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  • Abschluss bericht

    Abschlussbericht der Bundesprogramme

    VIELFALT TUT GUT. Jugend fr Vielfalt, Toleranz und Demokratie

    und kompetent. fr Demokratie

    Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus

    Frderphase 2007 2010

  • Inhalt

    1. Zentrale Botschaften 2

    2. Allgemeine Einfhrung 4

    3. Umsetzung der beiden Bundesprogramme 5 3.1 VIELFALT TUT GUT. Jugend fr Vielfalt,

    Toleranz und Demokratie 5 3.1.1 Programmausrichtung 5

    3.1.2 Programmstruktur 5 3.1.3 Projektfrderung 6 3.1.4 Veranstaltungen und Kommunikation 8 3.1.5 Erfahrungen und Ergebnisse 10

    3.2 kompetent. fr Demokratie Beratungsnetzwerke

    gegen Rechtsextremismus 11 3.2.1 Programmausrichtung 11 3.2.2 Programmstruktur 11 3.2.3 Veranstaltungen und Kommunikation 14 3.2.4 Erfahrungen und Ergebnisse 14

    4. Ergebnisse der Wissenschaftlichen

    Begleitungen 15

    4.1 Lokale Aktionsplne 15 4.2 Modellprojekte Themencluster 1 18

    4.3 Modellprojekte Themencluster 2

    20 4.4 Modellprojekte Themencluster 3 24 4.5 Modellprojekte Themencluster 4 27 4.6 Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus 29

    5. Ergebnisse der Programmevaluation 34

    1

    5.1 Einleitung und Kurzvorstellung 34 5.2 Methodisches Vorgehen 35 5.3 Ergebnisdarstellung 36 5.3.1 Zur Umsetzung der Handlungskonzepte

    der Bundesprogramme 36 5.3.2 Bezge zu den Regelstrukturen der

    Kinder- und Jugendhilfe 38 5.3.3 Synergiepotenziale zwischen den

    Bundesprogrammen 38 5.4. Perspektiven und Empfehlungen 39

    6. Zusammenfassung und Ausblick 40

    ANHANG 43

  • 1. Zentrale Botschaften

    a) Die Frderung des zivilen Engagements und des demokratischen Verhaltens sowie der Einsatz fr Vielfalt und Toleranz knnen nur dann erfolgreich gelingen, wenn alle Akteure zusammenarbeiten. Dies ist in den beiden Bundesprogrammen VIELFALT TUT GUT. Jugend fr Vielfalt, Toleranz und Demokratie und kompetent. fr Demokratie Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus1 in den Jahren 2007 bis 2010 beraus erfolgreich gelungen. Bund, Lnder und Kommunen haben erstmals ihr Engagement fr ein demokratisches Zusammenleben gebndelt und gemeinsam Handlungsstrategien entwickelt. Eng vernetzt arbeiten Entscheidungstrger auf politischer Ebene mit Verwaltungen und mtern genauso wie mit zivil gesellschaftlichen Einrichtungen und Initiativen zusammen.

    Seit Programmbeginn konnten so im Bundesprogramm VIELFALT TUT GUT. 90 Lokale Aktionsplne untersttzt werden, die fast 5.000 Einzelprojekte initiierten. Zudem wurden seit Beginn der Frderphase insgesamt 93 Modellprojekte im Kontext Jugend, Bildung und Prvention gefrdert. Im Bundesprogramm kompetent. fr Demokratie wurden in allen 16 Lndern landesweite Beratungsnetzwerke aufgebaut, in denen Expertinnen und Experten aus Politik und Verwaltung sowie aus zivilgesellschaftlichen Einrichtungen und Initiativen ihr Fachwissen bndeln und es Menschen, die sich mit rechtsextremistischen Tendenzen auseinandersetzen mssen, zur Verfgung stellen. Hauptzielgruppe sind Kinder und Jugendliche, aber auch Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren.

    Ziel des Bundesprogramms VIELFALT TUT GUT. ist, Demokratie, Vielfalt und Toleranz als zentrale Werte der gesamten Gesellschaft zu festigen und Kinder und Jugendliche frh fr diese grundlegenden Regeln eines friedlichen und demokratischen Zusammenlebens zu gewinnen. Das Bundesprogramm frdert deshalb vor allem die politische Bildung sowie die Arbeit im prventiv-pdagogischen Bereich. Das Bundesprogramm kompetent. fr Demokratie stellt mit seinen Beraterinnen und Beratern einen Beitrag zur aktiven Bekmpfung rechtsextremistischer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Aktionen und Handlungen dar. Es ergnzt das prventiv-pdagogisch ausgerichtete Bundesprogramm VIELFALT TUT GUT..

    Beide Bundesprogramme wurden jhrlich mit insgesamt 24 Mio. EURO vom Bundesministerium fr Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefrdert. Dabei entfi elen auf das Bundesprogramm VIELFALT TUT GUT. 19 Mio. EURO pro Jahr; auf das Bundesprogramm kompetent. fr Demokratie 5 Mio. EURO pro Jahr.

    1 Im Folgenden werden die beiden Bundesprogramme durch VIELF ALT TUT GUT. und kompetent. fr Demokratie dargestellt.

    b) Die erzielten Ergebnisse in beiden Bundesprogrammen verdeutlichen, dass die Entwicklung integrierter lokaler Prventionsstrategien in Form von Lokalen Aktionsplnen

    zielfhrend ist. Die Zusammenarbeit und Kooperation auf Augenhhe zwischen den kommunal Verantwortlichen und den lokalen Akteuren der Zivilgesellschaft von den Kirchen ber Vereine und Verbnde bis hin zu engagierten Brgerinnen, Brgern und Jugendlichen ist dabei der wichtigste Erfolgsfaktor. Gemeinsam werden Strategien gegen rechtsextreme, fremdenfeindliche und antisemitische Tendenzen vor Ort entwickelt und dann zusammen im lokalen Begleitausschuss in Aktionen und Projekten umgesetzt.

    Durch die Etablierung von Begleitausschssen als strategische Entwicklungs- und Entscheidungsgremien bei der Umsetzung von Lokalen Aktionsplnen konnte eine intensive Vernetzung und Kooperation von kommunal Verantwortlichen und Zivilgesellschaft erreicht werden.

    Auch innerhalb von Verwaltungen lassen sich Hinweise auf positive Vernderungen im Sinne von ressortbergreifendem Austausch und gemeinsamen Planungen fi nden bei allerdings fortbestehendem Entwicklungsbedarf. Die durchgehende Einbeziehung dieser sogenannten mternetzwerke in die Begleitausschsse weist auf eine erfolgreiche Einbindung kommunaler Akteure hin.

    Die Einrichtung von lokalen Koordinierungsstellen wird als elementare Voraussetzung fr die Umsetzung eines Lokalen Aktionsplans gesehen. Sie sind der Motor des Lokalen Aktionsplans und verantworten die operative Steuerung, unter anderem auch bei der Vermittlung zwischen den Interessen vieler unterschiedlicher Beteiligter.

    Ein wichtiges Umsetzungsinstrument sind die Einzelprojekte. Sie stellen nicht nur eine Sensibilisierung und Aktivierung der Akteure vor Ort sicher und schaffen Angebote fr spezielle Zielgruppen, sondern bilden die Grundlage fr Netzwerkbildungen, nehmen Einfl uss auf politisches Handeln und Verwaltungshandeln, erreichen ffentlichkeit und verankern demokratische und humanistische Werte.

    c) Es wurden vielversprechende Modellprojekte im Feld des Demokratielernens und der Prvention von Rechtsextremismus erprobt; eine vergleichende systematische Auswertung von Projekterfahrungen wird dabei als hilfreich erachtet.

    Im Themenbereich Auseinandersetzung mit historischem und aktuellem Antisemitismus ist es den Modellprojekten gelungen, auch schwierige Zielgruppen anzusprechen. Fr die Zukunft erscheint es jedoch wichtig, noch deutlicher den Fokus auf die Weiterentwicklung geschlechterrefl ektierender Anstze mit jungen Mnnern und jungen Frauen sowie auf die Auseinandersetzung mit zeithistorischen Themen und die Erprobung von Modellen der Eltern- und Familienarbeit zu legen.

    2

  • 3

    Bei der Arbeit mit rechtsextremistisch gefhrdeten Jugendlichen sind Konzepte dann erfolgreich, wenn sich die Projektpartner auf die spezifi schen Verhltnisse langfristig eingelassen und eine gruppenzentrierte Arbeit mit eher individuell orientierten Aktivitten verknpft haben. Tragfhige und lernfhige Kooperationsbeziehungen bei der Umsetzung von Modellprojekten sind dabei besonders frderlich. Vor dem Hintergrund der Umsetzungserfahrungen sollen zuknftig strker gefhrdete Jugendliche im Sinne von rechtsextremistisch orientiert angesprochen werden.

    Im Bereich Prventions- und Bildungsangebote fr die Einwanderungsgesellschaft wird zuknftig noch mehr die inhaltliche Ausrichtung auf die gleichberechtigte Einbindung und Teilhabe von Migrantenselbstorganisation, Migrantinnen und Migranten erfolgen mssen. Nur so knnen individuelle Sichtweisen und Bedrfnisse, aber auch Erwartungen im tglichen Miteinander von Werten wie Vielfalt und Toleranz in einer Integrationsgesellschaft Bercksichtigung fi nden.

    Im Themenbereich Frh ansetzende Prvention wurden die Angebote der gefrderten Modellprojekte sehr gut nachgefragt sogar ber ihre Kapazitten hinaus. Hierin zeigt sich, dass mit dem Bundesprogramm auf einen wichtigen Handlungsbedarf reagiert wurde. Wissenszuwachs und Vernderungen bei der Verhaltenseinstellung der beteiligten Zielgruppen im Projekt wurden von der Wissenschaft aufgezeigt. Zuknftig gilt es, in diesem Themenfeld, die Zusammenarbeit mit Kita-Kindern und die Einbeziehung von Eltern noch strker zu befrdern.

    d) Mit der Etablierung der landesweiten Beratungsnetzwerke in den Lndern wurde eine Lcke in der Zusammenarbeit zwischen staatlichen und nicht staatlichen Akteuren geschlossen. Die Mehrheit der Beratungsprozesse vor Ort wurde erfolgreich abgeschlossen. Die Beraterinnen und Berater entwickeln auf die konkrete Problemstellung bezogene Leit- und Handlungsziele mit den Beratungsnehmerinnen und -nehmern. Beratungsanlsse ausschlielich krisenhaft zu defi nieren, hat sich auch aufgrund der zahlreichen komplexen und mehrdimensionalen Problemlagen in der Praxis der Beraterinnen und Berater nicht bewhrt. Erfolgsbedingungen sind die Professionalitt der Beraterinnen und Berater, die Einbindung relevanter Akteure und deren Vernetzung. Entwicklungsbedarf besteht hinsichtlich des Formalisierungsgrades von Zielvereinbarungen, Beratungsplnen und Dokumentationssystemen sowie der Fortschreibung von Qualittsstandards.

    e) Neben dem geschlossenen Vorgehen der Regierungen auf Bundes- und Landesebene im erfolgreichen Kampf gegen Extremismus, insbesondere Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus, wurde als zweites Standbein die bundesweite Initiative Orte der Vielfalt am 26. November 2007 mit zahlreichen Verbnden ins Leben

    gerufen. Die Initiative will alle demokratischen Krfte in Stdten, Gemeinden und Kreisen bei ihrem Einsatz fr Vielfalt, Toleranz und Demokratie vor Ort untersttzen und dieses Engagement langfristig und berall vor Ort sichtbar machen. Jede Kommune, die sich mit Bndnissen, Netzwerken, Projekten oder Veranstaltungen nachhaltig und in besonderem Mae fr die Ziele der Initiative engagiert, wird von der Bundesregierung mit dem Titel Ort der Vielfalt ausgezeichnet. Seit 2008 wurden bereits 159 Stdte, Gemeinden und Landkreise fr ihr beispielhaftes Engagement ausgezeichnet. Das sind insgesamt 2.138 Gemeinden mit 22,7 Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern. Im Rahmen der Ergebniskonferenz 2010 der Bundesprogramme VIELFALT TUT GUT. und kompetent. fr Demokratie wurden in der dritten Auszeichnungsrunde weiteren 52 Kommunen der Titel Ort der Vielfalt verliehen.

    f) Die grundstzliche Ausrichtung der Bundesprogramme, das heit die Fokussierung auf Manahmen der primren und sekundren Prvention im Jugendalter, gekoppelt mit Beratungsangeboten, hat sich bewhrt. In der zweiten Frderperiode sollen die einzelnen Programmteile noch strker als bisher aufeinander abgestimmt werden, damit Synergiepotenziale besser genutzt werden knnen. Im Sinne der Nachhaltigkeit sollen die lokalen und landesweiten Netzwerke dahingehend untersttzt werden, dass sie in bestehende regionale und landesweite Strukturen berfhrt werden knnen. Dazu gehren die Strkung der Professionalitt sowie die Etablierung eines Qualittsmanagements. Qualittsmanagement heit dabei nicht administrative Kontrolle, sondern die Fhigkeit, die gemeinsamen Strategien fr gelungene prventiv-pdagogische sowie praktische Beratungsttigkeit darzustellen. Diese Weiterentwicklung soll die vorurteilsfreie bertragung von Erfahrungen ermglichen und Potenziale nutzbar machen. Dies geschieht zuknftig unter einem gemeinsamen Dach mit der berschrift TOLERANZ FRDERN KOMPETENZ STRKEN.

  • 2. Allgemeine Einfhrung

    In der Jugendpolitik hat die Bundesregierung seit 2001 mit dem Aktionsprogramm Jugend fr Toleranz und Demokratie gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Anti semitismus einen Schwerpunkt bei der Prvention und Bekmpfung rechtsextremistischer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Erscheinungen gesetzt. Das Aktionsprogramm bestand aus den drei Teilprogrammen ENTIMON Gemeinsam gegen Gewalt und Rechtsextremismus, CIVITAS initiativ gegen Rechtsextremismus in den neuen Bundeslndern und XENOS Leben und Arbeiten in Vielfalt (gefrdert aus Mitteln des Europischen Sozial fonds), die mit ihren unterschiedlichen Anstzen verschiedene Schwerpunktsetzungen zur Frderung prventiv-pdagogischer modellhafter Manahmen und Projekte abdeckten. In insgesamt ber 4.500 Projekten, Initiativen und Manahmen wurden vor allem junge Menschen erreicht.

    Die Entwicklung und Bewertung der in der Vergangenheit durchgefhrten Programme zur Prvention von Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus hat gezeigt, dass es neben konsequenter Strafverfolgung bei Straftaten, ntiger Jugend- und Prventionsarbeit sowie beharrlicher Bekmpfung sozialer Ausgrenzung vor allem darum geht, die Integrationspotenziale der Zivilgesellschaft zu nutzen.

    Der Staat (Bund, Lnder und Kommunen), die Wirtschaft und die Akteure der Zivilgesellschaft mssen gemeinsam neue Wege bei der Partizipation und bei der Gestaltung gesellschaftlicher Entwicklungsprozesse gehen. Die Akteure vor Ort tragen dabei eine besondere Verantwortung bei der Analyse der Situation; dem Staat obliegt die bedarfsgerechte Frderung von Strukturen des brgerschaftlichen Engagements. Dementsprechend sind die aktuellen Bundesprogramme auf das Frdern und die Untersttzung von Demokratie, Vielfalt und Toleranz in lokalen und landesweiten Netzwerken ausgerichtet.

    Ziel des auf Nachhaltigkeit angelegten Bundesprogramms VIELFALT TUT GUT. Jugend fr Vielfalt, Toleranz und Demo kratie ist es, Demokratie, Vielfalt und Toleranz als zentrale Werte der gesamten Gesellschaft zu festigen und gerade Kinder und Jugendliche auf prventiv-pdagogische Weise fr die grundlegenden Regeln eines friedlichen und demokratischen Zusammenlebens zu begeistern. Pro Jahr hat das Bundesministerium fr Familie, Senioren, Frauen und Jugend dafr 19 Mio. EURO zur Verfgung gestellt. VIELFALT TUT GUT. setzt dabei auf zwei Frderschwerpunkte:

    Erster Frderschwerpunkt ist die Untersttzung von Lokalen Aktionsplnen zur Strkung der Demokratieentwicklung im lokalen Raum. In Zusammenarbeit mit den Lndern und den kommunalen Spitzenverbnden wurden Anfang 2007 90 Regionen in Deutschland als frderungswrdig eingestuft, 60 in den neuen und 30 in den alten Lndern. Zentrales Ziel der Lokalen Aktionsplne ist es, durch die Einbindung aller gesellschaftlichen Krfte vor Ort ein gemeinsames Handeln fr eine

    starke Demokratie und gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit zu entwickeln. Realisiert wird dies durch einen lokalen Begleitausschuss, dem mehrheitlich Personen der lokalen Zivilgesellschaft angehren und der ber die Frdersummen fr die Einzelprojekte entscheidet. So konnten in den 90 Lokalen Aktionsplnen fast 5.000 Einzelprojekte initiiert und gefrdert werden.

    Im zweiten Programmschwerpunkt wurden seit Beginn der Frderphase 93 Modellprojekte gefrdert, die neue Ideen und Methoden fr die prventive Bildungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus entwickelt und erprobt haben. Die Modellprojekte nehmen in ihrer Arbeit Rcksicht auf die individuellen Sichtweisen und Bedrfnisse von Kindern und Jugendlichen. Die Frderung des interkulturellen und interreligisen Lernens spielt ebenso eine herausgehobene Rolle. Kinder und Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund sollen mglichst konkret erfahren, wie sehr die gesamte Gesellschaft und unser tgliches Miteinander von Werten wie Toleranz und Vielfalt abhngen.

    Ziel des Beratungsprogramms kompetent. fr Demo kratie Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus ist es, Menschen, die sich mit rechtsextremistischen Tendenzen auseinandersetzen mssen, vor Ort schnell, direkt und persnlich fachkompetente Beratung und Untersttzung zur Verfgung zu stellen. Mit diesem Ziel arbeiten seit 2007 erstmals alle 16 Lnder eng zusammen. Entscheidungstrger auf politischer Ebene, in Verwaltungen und mtern genauso wie in zivilgesellschaftlichen Einrichtungen und Institutionen bndeln ihr Wissen und stellen es Hilfesuchenden zur Verfgung. Die Beraterinnen und Berater entwickeln gemeinsam mit den Menschen vor Ort Ideen und Konzepte, wie die lokale Bevlkerung knftige Konflikte selbststndig und nachhaltig lsen kann. Die Arbeit der Beraterinnen und Berater hat das BMFSFJ pro Jahr mit 5 Mio. EURO untersttzt.

    Schwerpunkte des vorliegenden Berichts sind die Darstellung der zentralen Ergebnisse aus der Programmumsetzung, den Evaluationen der einzelnen Programmschwerpunkte

    Lokale Aktionsplne, Modellprojekte und Beratungsnetzwerke sowie

    der zusammenfhrenden Bewertung aus der Gesamtprogrammevaluation.

    Zum Abschluss werden in Form einer zusammenfassenden Bilanz Gesamtaussagen zur Wirksamkeit der beiden Programmanstze getroffen und es wird ein Blick in die Zukunft gewagt.

    Weitere Informationen zu den beiden Bundesprogrammen sind den Programmwebsites zu entnehmen: www.vielfalt-tut-gut.de und www.kompetent-fuer-demokratie.de.

    4

    http://www.vielfalt-tut-gut.dehttp://www.kompetent-fuer-demokratie.de

  • 3. Umsetzung der beiden Bundes programme

    3.1 VIELF ALT TUT GUT. Jugend fr Vielfalt, Toleranz und Demokratie

    3.1.1 Programmausrichtung

    Bei der Strkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie liegt die besondere Aufgabe des Bundes in der befristeten Frderung innovativer Projekte, der Darstellung gelingender Praxis sowie darin, die gesellschaftliche Anerkennung von brgerschaftlichem Engagement zu unterstreichen.

    Darauf aufbauend wurden die folgenden thematischen Schwerpunkte bestimmt: Soziale Integration Interkulturelles Lernen/Antirassistische Bildung Interreligises Lernen Kulturelle und geschichtliche Identitt Bekmpfung rechtsextremistischer Bestrebungen bei jungen

    Menschen Demokratie- und Toleranzerziehung Strkung der demokratischen Brgergesellschaft

    Als Zielgruppen wurden die folgenden defi niert: Jugendliche in strukturschwachen Regionen und Kommunen mnnliche Jugendliche aus bildungsfernen Milieus mit

    Affi nitt zu Fremdenfeindlichkeit Kinder und jngere Jugendliche Migrantinnen und Migranten Eltern, Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer,

    Sozialpdagoginnen und -pdagogen Multiplikatorinnen und Multiplikatoren lokale einfl ussreiche und deutungsmchtige Akteursgruppen

    3.1.2 Programmstruktur

    Das Bundesprogramm VIELFALT TUT GUT. verfgt ber eine 3-Sulen-Struktur:

    Programmsule 1:

    Entwicklung integrierter

    lokaler Strategien (Lokale Aktions

    plne)

    Programmsule 2:

    Modellprojekte: Jugend, Bildung und Prvention

    Programmsule 3:

    Steuerung, Kommunikation,

    Bndnisse, Evaluation, Forschung

    Programmsule 1: Lokale Aktionsplne

    Lokale Aktionsplne (im Folgenden: LAP) sind Instrumente fr die Steuerung von Prozessen zur Demokratieentwicklung und fr die nachhaltige Entwicklung lokaler Bndnisse gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Sie beruhen auf einer spezifischen Analyse der Problem lagen vor Ort, verfolgen mit konkreten Manahmen und Entwicklungsschritten eine langfristig integrierte Strategie und frdern lokale Vernetzungen und Kommunikationsstrukturen. Fr die Akzeptanz und Einbindung eines LAP ist die umfassende Einbindung der gesellschaftlichen Akteure vor Ort unabdingbar. Dazu gehren Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen ebenso wie Akteure der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft.

    Die ersten 24 LAP starteten zum 1. Januar 2007 (im Rahmen eines Vorverfahrens), 66 weitere Kommunen/Landkreise und Zusammenschlsse von Gebietskrperschaften (im Folgenden: Kommunen) nahmen bis zum 1. Oktober 2007 ihre Arbeit auf. Die Auswahl der Kommunen erfolgte in enger Abstimmung mit den Lndern und den kommunalen Spitzenverbnden der Lnder. Ein begleitendes Coaching untersttzte die Kommunen bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer LAP.

    Programmsule 2: Modellprojekte

    Ziel der im Rahmen der Programmsule 2 gefrderten Modellprojekte (im Folgenden: MP) war die Entwicklung und Erprobung neuer Ideen und Methoden sowie die berprfung und Weiterentwicklung von Konzepten gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Die MP waren einem der folgenden Themencluster (im Folgenden: TC) sowie einem der Unterthemen zugeordnet:

    TC 1: Auseinandersetzung mit historischem und aktuellem Antisemitismus Zeitgeme Konzepte fr die Bildungsarbeit zum

    Holocaust Antisemitismus bei jugendlichen Migrantinnen und

    Migranten

    TC 2: Arbeit mit rechtsextremistisch gefhrdeten Jugend lichen

    Geschlechtsspezifi sche Arbeit mit mnnlichen Jugendlichen

    Zeitgeme Konzepte fr die Arbeit mit rechts extremistisch gefhrdeten Jugendlichen

    Qualifi zierte Elternarbeit

    TC 3: Prventions- und Bildungsangebote fr die Einwanderungsgesellschaft Interkulturelles und interreligises Lernen Umgang mit interethischen Konflikten in der Einwan

    derungsgesellschaft

    5

  • 6

    TC 4: Frh ansetzende Prvention Historisches Lernen Frderung von Partizipation beziehungsweise die

    aktive Beteiligung an demokratischen Entscheidungsprozessen

    Entwicklung und Erprobung von spezifi schen Aus- und Fortbildungskonzepten fr Erzieherinnen und Erzieher sowie Grundschullehrerinnen und -lehrer

    Programmsule 3: Steuerung, Kommunikation, Bndnisse, Evaluation, Forschung

    Die Steuerung erfolgte durch die Regiestelle Vielfalt, die bei der gsub Gesellschaft fr soziale Unternehmensberatung mbH angesiedelt wurde. Zu ihren Hauptaufgaben gehrte die Beratung und Begleitung der gefrderten Projekte. Zudem stand sie allen Interessierten als Ansprechpartnerin fr Fragen rund um das Bundesprogramm zur Verfgung. Die Regiestelle Vielfalt war darber hinaus fr die administrative Umsetzung des Bundesprogramms verantwortlich.

    Bei der Kommunikation des Bundesprogramms und seiner Ergebnisse in die ffentlichkeit untersttzte die Regiestelle Vielfalt das BMFSFJ und arbeitete dabei mit der Agentur Media Consulta Deutschland GmbH zusammen. Dort wurde ein Redaktionsbro eingerichtet, das auch den gefrderten Projekten bei ihrer Presse- und ffentlichkeitsarbeit untersttzend zur Seite stand.

    Begleitet wurde das Bundesprogramm durch einen Programmbeirat, der eine beratende Funktion bei der Umsetzung von VIELFALT TUT GUT. und kompetent. fr Demokratie innehatte.

    Der Programmbeirat setzte sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Bundesressorts, der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesjugend- und

    Familienbehrden, der drei kommunalen Spitzenverbnde, wissenschaftlicher Einrichtungen, religiser Institutionen, von Trgern und Verbnden der Kinder- und Jugendarbeit, weiterer nicht staatlicher Organisationen.

    Zur kontinuierlichen Prfung und wissenschaftlichen Auswertung des Bundesprogramms wurde eine Programmevaluation beim Deutschen Jugendinstitut e. V. (DJI) eingerichtet. Ziel der Programmevaluation war es, Informationen zur Steuerung und Weiterentwicklung des Bundesprogramms bereitzustellen. Untersttzt wurde die Arbeit des DJI durch die Wissenschaftlichen Begleitungen (im Folgenden: WB) fr die LAP sowie fr jedes TC der MP, die darber hinaus regelmig die Entwicklungen in ihren Themenbereichen wissenschaftlich ausgewertet und darber Bericht erstattet haben.

    Innerhalb der Programmsule 3 wurden zudem seit 2008 die VIELFALT-Mediathek (www.vielfalt-mediathek.de) sowie drei Forschungsvorhaben und drei Expertisen gefrdert. Im Rahmen dieser Forschungsarbeiten wurden Themenfelder bearbeitet, die in der bisherigen Projektfrderung noch keine Bercksichtigung gefunden hatten und zur Weiterentwicklung des Bundesprogramms beitragen sollten. Eine bersicht der WB sowie der Forschungsvorhaben und Expertisen ist dem Anhang (Kapitel 1.4, S. 47) zu entnehmen.

    3.1.3 Projektfrderung

    Fr das Bundesprogramm VIELFALT TUT GUT. standen pro Jahr 19 Mio. EURO zur Verfgung. Jeder LAP konnte grundstzlich bis zu drei Jahren eine Frderung in Hhe von 100.000 EURO pro Jahr an Bundesmitteln erhalten. Damit konnten Einzelprojekte, die zur Umsetzung der Ziele des LAP dienten, mit jeweils bis zu 20.000 EURO untersttzt werden.

    Die MP konnten bei einer dreijhrigen Laufzeit eine Frderung in Hhe von bis zu 450.000 EURO erhalten. Eine wesentliche Voraussetzung fr eine Frderung aus dem Bundesprogramm war die Gewhrleistung einer mindestens 50-prozentigen Kofi nanzierung durch Mittel von Kommunen und Lndern, anderer Bundesressorts, der EU, sonstige Drittmittel sowie durch Eigenmittel. Darber hinaus hatten die Projekttrger eine befrwortende Stellungnahme der jeweils zustndigen Behrde vorzulegen.

    Antrags-, Auswahl- und Entscheidungsverfahren

    Frderbereich Lokale Aktionsplne Die ersten 24 LAP, die zum 1. Januar 2007 an den Start gingen, wurden auf der Grundlage von Empfehlungen der Lnder fr diese Pilotphase ausgewhlt. Das Interessenbekundungsverfahren fr das Hauptverfahren zur Auswahl von 66 weiteren LAP wurde noch vor der Einrichtung der Regiestelle Vielfalt bei der gsub mbH durch die Kontaktstelle bei der Stiftung Demokratische Jugend durchgefhrt.

    Die Kontaktstelle nahm eine Vorbewertung der 216 eingegangenen Interessenbekundungen vor. Diese Bekundungen wie auch die Vorbewertungen wurden dann den Lndern zur Bewertung in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbnden bergeben. Die endgltige Frderentscheidung erfolgte schlielich durch das BMFSFJ.

    Gem den Leitlinien waren insgesamt 90 LAP mit jeweils bis zu zehn LAP je neuem Land und Berlin sowie bis zu drei LAP je altem Land vorgesehen. Da die Lnder Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Saarland das mgliche Kontingent von drei LAP nicht in Anspruch nahmen, wurde durch das BMFSFJ das noch verfgbare Kontingent von sechs LAP im

    http://www.vielfalt-mediathek.de

  • Frdergebiet West auf die Flchenlnder Baden-Wrttemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen verteilt. Ein berblick der LAP kann dem Anhang (Kapitel 1.5, S. 48ff.) entnommen werden.

    Frderbereich Modellprojekte Das Interessenbekundungsverfahren fr die MP wurde 2006 ebenfalls durch die Kontaktstelle bei der Stiftung Demokratische Jugend durchgefhrt. In einem Onlineverfahren gingen bei der Kontaktstelle insgesamt 360 Projektangebote ein. Diese Unterlagen wurden dann zur weiteren Bearbeitung an die Regie stelle Vielfalt bergeben.

    Die Bewertung der Interessenbekundungen wurde parallel durch zwei Gutachterinnen und Gutachter unabhngig voneinander nach einem standardisierten Prfkonzept durchgefhrt. Fr die Begutachtung wurde ein Expertengremium einberufen, das sich aus 24 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis zusammensetzte. Nachdem bereits acht MP im Rahmen des Vorverfahrens auf der Grundlage von Empfehlungen der Lnder Baden-Wrttemberg, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thringen benannt worden waren, whlte das Expertengremium weitere 85 MP zur Frderung aus, die dann durch das BMFSFJ besttigt und von der Regiestelle Vielfalt zur Antragsstellung aufgefordert wurden.

    Auf Grundlage der eingereichten Antrge erhielten die LAP und MP einen Zuwendungsbescheid fr die Dauer eines Jahres. Eine Weiterfrderung der mehrjhrigen Projekte war jeweils von der Beurteilung eines Ergebnisberichts abhngig, der der Regiestelle Vielfalt jeweils zum 31. August eines jeden Jahres bergeben werden musste.

    Frdermittelverwaltung

    Die Projektfrderung wurde als Teilfinanzierung in Form von nicht rckzahlbaren Zuschssen gewhrt. Bei der Frdermittelverwaltung wurden durch die Regiestelle Vielfalt folgende Aufgaben wahrgenommen: Mittelplanung und Budgetierung Antragsberatung und -prfung Ausreichung und Abrechnung der Frdermittel V erwendungsnachweisprfung

    (inklusive Vor-Ort-Prfungen) Statistische Berichterstattung Monitoring und Controlling

    ber Projektdatenbanken wurden alle Phasen der Projektfrderung finanztechnisch und inhaltlich in Bezug auf die einzelnen Manahmen erfasst und dokumentiert. Im Interesse einer sparsamen und wirtschaftlichen Verwendung der

    Frdermittel hat die Regiestelle Vielfalt am Abrufverfahren ber die Bundeskasse teilgenommen.

    Eine wichtige Aufgabe der Regiestelle Vielfalt war die zeitnahe Mittelbewirtschaftung gegenber den Projekttrgern. Darber hinaus bestand jhrlich das Ziel, eine hohe Auslastung des Programmkontingents zu erreichen. Im Rahmen der begleitenden Projektberatung wurden durch die Regiestelle Vielfalt der Bedarf und die voraussichtliche Inanspruchnahme der bewilligten Mittel geprft und mit dem Projekttrger regelmig abgestimmt. Vor diesem Hintergrund konnten in enger Abstimmung mit dem BMFSFJ notwendige Mehr bedarfe geprft und in begrndeten Fllen gewhrt werden.

    Die Regiestelle Vielfalt hat monatlich ber den aktuellen Stand zur Programmfrderung gegenber dem BMFSFJ berichtet und entsprechende Auswertungsunterlagen zur Verfgung gestellt.

    Frderstruktur

    Lokale Aktionsplne Im Rahmen der Programmsule 1 des Bundesprogramms wurden 90 LAP mit fast 5.000 Einzelprojekten im Programmzeitraum gefrdert. Die meisten Projekte wurden in den Frderschwerpunkten Demokratie- und Toleranzerziehung (30,16 %), Strkung der demokratischen Brgergesellschaft (19,43 %) und Interkulturelles Lernen/Antirassistische Bildung (16,64 %) durchgefhrt.

    Sie richteten sich in ihrer Mehrzahl an die Hauptzielgruppen Junge Menschen in strukturschwachen Regionen und Kommunen (35,28 %) und Kinder und jngere Jugendliche (26,51 %). Fast die Hlfte aller Projekte wurde fr die Gruppe der 13- bis 18-Jhrigen (47,92 %) durchgefhrt.

    Bei den Projekttypen handelte es sich unter anderem um Projekte der auerschulischen Jugendbildung (13,95 %), um Diskussions- und Informationsveranstaltungen (11,92 %) sowie um Aktionstage (11,08 %). Darber hinaus wurden zahlreiche Kultur- und Schulprojekte durchgefhrt (10,37 % und 10,03 %).

    Weitere Details zur Verteilung der Frderschwerpunkte, den Hauptzielgruppen, dem Alter der Zielgruppen sowie zu den Projekttypen sind der bersicht im Anhang (Kapitel 1.5.2, S. 53f.) zu entnehmen.

    Modellprojekte Im Rahmen der Programmsule 2 erhielten insgesamt 93 MP eine Frderung durch das Bundesprogramm. In den neuen Lndern und Berlin wurden insgesamt 42 MP und in den alten Lndern 26 MP gefrdert. 25 der MP waren vom Aktionsradius lnderbergreifend ausgerichtet.

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  • Die thematische Verteilung sah wie folgt aus: 18 T rger waren mit ihren MP im TC 1 Auseinander

    setzung mit historischem und aktuellem Antisemitismus aktiv.

    18 MP wurden im TC 2 Arbeit mit rechtsextremistisch gefhrdeten Jugendlichen durchgefhrt.

    W eitere 34 MP befassten sich im TC 3 mit dem Thema Prventions- und Bildungsangebote fr die Einwanderungsgesellschaft.

    Im TC 4 entwickelten 23 MP innovative Anstze und Methoden zu Fragen der Frh ansetzenden Prvention.

    Die meisten MP richteten sich an die Hauptzielgruppe Junge Menschen in strukturschwachen Regionen und Kommunen (24 MP). Auch die Gruppe Migrantinnen und Migranten wurde hufig bercksichtigt (19 MP). Hingegen gab es ver hltnismig wenig MP, die sich mit der Hauptzielgruppe Mnnliche Jugendliche aus bildungsfernen Milieus mit Affinitt zu Rechtsextremismus befassten (7 MP).

    Eine bersicht der MP ist dem Anhang (Kapitel 1.6, S. 55ff.) zu entnehmen.

    3.1.4 Veranstaltungen und Kommunikation

    Veranstaltungen

    Die Organisation und Durchfhrung von in der Regel zweitgigen Veranstaltungen im Rahmen des Bundesprogramms diente in erster Linie dem Fach- und Erfahrungsaustausch und der Vernetzung der Programmakteure untereinander. Darber hinaus wurde durch Einbeziehung von Fortbildungselementen auch der Notwendigkeit von fachlicher Qualifi zierung Rechnung getragen.

    Durch die Regiestelle Vielfalt wurden im Programmzeitraum 2007 bis 2010 mit Untersttzung der Agentur Media Consulta Deutschland GmbH folgende Veranstaltungen durchgefhrt:

    2007 Informationsveranstaltung zum Programmbereich Ent

    wicklung integrierter lokaler Strategien am 4. und 5. Juni in Berlin

    Informationsveranstaltung zum Programmbereich Mo dellprojekte am 25. und 26. Juni in Berlin

    Die Infoveranstaltungen hatten zum Ziel, die Projektakteure ber Programminhalte, Ziele sowie Vorgaben zur Programmumsetzung zu informieren und eine erste Gelegenheit zum Fach- und Erfahrungsaustausch zu bieten. Zudem wurden Fortbildungsseminare zur ffentlichkeitsarbeit und zur Entwicklung von Strategien im Bereich Fundraising angeboten.

    2008 Regionalkonferenz Sd-West am 26. und 27. Mai in Kassel Regionalkonferenz Nord-Ost am 8. und 9. September in

    Berlin

    Zentrale Zielstellung der Regionalkonferenzen war es, die Vernetzung der Programmakteure auf regionaler Ebene zu untersttzen. Im Rahmen der Zusammenarbeit in Kleingruppen sowie an Marktstnden zu programmrelevanten Themen konnten die Teilnehmenden intensiv ins Gesprch kommen und neue Kontakte knpfen beziehungsweise bereits bestehende weiter ausbauen.

    2009 Fachtag der Modellprojekte im TC 1 und 4 am 30. und

    31. Mrz in Berlin Fachtag der Modellprojekte im TC 2 und 3 am 7. und 8.

    Juli in Frankfurt Fachtag der LAP am 24. und 25. November in Leipzig Projektmesse Demokratie gemeinsam strken! am 25.

    und 26. Mai in Berlin Fachkonferenz DEMOKRATIE STRKEN. KOMPE

    TENZ FRDERN. am 8. und 9. Dezember in Berlin

    2009 lag der Fokus der Fachtage fr LAP und MP auf dem fachlichen Austausch zwischen den Projektakteuren der einzelnen Programmschwerpunkte beziehungsweise der TC. Hier standen jeweils TC- beziehungsweise LAP-relevante Themen im Mittelpunkt. Als Fortbildungselement fand bei den MP das Thema Projektmanagement besondere Bercksichtigung. Beim Fachtag der LAP wurden mithilfe der Methode World Caf die Themen Nachhaltigkeit, Lokale Bndnisse/Zusammenarbeit in Netzwerken, Strkung der Brgergesellschaft sowie Kommunale Entwicklungsprozesse intensiv diskutiert.

    Zur Prsentation der (Zwischen-)Ergebnisse gegenber der (Fach-)ffentlichkeit und zur strkeren Vernetzung der Akteure aus den beiden Bundesprogrammen VIELFALT TUT GUT. und kompetent. fr Demokratie wurde ebenfalls 2009 eine zweitgige Projektmesse mit rund 800 Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in Berlin durchgefhrt. An fast hundert Stnden stellten Projektakteure aus den Bundesprogrammen sowie weiteren thematisch eng verwandten Institutionen ihre Arbeit vor und zeigten Mglichkeiten auf, wie man sich aktiv fr Vielfalt, Toleranz und Demokratie einsetzen kann.

    Zum Ende des Jahres 2009 wurde zur weiteren Professionalisierung der Prventions- und Beratungsarbeit die Fachkonferenz DEMOKRATIE STRKEN. KOMPETENZ FRDERN. fr Projektakteure aus beiden Bundesprogrammen organisiert. Diese bundesweite Konferenz, die sich vor allem mit Fragen rund um Themen aus dem Projekt- und Qualittsmanagement beschftigte, wurde federfhrend durch die Zentralstelle kompetent geplant und ausgerichtet.

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  • 2010 Fachtag Alltagsantisemitismen jenseits geschlossener

    Weltanschauungen am 31. Mai in Weimar Ergebniskonferenz der Bundesprogramme VIELFALT TUT

    GUT. und kompetent. fr Demokratie am 21. und 22. Oktober in Berlin

    Der Fachtag zum Thema Antisemitismus sowie die Ergebniskonferenz waren ebenfalls gemeinsame Veranstaltungen der beiden Bundesprogramme. Mit dem Schwerpunkt des Fachtags, der Auseinandersetzung mit aktuellen Ausprgungen des Antisemitismus, wurde dem Bedrfnis zahlreicher Projektakteure entsprochen, sich intensiv mit dieser Thematik zu befassen.

    Im Rahmen der Ergebniskonferenz der beiden Bundesprogramme konnten Programmbeteiligte und Interessierte gemeinsam Bilanz ziehen und die Ergebnisse der Frderphase 2007 bis 2010 diskutieren.

    Neben diesen Veranstaltungen untersttzte das Bundesprogramm in den Jahren 2008 bis 2010 finanziell die Durch fhrung eines Fachtags fr die LAP (2008), die Tage der Demokratie in Potsdam (2010) sowie den Fachkongress Interkultur (2008 und 2010). Zudem konzipierte und fi nanzierte die Regiestelle Vielfalt 2010 sechs Transferkonferenzen, die zum Ziel hatten, den Erfahrungstransfer sowohl innerhalb der als auch zwischen den einzelnen Lndern und Regionen zu befrdern. Die Veranstaltungen wurden durch erfahrene Trger aus beiden Bundesprogrammen umgesetzt.

    Vernetzung und Qualifizierung wurden im Rahmen des Bun desprogramms nicht nur fr Projektakteure, sondern auch fr die Coaches der LAP ermglicht. So fanden 2007 zwei und 2008 ein bundesweites Coachingtreffen statt. Im Rahmen eines vierten bundesweiten Coachingtreffens 2009 wurde das Instrument Coaching ausgewertet.

    ffentlichkeitsarbeit

    Das Bundesprogramm wurde durch eine kontinuierliche Presse- und ffentlichkeitsarbeit begleitet. Ziel war es, das Bundesprogramm bekannt zu machen und die Inhalte im Bewusstsein der ffentlichkeit zu verankern.

    Um die gefrderten Projekte bei ihrer lokalen und regionalen Presse- und ffentlichkeitsarbeit zu untersttzen, wurde bei der Agentur Media Consulta Deutschland GmbH ein Redaktionsbro eingerichtet. Zur Untersttzung der Projekte wurden eine Toolbox mit Arbeitshilfen, eine Publikation zum Fundraising sowie ein PR-Handbuch entwickelt und den Projekt akteuren zur Verfgung gestellt. Darber hinaus wurden nicht nur im Rahmen der Informationsveranstaltungen 2007 und bei der Regionalkonferenz 2008 in Berlin, sondern auch im Rahmen von

    Landeskoordinierungstreffen in Sachsen und Thringen im Februar und September 2009 Workshops zur Presse- und ffentlichkeitsarbeit angeboten.

    Um den Wiedererkennungswert und die Identifi kation mit dem Bundesprogramm zu strken, wurde fr VIELFALT TUT GUT. eine eigene Corporate Identity entwickelt. In dem bereits vorgegebenen Design des Bundesprogramms wurden Briefpapier, Give-aways, ein Flyer und eine Broschre zum Bundesprogramm, ein Poster sowie jhrlich zwei bis drei Newsletter entwickelt und umgesetzt. 2010 wurde zudem eine Informationsbroschre zu den LAP wie auch zu den MP erstellt. Zur Untersttzung der Arbeit von Journalistinnen und Journalisten wurden Workshops fr Medienvertreterinnen und -vertreter in Mecklenburg-Vorpommern (Schwerin) und Sachsen (Chemnitz) angeboten.

    Im Bereich der Pressearbeit wurden darber hinaus Pressemitteilungen verfasst und redaktionelle Beitrge initiiert. Presseberichte zum Bundesprogramm wurden durch eine Medienbeobachtung zusammengetragen und durch das Redaktionsbro in Form von Clipping-Dokumentationen aufbereitet.

    Um das Fachpublikum ber das Bundesprogramm zu informieren, war VIELFALT TUT GUT. zudem auf zahlreichen Veranstaltungen mit einem Infostand vertreten. Dazu gehrten beispielsweise die Auftaktveranstaltung zum Europischen Jahr des Interkulturellen Dialogs (2008), der Jugendkongress des Bndnisses fr Demokratie und Toleranz (2008 2010), der Deutsche Prventionstag (2008 2010), der Kinder- und Jugendhilfetag (2008), der Bundesfachkongress Interkultur (2008, 2010), der Diversity Day in Berlin (2009), die Bildungsmesse didacta (2010) sowie der Tag der offenen Tr der Bundes regierung (2010).

    Darber hinaus wurden die zum Infostand gehrenden Rollups auch an die MP und die LAP fr ihre eigenen Veranstaltungen verliehen.

    Zudem wurde die Programmwebsite www.vielfalt-tut-gut.de aufgebaut und kontinuierlich durch die Regiestelle Vielfalt weiterentwickelt und gepfl egt.

    Die bundesweite Initiative Orte der Vielfalt

    Als begleitende Kampagne zum Bundesprogramm wurde die bundesweite Initiative Orte der Vielfalt am 26. November 2007 offiziell im Rahmen einer Auftaktveranstaltung ins Le ben gerufen. Mit der Initiative will die Bundesregierung die demokratischen Krfte in den Kommunen bei ihrem Einsatz fr Vielfalt, Toleranz und Demokratie untersttzen. Jede Kommune, die sich nachhaltig mit Bndnissen, Netzwerken, Projekten und Veranstaltungen engagiert und dies im Rahmen einer Bewerbung zur Initiative darstellt, wurde mit dem Titel Ort der

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    http://www.vielfalt-tut-gut.de

  • Vielfalt ausgezeichnet. Die Bewertung der eingegangenen Bewerbungen erfolgte in Abstimmung mit den Lndern und den kommunalen Spitzenverbnden der Lnder.

    Bei der ersten Auszeichnungsveranstaltung am 23. September 2008 wurden 66 Kommunen, bei der zweiten am 25. Mai 2009 93 und bei der dritten Auszeichnungsveranstaltung, die im Rahmen der Ergebniskonferenz 2010 stattfand, weiteren 52 Kommunen der Titel Ort der Vielfalt verliehen. Die Auszeichnung wurde jeweils durch den Parlamentarischen Staatssekretr im BMFSFJ, Herrn Dr. Hermann Kues, vorgenommen.

    3.1.5 Erfahrungen und Ergebnisse

    Programmumsetzung

    Durch die Etablierung der Regiestelle Vielfalt konnte im Bereich der Programmadministration eine umfassende und zielgerichtete Begleitung und Beratung der gefrderten Projekte ermglicht werden. Dies galt in finanzieller wie auch inhaltlicher Hinsicht. Darber hinaus wurde durch die Regiestelle Vielfalt eine regelmige Informierung der Trger und Projektakteure sowie deren Vernetzung und Austausch sichergestellt.

    Die Kontinuitt des Programmverlaufs und ein wirksamer Begleitprozess sowie die Vergleichbarkeit und Beurteilung der Projekte wurde durch die Nutzung standardisierter Verfahren und Instrumente erreicht. Dazu gehrte die Abwicklung und Bewertung des Interessenbekundungsverfahrens, des Auswahlverfahrens, der Projektfrderung, der Ergebnisberichterstattung sowie der Verwendungsnachweisprfung (inklusive Prfung des Sachberichts) ber Projektdatenbanken. Alle Antrge, Bewilligungen, Abrechnungen und Berichte wurden in diesen erfasst und verwaltet. Dadurch konnten die Prozesse transparent, sicher und nachprfbar gestaltet werden.

    Durch die standardmige Abfrage von Kriterien wie beispielsweise Zielerreichung, Erreichung der Zielgruppen, Gender-Mainstreaming, Qualittssicherung oder ffentlichkeitsarbeit wurden die Trger fr diese unabdingbaren Bestandteile des Projektmanagements sensibilisiert. Darber hinaus konnte die Regiestelle Vielfalt durch die regelmige berprfung der Projektziele sowie durch die damit verbundene Nachsteuerungsmglichkeit die Projekttrger zielgerichtet bei der Projekt umsetzung untersttzen.

    Das Stammblattverfahren bei den LAP diente dabei nicht nur dem Monitoring der Regiestelle. Es stellte darber hinaus ein wichtiges Instrument zur Qualittssicherung fr die Lokalen Koordinierungsstellen der LAP dar. Als erfolgreiches Instrument der Qualittssicherung hat sich darber hinaus das 2007 eingefhrte Coachingverfahren bewhrt, durch das die Entwicklung und Umsetzung der LAP untersttzt wurde. In der Projektbegleitung wurde insgesamt deutlich, dass die Er

    fahrungen der Trger mit der Thematik sowie Erfahrungen im Projektmanagement eine uerst wichtige Voraussetzung fr die Umsetzung der teils sehr komplexen Projekte sind. Zudem zeigte sich, dass Kontinuitt in der Personalstruktur eine sehr wichtige Voraussetzung ist.

    Um die Qualifi zierung der Projektverantwortlichen zu untersttzen, wurden im Rahmen von Fachveranstaltungen (Regionalkonferenzen, Fachtage) immer wieder auch Fortbildungsworkshops integriert, so beispielsweise zum Projektmanagement bei den Fachtagen der MP 2009 und zur ffentlichkeitsarbeit bei den Infoveranstaltungen 2007 sowie bei einer Regionalkonferenz 2008. Der Bereich der ffentlichkeitsarbeit stellte bis zum Ende der Frderphase fr einige Projekte, insbesondere fr einige LAP, eine groe Heraus forderung dar.

    Fr einen nicht unerheblichen Teil der MP bereitete die erforderliche Kofinanzierung in Hhe von 50 Prozent immer wieder Schwierigkeiten. Daher war der Beratungsbedarf der Projekttrger zu Fragen der Drittmittelakquise kontinuierlich und bei einigen ausgewhlten Projekten sehr gro.

    Um sich zu Fragen der Kofinanzierung, aber auch zu allen an deren die Projektumsetzung betreffenden Fragen austauschen zu knnen, waren die Treffen zum Fachaustausch und zur Vernetzung von groer Bedeutung fr die Projektakteure. Dies wird durch die Auswertung der einzelnen Veranstaltungen belegt. Auch bestand groes Interesse an der Durchfhrung von (selbst organisierten) Facharbeitskreisen. Diese konnten jedoch nicht in der von den Akteuren gewnschten Form und Intensitt umgesetzt werden, da dafr die finanziellen Mittel gerade bei kleineren Trgern nicht vorhanden waren.

    Erreichung der Programmzielsetzung

    Die Ziele des Bundesprogramms, die befristete Frderung innovativer Projekte, die Darstellung gelingender Praxis und die Betonung der Notwendigkeit der gesellschaftlichen Anerkennung von brgerschaftlichem Engagement, konnten durch die gewhlten Frderinstrumente erreicht werden.

    Dabei wurden insbesondere Kinder und Jugendliche, aber auch Multiplikatorinnen und Multiplikatoren durch die Einzelprojekte der LAP sowie durch die MP angesprochen, aktiviert und untersttzt. Eine groe Bandbreite an Methoden wurde angewandt (Einzelprojekte im Rahmen der LAP) oder gezielt entwickelt und erprobt (MP).

    Die Darstellung gelingender Praxis erfolgte beispielsweise ber die Website und die regelmig erscheinenden Newsletter zum Bundesprogramm. Darber hinaus wurden Informationsbroschren zu den LAP und den MP erstellt, die jeweils durch CD-ROMs ergnzt wurden, auf denen zum einen besonders

    10

  • gelungene Einzelprojekte der LAP und zum anderen besonders innovative, erprobte und erfolgreiche Anstze der MP darge-stellt sind. Zudem boten die regelmigen Fachveranstaltungen einen Rahmen fr die Vorstellung erfolgreicher Projektideen und Konzepte.

    Auch die VIELFALT-Mediathek, deren zentrales Ziel die Dokumentation, Archivierung und Zurverfgungstellung der in den Bundesprogrammen VIELFALT TUT GUT. und kompetent. fr Demokratie entstandenen Materialien (sowohl Print- als auch audiovisuelle Materialien) ist, diente der Bekanntmachung der Arbeit der gefrderten Projekte.

    Der Anerkennung des brgerschaftlichen Engagements wurde bereits durch die Vorgaben zur Besetzung der lokalen Begleitausschsse der LAP Rechnung getragen, in denen die Zivilgesellschaft ber die Mehrheit der Stimmen verfgte. Mit der bundesweiten Initiative Orte der Vielfalt wurde zudem das Engagement aller demokratischen Krfte in den Kommunen untersttzt und ein nach auen deutlich sichtbares Zeichen gesetzt.

    3.2 kompetent. fr Demokratie Beratungsnetzwerke gegenRechtsextremismus

    3.2.1 Programmausrichtung

    In der Ausrichtung bisheriger Bundesprogramme zum Themenfeld Demokratie und Toleranz stand die Untersttzung von Projektvorhaben in zivilgesellschaftlichen Einrichtungen und Initiativen im Vordergrund. So frderte das Bundesprogramm CIVITAS initiativ gegen Rechtsextremismus in den neuen Bundeslndern (2001 2007) vor allem kleine Vereine und Verbnde, die zum Teil sehr erfolgreich demokratische Handlungskonzepte in ihren Regionen erprobt und umgesetzt haben. Im Verlauf der vergangenen Frderperioden wurde dennoch deutlich, dass der Verfestigung rechtsextremistischer Einstellungsmuster und der zunehmenden Verwurzelung rechtsextremistischer Strukturen in klassischen Bereichen des Gemeinwesens nicht allein durch die finanzielle Frderung zivilgesellschaftlicher Pro jekte begegnet werden kann. Vielmehr bedarf es der kompetenten und zielorientierten Beratung und Untersttzung der vor Ort Zustndigen und, insbesondere in Krisensituationen, auch der Betroffenen. Die Zielorientierung muss dabei explizit in der Befhigung der Akteure vor Ort liegen, Problemsituationen zu analysieren, vorhandene Potenziale zu erschlieen, Kooperationsnetzwerke zwischen staatlichen und nicht staatlichen Akteuren zu schaffen und selbst geeignete Handlungskonzepte entwickeln zu knnen. Nur durch eine solche Hilfe zur Selbsthilfe kann ein wirksames Handeln erreicht werden.

    Das Bundesprogramm kompetent. fr Demokratie hat sich dieser Aufgabe von 2007 bis 2010 gestellt. Ziel war es, die Implementierung und stndige Weiterentwicklung stabiler Beratungsnetzwerke aus staatlichen und zivilgesellschaftlichen Beratungsinstitutionen in den 16 Lndern und innerhalb dieses Prozesses umfassende Beratungsleistungen fr die Lnder und die dort aktiven Akteure anzubieten.

    3.2.2 Programmstruktur

    Das Bundesprogramm kompetent. fr Demokratie verfgt (wie das Bundesprogramm VIELFALT TUT GUT.) ber eine 3-Sulen-Struktur.

    Mit dem Programmstart zum 1. Juli 2007 begann in der ersten Programmsule die Frderung der Einrichtung von landesweiten Beratungsnetzwerken und Mobilen Interventionsteams. Die zweite Programmsule umfasste die Frderung thematischer MP, die der Weiterentwicklung von Beratungskompetenzen und der Professionalisierung von Beratungsnetzwerken dienten. Die Frderung der MP startete im Frderjahr 2008. Die dritte Programmsule beinhaltete die Aufgabenbereiche der Zentralstelle (Beratung, Weiterbildung, Informationsvermittlung und -vernetzung) sowie die Programmevaluation.

    bersicht ber die drei Programmsulen im Bundesprogramm kompetent. fr Demokratie:

    Programmsule 1:

    Frderung der Einrichtung von landesweiten

    Beratungs netzwerken und

    Mobilen Interventionsteams

    Programmsule 2:

    Frderung thematischer

    Modellprojekte, die der Weiterentwick

    lung von Beratungskompetenzen

    und der Professionalisierung von

    Beratungs netzwerken dienen

    Programmsule 3:

    Aufgabenbereiche der Zentralstelle: Beratung, Weiterbildung, Informationsvermittlung und -vernetzung

    sowie Programmevaluation

    Programmsule 1: Frderung der Einrichtung von landes weiten Beratungsnetzwerken und Mobilen Interventionsteams

    Zahlreiche Expertinnen und Experten setzen sich seit Jahren mit Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus auseinander. Damit ihr Wissen den Brgerinnen und Brgern zur Verfgung steht, wurde in jedem der 16 Lnder eine Landes koordinierungsstelle eingerichtet, die in einem Landesministerium oder bei einem ausgewhlten fachkompetenten Trger angesiedelt ist. Diese bndelt die Informationen ber die

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  • Kompetenzen der Fachkrfte in den staatlichen und nicht staatlichen Einrichtungen des Landes.

    Bundesministerium fr Familie, Senioren, Frauen und Jugend

    Zentralstelle kompetent. fr Demokratie

    16 Bundeslnder mit 16 Landeskoordinierungsstellen

    16 landesweite Beratungsnetzwerke

    problembezogene problembezogene problembezogene problembezogene Interventionsteams Interventionsteams Interventionsteams Interventionsteams

    Abb. 1: Strukturaufbau

    Wer von einem Konfl ikt mit rechtsextremem Hintergrund betroffen ist, kann sich direkt an die jeweilige Landeskoordinierungsstelle wenden. Hier laufen die Informationen ber Beratungsflle und die zur Verfgung stehenden Ressourcen zusammen.

    In jedem Land ist ein landesweites Beratungsnetzwerk entstanden, das seine Ressourcen zur Verfgung stellt. Unter den Expertinnen und Experten befinden sich Jugendsozialarbeiterinnen und -arbeiter, Juristinnen und Juristen, Polizistinnen und Polizisten, Psychologinnen und Psychologen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Kirchenvertreterinnen und Kirchenvertreter sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus mtern und Behrden. Viele bringen noch weitere Kompetenzen mit. Sie sind zum Beispiel in systemischer Beratung, Mediation oder Organisationsentwicklung ausgebildet. Im Konfl iktfall ist die Landeskoordinierungsstelle so in der Lage, an den Bedarfsfall angepasste Mobile Interventionsteams aus den Ressourcen des Beratungsnetzwerkes zusammenzustellen.

    Darber hinaus erarbeiten vor Ort verankerte Beratungsstellen gemeinsam mit den Betroffenen langfristige Handlungsstrategien. Fachleute wie Anwltinnen und Anwlte, Polizistin

    nen und Polizisten sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Opferschutzorganisationen untersttzen sie dabei.

    Programmstarts in den Lndern: am 1. Juli 2007: Berlin, Brandenburg, Sachsen,

    Sachsen-Anhalt, Thringen, Mecklenburg-Vorpommern, Bayern und Niedersachsen

    am 1. August 2007: Hessen am 1. September 2007: Saarland und Rheinland-Pfalz am 1. Januar 2008: Nordrhein-W estfalen, Bremen und

    Hamburg am 1. April 2008: Baden-Wrttemberg am 1. Januar 2009: Schleswig-Holstein

    Programmsule 2: Frderung thematischer Modellprojekte

    Die Erfahrungen aus den Beratungen sollten auch in die Regelarbeit von Verbnden und Vereinen einfl ieen. Dies ist gerade fr den strukturschwachen Raum besonders wichtig. Zwei MP erprobten drei Jahre lang im Rahmen des Bundesprogramms kompetent. fr Demokratie, wie dies gelingen kann.

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  • Modellprojekt 1: Jugendfeuerwehren strukturfi t fr Demokratie

    Projektbeginn: 1. Oktober 2008 Projektinhalt: Das Projekt sollte im Verband der Jugendfeuerwehr helfen, Strukturen zu entwickeln und zu integrieren. Es ging darum, Hilfestellung fr den Umgang mit rechtsextremistischen Provokationen und Vorfllen und antidemokratischem Verhalten zu geben. Es sollte eine systematische und strategische Prventions- und Interventionsarbeit ermglicht werden. Das Modellprojekt der Deutschen Jugendfeuerwehr im Deutschen Feuerwehrverband e. V. frderte daher die demokratiepdagogische Ausbildung der Jugendfeuerwartinnen und -warte. Die Kommunikation im Projekt beinhaltete vor allem drei Ziele: Ansprechpartnerinnen und -partner sowie Beratungsstellen fr Jugendfeuerwehren zu stellen, direkte Kommunikationswege in die Strukturen einzubauen und Netzwerke zu schaffen. Durch diese Bausteine sollten die handelnden Personen in den Jugendfeuerwehren alle Mglichkeiten erhalten, sich bei fremdenfeindlichen Vorfllen in ihrer Jugendarbeit zeitnah Ratschlge einzuholen.

    Modellprojekt 2: Zivilgesellschaft strken. Handlungsstrategien gegen Rechtsextremismus im strukturschwachen lndlichen Raum

    Projektbeginn: 18. November 2008 Projektinhalt: Gerade in Drfern und Kleinstdten bedrohen Rechtsextreme zunehmend das Zusammenleben. Dort, wo Treffpunkte und Vereine fehlen, fllen sie die Lcken mit eigenen Angeboten. Die Brgerinnen und Brger sollen wissen, wie sie sich gegen die Unterwanderung durch Rechtsextreme wehren knnen. Im Projekt Zivilgesellschaft strken erarbeiteten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Martin-Luther-Universitt Halle-Wittenberg gemeinsam mit dem Bundesnetzwerk Brgerschaftliches Engagement (BBE) Handlungsempfehlungen zur Frage, wie Brgerinnen und Brger auf rechtsextreme Propaganda oder fremdenfeindliche und rassistische Aktivitten in ihrer Nachbarschaft oder Region reagieren knnen.

    Programmsule 3: Aufgabenbereiche der Zentralstelle und Programmevaluation

    Der Aufgabenschwerpunkt der Zentralstelle bestand darin, alle 16 Lnder, die sich am Bundesprogramm kompetent. fr Demokratie beteiligt haben, zu beraten und zu untersttzen.

    Dazu gehrten im Wesentlichen: die fachlich-inhaltliche sowie fi nanzplanerische und verwal

    tungstechnische Untersttzung und Beratung der Landeskoordinierungsstellen bei der Umsetzung und Weiterentwicklung der Lnderkonzepte

    Beratung, Untersttzung und Auswertung der Fortfhrungsantragstellung, Ergebnis- und Sachberichterstattung gegenber der Zentralstelle beziehungsweise dem BMFSFJ und Erarbeitung von Entscheidungsvorlagen

    Verwendungsnachweisprfung

    Zu den Schwerpunktmanahmen der Antragsberatung und -qualifi zierung gehrte die inhaltlich-konzeptionelle sowie fi nanzplanerische und verwaltungstechnisch fundierte Beratung der Lnderministerien beziehungsweise Landeskoordinierungsstellen bei der Umsetzung der Lnderkonzepte. Diese Beratungsangebote konnten seitens der Zuwendungsempfnger sowohl vor Ort als auch in der Zentralstelle in Anspruch genommen werden. Die Beratungsinhalte bezogen sich gleichermaen auf folgende inhaltlich-konzeptionelle und finanzplanerische und verwaltungstechnische Fragen der Landeskoordinatorinnen und Landeskoordinatoren: Strukturaufbau und -vernderungen der Beratungsnetz

    werke Angebotserweiterung und -verbesserung in der Bera

    tungsangebotslandschaft Manahmen der Qualittsentwicklung und -sicherung

    der Beratungsarbeit (unter anderem Erprobungsphase Onlinearbeitshilfe bzw. andere Dokumentationsinstrumente; Einsatz von eigenen Fallerfassungsinstrumenten)

    Finanzierung von speziellen Interventionsmanahmen

    Die fachlich-inhaltlichen Untersttzungsleistungen beinhalteten vor allem die Konzeption und Organisation von thematischen Fachveranstaltungen berregionalen Fachkongressen thematischen Fachseminaren einer modularen W eiterbildung zu den Grundstzen von

    Beratungsarbeit.

    Die Zentralstelle war darber hinaus verantwortlich fr die Presse- und ffentlichkeitsarbeit im Rahmen der Redaktion einer eigenen Internetplattform www.kompetent-fuerdemokratie.de sowie unterschiedlicher Printmaterialien. Von 2007 bis 2010 produzierte die Zentralstelle zwei Programmfl yer, eine Imagebroschre, eine Lnderbroschre, unterschiedliche Give-aways, jhrlich aktualisierte Lnderposter zu Struktur und Umsetzung der landesweiten Beratungsnetzwerke sowie ein zweimal aktualisiertes Ausstellungssystem zu Ausrichtung, Inhalt und Umsetzung des Bundesprogramms. Alle ffentlichkeitsmaterialien standen auf internen und externen (Fach-)Veranstaltungen zur Verfgung.

    Das Programmkonzept sowie die Leitlinien des Bundesprogramms kompetent. fr Demokratie sehen eine regelmige inhaltliche und strukturelle Prfung und Weiterentwicklung des Programms vor. Die WB obliegt Camino Werkstatt fr Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung im sozialen Bereich gGmbH (Berlin) und dem Institut fr Sozialarbeit und Sozialpdagogik e. V. (ISS, Frankfurt/ Main). Im Fokus stehen die Evaluation von spezifi schen lokalen Beratungsformen und Beratungsstrategien im Themenfeld Rechtsextremismus, deren Leistungen und die sie beeinfl ussenden Bedingungen. Das Deutsche Jugendinstitut fhrt die Ergebnisse zu einer Gesamtevaluation zusammen.

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    http://www.kompetent-fuerdemokratie.de

  • 3.2.3 Veranstaltungen und Kommunikation

    Bundesweiter Informationsaustausch

    Seit 2009 beteiligten sich alle 16 Lnder am Bundesprogramm kompetent. fr Demokratie. Die eingerichtete Zentral stelle diente dabei als Schnittstelle zwischen Bund und Lndern und koordinierte deren Informationsaustausch untereinander. Zweimal jhrlich organisierte die Zentralstelle ein bundesweites Treffen der Landeskoordinierungsstellen, auf denen diese die Mglichkeit hatten, in kollegialen Austausch zu treten.

    Weiterbildung und Qualittsentwicklung

    Beraterinnen und Berater brauchen nicht nur thematische Fachkompetenz. Sie mssen auch unterschiedliche Beratungsmethoden beherrschen. Die Zentralstelle entwickelte hier vielfltige Qualifi zierungskonzepte und bot entsprechende Weiterbildungen an. Die Beraterinnen und Berater konnten zum Beispiel ein Jahr lang an einer modular strukturierten Weiterbildung teilnehmen, die sie in Methoden wie Coaching, Mediation oder Moderation einfhrte. Als Referentinnen und Referenten standen externe Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Themenfeldern und Fachbranchen zur Verfgung. Auerdem hatten die Beraterinnen und Berater aus den Lndern die Gelegenheit, ihr Fachwissen zu Themen wie Gemeinwesen- oder Opferberatung in jeweils eintgigen bundesweiten Seminaren zu erweitern.

    Fachveranstaltungen

    Mindestens einmal im Jahr fand ein thematischer Fachtag statt. Hier informierten Expertinnen und Experten zu Themen wie Rechtsextremismus trifft auf Geschichte oder Alltagsantisemitismen jenseits geschlossener Weltanschauungen. Auerdem organisierte die Zentralstelle jeden Herbst eine bundesweite Fachkonferenz, die sich mit dem aktuellen Umsetzungsstand und der Weiterentwicklung des Bundesprogramms beschftigte, zum Beispiel zur Qualittssicherung in der Beratungsarbeit (2009).

    Zustzlich prsentierte sich das Bundesprogramm kompetent. fr Demokratie auf zahlreichen externen Veranstaltungen beziehungsweise auf gemeinsamen Veranstaltungen mit dem Bundesprogramm VIELFALT TUT GUT.. Hierzu gehrten unter anderem bundesweite Prventionstage, Kinder- und Jugendhilfetage, Fachkonferenzen, landes- und bundesweite Fachtage und Seminare.

    3.2.4 Erfahrungen und Ergebnisse

    Mit dem Programmstart 2007 begann in allen neuen Lndern und Berlin sowie in Hessen, dem Saarland, in Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Bayern die Einrichtung landesweiter Bera

    tungsnetzwerke. Im Frderjahr 2008 stiegen mit Nordrhein-Westfalen, Bremen, Hamburg, Baden-Wrttemberg vier weitere alte Lnder in das Bundesprogramm ein. Als letztes Land wurde 2009 Schleswig-Holstein Partner im Bundesprogramm. Der Programmeinstieg aller Lnder machte deutlich, dass das Ziel des Bundesprogramms kompetent. fr Demokratie, eine strkere landesweite Verzahnung von staatlichen und nicht staatlichen Organisationen herbeizufhren und ein gemeinsames Handeln nach rechtsextrem motivierten Vorfllen zu strken, auf eine bundesweit hohe Akzeptanz stie.

    Die 16 landesweiten Beratungsnetzwerke starteten mit ganz unterschiedlichen Ausgangsbedingungen. In vielen Lndern begann mit dem Programmstart im Jahr 2007 zum ersten Mal auf breiter Ebene eine Diskussion darber, mit welchen Formen des Rechtsextremismus man es im Land zu tun hat, welche Organisationen und Institutionen fr die Arbeit im Beratungsnetzwerk zur Verfgung stehen und gewonnen werden knnen, welche Mglichkeiten und Grenzen sich fr die Arbeit im Beratungsnetzwerk ergeben und wie man unter den gegebenen Bedingungen ein Netzwerk knpfen kann, das landesweit trag- und arbeitsfhig ist.

    Neu in den Frderrichtlinien von kompetent. fr Demokratie war, dass die Lnder und ihre Netzwerke nicht mehr ausschlielich unter der Vorgabe arbeiteten, als Modellprojekt vllig neuartige Ideen und Konzepte verfolgen zu mssen vielmehr ging es darum, ein gemeinsam abgestimmtes Vorgehen nach Vorfllen und Bedrohungen mit rechtsextremem Hintergrund zu entwickeln und umzusetzen. Die Zusammenfhrung von Expertenwissen und das koordinierte Vorgehen von unterschiedlichen Akteuren im Beratungsfeld, die sich in ihren jeweiligen Arbeitsbereichen ob im Sport- oder Jugendbereich, in der Freiwilligen Feuerwehr, Polizei oder Schule mit Rechtsextremismus auseinandersetzen, waren wichtige Impulse des Bundesprogramms.

    Zentral fr die strategische Umsetzung des Bundesprogramms war die Entwicklung eines gemeinsamen Vorgehens zwischen Bund und Lndern. Seitens der Lnder wurde die bundes weite Vernetzung bei lnderbergreifendem Erfahrungsaustausch auf der Arbeitsebene, den Weiterbildungs- und Fachveranstaltungen sowie die fachliche Beratung und Begleitung der Lnderkonzepte durch die Zentralstelle besonders positiv hervorgehoben. Bei den verschiedenen Fachseminaren und Weiterbildungen hat sich insbesondere der hohe Bedarf an der Vermittlung methodischer Spezifik der Beratung her auskristallisiert. Diese Anforderungen standen in engem Zusammenhang mit einem sich abzeichnenden hohen Entwicklungsbedarf in Bezug auf die Qualittsentwicklung und Qualittssicherung der Arbeit der Beratungsnetzwerke und Mobiler Interventionsteams. Die Zentralstelle reagierte auf diese Entwicklung mit einer verstrkten Schwerpunktsetzung auf Veranstaltungen, die die Beraterinnen und Berater methodisch wie themenfokussiert qualifi zierten.

    14

  • 4. Ergebnisse der Wissenschaftlichen Begleitungen

    Die nun folgenden Ausfhrungen der fnf WB der Programmsulen 1 und 2 des Bundesprogramms VIELFALT TUT GUT. sowie der WB des Bundesprogramms kompetent. fr Demokratie beziehen sich auf die bisher vorliegenden Ergebnisse der Gesamtberichte. Die ausfhrlichen Berichte aus den Jahren 2008 und 2009 sind auf den beiden Programmwebsites verffentlicht und Bestandteil der beigefgten CD-ROM.

    4.1 Lokale Aktionsplne

    Kurzvorstellung der Wissenschaftlichen Begleitung

    Die WB der LAP wird gemeinsam vom Institut fr Sozialarbeit und Sozialpdagogik e. V. (ISS, Frankfurt/Main) und von Camino Werkstatt fr Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung im sozialen Bereich gGmbH (Berlin) durchgefhrt. Zur Analyse der Wirksamkeit und zur Messung der Zielerreichung der 90 LAP wird ein Mix von quantitativen und qualitativen Methoden angewendet. Das ISS ist dabei fr die quantitativen Erhebungen, Camino fr die qualitativen Untersuchungen zustndig.

    Methodisches Vorgehen

    Ziel und Aufgabe der WB der Programmsule 1 ist die systematische Untersuchung der LAP, die im Rahmen der Programmsule 1 Entwicklung integrierter lokaler Strategien des Bundesprogramms VIELFALT TUT GUT. gefrdert werden, sowie die Analyse ausgewhlter LAP auf lokaler Ebene. Es werden Daten fr die Programmverantwortlichen bereitgestellt, die die berprfung der Umsetzung der Programmziele durch die LAP zulassen und die die fr die Zielerreichung bedeutsamen Faktoren abbilden. Weitere Zielsetzungen sind die Analyse des Zuwachses an Wert und Nutzen, der durch die integrierten lokalen Strategien erreicht wurde, ihrer urschlichen Wirkungszusammenhnge sowie die Abschtzung der Nachhaltigkeit der implementierten Handlungsebenen. Hierfr geht die WB sowohl quantitativ als auch qualitativ vor.

    Zum einen wird mithilfe von wiederholten standardisierten schriftlichen Befragungen von Koordinierungsstellen, Begleitausschssen und ausgewhlten Projekten die Umsetzung der LAP in allen 90 Frdergebieten untersucht. Schwerpunkte der quantitativen WB sind die umfassende systematische Dokumentation der LAP und somit die Ermglichung einer grundlegenden Identifi kation und Analyse lokaler Handlungsstrategien sowie die berprfung der Zielerreichung der LAP und die Herausarbeitung von frderlichen und hinderlichen Faktoren.

    Zum anderen wurden fr die qualitative Erhebung 20 LAP ausgewhlt, in denen die Koordinatorinnen und Koordinatoren sowie Vertreterinnen und Vertreter von Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft befragt wurden und werden.

    Weiterhin wurden Werkstattgesprche und Gruppendiskussionen durchgefhrt. Die lokalen Koordinatorinnen und Koordinatoren sind hier die zentralen Kooperationspartner der WB. Gemeinsam mit ihnen erfolgt sowohl die Refl exion der Kontextbedingungen und der Prozesse vor Ort als auch die Erarbeitung bergeordneter Erkenntnisgewinne.

    Weiterhin wurden gemeinsam mit den Koordinatorinnen und Koordinatoren Logische Modelle der LAP erstellt, die einerseits der Selbstevaluation der LAP dienen, andererseits auch eine typisierende Beschreibung von LAP ermglichen. Das Vorgehen der qualitativen WB ist explorativ angelegt und wird somit auch den innovativen Aspekten des Bundesprogramms gerecht. Es geht nicht nur darum, aufzuzeigen, was passiert, sondern auch, warum es passiert: Erklrungszusammenhnge knnen sichtbar gemacht werden.

    Zur Bewertung der Ergebnisse der WB wurde ein Expertenzirkel eingerichtet, der auch die Entwicklung von Qualittskriterien und -standards fr LAP untersttzt. Dem Expertenzirkel gehren neben WB, Auftraggeber und Programmevaluation Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis, Politik und Verwaltung an. Aus den hier gefhrten Diskussionen ist die Handreichung Qualittskriterien fr LAP entstanden.

    Methodologisch orientiert sich das Vorgehen der WB sowohl an einer programmziel- als auch entscheidungsgesteuerten Evaluation. Als programmzielgesteuerte Evaluation prft sie, in welchem Ma das Bundesprogramm seine expliziten Ziele erreicht. Als entscheidungsgesteuerte Evaluation wird sie so zugeschnitten, dass sie fr Entscheidungssituationen whrend oder nach der Programmdurchfhrung erforderliche Informationen bereitstellt.

    Umsetzungsstrategien/Ergebnisse

    Zusammenfassend lsst sich festhalten, dass es dem Bundesprogramm VIELFALT TUT GUT. gelungen ist, Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus im prventiven Bereich durch die Frderung von Vielfalt, Toleranz und Demokratiefhigkeit entgegenzuwirken. Der Ansatz der Entwicklung integrierter lokaler Strategien wird durch eine insgesamt sehr umfangreiche Zielerreichung der LAP besttigt, auch wenn sich Hinweise darauf ergeben, dass nicht alle Projekte ausreichend in ein integriertes Handlungskonzept eingebunden sind. Die Gesamtanlage von VIELFALT TUT GUT. mit der lokalen Fokussierung und der Anregung einer Zusammenarbeit von Kommunen und zivilgesellschaftlichen Akteuren hat sich als zielfhrende Strategie bewhrt. Diese Gesamteinschtzung lsst sich durch eine Vielzahl von Einzelbefunden fr verschiedene Zieldimensionen im Detail begrnden und belegen. Entsprechend den festgelegten Frderschwerpunkten des Bundesprogramms stellen Demokratiefrderung und Toleranzerziehung (32,8 %), Strkung der demokra

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  • tischen Brgergesellschaft (20,8 %) und Interkulturelles/ Interreligises/Geschichtliches Lernen/Antirassistische Bildung (20,8 %) die wichtigsten formulierten Zielsetzungen der LAP dar (Angabe mehrerer Schwerpunkte mglich). In Bezug auf diese Schwerpunkte werden vor allem Mittlerziele formuliert, die Informationen und Wissen vermitteln sowie Akteure sensibilisieren sollen. Zur Strkung der demokratischen Brgergesellschaft sollen erwartungsgem vor allem netzwerk- und beteiligungsorientierte Anstze beitragen. An erster Stelle der zu erreichenden Zielgruppen werden dementsprechend bergeordnet fr die Gesamtheit der LAP Multiplikatorinnen und Multiplikatoren einschlielich der Eltern und Pdagoginnen und Pdagogen (22 %) benannt, gefolgt von Jugendlichen in strukturschwachen Regionen und Kommunen (18 %) und zivil gesellschaftlichen Akteuren (14 %). Die Projekte richten sich in der Mehrzahl an Jugendliche im Alter zwischen 13 und 18 Jahren (38 %).

    Die Integration in lokale Strukturen durch eine intensive Vernetzung und die Kooperation von Kommunen und Zivilgesellschaft knnen produktive Entwicklungen anstoen und die wechselseitige Anerkennung befrdern. Dies gilt insbesondere fr die Begleitausschsse, deren Zusammensetzung in allen LAP heterogen ist. Sowohl in der quantitativen als auch in der qualitativen Erhebung spiegelt sich die gelungene Beteiligung unterschiedlicher Akteursgruppen aus kommunaler Politik (81,1 %), Verwaltung (97,8 %) und Verwaltungseinheiten, die dem mternetzwerk angeschlossen sind (84,4 %), sowie aus einem breit gestreuten Spektrum zivilgesellschaftlicher Akteure (94,4 %) und unter anderem zielgruppenspezifi schenr Zusammenschlsse (23,3 %) wider (Anm.: Prozentzahl der LAP mit Beteiligung entsprechender Akteure, nur ausgewhlte Kategorien). Die beteiligten Akteure bewerten gerade die heterogene Zusammensetzung als positiv: Zum einen ermglicht sie die Zusammenfhrung verschiedener Kompetenzen, zum anderen bewirkt sie eine Perspektivffnung zwischen den unterschiedlichen Akteuren. Die Zusammenarbeit zwischen Kommune und Zivilgesellschaft gelingt besonders gut in den Regionen, in denen schon bei Problemanalyse und Zielentwicklung unterschiedliche Akteure aus verschiedenen gesellschaftlich relevanten Bereichen eingebunden waren. Deutlich wird, dass durch die Einbindung der zivilgesellschaftlichen Akteure bereits in einer sehr frhen Phase der Entstehung des Aktionsplans gute Grundlagen fr die Erarbeitung und Umsetzung gemeinsamer Lsungsanstze und -strategien vorhanden sind.

    Im Bereich der Strkung der Zivilgesellschaft lsst sich konstatieren, dass Vernetzungen befrdert werden und an Qualitt gewinnen, beispielsweise durch eine Intensivierung des inhaltlichen Austausches. Feststellen lassen sich eine Stabilisierung bestehender zivilgesellschaftlicher Netzwerke und ein Ausbau der wechselseitigen Untersttzung zwischen den verschiedenen Akteuren. Darber hinaus wird von einer ffnung der vorhandenen Netzwerke durch die Einbeziehung neuer Akteure und von der Grndung neuer Netzwerke (z. B. Schlerbndnisse) berichtet.

    Auch innerhalb von Verwaltungen lassen sich Hinweise auf positive Vernderungen im Sinne von ressortbergreifendem Austausch und gemeinsamen Planungen fi nden bei allerdings fortbestehendem Entwicklungsbedarf. Die in allen LAP eingerichteten mternetzwerke basieren auf bereits bestehenden Kooperations strukturen beziehungsweise Gremien in der Kommunal verwaltung oder wurden eigens fr den LAP gegrndet. Insgesamt betrachtet lassen sich drei Typen von mternetzwerken feststellen (zusammengefasste Einzelkategorien nach Angaben der Koordinierungsstellen): Neugrndung und gezielte Auswahl (22,2 %), Rckgriff auf bestehende Vernetzungen von mtern, zum Beispiel Prventionsrat (34,4 %), und Ein beziehung ber den Begleitausschuss (43,3 %). Die durchgehende Einbeziehung der mternetzwerke in die Begleitausschsse weist auf eine erfolgreiche Einbindung kommunaler Akteure hin.

    Themenspezifi sches Wissen und lokale Kompetenzen zu einer Verbesserung der Prventionsarbeit sind sowohl in Hinsicht auf die Diagnose als auch die Bearbeitung von Problemlagen deutlich gestiegen. So geben 25,6 Prozent der Koordinierungsstellen eine gewisse und 40 Prozent eine groe Zunahme des Wissens ber die lokale Problemlage an, whrend 27,8 Prozent schon zu Beginn ausreichende Informationen hatten und 6,7 Prozent keine Zunahme ihres Wissens verzeichnen knnen. Durch flchendeckende ffentlichkeitsbezogene Aktivitten und die Gewinnung deutungsmchtiger Akteure wurden lokale Deutungskulturen in den Fokus genommen. In der konkreten Umsetzung bestehen hier weitere Entwicklungspotenziale in Hinsicht auf die Bekanntheit der LAP, die in 66,7 Prozent der LAP (Angaben der Koordinierungsstellen) nur als mittelhoch eingeschtzt wird, und die Einwirkung auf politikferne Bereiche. Die Einbeziehung der lokalen Brgergesellschaft ist berwiegend gewhrleistet und konzentriert sich dabei aus pragmatischen Grnden oft auf Informations- und ffentlichkeitsarbeit.

    Die positiven Ergebnisse auf den Ebenen der Strkung der Zivilgesellschaft, der Kooperation von kommunalen und zivilgesellschaftlichen Akteuren und der Vernetzung verweisen auf die Chance, den LAP erfolgreich als integriertes Handlungskonzept umzusetzen. Auch ein funktionierendes mternetzwerk kann hier einen wichtigen Beitrag fr den LAP darstellen, indem es die Kommunikation der Verwaltungseinheiten untereinander befrdert und den Transfer der Inhalte des LAP innerhalb der Verwaltung absichert. Allerdings zeigen sich in Bezug auf Gestaltung, Effizienz und Bewertung des mternetzwerkes groe Unterschiede, wenn man die Gesamtheit aller LAP betrachtet. Bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Programmvorgaben in Form der Frderung von Projekten und Einzelmanahmen zeigen sich teilweise Tendenzen, stark projektbezogen und zu wenig im Sinne einer integrierten Handlungsstrategie vorzugehen.

    Die fr den Erfolg von LAP mageblichen frderlichen und hinderlichen Faktoren sind in hohem Mae kontextsensibel und lassen sich daher nicht durchgehend verallgemeinern. Viele

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  • Programmstrukturen werden von den Akteuren aber als untersttzend wahrgenommen (z. B. die inhaltlichen Gestaltungsspielrume, die Einrichtung einer Koordinierungsstelle, das Coaching). Dabei wird die Existenz einer Koordinierungsstelle grundstzlich nicht nur von 79,8 Prozent der befragten Projekte und von ausnahmslos allen Begleitausschssen (100 %) als erstrangiger frderlicher Faktor gesehen, sondern auch als eine Voraussetzung fr die Umsetzung eines LAP, insbesondere in Bezug auf den aus den Programmvorgaben resultierenden hohen Beratungsbedarf der Projekte, aber auch unter dem Aspekt der operativen Steuerung, also der Vermittlung zwischen vielen unterschiedlichen Beteiligten.

    Auf der formalen Ebene werden die zeitlichen (21,4 %) und fi nanziellen Vorgaben (54,9 %) des Bundesprogramms teils als hinderlich eingeschtzt (Angaben der Projekte), da sie die fr die Bearbeitung von Themenfeldern wie Rechtsextremismus notwendige Kontinuitt einschrnken. So erweisen sich beispielsweise die jhrlichen Bewilligungen fr die Projekte nicht immer als zielfhrend im Hinblick auf die Planung eines integrierten Handlungsansatzes. Eine grere Flexibilitt hinsichtlich der Frderrichtlinien knnte hier sinnvoll sein.

    Als frderliche Faktoren knnen weiterhin die richtige Gre des Frdergebiets, die Untersttzung durch Medien und deutungsmchtige Akteure sowie eine entwickelte Kooperations kultur gelten. Somit kann der Zwang zur Einbindung und die daraus folgende Zusammenarbeit vieler unterschiedlicher Akteure aus Kommune und Zivilgesellschaft als frderlicher Faktor gesehen werden, wenngleich dies unter Effi zienz kriterien manchmal auch kritisch bewertet werden kann. Hinsichtlich der ffentlichen Akzeptanz kann als eindeutig frderlich die in 64,4 Prozent der LAP (Angaben der Koordinierungsstellen) erfolgreich mobilisierte Untersttzung des LAP durch unterschiedliche Promotoren gewertet werden, insbesondere durch politische Akteure und Verwaltungsakteure. Entsprechend wird eine skeptische Haltung der Verwaltungsspitze beziehungsweise einzelner Amtsleiterinnen und Amtsleiter gegenber dem LAP oder auch eine fehlende Sensibilisierung in Bezug auf die Problemlagen in einzelnen Verwaltungsbereichen als hinderlich wahrgenommen.

    Ein weiterer Faktor, der eindeutig positiv ist, sind bereits vorhandene regionale Vorerfahrungen in der Trgerlandschaft oder der Kommune sowie Aktivitten im Problemfeld. Ntzlich sind hier zum einen die Themenkompetenz, zum anderen aber auch die Vernetzungsstrukturen und die Kommunikationskultur, die dann bereits entwickelt sind.

    Schlussbetrachtung

    Angesichts einer positiv beurteilten Zielerreichung der LAP durch die lokalen Koordinierungsstellen und weitgehend gelungener Kooperationen der relevanten Akteure in den LAP

    sollte anerkannt werden, dass das Instrument sich bewhrt hat und insofern zur Fortfhrung empfohlen werden kann. Diese Aussage betrifft insbesondere die Institutionen der Koordinierungsstelle und des Begleitausschusses sowie ihr arbeits- und aufgabenteiliges Zusammenwirken.

    Der Begleitausschuss gewhrleistet die Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Akteure. Diese zentrale Funktion gilt es aufrechtzuerhalten und kontinuierlich zu berprfen.

    Die zentrale Rolle, die die Koordinatorinnen und Koordinatoren bei der Umsetzung des LAP einnehmen, sollte sich auch in deren Ressourcen niederschlagen. Es ist daher zu prfen, ob ihre zeitlichen und finanziellen Mittel ausreichen, um ihren Aufgaben angemessen nachzukommen. Mit einer Aufstockung ihrer zeitlichen Ressourcen knnte auch eine Aufgabenerweiterung einhergehen, zum Beispiel in Richtung Controlling der Projekte und Untersttzung bei der Selbstevaluation. Eine solche Untersttzung der Projekte kann durch Hilfe bei der Formulierung von Zielerreichungsindikatoren erfolgen, durch das (verpflichtende) Angebot von Selbstevaluationsworkshops oder durch die Bereitstellung geeigneter Materialien (Fragebgen, Beobachtungsbgen etc.).

    Alle drei gebruchlichen Typen von mternetzwerken sind prinzipiell taugliche Formen. Verstrkt sollte jedoch darauf hingearbeitet werden, dass die existierenden mter netz werke wenn ntig zielgerichtet fortentwickelt werden und sich nicht nur als formale Struktur begreifen. Sie sollten fr sich eine inhaltliche und untersttzende Funktion definieren, womit sie auch strkere Wirksamkeit entwickeln knnen. Eine strkere ffentlichkeitsarbeit fr den LAP innerhalb der Verwaltungsstrukturen und ein ausgeweitetes Angebot an Weiterbildungen fr mtervertreterinnen und -vertreter bieten sich an.

    Eine strkere Projektbegleitung wre auch ein Schritt, um den LAP als integriertes Handlungskonzept umzusetzen und die Projekte in die Gesamtstrategie zu integrieren. Hierzu wre es sinnvoll, (ausgewhlte) Projekte/Projekttrger in die Zielentwicklung einzubinden. Um die Integration der Einzelprojekte in eine Gesamtstrategie zu frdern, bietet es sich an, die Jugendhilfeplanung und/oder andere kommunale Planungen strker als bisher als zustzliche Refl exionsebene einzubeziehen.

    Bezogen auf die geforderte Einbeziehung von deutungs mchtigen Akteuren und Promotoren sind Medienpartnerschaften eine geeignete Form der Mitwirkung, die bislang wenig genutzt wurde und ausgeweitet werden sollte. Dies htte gleichzeitig positive Wirkungen auf die ffentlichkeitsarbeit und trge zu einer strkeren medialen Prsenz der LAP bei.

    Hinsichtlich der bertragbarkeit bieten sich zwei Wege an, um die LAP als wirkungsvolles Instrument der lokal verankerten koordinierten Rechtsextremismusprvention in kommunaler Verantwortung zu sichern und auch in anderen Regionen

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  • erfolgreich umzusetzen: Die LAP knnten sich in geeigneten Regionen als Motoren einer Netzwerkstruktur positionieren, die sich in angrenzende Regionen ausweitet. Ein gefrderter LAP wrde damit eine Patenschaft fr neu hinzukommende Regionen bernehmen. Die jetzt ttigen Koordinatorinnen und Koordinatoren knnten als Coaches ttig werden, indem sie andere interessierte Regionen bei der Erarbeitung und Gestaltung eines LAP beraten. Auf diese Weise ginge ihr umfangreiches praxisbezogenes Wissen nicht verloren.

    4.2 Modellprojekte Themencluster 1

    Kurzvorstellung der Wissenschaftlichen Begleitung

    Die WB des TC 1 wird von der Bietergemeinschaft proVal Gesellschaft fr sozialwissenschaftliche Analyse, Beratung und Evaluation und dem Institut fr interdisziplinre Konfl ikt- und Gewaltforschung der Universitt Bielefeld (IKG) umgesetzt. Aufgabe und Ziel beider Institute ist neben dem Projektmonitoring und der Beurteilung der Wirksamkeit der MP die Optimierung der pdagogischen Zugnge, Anstze und Methoden zur Antisemitismusvorbeugung.

    Methodisches Vorgehen

    Der Auftrag der WB besteht vor allem darin, Strategien und Vorgehensweisen der MP so zu rekonstruieren, dass die Erfahrungen aus den MP bertragbar zur Weiterentwicklung der Fachpraxis zur Verfgung gestellt werden knnen. Entsprechend dieser Aufgabenstellung haben proVal und IKG ein mehrstufi ges Evaluationsdesign entwickelt, das bereits auf den ersten Stufen eine transparente Rekonstruktion der Projektziele und Manahmen sowie der frderlichen und hinderlichen Kontextbedingungen gewhrleistet. So hat die WB bereits in der Anfangsphase wesentliche Informationen zu allen Projekten mittels problemzentrierter Interviews erhoben.

    Die zentralen Themen dieser Interviews waren: die Problembeschreibung und Ursachenanalyse das Design der pdagogische Ansatz des Projekts die Zielgruppen und Zielgruppenerreichung die Arbeit mit der Zielgruppe die Aspekte der Modellhaftigkeit die frderlichen und hinderlichen Kontextbedingungen die Kooperationsbeziehungen die Untersttzung vor Ort

    Darber hinaus wurden wesentliche Entwicklungen und Ereignisse im Ablauf der Projekte kontinuierlich ber ein internetbasiertes Projekttagebuch erhoben. Diese Form des Monitoring bietet den Projekten selbst eine Dokumentation des bisherigen Projektverlaufes und ermglicht der WB, bei

    besonderen Ereignissen oder unvorhergesehenen Schwierigkeiten gezielt Kontakt mit den Projekten aufzunehmen. Ferner wurden vier Monitoringerhebungen zu bestimmten Fragestellungen durchgefhrt, in denen auch die Fragen der Programmevaluation bearbeitet wurden. Fr noch unge klrte Fragen ist ein problemzentriertes Abschlussinterview am Ende der Projektlaufzeit vorgesehen.

    Das Ziel einer Weiterentwicklung der Fachpraxis erfordert aus der Sicht von proVal und IKG allerdings mehr als die bloe Rekonstruktion der von der Praxis entwickelten Konzepte und Manahmen. Letztlich muss es darum gehen, innovative, effi ziente und vor allem effektive Lsungen fr bisher nicht optimal bearbeitete Probleme zu entwickeln. Um die Projekte auf diesem Weg zu untersttzen, hat die WB in der ersten Phase ihrer Ttigkeit einen Optimierungsworkshop mit allen begleiteten Projekten durchgefhrt. Schwerpunkte dieses Workshops waren Fragen der Ressourcenplanung und der Qualittssicherung sowie Mglichkeiten der Selbstevaluation und des fortlaufenden Monitoring.

    Wenn es darum geht, Konzepte und Manahmen der MP in die Regelpraxis zu berfhren, stellt sich natrlich auch die Frage nach der Wirksamkeit der zu bertragenden Manahmen. Wirkungsanalysen aller begleiteten Projekte mit aufwendigen Vorher-Nachher-Designs unter Einbeziehung einer Kontrollgruppe sind der WB im vorgegebenen Kostenrahmen allerdings nicht mglich. Gleichwohl verfolgen proVal und IKG im Rahmen ihrer WB den Ansatz einer wirkungszentrierten Evaluation. Das bedeutet zunchst, dass das Evaluationsdesign von vornherein auf die Messung von Wirkungen ausgerichtet wird. So wurde mit jedem der begleiteten Projekte ein zwei- bis dreitgiger Zielexplikationsworkshop durchgefhrt. Im Rahmen dieses Workshops wurden die Ziele des Projektes als Wirkungsziele formuliert und bis auf die Ebene konkreter, berprfbarer Handlungsziele heruntergebrochen. Die entscheidende Frage, die von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der WB in diesem Zusammenhang immer wieder gestellt wurde, lautet: Was soll bei der Zielgruppe nach einer Manahme oder nach einem Manahmenkomplex anders sein als vorher? Den einzelnen Zielen wurden dann Manahmen zugeordnet, mit denen die Ziele erreicht werden sollen. In diesem Zusammenhang wurde auch die Angemessenheit der eingesetzten Manahmen fr die Erreichung der angestrebten Ziele eingeschtzt.

    In der letzten Phase der WB, der sogenannten Forschungs phase, geht es vor allem darum, die Erfolgsaussichten der Manahmen von acht ausgewhlten Projekten genauer zu bestimmen und Bedingungen fr die Wirksamkeit dieser Manahmen zu ermitteln. Hierzu wurden die Ziele der ausgewhlten Projekte zunchst von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der WB fr eine quantitative beziehungsweise qualitative Erhebung operationalisiert. Diese Operationalisierung wurde dann mit den Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeitern umfassend diskutiert und zum Teil mehrfach berarbeitet. Die so

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  • entwickelten Instrumente wurden von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der WB bei verschiedenen Projektmanahmen eingesetzt, wobei in der Regel eine Vorher- und eine Nachhererhebung durchgefhrt wurden. Zustzlich erfolgte meist eine teilnehmende Beobachtung, um zustzliche Informationen ber Wirkfaktoren sowie ber positive und negative Nebenwirkungen zu erfassen. Auf diese Weise kann neben der allgemeinen Akzeptanz der Manahmen und der didaktischen Konzepte auch erfasst werden, ob die vermittelten Inhalte in der beabsichtigten Art und Weise von der Zielgruppe rezipiert werden, welche Effekte darber hinaus noch auftreten und welche Faktoren die Vermittlung der Inhalte begnstigen oder erschweren. Da auf eine dritte Erhebung einige Wochen nach der Durchfhrung der Manahme und auf die dann notwendige Einbeziehung einer Kontrollgruppe im vorgegebenen Kostenrahmen verzichtet werden musste, knnen keine Aussagen zur Nachhaltigkeit der ermittelten Wirkungen getroffen werden. Insofern ist das Vorgehen der WB keine klassische Wirkungsevaluation.

    Umsetzungsstrategien/Ergebnisse

    Das Ziel der Weiterentwicklung der Regelpraxis durch die Frderung innovativer MP erfordert aus der Sicht der WB des TC 1 mglichst konkrete und auf einzelne Projektanstze bezogene Aussagen. Ein wichtiges Ergebnis der WB ist zunchst die Rekonstruktion und Konkretisierung der Projektziele und Manahmen, mit denen diese Ziele erreicht werden sollen. Diese in einem aufwendigen Workshop mit jedem Projekt erarbeitete Rekonstruktion spiegelt einen intensiven Diskussionsprozess zwischen dem Projekt und der WB wider. Im Rahmen dieses Diskussionsprozesses wurden aus wissenschaftlicher Sicht unrealistische Ziele und nicht plausible Verknpfungen zwischen Manahmen und Zielen kritisch hinterfragt und gegebenenfalls modifi ziert. Fr die Regelpraxis ist diese im Jahresbericht 2009 dokumentierte Rekonstruktion daher ein Ideenpool, der wichtige Anregungen bei der Suche nach mglichen Manahmen fr die Erreichung bestimmter Ziele liefern kann.

    Bei der wissenschaftlichen Bewertung der Ziele und Manahmen der Projekte des TC 1 zeigt sich zunchst, dass die Projekte ein breites Spektrum an Zielen verfolgen, die in den Bereichen der Vermittlung von Wissen, der Vernderung von Einstellungen, der Vermittlung von Fhigkeiten und Fertigkeiten, der Verhaltensnderung, der Schaffung von Aufmerksamkeit und der Vernetzung liegen. Ebenso breit ist das Spektrum der Manahmen, mit denen diese Ziele erreicht werden sollen. Insgesamt passen diese Manahmen gut zu der prventivpdagogischen Ausrichtung des Bundesprogramms. Erfreulich ist, dass Methoden des erfahrungsbasierten Lernens in diesem Zusammenhang einen breiten Raum einnehmen. Neben bereits bekannten finden sich auch neu entwickelte Methoden oder Strategien, die als modellhaft bezeichnet werden knnen. So

    zeigen die Analysen der WB, dass alle untersuchten Projekte mindestens eines von sieben Kriterien der Modellhaftigkeit erfllen. Fr mehr als di