zur histopathologie der funikulären spinalerkrankung mit besonderer berücksichtigung der bei der...

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(Aus der Deutschen Forschungsanstalt ffir Psychiatrie [Kaiser Withelm-Institut] Miinchen. ) Zur Histopathologie der funikuliiren Spinalerkrankung mit besonderer Beriicksichtigung der bei der perniei~sen Anitmie zu sehenden Grol~hirnveritnderungen 1. Von G. Bodechtel. (Med. Klinik Erlangon, Prof. Dr. L. it. Miiller). Mit 24 Textabbildungen. (Eingegangen am 14. Juli 1931.) Seit Einfiihrung der Lebertherapie in die Behandlung der perni- ziSsen An/~mie hat sich die allgemeine Aufmerksamkeit besonders auf die bei der pernizifsen An/~mie am h/~ufigsten vorkommende Begleit- erkrankung, die funikul~re Spinalerkrankung, gerichtet. Ein Teil der Autoren hat die seheinbare Zunahme der funikul/tren Erkrankung in den letzten Jahren, die heute neben der Tabes und der multiplen Sklerose als h/~ufigste Nervenkrankheit gilt, mit der Leberbehandlung insoferne in Zusammenhang gebracht, weil er annahm, dab die dank der Leberbehandlung l~nger lebenden Pernieiosakranken sp~ter eine funikul/~re Spinalerkrankung bekamen. In letzter Zeit mehren sieh abet die Stim- men, insbesondere seit der Einffihrung hoehwirksamer Leberpr/~parate (,,Campolon"), die auch yon einer giinstigen Beeinflussung der funi- kulEren Riickenmarksaffektion dureh die neuere, intensive Lebertherapie berichten. Die Akten fiber diese allgemein interessierenden Fragen sind noeh nicht geschlossen und wir sehen hier noch keineswegs klar. Bei dem gesteigerten Interesse, das man der funikul~ren Erkrankung neuerdings wieder entgegenbringt, erscheint es abet berechtigt, da$ auch hier wieder einmal der Morphologe zu Wort kommt. Er mul~ sieh 1 Ursprfinglieh sollte diese Arbeit als Erganzung einer mehr klinisehen, monographisehen Studie fiber die funikulare Spinalerkrankung gemeinsam mit F. W. Bremer erscheinen. Aus teehnischen Grfinden wurde davon abgesehen. Es sei abet ausdrfieklieh auf diese Studie Bremers hingewiesen, die neben der Klinik besonders aueh Stellung zur Pathogenese der funikularen Spinalerkrankung nimmt.

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(Aus der Deutschen Forschungsanstalt ffir Psychiatrie [Kaiser Withelm-Institut] Miinchen. )

Zur Histopathologie der funikuliiren Spinalerkrankung mit besonderer Beriicksichtigung der bei der perniei~sen Anitmie

zu sehenden Grol~hirnveritnderungen 1.

Von

G. Bodechtel. (Med. Klinik Erlangon, Prof. Dr. L. it. Miiller).

Mit 24 Textabbildungen.

(Eingegangen am 14. Juli 1931.)

Seit Einfiihrung der Lebertherapie in die Behandlung der perni- ziSsen An/~mie hat sich die allgemeine Aufmerksamkeit besonders auf die bei der pernizifsen An/~mie am h/~ufigsten vorkommende Begleit- erkrankung, die funikul~re Spinalerkrankung, gerichtet. Ein Teil der Autoren hat die seheinbare Zunahme der funikul/tren Erkrankung in den letzten Jahren, die heute neben der Tabes und der multiplen Sklerose als h/~ufigste Nervenkrankheit gilt, mit der Leberbehandlung insoferne in Zusammenhang gebracht, weil er annahm, dab die dank der Leberbehandlung l~nger lebenden Pernieiosakranken sp~ter eine funikul/~re Spinalerkrankung bekamen. In letzter Zeit mehren sieh abet die Stim- men, insbesondere seit der Einffihrung hoehwirksamer Leberpr/~parate (,,Campolon"), die auch yon einer giinstigen Beeinflussung der funi- kulEren Riickenmarksaffektion dureh die neuere, intensive Lebertherapie berichten. Die Akten fiber diese allgemein interessierenden Fragen sind noeh nicht geschlossen und wir sehen hier noch keineswegs klar.

Bei dem gesteigerten Interesse, das man der funikul~ren Erkrankung neuerdings wieder entgegenbringt, erscheint es abet berechtigt, da$ auch hier wieder einmal der Morphologe zu Wort kommt. Er mul~ sieh

1 Ursprfinglieh sollte diese Arbeit als Erganzung einer mehr klinisehen, monographisehen Studie fiber die funikulare Spinalerkrankung gemeinsam mit F. W. Bremer erscheinen. Aus teehnischen Grfinden wurde davon abgesehen. Es sei abet ausdrfieklieh auf diese Studie Bremers hingewiesen, die neben der Klinik besonders aueh Stellung zur Pathogenese der funikularen Spinalerkrankung nimmt.

Zur Histopathologie der funikuli~ren Spinalerkrankung. 105

aUerdings in erster Linie bewuBt sein, dab die jeweils von ihm unter- suchten F/~lle immer nur bestimmte Prozel]stadien darstellen. Wir k6nnen zu dem eben erw/~hnten Problem der mSglichen Beeinflussung des funikul/~ren Prozesses durch die Lebertherapie keine weitere Stellung nehmen, well unser Material gr61]tenteils aus einer Zeit vor der Einffihrung der Lebertherapie stammt. Es dfirften sich aber ktinftighin bei enger Zusammenarbeit des Klinikers und des Histo- pathologen an geeigneten F~llen besonders ffir die allgemeine Hirn- pathologie wichtige Schlfisse ziehen lassen hinsichtlich des Regenerations- und l~estitutionsproblems. Aus der Sammlung der Forschungsanstalt verffigen wir fiber ein Material yon ungef~hr 30 F/illen, das wit nach den neueren histopathologisehen Untersuchungsmethoden bearbeiteten. Seit der schon lange zuriickliegenden ersten Sehilderung der funikul/~ren Spinalerkrankung in den 90er Jahren, an deren grfindlicher Erforsehung sich vor allem !Yonne beteiligte, sind zahlreiche, im wesentlichen kasu- ishsche Arbeiten in der Literatur fiber dieses Thema erschienen. All- m/~hlich brach sich die Erkenntnis Bahn, dab der ,,funikul/~re Symp- tomenkomplex" keineswegs nur bei der pernizi6sen An/imie vorkommt, sondern bei allen m5glichen Zehrkrankheiten (Pellagra, Sprue, Beri- Beri, Tuberkulose, Diabetes, Carcinom usw.).

Im folgenden werden wir uns zun/ichst mit den Ver/~nderungen im Rfickenmark besehMtigen und sp/tter aueh die Befunde im Grog- und Kleinhirn schildern. Da die funikul/ixe Spinalerkrankung vor allen Dingen bei der pernizi6sen An/~mie vorkommt, sahen wir uns gezwungen, auch die GroBhirnver/~nderungen, wie sie besonders bei der pernizi6sen An/~mie beobachtet werden, mit zu berficksichtigen.

F fir die Histopathologie der funikul~ren Spinalerkrankung bleiben trotz Weiterentwieklung unserer Untersuchungsmethoden die Problem- stellungen die gleichen., Sie gipfeln in 3 Punkten, n&mlich in der Frage naeh der Pathogenese und der _&tiologie und in dem Suchen nach Grfinden f/ix die eigenartige Topik. Daneben wird die Ver~nderung der einzelnen Gewebselemente und deren genaues Studium es uns erleichtern, einen faBbaren anatomischen Symptomenkomplex herauszuarbeiten. Gerade dem Studium der Einzelvers ist yon fr/iheren Autoren sehr viel Arbeit gewidmet worden. Aber auch ffir die funikul~re Spinalerkrankung gilt die allgemeine Erkennmis, da6 ganz unabh/~ngig yon der Atiologie das Gewebe bei seinem Zerfall und in seinen Reaktionsformen immer sehr /ihnliche oder gleiche morphologische Erscheinungen zeigt. Nur der Gesamtkomplex der histopathologischen Ver/~nderungen mit Beriick- sichtigung der topischen Ausbreitung ermSglicht es uns, s noch unklare Krankheitsbilder anatomisch schs abzugrenzen (Spiel- meyer). Ftir die erst~n Sehilderer unseres Krankheitsbildes wirkte be- sonders seine Topik irreffihrend und fiihrte zu der bunten Reihe von Bezeichnungen, die uns in ihrer historischen Entwicklung beim Studium

106 G. Bodeehtel:

der vorliegenden Erkrankung insofern niitzen, weil sie uns die Irrtiimer vermeiden lassen, die den friiheren Autoren begreiflieherweise unter- laufen sind.

Wenn wir yon einer Aufzi~hlung der vielen Autoren absehen, die hier richtungsgebend wirkten und nur die Ansehauungen reden lassen, so ist dabei folgende Reihenfolge bemerkenswert: Zuerst war es der Begriff der Systemerlcrankung, der dem besseren Ausdruck ,,Pseudosystem- erkranlcunq" Platz machen muBte. Dabei miissen wir riickblickend unter Beriicksiehtigung der damaligen Technik zugeben, dal3 es keineswegs leicht war, das Falsehe der Bezeichnung ,,Systemerkrankung" zu er- kennen, denn das vorzugsweise Befallensein der Hinterstr~nge, der Pyramidenseiten- und Vorderstr~nge und der Kleinhirnseitenstrang- bahnen springt bei der oberfl~chlichen Betrachtung der Pr~parate zuerst in die Augen.

Es war in erster Linie das Verdienst Minnichs und Nonnes, an Hand eines groBen Materials aueh auf kleinere Herde aufmerksam gemaeht zu haben, die vorzugsweise in diesen Strangsystemen ]iegen und die beim weiteren Fortschreiten des Prozesses konfluieren, um teilweise zur sekund/~ren Degeneration zu ffihren, wodurch schlie~lich die Erkrankung eines Fasersystems vorget~useht wird. Das Auftreten von Degenerations- herden auch in den anderen Teilen des Rfickenmarks, schlieBlich das fast vSllige Ergriffensein der Fasermassen und die dabei h~ufig beob- aehteten, ,,symptomatisch entzfindlichen" Erscheinungen haben andere Forscher (Leyden, Goldscheider, Henneberg) veranlal3t, yon funikuls Myelitis oder aueh yon funikul/~rer Myelose (Henneberg) zu sprechen. Es entspann sich fiber diese versehiedenen Bezeiehnungen eine lebhafte Debatte. Aueh die sps Bezeichnungen, wie ,,funilculdre Spinal- erlcrankung" (Spielmeyer) und ,,andmische" Spinalerkrankung sind nieht ganz bezeiehnend fiir die Art des Prozesses, haben sich aber so eingebiirgert, dal3 sie heute allgemeine Geltung besitzen. Wir halten uns im folgenden an die Bezeichnung Spielmeyers, die am wenigsten ver- pflichtet und das s Moment aufleracht l~Bt.

Bevor wir nun die Topik dieses Prozesses erSrtern wollen, zu deren Studium ja in erster Linie das Markscheidenbild verwendet wird, miissen wir uns, um eine Beschreibung zu ermSglichen, zuerst mit den ffir die im Markscheidenbild zu sehenden Vers gebrs Deft- nitionen befassen. Des besseren Verst~ndnisses halber hat man den allgemein gebrauchlichen Ausdruek ,,Ausfall" bei herdfSrmigen De- fekten dahin sehs gefaBt, dab man als haupts~chliche Bezeichnung die ,,Sklerose" z bzw. den ,,sklerotischen Herd" gegenfiber dem Status

i Die yon vie]en Autoren ausgesprochene Behauptung, dab die innerhalb der Hinterstr~nge zu sehende Sklerose weitgehendst auf das Konto der sekund~ren Degeneration zu setzen w~re, ist nach unserer Meinung nicht stichhaltig. Die ge~uBerte Ansehauung wiirde dann zur Voraussetzung haben, da~ der ProzeB in

Zur Histopathologie der funikulgren Spinalerkrankung. 107

spongiosus ~ Liickenfeld w/~hlte. Hierbei hat man in das morpholo- gisehe Zustandsbild der sog. Marksklerose schon die erfahrungsweise gewonnene Tatsaohe hineinverlegt, dab eine sklerotisehe Stelle /~lter ist als ein Lfiekenfeld, also einen abgelaufenen Prozel~, eine Narbe bzw. ein Endstadium darstellt und sieh naturgem/~ll aus einem Lfickenfeld entwickelt. Die Sklerose ist nun allerdings nach den Ausfiihrungen Spielmeyers nicht allein aus dora Marksoheidenbild ersiehtlich, vielmehr gehSrt zur Sklerose die entspreehende Fasergliose, d. h. im funktionellen Sinne das Narbengewebe. Spielmeyer spricht in seiner ,,Histopathologie" fiber diese Verh/~ltnisse folgendes (S. 235): ,,Der Prozell der Degeneration, des Abbaues wie der Abtransport sind ls beendet. Die Neuroglia hat den Defekt funktionstragender Nervensubstanz ausgeffillt. Die gli6se Organisation hat zu einer Gliose =-Sklerose geffihr~. Wie wir sparer nooh sehen werden, ist gerade bei der funikulgren Spinalerkran- kung keineswegs im Sklerotisehen Felde in gleicher Ausdehnung Faser- glia zu beobaehten, d. h. das die Markscheiden ersetzende Gewebe - - denn schlielllich mull etwas an deren Stelle treten ~ l~l~t sieh nieht ohne weiteres als Fasergliose f/~rberisch darstellen. Wir behalten aber der Bequemliehkeit halber die gebr/~uehliehe Bezeiehnung ,,Sklerose" fiil solehe yon Markscheiden oder ihren Degenerationsprodukten entbl6Bten Stellen bei. Diese bilden im Markseheidenbild fast strukturlose, gelblich-

g r a u verf/~rbte Areale. Dem gegeniiber ist der Status spongiosus ~ das Liickenfeld ausgezeiehnet durch den dem plStzlichen Untergang des Gewebes folgenden K6rnchenzellabbau. Durch die mehr oder weniger tange zuriickbleibende Zerkliiftung des Gewebes entsteht ein Bild, das man als Status spongiosus bezeichnet (Spielmeyer S. 367).

Vom zeitlichen Standpunkt aus betraehtet wird also das Lfiekenfeld -~ Status spongiosus zuerst auftreten und sehlielllich zum sklerosierten Herd ---= lYIarksklerose fiihren. Die jeweils anzutreffenden histologischen Zustandsbilder sind dabei in erster Linie abh/~ngig v o n d e r Intensit/~t des Prozesses, sowie von der Krankheitsdauer. Aullerdem ist fiir die Beziehung des Liickenfeldes zur Marksklerose der 6rtliche Faktor (Spiel- meyer) mallgebend. So beobachteten wir sklerosierte S~ellen in den meisten F/~llen und in st/~rkster Ausdehnung im Hinterstrangareal, viel seltener in der Gegend des Kleinhirnseitenstrangabschnittes. Fast nie konnten wir

den Hinterstrgngen am gltesten ist, denn wir beobachten sklerotische Herde solten in den Kleinhirnstritngen und fast nie innerhalb der Pyramidenseiten- oder Vorderstr~nge, oder es mfi~tederm sein, dab es zu sekundgren Degenerationen raseher und intensiver innerhalb der Hinterstr~nge kommt. Wir glauben in der Annahme recht zu gehen, dab die Sklerose wohl in erster Linie abhgngig ist yon gewissen lokalen Faktoren. Es scheint wenigstens so, als k~me es in den Hinterstrgngen intensiver und rascher zur Fasergliose wie in den fibrigen Arealen. Wie wir in dem Kapitel fiber die Gliaverhgltnisse auseinandergesetzt haben, karm man unserer Ansicht nach auf keinen Fall aus der Anordnung des gli6sen Fasergerfistes auf die Art der Degeneration schlieBen.

108 G. Bodechtel:

dagegen an unserem Material reine Sklerosen im Pyramidenseiten- oder Vorderstrang beobachten. Dieser Umstand 1/~Bt sich nieht einfach da- dureh erkl/iren, daft die Herde, bzw. Liickenfelder im Pyramidenseiten- oder Vorderstrang sp/~ter auftreten und der Tod des Patienten der ge- w6hnlichen Umwandlung des Gewebes in die Sklerose Einhalt rut. Bei allen diesen Verh/~ltnissen in den einzelnen Abschnitten des Rficken- marksquerschnittes sind die lokalen Faktoren yon ausschlaggebender Bedeutung. Warum es zu Sklerosen in den Pyramidenbahnkomplexen fast nie kommt; kSnnen wir nii~her nicht begriinden. Von anderen Krank- heiten dagegen ist uns eine Sklerose innerhalb der Pyramidenbahn wohl bekannt (vgl. beispielsweise die Abbildungen in Spielmeyers Lehr- buch auf Seite 236).

Diese Abbauvorgs und der dabei in Erscheinung tretende Ab- r~umungsprozel3 wird mit Recht auch Erweichung genannt. Es ist aber aus didaktischen Griinden besser (Spielmeyer) den Ausdruck ,,Erwei- chung'/gerade beim Status spongiosus der funikul/~ren Spinalerkrankung nicht zu gebrauchen, da sich mit Erweichung die Vorstellung verbindet, dal3 es sich um zirkulatoriseh bedingte Effekte handelt. Im Markscheiden- bild haben wir einen Status spongiosus dann vor uns, wenn wir eine herdfSrmige Auflockerung durch Ausfall der sonst dicht liegenden Markscheidenbiindel sehen mit ausgesprochener Lfickenbildung, wobei erfahrungsgem/~B innerhalb dieses Liickenfeldes noch mobiler Abbau vorherrscht und verstreut oder perivascul/~r gelegene FettkSrnchen- zellen vorkommen. Diese fi~rben sich im Markscheidenbild auch h~ufig noch mit Hiimatoxylin, was auf relativ frischen Markzerfall schliel3en lassen soll.

Derfunikuliire Herd ist ein kleines Liickenfeld bzw. ein eng umschrie- bener Status spongiosus, wobei man allerdings unter ,,funikuliiren Herd" auch kleinere, fast vSllig entmarkte, scharf begrenzte, fSrmlich heraus- gestanzte Stellen von meist rundlichem Aussehen versteht, die schlieBlich dann ebenso stark entmarkt sein kSnnen, als ein ,,sklerosierter" Bezirk. Wir werden im folgenden die zwei letztgenannten Bezeichnungen, die fiir ein bestimmtes, morphologisches Zustandsbild gelten, anwenden neben der Marksklerose im obigen Sinne. Es sei aber gleich von vornherein bemerkt, da~ die Marksklerose uns eigentlich nur im Hinterstrang und gelegentlich auch im Kleinhirnseitenstrangareal begegnet ist, was be- deuten kann, dab der Prozel3 dort jeweils alter ist. Nonne und Friend 1 schreiben hieriiber: ,,In den Seitenstr/ingen iiberwiegt die grol3maschige Degeneration, im Gegensatz dazu im Hinterstrangbereich die alte Sklerose. Nur, wenn die ,,gliSse Randzone erkrankt ist, findet man auch in der Peripherie der Seitenstri~nge gleichm~Bige Sklerose". Auf diese Ver- h/~ltnisse kommen wir in einem eigenen Absatz zu sprechen.

Nonne u. FrOnd: Dtsch. Z. Nervenheilk. 15 (1908).

Zur Histopathologie der funikul~ren Spinalerkrankung. 109

Sehon der Begriff ,,funikuls Herd" hat mit der alten l~berlieferung der Systemerkrankung gebrochen. Es ist nicht das System als funlctionell topistische Einheit, also weder in seiner gesamten Lfinge, noch seinem ganzen Querschnitte nach, exquisit verfindert, sondern wir sehen immer degenerierte Areale, dutch die eben die seit langem als vulnerabel geltenden Systeme laufen, wobei die Degeneration einerseits den Querschnitt dieser Systeme i~berschreitet, andererseits nur einen Tell des Systemquerschnitts bef~illt. Wenn wir von den Hinterstrangver/~nderungen sprechen und dabei das herdf6rmige betonen, so ist den anderen ,,vulnerablen Systemen" gegen- fiber der eine bedeutende Unterschied, dab die Hinterstrs yon beiden Seiten als Gesamtheit eine zusammenh/~ngende Masse bilden, die zwischen den beiden HinterhSrnern liegt. Treten also funikul/ire Her@ im Hinter- strangareal auf, so haben sie seheinbar eher Systemcharakter als Herde im Bereieh der fibrigen Str/~nge. Diese lokalen Faktoren sind fiir die Be- trachtung unseres Krankheitsbildes yon groBer Wichtigkeit.

Die se]cunddre Degeneration spielt bei allen pathologischen Ver~nde- rungen des Rfickenmarks eine bedeutende Rolle und die damit verknffpf- ten Vorstellungen sind unentbehrlich geworden ffir das Versts der klinischen Bilder. Pathologisch-anatomisch kSnnen wir die dabei statt- habenden Erscheinungen an den einzelnen Gewebselementen aber nicht als spezifisch fiir das Wesen der sekund~ren Degeneration ansprechen. Der Achsenzylinderzerfall und der Markseheidenabbau kSnnen nun einmal nicht anders ablalffen, als in der einen bekannten Form (Aehsen- zylinderschwelhmg mit folgendem Zerfall; Markseheidenzerfall in Mark- ballen und Marksehollen mit den bekannten Erscheinungen des Abbaus der myelinen Substanz (s. Spielmeyer, S. 243). Wir mfissen, soweit eine exakte Differenzierung fiberhaupt mSglich ist, uns mehr an das Quantitative des Prozesses halten. So sehen wir an dem einfachen Beispiel der auf- und absteigenden Degeneration bei einer Kompression des Rffekenmarks das bekannte eirffSrmige Bild gleiehm/~6igen Zerfalls mit Abbauerseheinungen innerhalb der Strangsysteme. Ganz anders stellen sich die Bilder bei der funikuls Spinalerkrankung dar, wenn wir von einer hs zn sehenden sekund/~ren Degeneration des Pyramiden- seitenstranges im L. M. absehen. Die funikuls Bilder sind, einfaeh gesagt, untergeordnet und unregelm~Big.

Als eharakteristiseh ffir den Ablauf des Abr/~umungsprozesses bei der sekund~iren Degeneration, wie wir sie z. B. im Gefolge einer Polyneu- ritis innerhalb der Hinterstrs auftreten sehen, sei hervorgehoben, dab man besonders bei frischen Prozessen - - und nur solehe kommen hier in Frage - - hS, ufig einen schon viel sffirkeren Fettabbau erkennen kann, ohne dabei wesentliche Lichtungen im Marlcscheidenbild zu beob- achten. Ffir den funi]cul~iren Prozel~ dagegen ist gerade der intensive, rasche lo]cale Zerfall der Achsenzylinder und Marlcseheiden bezeiehnend, dem der Fettabbau nicht unmittelbar Schritt halten kann.

110 G. Bodechtel:

Wir hatten einen gerade in dieser Hinsieht interessanten FaU unter unserem Material. Es handelte sich um einen 70ji~hrigen Patienten mit einer aplastisehen An~mie, bei dem wegen Fehlens de~ PSR auf der einen Seite, verbunden mit Sen- sibilitiitsstfrungen, an eine funikuli~re Spinalerkrankung gedaeht wurde. Bei der genauen Untersuchung des Riickenmarks wurde nichts Charakteristisehes fiir eine flmikul~re Spinalerkrankung gefunden. Dagegen zeigte sieh im Brust- mark, bei relativ intaktem Markscheidenbild, in den medialen Absehnitten des GoUschen Stranges eine Ansammlung yon Fettk~mehenzellen. Aueh auf weiter caudal gelegenen Schnitten, im Lendenmark, herrsehte ebenfalls mobiler Abbau in den mittleren Anteilen des Gollschen Stranges vor, der seiner Form und Ausdeh- hung naeh einer Wurzel entspraeh. Einige lumbale Hinterwurzeha derselben Seito waren auch stark entmarkt. Ffir die Atiologie dieser Wurzeldegeneration mit den auf- steigenden sekund~ren Hinterstrangsver~Lnderungen hatten wir keinen sicheren Anhaltspunkt. An einen funikul~ren ProzeB komlte man bei den vorliegenden Bildern iiberhaupt nicht denken. Es fehlten eben gerade im Markseheidenbild die charakteristischen funikul~ren Herde, bzw. die lokalen Liickenfelder.

Well es am zweckdienlichsten ist, werden wir zuerst die Topik des Prozesses an Hand einiger Beispiele erSrtern, sie ist es ja die uns das Verst~ndnis der klinischen Bilder vermittel t . Als wesentliche Tatsache setzen wir als gegeben voraus, dab die primi~re Li~sion der funikul~re Herd bzw. das lokalbetonte Lfickenfeld darstellt. Wir wollen versuchen, die Reihenfolge der Beispiele zeitlich zu gestalten, was allerdings durch die Launenhaft igkei t des Prozesses sehr erschwert wird.

Topik 1.

Wenn wir das folgende Kapitel summarisch mit Topik iiberschreiben, so isb es schwer, bei Vermeidung jeglicher Kasuis~ik an Hand der Bilder- beispiele die Topik des Prozesses innerhalb der einzelnen Fasersysteme gesondert zu besprechen. Bei der Launenhaft igkei t des Prozesses l~Bt sieh dies, wenn man Wiederholungen vermeiden will, nicht durehfihhren. Wir werden darum am Ende des Kapitels noch kurz die Auswirkung des funikul~ren Prozesses bei unserem Material in den besonders , ,vulnerablen" Fasersystemen kurz zusammenfassen.

Am klarsten liegen die Verh~ltnisse bei Fallen, wie die Abb. 1 zeigt, wo wir nur im Hinters~rangareal des Halsmarks 2 funikuls Herde sehen, die charakteris~ischerweise in der Mitre der einen Hinters~rang- hs liegen, vom Septum posterius und vom Hinterhorn ungef~hr gleichweit entfernt. I n den anderen HShen des Riickenmarks dieses

1 Unser Material erstreckt sich auf etwa 30 F~lle yon funikul~ren Spinaler- krankungen. Das Gehirn und Riickenmark wurde nach den gebr~uchlichen tochni- schen Methoden verarbeitet, wobei besonderer Weft auf die fgrberische Analyse (Gegeniiberstellung yon Markscheiden-, Fett-, Achsenzylinder-, Gliafaser- und Zell- f~rbung) gelegt wurde. Wir sind insbesondere Herrn Professor Dr. Oberndor]er und seinem Assistenten Herrn Privatdozent Dr. Singer (Prosektor des Krankenhauses Schwabing-Miinchen), die uns das meiste Material zur Verfiigung stellten, fiir ihr grol]ziigiges Entgegenkommen zu besonderem Dank verpflichtet. Aueh tterrn Prof. Spatz (psychiatrische Klinik, Miinehen) soll bier besonders gedankt werden, der so liebenswiirdig war, uns einige sehr instruktive F~]le zu iiberlassen.

Zur Histopathologie der funikul~ren Spinalerkrankung. 1 ] ]

Falles (perniziSse An/~mie) fehlen irgendwelche Alterationserscheinungen. Wir sind iiberzeugt, dal~ bei der Lage der Herde innerhalb dieses Hin~er- strangareals keinesfalls ein Zufall vorliegt, sondern glauben, dab immer in diesen paraseptalen Feldern des Hinterstrangs zuerst die funikul~ren Herde auftreten und da$ sie sich /~hnlich einem Fett tropfen im FlielL papier exzentrisch vergrSBern. Natiirlich kSnnen innerhalb der fs fSrmig ausgebreiteten Strangbezirke mehrere Herdchen aufschiel~en. Aueh werden erfahrungsgem~l~ die Herde nicht uni- sondern bilateral auftreten, eine Tatsache, die wir nicht weiter erkl/~ren kSnnen, die aber unseres Erachtens, worauf wir sp/~ter noch eingehen werden, das Dogma yon der Gefa$bedingtheit der Herde im alten Sinne gleiehfalls ersehiittert.

Abb. 1. Fall W. 2786. Perniz i fse An/imie. 2 funikuliire Herdchen im Hin te r s t r anga rea l tier einen Seite. Die Aufhe l lungen in den vorde ren Pa r t i en des Ri ickenmarks lun die graue Substanz he rum sind n icht pathologisch, sondern artefiziel l bedingt . Die 2 dreieckigen helleren Faserkomplexe im mi t t l e r en Dr i t t e l der vorderen Per ipher ie en tsprechen den

Helweghsehen Biindcln.

Nonne hat in einer frttheren Arbeit 1 den Beginn des funikuls Prozesses ins Halsmark verlegt, eine Behauptung, die sicher nur bedingte Bereeh- tigung besitzt, wie wir an sp/~teren Beispielen (Fall Sch. Abb. 7) beweisen kSnnen. Es ist sieher, dab wir in diesem ersten Fall das Beispiel eines Friihstadiums der funikul/~ren Spinalerkrankung vor uns haben, wobei wir allerdings beriieksichtigen mfissen, daB, die Intensit/~t der Schs weehselt 2. Wir konnten bei unserem reiehen Material tiberhaupt nur funikuls Herde linden in der iibrigen weil~en Substanz, wenn die Hinterstrs und die iibrigen vulnerablen Systeme (Py. S. und Py. V. und Kleinhirn S.) sehon st/~rker ver/indert waren.

Ein weiter fortgesehrittenes Stadium sehen wir in der Abb. 2a und b vor uns (perniziSse An/~mie), wo beachtenswerterweise der ProzeI~ im mittleren Cerviealmark (Abb. 2a) sieh ganz anders innerhalb der Hinter- str/~nge dartut, als in dem tiefergelegenen Abschnitt (2 b). Man beachte besonders die streifenfSrmigen, markentblSBten Areale, (tie paraseptal

1 Nonne: Dtsch. Z. Nervenheilk. 6 (1895). 2 Es war das Verdicnst Rhelnboldts, besonders die Bcdeutung des Prozel3stadiums

bctont zu haben (Arch. f. Psychiatr. 86).

112 G. Bodechtel:

a b Abb. 2. Fall E. F. A. 225/28. PerniziSse Aniimie. Bei a Querschni t t durch das mi t t l e re

H a l s m a r k , bei b (~bergang voIn Hals- zum Brus tmark .

Abb. 3 a--c. Fal l Sch. F . A . 104/30. PerniziSse An~imle. a H a l s m a r k ; b B r u s t m a r k ; c L e n d e n m a r k .

Zur Histopathologie der funikul~tren Spinalerkrankung. l l3

liegen und die sich mit sekundi~rer Degeneration nicht erkl/~ren lassen, denn wie wir sehen, sind die Herde im Bild 2 b, also in tieferliegendem R. M. niveau ganz frischer Natur und liegen wahllos zerstreut fiber den I-Iin~rstrangkomplex verteilt. Andererseits sehen wir im Bilde 2 b, dab mit gleicher Intensit~t wie im Hinterstrang auch im Pyramiden- seiten- und Kleinhirnseitenstrang Herde aufschie6en, die keinesfalls als jfinger anzusprechen sind.

Ws wir bei den eben gezeigten Bildern sahen, dal~ die Sch/~di- gung stellenweise zu einem fast vSlligen Markscheidenuntergang fiihrte, sehen wir in den Abb. 3 a - -c wiederum ganz andere Verh/~ltnisse. Hier seheint es fast so, als w/~re z. B. im Halsmark der ProzeI~ innerhalb der Kleinhirnseitenstr/inge s als im Hinterstrang, was auch im Brust- mark, wo die L/ision besonders auf der einen Seite mehr herdfSrmig betont ist, zum Ausdruek kommt. Es handelt sieh auch hier um einen relativ frischen Prozel~, aber es fiberraseht, wie er in allen HShen des Riickenmarks innerhalb der Hinterstr~nge ann/~hernd gleiehartig aus- gedehnt ist. Wenn die sekund/~re Degeneration zur Erkl/ixung der Ver- s im Kleinhirnseitenstrang herbeigezogen werden kann, wird uns ihre Theorie hinsichtlich der Hinterstrangver/~nderungen im Stiehe lassen, man beachte nur die Ausbreitung der Seh/~digung im Lumbal- und Brustmark. Auch die These, dal~ der Prozel~ prim/ir immer im Hals- mark beginnt, versagt hier, denn zeitlich genommen, sind die Ver/inde- rungen im Hinterstrang des Brustmarks mindestens genau so alt, wie im Halsmark, eine Tatsache, auf die N o n n e 1 sp/~ter hingewiesen hat.

Einen st/irker lokal betonten Prozel~ innerhalb der Hinterstr/~nge zeigen wir in Abb.4 (funikul/~re Spinalerkrankung ohne perniziSse An/~mie). Hier reieht das V-fSrmige Degenerationsfeld im L. M. nicht bis an die hintere Peripherie des Riickenmarks, h/~lt sich aber wie im vorigen Fall an die mittlere, paraseptale Partie des Hinterstrangareals. Im obersten Brust- und unteren Halsmark nimmt ein breiter Herd fast den ganzen Hinterstrang ein und in ihm ist es zu einem fast vSllig sklerosierten Felde gekommen, wie wi re s bei der Tabes antreffen. Bemerkenswert ist nur das Intaktsein der Wurzeleintrittszone und das Persistieren eines schmalen Markseheidenlagers um die mediale Seite beider HinterhSrner. Im Py. S. zeigt sich im Brustmark auf der einen Seite ein kleiner funiku- 1/~rer Herd, im Halsmark dort mehr ein diffuses Lfickenfeld. Dies ist wichtig gerade im Hinblick auf die zeitlichen Verh/~ltnisse. W/ihrend sich bei unserem 1. Fall (Abb. 1) die funikul/~ren Her@ als prim/ire Li~sion fSrmlich wie herausgestanzt zeigten, erscheint die prim/ixe ,,L/ision" in diesem Falle innerhalb des Seitenstrangkomplex~s als ein mehr dif- fuses Lfiekenfeld. Wit sehen also, dal~ neben der Intensit/it des Prozesses in erster Linie aueh die Lokalisation der Herde maBgebend ist fiir deren

1 N o n n e : Dtsch. Z. Nervenheilk. 6 (1896).

Z. f. d. g. Neu t . u. P sych . 137.

114 G. Bodechtel:

a b

c Abb. 4 a - c . Fa l l G. F . A . 261/29. Ke ine perniziSse Anhmie . a m i t f l e r e s H a l s m a r k ;

b l~bergang yore Ha!s - z a m B r u s t m a r k ; c L e n d e n m a r k .

a b

c d Abb. 5 a - - d . Fa l l B. F . A . 130/28. Ke ine pernizi6se Anhmie , a oberes H a l s m a r k ;

b un te re s H a l s m a r k ; c B r u s t m a r k ; d L e n d e n m a r k .

Zur Histopathologie der funikul~ren Spinalerkrankung. 115

Aussehen. Innerhalb der Hinterstr/inge scheint jedenfalls auch der funiku- l~re Herd raseher entmarkt zu werden, als innerhalb der Seitenstrang- komplexe, wo die lokalen Liickenfelder lange persistieren.

Im Fall Abb. 5 sehen wir im B. M. ein Liickenfeld im Pyramiden- seitenstrang, im unteren Halsmark dort intensiver entmarkte Stellen, im oberen Halsmark dagegen mlr diffuse Lichtungen neben st/~rker

]) c Abb . 6 a - - c . F a l l Sch. 2471. Pern iz i ( i se Anf imie . a oberes H a l s m a r k ; b t ~ b c r g a n g yore

I I a l s - z u m B r u s t m a r k ; c L c n d e m n a r k .

lokalbetonten Entmarkungen im Kleinkirnseitenstrang. Auch bei diesem Falle treten innerhalb der Hinterstr/mge enorm degenerierte Areale im L. M. mit paraseptalen Aussparungen auf und in allen HShen ist eine der grauen Substanz anliegende Umrahmung dureh gut erhaltene Mark- seheidenlager festzustellen. Die im unteren und noch mehr im oberen H. M. polsterartig der Substantia gelatinosa medial angelagerten Mark- scheidenkomplexe und die V-fSrmig erhaltenen Markseheideninseln (Abb. 5 a) im obersten Halsmark innerhalb der Hinterstri~nge treffen wir bei solch ausgedehnten Marksklerosen in diesen Arealen immer wieder. Wenn wir diese V-f6rmig erhaltenen Areale mit dem Erhaltenbleiben des sog. Schultzesehen Kommas erkl/~ren, so ist das Erhaltenbleiben der polsterartigen Marklager medial v o n d e r Rolandischen Substanz dagegen r/~tselhaft 1. Es sei gleich besonders hervorgehoben, dad wir aueh hier

i Dieses Erhaltensein eines Markscheidenlagers um die graue Substanz herum ist den friiheren Autoren (Weimann u. a.) gleichfalls aufgefallen (Arch. f. Psychiatr. Bd. 62).

8*

116 G. Bodechtel :

a b

c d

e

Abb. 7 a - e . Fa l l F. F . A . 222/28. Perniz iSse An~imie. a Querschn i t t in HShe der Decussa t io p y r a m i d o r u m ; b m i t t l e r e s H a l s m a r k ; c un te res H a l s m a r k ; d B r u s t m a r k ;

e L e n d e n m a r k .

Zur Histopathologie der funikul~ren Spinalerkrankung. ] 17

einen der F/~lle vor uns haben, wo die funikul/ire Spinalerkrankung nicht mit einer perniziSsen An/imie vergesellschaftet war. In Parallele zu dem eben besehriebenen Befund kSnnen wir aber aus unserem Material einen Fall yon funikul/~rer Spinalerkrankung bei perniziSser An/~mie setzen, der die gleichen Befunde liefert.

Als eklatantes Beispiel einer ,,Pseudosystemerkrankung" zeigen wir die Abb. 6 (funikul/ire Spinalerkrankung bei perniziBser An/~mie). Auf- fallend ist im oberen Halsmark die Aussparung zweier schmaler, seharf begrenz~er, streifenfSrmiger Areale zwischen dem Goll- und Burdach- schen Strang, die vielleicht das Schultzesehe Komma repr/isentieren. Im B. M. zeigt sich eindeutig im Hinterstrang und im Pyramidenseitenstrang das Fortschreiten der Entmarkung naeh der Peripherie, w/ihrend die Zentren der gesch/~digten Areale weitgehend yon Markscheiden entblSBt sind. Im L. M. sieht man neben der Hinterstrangver/mderung diffus gelichtete Py. S.-Str/tnge, die hier mit sekund/~rer Degeneration innerhalb dieser Bahnen einwandfrei erkl/~rt werden kSnnen.

Die Launenhaftigkeit des funikul~ren Prozesses demonstriert in noch sinnf/iJligerer Weise die Abb. 7, insbesondere widerspricht sie dem von manehen Autoren (Lichtheim und Henneberg) ge/~uBerten Standpunkt, dab bei der funikul/iren Spinalerkrankung eine so hochgradige ,,Sklerose" wie bei der Tabes nieht zustande kommt, die zu einer sichtbaren Einziehung, bzw. Schrumpfung der Hinterstrangsareale fiihren kBnnte. Es handelt sigh bei dem gezeigten Falle keineswegs um ein Kunstprodukt dureh Fixation; die hintere R. M.-Peripherie war schon makroskopiseh ein- gesunken, was ja bei der Tabes 5fters vorkommt. Besonders deutlich tr i t t bei den Stufenbildern die eigenartige Verteilung der Markseheiden- degeneration innerhalb der Hinterstr/~nge hervor, die sich nur erkl~ren 1/~Bt dureh die Annahme, dab die prim/~ren Herde weitgehend konfluieren und es dabei zu geringen sekund/~ren Degenerationen kommt. Gerade bei einem solchen Proze6 sehen wir die eine vergebliehe Bemtihung ein, etwas Gesetzms im Verhalten der Degenerationen bei der funikuls Spinalerkrankung konstruieren zu wollen. Man beaehte besonders dig starke lokale Sehgdigung der dorsalen Abschnitte der Hinterstr/~nge im oberen Halsmark, w/~hrend im Medullabereieh das reine Bild der sekun- d~ren Degeneration vorherrscht. Auch die dorsalen Kleinhirnseitenstr/mge, der Tractus Gower und der Tractus tectospinalis sind schwer ver/~ndert. Daneben sehen wit frisehere Her@hen aueh in den vorderen TeiIen der weiBen Substanz. Bemerkenswert ist das Vorkommen von funikul/~ren Herdehen innerhalb der Pyramidenbahn in der HShe der Decussatio, die wir aueh bei einem anderen Fall beobachten konnten. Allerdings fehlen irgendwelche Vers innerhalb der Py-Faszikel in HShe der unteren Olive und der Briieke, bzw. der Hirnsehenkel, eine Tat- sache, die wir bei allen unseren F~llen bis auf eine einzige Ausnahme fests~ellen konnten. Aueh im Lendenmark sieht man funikul/~re Herd- then in den vorderen Faszikeln des R. M., was sonst seltener vorkommt.

] ] 8 G. Bodechtel:

Zum Schlu$ zeigen wir noch einen Fall (Abb. 8), der sich aus den bisher gezeigten Bildern insofern heraushebt, als wit bei ibm, insbe- sondere im Brustmark eine diffuse schwere Ver/~nderung des ganzen Riickenmarkquerschnittes vor uns haben, wobei allerdings die vulnerablen Str/inge (It. Str., Py. S., Py. V. und K. S.) besonders stark gesch/~digt sind. Auch hier handelt es sich wieder um eine Patientin, bei der keine pernizi6se Ans bestand.

A b b . 8 a,

Die gezeigten Fi~lle sind nicht etwa besonders aus unserem Material herausgewahlt, um eine bestimmte Ansehauung zu untersttitzen, sondern wir sind bemiiht, Falle vorzufiihren, die im Markscheidenbild in ihrer Gesamtheit die Launenhaftigkeit des Prozesses instruktiv wiedergeben. So sehr die alte Anschauung des Systemcharakters der funi]culdren Spinal- erkrankung angegriffen worden ist, hat sie, wie wir eben gesehen haben, insoferne Berechtigung, als in der Tat bestimmte Systeme besonders mit- befallen sind, wenn man dabei auch vermeiden muff, den Begriff der Pathoklise anzuwenden, denn diese bedeutet die ,,HinfdUigkeit des Systems als funktionell topistische Einheit". Der Ausdruck ,,Systemvulnerabiliti~t" wurde bei der funikul/~ren Spinalerkrankung schon yon den alten Autoren angewendet; seine Berechtigamg bestritten aber vor allem Nonne und Minnich, die ersten Schilderer der funikul/~ren Herde.

Wenn wit mit den heutigen Erfahrungen aus der iibrigen Hirnpatho- logie an die Tatsache dieser scheinbaren Systemvulnerabilit~t heran- gehen, mfissen wir, um die Problemstellung zu beleuchten, etwas weiter ausholen. Beim Grol~hirn und insbesondere bei den Stamm- ganglien werden immer wieder Eigentiimlichkeiten im Vorkommen yon Ausf~,llen und Degenerationen bei besonders geaxteten Prozessen unter- strichen, so die bekannte Anfalligkeit der 3. und 5. Schicht oder die

Zur Histopathologie der funikul~ren Spinalerkrankung. 119

spezielle Vulnerabilits besonderer Abschnitte, wie des Striatums bei der Wilsonschen Krankheit und des Pallidums bei der Kohlenoxyd-

2~bb, 8b.

Abb, 8 c

Abb. 8 a - - c . Fal l Sch, F . A . 103/28. Ke ine pcrniziSse An~mic . a oberes H a l s m a r k ; b B r u s t m a r k ; c L c n d e n m a r k .

vergiftung. W~hrend die eine Seite der Autoren das Befallensein der Systemeinheit z .B. des Pallidums bei der CO-Vergiftung und des

120 G. Bodechtel:

Striatums bei der Wilsonschen Krankheit als das Wesentliche hinstellen, haben insbesondere Spielmeyer und seine Mitarbeiter auf das gerade bei diesen Krankheiten vorkommende Ubergreifen des Prozesses auf die innere Kapsel usw hingewiesen und damit unterstriehen, dab yon einer eigentliehen Erkrankung der Systemeinheit nieht die Rede sein kann. Wenn wir diese Erfahrungen auf die funikul~re Spinalerkrankung an- wenden, so kSnnen wir ffir das Riickenmark ganz dasselbe feststellen. Hier sind die vulnerablen Systeme nieht nur nieht in ihrer ganzen Aus- dehnung der Rfickenmarksl~nge nach ergriffen, sondern aueh nicht ihrem ganzen Quersehnitt entspreehend. Wir haben vorhin darauf hingewiesen, dab die seheinbare Systemwahl innerhalb der Hinterstri~nge viel augensehein]icher ist, wie in den fibrigen Strangsystemen, weil eben die Hinterstr~ge beider Seiten zusammenliegen und zwischen die Hinter- hSrner eingekeilt sind. Ffir die Py. S.- und Py. V.-Strs und Klein- hirnseitenstrangbahnen kSnnen wir bei genauer Betrachtung der Rficken- marksquerschnitte den Begriff der Systemerkrankung ebensowenig an- wenden, denn es liegen die Herde wohl innerhalb der Areale der Systeme, aber sie halten sieh nicht an deren Grenzen, sondern greifen sowohl auf andere Bahnen fiber oder aber befallen nieht den ganzen Quersehnitt des Systems 1. Angenommen wir wfiBten noch niehts yon den sog. Riiekenmarksbahnen und wfirden unbefangenerweise Prs einer funikuls Spinalerkrankung zu Gesicht bekommen. Wir wfirden dann ohne weiteres erkennen, dal~ herdfSrmige Veri~nderungen bard stiixker, bald schws in bestimmten Regionen des Rfickenmarks- querschnittes vorkommen, und zwar im Abschnitt der zwisehen den HinterhSrnern liegt und in den Abschnitten lateral und vorne yon den HinterhSrnern und um das Septum anterius herum. Daneben werden wohl aneh anderswo im Riickenmark Herde gefunden, aber nur, wenn die eben erws 0rtlichkeiten sehon starker ver~ndert sind. Die Unzuls des Begriffes ,,Systemvulnerabilits ist uns bei der Betrachtung unseres Krankheitsbildes ebenso aufgefallen, wie bei den vorhin erws Erkrankungen im GroBhirnbereieh. Wir kommen hier mit spekulativen Theorien nicht weiter, sondern kSnnen uns nur an die Tatsache dieser eigenartigen Lokalisation halten, die wir mit dem Begriff ,,lokaler" Faktor umschreiben.

Wenn wir nun kurz zusammenfassen, so sehen wir, dab die Aus- dehnung des Prozesses innerhalb der Hinterstr~inge mit lokaler, aber keines- falls gesetzm~Biger, sondern launenhafter Betonung der Zerfal]ser- seheinungen sich bis zu den Oblongatakernen hin verfolgen l~Bt. Dabei muB, wenn man vom Hinterstrang als sensibles System sprieht, anderer-

1 Insbesondere hat Henneberg auf diese Tatsache hingewiosen und botont, dab sich die Degeneration nicht an den Systemquerschnitt hi~lt, sondern auf die Nachbarschaft iibergreift.

Zur Histopathologie der funikul~ren Spinalerkrankung. 121

seits wieder hervorgehoben werden, dab die hinteren Wurzeln fast durch- wegs unver/~ndert befunden werden. Die von manchen Autoren be- sehriebenen Ver/i, nderungen an den Spinalganglien sind unseres Erachtens zu wenig spezifisoh und zu gering, als dab man berechtigt w/ire, die De- generation innerhalb der Hinterstr/inge im Sinne der aufsteigenden Degeneration davon abh/ingig zu machen. Neue Arbeiten an grSBerem Material (Opalski ftir das Trigeminus-Ganglion) haben gezeigt, wie vor- siehtig man in der Beurteilung von Zellver/inderungen innerhalb der Spinalganglien sein mull, insbesondere mit dem Versueh, klinische Syrup- tome mit pathologiseh-anatomischen Befunden zu vergleiehen. Eine genaue Schilderung der Lage der Degenerationsherde und deren besondere Ausbreitung innerhalb der Hinterstr/inge ist schon von manehen Autoren durchgefiihrt worden und es wurde viel Zeit darauf verwendet, eine gewisse Gesetzm/~Bigkeit im Auftreten der prim/iren Herde und der fol- genden sekund/iren Degeneration festzustellen. Aber alle diese Versuehe seheitern wohl an der starken Ausdehnung des Prozesses und nieht zuletzt an den dabei auszufiihrenden teehnisehen Arbeiten. Man darf doch ruhig behaupten, da6 ein ganz umfassendes, liickenloses Studium der Ausbreitung des funikul/iren Prozesses an Hand von Riickenmark- schnittserien wohl noch yon keinem Autor durchgefiihrt wurde; zudem haben wir kein sieheres Kriterium des Wesens der sekund/iren Degene- ration.

Die im Hals- und Brustmark beobaehteten Degenerationsfelder k6nnen unmSglich sekund/~r bedingt sein, etwa als Folgen eines Herdes im Lendenmark, ebensowenig kSnnen die Hin~erstrangsherde im Lumbal- mark erkl/ixt werden durch das prim/ire Befallensein yon Hals- und Brust- mark, wie friihere Autoren angenommen haben. Es w/ire auch zu kon- struiert, wollte man das weehselnde Aussehen der Degenerationsherde in den Hinterstr/ingen durch kombinierte auf- und absteigende De- generationen erkl/iren. Wenn man die yon/s Autoren (s. Flattau, ,,Pathologische Anatomie des Nervensystems") miihevoll zusammen- gestellten Befunde der absteigenden Degeneration innerhalb der Hinter- strfi, nge beachtet, mit den dabei scharf sich absetzenden einzelnen Biindeln (Schultzesches Komma, Hochesches Bfindel, ovales Feld, Gom- bault-Philippsehes Dreieck usw.), so wird man bei den launenhaften Bildern der funikul/iren Hinterstrangsver/inderungen vor lauter Aus- nahmen kein Gesetz aufstellen kSnnen. Wir miissen vielmehr annehmen, dab innerhalb der Hinterstrangsareale des ganzen Riickenmarkes Herde auftreten, die konfluieren, wobei gewi6 teilweise die sekund~re De- generation eine Rolle spielen kann, siehtlich greift aber eine Noxe, wenn wir die heute im Vordergrund stehende Gifttheorie gelten lassen, bald mehr bald weniger gleichm/iBig die Areale des vulnerablen Hinterstrang- systems in dessert ganzen L~ngenausdehnungen an, unabh/ingig yon den Wurzeleinheiten.

] 22 G. Bodechtel:

Abb. 9 a. Fal l R. F . A . 282/28. Marchibild arts dcrselben Hi, he wio Abb. 9 l) yore selben Fall . Wi t sehen March iprodukte an derselben Stelle, wo im Fe t tb i ld Schar l achro tp roduk te und zwar in den media len Hin te r s t r angsgeb ie t en liegen. Aufierdem sind abe r auch innerhalb der Wurze le in t r i t t szonen (bei a) 5Iarchischollen, wo wir weder im Fe l t - , noch im l~[ark- scheidenbild pathologische Verande rungcn an t re f fen , was beweist , dal~ der A b b a u innerhalb der Wurze le in t r i t t szonen sp'hter einsetzt , der Proze[~ sich also yon media l nach la tera l

ausbre i te t .

Abl). 9 b. Fall R. F. A_. 282/30. Pernizi0se 2~n~mie. Fe t tb i ld aus derselben H{~he. Es sind nu r Scha r l ach ro tp roduk te in dem Ltickenfeld bei t~ zll sehen, w~ihrend die Wurze le in t r i t t s -

zonen, die im l~Iarchiprltparat osmiumpos i t ive P roduk te zeigen, frei yon jedem F e t t a b b a u sind.

Zur Histopathologie der funikularen Spinalerkrankung. 123

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, anf die Frage der Pathogenese der Tabes etwas naher einzngehen. Es stehen sich hier, wie bekannt, die Anschauungen yon Spielmeyer-Gagel und Richter gegenttber. Wahrend Richter das Hinterwurzelgranulom und dessen Druekwirkungen auf die hintere Wurzel in den Vordergrund stellt und die Degeneration des intramedullgren Wurzelanteiles und der Hinterstrange als sekundar er- klart, glauben Spielmeyer und Gagel an Hand yon frischen Fallen nach- weisen zu kSnnen, dal~ es frische Degenerationen der Hinterstrange und der intramedull/iren Wurzelanteile gibt, ohne dal3 die dazugehSrigen Hinterwurzeln verandert sind. Wit konnten in den meisten Fallen bei der funikularen Spinalerkrankung die Intaktheit der Hinterwnrzeln feststellen ; sie ist abet kein Gesetz. Es ist bemerkenswert, da$ bei/ilteren Fallen anch gelegentlich bald im Lenden-, bald im Brust-, bald im Hals- mark verschiedene Hinterwurzeln geschadigt waren, abet diese Schadi- gung war keinesfalls etwa den Ltickenfeldern der spinalen Herde irgend- wie gleichzusetzen. Im Gegensatz zur Tabes ist hervorzuheben, daft die Wurzeleintrittszone beim /unikuldiren Proze[3 entweder verschont ist oder bei starker Ausdehnung des Prozesses wesentlich spditer erkrankt als die ~tbrigen Anteile des Hinterstrangareals. So sehen wir in den beiliegenden Bildern im Marchibild (Abb. 9a, b) einen frischen Zerfallsprozel~ ([a] Marchistadium) innerhalb der Wurzeleintrittszone bis zur Redlieh- Obersteinschen Zone - - im Scharlachrotstadium ist dort kein Fet t zu linden - - wahrend wir in den medial gelegenen Partien bis zum Septum hin einen alteren Abbauproze$ ([hi Scharlachrot-Stadium) vor uns haben. Dies zeifft uns also, wie der Prozefl bei der funikuldren Spinal- erkrankung im Gegensatz zur Tabes yon zentral nach lateral (von innen nach auflen) fortschreitet, eine Tatsache, die einem schon auffallen muff bei der Betrachtung der kommaf6rmigen Herde im Lumbalmark, die immer in ihren Randzonen frisehere Zerfallserseheinungen aufweisen, sieh also peripher-exzentrisch vergr6flern. Das eben erw~hnSe Verschontbleiben der Wurzeleintrittszonen, insbesondere im Lumbal- und Sakralmark ist zwar ein Gesetz, aber es gibt auch entsprechende Ausnahmen 1. Wir konnten im Sakralmark frisehe Marchidegeneration gelegentlich in der Wurzeleintrittszone beobachten, wahrend das i~brige Hinterstrangareal vSllig intakt ist.

Wir haben an Hand eines grSBeren Materials die Cauda equina und gewisse periphere Nerven einer eingehenden Untersuchung unterzogen, wobei wir feststellen konnten, da$ der yon Bielschowsky analog zu Saponinvergiftungen im Tierexperiment erhobene Befund von Dege- nerationen im peripheren Nerven bei der perniziSsen Anamie mit funi- kuls Spinalerkrankung bei unseren Fiillen nicht anzutreffen war.

1 Schon Boedecker und Juliusburger (Arch. f. Psychiatr. 1898) beschrieben Verimderungen an den hinteren Wurzeln im Lendenmark. Aueh Henw~berg (Ref. Zbl. Neur. 86, 256) fand gelegentlich die hinteren Wurzeln mitgesch~ligt.

19,4 G. Bodechtel:

Wir konntcn nur in einzelnen F/~llen Zerfallserseheinungen an den hinteren Wurzeln und an der Cauda equina beobachten, die ganz frischer Natur waren und nieht zu vergleichen waren in der Quantit/it des Prozesses mit den eigen~lichen funikulEren VorgEngen. Bei einem einzigen Falle, der im iibrigen gegeniiber den anderen F/~llen eine Sonderstellung ein- nimmt, waren die Zerfallserscheinungen an den Hinterwurzeln im Mark- scheidenbild st/i, rker ausgepr/~gt; das Schar!achrot-Pr/i, parat ergab aller- dings keinen frisehen Fettabbau. Da uns Marchimaterial fehlte, konnten wir fiber das Alter des Prozesses im peripheren Nerven niehts aussagen. Bekanntlich sollen ja die Abbauerscheinungen im peripheren Nerven viel intensiver und raseher ablaufen, wie im Zentralorgan. Bei allen iibri- gen F/illen kormten wir nut an Marehipr~paraten sp/~rliche osmium- positive P r o d u ] ~ an einzelnen Stellen vorfinden, die den Gedanken nahelegen, dab der ZerfallsprozeB im peripheren Nerven in diesen F/~llen nur in den letzten Tagen aufgetreten ist. Es ist unerl/~Blich, gerade hier aueh die/s Literatur zu berfieksichtigen, wo wir 1 wichtige Angaben finden fiber ,,seheinbare" Ver/~nderungen an normalen peripheren Nerven.

Hierzu ist bemerkenswert, dab die teohnische Verarbeitung yon peripheren Nerven tiberhaupt groBe Schwierigkeiten aufweist, vor allen Dingen ist die Deu- tung der Befunde im Fettbild schwierig. Bekanntlioh wird das um das Perineurium gelegene Fettlager selbst bei der Gelatinegefriermethoda durch das Mikrotomieren in den Nerven hineingequetscht, so dab dam weniger Geiibten frischer Fettab- bau vorget/~uscht wird.

Wir kSnnen nieht in Abrede stellen, dab bei der funikul/tren Spinal- erkrankung Degenerationen am peripheren Nerven stattfinden, glauben aber, auf Grand unserer Studien mit aller Entschiedenheit betonen zu mfissen, dab diesen peripheren Degenerationen bei weitem nicht die Rolle zukommt, die ihnen in der modernen Literatur zugesehrieben wird. In keinem unserer F~ille ist es uns gelungen, an den Vorderwurzeln sichere Ver/~nderungen zu linden, die man eigentlich, entsprechend den Sehilderungen der anderen Autoren bei Degenerationen am peripheren Nerven erwarten rnfiBte.

Die Degenerationsfiguren innerhalb der Hinterstrdnge reden jedenfalls eine beredte Spraehe yon der Launenhaftigkeit des Prozesses, wie wir sie sonst bei keiner anderen Rfickenmarkserkrankung vorfinden. An Hand unseres Materials kSnnen wir behaupten, daB kein Fall dem anderen vSllig gleieh ist, auch vorausgesetzt, dab man gleiche HShen des Rfickenmarks bei einzelnen F~llen einander gegenfiber steUt. Wit sehen wie bei der Tabes auch bei der funikulEren Spinalerkrankung die Vulnerabilit~t der Hinterstr~nge, miissen es aber als Tatsache hinnehmen, dab der ProzeB sieh vorwiegend bei seiner Ausbreitung an die Gegend des sensiblen Systems lediglich innerhalb des Rfickenmarks h/~lt, ohne die kra-

1 Vgl. Ilagaro im Handbuch der pathologischen Anatomie des Nervensystems, S. 1117.

Zur Histopathologie der funikul/iren Spinalerkrankung. 125

niale Strecke der sensiblen Bahn, also die mediale Schleife mi~ zu befallen. Die obere Grenze des funikulEren Prozesses im Rfiekenmark sind die Hinterstrangkerne. Bemerkenswert erscheint es nns, darauf hinzu- weisen, dab Bilder reiner sekunddrer Degeneration nur knapp unterhalb der Hinterstrangskerne beobachtet werden. An den Kernen selbst sehen wir wohl gelegentlich Zellsubstitutionen, doeh haben diese unseres Er- achtens mit dem eigentlichen funikulEren Prozel3 niehts zu tun. Diese fallen in die Rubrik der Gliasternchen, fiber die wir sparer noch einiges zu sagen haben. Auf die qualitativen Ver~nderungen innerhalb der Hinterstr/mge, besonders auf die hier am h/hffigsten zu sehende Faser- gliose kommen wir im Kapitel der Einzelver~nderungen noeh zu sprechen.

Die Topik des Prozesses innerhalb der Pyramidenseitenstrdinge ist einfacher zu erfassen wie bei den Hinterstr/~ngen. Hier f~llt uns die vor- hin erw/~hnte Tatsaehe, da6 die Degenerationsherde innerhalb eines Areals liegen, das yon den Pyramidenbahnen durchlaufen wird, besonders auf, aber es mul3 beton~ werden, dab die Herde sich auch nicht an das System als solches halten. Die Pyramidenbahn ist immer nur mit- ergriffen bis zum oberen Halsmark oder bis zur Deeussatio hin. Von einer Systemerkrankung kann also auch hier in keiner Weise gesproehen werden, da ja das Neuron bis in die vordere Zentralregion reicht und aul3er- dem meistens nicht der ganze Quersehnitt der Py. S. betroffen ist. Am st/~rksten sind die Pyramidenseitenstri~nge im mittleren Brustmark mit- befallen, w/ihrend sie im Lumbalmark meistens nur geringe Degenera- tionen aufweisen. ]m oberen Brustmark und unteren Halsmark geht die Degeneration, sei sie ein ausgedehntes Lfiekenfeld oder eine alte Sklerose, ohne jede Grenze in das Gebie$ des Kleinhirnseitenstranges fiber. Es ist aber unseres Erachtens nicht etwa so, daft der Prozefl nur in die Klein- hirnseitenstrangbahn hineinreicht, d. h. die Pyramide primdr befallen ist und das Liickenfeld analog einem sich ausbreitenden Fetttropfen auf die Kleinhirnseitenstrangbahn iibergreift. Wenn dies aueh der Fall sein k6nnte, 1/i, Bt sich dies morphologiseh nicht beweisen, denn in der Art des Aehsenzylinder- und Markseheidenzerfalls und des Abbaues ist es nicht m6glieh, einen Unterschied festzustellen. Bei diesen Fragen ist es sehr wesentlieh, sich an die ProzeBstadien zu erinnern. So sehen wir z. B. im Halsmark gelegentlich funikulEre Herde im dorsalen Kleinhirn- seitenstrang der einen Seite, w/~hrend auf der anderen Seite neben einem Herd im dorsalen Kleinhirnseitenstrang sieh ein schwaches Lfickenfeld auch im Pyramidenseitenstrang zeigen kann. Andererseits zeigt wiederum die Abb. 7 ein altes sklerosiertes Feld im dorsalen und zum Teil auch im ventralen Kleinhirnseitenstrang, das sich in dreieekiger Form in das Pyramidenareal hineinerstreckt. Das Studium des Degenerations- prozesses innerhalb der Pyramidenbahn an Stufenserien 1/~6t uns die gleichen Sehwierigkeiten in der Anwendung des Begriffes der sekundEren, absteigenden Degenerationen erkennen. Es were natfirlich sehr bequem,

126 G. Bodechteh

Abb. 10. Fall K. 2161. Pernizi6se Anfimie. S tarke Li ickenfeldbi ldung innerhalb der Decussatio o )Tamidorum.

Abb. 11. Fal l H'. F. A. 135/30. Pcrnizi6se Anhmie. Querschni t t durch die beiden P y r a m i d e n in H6he der Haup to l ive mi t s t a rke r herdfSrmiger Sch~idiglmg auf der einen Seite, ein Befund, den wi t nu t in 2 F/tllen unseres Materials beobachten konnten. 5Ian beachte das s ta rkere

He rvo r t r e t en der GefaBe.

Zur ttistopathologie der funikul~ren Spinalerkrankung. 127

wenn man fiir die Vers innerhalb des Pyramidensyst~ms im Brust- und Lendenmark einen prim~ren Herd innerhalb des Halsmarks verantwortlich machen kSnnte. Aber dieser Herd mii~te im unteren Halsmarkbereich sitzen, denn wie vorher schon erws hSren die Zerfallserscheinungen innerhalb der Pyramidenbahn in den meisten Fs dann auf, wenn sich der Pyramidenseitenstrang im oberen Halsmark der grauen Substanz n/~hert, wobei dann auch gelegentlich noch Herdehen in der Decussatio gefunden werden kSnnen (Abb. 10). Im Brustmark sehen wir sehr hs groBe ausgedehnte Degenerationen innerhalb der Py. S. St., die sich nicht auf sts sekund~r absteigende Degenerationen zuriickfiihren lassen. DaB dagegen sekunds Degenerationen im Pyra- midenbahnabschnitt des Lendenmarks eine Rolle spielen kSnnen, wird nicht bestritten. Hier mu6 auch hervorgehoben werden, da[3 der Proze] innerhalb des Pyramidenbahnareals, kranial yon der Decussatio aufhSrt. Nur in einem Fall fanden wir in einer Pyramide aueh in HShe der Haupt- olive einen grol3en Herd innerhalb der Py.-bahn (Abb. l l) . H/~ufig ist es auch so, daft besonders im oberen Halsmark der Pyramidenseitenstrang nicht in seinen ganzen Querschnitten veriindert ist, sondern hauptsiichlich in den, dem Kleinhirnseitenstrang angrenzenden Biindeln - - etwas nach der Peripherie zu - - , wiihrend die der grauen Substanz zuniichst liegenden Biindel verschont bleiben.

Die Pyramidenvorderstriinge sind gleichfalls hs mitergriffen, d. h. die Degenerationsherde liegen mit in ihrem Areal, ohne sieh scharf an dessen Grenzen zu halten. Sie greifen wohl mehr naeh vorne lateral in die vordere Peripherie auf die andere Markmasse fiber oder der ProzeB setzt sieh mehr in die Tiefe gegen die vordere Commissur hin fort.

In einer gr613eren Anzahl yon F~llen konnten wir besonders im Lumbalmark an den Vorderharnzellen die typischen Bilder der ,,primdren Reizung" antreffen. Die Erkl~rung des Zustandekommens dieses Phs mens st56t auf grol3e Sehwierigkeiten, zumal wir feststellen konnten, dal3 die vorderen Wurzeln immer intakt befunden worden waren. Es ws natiirlich m6glieh, dab es zu einer Schs dieser Wurzeln oder auch zu einer Lgsion der peripheren Nerven gekommen ist, die sieh pathologiseh-anatomisch nicht naehweisen ls Aus einer solehen l~13t sieh dann die ,,prims Reizung" als ,,retrograde Zellvers zwanglos erkl~ren. Man kann aber auch fiir die Ver~nderungen an den Vorderhornzellen, die sog. ,,terti~re oder transneuronale Degeneration" (Monakow) verantwortlieh maehen, denn wie wir gesehen haben, sind ge- legentlieh ja aueh die zum Vorderhorn ziehenden Hinterwurzelfasern ge- schs (vgl. Abb. 18). Au]erdem soll diese Art der transneuronalen De- generation am Vorderhorn aueh bei anderen Seh~digungen der Pyramiden- bahn beobaehtet werden. Gegen diese Auffassung spricht wiederum das vorzugsweise Befallensein der Lumbalmarkvorderhornzellen. Wichtig ist es

178 G. Bodechtel:

in diesem Zusammenhang auf die von Gagel 1 gefundene Tatsache hin- zuweisen, der die ,,prin~re Reizung" an den Vorderhornzellen bei Hinter- wurzeldurchschneidungen beobachten konnte und diese Erscheinung eben- falls mit transneuronaler Degeneration erkl~te. Wir sehen keine Ver- anlassung, das bei uns beobaehtete Phs der ,,prim~,ren Reizung" an den motorischen Vorderhornzellen anders aufzufassen. Es w~re unseres Erachtens falsch diese Ver~nderungen analog zu den Befunden Gagels auf Sch~digung des extramedull~ren hinteren Wurzelanteils zurfiek- zuffihren. Wie wir vorhin gezeigt haben greift der funieul~re ProzeB yon medial naeh lateral fiber. Wir konnten allerdings die prim~re Reizung eigentlich nur bei relativ fortgeschrittenen F~llen beobachten, we also, schon der ProzeB aueh auf die Wurzeleintrittszone fibergegriffen hatte. Gelegentlich waren, abgesehen von der Vermehrung der faserbilden- den Astrocyten, auf die wir im Kapitel ,,Glia" noch besonders zu sprechen kommen, auch typisehe gliSse Substitutionen zu beobachten. Auch Wohlwill hat in einer jfingst erschienenen Arbeit 2 yon einer Gliareaktion in den Vorderh6rnern gesprochen, dabei aber ausdrfieklieh bemerkt, dab er einen Parenchymzerfall nicht nachweisen konnte, der diese Reaktion als Reparation bedingt h~tte. Wie wir in der Abb. 18 zeigen kSnnen, finder ein Parenchymzerfall sowohl an den die graue Substanz durchziehenden Hinterwurzelfasern wie auch an den Ganglienzellen start und wir glauben, daB man derartige Bilder bei genauerer Untersuehung des Materials h~ufiger antrifft, wie allgemein angenommen wird 3. Diese Vers an den Vorderh6rnern waren es wohl, die frfiher insbesondere Rottmann veranlaBten, bei der funikuls Spinalerkrankung von einer pr im~en Sch~digung der grauen Substanz zu sprechen, eine Auffassung, die yon den moisten Autoren mit Recht abgelehnt wird. Aueh in der Clarkesehen Ss konnten wir eindeutige, starke Ver~nderungen linden. Von einer Zellarmut in den Clarkeschen Ss haben iibrigens aueh schon frfihere Autoren beriehtet ( Bastianelli, Siemmerling, Voss, B6declcer, Juliusberger ).

Das Ausbleiben der retrograden Zellver~nderungen in der vorderen Zentralregion bei Unterbrechung der Pyramidenbahn innerhalb des Rfickenmarks ist den Entdeckern dieser Zellerkrankung (Gudden und Nissl) gleiehfalls aufgefallen. Wir konnten in keinem Falle yon funiku- ls Spinalerkrankung in der Zentralregion Vers an den Riesen- zellen, auch nicht im Sinne der prim~,ren Reizung, feststellen. In diesem Zusammenhang muB der h~ufig erhobene Befund ,,retrograder, bzw.

1 Gagel: Z. Neur. 130, 371 (1930). Wohlwill: Dtseh. Z. Nervenhoilk. 117/118 (1931).

3 Weiman~ betont (1921), dab man nach dem friihen Auftreten des Westphal- schen Zeichens (Burr, Nonne, Teie~m~ller) sehlie0en muB, dal3 schon im Initial- stadium des spinalen Prozesses aueh kurze Fasern in der grauen Substanz odor in den Hinterstr~ngen ergriffen sein mi~I]ten. Den Bowels fiir diese seine Theorie glauben wir durch diesen Befund erbracht zu haben.

Zur I-Iistopathologie der funikularen Spinalerkrankung. 129

primt~r gereizter Zellen" bei der Pellagra erwi~hnt werden, zumal wir bei dieser Erkrankung ht~ufig eine typische funikult~re Spinalerkrankung beobachten. Bei der Pellagra kommt die geschilderte Zellerkrankung allerdings aueh in Ftillen vor, die keine funikultiren Vertinderungen aufweisen.

Einige Worte noch zur Kleinhirnseitenstrangscha'digung: ffir sie gilt dasselbe, was wir fiir die Hinterstrtinge und Pyramidenseitenstrtinge gesagt haben. Die Affektion verschont nach unseren Prt~paraten nicht, Tie es behauptet wird, das Gowersche Feld, sondern dieses ist hs wenigstens zum Tell mitbefallen, ebenso der Tractus teeto spinalis. Im fibrigen ist es sehr schwierig, die oft sehr stark ausgedehnten Rand- degenerationen (vgl. Abb. 7) yon eigentlichen sekundtiren aufsteigen- den KleiD_hirnseitenstrangdegene - rationen zu trennen, denn auch hier lassen uns die morphologischen Kriterien bei der Unterscheidung yon primtirer und sekundt~rer De- generation im Stieh. Ebenso Tie im Hinterstrang kurz vor dem Gollschen und Burdachschen Kern sehen wir typisehe sekundtire De- generationen innerhalb der Klein- hirnseitenstr/~nge nur im Bereich A b b . 12. Fa l l M. F. 2k. 1/30. PerniziSse

An~mie . :FSrmlich h e r a u s g e s t a n z t e H e r d e der Medulla oblongata, gelegent- in den l a t e r a l en P a r t i e n , te l ls in der Gegend

des do r sa l en u n d v e n t r a l e n K le inh i rn se i t en - lich auch im Corpus restiforme, s t r a n g s l i e g e n d , bei m e h r d i f fuse r L i e h t u n g

i n n e r h a l b der I t in te r s t r t tnge . ~ b r i g e s siehe Nie haben wir sie in cranial gele- Text. generen Kleinhirnbahnabs chnitten, also z. B. in den Brachia ad cerebellum oder im eigentlichen Kleinhirnmark beobachten k6nnen. Auch wir haberL hin und wieder Bilder angetroffen (Abb. 7), die Tie die Befundc Albrecht daran denken lassen, da6 eine f6rmliche Randdegeneration dcs Rfickenmarks, zuma] in seinem dorsalen Anteile, stattgefunden hat. Eher als an eine Erkrankung der Vasa corona wfirden wir aber analog zu den Ergebnissen der Stovain- versuche Spielmeyer8 an eine Sch/~digung auf dem Liquorwege denken. Wir kommen im Kapitel Pathogenese noch darauf zu sprechen.

Bisber haben wir unser Hauptaugenmerk auf die Ausbreitung des Prozesses in den ,,vulnerablen" Systemen des Rfickenmarks gerichtet und dabei insbesondere auf die Schwierigkeiten in der Unterscheidung der ,,prim~ren" und ,,sekunds Degeneration hingewiesen. Wir fiihrten als Beispiele sowohl Fs an, die ein fortgeschrittenes Proze6- stadium darstellen, Tie auch Fi~lle mit ganz frischen Veri~nderungen, bei denen wir ein relativ junges Stadium des funikuls Prozesses vor uns haben, was wir aus dem Aussehen der Degenerationsherde schlieBen

Z. f. d. g. N e u t . u. P s y c h . 137. 9

] 80 G. Bodechtel:

konnten. Dabei sind uns einige Fs begegnet, bei denen wir einen s ProzeB innerhalb der Hinterstrs sahen, ws innerhalb der Pyramidenseiten-, Vorder- und Kleinhirnseitenstrs nur ganz frisehe lokale, funikul~e Herdchen, bzw. Liiekenfelder zur Beobachtung kamen. Andere Fs indes zeigten sowohl innerhalb der Hinterstri~nge wie inner- halb der Pyramidenseiten-, Vorder- und Kleinhirnseitenstri~nge gleieh alte, frisehe, kleine Lfickenfelder, wie sie von friiheren Autoren schon besehrieben wurden. Auch liegen Mtere Herde gelegentlieh im Kleinhirnseitenstrang, ws frischere Lfickenfelder im Hinterstrang zu sehen sind, was die Abb. 12 zeigt. Auffallend ist aber folgende Tatsar Sehen wit im iibrigen Riiclcenmarksweifl ausschliefllich der Gebiete der Hinterstrdnge, Pyramidenseiten-, Vorder- und Kleinhirnseitenstr~inge kleine frische funi- kuliire Herde, dann sind fast in allen Fiillen iiltere und ausgedehntere Prozesse bis zur v611igen Sklerose im Gebiet der Hinterstriinge und auch der Pyramidenseiten- und Kleinhirnseitenstrdn4le zu sehen. Man hat also den Eindruclr daft nach dem Prozeflalter zuerst die Gegend der gro[3en Systeme befallen wird und dann erst funikuldre Herdchen im iibrigen Riiclcenmarksweifl aufschieflen.

Die Quali~t des Prozesses.

Jede Gewebsart hat auch in der historisehen Entwicklung unserer Ansehauungen ihre eigene S~ufenleiter. Bald interessierte je nach der herrsehenden Str5mung mehr das Parenchym bald mehr die Glia bzw. deren einzelne Elemente. Die histologischen Befunde wurden immer eingehender und detailliert~r, weil versucht wurde, jede einzelne Erschei- nung als spezifisch zu deuten, um markante morphologische Kriterien der einzelnen Krankheitsbilder besonders herauszuheben. Wie hat man sich aber dabei in manchem unbewuBt v o n d e r eigentlichen Patho- genese entfernt ! Wie schwer wurde es ffir den mehr klinisch als morpho- logisch eingestelRen Leser zu folgen ! Eine Unmenge yon neuen Namen wurde geprs die keineswegs dazu beigetragen haben, das Versti~ndnis vertiefen zu helfen; ja, die meisten hielten einer rein formalen Kritik nieht stand. Wenn wir im folgenden den Einzelveri~nderungen ein be- sonderes Kapitel widmen, so gesehieht es haupts~chlich um zu zeigen, dal~ es spezifische Reaktionen am Einzelelement aueh bei der funikuls Spinalerkrankung nieht gil~t. Es ist gerade in der jetzigen Zeit mit der besonders hoehentwickeltcn Gliazellforsehung (Silbermethoden nach Hortega usw.) nieht unberechtigt/l~berwertungen der Ver~nderungen an den einzelnen Gewebselementen kritisch gegeniiberzustehen, was den Wert der jeweiligen Fs allerdings in keiner Weise einsehrs soll. Es w~ixe unrecht, den groBen Wert der spezifischen F~trbemethoden damit abtun zu wollen, dab die Vers des Einzelelementes bei der Beurteilung des pathologisehen Brides nicht den einzigen Ausschlag

Zur Histopathologie der funikul~ren Spinalerkrankung. 131

geben k6nnen, aber man sollte sieh nur daran erinnern, wie sehr ver- wirrend die iibereilte Einschs der Leistung der einzelnen Methoden wirkte. Ist es doch noch heute so, dab bei der Neueinfiihrung irgend- einer spezifischen F/i, rbung die jeweils damit Arbeitenden immer wieder in die Versuehung fallen, die geltenden pathologisch-anatomischen Vor- stellungen fiber ein/~tiologisch noch unklares Krankheitsbild mit einem Schlage vers zu wollen, um etwas ,,Spezifisches" herauszustellen. Es sei nur in diesem Zusammenhang an das eine Beispiel erinnert, dab anls der Einfiihrung der Hortegamethode manch weniger geschulte Histopathologe glaubte, ein spezifisches anatomisehes Substrat etwa der Dementia praecox mit Hilfe dieser Methode gefunden zu haben.

Im folgenden werden wir aus dem vorhin erwithnten Grunde die Einzelvers bei der funikuls Spinalerkrankung kurz streifen, wozu wir uns um so mehr bereehtigt ffihlen, well unser Material weitgehendst f~rberiseh-analytisch naeh allen Richtungen untersuch~ wurde.

Markscheideu und Achsenzylinder.

Spielmeyer spricht in seiner Histopathologie des Zentralnervensystems (S. 111) mit Recht yon der Monotonie der morphologischen Eigentiim- lichkeiten der Nervenfaser und sagt:

,,Es ist nieht verwunderlich, dab im Gegensatz zu der Fiille histo- pathologischer Befunde an den Ganglienzellen yon der Pathologie der Nervenfaser nur wenig zu beriehten ist, wenigstens wenn man bei einer solchen Schilderung davon absteht, die gesamten Vorgi~nge der Degenera- tion mit zu besprechen, wie das freilich gewShnlich geschieht. Bei letz- terem handelt es sieh aber um ein komplexes histologisches Gewebsbild, an welehem - - um nur eines hervorzuheben - - die Glia im zentralen Nervensystem und die Schwannschen Zellen im peripheren Nerven hervorragend beteiligt sind." Wenn wir mit diesem Fundament an die funikul~tre Spinalerkrankung herangehen, so kommen wir zu der Ansieht, daB die Einzelveritnderungen ebenfalls bei unserem ProzeB keinesfalls charakteristisch und pathognomisch sind, sondern dal3 sich die Zerfalls- erseheinungen und die damit verbundenen Abbauerscheinungen ebenso verhalten wie bei allen mSglichen anderen Erkrankungen des Riicken- marks.

An den Marlcscheiden werden wir folgende Vers antreffen: die Auftreibung der Myelinhiille, die bekannten Markballenbildungen, ein mehr oder minder starkes Auftreten der viel umstrittenen Elzholz- schen KSrperchen und den schlie61ichen Abbau der Myelinsubstanzen mit den entsprechenden Stadien im Marehi- und Fettbild. Die gerade beim Zerfall und Abbau der Markhiille vorkommenden Einzelver~nde- rungen, wie das Auftreten der Myeloklasten werden hierbei ebenso gesetzmfi, Big ablaufen, wie sie bei anderen Erkrankungen insbesondere

9*

132 G. Bodechtel:

Jakob und Spatz eingehend geschildert haben und es ist deshalb nicht n6tig, auf diesen charakteristischen Proze6 n~her einzugehen. Ebenso monoton wie die Strukturver~nderungen an den Markscheiden werden bei unserem ProzeB die Ver~nderungen an den Achsenzylindern sich ver- halten, und zwar werden wir hier Auftreibungen, Verdickungen, Quel- lungen, Auffaserung, Vakuolisierung, abnorme Impr~ignation und Fs mit schlie61ichem Zerfall unter Fragmentierung bis zur vSlligen Auf- 15sung sehen. Bei der funikuls Spinalerkrankung wurde den einzelnen Vergnderungen am Achsenzylinders von anderen Forschern, insbesondere yon Shimazono, analog den exogenen Vergiftungen gerade bei der perniziSsen An/~mie eine wesentliche pathognomische Rolle zugeschrieben und die dabei an und ftir sich auch schon damals wohlbekannten Vers am Achsenzylinder in das neue Wort ,,neurolytische Schwellung" gekleidet. Schon in den ~lteren Ausfiihrungen yon Schmaus linden wir Angaben yon Achsenzylinderschwellung z. B. auch bei Riicken- markstraumen und es ist unseres Erachtens in gar keiner Weise be- rechtigt, die wohlbekannten Bilder der Achsenzylinderveranderungen mit der ganz neuen Benennung ,,neurolytische Schwellung" als etwas Besonderes darstellen zu wollen. Die alterativen Prozesse am Achsen- zylinder kSnnen eben zwangsliiufig nicht anders verlaufen und wit finden sie bei allen Erkrankungen verschiedenster ~4"tiologie immer wieder. Auch die besonders beschriebenen Bilder von Endauftreibungen, sog. Retrak- tionskugeln (Ramony Cajal), sind keinesfalls pathognomisch fiir die funikuliire Spinalerkrankung. Ob es sich bei diesen Endauftreibungen um eigentliche Regenerationserscheinungen handelt, ist noch nicht ge- kl~rt. Jedenfalls sind sie fiir das Zustandekommen von Remissionen ebensowenig wie bei der multiplen Sklerose von Bedeutung.

Es liegt auf der Hand, daft die Monotonie dieser Ver~inderungen keinerlei Riickschliisse auf die Pathogenese erlaubt. Auch die viel umstrittene Frage, was prim~ir erkrankt, ob Markscheide oder Achsenzylinder, liiflt sich bei unserem Prozefl unseres Erachtens in Iceiner Weise entscheiden. Setzen wir einmal den Fall, wir h~tten einen funikul/~ren Herd vor uns, mit typischem Markscheiden- und Achsenzylinderzerfall und f~nden au]erhalb dieses Herdes eine isolierte Achsenzylinderquellung bzw. Auftreibung im Sinne einer ,,prim/i, ren neurolytischen" Schwellung, so sind wir keineswegs berechtigt, wenn wir die Summe der Vers bei unserem Proze6 beriicksichtigen etwa zu behaupten, da~ um diesen ver/inderten Achsen- zylinder herum ein Liickenfeld entstehen wiirde. Wir wissen insbe- sondere durch die Arbeiten Alzheimers, da6 bei lang dauernder Agone Vers am Achsenzylinder im oben erws Sinne auftreten kSnnen. Wie bei der perniziSsen Ans das iibrige Zentralnervensystem, abgesehen vom funikuls Proze~, geschs wird, werden wir im Kapitel ,,GroBhirnvers auseinandersetzen. Warum sollen dabei auch nicht ScMidigungen von Achsenzylindern vorkommen, die an und

Zar Histopathologie der funikul/~ren Spinalerkrankung. 138

fiir sich keinesfalls etwas Spezifisches darstellen, ohne daft derartige Befunde mit dem funikuliiren Prozefl etwas zu tun haben. Es erscheint uns deshalb gewagt, aus solchen Befunden die Tatsache der primiiren Schddigung konstruieren zu wollen.

Glia.

Wenn wir yon den modernen Forschungen fiber die Glia ausgehen und uns an die Grundformen Makroglia (Astrocyten) und Mikroglia (Hortegazellen und Oligodendroglia) erinnern, so kSnnen wir hinsichtlich der Restitution und des Abbauprozesses zwei grunds/itzlich verschiedene Erscheinungen beobachten: die Makroglia wird im wesentlichen sub- stituierend im Sinne yon Narbenbildung (Sklerose) wirken, w/~hrend die Mikroglia als das mobile Gliaelement den Abbau iibernehmen wird. Hier ist es nun keinesfalls so, da6 sich diese beiden Prozesse zeitlich trennen lassen, sondern Substitution nnd Abbau kommen nebeneinander vor. Kurz geschildert, werden sich die Prozesse an der G]ia folgender- mal~en abspielen: Durch den Zerfall der Markscheiden und Nerfenfasern und mit dem Auftreten der dabei zustande kommenden Abbauprodukten (Marchi- und Scharlachrotstadium), wird es an den Mikrogliaelementen, soweit sie nicht schon in Form yon Myeloklasten beim Abbauproze6 in Erseheinung treten, zu einer vor allem im Nisslbild zu sehenden st/irkeren F/ixbung des Kernes und Vergr56erung des Zelleibes kommen. Die Hortegalelemente fangen an Fet t zu speichern sich allm/~hlich abzurunden und werden zu typisehen Fettk6rnchenzellen, die sehlie$1ich in gr56eren Massen auftreten. Diese wandern dann allm/~hlich zu den Gef/i6en hin ab und bilden dichte, perivasculiire Fettk6rnchenmi~ntel. SchlieBlich werden wir aueh den Abtransport der Lipoidsubstanzen bis in die Meningen hinein verfolgen k6nnen. Die Beobachtung des Fett- abbaues erm6glieht es uns, das zeitliehe Stadium eines funikul/~ren Prozesses wenigstens ann/i, hernd zu erkennen. Neben diesem gliSsenAbbau wird das Auftreten yon mesodermalen Fettk5rnehenzellen aueh eine Rolle spielen, denn das massenhafte Vorkommen yon Abbauprodukten wird seinerseits wiederum auf die umliegenden Gef/~6e einwirken und zu reaktiven Ver/inderungen mit Absto6ung yon FettkSrnchenzellen fiihren. Morphologisch ist es uns in solchen Stadien nicht mSglich, die mesen- ehymale oder gliSse Herkunft der Fettk5rnchenzellen zu entscheiden.

An der Makroglia gehen inzwischen Ver/i, nderungen vor, die charakte- risiert sind dureh Proliferation der Astroeyten (Vergr56erung des Zellleibes, st/~rkere Anf/irbung der Forts/~tze). Sehlie61ieh verwan- deln sich diese proliferierten AstroeyCen in eigentliehe gem/istete Glia- zellen, die ihrerseits sich wieder nach 2 Richtungen ver/~ndern, ngmlich einmal in am6boide Gliazellen unter Anftreten yon FiillkSrperchen - - die uns besonders bei der Anwendung der Alzheimer-Mannschen F/irbung

134 G. Bodechtel:

b Abb. ~3 a - - b . Fal l G. F . A . 255/28. Ke ine perniziSse An/imie. Abb. 13 a ze igt das Mark- scheidenbi ld , wobei innerha lb der Gollsehen Str/~nge eine s t a r k e Sklerose zu sehen is t . Die Abb. 13 b ze ig t das t to lze rb i ld aus derselben H6he m i t n u t ganz ge r inge r Faserg l iose u m das S e p t u m pos te r ius he rum, bei s t a r k e r e m V o r k o m m e n yon fase rb i ldenden A s t r o c y t e n

innerha lb tier g r a u e n Subs tanz . ~ b r i g e s siehe Tex t .

Zur Histopathologie der funikul/~ren Spinalerkrankung. 185

auffallen - - und zweitens in eigentliehe, faserbildende Astrocyten, die wir allerdings als solche nur mit Hilfe yon Gliafaserprgparaten nach Weigert oder Holzer erkennen. Auch die Makroglia wird sich am Abbau mit beteiligen, was insbesondere auch Spielmeyer betonte (Histopathologie S. 321). Ob man den Abbau der Nervensubstanz, lediglich nach f~rberi- sehen Gesiehtspunkten benrteilt, sieh nieht zu einfach vorstellt, bleibt dahingestellt. Wir spreehen im Brustton der ~berzeugung von ,,Abbau", obwohl uns f~rberiseh bis heute eigentlieh nur das Fett- und Eisenbild in dieser Riehtung Sehliisse zu ziehen erlaubt. Aber sehlieglieh gibg es ja im Nervensystem noeh mehr ,,Stoffe". Es ist deshalb alles, was bis heute ,,Abbau" heil3t, nur kin kleiner beseheidener Aussehnitt aus dem grogen pathophysiologisehen Geschehen, das beim Gewebszerfall start hat.

Bei nS~herem Eingehen auf die Verhfi~ltnisse der Faserglia kSnnen wit nicht umhin, einiges yon der Methodik der F/~rbung anzufiihren. Naeh unseren Erfahrungen ist die Beurteilung der Holzerbilder nicht ganz einfaeh. Wir sehen, was natfirlich sehon lange bekannt ist, dag sich bei dieser Methode gelegentlieh nieht nur Gliafasern darstellen, sondern dag aueh ebenso die Aehsenzylinder, ganz abgesehen yon den Bin@- gewebsfasern, angefs werden. Es zeigte sieh bei der funikul/~ren Spinalerkrankung bei der Gegeniiberstellung yon Markseheiden- und Holzerbildern eine h~ufige, eigenartige Diskrepanz gerade aueh an Fs wo wir entsprechend dem Markseheidenbild in einem alten ,,sklerosierten" Herd keine eigentliche Fasergliose linden konnten. Wir glaubten in der Annahme recht zu haben, dab ein ,,Faserfilz" in solehen Herden wohl vorhanden wS, re, sich aber mit der Holzer- oderWeigertf~rbung nicht darstellen ls Wir waren abet bei solehen Pr~paraten iiberrascht, wie gut sich faserbildende Astrocyten, monstrSse Faserbilder und auch eigentliche Gliafasern im gleichen Sehnitt insbesondere in der grauen Substanz fs So sehen wir an den Bildern (Abb. 13 a, b) ein altes sklerosiertes Feld mit vollzogenem Abbau (Fettk6rnchenzellen liegen gr6gtenteils perivascul~r) im Gollschen Strang um das Septum posterius herum, ws wir im Holzerbild desselben Schnittes kaum Abwei- ehungen yon der Norm fanden. Derartige Bilder konnten wir h~ufig antreffen. Bei einem anderen Fall, wo wir ebenfalls eine iiberaus starke ,,Sklerose" im Goll und Burdaeh feststellen konnten (Abb. 14a, b), gelingt es mit der Holzerf~rbung wohl eine Gliose um das Septum posterius und in den ansehlie6enden Teilen des Gollsehen Faszikels darzustellen, die sieh aber in keiner Weise mit der ,,Sklerose" im Markseheidenbild deekt, sondern an Ausdehnung weir hinter dieser zuriiekbleibt. Ganz andere Verh/~ltnisse zeigt uns dagegen ein anderer Fall (Abb. 15), wo die Gliose den Markscheidenausfall im Ausmage bedeutend iiberschreitet, sieh um die ganze graue Substanz herum ausdehnt. In der letzteren lassen sich massenhaft faserbildende Elemente naehweisen. Das Mark-

136 G. Bodechtel:

b

Abb . 14 a - - b . Pa l l F . F . ~k. ~29/28. Perniz iSse A u a m i e . a l~Iarkseheidenbi ld aus dem m i t t l e r e n C e r v i e a l m a r k m i t s t ~ r k , , s k l e r o t i s e h e m " Fe lde i n n e r h a l b der Hin te r s~r~nge , der Kle inh i rnse i t en - u n 4 P y r a m i 4 e n s e i t e n s t r ~ n g e u n d in e inem Vorde r s~ rang n a e h v o r n e l a t e r a l i ibergre i fend. D a s e n t s p r e e h e n 4 e Ho lze rb i l 4 b aUS e i n e m t i e fe ren S e g m e n t im H a l s - m a r k zeig~ ledlgl ieh eine Fase rg l iose i n n e r h a l b t ier Goltsehen S~r~nge u n 4 in e ine r l a t e r a l e n R a n d z o n e i m Gebie te eines do r sa l en Kle inh i rnse i t ens t r&nges , w/~hrend wi r n a e h 4 e m

lV[arkschei4enbil4 4och e igen t l i ch eine viel s t a r k e r e Fase rg l iose e r w a r t e n d t i r f ten .

Zur I4istopat,hologie der funikulgren Spinalerkrankung. 137

scheidenbild zeig~ dabei geringere Markscheidenausf~lle und bei Nicht- berficksichtigung des Gesamtbildes kSnnten die gezeigten Bilder zu ganz

b Abb. 15 a - - b . Fal l R. F . A . 293/29. Per~tizi6se Anitmie. a Marksehe idenb i ld aus dem L e n d e n m a r k m i t s t a rke r L i e h t u n g inrierhalb der H in te r s t r i t nge und der P)~ 'amidense i ten- s t range . W i r s ind i iber rascht , wenn w i t das Holzerb ih l alls derselben H6he b be t r ach ten , das uns eine enorme Fasergl iose innerh~ll) des g a n z e n H i n t e r s t r a n g s a r e a l s ze ig t 11/14 eine s t a r k e Gliose u m die ganze g raue S u b s t a a z he rum m i t zahl re ichen f a se rb ih lenden A s t r o c y t e n

innerhalb der g rauen Subs tanz . ~ b r i g e s siehe Tex t .

falschen Vorstellungen und ganz verschiedenen Diagnosen fiihren. Derartige Bilder konnten wir bei bestimmten F/~llen hs beobachten 1.

~-Der--S~z, ,,die reaktive Betoiligung der Glia bei der funikul~ren Spinaler- krankung ist gering (Henneberg, Weimann)" hat also nur scheinbare Berechtigung. Auch ist die Faserbildung schlieBlich nicht allein der Ausdruck der Gliareaktion.

188 G. Bodechtel:

Diese Beobachtungen decken sich mit Befunden, die Holzer jiingst 1 mitgeteilt hat. Wir fanden ns in einem Teil unserer Falle eine gleich- ms Darstellung der faserigen Gliastrukturen nicht nur in den Hinter- strs - - dort allerdings am stiirksten - - sondern auch um die ganze graue Substanz herum. Die im Holzerbild angef~rbten faserigen Ziige sind bei starker VergrSl3erung durch einzelne K5rnchen wiedergegeben. Inter- essant ist es, dal3 dies auch an Stellen vorkommt, wo yon irgendeinem Markscheidenausfall keine Rede sein kann, so besonders, wo die graue

Abb. 16. Fall N. F. A. 342/29. Pernizi6sc Anfimie. Enorme Anf~irbung der gli6sen S t ruk tu ren innerha lb der g rauen Subs tanz . Es hande l t sich lwa einen r e l a t iv fr ischen funikulttren Prozel] m l t s t a rke r Li icke~feldbi ldung innerha lb tier Hin te r - und Se i tens t rangkomplexe .

(Holzerbi ld . )

und weil3e Substanz zusammenstol3en. Auch bei einem Fall von per- niziSser Ans ohne eigentliche funikul~re Spinalerkrankung konnten wir dies beobachten, aber es ist wohl kaum berechtigt, daraus etwa gleich zu folgern, dab die Glia primdr veriindert ware. Vielleicht wird aber in Zukunft durch die Anwendung der analytischen Methoden, insbesondere der Gliafaserf~rbung, noch mehr Licht in das bunte Bild der funikul~ren Spinalerkrankung gebracht werden kSnnen. Wenn es sich in der Tat bei der Darstellung dieses Faser/ilze8 um zusammengereihte F~llkSrperchen handelt, wie Holzer annimmt, so beweist dies uns andererseits, wie rasch und intensiv die gliSsen Strukturen zerfallen. Dies ist auch ein Grund,

- 1 Holzer: Z. Neut. 129, 1. u. 2. Heft.

Zur Histopathologie der funikul~ren Spinalerkrankung. 139

warum sie sich insbesondere in den sklerotischen Herden nicht so darstellen lassen, wie man es nach dem Markscheidenbild erwartet. Diese Tatsache bildet also nur einen scheinbaren Gegensatz zu dem Weigertschen Grund- satz, dab die Faserglia den Ersatz ffir zugrundegegangenes Parenchym darstellt. Eine gewisse differentialdiagnostische Bedeutung diirfte diesen gli6sen Strukturen ktinftig zukommen. Es ist fibrigens derartiges am Rfickenmark aueh bei anderen Krankl~eitsprozessen (diffuse Sklerose usw.) bekannt 1

In der grauen Substanz linden wir sehr h/~ufig eine Vermehrung von faserbildenden Astrocyten (Abb. 16), die wir nicht nur allein auf das Zugrundegehen yon zu den Vorderhornzellen ziehenden Hinterwurzel- fasern zurfickfiihren kSnnen, sondern als Ausdruek einer allgemeinen funktionellen Bereitschaft bzw. Gereiztheit auch der faserbildenden Astroeyten deuten, wie wir sic auch sps im Gro6hirn besprechenwerden. Die eigenartige Diskrepanz zwischen Markseheiden- und Gliabildern erkl~rt sieh teilweise unter Hinzuziehung der Fettbilder. In Feldern, in denen wit stfirmisehen Fettabbau sehen, wird anscheinend die Bildung yon Gliafasern durch die Abbauprodukte gebremst. Dies erkls die mangelnde Faserbildung in frischeren Liickenfeldern und markscheiden- entblS]ten Stellen. Es mag auch sein, dal3 in s Stadien eine mehr oder weniger starke Anhiiufung yon FettkSrnehenzellen um die Gefs insbesondere in der N~the yon Septen, das Aufschie6en von Gliafasern behindert. Die Gliafaserbildung setzt ja am sti~rksten ein in der Umgebung yon Gefs und gef/~6ftihrenden Bindegewebsziigen bzw. Septen und yon der an und ftir sich gliafaserreiehen grauen Substanz her. Diese Tatsaehe, dal] innerhalb der Hin~erstrs insbesondere im ventralen Felde unabhiingig yon einem sts Markseheidenausfall sich yon der grauen Substanz her eine starke Fasergliose entwickelt, demonstriert in eindeutiger Weise die Abb. 17. Hier sehen wir einen starken Faserfilz, der sich in die naeh dem Markscheidenbild gut erhaltenen Areale hinein entwickelt hat. Wir konnten dies sehr h~ufig beobaehten.

In den F~tl|en also, in denen wit mit Holzerfs keine oder nur unwesentliehe Gliafaserbildung naehweisen kSnnen, dfirfen wir annehmen, dab sieh infolge des noeh bestehenden subakuten Abbaues keine Faser- glia an der oben beschriebenen Pri~dilektionsstellen bilden kann. Es ist ja bei der funikuli~ren Spinalerkrankung keineswegs so, dab der Abbau mit allen seinen Kriterien rasch abls und dann Ruhe eintri~t, wie es beim Trauma, bei vielen akuten Entziindungen usw. der Fall ist. ])as Auftreten und die Menge von Fet t ist oft scheinbar gar nicht an die Art des Prozesses gebunden. Wir sehen oft fiberraschend viel Fet t an ~lteren, dann wieder fiberraschend wenig Fet t in frischeren Herden.

1 Vergleiche: Bodeehtel-Guttmann, Sklerosierendo Entziindung des Hemisph~ren. markes. Z. Nour. 133, 601 (1931).

] 4 0 G. B o d e c h t e l :

b Abb . 17 a - - b . Fa l l A. F . A . 241/31. K e i n e perniziGse AntLmie. a M a r k s c h o i d e n b i l d , De~ail- a u s s c b n i t t o aus dem H i n t e r s t r a n g des L e n d e n m a r k s . M a n b e a c h t e die s t a r k e r y o n 1VIark- sche iden entbI( i~ten Ste l len t n n e r h a l b des Gollschen S t r a n g e s , wo wi r bei b (Holze rb i ld alls der g le ichen HGhe) keiner le i Fase rg l iose b e o b a c h t e n , w a h r e n d insbesondere das v e n t r a l e H i n t e r s t r a n g s f e l d , alas i ra M a r k s c h e i d e n b i l d n u t ge r inge herdfGrmige L i c h t u n g e n au fwe i s t , e ine s t a r k e Faserg l iose zeigt , die s ich a n s c h e i n e n d y o n der g r a u e n S u b s t a n z

her en twicke l t .

Zur Histopathologie der funikul~ren Spinalerkrankung. 141

Wir dfirfen schon jetzt sagen, da6 wir hierin einen Anhaltspunkt er- blicken, dab ein pathologisches Agens dauernd einwirkt, da~ der ProzeI~ nicht katastrophenhaft beginnt und schnell zum Abschlusse kommt, sondern tiberaus schleichend, mit mehr oder weniger gleicher Intensit~t verlg, uft. Es kann sich bei den Vergnderungen an der Faserglia nicht lediglich um reine Substitutionen handeln. Wir glauben aus dieser Unabhdngig/ceit yon Mar/cscheidenzerfall und Gliafazervermehrung schlie/3en zu diirfen, daft die Gliafaserbildung nicht lediglich Substitution bedeutet, son- dern der Ausdruclc eines auf die gligse Substanz dauernd einwirkenden Reizes ist. Im fibrigen konnten wit auch an den FAllen yon funikuli~rer Spinal- erIcrankung die allgemein bekannte Tatsache feststellen, da6 die Faser- gliose, wenn es zu ciner solchen kommt, in erster Linie in den Hinter- stri~ngen zu beobachten ist, was die Bedeutung des lokalen Faktors Spielmeyers unterstreicht. Der immer wieder gebrauchte Hinweis, das Alter eines Prozesses lediglich nach der bestehenden Fasergliose zu be- urteilen, d. h. also die Fasergliose als ein Produkt aufznfassen, das zu seiner Entstehung ls Zeit braucht, ist nach neueren Forschungen auch nicht mehr stichhaltig. So konnte Springlowa bei dem frischen leukocyt~ren Stadium der Poliomyelitis anterior schon Stellen zeigen, woes zu ausgesprochener Faserbildung gekommen war. Auch wir richten uns in der Altersbestimmung des Prozesses keinesfalls nar nach der zu beobachtenden Fasergliose, denn wir konnten in ganz frischen Fgllen besonders auch in der grauen Substanz eine solche beobachten.

Fiir das Bestehen einer sekund~ren Degeneration bei der funikul~ren Spinalerkrankung ist weder die isomorphe, noch die anisomorphe An- ordnung der Glia beweisend. Eine eigentliche Isomorphie der Faser- gliose konnten wir bei keinem uaserer F~tlle, selbst nicht an Stellen beobachten, wo der Gedanke an eine sekund~tre Degeneration naheliegt.

Die Beteiligung des Mesoderms.

Es liegt uns ferne, in den gro6en Streit, der um den Entziindungs- begriff noch heute tobt, mit einzutreten. Wir verweisen hier auf die jiingst dargeleg~n Anschauungen yon Spatz im Handbuch der Psychiatrie (Bumke). Aber es ist interessant, dal~ bei rein degenerativen Vorg~ngen, wie bei der funikul~ren Spinalerkrankung immer wieder F~lle vorkommen, die durch die Anwesenheit yon dicken, perivascul~ren Infiltratm~nteln an eine Entzfindung ira Sinne der eigentlichen ,,Myelitis" denken lassen. Wie in der Einleitung schon erw~thnt, wurde auch der Begriff ,,Myelitis" (s. Henneberg im Handbuch yon Lewandowsky) auf die funikul~re Spinal- erkrankung angewendet. Es ist im Zentralnervensystem schlechthin nicht berechtigt, bei einem Zel~fallsproze6 aus der Anwesenheit yon Exusdat- zellen, seien es Leuko-, Lymphocyten oder Plasmazellen, auf eine eigent- liche ,,Iris" zu schlie6en, was insbesondere Spielmeyer in seinen Studien

142 G. Bodechtel:

zur Entziindungsfrage dargelegt hat. Im Zentralnervensystem haben wir im Gegenteil bei allen Formen stark einsetzenden Gewebszerfalls fast immer mit einer Exsudation yon Leuko-, Lymphocyten und Plasma- ze]len zu rechnen, ein Zustand, fiir den Spielmeyer den besonderen Begriff der ,,symptomatischen" Entziindung gepri~gt hat. Es sei in diesem Zusammenhange nur auf die Befunde bei vaskul~ren Schs gungen hingewiesen, insbesondcre bei frischen Erweiehungen, w o e s hi~ufig zur starken Exsudation yon Leukoeyten kommt, so dab der wenig Geschulte verfiihrt ist, an bakteriell-embolische Einsehmelzung zu denken. Bei dem massenhaften Angebot yon Abbaustoffen bei der funikul~ren Spinalerkrankung soll es uns nicht wundern, wenn wir hi~ufig peri- vascul~re Infiltrate beobachten, fiir die der Begriff der symptomatischen Entziindung Spielmeyers vollste Berechtigung besitzt. Gegeniiber den ,,echten" Entziindungen (Poliomyelitis, Masernmyelitis, postvaccinale Encephalomyelitis) ist besonders zu betonen, dab Infiltratzellen bei der funikuliiren Spinalerkrankung fast nur perivascul~r, nicht im Gewebe selbst verstreut gefunden werden.

Es ist auf der anderen Seite aber auch in keiner Weise berechtigt, so wie es yon einzelnen Autoren geschehen ist, diesen lymphoeyt/ixen Infiltraten eine besondere Rolle zuzusprechen und sie etwa in Zusammen- hang zu bringen mit zeitlichen VerhMtnissen im ProzeBverlauf. Eine jiingst ersehienene Arbeit yon Wohlwill I nimmt Stellung 'zu diesem Problem. Er schreibt den Infiltraten ebenfalls eine symptomatische Bedeutung im Sinne Spielmeyers zu und sieht keine Veranlassung, die F~lle ohne Infiltration als ,,Myelosen" yon den Fallen mit mehr oder weniger starken Infiltrationen als ,,Myelitiden" zu trennen. Nach seiner Meinung ist der von Spielmeyer in Vorschlag gebrachte Ausdruek ,,funikul~e Spinalerkrankung" der geeignetste. Wenn wir rein zahlen- mgl3ig an unserem Material das Verh~ltnis der Fs mit kaum nennenswerten, zu den mit starken Infiltraten darstellen wollten, so erscheint uns dies nach unserer Erfahrung nieht durehfiihrbar. Wir konnten z. B. in manchen Fi~llen an den meisten Rfickenmarksschnitten nur ganz geringe lymphoeyti~re Infiltrate finden, withrend wir ganz plStzlich in dem einen oder anderen Sehnitt auf dicke Infiltratmiintel stieBen. Es ist umg~nglich notwendig, sich mit der Vorstellung vertraut zu machen, wieviel man selbst bei ,,genauer" Untersuchung - - d. h. also bei 6 - - 8 B]6cken - - vom Riickenmark an Masse zu sehen bekommt im Vergleich zur Gesamtmasse des Riickenmarks. Wir sehen schliel31ich immer nur ,,in" Schnit~en und im Verhs zur Ls des Riickenmarks zeigt uns solch ein Sehnitt einen ganz minimalen Ausschnitt eines Pro- zesses. Wir fanden bei unserem Material nieht einen Fall, wo wir iiber- haupt keine Lymphoeyten an Gefs innerhalb der Degenerations-

z Wohlwill: Dtsoh. Z. Nervenheilk. 117/119 (1931).

Zur Histopathologie der funikul/~ren Spinalerkrankung. 143

bezirke finden konnten. Es sind also rein quantitative Unterschiede, die nicht zuletzt teilweise abh/~ngig sind von gewissen konstitutionellen Eigentiimliehkeiten des Gehirntrkgers, die unseres Erachtens gerade aueh hinsich~lich der G]iaverh~,ltnisse yon Bedeutung sind. Im Zu- sammenarbeiten der Stiitzelemente des Zentralnervensystems (Glia und Mesoderm) spreehen auch die Befunde bei der funikul/~ren Spinalerkran- kung eine deutliehe Spraehe fiir das Wesen einer unspezifisehen Reaktion.

Es verwunder~ uns nieht, wenn man, wie bei den meisten Erkran- ktmgen des Zentralnervensystems, deren .~tiologie noeh unklar ist, den Gef/~6vers im prim/kren Herd eine besondere Rolle zu- schrieb und sie prim/~r verantwortlich machte fiir den funikul~tren Proze6 iiberhaupt. Neben den ,,entz/indliehen" Ver/~nderungen im Sinne der Gefs waren es insbesondere die sog. ,,vaseul/~ren Sklerosen", die die fr~heren Autoren in den Mittelpunkt der Pathogenese stellten, also die schlechthin sog. ,,Hyalirdsierung" der Gef~,Bwand, die wiederum bei jeder Erkrankung im Zentralnervensystem eine wesentliche patho- genetisehe Rolle spielen sollte, wobei man die anderen Bilder der Gewebs- alteration zum groBen Teil vernachl/~ssigte. Wir erinnern hier nur an die Pellagra, bei der viele Autoren besonderen Wert auf diese Gef/~Bver- /ia~derungen legten, eine Auffassung, gegen die sieh insbesondere Pent- schew mit vollem Recht gewehrt~ hat. Hyaline Gefs gibt es eben bei der funikul/~ren Spinalerkr~nkung ebenso h~,ufig wie bei den anderen Erkrankungen des Zentralnervensystems, aber sie haben keineswegs prim/ix mit dem funikul/~ren Proze] etwas zu tun. Es darf auch nicht verwundern, wenn man sie getegentlich auch in einem funikul/~ren Herd findet. Angesichts der ausgedehnten Vaseularisation des Zentralnervensystems, ist es ebenso selbstverst/~ndlieh, dab man h/mfig inmitten eines Liickenfeldes oder eines funikul~en Herdes Gef/i,l]e antrifft, die reaktive Wandver/inderungen zeigen. Bei dem starken An- gebot an Abbaumaterial werden die in den Herden liegenden Gef~,Be gleichfalls reagieren miissen, was sich im histologischen Bild in einer Verdickung der Gefs hervorgerufen durch die Vermehrung der Gefs /~uBert. Ebenso wie bei jeder eehten Erweichung, wo die AbstoBung yon mesodermalen FettkSrnchenzellen eine wesent- liche Rolle spielt, wird sich beim Auftreten eines Liiekenfeldes zwangs- ls der Gef/~l]apparat am Abbau mitbeteiligen. Es w/~re deshalb unseres Eraehtens falseh, die dureh den Gewebsausfall besonders in die Augen springenden Gef/~Be, nur weft sie auffallen, fiir des Zustande- kommen yon Herden verantwortlich zu maehen 1

1 Schon Burr lehnt aus ii, hnliehen Griinden die vascul/~re Genese ab, ebenso Schmaus und Henneberg. Der letztgenannte Autor besehrieb auch einmal einen Fall von funikul/~rer Spinalerkrankung mit sehr sehweren Gef/~llver/tnderungen und r/~umte diesen in diesem kongreten Fall eine wesentliehe pathologisehe Rolle ein. Unseres Eraehtens handelte es sieh aber aueh dabei nur um ein rein zufi~lliges Zusammentreffen.

144 G. Bodechtel:

Nut noch ein Wort zur ,,Erkrankung des sog. Lymphgef~f~apparates", dessen Existenz ffir das Nervensystem allerdings nicht erwiesen ist. Frfihere Autoren, insbesondere Kattwinkel, haben der sog. Lymph- stauung bei der Entstehung der funikuliiren Herde und des Status spongiosus eine besondere Rolle zugeschrieben. Naeh den neueren An- schauungen fiber die Blut-Liquorsehranke, die besonders durch Goldmann, L. Stern u. a. gefSrdert wurden, iibernimmt der Liquor im Zentralnerven- system die Rolle der Lymphe. Die periadventitiellen R/~ume, deren Erweiterung den frfiheren Autoren aufgefallen ist, sind ja eigentlieh nichts anderes, als sog. ,,intramurale" Liquorr/~ume. Es ist deshalb am Platze, auf Grund dieser neueren Forschungen den Begriff , ,Lymphe", ,,Lymphscheiden" usw. bei Erkrankungen des Zentralnervensystems iiberhaupt zu vermeiden.

~)ber die Bedeutung von Marchi- und Fettbild.

Es eriibrigt sich eigentlich, darauf hinzuweisen, dab bei der funiku- 1/ixen Spinalerkrankung das Marehibild im Vergleich zum Fettbild niehts Besonderes bietet. Wir dfirfen nieht vergessen, dab wohl im aUgemeinen - - das gilt auch ffir unser Material - - F/ille zur pathologisch-anatomi- schen Untersuehung kommen, bei denen der funikul/~re Prozel~ schon weitgehendst fortgeschritten ist. Selbst, wenn man z. B. eine perniziSse An/imie bekommt, bei der ein ganz frisches Stadium der Iunikul/s Spinalerkrankung vorliegt, so wird, da man kliniseh und aueh makro- skopisch ftir die Diagnose funikul/~re Spinalerkrankung keinen An- haltspunkt hat, kein frisches Material ffir die Marchifs eingelegt, was ja ffir einwandfreie Marchibilder unbedingt erforderlich ist. Bei einem Fall yon ausgedehnter funikuli~rer Spinalerkrankung war uns bei der Gegenfiberstellung yon Marehi- und Fettbild nur ein Befund besonders interessant. Wir sahen, wie wit schon im Kapitel ,,Topik" ausgeffihrt haben, im Hinterstrangsareal bei einem stark ausgeprggten, zentral gelegenen Fettabbau, in der Wurzeleintrittszone frische Marehisehollen, wihhrend in diesem Gebiet bei der Anwendung yon Markscheiden- und Fettf~rbung niehts Pathologisches zu finden war. Das beweist die schon vorhin von uns gei~u$erte Ansehauung, dal~ die Prozel~richtung,im Gegen- satz zur Tabes, yon medial nach lateral, also nieht gebunden an Wurzel- einheiten verl/~uft.

Wi~hrend es uns im Fettbild, abgesehen yon der starken Lipoid- speieherung der Ganglienzellen, nicht glfickte einen Abbau der Mark- faserung innerhalb der grauen Substanz nachzuweisen, konnten wir in 2 F/~llen im Lendenmark mit Hilfe der Marchif/~rbung den Zerfall der zum Vorderhorn ziehenden Fasern finden (Abb. 18). Diese Bilder stellen ein sehr schSnes pathologisch-anatomisches Paradigma dar zum

Zur Histopathologie der funikuliiren Spinalerkrankung. 145

klinischen Allsfall des Patellarsehncnreflexes. Im Brust- und HMsmark sind uns derartige Bilder in diesel' Pri~gung nicht begegnet.

Abb. 18. Fa l l ~:. F . A . 1130. PerniziOse An~mie . ]~I~trchibild t~us dcm Lendcnmi~rk, das die Degencri~tioI1 dcr zu den Vorderhornzel len z iehenden l i i n t e rwurze l f a sc rn c inwandf rc i zcigt . Dicscs Bild s te l l t also da.s pa tho log i sch -ana tomische P a r a d i g m a da.r mira k l in ischen

A.usfalI des Pa te l l a r sehnenre f lexcs .

Die Verdnderungen im Gro[3hirn insbesondere bei der pernizi6sen Andmie.

Als wesentlichste Arbeiten mfissen in diesem Zusammenhang die yon Wohlwill, Schr6der, Weimann und Braun genannt werden. W~hrend Schr6der und Wohlwill in der Hauptsache den sog. Ringwallherden ihr Augenmerk zuwendeten, haben Weimann und Braun Lichtungsherde im Hemisphs geschildert, die den sog. funikul~ren Herden des Riickenmarks hinsichtlich ihres morphologischen Aufbaues vSllig gleich- zusetzen sind. Wir sprechen desh~lb im folgenden auch yon sog. ,,funi- kul~ren Herdchen". Die vorhin erws Ringwallherde ~ Ringblu- tungen yon Schr6der und Wohlwill sind in keiner Weise spezifisch ffir

Z. f. d. g. Neu t . u. Psych . t37. 10

146 G. Bodechtel:

die pernizi6se An/imie, sondern bei allen mSgliehen Krankheiten, besonders bei Infektionskrankheiten und Kreislaufst6rungen zu sehen, worauf unter anderem auch Diirck und Scholz hingewiesen haben. Ihr h/iufiges Vor- kommen im Gefolge yon KreislaufstSrungen hat insbesondere Spiel- meyer bei seinem Referat fiber Kreislaufpsychosen ausdriieklieh betont. Diese Ringwallherde (Abb. 19), die wir aueh bei unserem Material bei einer ziemlich grol3en Anzahl yon F/~llen fanden, kommen fibrigens auch im Riickenmark zur Beobachtung und man mug sich hiiten, sie mit

Abb. 19. Fall R. F .A. 293/29. PerniziSse Anamie. Ringwallherd aus dcm Grofihirn (Nisslbild),

den eigentlichen ,,funikul~ren Herdchen" zu verwechseln. Sie sind charak- terisiert durch ein mehr oder minder nekrotisches Zentrum, indem wir meistens ausgelaugte rote Blutk6rperchen finden, und das umgeben ist yon einem Wail yon Gliaelementen. Letztere rekrutieren sich haupt- si~chlich aus tIortegazellen und Oligodendrogliazellen. Sie haben grol3es Interesse erweckt bei denjenigen Forschern, die sich mit den funktio- nellen Aufgaben der Mikrogliaelemente besonders beschifftigt haben. Ihr Zustandekommen erkl~rt man sich aus gewissen Gef/~13st6rungen heraus, die zu capill/~ren Blutungen fiihren z. Die in das Hirngewebe

z Auch bei Leuk/~mien spielen sie eine grol3e Rolle, nu r , ,b lutet" es dor t ,,weii~", d. h., man findet massenhaft myeloische Elemente inihrem Zentrum (Singer: Virchows Arch. ,068, 576).

Zur Histopathologie der funikuli~ren Spinalerkrankung. 147

gelangenden Erythrocyten bewirken dann die rcaktiven Erscheinungen an den umgebenden Gliaelementen. Fiir besondere Fragestellungen auf dem Gebiete der Encephalitis haben sie grebe Bedeutung erlangt, weil man mit ihncn zu bcweiscn versuchte, dal3 bei entziindlichen Vorg/~ngen im Zentralnervensystem spezifische Veriinderungen an den Gliaelementen statthaben. Diesem Trugschluf3 haben insbesondere M. B. Schmidt und Spielmeyer entgegengearbeitet und bewiesen, da6 ihr Auftreten keinesfalls an eigentliche Entzfindung mit exogenem

A1)b. 20. Fall F. F . A . 2~2/28. Perniz i6se An~imie. S tSrkere VergrSBerung eines , ,funi- kulitren. Her( los" airs detll Gro6hi rn . 5Ian s ieht e indeu t ig das m a s s e n h a f t e V o r k o m m e n vol). p r o t o p l a s m a t i s c h e n llild gcmi i s t e t en As t rocy t en in tier Umgebl l l lg eillcs kleinen

Gefiii~es, das gleichfal ls ger inge lyml ,hocyt i i re I n f i l t r a t i on zeigt. (Nissll)ild).

Infektionsmodus gebunden sein mu6. Die in und um diese Ringwall- herde gclegenen Parenchymbestandteile, im engeren Sinne also Mark- scheiden und Achsenzylinder sind gleichfalls, wenn auch nicht weit- gchend von einem Alterationsprozel3 befallen. Man sieht Achsenzylinder- quellungen und Markscheidenzerfall auch innerhalb dieser Her@. Wir sehen auch bier wiederum, wie die letztgenannten Ver/~nderungen auch in Herden stattfinden, die prim/~r nichts mit dem eigentlichen funikul/~ren Proze6 zu tun haben.

Eine ausgesprochen pathognomische Bedeutung besitzcn dagegen die schon erw/i, hnten ,,funikuliiren Herdchen", die zuerst Weimann und Braun geschildert habcn 1. Diese liegen manchmal ,,perivasculs im Sinne

1 In der sehon erw/~hnten neueren Arbeit besehreibt auch Wohlwill einen Fall (Z. Neur. I I 7/! 19), bei dem er funikul~re Herde im Gr.~6hirn vom selben Charaktcr

10*

][48 G. Bodechteh

Nonnes und zeigen uns je nach dem Alter des Prozesses ein verschiedenes Verhalten der Glia. Zuerst trifft man protoplasmatische Astrocyten und gem~stete Gliazellen (Abb. 20), dann vorwiegend Gitterzellen, die im sp~teren Prozel3stadium den groBen faserbfldenden Astrocyten Platz machen. Die Herdchen lassen, da sie relativ klein sind, den Umfang der Aehsenzylinder- und Markscheidenschs wie er im Riiekenmark zu beobachten ist, nicht so gut erkennen. Die besonderen Verhaltnisse in der Lagerung der Fasern des Hemisph~renmarks verhindern aueh, eigentlichen sekund~ren Degenerationen nachzugehen, die ja in den stabfSrmig verlaufenden Markbfindeln des Rfiekenmarks leichter zu verfolgen sind. Es ist uns nicht gelungen, einwandfreie sekund~re Degenerationen im Gro]hirn, die auf derartige funikuls Herdchen zuriickzuffihren sind, festzustellen, ein Punkt, der unseres Eraehtens gleichfalls dazu beitr~gt, die Bedeutung der sekundaren Degeneration bei der funikularen Spinalerkrankung im Riickenmark einzuschri~nken; denn wenn auch die MSglichkeit sekundi~re Degenerationen im GroBhirn festzustellen relativ gering ist, so wiirden wir doeh bei unseren ein- gehenden Untersuchungen gelegentlich einmal solche gefunden haben. Die Unterscheidung der vorher beschriebenen Ringwallherde yon den eigentlichen ,,funikul~ren Herdchen" wird besonders durch die Be- trachtung des Nisslbildes erleichtert. Im Markscheidenbild sind sie, wenn sie ein grSi3eres AusmaB einnehmen, leicht festzustellen, aber ihre morphologischen Charakteristika, gegeben durch die Art der vor- kommenden Gliaelemente, lassen sich eigentlich einwandfrei nur im Nisslbild erkennen. Besonders mul3 man sieh hiiten, die bei der perni- ziSsen Ani~mie auch h~tufig vorkommenden kleineren Blutungen, die noch keine gliSse Reaktion im Sinne eines Ringwalles hervorgerufen haben, im Markscheidenbild als ,,funikuls Herdchen" anzusprechen. ~brigens konnten wir auch bei solchen Blutungsherden Achsenzylinder- schwellungen mit ganz frischem Markscheidenzerfall selbstverst~ndlich vorfinden.

Was die H~ufigkeit der eben beschriebenen Ver~nderungen betrifft, so werden am meisten bei der pernizi(isen An~mie Ringwallherde ~ Ring- blutungen beobachtet. Wir haben bei ihr RingwaIlherde gesehen ohne jede funikul~re Spinalerkrankung, aueh im Riickenmark. Auch neben funikuls Verimderungen trafen wir gelegentlieh derartige typische Ring-

wie im Rfickenmark bcobachtcn konntc. Er bctont aber ausdriicklich, dab das Vor- kommcn solcher Herde nach wie vor als gr(il~te Seltenheiten anzusprechen ist. Dieser Satz gilt unseres Erachtens mit einer gewissen Einschr~tnkung. Es ist dabei n~mlich yon grSBter Bedeutung, in welchem Ausmal3e die Gehirne untersucht werden. Wir konnten das Vorhandensein yon ,,funikul~ren Herdchen" im Gehirn an unserem verhs kleinen Material nicht zu sclten beobachten. Auch die yon Bid- 8chowsky beschriebenen herdfSrmigen Ver~nderungen im Opticus gehSren hierher. Wir sahen sie bei unserem Material zwar nicht, wohl nur deswegen, weft wir nur cine beschri~nkte Anzahl yon Optici untersuchten.

Zur Histopathologie der funikul~ren Spinalerkrankung. 149

blutungen im Rfickenmark. Funikuldre Herde im Groflhirn allein ohne funikul~ire Verdnderung des Riic]cenmarks haben wir an unserem Material nicht beobachtet. In welchem Prozentsatz funikul~re Herdc im GroL~hirn anzutreffen sind, ist sehr schwierig zu beantworten, well bei der GrSl3e des Organs selbstverst/indlich nicht alle Hirnpartien in denen womSglich funikul~re Herdchen liegcn, untersucht werden kfnnen. (Bei der Unter- suchung unseres Materials gingen wir nach der in der Forschungsanstalt fiblichen Methode vor und w~blten aus jeder Hirnhs aus folgenden Gebieten entsprechende Stiickchen : Frontal, Zentrat, Parietal, Temporal, Occipital; drei Stfieke aus dem Stammganglienbereich, je ein Stfick aus Zwischen-und Mittelhirn- und Brficke, Medulla oblongata und aus Kleinhirnmark und Kleinhirnrinde.)

Es besteht keine Veranlassung, (lie mit der pernizifsen An/~mie und funikuliiren Spinalerkrankung h/~ufig gekuppelten Psychosen mit dem Auftreten der Ringwall- oder funikul~ren Herde in Zusammenhang zu bringen. Nach den neueren Anschauungen fiber anatomische Befunde bei Psychosen (vgI. Spielmeyer, Referat fiber die Kreislaufpsychosen) ist es nicht berechtigt, yon einer Parallelits zwischen pathologischen Verii, nderungen und der Qualiti~t und Intensit/it yon Psychosen zu reden. Auch die yon anderen Autoren (Weimann u. a.) beschriebenen Ausfalle yon Ganglienzellen in der Hirnrinde kSnnen unseres Erachtens mit beobachteten Psychosen im selben Falle nicht in Zusammenhang gebracht werden, ebensowenig haben sie prim/ir mit der perniziSsen Ans bzw. funikul/irerL Spinalerkrankung e~was zu tun. Sie sind unseres Erachtens viel mehr der Effekt einer KreislaufstSrung, die ja h~ufig besonders im Endstadium der perniziSsen Ans beobachtet wird.

Aui]erdem ist uns bei Gehirnen, deren T r i t e r jenseits des 60. Lebens- jahres standen, eine sehr dichte Markgliose in bestimmten Rindenge- bieten, besonders frontalund temporal, aufgefallen. Wit sind welt davon entfernt, diese Ver~nderung, die sicherlich mit dem Alter des Patienten etwas zu tun hat, also einen senilen Involutionsprozet~ darstellt, in direkten Zusammenhang mit der pernizifsen An/~mie zu bringen. Wit wissen aus zahlreichen Un~ersuchungen fiber das senile Hirn, da6 wir in einem ziemlich groBen Prozentsatz eine Markatrophie bald in geringem, bald in st~rkerem Grade in bestimmten Hirnarealen ant,reffen, ohne da6 wir klinisch einen Symptomenkomplex, ~hnlich dem der Piekschen Krank- heit feststellen kfnnen. Auch bei der Arteriosklerose der Gehirngef/ife sind schon seit Nissl und Alzheimer herdffrmige Markveri~nderungen bekannt, die seinerzeit yon Binswanger als ,,Encephalitis subcorticalis" beschrieben wurden. Eine sts Arteriosklerose konnten wir aber bei unseren F~illen allerdings nicht linden. Diese Gliavermehrung hat auch keines- falls mit den bei der pernizifsen An~mie beobachteten Markherden etwas gemein, denn wir linden gerade Ringblutungsherde auch innerhalb dieser gliareichen Markabschnitte, was beweist, da6 die beschriebcne

150 G. Bodechtel:

Markgliose lgnger zuriickliegt als die Ringblutungsherde. Es ist auf- fallend, da[~ wir in unseren F~llen von pernizi6ser Aniimie, seien sie nun mit oder ohne funikuliire Spinalerkrankung, jenseits der 60er Jahre in alien diesen F/~llen diese st/~rkere Gliavermehrung im Frontal- und Temporalgebiet fanden. Denkbar w/ire es, dab senile Involutionsprozesse durch das Auftreten einer pernizi6sen An/~mie rascher und intensiver ablaufen und dal~ die Glia, die, wie wir besonders an der grauen Sub- stanz des Riickenmarks sehen, sich in einer gewissen funktionellen Gereiztheit befindet. Bei /~lteren Individuen reagiert sie nicht nur auf den durch das hypothetische unbekannte Toxin der pernizi6sen An/imie hervorgerufenen lokalen oder herdf6rmigen Markscheidenausfall, sondern sie spricht auch in bestimmten Markabschnitten, also insbe- sondere frontal und temporal diffus an, woraus diese allgemeine Mark- gliose resultiert. Auch die im Striatum in drei F~llen beobachteten merkwiirdigen gr61~eren blassen Gliakerne, die besonders an die Alz- heimerschen Pseudosklerosezellen erinnern, dabei aber nicht deren Gr6Be erreiehen, k6nnen wir schlie61ich auch mit der schon genannten funktio- nellen Bereitsehaft der Glia erkl/ixen.

Ebenso wie im Grol3hirn treffen wir auch im Kleinhirn bei der per- niziSsen An/i, mie mannigfaehe Ver/~nderungen an. Aueh hier werden wir keine spezifisehen Alterationen erwarten dfirfen. So fanden wir Strauch- werkbildungen und Ls Ver~nderungen, die uns ins- besondere dureh die Arbeiten Spielmeyers und seiner Mitarbeiter yon vascul/~ren Prozessen her ver t raut sind und auf deren pathogenetische Erkl~rung wir deshalb verzichten kSnnen. Etwas sehwieriger zu deuten sind Bilder mit s tarkem Ausfall der Purkinjezellen bei Versehm/~lerung der Molekularzone und entsprechender Vermehrung der Glia. Hier dfirfte es sieh wohl vielleieht um welter ausgedehntere Sch/~digungen auf dem Liquorwege handeln. Auch im Mark des Kleinhirns sehen wir /~hnliehe Ver/~nderungen, wie wir sie im GroBhirn angetroffen haben. Es handelt sich dabei um ganz diffuse Gliavermehrungen unmittelbar unter der Rinde, die sich besonders oft in die Markpyramiden hinein erstreeken, wobei ein massenhaftes Auftreten von protoplasmatischen Gliaelementen dominiert. Dies stetlt gleichfalls den Ausdruck einer funktionellen Gliabereitschaft dar.

Nicht unerw~hnt lassen mSehten wir die Befuade bei cinem Fall yon funikul~rer Spinalerkrankung ohne perniziSse Ani~mie, woes zu einer ausgesprochenen Pro- liferation der in der Kfrnerschieht gelegenen Kleinhirngef~13e gekommen ist, also zu Bildern, wie wir sie vonder Bleivergiftung her kennen. Um diese Gef/i, Be herum ist die KOrnersehieht gelichte~, die Endothelkerne sind stark metachromatisch angef~rbt, was die Gef~Be besonders stark hervortreten lii, Bt. Hier sehen wir also eines der wenigen Bilder, die uns an eine exogene Giftsch~digung denken lassen kSnnten. Diese Bilder erimmrn an die Ver~nderungen bei der Polioencephalitis. l~brigens konnte bei diesem Fall an den Stellen der typischen Lokalisation der Polioeneephalitis (Medulla, Mittel- und Zwischenhirn) nichts gefunden werden.

Zur Histopathologic der funikulhren Spinalerkrankung. 151

In der Briicke und Medulla oblongata sahen wir sehr h/iufig neben den typischen Ringwallherden die von anderen Krankheiten her wohl- bekannten Gliarosetten, bzw. syncytiale Gliaherdehen (Abb. 21). In einem Falls sahen wir in den Randgebieten grSl~ere Gliaherde, die den Gedanken an eine Giftwirkung auf dem Liquorwege nahelegten. Nach den Erfahrungen friiherer Autoren (Scholz, Gagel und Bodechtel)

Abb. 21. Fal l V~L 1786. PerniziSsc AnSmie. Drei grSi~ere Gl iaherdchen in der Briickc.

bedeuten derartige Ver/inderungen auch bei der pernizi6sen An/~mie nichts Charakteristisches. Sic werden wohl am besten mit zirkulatorisehen StSrungen im Sinne der capill~tren Ringblutung erkl/irt, und zwar ist es zu st/~rkeren syncytialen Gliaraektionen dabei gekommen. Wir wissen ja, da6 es sich um sehr frisehe Ver/~nderungen handelt und was in den letzten Tagen derartiger Kranker an pathophysiologischen StS- rungen alles vor sich gehen kann, entzieht sich unserer n/iheren Kenntnis.

Zur pathologisch-anatomischen Differentialdiagnose.

Fiir die differentialdiagnostischen Erw~gungen ist von ausschlag- gebender Bedeutung, da6 die funikuli~re Spinalerkrankung sowohl als genuiner Organkomplex, aber daneben vor allem als Begleiterkrankung bei allen mSglichen ,,Zehr"-Krankheiten vork0mmt. Es ist deshalb nur bedingt richtig, wenn man bei der differentialdiagnostischen Besprechung sie neben genuine Erkrankungen des Zentralnervensystems stellt, wie

15~ G. Bodechtel:

neben die Paralyse, Poliomyelitis, multiple Sklerose usw. und es wiire besser, nur yon einem funikuli~ren Symptomenkomplex zu sprechen, der durch die eben angefiihrten Besonderheiten ausgezeichnet ist. Ffir die pathologisch-anatomische Differentialdiagnose warden uns die ent- sprechenden Bilder der funikul/iren Spinalerkrankung leiten, also neben den herdf5rmigen, die pseudosystematischen L~sionen.

Bei der multiplen Sklerose und ihren herdf5rmigen Ver/inderungen warden differentialdiagnostische Schwierigkeiten kaum in Frage kommen. Die Ausdehnung der Plaques insbesondere auf die graue Substanz, ihre besondere Lage im Gehirn - - vor allem die periventrikul~re--, die dabei zu sehenden excessiven Fasergliosen und das der multiplen Sklerose eigene, besondere Erhaltensein der Achsenzylinder wird sic leicht vom funikul~ren Symptomenkomplex unterscheiden lassen. Nur bei einzelnen Schnitten, die ja Pathologen gelegentlich vorgelegt warden, kSnnen dann differentialdiagnostische Schwierigkeiten entstehen, wenn es sich um kleinere tterde handelt. Zu deren differentialdiagnostischer Bedeutung hat jiingst Wertham 1 mit besonderem Hinblick auf die diffuse Sklerose und die progressive Paralyse Stellung genommen. Hier wird uns in erster Linie das charakteristische Aussehen der funikul~ren Her@ und die vorhin ausffihrlich besprochene Ortsgebundenheit dieser Herde weiterhelfen. Natfirlich ist bemerkenswert, da6 Gewebsalterationen und -reaktionen zwangsl/~ufig in bestimmter beschr/~nkter Art ablaufen miissen und nur das Gesamtbild eines histopathologischen Prozesses in seiner Art und Ausbreitung entscheidet.

Auch bei der Encephalomyelitis disseminata (Redlich) kommen kleine I-[erde vor, die gelegentlich an funikul/ire Iterdchen denken lassen. Die st/~rkeren fasergliotischen Reaktionen, die dort immer vorhandenen st/trkeren entzfindlichen Infiltrate und insbesondere ihre Verteilung fiber den ganzen Riickenmarksquerschnitt 1/iBt sie wohl immer leieht yon der funikul/iren Spinalerkrankung trennen. Auch die Persistenz der Achsen- zylinder ist charakteristisch. Es ist bemerkenswert, in diesem Zusammen- hange darauf aufmerksam zu maehen, dab Strdiussler und Gerstmann die dabei zu sehende ,,Gliaproliferation nieht als Ersatz sondern als direkt hervorgerufen dureh die Krankheitsnoxe" deuten. Im Kapitel Glia haben wir einen ithnlichen Standpunkt schon auseinandergesetzt.

Auf die durch vasale Prozesse hervorgerufenen Riiekenmarksver- /~nderungen brauchen wir nieht n/iher einzugehen. Wir erw/ihnten schon bei Bespreehung der Gef/~Bvers den prinzipiellen Unterschied im Aussehen gef/iBbedingter Herde gegenitber funikul/iren L/isionen. Wghrend nach der GefiiBanordnung mehr oder weniger keilfSrmige Defekte resultieren (siehe insbesondere bei Schmauss), haben wir beim

1 Wertham, F.: Small foci of demyelinisation in diffuse sclerosis and their similarity to those of disseminated sclerosis and dementia paralytica (Arch. of Neur. 1981. Im Druek.).

Zur Histopathologie der funikul~ren Spinalerkrankung. 153

funikul/~ren Proze$ mehr oder weniger runde, ovule, bzw. walzenf6rmig degeneriertr Areale vor uns. Auch die bei der Periartheriitis nodosa zu sehenden l~iickenmarksver/~nderungen bieten keine differential- diagnostischen Schwierigkeiten (s. Kapitel Pathogenese).

Nur bei einem einzigen Falle aus der Sammlung der Forschungs- anstalt sahen wir bei Durchsicht einzelner Sehnitte ,,funikul~re" Herdehen. Es handelt sich um einen schon yon Walthard ausfiihrlich publizierten Fall von Riickenmarkserweichung bei Lymphogranulom 1. Bei diesen Herdehen, die in dem einen Hinterstrang liegen und gequollene Mark- scheiden zeigen, wird es sich aber um Ausl~ufer des erweiehten groBen Herdes handeln, der eine strahlige Ausdehnung angenommen hat. Des- halb k6nnen die Ansehnitte dieser Ausls als fokale Herde imponieren. Da Sehnittserien fehlen, kann man fiber die Pathogenese nichts Bindendes aussagen, doch kann dieser vereinzelt dastehende Befund gerade bei einer Erweichung fiir die pathogenetisehe Betraehtung kanm ausgewertet werden.

Von den eigentlichen Systemerkrankungen des Riiekenmarks (Fried-

reichsche Ataxie, spastische Spinalparalyse, amyotrophische Lateral- sklerose usw.) wird die funikul~e Spinalerkrankung wohl immer leieht abzugrenzen sein, gerade deshalb, weil sich der ProzeB eben nicht streng - - aueh im Quersehnittbild betrachtet - - an die Systeme h/~lt, sondern entweder in die Naehbarschaft iibergreift oder nicht den ganzen System- quersehnitt sehs GewiB werden manche Fs (s. Abb. 6) dureh das ,,Pseudosystematische" des Prozesses verbliiffen. Bei n/i, herem Zusehen wird man aber diese scheinbare Systemaffektion aus den oben angefiihrten Griinden yon der echten Systemerkrankung leicht unterseheiden kSnnen. Die Ver/i, nderungen an der grauen Substanz, wie sic auf Seite 128 beschrie- ben worden sind, sind gleichfalls hie so ausgepr/igt und so systematiseh, (lab sie nicht leicht von den Vers insbesondere bei der amyo- trophischen Lateralsklerose und spinalen Muskelatrophie abgegrenzt werden kSnnten.

Bei der Bespreehung der Differentialdiagnose der funikuls Spinal- erkrankung gegeniiber den syphilogenen Erkrankungen des Zentral- nervensystems muf3 vor allem die Tabes dorsalis angefiihrt werden. Wie vorhin auseinandergesetzt, besteht der Tabes gegeniiber der dureh- greifende Unterschied, dab bei der funikul/ixen Spinalerkrankung zuerst die mittleren Partien der Hinterstr/~nge befallen werden mit weitgehend- ster Schonung der Wurzeleintrittszone, nur in sp/~teren Stadien wird diese ver/i, ndert befunden. AuBerdem ist bei der Anwendung der analyti- sehen Methoden das Verhalten insbesondere des Fettbildes bemerkenswert. Es geh6rt bekanntermaBen zu den groBen Seltenheiten, wenn man eine Tabes incipiens zur histologischen Untersuehung bekommt, und nur

1 Walthard: Z. Nour. 97, 5. H. 1/2.

154 G. Bodeehtel:

solche F/ille werden ernstere differentialdiagnostische Schwierigkeiten bereiten, denn die funikulare Spinalerkrankung ist dureh das , ,Subakute" ausgezeichnet. Die englischen Autoren haben gerade deshalb dem Krankheitsbild den Namen subakute kombinierte Sklerose gegeben. Wir werden immer bei der funikularen Spinalerkrankung noch irgendwelchen Abbau sehen, sei es auch nut in Form von sehr dichten perivascularen Fettk6rnehenmantel. Bei den frischen Fallen yon Tabes aber ist das Charakteristische der akute Abbau innerhalb der Wl~rzeleintrittszone (Spielmeyer, Gagel), wobei die Wurzeln selbst weitgehendste normale Struktur aufweisen k6nnen. Das Bild bei den Tabesfriihfallen innerhalb der Hinterstr/inge ist auch viel geordneter, entspreehend den Wurzel- einheiten, wahrend bei der funikul/iren Spinalerkrankung das Herd- f6rmige des Prozesses hervorsticht und sieh die Degeneration - - wenn man yon den Bildern knapp unterhalb der Hinterstrangskerne, wo die sekundare Degeneration eine weitgehende Rolle spielt, absieht - - keines- wegs an die Wurzeleinheiten h/~lt. Gewisse Schwierigkeiten werden Tabesfalle bereiten, die auller der Hinterstrangsveranderung noch Ver- anderungen an den anderen Systemen, insbesondere an den Pyramiden- seiten- und Vorderstr/ingen aufweisen 1, abet auch bier wird bei Beriick- siehtigung des Gesamtbildes letzten Endes die Differentialdiagnose gegeniiber der funikularen Spinalerkrankung nicht zu schwierig sein. Ebenso wie die Tabes demonstriert die funikulare Spinalerkrankung, wenn wir yon dem Herdf6rmigen des Prozesses absehen, die Vulnerabilitat des intramedullaren Anteils des sensiblen Systems, und eine solche ist auch bei der Tabes schlie61ich denkbar, ohne die sehr mechanisehe Vor- stellung des Wurzelgranuloms (Richter), dessen Vorkommen aueh ohne tabische Veranderungen bekannt ist.

Viel schwieriger werden gewisse Riickenmarksver/~nderungen bei der Lues eerebri und bei der Paralyse yon der funikularen Spinalerkrankung zu trennen sein. Solange mehr tabische Bilder, also die Sklerose der Hinterstrange, bei diesen Krankheiten dominieren, bietet die Differential- diagnose keine Sehwierigkeiten, aber sobald aueh auBerhalb der Hinter- str/tnge Degenerationsherde auftreten, ist diese schwer durchfiihrbar, abgesehen yon den Fallen luetischer amyotrophischer Lateralsklerose, wo die Degeneration rein beschrankt bleibt auf die Pyramidenseiten- und Vorderstr/inge, ws bei der funikularen Spinalerkrankung die Herde zwar mit in diesen Systemen liegen, aber nicht nur auf diese Systeme beschrankt sind. Die im Gefolge der Heubnersehen Endarteriitis auftretenden Degenerationsherde, die vasaler Genese sind, miissen erfahrungsgemall anders aussehen, als die I-Ierde bei der funikularen Spinalerkrankung. Sie werden sich nach der radienartigen Anordnung

x Henneberg hat in einem Falle yon Tabes funikuliire Ver~inderungen innerhalb der Seitenstrangkomplexe gesehen und ihn als mfgliche Kombination yon Tabes und funikul~rer ,,Myelose" gedeutet. (Klin. Wschr. -02, 972.)

Zur Histopathologie der funikul~ren Spinalerkrankung. ] 55

der Gef~i3e richten, unabh~ngig v o n d e r bei der funikul/~ren Spinal- erkrankung zu sehenden scheinbaren Systemvulnerabilit~t (Schmauss). Es ist m6glich, da6 ebenso wie bei der Paralyse (Homdn) auch bei der Lues cerebrospinalis funikul/i, re Bi[der vorkommen, aber dann ist eben

b Abb. 22 a - - b . Fal l H. F . A . 552/30. 1)r m i t funikuli i rcr Sp ina le rkrankung . Bei a Querschni t t durch das un te re t t a l s m a r k m i t H e r d c h e n im Hintcrs t ra~lg; bci b obcrcs B r u s t m a r k m i t Verf indcrlmge~ im H i n t c r s t r a n g und in den Hiu tc rse i tens t rangsarca lcn .

die Lues cerebrospinalis ebenso mit der funikul~en Spinalerkrankung verkoppelt, wie z. B. die Pellagra oder die Carcinomkachexic usw. Die Rfickenmarksver~nderungen bei der Paralyse, die Vorkastner in einer griindlichen Studie letzthin beschrieb, sind im allgenminen von den eigentlichen funikul~ren Erkrankungen unschwer abzutrennen, doch ist nach unseren Erfahrungen der Standpunkt Hom~ns durchaus berechtigt, da6 fiir einen Teil der Riickenmarksver/i, nderungen bei der Paralyse der Begriff ,,funikul~re Spinalerkrankung" zu gelten hat. Warum sollte auch nicht bei diesem oder j enem Paralytiker das Riickenmark ,,funikul~r" reagieren k6nnen. Wir bringen zur Demonstration die~cr Auffassung

] 56 G. Bodechtel:

auch einen entsprechenden Fall (Abb. 22), bei dem zu Lebzeiten die Dia- gnose ,,progressive Paralyse" nicht gestellt wurde. Das klinische Bild war das eines funikul~ren Prozesses ohne perniziSs-an~misches Blutbild und erst die Rindenuntersuchung deekte die progressive Paralyse auf. Wie aus den beiliegenden Bildern ersichtlich (Abb. 22 a, b), sind im Hals und Brustmark typische funikul/~re Vers zu sehen, im Lenden- mark lediglich eine Aufhellung innerhalb der Pyramidenseitenstrang- bahn, die auf das Konto der sekunds Degeneration zu sezten ist. Die Gliafaserpri~parate stimmen v611ig iiberein mit den in Abb. 15 gezeigten.

Differentialdiagnostische Schwierigkeiten werden dem Pathologen auch gegeniiber den echten entziindlichen Erkrankungen des Rtickenmarks nicht erwachsen (Poliomyelitis, Masern-, postvaccinale Encephalomyelitis usw.); ins besondere wird das Fehlen yon Exsudatzellen (Lympho-, Leuko- oder Plasmazellen) im Gewebe, nicht ihr perivascul~res Vorkommen, mal]gebend sein. Das Vorkommen von Gliasternchen und Ringwall- herden bei der funikuliiren Spinalerkrankung und bei der perniziSsen Ans wird den Gedanken an die Differentialdiagnose gegeniiber den eehten Entziindungen nahelegen, weil eben diese Gebilde im Groghirn und im Hirnstamm auch bei Encephalitiden besonders hs beobaehtet werden 1. Doch es sei ausdriicklich nochmals darauf aufmerksam gemacht, dal3 es sich hier um Ver~nderungen im Zentralnervensystem handelt, die wir insbesondere im Gefolge von KreislaufstSrungen usw. beobachten. DieseVer/~nderungen stellen also keineswegs etwa einen spezifischen Befund bei echten Entziindungen dar. Gr6Bere Schwierigkeiten in der patho- logisch-anatomischen Abgrenzung der funikuli~ren Spinalerkrankung anderen Riickenmarksaffektionen gegentiber, wie der subakuten, nekro- tisierenden Myelitis nach Foix-Alajouanine und bestimmten Formen yon Polyneuritis mit sekundiiren Ver~nderungen im Riickenmark, die unter dem klinischen Bild der Landryschen Paralyse verlaufen, dfirften nicht bestehen. Auch die im Gefolge yon gewissen exogenen Vergiftungen, wie der Arsenvergiftung, auftretenden Ver~nderungen, die mit einer schweren Degeneration des peripheren Nervens mit folgender, aufstei- gender Degeneration der Hinterstrs einhergehen, werden sich immer leicht vom funikul~ren Prozel] unterseheiden lassen.

Bei dem groBen Material der Forschungsanstalt ist uns eigentlich nur ein Fall aufgefallen, der nach unserer Meinung wegen seiner dif- ferentialdiagnostischen Bedeutung geeignet ist, hier angefiihrt zu werden:

Es handelt sieh um einen 62j~hrigen Miiller, der wegen seit 8 Wochen bestehen- dem pelzigen Gefiihl an H~nden und Fiil]en mit gleiehzeitiger Schw~che in den Beinen und Armen ins Krankenhaus kam. Es seien starko Sehmerzen im Kreuz auf-

1 Es wtirde hier zu weitfiihren, wenn wir auf diese Fragen n~her eingehen wiirden. Es sei besonders auf den Beitrag yon H. Spatz hingewiesen im Handbuch der Geisteskrankheiten (Bumke). Berlin: Julius Springer 1930.

Zur ttistopathologie der funikuliiren Spinalerkrankung. 157

getreten, die in die Beine ausstrahlten. Aueh in den Armen h~tte er Sehmerzen. Patient wurde immer schw~cher und konnte sich nur mit Mtihe auBerhalb des Bettes aufhalten. Neurologisch bestand schwere Ataxie besonders der unteren Extremit/~ten bei vSlliger Areflexie. Die Reflexe an don oberon Extremit~ten waren anfangs erhalten, verschwanden abet allm/~hlich. Es besteht kein Intensions- tremor, keine deuthchen Pyramidenzeichen, aber eine deutliche Schwi~che der Muskulatur. Die SensibilitKt ist schwer gestSrt, besonders die Geffihls- und Lage- empfindung. Allm/~hlich setzte die Schw/~che der Muskulatur an allen Extremit~ten

Abb. 2:~. Fall hi. F.A. 1(;5/29. Qucrsehnittsbiht durch das mittlcrc I-]alsmark. Schwerer ]~Iarkscheidenausfall in den Hintcrstr/ingen, hintercn V~'urzeln und den Itintcrseiten-

strangsarcalen. 1)briges siehc TexL.

immer starker eir~ und kurz vor dcm Tod cntwickclte sich vine zunehmende sekun- d~re An/i, mie (3 600 000 rote Blutk6rpcrchcn, 65 (~/0 Hiimoglobin, F. J. 0,9; I2 800 weiBe BtutkSrporchen, darunter 6 ~ Lymphocyten). Untor zunehmendem Marasmus und hypostatischer Pncumonie Exitus. Ffir Lues bestand kein Anhaltspunkt. Dic klinische Diagnose lautete auf Polyneuritis odor auf funikul~re Spinalerkrankung (?). Be ider Sektion zeigte sich cine verwaschene Zeichnung im gesamten Riickenmark; am Gehirn war nichts Besonderes zu beobachten. Die histologische Untersuchung zeigt vine schwere subakute Degeneration des gesamten Hinterstrangkomplexes (Abb. 23) mit subakutem Fettabbau, schwore, moist schon abgelaufene Degeneration der Hinterwurzeln und der Nerven der Cauda equina. Dio vorderen Wurzeln sind intakt, die Gegend der Pyramidenbahn- und Kleinhirnseitenstrangareale diffus gelichtet; in ihnen zeigt sich ein deutlicher, aber nicht sehr starker Fettabbau yon gemischtem Typ (mobil und fix). Es besteht einc starke perivasculs Infil- tration, vorwiegend perivenSs und um (tie mittelgroBen Gef/~Be (Abb. 24) des ganzen l~iickenmarks, sowohl in der grauen, wie in der weiBen Substanz. Die Infiltrat- zellen sind fast durchwegs Lymphocyten vermischt mit vereinzelten Plasmazellen. In der grauen Substanz herrscht eine diffuse Gliareaktion vor mit Zelluntergang und Zellsubstitution, besonders innerhalb des Vorderhornkomplexcs. Nach diesen

15S G. Bodechteh

Bildern glaubten wir zuerst einen rein myelitischen Prozel~ vor uns zu haben, waren aber doch tiberraseht yon der besonderen Betonung der Degeneration irmer- halb tier Hinterstri~nge und innerhalb der Hinterseitenstrangkomplexe. Dazu kamen noeh die sehweren Verimderungen an den hinteren Wurzeln, die ihrerseits wiederum das Bild tier sekundi~ren Hinterstrangsdegeneration in Art und Aus- dehnung hervorgerufen hubert kSnnten. Da die perivaseuli~re Infiltration sieh vor- wiegend an den Verlauf der grol~en Venensti~mme hiilt und Exsudatzellen im Paren- ehym fast nieht beobaehtet werden, seheint uns die Diagnose ,,Myelitis transversa"

Abb. 24. ~'~11 5I. F . A . 165/29. Nisslbild yon e inem Ha l smarkque r schn i t t , das die s ta rken perivenSsen In f i l t r a t e im gesamten Rf ickenmarksquerschn i t t zcigt.

doch etwas zu konstruiert. Wir waren nicht in der Lage, bei dem Fehlen des Liquor- befundes eine siehere pathologisch-anatomisehe Diagnose zu stellen, zumal die iibrigen peripheren Nerven nicht untersucht werden konnten. Abet der Fall scheint uns deswegen wert zu sein, bei der Differentialdiagnose um die funikuli~re Spinal- erkrankung angefiihrt zu werden, weil wires hier gleichfalls mit einer subakuten Degeneration der Hinterstri~nge zu tun haben und mit Veri~nderungen im Gebiete der Kleinhirnseiten- und Pyramidenseitenstri~nge, wenn auch das Charakteristikum des funikul~ren Prozesses, n/~mlich die fokale Betonung, also der funikuli~re Herd, als solcher fehlt. Was uns aber insbesondere die Diagnose ,,funikuliirer Spinaler- krankung" bei diesem Falle unwahrscheinlich macht, ist das Aussehen der De- generationen innerhalb der Hinterstr/~nge, die hier durchaus radikul/~ren Charakter zeigen und damit an die Tabes und die Rtickenmarksveri~nderungen der Polyneuritis

Zur ]-Iistopathologie der funikuli~ren Spinalerkrankung. 159

z.B. bei der Arsenvergiftung erinnern. Eigenartig erscheint uns auch hier das bovorzugte Befallensein der aueh bei der funikul~ren Spinalerkrankung besonders ergriffenen Hinterseitenstrangskomplexe, obwohl wir nach der Verteilung der Infiltrate in der gesamten vorderen Rtickenmarksperipherie dort gleichfalls Mark- scheidendegeneration erwarten miiI~ten. Aueh bei diesem Falle ist also die Vul- nerabilit/it bestimmter 0rtlichkeiten deutlich ausgepr~gt, obwohl man nach der diffusen Ausbreitung der entztmdlichen Erscheinungen eine solche nicht erwartet.

Auf die Differentiahliagnose der Grofthirnvers brauchen wir nicht n/~her einzugehen, wir verweisen auf das entsprechende Kapitel und auf unsere Ausffihrungen bei der Pathogenese.

Was hat der Histopathologe zur Pathogenese zu sagen ?

Sowohl fiir die Differentialdiagnose wie ffir die pathogenetischen Fragen ist bei der funikul/iren Spinalerkrankung yon ausschlaggebender Bedeutung, da6 sie nicht nur als Organver/~nderung for sich allein vor- kommt, sondern vor allem als Begleiterscheinung bei allen mSglichen Erkrankungen wie pernizi5ser Aniimie, Pellagra, Diabetes, Carcinom, Sprue, Beri-Beri, Leuk/~mie, Nephritis, Tuberkulose usw. Irgendein Unterschied zwischen der funikul/iren Spinalerkrankung bei der perni- zi5senAn~mie und den funikul/iren, spinalenVer/~nderungen bei Carcinom und anderen Erkrankungen besteht bestimmt nicht. Unseres Erachtens ist es auch yon neueren Autoren (Kuttner, Kensuke) fehlgegriffen, wenn sie beim Finden einwandfreier funikul/irer Prozesse bei Gef/~l~ver/inde- rungen im hSheren Alter ein eigenes Krankheitsbild aufstellten. Auch sind wir tiberzeugt, dab ebenso bei einer Paralyse gelegentlich eine typi- sche funikuliire Spinalerkrankung vorkommt, eine Meinung, die schon Hom~n frfiher /iu6erte. Ganz unwillkiirlich denkt man beim Lesen der verschiedenen Anschauungen daran, da6 bei den anderen parenchyma- tSsen Organen (Leber, Milz, Nierc), d. h. bei deren symptomatischen Erkrankungen keine solchen Unterschiede konstruiert worden sind, auch hat man sich in den pathogenetischen Betrachtungen bei diesen Organen eigentlich viel vorsichtiger und zurfickhaltender gezeigt. Wir kennen beispielsweise das Bihi der Nephrose oder der Nephritis als Be- gleiterscheinung bei allen m5glichen Krankheitsbildern (Diphtherie, Diabetes, Scharlach usw.). Warum sollte das nervSse Zentralorgan nicht eine/~hnliche Rolle spielen kSnnen ? Gewil] hat das Zentralnerven- system seine, durch den eigenartigen Aufbau bedingten Eigentiimlich- keiten, aber wenn wir yon diesen absehen und es in Parallele setzen zu den anderen parenchymatSsen Organen, dann wird es als selbstverst/ind- lich erscheinen, da6 wir analog zur Nephrose 1 einen/ihnlichen pathologisch-

1 Henneberg (Arch. f. Psychiatr. 40) hat in Analogie zur Nephrose ffir die funikul~re Spinalerkrankung die Bezeichnung Myelose cingefiihrt, und besonders betont, da6 ffir die funikul/ire Spinalerkrankung/~hnliche Konstellationen wirksam sind wie ffir die Nephrose (Angmien, chronische Vergiftungen, Tuberkulose usw.).

160 G. Bodechtel:

anatomischen Symptomenkomptex im Zentralnervensystem erwarten dfirfen. Dieser f/illt nur deshalb mehr aus dem Rahmen der iibrigen Organerkrankungen heraus, weil er bei seiner pathophysiologischen Auswirkung klinische Einzelsymptome manifest werden 1/illt (Paresen, Sensibilit/itsst6rungen, Atrophien usw.), die eben als neurologisehe Er- krankung imponieren und speziell gewertet werden. Zudem ist das Zentralnervensystem bis heute die Dom/ine weniger l~aehleute und aueh die an ihm vorkommenden pathologischen Vers werden, da sie vorwiegend yon Spezialisten untersucht werden, nicht gerade als Organver/inderung im Gesamtrahmen des Organismus betraehtet. Nieht zuletzt hat die Lokalisationslehre, die das Gehirn in bestimmte Organteile aufteilt, in dieser Hinsieht eigentlich hemmend gewirkt.

Man kann also die funikul/ire Spinalerkrankung am besten mit der 5tephrose vergleiehen (Henneberg), die ebenfal]s als genuine Organerkran- kung scheinbar fiir sieh allein besteht, daneben aber bei allen mSgliehen anderen K6rperkrankheiten als Begleitkrankheit in ErseheJnung tritt. Da- bei ist es keineswegs so, dall die funikul/ire Spinalerkrankung so vom Zufal] abh~ngig w/ire, wie das Vorkommen z. B. eines Hirnabscesses bei Bronchi- ektasien oder einer h/imatogenen Encephalitis bei Sepsis. Warum im Rahmen irgendeiner kSrperlichen Erkrankung, z. B. der Lues oder Dia- betes, bei dem einen Individuum eine Nephrose vorkommt, w/ihrend sie beim anderen ausbleibt, pflegen wir mit dem Begriff der Konstitution zu erkl/iren. Diesen Begriff wird man bei dot Betrachtung tier furAkul~iren Organerkrankung ebensowerdg vernachl/issigen kSnnen, wie bei der per- nizi6sen An/imie. Um eine Infektionskrankheit handelt es sich beim funikul/iren Prozel3 nicht, eben,sowenig um eirmn rein erbbiologisch be- griindetem Wit miissen uns also arL allgemeine Begriffe, wie,,degenerativ-, ,,vasal-", ,,toxisch-bedingt" usw. halten und begeben uns dadureh schon vom festen Boden der Morphologie auf den etwas unsicheren der Pathophysiologie. Die Histopathologie in ihrer heutigen Form ist aber letzten Endes mehr oder weniger Vergleichswissenschaft. Die gesehenen Bilder werden reflektorisch assoziativ boim Betrachter wirkeu.

An Hand unserer histologischen Pr/iparate werden wir nun versuehen: uns Vorstellungen zu bilden fiber die gewebliche Entstehu~g der funi- kul/iren Ver/inderungen und miissen dabei die, in den vorhergehenden Kapiteln festgelegten Gesichtspunkte bertieksichtigeu die bier noeh eiamal kurz zusammengefaItt werden sollen:

1. Die prim/ire L/ision ist der funikul/ire Herd, bzw. das lokal betonte Lfickenfeld;

2. das Auftreten dieser Herde ist im Rfickenmark ausgesprochen ortsgebunden insofern, als die Gegend der vulnerablen Systeme vorz~glich mit wachsender Intensit/it befallen ist;

3. die funikul/ire Ver/inderung betrifft (mit Ausnahme der selterL zu sehenden Ver/inderungen im Grollhirn) fast ausschliel~lich den Riicken-

Zur Histopathologie der funikul~ren Spinalerkrankang usw. 161

marksstamm. Sic h6rt mit dem Beginn der Medulla, oblongata-Formation auf, in den caudalen Abschnitten ist das Sakralmark weitgehendst ver- schont; eine wesentliche Beteiliguug der Wurzeln findet nicht statt.

Welche Vorstellungen k6nnen wir uns damit fiber die Entstehung dieser Herde machen ? Ausschlaggeben4 w/~re auch dabei wiederum, was ffir eine Ver/~nderung vor dem eigentlichen Herd zll beobachten ist. Darauf k6nnen wir kaum eine Antwort geben. Worm es sich um einen funikul/~ren ])roze] handelt, so sehen wir eben - - wir sprecherL hier yon (lessen Friihstadien - - Herde; sonst k6nnen wir die Erkrai~kung fiber- haupt nicht diagnostizieren. Alle Versuche etwa vereinzelte Achsen- zylinderschwellungen oder den Zerfall einzolner Markscheiden als prim/it zu deuten, bzw. das letztere vom ersteren abh~ngig zu machen und darin etwa die Eirdeitung zum funikul/iren ProzeB zu selma, scheitern an der Tatsache, dab wir diese urLcharakteristischen Vers am Einzel- element auch bei allen m6glichen ErkraI~kungen antreffen, die sich hie ,,funikul/~r" auswirken.

Als wesentlicher Gesichtspunkt wurde insbesondere yon Nonne und Minnich unterstrichen, daB ira Lfickenfeld, bzw. im Zentrum des funiku- 1/~ren Herdes veriinderte Gef/~l~e liegen. Das pathogenetische Problem wurde dam_it auf das ,,vasale" Geleise geschoben. Beim Eingehen auf die Bedeutung des ,,vasalen Faktors" mfissen wir uns zuerst fragen: Was sind die histopathologischen Kriteriea eines gefi~BbedingterL Herdes ? Wenr~ wir die vielen Arbeitert Spielmeyers und seiner Mitarbeiter fiber vasal bedingte Gehirnver~nderungen in den Kreis unserer Betrachtung einbeziehen, da~m ist besonders zu betonen, dab im Riickenmark bei vielen F/~llen (Luft-Fettembolie, Kohleimxydvergiftungen), we wit im Gehiru ausgedehnte, gef/~Sbedingte Erweichungen un4 Erbleichungen linden, nut wenige oder oft gar keine Ver/~nderangei1 festzustellen sind. Auch bei tier Arteriosklerose sehen wir nut in/~ugerst seltenon Fii, llen im Rfickenmark wesentliche herdf6rmige Parenchymsch/iden. Dies h/~ngt vielleicht damit zusammen, dab der ldeinere Querschnitt des Rficken- marks eine bessere Durchblutang garantiert. Im GroBhirn f/~llt es uns weniger schwer, die P~thogenese, besonders bei Zirkulationsst6rungen klar zu erkemmn; wir halteI~ uns bei solchom analytischen Vorgehon an die ~llbekamlteI1 Tatsachen aus der allgemeinen Pathologic. Finden wir irgendeinen Nekroseherd in der Rinde, d~nn werden wit zwangsl/~ufig nach greifbaren Gef/~Bver~nderungen in den dazugeh6rigen Strombahngebieten suchen, unser AugeInnerk also auf Thrombose and Ver~nderunger~ an der GefiiBwand (Endarteriitis, Gef/~Bobliteration) lenker~. Finden wir derartige Ver~nderungen nach grfindlichem Suchen nicht, dann erst werden wir zu den mei~r hypothetischen sog. funktionellen Zirkulatioas- st6rungen Zuflucht nehmen. Bei den reinen Gef/~Berkrankungen im Rfickenmark dagegen sehen wir diG, den iilteren Autoren 1/~ngst bekannten Bilder einer mehr oder minder keflf6rmigen Nokrose oder eines sektor-

Z. f. d. g. Neut . u. Psych. 137. 11

162 G. Bodeehtel:

fSrmigen Ausfalls, tier sich aus der radienartigen Gef/~Banordmmg im l~fickenmark erld/irt x. Wie anglers sehen die/unikul~iren Herde im Riicken- mark aus/ Die auf histologische Bilder gestfitzte Ansicht, dab bei der funikul/iren Spinalerkrankung ein zentral gelegenes Gef/~B dutch seine Erkrankung zu einem sich allm/~hlich vergr6flernderL Lfickeafel4 f~hrt, kaml schon dadurch widerlegt werden, dab wir rdcht in jedem funiku- 1/iren Herd ein Gef/~B antreffen, auch nicht auf Schnittserien. AuBerdem muB man sich die starke Vascularisation im Zentralnervensystem iiber- haupt vor Augen halten. SchlieBlich sind fiberall Gef/iBe zu finden, und diese fallen im funikul/iren Herd nur deshalb st/~rker auf, wail sich, wie wir vorhin auf SeRe 142 schon auseinandergesetzt haben, zu ihnen hin der Abbau vollzieht, der seinerseits wieder gewisse reaktive Erscheinungen an der Gef/~Bwand auslSst. Auch ffir die Pathogenese der multiplen Slderose wurde das Antreffen vor~ Gef/iBen im Zentrum eines Plaques gleichfalls dahin gewertet, dab man die charakteristischen Herde als gef/~Bbedingt auffaBte; eine Anschauung, die yon den meisten Autoren heute als falsch abgelehnt wird.

Noch viel weniger 1/iBt sich die Tatsache der Vulnerabilitgit besondere,r Ortlichkeiten mit der ,,vasalen Genese" der friiheren Autoren in Einklang bringen. Dabei ist es gleichgiiltig, ob man yon der Voraussetzung aus- geht, dab ein Gift auf derL Gef/iBweg wirkt oder, dab dieses Gift zur Gef/~flerkrankung ffihrt und damit zur Gewebssch/~digung. Bei einer solchen ,,vasaten" Giftwirkung mfiBte es naturgemi~B zu einer ebenso starken Sch/~digung auch im fibrigen Zentralnervensystem kommen. Man mfiBte dann schon wieder eine besondere Affinit~t dieses Giftes zu den Gef/~Ben des Rfickenmarks und zwar zu besonderen Gef/~flen, die die geschflderten vulnerablen (~rtlichkeiten versorgen, koustruierem Die Tatsache dieser Vulnerabilit/it 1/~Bt sich, wie ohne weiteres einzusehen ist, also nickt mit tier Annahme bestimmter vasaler Faktoren verein- baren, dean sonst k6nnte man ebenso bei der Tabes, bei der auch ein bestimmtes Strangsystem erkrankt ist, an ein Gift denkeu, das auf dem

1 So zeigen auch manche F~lle von Periarteriitis nodosa mit L~sionen des Zentralnervensystems ganz andere Bilder. Wir hatten Gelegenheit, den seinerzeit yon Richardson (Zbl. Neur. 115, H. 3/4) aus der Sammlung der Forschungsanstalt beschriebenen Fall zum Vergleich mit der funikul~ren Spinalerkrankung durch- zusehen. Dort sind die Ver~nderungen im Riickonmark ganz andere, obwohl eine Erkrankung der Hinterstr~nge und der Pyramidenseitenstr~nge dabei start hat und auBerdem diffuse Seh~digungen auch in der iibrigen grauen und weiBen Substanz vorkommen. Es sind abor nirgends funikul~,re Horde zu sehen und die Ver~nde- rungen in den langen Systemen orkl~ren sieh zwanglos als sekund~re Degenerationen, bedingt dureh die Erkrankung dor hinteren Wurzeln einerseits und des GroBhirn- hemisphgrenmarks andererseits. Gerade bei einer soleh starken Gef~13vergnderung, wie sie die Periarteriitis nodosa darstellt, miil3te man funikul/~re Bilder erwarten, wenn ftir die Pathogenese der funikulgren Spinalerkrankung tatsgchlich der vasale Faktor im alton Sirme aussehlaggebend w~re.

Zur Histopathologie der funikuli~ren Spinalerkrankung usw. 163

Gefg6wege wirkt. Derartige Hypothesen ffihren ins Uferlose, un4 es liel3e sich noch viel fiber 4as ,,Wenn" urtd ,,Aber" phantasieren. GewiB, irgendwo mu6 wohl ein sch/~digendes Etwas auf dem GefgBwege, bzw. Liquorwege auf das Gewebe wirker~, denn es handelt sich ja um einen exogenen degenerativen Prozef], nicht um einen endogen bedingtert wie sie z. B. die Merzbachersche Krankheit oder die Friedreichsche Ataxie darstellt.

Es erscheint naheliegend, anzunehmen, dal~ sich die Ver~nderuugeu in dem Gebiet manifestieren, in dem der stofflicho Austausch allein stattfindet, d. i. im Capillargebiet. Allerdings mu6 hierzu ausdriicklich betont werden, da6 oine Erkrankung des eigentlichen Capillargebietes uns ,,histologisch" nicht zug~nglich ist. Bremer x ist, in Ardehnung an die Beobachtungen yon Jiirgensen fiber Ver~tnderungen des haut- capillarmikroskopischen Bildes bei der perrfiziSsen An/~mie, ffir eine capillare Entstehung der fmdkuls Herde eingetreten. Nun darf man aber unseres Erachtens iticht vergessen, 4a13 gerade die Vascularisation des Gehirns anderert Gesetzen unterworfen ist, wie die der ~u6eren Haut. Es sei in diesem Zusammenhange nur an den Begriff der funktio- nellen Endarterien erinnert, d.er trotz der neuereu Uutersuchungen P/ei//ers fiber das sog. Capillarkontinuum am Gehirn noch seine volle Berechtigung besitzt. Bei 4iesem Vergleich mit den Capillarverhglt- nissen der/~u6eren Haut bringt uns auch der Begriff der elektiveu Keim- blattsch~digung rdcht welter. Gewi6 ist es naheliegend, den Angriffs- punkt der Sch~digung an die Stelle zu verlegen, an der der Stoffaus- tausch stat t hat, aber, wie schon gesagt, erkli~rt 4iese Auffassung noch keineswegs die eingangs breit geschilderte Vulnerabilit~t bestimmter Abschnitte des Nervensystems.

Mindestens ebenso verlockend wie die Theorie der Giftwirkung auf dem GefgBweg, ist die auf dem Liquorweg. Die Liquorphysiologie und -pathologie hat ja insbesondere in don letzten Jahren eine gro6e Rolle gespielt, vor allem dutch die MSglichkeit tier Priifung der Blut-Liquor- schra~ke. Hierzu ist bemerkenswert, da6 der Liquor auf 2 Wegert mit 4em Gewebe des Zentralnervensystems in Berfihrung kommt. Er um- spfilt als innerer Liquor deuVentrikel und als s Liquor im zusammen- h~tngenden Liquorsystem das Gehfl'n und Rfickenmark. Au[~erdem sind abet auch die in das Gehirn und Rfickenmark versenkten Gef/~l~e yon eirtom Liquorraum umgeben, den man am besten als den ,,intramuralen" (Spatz) bezeichnet. Wir kSnnen uns nun vorstellen, c[al~ ebenso wie auf dem Gefs das hypothetische Gift auch auf dem intramuralen Liquorweg auf das Gewebe wirken kann.

1 Bremer: Zur Pathogenese der funikul~ren Spinalorkrankung. Vortrag in der Neurologisch-Psychiatrischen Gesellschaft Miinchen, 18. Dezember 1930. Ref. Klin, Wschr. 10. Jahrgang, Nr. 8, 380.

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164 G. Bodeehtel:

Diese Auffassung war es, die Pentschew bei selden Pellagraunter- suchungen, d. h. auch ffir die bei der Pellagra vorkommenden funikul/~ren Ver/~nderungen in den Vordergrund der Pathogenese stellte. Nach seiner Meiuung gibt eme allm/~hlich einsetzende St6rung der Blut-Liquor- schranke dora hypothetischen Toxin odor auch den im normalen Blut vorkommonden chomischen Verbmdungen dio M6glichkeit, das Gewebe zu sch~digon. Allerdings ist auch zu dioser Auffassung zu bemerken, dab nach den Erfahrungon der letzten Jahre bei allen m6glichen Er- krankungen eine StSrung der Blut-Liquorschranke stat t hat. Wit haben es also keinesfalls mit einer besonderen Eigentiimlichkeit bei dor Pellagra, bzw. bei der funikuliirert Spinalerkrankung zu tun. Pentschew ist diesen Dragon auch experimentell nachgegangert un4 konnte bei Tieren, die chrortisch mit Ergotin vergiftet waren, (lurch vitale Trypan- blauinjektionen zeigen, dab in der Tat dieser Farbstoff vom Liquor her in das nerv6se Gowobe eindringt, was bei emer normal funktionierenden Blut-Liquorschranke nicht m6glich ist. Nach seiner Meiaung /st die Pathogoaese der Pellagra, des Ergotismus und dot Blei- und Kohlenoxyd- vergiftung weitgehendst dutch St6rungen der Blut-Liquorschranke zu erkl/~ren. Bei einem Kaair~chen, das chronisch mit Ergotia vergiftet war, hat Pentschew in beiden Vorderstri~ngen des Riickenmarks, aber nJcht etwa nut beschri~nkt auf dio Pyramidenvorderstrangbahn, eine frische Gliareaktion beobachtet mit Auftretea yon Myeloklasten 1. Es gibt sonst unseres Wissens keine experimentell erzeugte, sichere Ver/~nderung am Rfickertmark, die wir mit furtikul/iren Ver~nderungen vergleichen k6nnten 2. Auch fehlen uns aus der menschlichen Pathologie irgendwelche, der funikul/iren Ver/~nderung analog zu setzende Beflmde bei exogenen Vergifturtgen usw. Die Markveri~nderungert im Gro]3hirn bei 4er Kohlen- oxydvergiftung, die in~besondere Meyer ausfiihrlich schilderte, smd anderer Natur. Man sieht dort mehr diffuse Entmarkungsprozesse, die

z In einer miindliehen Aussprache hat Herr Pentschew erld~rt, dab es ihm in einer weiteren, sehr ausgedelmten Versuchsreihe niemals mehr geglfickt ist, der- artige Befnnde zu erheben.

2 Unter Berficksichtigung der sehr kritischen und wertvollen Anschauungen A. Pentschews (Krkh.forschg, 7, H. 6) fiber die Pathogenese der Pellagra, erfibrigt es sich n~her auf die yon Gildea, Kattwinkel und Castle (Expel combined system disease, New England J. Med. 202, 523--527; ref. Zbl. Neur. ~6) mitgeteilten Versuche einzugehen, die Hunde mit Nahrung, die frei yon antineuritischen und ,,Pellagra verhiitenden" Bestandteilen war, fiitterten. Bei diesen Tieren zeigten sieh angeblich sehlaffe L~hmungen und beider Untersuchung des Riickenmarks wurde ein ,,diffuser, unregelm~iger Schwund des l~Iyelins" besonders in der weil3en Substanz festgeste]lt, der yon den Autoren re_it der funikul~ren Spinalerkrankung des Menschen verglichen wird. Nach unserer oben angegebenen Definition stellt aber die L Sp. eben keinen diffusen unregelmi~Bigen Schwund des Myelins dar und der Vergleich ist deshalb absolut unzutreffend, ganz abgesehen, dal3 die Auf- fassung der ,,Pellagra als Avitaminose" yon kritischen Autoren fiberhaupt abgelehnt wird ( Pentschew).

Zur Histopathologie der funikul~ren Spinalerkrankung usw. 165

viel mehr an die Bilder bei diffuser Sklerose erinrmrn m14 die ma~t deshalb mit funikul/~ren Grol3hirnherden nicht vergleichen karm 1. Auch die Befunde bei Kampfgas urLd Cyanvergiftung, fiir die, wie bei tier Co- Vergiftung eine vasale Genese yon den meisten AutoreI~ angenommen wird, k6nne~l mit den funikulitren Ver'~nderungen nicht vergliche~ werden. Es ist auch nicht richtig, wenn man ffir den funikul/trer~ Herd eine vasale Pathogenese annimmt, nut weft bei der perniziSsen Anitmie insbesondere h/~ufig Ringblutungen beobachtet werde~. Ringblu~ung und funikulgrer Herd sired, wie wit vorhin auseinandergesetzt haben, etwas priuzipiell Versehiedenes. Vor Mlem ist niehr zu vergesseu, dal3 die Ringblutung eine aul3erordentlich h/~ufige Erscheimmg bei Mlen mSglichen Krank- heite~ darstellt. Wiirde der funikul/ire Herd zu seiner Entstehung dieselben Voraussetzungen wie die l~ingblutung haben, dann mtiBte man funikul/~re Herde auch hi~ufiger bei allen m6glichen anderen Erkran- kungen, insbesondere bei Kreislaufst6rungen, linden. Ebenso w/ire es auch unseres Erachtens zu konstruiert, wenn man etwa nut, well Ent- markungsprozesse auch im Gefolge der Masernencephalitis vorkommen k6nnen (vgl. den Fall Walthard), fiir die Entstehung tier funikul/~ren Erkrankung ein Virus verantwortlieh machen ~dirde.

Wir kSrmen nur sagen, da{3 wit bei Beriicksichtigung aller kisto- logischen Erscheinungea noch welt davon entfernt sind, in den patho- genetischert Fragen der funikul/~ren Spinalerkrankung klar zu sehen. Vielleicht wird dureh den weitereu Ausbau der vergleichenden Gehirn- pathologie 2 und durch das Tierexperiment mehr Licht in das Dunkel unseres Krankheitsbildes gebracht. Die insbesondere bei tier perni- ziSsen An/~mie zu sehenden Ver/~nderunger~ an den iibrigert KSrper- organerL lassen auch keinerlei Schlul3 auf die Pathogeaese der funikul/~ren Riickenmarks- und GroShirnver~tnderungen zu.

Die sehr interessantert Befunde, die derselbe Autor beim Tierexperiment naeh Co-Vergiftung fund, beschri~nkten sieh auf das GroShirnmark. Im Rfickenmark war niehts Besonderes zu linden. Die dabei im Hemisphiirenmark zu sehenden Veranderungen karm man aueh nicht mit ,,funiknl~.ren" Herden vergleichen.

Nach Abschlufl dieser Arbeit wurde der ForschungsanstMt yon einer aus- w~rtigen Klinik ein A//engehirn mit Rttckenmark zur Untersuchung eingeschickt. Wir waren tiberrascht, an dem Riickenmark eine typische funikulare Spinal- erkrankung festzustellen, die in der Art und Ausbreitung des Prozesses v611ig den yon uns auf S. 160 aufgestellten pathologisch-anatomischen Stigmata der funikul~ren SpinMerkrankung entsprach. Diese dfirfte damit wohl zum ersten Mal an einem Tier beobachtet worden sein. Jtingst hat Schob (Z. Neur. 185, 95) fiber eine Form yon dissiminierter konfluierender Sklerose bei Mfen berichtet, bei der im Rfickenmark neben einer sekundaren, absteigenden Degeneration der Pyramiden- bahnen eine systematische Erkrankung der hinteren Wurzeln und der Hinter- strgnge gefunden wurde. Der Befund an dem oben erw~hnten Mfen zeigte gleich- falls eine Degeneration der hinteren Wurzeln, aber im iibrigen gliehen die Bilder durchaus der mensehlichen funikul/~ren SpinMerkrankung. Friedliinder wird dem- nachst in einer eingehenden Publikation aus der ForschungsanstMt diesen eigen- artigen Befund schildern.

] 66 G. Bodeehtel:

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