der Fachtagungsteilnehmer(innen)

Müller, Werner Berufsbildungswerk Südhessen gGmbH Am Heroldsrain 1, 61184 Karben

Müller-Baron, lngo Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Walter-Kolb-Straße 9-11, 60594 FrankfurUMain

Müller-Preußker, lngeborg Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen Mauerstraße 53,10117 Berlin

Muzykant, Lothar Berufsbildungswerk Hof Südring 96, 95032 Hof (Saale}

Nürnberger, lngo Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Walter-Kolb-Straße 9-11, 60594 FrankfurUMain

Opelt, Arlett FAW gGmbH -Akademie Altenburg Altenburger Straße 20 a, 04617 Rositz

Paulsen, Mike Regionaldirektion Nord Projensdorfer Straße 82, 24106 Kiel

Pieper, Ansgar Institut der deutschen Wirtschaft Köln, REHADA T Gustav-Heinemann-Ufer 84-88, 50968 Köln

Porath, Jörg Berufsbildungswerk Neckargemünd gGmbH Im Spitzerfeld 25, 69151 Neckargemünd

Querengässer, Hartmut Bildungszentrum Saalfeld gGmbH Käthe-Kollwitz-Straße 2, 07318 Saalfeld

Radatz, Joachim ISBgGmbH Potsdamer Straße 141, 1 0783 Berlin

Ritter, Jürgen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte 1 0704 Berlin

Röhrig, Marlinde Bildungswerk der Wirtschaft Sachsen-Anhalt e.V. Olvenstedter Straße 66, 39108 Magdeburg

Rüb, Andrea Sozial- und Jugendamt Stadt FrankfurUZentrum Selbstbestimmt leben Berliner Straße 33-35, 60311 Frankfurt a. M.

69

70

Ruhtz, Annette Bildungseinrichtung Buckow e.V. 16230 Lichterfelde

Rusch, Bernd Rehabilitationskrankenhaus Ulm Oberer Eselsberg 45, 89081 Ulm

Ruß, Andreas Berufsbildungswerk Hof SUdring 96, 95032 Hof

Schilling, Themas Jugendberufshilfe ThOringen e.V. Linderbacher Weg 30, 99099 Erfurt

Schmidt, Tobias Berufsbildungswerk Leipzig Knautnaundorfer Straße 4, 04249 Leipzig

SchOIIer, Kari-Heinz

Liste der Fachtagungsteilnehmer(innen)

Verband Sonderpädagogik e.V. Landesverband NRW Roermonder Str. 42, 52525 Hainsberg

Seeger, Edgar Landeswohlfahrtsverband Hessen, Regionalverwaltung Kassel, ZGM 204 Ständeplatz 6-10, 34117 Kassel

Seyd, Wolfgang, Prof. Dr. Universität Harnburg Sedanstraße 19, 20146 Harnburg

Specht, Gerd-Dieter Recklinghäuser Arbeitsförderungsinitiative e.V. (re-init) Granger Straße 11, 45661 Recklinghausen

Spies-Kollmann, Yvonne Christliches Jugenddorfwerk, Außenstelle LOnen MOnsterstraße 45, 44534 LOnen

Staggenborg, Meike Fachwerk e.V.

Lange Straße 9-11, 31582 Nienburg

Steger, Renale Institut fOr empirische Soziologie an der Universität Erlangen-NOrnberg Marienstraße 2, 90402 NOrnberg

Steinhagen, Jochen Berufsbildungswerk Harnburg gGmbH Reichsbahnstraße 53-55, 22525 Harnburg

Steinke, Bernd Bundesarbeitsgemeinschaft fOr Rehabilitation Walter-Kolb-Straße 9-11, 60594 Frankfurt/Main,

Liste der Fachtagungsteilnehmer(innen)

Stunz, Doris Thüringer Kultusministerium Wemer-Seelenbinder-Straße 7, 99096 Erfurt

Teltow, Ursula Arbeitsgemeinschaft Selbstbestimmte Behindertenpolitik der POS Kleine Alexanderstraße 28, 10178 Berlin

Triantakonstantis, Hildegard Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Walter-Kolb-Straße 9-11, 60594 Frankfurt/Main

Ullrich, Eva Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung I Referat 511 Wilhelmstraße 49, 11017 Berlin

vom Hagen, Cäcilia Annedore-Leber-Berufsbildungswerk Paster-Behrens-Straße 88, 12359 Berlin

Wagner, Angela Universität zu Köln, Lehrstuhl für Arbeit und berufliche Reha Heisterbachstraße 14, 50939 Köln

Wasilewski, Rainer, Dr. Institut für empirische Soziologie an der Universität Erlangen-Nürnberg

Marienstraße 2, 90402 Nürnberg

Weisener-Helebrant, Annette Bildungswerk Waiblingen der Diakonie Sielten e.V.

Steinbeisstraße 16, 71332 Waiblingen

Weiß, Peter Bundesarbeitsgemeinschaft wohnortnahe berufliche Reha-Einrichtungen Deulowitzer Straße 33, 03172 Guben

Wendroth, Susanne, Dr. FAA Bildungsgesellschaft Hannover mbH Alte Heerstraße 9, 38644 Goslar

Wieland, Karin BBW Leipzig, Geschäftsstelle Berlin Geergenstraße 35,10117 Berlin

Wölwer, Kurt Berufsbildungswerk Heinrich-Haus Neuwied gGmbH Neuwieder Str. 23, 56566 Neuwied

Wolf, Manfred CJD Jugenddorf Offenburg Zähringerstraße 42-59, 77652 Offenburg

Wunsch, Robert Berufsbildungswerk Soest HattroperWeg 57, 59494 Soest

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71

72

Ziegler, Mechthild Lernen fördern Bundesverband Gerberstraße 17, 70178 Stuttgart

Ziethlow, llonka, Dr. BBW Chemnitz, Geschäftsstelle Berlin . Geergenstraße 35,10117 Berlin

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Liste der Fachtagungsteilnehmer(innen)

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ISBN 3-9807410-4-4

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