zur kritik von hammerschlag's methode der dichtebestimmung von blut und serum

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539 (Aus dem thierphysiologischen Laboratorium der landwirthschaftlichen Hoeh- sohule zu Berlin.) Zur Kritik yon Hammerschlag's Methode der Diehtebestimmung yon Blut und Serum. Von cand. reed. ]Leo Zuntz, Berlin. Bei ihren Untersuehungen im Hoehgebirge batten S c h u m b u r g und Zuntz an sich mittels der Hammerschlag'schen Methode so niedrigc Werthe ftir ihr Blutserum gefunden, dass ein Febler bei den Bestimmungen angenommen werden musste und deshalb yon einer Veriiffentlichung derselben Abstand genommen wurde; Um die Ursache aufzukliiren, sollten weitere Versnche im Labora- torinm angestellt werden, deren Ansftibrung mir tibertragen wurde. Das Strum wnrde dabei in einer yon den Hammerschlag- schen Angaben etwas abweiehenden, yon Sehumburg zuerst an- gewandten Weise gewonneu. Die zum Aufsaugen des Blutes be- stimmten Capillaren wurden nicht erst mit oxalsaurem Kali ange- feuchtet, sondern troeken belassen. Es gerinnt dann das Blur in den versiegelten, senkrecht aufbewahrten Capillaren und man kann am folgenden Tage, naeh Anfeilen und Abbreehen des Endes des Riihrchens, Blutkiirperchen und Fibrin als einen dtinnen, zusammen- hangenden Faden herausziehen. In dem wieder versiegelten Riihr- chen bleibt das Serum als eine ganz leicht riithlieh getrtibte Fliissigkeit zurtick. Innerhalb einiger Stunden senken sieh die wenigen noch suspendirten Blutkiirperchen als ein zusammenhi~n- gender Ring. Feilt man oberhalb desselben ab, so kann man einen vollst~indig wasserhellen Tropfen Serum in die Chloroform- benzolmisehung einblasen. Die kleine Aendernng bietet den Vor- theil, dass jede Vermisehnng mit einem fremden K(irper wie oxal- sautes Kali ausgesehlossen ist und dass man in jedem Fall das reine Serum ohne Fibrin erh~lt.

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Page 1: Zur Kritik von Hammerschlag's Methode der Dichtebestimmung von Blut und Serum

539

(Aus dem thierphysiologischen Laboratorium der landwirthschaftlichen Hoeh- sohule zu Berlin.)

Z u r K r i t i k y o n H a m m e r s c h l a g ' s M e t h o d e der D i e h t e b e s t i m m u n g y o n B l u t u n d S e r u m .

Von

cand. reed. ]Leo Z u n t z , Berlin.

Bei ihren Untersuehungen im Hoehgebirge batten S c h u m b u r g und Zun tz an sich mittels der Hammersch lag ' schen Methode so niedrigc Werthe ftir ihr Blutserum gefunden, dass ein Febler bei den Bestimmungen angenommen werden musste und deshalb yon einer Veriiffentlichung derselben Abstand genommen wurde; Um die Ursache aufzukliiren, sollten weitere Versnche im Labora- torinm angestellt werden, deren Ansftibrung mir tibertragen wurde.

Das Strum wnrde dabei in einer yon den H a m m e r s c h l a g - schen Angaben etwas abweiehenden, yon S e h u m b u r g zuerst an- gewandten Weise gewonneu. Die zum Aufsaugen des Blutes be- stimmten Capillaren wurden nicht erst mit oxalsaurem Kali ange- feuchtet, sondern troeken belassen. Es gerinnt dann das Blur in den versiegelten, senkrecht aufbewahrten Capillaren und man kann am folgenden Tage, naeh Anfeilen und Abbreehen des Endes des Riihrchens, Blutkiirperchen und Fibrin als einen dtinnen, zusammen- hangenden Faden herausziehen. In dem wieder versiegelten Riihr- chen bleibt das Serum als eine ganz leicht riithlieh getrtibte Fliissigkeit zurtick. Innerhalb einiger Stunden senken sieh die wenigen noch suspendirten Blutkiirperchen als ein zusammenhi~n- gender Ring. Feilt man oberhalb desselben ab, so kann man einen vollst~indig wasserhellen Tropfen Serum in die Chloroform- benzolmisehung einblasen. Die kleine Aendernng bietet den Vor- theil, dass jede Vermisehnng mit einem fremden K(irper wie oxal- sautes Kali ausgesehlossen ist und dass man in jedem Fall das reine Serum ohne Fibrin erh~lt.

Page 2: Zur Kritik von Hammerschlag's Methode der Dichtebestimmung von Blut und Serum

540 Leo Zun tz :

In ether Anzahl mit yon S. und Z. in dieser Weise gewonne- nero Serum angestellten Versuchen erhielt ich nun, wie erstere im Gebirge ganz auffallend niedri~e, zwischen 1,013 und 1,017 sich bewegende Werthe. Alle diese Bestimmungen bemUhte ieh reich, mSglichst exakt zu machen, d. h. ich betraehtete den Versuch erst als abgesehlossen, wenn der Tropfen etwa 1 Minute nicht mehr gestiegen oder gesunken war. Ehe dies erreieht war, verging ge- wShnlich ungef~ihr eine Viertelstunde.

Es lag nahe, die ungewShnlich niedrigen Werthe auf Diffu- sionsvorgiinge zwisehen der Sehwimmfitissigkeit und dem Serum- tropfen, speciell auf eine Benzolaufnahme seitens der letzteren, wiihrend der verhaltnissmiissig langen Versuehsdauer zurtickzu- ftihren. FUr etwas derartiges sprechen aueh die sichtbaren u ~inderungen an den Tropfen. Der wasserhell und vSlliff durch- sichtig in die Fltissigkeit gebrachte Tropfen wird nach etwa 1 Minute opaleszirend, triibt sich immer mehr und wird sehliess- lich ganz milchig und undurchsichtig.

Um dies Verhalten n~her zu beobachten, stellte ich eine Rcihe Versuche in der Weise an, dass ich das spezifische Gewicht der SchwimmfiUssigkeit vorher mit der Mohr'sehen Waage be- stimmte und die Mischung so herstellte, dass ihr Gewicht etwas niedriger war, als das des zu bestimmenden Serums. Regelmitssig sank der hereingebrachte Tropfen zuniichst deutlich, um dann doch als Endresultat nach 10--25 Min. ein niedrigeres Gewieht als das der ursprUngliehen Sehwimmfitissigkeit zu ergeben, cin sicherer Beweis, dass die Tropfen in der Misehung leichter g'e- worden waren.

Soleher Versuche wurde zuniiehst eine Anzahl mit yon S. und Z. gewonnenem Serum angestellt; die Resultate sind fast dureh- weg dieselben. Ich gebe bet diesen und allen fotgenden Versuehen die specifisehen Gewiehte auf 15~ reducirt an, um besser vergleich- bare Werthe zu haben. Die Reduktion ist unter der Annahme gemaeht, dass Blut und Serum ihre Dichte bet Aenderung der Tem- peratur wie Wasser iindern.

Ein Beispiel mag gentigen. Ich bezeiehne dabei mit m s das spezifische Gewicht der Schwimmfitissigkeit zu Beginn des Ver- suehes~ mit s das am Ende des Versnches gewonnene~ das dem des dutch Diffusion leiehter gewordenen Serums entsprieht.

Page 3: Zur Kritik von Hammerschlag's Methode der Dichtebestimmung von Blut und Serum

Z. Krit. v. Hammerschlag~s Meth, d~ Diehtebestlmm. v. Blut u. Serum.

11 Capillare m s = 1,0181 10 h 43' grosser klarer Tropfen sinkt. s = 1,0165 11 h 3'.

2. Capillare ms = 1,0181 11 h 20' Tropfen sinkt. s = 1,0160 11 h 40'.

3. Capillare m s = 1,0173 11 h 50' Tropfen sinkt. s = 1,0164 s = 12 h 10'

Zu dem letzten Versuch ist noch als besonders interessant

541

zu bemerken, dass der Serumtropfen 5 Minuten naeh Beginn des Versuches zu schwimmen sehien. Ein Theil der Misehung wurde darauf abgegossen, und die W~gung ergab s = 1,0198. Inzwischeu war aber der Tropfen wieder gestiegen und die endgiltige Be- stimmung ergab dann den oben angegebenen Worth s----1,0164.

Die weiteren Versuche dieser Art wurden mit in grSsseren Mengen vom Kaninchen und Hund gewonnenem Serum angestellt. Das wahre spezifische Gewicht desselben konnte mit einem kleinen ca. 2,5 ccm fassenden Pyknometer bestimmt und so die Schwimm- fitlssigkeit in ihrem Gewieht yon vornherein dem des Serums miigliehst angeniihert werden. Aueh hier erhielt ieh dieselben Resultate, wie einige Versuchsziffern zeigen miigen.

Das spez. Gewicht des Serums war mittels Pyknometer ge- funden s=1,025.

S c h w i m m v e r s u c h e .

1) 2) 3) 4)

Dauer ms

10' 1,0~53 1,01'~5

1,0198 1,0195 t 1,o~42 1,o2o5[

Anf/ingliches s Verhalten des

Tropfen

steigfi sinkt sink~ sinkt '

Ganz gleiehe Versuehe, wenn aueh in geringerer Zahl, wur- den aueh mit defibrinirtem Blut angestellt und ergaben dasselbe Resultat, wie die naehfolgende kleine Tabelle zeigt. Bemerken mSehte ieh dabei noeh, dass Blut sowohl wie Serum, soweit letz- teres nieht aus den Capinaren in die Sehwimmfitissigkeit einge- blasen wurde, aus einem unten horizontal gebogenen und unter die Oberfl~ehe der Misehung gefUhrten R~hrehen in letztere gebraeht wurde, so dass dutch die Art der Einftihrung keine Neigung zum Steigen odor Sinken ertheilt wurde.

Page 4: Zur Kritik von Hammerschlag's Methode der Dichtebestimmung von Blut und Serum

542 L e o Z u n t z :

Das spezifisehe Gewicht des einem Hunde entnommenen Blu-

tes war pyknometriseh festgestellt auf s = 1,0461.

S e h w i m m v e r s u e h e .

1) '2) 3)

i Anf~ngliehes Dauer m s s Verhalten des

Tropfen

15' 1~0463 1~0415 1,0425 1,0415 1~0443 1,040

steigt sinkt sink[,

Um die dureh diese Versuehe wahrseheinlieh gewordenen

Diffusionsvorgiinge weiter zu verfolgen, brachte ich grSssere Meugen

Blut oder Serum im Scheidetrichter durch Schtitteln in intensive

Bertihrung mit Chloroform mit Benzol oder einem Gemisch beider yon bekannter Dichte. Dabei nahm ich, um das Verhi~ltniss bei-

der Fliissigkeiten zu einander bei den gew~hnliehen Schwimmver-

suehen einigermaassen nachzuahmen, racist nur 1/2o--1/4o dcr Ge= sammtmenge an Blur oder Serum. So konnte ich yon vornherein,

selbst unter der Annahme eines Molektilaustausches zwischen ben

den FlUssigkeiten, bei diesen Versueheu eine Gewichtsiinderung

der Schwimmfitissigkeit in F o l g e des ungleichen Mengeuverhiilt- hisses nicht erwarten. Ich gebe deshalb bei dem Bericht tiber

diese Versuche immer nur die Zahlen fUr Blur und Serum, wenn

auch die anderen stets genommeu wurden, b~ebenbei sei noeh be-

merkt, dass es mir auch hie gelang, naeh Verdampfen der Schtit-

telfiUssigkeit in derselben Spuren yon Eiweiss naehzuweisen.

S e h U t t e l v e r s u e h e m i t S t r u m .

1. 5 cem Kaninchenserum, vorher pyknometrisch bestimmt zu 1~0231~ werden geschiittelt mit 200 ccm Chloroform. Das vorher klare Serum wird milchig getriibt, v511ig undurchsichtig. Am nhchsten Tage ergiebt die pyk- nometrische Bestimmung desselben s ~--- 1~1519.

9. 5 cem desselben Serums + 200 ccm Befizol. Aehnliche~ abet mehr dunkle, braune Triibung. Pyknomer Bestimmung s = 1,0189.

3. 10 ecru t{undeserum, dessen Gewicht ~--- 1,0236 bestimmt ist, warden gesehiittelt mi~ 300 ecru einer Chloroformbenzolmischung vom Gewicht m s - ~ -

1,0242. Am n~chsten Morgen sehwimmt dus Serum als eine grauriithliehe Masse fiber der Mischung. Die pyknometrische Bestimmung ergiebt s----- 1,0182.

Page 5: Zur Kritik von Hammerschlag's Methode der Dichtebestimmung von Blut und Serum

Z. Krlt. v. Hammersohlag's Meth. d. Diohtebestimm. v. Blur n. Serum. 543

S e h i i t t e i v e r s u c h e m i t B l u r .

4. 5cem Hundeblut vom specifischen Gewicht s ~ 1,0461 werden ge-

sehiittelt mit 10 ccm Chloroform. Es bildet sieh ein dicker hel lrother Brei,

der nicht in seine Bestandtheile zu zerlegen ist.

5. 5 ecru desselben Blutes -t-10 ecru Benzol.

Gewieht des Benzols vor dem Versueh s----0,8755 (t--~ 18,9 ~

,, ,, ,, nach 9, ,, s --~ 0,8763 (t ---~ 18,9 ~

,, ,, Blute8 ,, ,, ,, s ----- 1,0026.

6. 5 ecru desselben Biutes + 200ecru einer Chloroformbenzolmisehung

yore spezifisehen Gewlcht m s ~ 1,0467 werdeu geschiittelt.

Am folgenden Tag sehwimmt das in seiner Farbe wenig ver~nderte

Blur oben. Die Gewiehtsbestimmung ergiebt s ~ 1,0401.

Aus diesen Versuehen geht Folgendes hervor: Blnt sowohl wie Serum nehmen bei kraftigem Scbiitteln mit diesen Stoffen Chloroform und Benzol auf, wie die Versuche 1, 2, 4 und 5 zeigen. Auf das Benzol iiben sie abet eine bedeutend stiirkere gnziehungs- kraft, so dass beim Sehiitteln mit einer Mischnng beider Blut und Serum leiehter werden. Da nun das spezifische Gewicht des Chloroforms yon demjenigen des Blutes uud Serums in bedeutend st~irkerem Maasse nach oben abweieht - - es betragt 1,526 - - als das Benzol nach unten, so kann ersteres, wenn tiberhaupt, jeden- falls nur in minimalen Mengen aufgenommen werden. Sehliesslieh zeigt noeh der Versueh 5, in welehem Blur- und Benzolmenge zu einander im Verhiiltniss 1 : 2 stehen, dass ein Uebergang yon Blut- bestandtheilen in das Benzol nicht stattfindet, da dessen Gewieht naeh dem Versueh so gut wie unveriindert ist.

hus diesen Beobaehtungen leiten sieh eine Anzahl Cautelen ab, die seitdem im Zuntz'sehen Laboratorium beobachtet werden. Da die Diffusionsvorgiinge allm~thlich erfolgen, kommt es vor Allem darauf an, die Bestimmungen in m(igliehst kurzer Zeit zu Ende zu fiihren. Bei Serumbestimmungen haben wir an dam Trtibwer- den der Tropfen, das meist nach 1--2 Minuten eintritt, ein sieheres

Zeichen fur den Beginn der Diffusion, und beim Blut ki3nnen wir eine ~thnliehe Zeit annehmen. Das sicherste Mittel, sehnell fertig zu werden, ist nun, die Schwimmfltissigkeit vor Beginn der Probe dureh Bestimmungen mit der Mohr'sehen Waage dem vermutheten Gewieht der zu bestimmenden Fliissigkeit mOgliehst anzuniihern. Ein einmaliges Zugiessen einiger Tropfen Chloroform oder Benzol wird dann meist zum Ziele fiihren. Bei Serumbestimmungen em-

Page 6: Zur Kritik von Hammerschlag's Methode der Dichtebestimmung von Blut und Serum

544 Leo Zuntz: Zur Kritik yon Hammerschlags Methode etc.

pfiehlt es sieh noeh, stets 2 oder 3 Capillaren herzustellen, den Tropfen aus der ersten zum Schwimmen zu bringen, dann den aus der zweiten hineinzublasen und etwaige Correkturen nach dem Verhalten dieses oder des noch spiiter hinzugebraehten dritten an- zubringen, ohne sieh dann mehr um den inzwisehen veri~nderten ersten resp. zweiten zu kiimmern.

Um andere Untersucher vor unnSthiger Arbeit zu bewahren, mSehte ich zum Sehluss noch bemerke~l, dass ich mit einer ganzen Reihe KSrper Versuche dartiber angestellt habe, ob sie geeignet seien, Chloroform und Benzol zu ersetzen. Sie erwiesen sich s•mmtlieh aus dem einen oder anderen Grunde als unbrauehbar. Es waren dies:

AllylsenfSl~ Acetessigsaures Aethyl~ Benzaldehyd, Benzoesaures Aethyl, Eugenol, Oxalsaures Aethyl, Methylbenzoat, Di~ithylaeet- essigiither, Dimethylanilin, Amylchlorid.