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82Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Bevölkerung
ArbeitslosigkeitPaul Gans und Günter Thieme
frühen 1970er Jahren herrschte in derBundesrepublik Deutschland Vollbe-schäftigung, d.h. die Zahl der offenenStellen überstieg die Zahl der ArbeitSuchenden A . Schon 1975 überschrittjedoch die Zahl der Arbeitslosen dieMillionenschwelle. Der durch die Wie-dervereinigung hervorgerufene Wirt-schaftsboom sorgte in den alten Län-dern für einen zeitweiligen Rückgangder Erwerbslosigkeit, doch schon 1997registrierte die Bundesanstalt für Arbeitmit dem Überschreiten der Grenze von4 Mio. einen erneuten Höchststand derArbeitslosigkeit im vereinten Deutsch-land. Seit 1998 wirkte sich der wirt-schaftliche Aufschwung zögernd auchauf dem Arbeitsmarkt aus und verhalfin den alten Ländern zu einer fühlbarenReduzierung der Arbeitslosigkeit. Inden neuen Ländern war nach der Wie-dervereinigung 1990 die Arbeitslosig-keit dramatisch gewachsen und stag-niert derzeit auf hohem Niveau.
Das gesellschaftlich größte Problem inDeutschland ist gegenwärtig die Ar-beitslosigkeit. Seit Mitte der 1970erJahre stieg die Zahl der Arbeitslosen beijeder der drei Rezessionen ummindestens eine Million an und verrin-gerte sich in konjunkturellen Erho-lungsphasen nur wenig 1 . Arbeitslosig-keit weist auf Ungleichgewichte zwi-schen Arbeitskräfteangebot und -nach-frage hin. Zahl und Quote der Arbeits-losen sind nicht nur ein wesentlicherIndikator zur Analyse der regionalenWirtschaftsstruktur und Konjunkturent-wicklung, sondern vermitteln auchwichtige Informationen über individu-elle Problemlagen und gesellschaftlicheHerausforderungen (AA Beitrag Horn/Lentz, S. 88).
Entwicklung der Arbeitslosig-keit seit 1950Mit dem konjunkturellen Aufschwungder Nachkriegszeit in den 1960er und
StaatsgrenzeLändergrenzeKreisgrenze
Bodensee
Kiel
SchwerinHamburg
BERLINPotsdam
Magdeburg
DresdenErfurt
München
Stuttgart
Wiesbaden
Mainz
Düsseldorf
Bremen
Hannover
Saarbrücken
Arbeitslosigkeit der ausländischen Bevölkerung 1998nach Kreisen
Autoren: P.Gans, G.Thieme
© Institut für Länderkunde, Leipzig 2001 Maßstab 1: 6000000
25 750 50 100 km
Ausländeranteil anden Arbeitslosen in Prozent
> 2520 - 2515 - 2010 - 155 - 10
< 5
_
Bodensee
Kiel
SchwerinHamburg
BERLINPotsdam
Magdeburg
DresdenErfurt
München
Stuttgart
Wiesbaden
Mainz
Düsseldorf
Bremen
Hannover
Saarbrücken
Arbeitslosigkeit der weiblichen Bevölkerung 1998nach Kreisen
Autoren: P.Gans, G.Thieme
© Institut für Länderkunde, Leipzig 2001 Maßstab 1: 6000000
25 750 50 100 km
StaatsgrenzeLändergrenzeKreisgrenze
Frauenanteil anden Arbeitslosen in Prozent
> 6055 - 6050 - 5545 - 5040 - 45
< 40
_
0,0
1,0
2,0
3,0
4,0
5,0
1950 55 60 65 70 75 80 84 90 95 2000(Nov.)
Mio.
Jahr
Arbeitslose
offene Stellen
Arbeitslose alte Länder
Arbeitslose neue Länder
Arbeitslosigkeit 1950-2000
© Institut für Länderkunde, Leipzig 2001
Räumliche Muster der Arbeits-losigkeitDas regionale Muster der Arbeitslosig-keit in Deutschland ist primär von ei-nem Ost-West-Gegensatz gekennzeich-net 4 . Die gravierendsten Arbeits-marktprobleme treten in den traditio-nellen industriellen Kernräumen derneuen Länder wie dem ChemiedreieckSachsen-Anhalts oder dem Braunkohle-revier der Niederlausitz, aber auch inländlich-peripheren Gebieten Branden-burgs und Mecklenburg-Vorpommernsauf. Aber nicht überall ist die Arbeits-losigkeit in Ostdeutschland höher alsdie im Westen. Dort sind es die Regio-nen mit wirtschaftlichen Strukturpro-blemen wie das Ruhrgebiet, das Saar-land oder das Emsland, die durch hoheArbeitslosenquoten auffallen. In derRegel weisen zudem die Großstädte hö-here Werte der Arbeitslosigkeit auf alsihr Umland. Erkennbar ist schließlichein Nord-Süd-Kontrast, der sich in äu-
C
A
B
83Arbeitslosigkeit
> 21
18 - 21
15 - 18
12 - 15
9 - 12
6 - 9
< 6
_
Bodensee
Kiel
Bremen
Hannover
Düsseldorf
Mainz
Stuttgart
München
Erfurt Dresden
BERLIN
Potsdam
Magdeburg
Schwerin
Hamburg
Wiesbaden
Saarbrücken
Autoren: P.Gans, G.Thieme
Arbeitslosigkeit 1998und ihre Entwicklung seit 1993
nach Kreisen
© Institut für Länderkunde, Leipzig 2001 Maßstab 1: 3750000
0 50 100 km7525
Entwicklung derArbeitslosenquote1993-1998** in Prozent
Arbeitslosigkeit 1998* in Prozent
StaatsgrenzeLändergrenze
KreisgrenzeRaumordnungsregions-grenze (neue Länder)
BundeshauptstadtLandeshauptstadt
BERLIN
Hannover
* Arbeitslosenquote 30.6.1998
** Arbeitslosenquote 30.6.1993;Für die neuen Länder wird aufGrund von Veränderungen derVerwaltungsgrenzen der Wert nurauf der Basis der Raumordnungs-regionen angegeben.
> 4
3 - 4
2 - 3
1 - 2
0 - 1
< 0
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ßerst geringen Arbeitslosenquoten Ba-den-Württembergs und insbesondereBayerns ausdrückt.
Auch bei der Entwicklung der Ar-beitslosenquote während der Jahre 1993bis 1998 zeigen sich beträchtliche regio-nale Unterschiede. Besonders die groß-städtischen Zentren verzeichnen einendeutlichen Anstieg der Arbeitslosen-quote. Hier spielen zum einen Standort-faktoren wie Flächenengpässe oder Ge-werbehebesteuersätze eine Rolle, die beiUnternehmensansiedlungen eine Ent-scheidung für das Umland begünstigen.Zum anderen gibt es offenbar auchstrukturelle Probleme. Erwerbsfähige ar-beitslose Personen in den Großstädtenkönnen immer seltener die qualitativenAnforderungen von neu angesiedeltenArbeitsplätzen erfüllen.
Das starke Wachstum der Arbeitslo-sigkeit speziell in Westberlin ist u.a.durch den umfassenden Subventionsab-bau begründet. Von einer deutlichenZunahme der Arbeitslosigkeit betroffenist auch das ehemalige Zonenrandge-biet, dessen Förderung bald nach derstaatlichen Vereinigung eingestellt wur-de, während eine Reihe von Regionender neuen Länder in der Nähe der ehe-maligen innerdeutschen Grenze in derFolgezeit positive Entwicklungen zeig-ten. Eine entgegen dem Bundestrendrückläufige oder zumindest stagnierendeArbeitslosenquote war vor allem inzahlreichen ländlichen Arbeitsmarktre-gionen Baden-Württembergs und Bay-erns zu beobachten.
Problemgruppen der Arbeitslo-sigkeitDer Anstieg der Arbeitslosigkeit hat ei-nige Bevölkerungsgruppen mehr betrof-fen als andere (AA Beiträge Burdack/Bode, S. 84). Hier sei nur auf Problemevon Frauen und Ausländern eingegan-gen. Das Muster des Frauenanteils anallen Arbeitslosen gibt genau das Ge-biet der ehemaligen DDR wieder 2 .Mitte 1998 waren in Ostdeutschland53,2% der registrierten arbeitslosenFrauen, in den alten Ländern nur44,1%. Dazu tragen Nachfrage- undAngebotsseite bei, denn in den neuenLändern liegt die weibliche Erwerbsquo-te um fast zehn Prozentpunkte über demVergleichswert der alten (AA BeitragStegmann, S. 62). Auf dieses aus DDR-Zeiten stammende Muster nimmt derArbeitsmarkt keine Rücksicht: Die Ar-beitslosigkeit in Ostdeutschland ist„weiblich“ (FASSMANN u. SEIFFERT 2000).Lediglich in einigen Großstädten derneuen Länder mit expandierendemDienstleistungssektor wie in Berlin,Leipzig oder Potsdam liegt der Frauen-anteil an den Arbeitslosen unter 50%.
Weit unterdurchschnittliche Frauen-anteile an den Arbeitslosen treten aus-schließlich in den alten Ländern auf.Neben mehreren Dienstleistungsmetro-polen sind es auch die ehemals montan-industriell geprägten Regionen desRuhrgebiets und des Saarlands mit tra-ditionell niedriger weiblicher Erwerbs-beteiligung, die heute durch niedrige
Werte der weiblichen Arbeitslosigkeitauffallen.
Eine weitere Problemgruppe sindAusländer 3 . Ihr Prozentsatz an denArbeitslosen erreicht in den neuen Län-dern äußerst niedrige Werte, da hier derausländische Bevölkerungsanteil sehrgering ist (AA Beitrag Glebe/Thieme, S.72). In den wirtschaftlichen Kernräu-men der alten Länder ist dagegen dieArbeitslosigkeit unter Ausländern
hoch, doch unterscheiden sich dort dieWerte nur geringfügig vom Ausländer-anteil an der Gesamtbevölkerung. Da-gegen ist die Diskrepanz dieser beidenWerte in weniger stark verdichtetenRäumen häufig weit stärker ausgeprägt,auch wenn dort insgesamt die Arbeits-losenquote niedrig ist.?
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