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17. Jahrgang, 2012/2, Juli 2012
Inhalt / Sommaire
65 Peter Karrer, Burgenarchäologie im Kanton
Luzern – ein Lauf durch die Forschungs
geschichte
88 Jürg Manser, Der Zytturm an der Museggmauer
und die älteste Stadtuhr von Luzern
96 Christoph Rösch, Das Haus «Weid» in Meggen
Rüeggiswil
103 Fabian Küng, «… ein leibhaftiges Märchen aus
alten Zeiten.» – Das mittelalterliche Richensee
118 Kurzberichte
119 Veranstaltungen
122 Publikationen
124 Vereinsmitteilungen
Die Schweizerische Nationalbibliothek verzeichnet diese Publika
tion im Schweizer Buch, der schweizerischen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten finden Sie in Helveticat, dem Kata
log der Schweizerischen Nationalbibliothek, unter: www.nb.admin.ch/
helveticat.
Umschlagbild/Couverture:
Richensee, Hitzkirch LU; Turmruine vor 1920
(Kantonsarchäologie Luzern).
Herausgeber/EditriceSchweizerischer BurgenvereinGeschäftsstelle BaselBlochmonterstrasse 22, 4054 Basel
L’Association Suisse Châteaux forts
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Erscheinungsdatum / Parution31. 3. / 30. 6. / 30. 9. / 29. 12.
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Gedruckt mit Unterstützung
der Kantonsarchäologie Luzern
Mittelalter 17, 2012 / 2 65
Burgenarchäologie im Kanton Luzern – ein Lauf durch die Forschungsgeschichte
von Peter Karrer
gehören unter anderem Kastelen bei Alberswil, Nünegg
bei Lieli, die Burgruine Schenkon, die Stadtburg «Bergli»
in Willisau, die Äussere Burg von Wolhusen, der Turm zu
Richensee, die NeuHabsburg in Meggen und die Ruine
Oberreinach auf dem Gemeindegebiet von Römerswil.
Die oberflächlich betrachtet gut erhaltenen Anlagen wie
etwa das Schloss Heidegg, die Johanniterkommende Ho
henrain und das Schloss Wyher in Ettiswil haben durch
massive, neuzeitliche Umbaumassnahmen ihren mittelal
terlichen Charakter stark eingebüsst oder spiegeln in his
torisierender Weise mittelalterliches Bauhandwerk vor.
Die Regionen rund um das Städtchen Willisau und um
Wolhusen zeigen eine auffällige Dichte von Wehranlagen
auf engstem Raum. Die Burgenlandschaft in diesen
beiden Gebieten widerspiegelt beispielhaft die klein
räumigen und zerstückelten Herrschaftsstrukturen, wie
sie in der hochmittelalterlichen Innerschweiz oft anzu
treffen waren. An den Flanken des verkehrstechnisch
günstig gelegenen Wiggertales zwischen Altishofen und
Zofingen sowie im Seetal, am Westhang des Linden
berges, ist ebenfalls eine relativ hohe Burgendichte zu
verzeichnen.
Im weiteren Umfeld der Stadt Luzern hält sich die Anzahl
der Burgen und Schlösser in Grenzen. Wirtschaftliche
Faktoren, Verkehrslage und die topografischen Ge
gebenheiten liessen eigentlich vermuten, dass hier im
Mittelalter fruchtbarer Boden für Herrschaftsbildung
und Burgenbau vorhanden war. Möglicherweise liegt
der Grund für die eher schwach ausgeprägte Burgenland
schaft darin, dass sich die Machtansprüche des Klosters
Murbach und ihrer Kastvögte, der Habsburger, in
diesem Gebiet bereits in der Hochphase des Burgenbaus
Bereits Ende des 16. Jh. befasst sich Rennward Cysat
mit den Burgen und Adelssitzen auf dem Territorium
des Standes Luzern. 1597 erhält der Stadtschreiber vom
Rat den Auftrag, eine Karte der Landschaft Luzern zu
er stellen. Die zeichnerische Umsetzung überträgt Cysat
dem Maler HansHeinrich Wägmann. Die 1613 fertig
gestellte «Luzernerkarte» zeigt nicht nur Weiler, Dör
fer, Städtchen oder bedeutende Klöster und wichtige
Brücken, sondern auch die Burgen und Schlösser auf
dem damaligen Hoheitsgebiet, meist in sehr schemati
scher Darstellungsweise (Abb. 1).1
Besonders interessant ist, dass auch jene Burgen in der
Karte verzeichnet sind, die bereits zu jener Zeit nur noch
als Ruinen in der Landschaft thronten oder bloss noch
aus chronikalischen oder mündlichen Überlieferungen
bekannt waren. Warum Wägmann und Cysat so grossen
Wert auf die Darstellung selbst von abgegangenen Bur
gen und Schlössern im Stande Luzern legte, ist nicht ganz
klar. Der Grund liegt vermutlich darin, dass Kartenwerke
dieser Zeit nicht wie heute in erster Linie der räumlichen
Orientierung dienten, ihre Eigenschaft als Besitzverzeich
nisse war genau so wichtig oder sogar noch bedeuten
der. Bei den Burgstellen auf Luzerner Hoheitsgebiet ging
es dem Rat nicht um die alten vor sich hin zerfallenden
Gemäuer, sondern vielmehr um den damit verbundenen
Grundbesitz oder die Rechte, die der Stadtstaat nach
seiner Expansionspolitik in die Landschaft ab der Mitte
des 14. Jh. an diesen Objekten besass, beanspruchte oder
zumindest zu erlangen hoffte.
Die Burgenlandschaft im Kanton Luzern
Nach aktuellem Forschungstand sind auf dem Gebiet des
Kantons Luzern 97 Burgen und Schlösser bekannt. Dazu
kommen noch 35 vermutete Burgstellen.2 Von weit mehr
als der Hälfte der mittelalterlichen Wehranlagen sind
nur noch spärliche Mauerreste übrig geblieben oder sie
sind bloss noch anhand auffälliger Spuren im Gelände
zu identifizieren. Zu den besser erhaltenen Objekten
1 Heinz Horat/Thomas Klöti, Die Luzernerkarte von HansHeinrich Wägmann und Rennward Cysat 1597–1613. Der Geschichtsfreund, Mitteilungen des Historischen Vereins der Fünf Orte 139, 1986, 55ff.
2 Vgl. Burgenkarte der Schweiz – West sowie Burgenkarte der Schweiz – Ost, hrsg. vom Bundesamt für Landestopografie swiss topo (Wabern 2007).
Peter Karrer – Burgenarchäologie im Kanton Luzern – ein Lauf durch die Forschungsgeschichte
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weitgehend etabliert hatten, was den Bau von neuen
Herrschaftssitzen erschwerte oder ganz verhinderte.
Das Entlebuch zwischen Doppleschwand und Escholz
matt ist eine beinahe burgenfreie Zone. Erst gegen das
Berner Kantonsgebiet hin nimmt die Dichte der Wehran
lagen wieder zu. Dieser Sachverhalt bildet aber nur den
momentanen Forschungsstand ab. Im luzernischen Ent
lebuch werden rund sieben weitere Burgstellen vermu
tet, die ihrer Entdeckung harren. Als eine weitere interes
sante Region in der Burgenlandschaft des Kantons ist
das Tal der Luthern südlich von Ufhusen anzuführen.
In diesem abgelegenen Gebiet sind auf einer Strecke von
etwas mehr als 4 Kilometern beidseits des Tals fünf Burg
stellen bekannt. Die Ursache für die relativ hohe Burgen
dichte ist spekulativ. Vermutlich förderte hier im Hoch
mittelalter ein gewisses Machtvakuum die Bildung von
kleinen Rodungsherrschaften mit dazugehörigen Burgen,
bis die Städte Bern und Luzern ihren Einfluss in dieser
Region am Ende des 14. Jh. langsam ausweiteten.
Die Anfänge der Burgenarchäologie
im Kanton Luzern
In der zweiten Hälfte des 19. Jh. treten im Kanton
Luzern die Burgen und Schlösser ins Blickfeld der damals
noch jungen Forschungsdisziplin Archäologie. Im Ge
gensatz zur heutigen eher sachlichen und differenzierte
ren Betrachtungsweise war der Forschungsansatz damals
noch stark von Vorstellungen geprägt, welche die Burg
auf ein Symbol vermeintlicher Unterdrückung, Kristalli
sationspunkt des Konfliktes der Eidgenossenschaft mit
dem Adel oder schlicht und einfach auf ein Sinnbild
verklärter Ritterromantik reduzierte.
Es waren vor allem die historischen Gesellschaften und
die Heimatvereinigungen sowie interessierte Lokal
historiker, die sich in dieser frühen Phase den mittel
alterlichen Repräsentations und Wehrbauten annah
men. Warum die Burgenforschung und allgemein die
Archäologie in dieser Zeit plötzlich auf grosses Interesse
stösst, lässt sich nur bedingt ergründen. Einer der Um
stände mag wohl darin liegen, dass der junge Bundes
staat noch auf der Suche nach einer gemeinsamen
Identität war, die man im kulturellen Erbe des Landes
zu finden hoffte. Bis zu einem gewissen Grad wurde so
Geschichtsforschung und Archäologie zur Legitimierung
des Staates Schweiz instrumentalisiert.3
1: Ausschnitt aus der 1613 fertiggestellten «Luzernerkarte» von HansHeinrich Wägmann und Rennward Cysat mit den Burgen und Schlössern in der Region Willisau.
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Peter Karrer – Burgenarchäologie im Kanton Luzern – ein Lauf durch die Forschungsgeschichte
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Altbüron
In der Anfangszeit bedeutete die zielgerichtete Unter
suchung einer Burgstelle nicht selten die schätzgräber
artige Beraubung des Objektes. Es ist eine Epoche,
die aus der heutigen Forschungsperspektive von wenig
sensiblem Umgang mit diesen Monumenten geprägt ist.
1881 wird durch den Halsgraben der 1309 zerstörten
Burg Altbüron eine Strasse gelegt. Die damals zu Tage
getretenen Funde – insbesondere Baukeramik aus der
Produktion des Klosters St. Urban – veranlassen den
Besitzer des Grundstückes, 1884/85 den gesamten Burg
hügel umzugraben. Primäre Absicht war es, Funde zu
bergen und diese zu veräussern. Die Eisenartefakte und
ein Teil der geborgenen Ofen und Baukeramik wurden
über die Burgergemeinde Bern an das Bernische Histo
rische Museum verkauft.4 Die Dokumentation des Be
fundes beschränkte sich auf die Anfertigung eines Situ
ationsplanes der Anlage durch Dr. E. Blösch und Dr.
E. von Fellenberg.5 Die Planaufnahmen belegen, dass
zum damaligen Zeitpunkt noch erhebliche Mauerreste
angetroffen wurden. Davon ist heute kaum mehr etwas
vorhanden, auf dem Burghügel thront mittlerweile ein
Wohnhaus. Kleinere Sondierungen der Kantonsarchäo
logie Luzern 1986 und 1993/94 im Zuge von Bauarbei
ten belegten vor allem die brachialen Grabungsmetho
den im letzten Jahrhundert.
Büron
Aus heutiger Sicht als fast schon schockierend kann das
Schicksal der Burg Büron bezeichnet werden. Anfang
des 20. Jh. waren noch weit aufragende, ausgedehnte
Mauerzüge der Anlage vorhanden. 1908 beschloss die
Gemeinde Büron, das alte Gemäuer bis auf die Funda
mente abzubrechen, um an seiner Stelle ein neues Schul
haus zu bauen. Eine fachgerechte Dokumentation des
damaligen Zustandes, geschweige denn eine Unter
suchung der Anlage, wurde nicht in Betracht gezo
gen. Die wenigen Zeugnisse des Baubestandes vor der
Niederlegung der Mauern sind einige Fotos und ein
schematischer Situationsplan der Burg (Abb. 2).
3 Ein bemerkenswerter Beitrag zu diesem Thema ist Guy Marchal, Die «alten Eidgenossen» im Wandel der Zeit. Innerschweiz und frühe Eidgenossenschaft 2 (Olten 1990) 352–400.
4 Christoph Rösch, Altbüron. Die Metallfunde der 1309 Zerstörten Burg. Archäologische Schriften Luzern 14 (Luzern 2012) 11ff.
5 Hans Rudolf Thüer, Die Burgen und Schlösser im Amt Willisau und Umgebung: Entstehung – Anlage – Geschichte, Separatdruck Heimatkunde des Wiggertals Heft 40 (1982) 219.
2: Ruine Büron 1907. Zustand der Burganlage wenige Monate vor dem endgültigen Abbruch.
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Oberrinach
Die Ausgrabung auf der Burg Oberrinach bei Herlis
berg 1888 ist wohl das früheste Beispiel von ernsthaf
ter Burgenforschung im Kanton Luzern. Nicht zuletzt ist
dies dem grossen Interesse der Familie ReinachHirzen
bach an einem der Stammsitze ihrer Vorfahren zu ver
danken (Abb. 3). Vor allem Baron Maurice de Reinach
(1911–1994) war darauf bedacht, die Baugeschichte
der Burganlage zu ergründen und die nötigen Mass
nahmen zum Schutz des Bauwerks zu ergreifen. Eine
grössere Grabungskampagne wurde in den Jahren
1940–42 mit französischen Internierten durchgeführt,
welche bis anhin noch unbekannte Mauerzüge frei
legten und das Mauerwerk des Bergfriedes sanierten
(Abb. 4).6 Danach schlummert die Forschungstätigkeit
auf der Burgstelle für mehr als 20 Jahre. Da die begon
nenen Sanierungsarbeiten 1942 nicht vollständig abge
schlossen wurden, ist das Mauerwerk in den 60er Jahren
bereits wieder in einem sehr schlechten Zustand. Des
halb sind die vom Zerfall bedrohten Teile der Anlage
1965 erneut Gegenstand von Sicherungsmassnahmen.
Weitere Konservierungsarbeiten mit kleineren archäo
logischen Untersuchungen folgen 1986 und 1991.7
Die Burgenarchäologie im Kanton Luzern beschränkte
sich bis Ende der 1940er Jahre in erster Linie auf Wehr
bauten, die sich dem damaligen Betrachter noch mit
imposanten Mauerresten zeigten und wohl als in Stein
manifestierte Identifikationspunkte des damaligen Ge
schichtsverständnisses wahrgenommen wurden. Die
wenigen Ausnahmen bilden die Untersuchungen und
Sondierungen auf den Burgstellen Stadtägertli ob
Gettnau, jene im Bereich der kleinen Insel Altstaad
vor Meggen und dem sogenannten Hinterchnubel bei
Escholzmatt.
Altstaad
Heute sind auf dem Inselchen Altstaad von der mittel
alterlichen Burg nur noch ein Turmstumpf und Reste
einer Mauer an der westlichen Felsklippe sichtbar
(Abb. 5). Bereits 1890 war bekannt, dass zwischen der
Insel und dem Festland Pfahlreihen im Seeboden stecken.
1920 versuchte der damalige Direktor des Gletscher
3: Burg Oberrinach bei Römerswil, Blick von Osten. Zustand der Anlage 1991 nach den letzten grösseren Sanierungsmassnahmen.
4: Burgruine Oberrinach. Internierte der französischen Armee, welche bei den Ausgrabungen und Konservierungsarbeiten in den Jahren 1940/41 eingesetzt wurden.
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Peter Karrer – Burgenarchäologie im Kanton Luzern – ein Lauf durch die Forschungsgeschichte
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gartens, Wilhelm Amrein, mit Baggersondierungen dem
Geheimnis der Pfähle auf den Grund zu gehen. Das Ziel
lag nicht in erster Linie darin, Aufschlüsse über die mit
telalterliche Wehranlage zu erlangen. Der Urgeschichtler
Amrein hoffte, dass es sich bei den Hölzern um Überreste
einer Pfahlbausiedlung handelt. Die Abklärungen blie
ben mehr oder weniger ergebnislos und Funktion und
Alter der Pfahlreihe weiterhin rätselhaft. Eine Datierung
ins Mittelalter schien Amrein indessen wahrscheinlicher.
Auch bezüglich der Burg konnten bei dieser Aktion keine
neuen Erkenntnisse gewonnen werden. Ein Ofenkachel
fragment aus dem 14. Jh., welches aus dem Vierwald
stättersee geborgen wurde, blieb der einzige Fund aus der
Nutzungsphase der Anlage.8
1999 waren die ufernahen Mauerreste der Altstaad in
einem solch schlechten Zustand, dass sie teilweise in
den See zu stürzen drohten. Nach eingehenden Ab
klärungen beschloss die Kantonsarchäologie, die gefähr
deten Mauerabschnitte nicht zu sanieren. Eine Sanierung
wäre technisch äusserst aufwändig gewesen und hätte zu
einem ästhetisch unbefriedigenden und fachlich fragwür
digen Ergebnis geführt. Die Massnahmen beschränkten
sich auf die fotografische Dokumentation des sicht baren
Mauerwerks und die topografische Aufnahme von
Insel und Gemäuer durch Jakob Obrecht. Im Zuge
dieser Arbeiten beschloss man, Holzproben der 1920
sondierten Pfahlreihen zu bergen. Die dendrochronolo
gische Datierung bestätigte Amreins Vermutung: Die
Hölzer waren im 2. Viertel des 13. Jh. geschlagen wor
den. Die Pfahlreihen hatten vermutlich mehrere Funk
tionen zu erfüllen. Einerseits dürften sie als Annähe
rungshindernis an die Burg gedient haben, andererseits
bildeten sie einen geschützten Hafenbereich zwischen der
Insel Altstaad und dem Meggenhorn.9
Stadtägertli
Der Burgplatz Stadtägertli hoch über Gettnau wurde um
1900 wiederentdeckt, als sich die Altertumsforschung
für urgeschichtliche Erdwerke und frühmittelalterliche
Fluchtburgen zu interessieren begann. Die Anlage war
schon damals nur noch anhand von Abschnittgräben
und Erdwällen im Gelände erkennbar (Abb. 6). 1913
lässt sich im Jahresbericht der Schweizerischen Gesell
schaft für Urgeschichte nachlesen, dass im Vorjahr auf
dem Stadtägertli eine mittelalterliche Pfeilspitze und ein
Schwert gefunden worden seien.10 Angespornt durch
diese Funde legte der Schötzer Schlossermeister und
Lokalhistoriker Anton Graf 1930 einige Sondierschnitte
durch die Abschnittgräben. Die Suche verlief weitgehend
ergebnislos. Ausser Holzkohleansammlungen kamen
nicht wie erhofft neue Funde zum Vorschein.11 Nach
dieser «ergebnislosen» Untersuchung geht das Interesse
an der Burgstelle schnell verloren. Erst in den letzten
Jahren wurde die Öffentlichkeit und die Kantonsarchäo
logie wieder auf das Stadtägertli aufmerksam. Ober
flächenfunde, die bei systematischen Begehungen ein
gesammelt werden konnten, belegen eine Nutzung der
Anlage mindestens im 12. und frühen 13. Jh.
6 Nachrichten des Schweizerischen Burgenvereins 1964, Heft 4, 78f.7 JbHGL 4, 1986, 95f; Jahresbericht der Archäologie 1991, Sonder
druck aus JbHGL 10, 1992, 77f.8 Jahrbuch der Schweizerischen Gesellschaft für Ur und Früh
geschichte 64 (1981) 268.9 JbHGL 19, 2001, 143ff.10 Jahresbericht der Schweizerischen Gesellschaft für Urgeschichte
1913, 149.11 Jahresbericht der Schweizerischen Gesellschaft für Urgeschichte
1945, 37.
5: Ruine und Insel Altstaad am Meggenhorn 1999. Vom Absturz bedrohtes Mauerwerk auf der Westklippe der Insel.
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Hinterchnubel
1938 wird mit finanzieller Unterstützung des Histori
schen Vereins der Fünf Orte auf dem markanten Hügel
Hinterchnubel an der Bahnlinie zwischen Escholzmatt
und Wiggen sondiert. Ausser der auffälligen Topo grafie
weist schon damals nichts mehr auf eine abgegangene
Burg hin. Schon etliche Male hatte man hier allerdings
bei Erdarbeiten kleinere Funde zu Tage gefördert. Vor
etwelchen Jahren seien auf dem hinteren Knubel minder
erhebliche Altertümer hervorgegraben worden, berichtet
Pfarrer Schnyder von Wartensee 1781. Rund 100 Jahre
später findet man laut der Witwe des Dorflehrers auf
dem Hügel unter anderem eine alte Münze.12 Die Ergeb
nisse der Grabung waren mager. Mit «Versuchsgräben»
schnitten die Forscher den Burggraben auf der Westseite
der Anlage an, der mit humosem, fundleerem Material
verfüllt war. An höher gelegenen Stellen des Hügels zeig
ten sich in den Sondagen gelegentlich Anhäufungen von
länglichrunden grösseren Kieseln, die als Fundament
reste interpretiert wurden. Die wenigen angetroffenen
Funde, wie etwa eine Säbelklinge und eine Bajonett
scheide, stammten ausschliesslich aus neuerer Zeit oder
waren nicht datierbar.13
Wie bereits erwähnt beschränkten sich grössere archäo
logische Untersuchungen und bauanalytische Abklärun
gen an Burgen bis in die Mitte des 20. Jh. auf die weni
gen, noch besser erhaltenen Anlagen im Kanton. Es sind
auch diese Objekte, die bis in die Gegenwart immer
wieder Gegenstand archäologischer Abklärungen und
denkmalpflegerischer Massnahmen sind.
Schenkon
Nach der Burg Oberrinach war die Schenkon eine der
ersten Ruinen im Kanton, die genauer untersucht werden
sollten. An der einst stattlichen Anlage hatte der Zahn
der Zeit deutliche Spuren hinterlassen. Nachdem die
Burg schon einige Jahrhunderte langsam vor sich dahin
zerfiel, bewilligte 1736 der Rat von Luzern, die Ruine
als Steinbruch für den Wiederaufbau der teilweise ab
gebrannten Stadt Sursee zu nutzen. In den folgenden
rund 150 Jahren geht der Raubbau an der Burgruine
weiter, bis 1899 die damaligen Besitzer des Grund
stückes, die Gebrüder Rogger aus Schenkon, bei Grab
arbeiten glasierte Ofenkacheln und verschiedene Eisen
geräte entdecken. Durch diese Funde auf den Plan
gerufen, wollte die «Schweizerische Gesellschaft für die
Erhaltung historischer Kunstdenkmäler» systematische
Grabungen durchführen. Das Vorhaben scheiterte je
doch an der Finanzierung. Wenigstens fertigte damals
der Nidwaldner Staatsarchivar Dr. Robert Durrer Pläne
der Ruine an und dokumentierte den noch vorhandenen
Baubestand fotografisch. Danach wurde die Ruine
wieder als Steinbruch ausgebeutet.14
Äussere Burg Wolhusen
1929 befasst sich Pfarrer Niklaus Zimmermann in sei
nem Heimatbuch mit der im Sempacherkrieg zerstörten
Äusseren Burg Wolhusen.15 Angeregt durch diesen Bei
6: Burgstelle Stadtägertli. Auszug aus dem «Feldbuch» von Hans Suter 1965. Grobmassstäbliche Skizze der mit Abschnittgräben und Wällen bewehrten Anlage.
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Peter Karrer – Burgenarchäologie im Kanton Luzern – ein Lauf durch die Forschungsgeschichte
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trag wurde in den Jahren 1930–35 in mehreren Etappen
Grabungen auf der Burgstelle durchgeführt. Mit heuti
gen Vorstellungen von Archäologie hatte diese Aktion
wenig gemeinsam. Die Arbeiten begnügten sich in erster
Linie mit dem Entfernen von Pflanzenbewuchs und
Zerfallsschutt, um die Mauerreste wieder besser sicht
bar zu machen. In der letzten Grabungsetappe legte man
gezielt Sondierschnitte über das gesamte Burgareal. Die
Hoffnung der Ausgräber, im Boden verborgene Fun
damente zu entdecken, bestätigte sich nicht. Zum Ab
schluss der Grabungskampagne wurden die offen liegen
den Mauern notdürftig saniert (Abb. 7).
Nünegg
Auf der Ruine Nünegg in Lieli sind um 1871 ebenfalls
Schatzsucher unterwegs, diesmal im wörtlichen Sinne.
Die Jagd nach wertvollen Funden bleibt jedoch ohne Er
folg. Noch bedenklicher ist der Umgang mit der Burg
anlage im Zuge eines Strassenbaus 1873. Die Gemeinde
Lieli plant für dieses Projekt, Steine aus dem Mauer
werk der Nünegg zu brechen. Glücklicherweise erkennt
schon damals der Kanton Luzern als Eigentümer der
Anlage den historischen Wert der Burg; er stoppt das
Vorhaben.16 Erst in den 1930er Jahren sollte die Nün
egg Gegenstand von archäologischen Grabungen und
Sanierungsmassnahmen werden, die Bausubstanz war
um 1930 derart schlecht, dass Handlungsbedarf
herrschte. Angesichts des desolaten Zustandes beschloss
1929 der Regierungsrat auf Drängen des heutigen His
torischen Vereins der Zentralschweiz die Sanierung des
geschichtsträchtigen Bauwerks (Abb. 8).17 Ursprünglich
wurde der damalige Präsident des Schweizerischen
Burgenvereins und Architekt Eugen Probst mit der Lei
tung des Projekts beauftragt. Nachdem Robert Durrer
als beigezogener Experte der Eidgenössischen Kommis
sion für historische Kunstdenkmäler diesbezüglich Be
denken geäussert hatte, zog sich Probst zurück. Durrer
kritisierte, Probst habe die Neigung, Burgen nach einem
romantisierenden Bild wiederherzustellen und dabei
originale Substanz zu opfern.18 1930/31 liess man das
12 Peter Xaver Weber, Die Burgen des Entlebuch. Manuskript zum Vortrag der Jahresversammlung des Historischen Vereins der Fünf Orte (1938) 17.
13 Weber 1938 (wie Anm. 12) 17f.14 Jakob Obrecht, Schenkon LU, Sondierungen und Sanierungs
massnahmen 1992. Nachrichten des Schweizerischen Burgenvereins 1993, Heft 6, 43.
15 Niklaus Zimmermann, Heimatkunde von Wolhusen (Willisau 1929).
16 Waltraud Hörsch, Burg Lieli, Dokumentation der Quellenlage zur Bau und Konservierungsgeschichte. Manuskript (Luzern 2010) 22.
17 Hörsch (wie Anm. 16) 25f.18 Hörsch (wie Anm. 16) 27.
7: Äussere Burg Wolhusen. Fotodokumentation anlässlich der Grabungskampagne 1933. Südwestlicher Bereich des Burgareals mit den kurz zuvor freigelegten Mauerzügen.
8: Burgruine Nünegg Lieli. Südansicht der Ruine kurz vor Beginn der Sanierungsarbeiten 1930/31.
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Mauerwerk der Nünegg schliesslich sanieren. Die Vor
gehensweise war nicht unbedingt zimperlich. Für die
baulichen Massnahmen wurde der nordöstliche Innen
bereich der Anlage bis auf den anstehenden Fels aus
geräumt und somit jeglicher archäologischer Befund
getilgt. Die nach der Sanierung geplante, flächige Gra
bung im Burginnern fiel 1932 stillschweigend den man
gelnden finanziellen Mitteln zum Opfer. 1939 versuchte
Reinhold Bosch, der nachmalige aargauische Kantonsar
chäologe und Präsident der Schweizerischen Gesellschaft
für Ur und Frühgeschichte, neuen Schwung in die For
schungsarbeiten zu bringen. Eine Nachrestaurierung des
Mauerwerks verbunden mit einer Grabung blieb aber in
der Planungsphase stecken.19 Im Jahr darauf interessierte
sich ein Verein zur Unterstützung von Schwerhörigen in
Winterthur für das Objekt. Die Nünegg sollte in Stand
gestellt und zum Ferienheim für Hörbehinderte ausge
baut werden. Die Trägerschaft schien allerdings nicht
sehr professionell, und der Kanton Luzern zeigte keiner
lei Interesse an diesem Projekt.20
Richensee und AltEschenbach
Der Zeitraum zwischen 1930 und 1950 ist im Kanton
Luzern generell eine Phase von intensiver Forschungs
tätigkeit an Burgen. Dazu gehören am Rande auch die
stadtarchäologischen Ausgrabungen in Richensee 1938
und AltEschenbach (Gemeinde Inwil) 1944/45 unter der
Leitung von Dr. Reinhold Bosch.21 Der wehrhafte Wohn
turm in Richensee und ein in der Bauweise vergleich
barer Turmbau am Westende von AltEschenbach waren
jedoch nicht die zentralen Forschungsobjekte dieser
Grabungskampagnen. Deshalb soll an dieser Stelle nicht
genauer darauf eingegangen werden.22
Obernau
Ebenso widmete sich Dr. Gottfried Boesch in den 1940er
Jahren speziellen Themen der mittelalterlichen Sied
lungsforschung. In erster Linie befasste er sich mit der
Stadt Sempach, aber auch die Burg Obernau ob Kri
ens war eines von Boeschs Forschungsobjekten. Über
die Anlage ist zu diesem Zeitpunkt fast nichts bekannt,
Spuren im Gelände sind kaum mehr zu erkennen. 1945
führt Boesch mit Kantonsschülern auf der Burgstelle eine
zehntägige Grabung durch.23 Mittels Sondierschnitten
wird gezielt nach Mauerzügen gesucht. Im östlichen Be
reich des unteren Burgplateaus stossen die Ausgräber auf
einen Sodbrunnen. Diese Entdeckung begeisterte den da
maligen Besitzer der Obernau, Alois Kaiser, dermassen,
dass er beschloss, den ganzen Brunnenschacht aus
zunehmen. Die Arbeiten wurden nach Abschluss der
Grabungen in Angriff genommen, der Sod reichte bis in
eine Tiefe von 41 m. Obwohl während der Grabungs
kampagne diverse Mauerreste freigelegt werden konn
ten, waren die Erkenntnisse der Untersuchung im Ge
samten dürftig, das Fundmaterial bescheiden und wenig
aussagekräftig. Nach getaner Arbeit deckte man die
freigelegten Mauerzüge wieder ein.24
Zuweilen nahm die Forschungstätigkeit auch etwas
skurrilere Züge an. Bereits auf der Obernau wurden
Rutengänger eingesetzt, um im Boden verborgene
Mauern zu finden. Die vorausgesagten Befunde konn
ten durch Kontrollsondierungen nicht bestätigt werden.
1948 waren auf dem Burghügel der Kastelen bei Albers
wil ebenfalls Rutengänger unterwegs. Auch hier wider
legten Kontrollgrabungen den erpendelten Befund.25
Grünenberg
Quasi den Abschluss dieser frühen Phase der Burgen
forschung im Kanton Luzern bildet die Grabung auf
der Ruine Grünenberg bei Hitzkirch. Im Winter 1949/50
untersuchte Reinhold Bosch mit Teilarbeitslosen der
«Viscose Suisse» aus Emmenbrücke die kleine Burg
anlage am Westrand von Hitzkirch, nahe des mittel
alterlichen Städtchens Richensee. Die Grabungskam
pagne auf der kleinen Anlage, die hauptsächlich aus
einem wehrhaften Wohnturm besteht, dauerte zwei
Monate. Im Zug der Untersuchungen wurde der Pflan
zenbewuchs sowie der Abbruchschutt entfernt und die
Anlage sowohl fotografisch als auch zeichnerisch do
kumentiert.26 Nach Abschluss der Arbeiten versäumte
der Kanton Luzern als Eigentümer der Ruine geeig
nete Massnahmen zur nachhaltigen Konservierung des
vollständig freigelegten Turmstumpfes einzuleiten. Erst
nach dem Einsturz des nordwestlichen Teils des Tur
mes 1957 nahm sich der Regierungsrat der Problematik
an.27
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Die Institutionalisierung der Archäologie
im Kanton Luzern
Der Kanton Luzern erlässt bereits 1946 eine «Verord
nung über den Schutz und die Erhaltung von Alter
tümern und Kunstdenkmälern des Kantons Luzern».
Da er jedoch noch nicht über einen eigenen archäologi
schen Dienst verfügt, obliegt der Vollzug der Verordnung
in den Händen der Prähistorischen Kommission der
Naturforschenden Gesellschaft Luzern. 1954 wird
Dr. Josef Speck vom Regierungsrat zum ersten neben
amtlichen Kantonsarchäologen gewählt. Speck ist mass
geblich daran beteiligt, dass die bestehende Gesetzgebung
überarbeitet wird. Mit dem «Gesetz über den Schutz der
Kulturdenkmäler» von 1960 erhält Luzern den recht
lichen Rahmen, der einen nachhaltigen Schutz und die
gezielte Erforschung der archäologischen Fundstellen
und Baualtertümer überhaupt erst möglich machte.28
Mit der Institutionalisierung hält allmählich auch eine
Professionalisierung der Archäologie und im Speziellen
der Burgenforschung Einzug. Früher untersuchten viel
fach ambitionierte Amateure mit enormem Enthusias
mus aber mit wenig methodischem Fachwissen archäo
logische Fundstellen. Mittlerweile war eine Generation
von Archäologen herangewachsen, die ihr Handwerk
von der Pike auf gelernt hatten.
Wer hofft, die Ernennung eines Kantonsarchäologen
und die Schaffung der gesetzlichen Grundlagen hätten
zu einem neuen Schub in der Burgenarchäologie geführt,
täuscht sich. Einerseits konnte Josef Speck mit einem
Teilpensum und ohne feste Mitarbeiter seine Aufgabe
kaum bewältigen. Andererseits erhält die junge Kan
tonsarchäologie mit der überarbeiteten Gesetzgebung
von 1960 einen genau umschriebenen Auftrag. In erster
Linie wird dort untersucht und dokumentiert, wo ar
chäologischer Befund und historische Substanz der
Bautätigkeit zum Opfer fällt. Die Luzerner Burgstellen
liegen meist ausserhalb der Siedlungs und Bauzonen
und sind somit von baulichen Eingriffen selten betrof
fen. Dies hat zur Folge, dass Grabungen und bau
analytische Untersuchungen an Burgen und Schlössern
in der Regel nur im Rahmen von Sanierungsmassnah
men durchgeführt werden. Die archäologischen Boden
eingriffe beschränken sich grundsätzlich auf jene Be
reiche, welche durch solche Vorhaben gefährdet sind.
Reine Forschungsgrabungen sind nicht die primäre Auf
gabe der Kantonsarchäologie. Es ist jedoch erstaun
lich, dass in der Ära Speck gerade die zwei grössten For
schungsprojekte auf Luzerner Burgstellen diesbezüglich
aus dem Rahmen fallen, es sind die Grabungen auf der
Hasenburg bei Willisau 1958/59 und die Untersuchung
der Salbüel 1982 in der Nähe von Hergiswil (Willisau).
Die Initiative für die Untersuchungen kam in beiden
Fällen von der Wiggertaler Heimatvereinigung. Der
Verein erwies sich in dieser Zeit immer wieder als Motor
für die Erforschung der Bodenaltertümer in der Lu
zerner Landschaft. Die Kantonsarchäologie – ein Ein
mannbetrieb – begrüsste die Pläne der Heimatvereini
gung, konnte aber aufgrund der fehlenden personellen
Ressourcen nicht selber tätig werden. Die Leitung und
Durchführung dieser Projekte wurde deshalb externen
Fachleuten überlassen.
Hasenburg
Im Falle der um 1250 erbauten und in den Wirren des
Sempacherkrieges zerstörten Hasenburg war es ein Team
des Schweizerischen Landesmuseums unter der Leitung
von Hugo Schneider, welches die Grabung durchführte.
In einer ersten Etappe liess Schneider Suchschnitte über
das ganze Burgareal legen. Auf der Basis der Sondierun
19 Hörsch (wie Anm. 16) 52.20 Hörsch (wie Anm. 16) 55.21 In der Schlussphase der Grabungsetappe von 1945 übernahm
Dr. Walter Drack die Leitung in AltEschenbach.22 Detaillierte Informationen u.a. in Judith Rickenbach, Alt
Eschenbach, Eine spätmittelalterliche Stadtwüstung. Archäologische Schriften Luzern 3 (Luzern 1995); Reinhold Bosch, Richensee. Zeitschrift für Schweizerische Geschichte, Heft 1 (Zürich 1943).
23 Vermutlich wollte sich G. Boesch mit diesem Projekt für die geplante Stelle des Kantonsarchäologen empfehlen. Vergl. dazu Anmerkung 2 in Jakob Bill, Die Burgstelle Obernau bei Kriens LU. Nachrichten des Schweizerischen Burgenvereins 1990 Heft 4, 79.
24 Bill 1990 (wie Anm. 23) 75f.25 K. Meyer, Bericht über die Sondierungen auf der Kastelen bei
Alberswil (Schötz 1948), Archiv der Kantonsarchäologie Luzern.26 Reinhold Bosch, Ausgrabung der Ruine Grünenberg bei Hitzkirch
1949/50. Heimatkunde aus dem Seetal, Separatdruck (Seengen 1951) 3–7.
27 Aus dem Regierungsrat. Beitrag im Luzerner Tagblatt, 5. Februar 1958.
28 Jürg Manser et al., Zum Gedenken an Dr. Josef SpeckScherrer 1918–2006. JbHGL 25, 2007, 151ff.
Peter Karrer – Burgenarchäologie im Kanton Luzern – ein Lauf durch die Forschungsgeschichte
74 Mittelalter 17, 2012 / 2
gen entschied man, diverse Bereiche der Hauptburg
flächig auszugraben. Im Folgejahr nahmen die Archäo
logen das untere Burgplateau in Angriff. Die Funde und
Befunde waren eindrücklich (Abb. 9).29 Leider verliess
die Equipe nach getaner Arbeit die Burgstelle etwas über
eilt. Der ergrabene Befund wurde nur notdürftig wieder
eingedeckt, ein sauberes Konservierungskonzept für das
freigelegte Mauerwerk bestand nicht, die Hasenburg ist
heute in einem äusserst schlechten Zustand (Abb. 10).
Salbüel
Für die Erforschung der Burgstelle Salbüel konnte Prof.
Werner Meyer gewonnen werden. Mit Studenten des
Historischen Seminars der Uni Basel untersuchte er im
Sommer 1982 während sechs Wochen das weit hinten
im Tal der Enziwigger gelegene Erdwerk. Die Grabung
auf Salbüel war eines der ersten Forschungsprojekte in
der Schweiz, welches sich burgenkundlich mit den frü
hen Anlagen aus Holz und Erde befasste.30
Scheinbar hatte der Ur und Frühgeschichtler Speck keine
allzu grosse Affinität zu den mittelalterlichen Wehr und
Repräsentationsbauten. Bis in die Mitte der 1970er Jahre
blieb die Grabung auf der Hasenburg die einzige um
fassende archäologische Untersuchung einer Burg
stelle. Generell war es eine Phase, die nicht unbedingt
von sensiblem Umgang mit den Burgen und Schlös
sern des Kantons geprägt war. Im Fall der sogenannten
«Marienburg» ob Wikon vernachlässigten Archäologie
und Denkmalpflege schon fast in sträflicher Weise ihre
Pflicht, historische Baudenkmäler zu schützen. Seit 1890
befindet sich die Marienburg in privatem Besitz. Der
Ausbau zum Töchterinstitut und Schwesternhaus der
Benediktinerinnen hat im 20. Jh. das Erscheinungsbild
der Burg massiv verändert. Vor allem bei grossen Um
bauten 1956 wurden beträchtliche Teile der mittel
alterlichen und frühneuzeitlichen Bausubstanz zerstört
(Abb. 11).31
Eine etwas umfassendere Auseinandersetzung mit dem
Thema Burgen und Schlösser im Kanton Luzern ge
9: Hasenburg Willisau. Auszug aus dem «Feldbuch» von Hans Suter. Skizze der Anlage mit den 1958/59 unter der Leitung von Hugo Schneider freigelegten und 1965 noch sichtbaren Mauerresten.
10: Hasenburg Willisau heute. Östlicher Bereich des unteren Burgplateaus mit Blick gegen die Kernburg. Die Natur hat die Anlage zurückerobert. Erosion und Verwitterung haben der Ruine stark zugesetzt. Die 1958/59 freigelegten Mauerzüge sind kaum mehr zu erkennen.
Mittelalter 17, 2012 / 2
Peter Karrer – Burgenarchäologie im Kanton Luzern – ein Lauf durch die Forschungsgeschichte
75
schieht im Rahmen der gesamtschweizerischen Inventa
risierung historischer Bauten für den Kulturgüterschutz.
In den Jahren zwischen 1963 und 1968 prospektierten
Hans Suter und Alois Flury vom Bundesamt für Lan
destopografie alle bekannten Burgstellen auf Luzerner
Boden und fertigten massstäbliche Skizzen der Anlagen
an. Es ist die erste systematische Erfassung dieser histo
rischen Baudenkmäler im Kanton nach wissenschaft
lichen Kriterien. Die erhobenen Daten bildeten u.a. die
Grundlage für die ab 1974 aufgelegte Burgenkarte des
Schweizerischen Burgenvereins.
Nünegg
Im Zeitraum bis in die Mitte der 1970er Jahre ist es
immer wieder Nünegg bei Lieli, welche die Kantons
archäologie und Denkmalpflege beschäftigt. 1975 war
die eindrückliche Ruine in so einem schlechten Zu
stand, dass sich eine erneute Konservierung des Mauer
werks aufdrängte. Schon 1950 war auf der Südseite der
Anlage ein Teil der Grabenstützmauer eingestürzt, und
das kaum 20 Jahre zuvor sanierte Mauerwerk der Burg
zeigte sich bereits wieder in einem äusserst bedenklichen
Zustand. Der Kanton als Eigentümer der Nünegg beliess
es damals aus Kostengründen bei kleineren Schutzmass
nahmen. 1975 konnte eine Sanierung der Ruine nicht
mehr aufgeschoben werden. Der Kanton war sich der
Notwendigkeit einer umfassenden Konservierung der
Bausubstanz zwar bewusst, man beschränkte sich aber
auf die Restaurierung der aufgehenden Burgturmwände
und die Anfertigung eines Plansatzes. Bodenunter
suchungen waren im Rahmen des Projekts nicht geplant.
Prompt regte sich Kritik an der Vorgehensweise. Die
lokale Presse bezeichnete die Massnahmen als «Pfläster
chen».32 Die Nünegg wird sich in der Folgezeit immer
wieder als Sorgenkind des Denkmalschutzes erweisen.
Burgstelle Fahr und AltEschenbach
Ab 1975 verleiht der Nationalstrassenbau der Archäolo
gie im Kanton Luzern für einige Jahre einen zusätzlichen
Schub. Mit Bundesmitteln konnte die einige hundert
Meter nordöstlich des abgegangenen, mittelalterlichen
Städtchens AltEschenbach gelegene Burgstelle Fahr un
tersucht werden. Auf die Existenz der Anlage deuteten
lediglich noch zwei Abschnittgräben im Gelände hin.
Die Grabungen 1977 leitete Werner Stöckli. Mauerzüge
konnten keine nachgewiesen werden, und die Siedlungs
spuren, welche eine Nutzung des Burghügels zwischen
der Mitte des 11. und dem frühen 13. Jh. nahelegen,
waren äusserst schwach. Auf Grund des Befundes wurde
die Fahr als kleiner Adelssitz in Form einer HolzErd
Burg interpretiert.33
29 Hugo Schneider, Die Hasenburg, Ein weiterer Beitrag zur schweizerischen Burgenkunde im Hochmittelalter. Sonderdruck aus der Zeitschrift für schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 20, 1960, 10–27.
30 Werner Meyer, Salbüel LU, Bericht über die Forschungen von 1982. Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters 17 (Basel 1991) 81ff.
31 Adolf Reinle, Die Kunstdenkmäler des Kantons Luzern V (Basel 1959) 219f.
32 Hörsch (wie Anmerkung 16) 60.33 Rickenbach 1995 (wie Anm. 22) 171ff.
11: Bauarbeiten auf der «Marienburg» bei Wikon 1956. Der in seiner Kernsubstanz mittelalterliche Wohntrakt auf der Westseite des Bergfrieds schien nicht schützenswert und wurde fast vollständig abgebrochen!
Peter Karrer – Burgenarchäologie im Kanton Luzern – ein Lauf durch die Forschungsgeschichte
76 Mittelalter 17, 2012 / 2
Nach einer ersten Grabungskampagne am Ende des
zweiten Weltkrieges war AltEschenbach im Zuge des
Nationalstrassenbaus 1980/81 nochmals Gegenstand der
Forschung. Obwohl die geplante Transitroute die Fund
stelle nicht direkt tangierte, machte die Erstellung einer
Erschliessungstrasse für den Autobahnbau, das Anlegen
von Leitungsgräben und die Korrektur des nahe gelege
nen Rotbaches archäologische Abklärungen notwendig.
Rekonstruktionen an Teilen der sichtbaren Mauerreste
des Städtchens, im Zuge der abschliessenden Konservie
rungsmassnahmen, sind heute aus fachlicher Sicht eher
umstritten. Um den Befund für den Besucher der histori
schen Stätte besser lesbar zu gestalten, wurde unter ande
rem das isoliert stehende Turmfundament am Westende
des Städtchens auf einer Höhe von rund einem Meter
rekonstruiert. Die ergänzten Mauerteile bestehen aus
einer bruchsteinverblendeten Betonkonstruktion.34
Schloss Wyher
Ein weiteres Beispiel von gut gemeinter Absicht und fach
lich fragwürdiger Umsetzung betrifft das Schloss Wyher
in Ettiswil. Im Januar 1963 stellt der Kanton das Schloss
unter Denkmalschutz (Abb. 12). Nur wenige Monate
später schlägt ein Blitz im Hauptgebäude ein, welches
fast vollständig ausbrennt. Der Kanton, seit 1965 Besit
zer der Immobilie, kümmert sich nur zögerlich um die
Beseitigung der Brandschäden und die dringend not
wendige Sanierung der malerischen Anlage.35 Erst 1976
kann dank den Bemühungen der Stiftung Schloss Wyher
die Renovierung in Angriff genommen werden. Die
finanziellen Mittel werden unter anderem durch Gönner
beiträge und eine «Goldsuche» sichergestellt: Anlässlich
einer Sammelaktion durften Schlossbesucher gegen einen
Spendenbeitrag im Bereich des Burggrabens verstecktes
Gold suchen. Dieses Vorhaben rief den damaligen Prä
sidenten der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für
Archäologie des Mittelalters, Dr. Jürg Ewald, auf den
Plan. In einem Brief an Josef Speck schreibt er: «Ich kann
mir schwerlich vorstellen, dass es denkbar sein soll, dass
ein historisches Gebäude […] an seiner empfindlichsten
Stelle, dem Weiher oder wahrscheinlich Wassergraben,
durch ein wildes Aufgebot von ‹Schatzsuchern› archäo
logisch zerstört werden soll».36 Systematische archäolo
gische Abklärungen wurden während den folgenden
Renovationsetappen trotz Bodeneingriffen nicht in Be
tracht gezogen. Kleinere Sondierungen im Bereich des
Burggrabens blieben die Ausnahme.
Beromünster
Im Rahmen dieses Beitrages sind kurz auch die Gra
bungsergebnisse der Untersuchungen im Stiftsbereich
von Beromünster zu erwähnen. Die Stiftskirche St. Mi
chael ist im Kern eine frühromanische Basilika, deren
Bau den Grafen von Lenzburg im 11. Jh. zugeschrie
ben wird. Die Kirche mit dazugehörigem Stiftsbereich ist
eines der wenigen Beispiele befestigter Sakralbauten im
Kanton Luzern. Heute fügen sich die Befestigungsan
lagen unauffällig ins Ortsbild und sind für den ungeübten
Betrachter kaum mehr zu erkennen oder liegen verbor
gen im Boden. Während der gross angelegten Grabungen
anlässlich der Totalrenovation der Stiftskirche zwischen
1975 und 1984 konnten längere Abschnitte der einst mit
Türmen bewehrten Umfassungsmauer freigelegt wer
den.37 Mit der Forschungstätigkeit in den letzten 20 Jah
ren fügt sich die Geschichte der Stiftsbefestigung langsam
zu einem differenzierten Gesamtbild zusammen.38
Burgstelle Buchs
Eher als glücklicher Zufall im Bereich Burgenarchäologie
erwies sich die Grabung 1983 bei der Kapelle St. And
reas in Buchs. Zwar vermutete man schon lange, dass die
Anfang des 15. Jh. erbaute Kapelle an Stelle einer ab
gegangenen Burg steht, den Beweis erbrachte die Unter
suchung anlässlich der Kapellenrenovation. Rund um
den Sakralbau traten Fundamente einer Ringmauer und
anderer Bauten zu Tage. Im aufgehenden Mauerwerk
von Chor und Schiff zeigten sich noch Reste eines Berg
frieds und eines palasartigen Gebäudes. Als besondere
Überraschung galt die Entdeckung von mehreren Stein
kistengräbern, die teilweise von den mittelalterlichen
Mauerzügen überfahren werden. Die zeitliche Einord
nung der Bestattungen ist noch unklar, sie dürften ins
Frühmittelalter zu datieren sein.39
Sempach und Hohenrain
Den Abschluss von Specks Karriere als Kantonsarchäo
Mittelalter 17, 2012 / 2
Peter Karrer – Burgenarchäologie im Kanton Luzern – ein Lauf durch die Forschungsgeschichte
77
loge bildeten unter anderem Projekte im Bereich Burgen
archäologie in Hohenrain und Sempach. Wenig beach
tet blieb bis heute der mittelalterliche Wohnturm, der bei
Bauarbeiten im nordwestlichen Bereich der Stadtmauer
(Restaurant Ochsen) von Sempach 1983 zum Vorschein
kam. Der Bau reicht in die vorstädtische Zeit zurück,
bevor in der Mitte des 13. Jh. die Stadtmauer errich
tet wird.40 Es stellt sich in diesem Fall jedoch die Frage,
ob der Wohnturm im engeren Sinn typologisch noch den
Burgenbauten zuzuordnen ist, oder ob es sich dabei um
einen reinen Repräsentationsbau handelt. Die Grenzen
sind bekanntlich fliessend.
Die um 1182 gegründete ehemalige Johanniterkom
mende Hohenrain ist ein Forschungsobjekt, das bis in
die Gegenwart immer wieder Anlass für Grabungen und
bauanalytische Untersuchungen gibt. Der wohl spekta
kulärste Fund war die Entdeckung von Wandmalereien
aus der Zeit um 1300 während Renovationsarbeiten
2006 im Komturhaus der Kommende.41 Die Forschungs
arbeiten setzen 1970 mit den Ausgrabungen Rudolf
Sennhausers in der Kirche St. Johannes Baptist ein. In
und um den Sakralbau, inmitten des Kommenden
areals, traten unzählige Gräber aus dem Hochmittelalter
zu Tage. 1984 stand die Sanierung des markanten Turms
«Roten» auf dem Programm (Abb. 13). Im Rahmen
dieses Projektes wurden weitere hochmittelalterliche Be
stattungen freigelegt, die sich bis unter die Fundamente
des Turms hinzogen. Insgesamt kamen bei dieser Gra
bung 365 Skelette zum Vorschein. Die parallel lau
fenden, bauanalytischen Untersuchungen am «Roten»
ergaben, dass der Turm vermutlich im 12. Jh. als reprä
sentativer, zweigeschossiger Wohnbau mit einer gegen
Osten weit aufragenden Fassade und Pultdach entstand.
Um 1490 stockt man den Turm auf und versieht ihn mit
34 Rickenbach 1995 (wie Anm. 22) 27f.35 Thüer 1982 (wie Anmerkung 5) 172f.36 Schreiben von J. Ewald an J. Speck vom 22. April 1976. Archiv der
Kantonsarchäologie Luzern.37 Detaillierte Informationen zu diesem Thema in Peter Eggenberger,
Das Stift Beromünster – Ergebnisse der Bauforschung 1975–1983. Luzerner Historische Veröffentlichungen 21 (1986).
38 Siehe dazu u.a. Archäologie im Kanton Luzern. JbHGL 23, 2005, 189–192.
39 Denkmalpflege und Archäologie im Kanton Luzern, Jahresbericht 1983. Sonderdruck aus JbHGL 2, 1984, 87.
40 Denkmalpflege und Archäologie (wie Anm. 39) 92.41 Roland Böhmer, «Und sein Haupt wurde auf einer Schüssel
gebracht …». In: Ehemalige Johanniterkommende Hohenrain. Sonderdruck der Historischen Gesellschaft Luzern (Luzern 2010) 41–49.
12: Das Schloss Wyher in Ettiswil zum Zeitpunkt der Unterschutzstellung 1963.
Peter Karrer – Burgenarchäologie im Kanton Luzern – ein Lauf durch die Forschungsgeschichte
78 Mittelalter 17, 2012 / 2
einem auskragenden hölzernen Obergaden.42 1989 und
im Zeitraum zwischen 2000 und 2011 halfen weitere
archäologische Abklärungen, so etwa im Bereich der
nordwestlichen Ecke der Umfassungsmauer der Kom
mende, des Komturhauses und des Pfarrhauses, die Bau
geschichte der Johanniterkommende zu erhellen.
Der Ausbau der Kantonsarchäologie
Mit der Ernennung Jakob Bills zum Kantonsarchäo
logen halten 1985 signifikante strukturelle Änderungen
Einzug. Bis anhin setzte sich die Kantonsarchäologie
einzig aus Josef Speck und seit 1981 aus einem Gra
bungstechniker zusammen, feste Arbeitsräumlichkeiten
fehlten gänzlich. Zudem bestand das Amt des Kan
tonsarchäologen aus einer nebenamtlichen Teilzeitstelle.
Jakob Bill schaffte es, innerhalb kürzester Zeit den Per
sonalbestand auszubauen und ein festes Grabungsteam
aufzustellen. Erst so konnte der gesetzliche Auftrag der
Archäologie nachhaltig wahrgenommen werden.
In den letzten 20 Jahren beschäftigte die Kantons
archäologie hauptsächlich Burgstellen, welche bis in die
Mitte des 20. Jh. bereits Gegenstand von Ausgrabungen
waren. Die damals freigelegten Mauern wurden oft
unsachgemäss konserviert oder eine Sanierung der er
haltenen Bausubstanz unterblieb gänzlich. Der Verwit
terung und Erosion preisgegeben, wiesen diese Objekte
zum Teil bedenkliche Zerfallsschäden auf.
Äussere Burg Wolhusen
Zwischenzeitlich war die 1930–36 untersuchte Äussere
Burg Wolhusen in einem desolaten Zustand. 1985 ini
tiierte die im selben Jahr gegründete «Stiftung Burg
Wolhusen» die Restaurierung der Anlage. In einer ersten
Etappe stand die Konsolidierung der noch sichtbaren
Mauerreste an. Die Arbeiten wurden unter der Leitung
von Jakob Obrecht durchgeführt.43 In den Jahren 1993
und 1998 folgten weitere Instandstellungsmassnahmen,
verbunden mit archäologischen Abklärungen im Bereich
der zu sanierenden Mauerzüge. Zudem sollten in der
letzten Etappe Sondierungen im Bereich der Motte nord
östlich des Burgareals durchgeführt werden. Die Unter
suchungen zeigten, dass die Motte mit HolzErdburg
bereits im 11. oder 12. Jh. als möglicher Vorgänger der
Äusseren Burg entstand. Bis anhin stand die These im
Raum, die Entlebucher hätten im Guglerkrieg 1375 den
Hügel als zusätzliche Befestigungsmassnahme der
Äusseren Burg aufgeworfen.44
Obernau
Der 1945 vollständig vom Schutt befreite Sodbrun
nen auf der Obernau bei Kriens bedeutete mittlerweile
ein beträchtliches Gefahrenpotenzial für die Besucher
der Burgstelle. Die Umzäunung der Sodmündung ge
nügte modernen Sicherheitsanforderungen nicht mehr,
der Brunnenschacht drohte einzustürzen. Im Vorfeld der
Sicherungsarbeiten 1989 hatte die Kantonsarchäologie
die Gelegenheit, auf dem unteren Burgplateau rund um
den Sodbrunnen zu sondieren. Mittels einzelner Schnitte
sollten bessere Erkenntnisse zur Anlage erhalten und
die Beobachtungen Boeschs von 1945 erhärtet werden.
Obwohl sich die Freilegungsarbeiten auf relativ kleine
Flächen beschränkten, waren die Ergebnisse äusserst
13: Ehemalige Johanniterkommende Hohenrain. Der sog. Turm «Roten» nach der umfassenden Renovation 1984.
Mittelalter 17, 2012 / 2
Peter Karrer – Burgenarchäologie im Kanton Luzern – ein Lauf durch die Forschungsgeschichte
79
aufschlussreich. Der Befund zeigte sich um einiges
dichter als ihn Boesch bei seiner Grabung angetroffen
hatte. Rund um das untere Burgplateau konnten etliche
Mauerfundamente angeschnitten werden, die vermuten
lassen, dass im Boden auf der Obernau eine stattliche
Burganlage schlummert (Abb. 14).45
Schenkon
Nachdem die Ruine Schenkon mit den Grabungen der
Gebrüder Rogger 1899 einige Aufmerksamkeit erlangte,
wurde die Burg wieder ihrem Schicksal überlassen. Um
den vollständigen Zerfall einer der eindrücklichsten
Burganlagen im Kanton Luzern zu verhindern, kaufte die
Gemeinde Schenkon 1986 das Grundstück und gründete
zur Erhaltung der Ruine den «Burgverein Schenkon».
Mit der Ausführung der längst fälligen Konservierungs
massnahmen und den damit verbundenen archäolo
gischen Abklärungen betraute die Kantonsarchäologie
1992 Jakob Obrecht (Abb. 15).46
Nünegg
Als permanentes Sorgenkind der Kantonsarchäologie
und Denkmalpflege erweist sich die Ruine Nünegg ob
Lieli. Nachdem 1984 und 2004 wiederum diverse
Sanierungsmassnahmen am Bau durchgeführt wurden,
sah sich die Immobilienverwaltung des Kantons Luzern
gezwungen, die Ruine 2008 partiell abzusperren.47 Risse
im Mauerwerk des Burgturms und herabfallende Steine
führten zu einer massiven Gefährdung der Besucher. Die
Situation verschärfte sich in den folgenden Jahren so
sehr, dass die Anlage 2011 vollständig abgesperrt
werden musste, die Ruine ist massiv vom Einsturz be
droht. Momentan sind umfassende Konservierungs
arbeiten im Gange (Abb. 16). Im Vorfeld der Sanierung
wurde im Bereich der von den Massnahmen betroffenen
Stellen das Erdreich sondiert. Trotz der brachialen Bo
deneingriffe bei der Renovation 1930/31 zeigte sich, dass
14: Ruine Obernau bei Kriens. Grabungsbefund 1989: Das sauber gefügte Quadermauerwerk der talseitigen Ringmauer lässt vermuten, dass im Boden der Obernau eine weit stattlichere Anlage schlummert als bis anhin angenommen wurde.
15: Die Ruine Schenkon während den Sanierungsarbeiten 1992.
42 Roger Strub/Lisa Herrera, Die Entdeckung der Wandmalerei und deren konservierende Restaurierung. Johanniterkommende 2010 (wie Anm. 41) 23f.
43 Archäologie im Kanton Luzern 1985. JbHGL 4, 1986, 101f.44 Denkmalpflege und Archäologie im Kanton Luzern, Jahresbericht
der Kantonsarchäologie 1998. Sonderdruck aus JbHGL 17, 1999, 155.
45 Bill 1990 (wie Anm. 23) 74–77.46 Obrecht 1993 (wie Anm. 14) 42ff.47 Hörsch (wie Anm. 16) 62ff.
Peter Karrer – Burgenarchäologie im Kanton Luzern – ein Lauf durch die Forschungsgeschichte
80 Mittelalter 17, 2012 / 2
im Burginnern zum Teil noch beträchtlicher mittelalter
licher Befund anzutreffen ist.48
Glücklicherweise reduzierte sich die Arbeit der Kan
tonsarchäologie nicht nur auf die «Altlasten». Die zu
nehmende Bautätigkeit und teilweise auch die Initiative
von Burgenvereinen und Stiftungen führten in den letz
ten 30 Jahren dazu, dass auch noch unerforschte Burg
stellen untersucht werden konnten.
Zu den kleineren Projekten gehörten die Sondierungen
auf dem Kottwiler Gütsch 1986 und der Dietenei im
Gemeindegebiet von Ruswil 1991. Buchstäblich in letz
ter Minute konnten die HolzErdAnlagen unbekann
ter Zeitstellung vor der teilweisen Zerstörung gerettet
werden. In beiden Fällen waren geplante Forststrassen
der Auslöser der Untersuchungen. Auf der Dietenei hat
ten die Baggerarbeiten bereits begonnen! Besondere Be
deutung haben die Objekte, da sie neben der Salbüel zu
den wenigen teilweise untersuchten HolzErdBurgen im
Kanton gehören.49
Innere Burg Wolhusen
Die älteste, detaillierte Abbildung der Inneren Burg
Wolhusen stammt aus dem frühen 17. Jh. Das beim
Brand von 1993 zerstörte Tafelbild Nr. 36 auf der
Kapellbrücke in Luzern zeigt in eindrücklicher Weise
die imposante Burganlage. Die Darstellung hatte wohl
wenig mit der Realität gemeinsam. Schon in der Ent
stehungszeit des Bilderzyklus war die Burg eine Ruine.
Die Darstellung entspricht in ihrer historisierenden
Weise der Renaissancemalerei der damaligen Zeit. 1837
erstellte Philipp Anton Segesser eine Planskizze der damals
noch spärlich erhaltenen Mauerreste.50 Heute sind von
der Inneren Burg über Boden keine Mauern mehr sicht
bar, wenn auch stellenweise Fundamente, bedingt durch
Hangerosion und Weidewirtschaft, am steilen Burghügel
durch das Erdreich stossen. 1988 und 1992 konnten bei
Notgrabungen kleinere Flächen auf dem nördlich vor
gelagerten, unteren Burgplateau untersucht werden. Die
Ergebnisse waren vielversprechend. In den beiden
Etappen wurden Reste eines abgebrannten Ökonomie
gebäudes freigelegt, welches anhand der Fundgegen
stände wie Steigbügel, Reitersporn und Trensenbestand
teile als Pferdestallung zu taxieren ist (Abb. 17).
NeuHabsburg und Schloss Heidegg
Die am Vierwaldstättersee bei Meggen gelegene Neu
Habsburg ist eine der malerischsten Anlagen im Kan
ton Luzern. 1244 als habsburgischer Verwaltungssitz er
baut, wurde die Burg 1352 in einer Auseinandersetzung
mit der Eidgenossenschaft zerstört. Da 1989 die Renova
16: Die Burgruine Nünegg bei Lieli während der momentan laufenden Sicherung des vom Einsturz bedrohten Bauwerks.
17: Innere Burg Wolhusen. Grabung auf dem unteren Burgplateau 1988. Deutlich sichtbar sind die Fundamentreste des Ökonomiegebäudes.
Mittelalter 17, 2012 / 2
Peter Karrer – Burgenarchäologie im Kanton Luzern – ein Lauf durch die Forschungsgeschichte
81
tion der durch einen Brand beschädigten, neugotischen
Schlossvilla am südlichen Rand des Burgareals auch die
mittelalterliche Anlage tangierte, musste die Kantonsar
chäologie aktiv werden. Während mehrerer Etappen
wurde die NeuHabsburg archäologisch Untersucht und
die erhaltenen Mauerzüge konserviert (Abb. 18).51
Eine intensive Forschungstätigkeit löste die etappenweise
Gesamtrenovation des Schlosses Heidegg in Gelfingen
in den Jahren wischen 1989 und 1998 aus. Vor allem
durch massive Umbauten im 17. Jh. erhielt die mittel
alterliche Burg den heutigen Schlosscharakter. Die bau
begleitenden Untersuchungen am Hauptgebäude haben
einen detaillierten Einblick in die bewegte Entwicklungs
geschichte des Schlosses ermöglicht.52 Die schonende
Durchführung des Projektes bedingte nur marginale
Bodeneingriffe. Ausgedehnte Grabungen – die wohl
noch einiges an den Tag gebracht hätten – waren nicht
notwendig.
Burgruine Kastelen
In einem Brief an das Erziehungsdepartement Luzern
schrieb Josef Speck 1973: «Die Burgruine Kastelen
ist meines Erachtens die erhaltenswürdigste im ganzen
Kt. Luzern. […] Ein Eintrag ins Denkmalverzeichnis
drängt sich gebieterisch auf.»53 Schon lange waren
Bestrebungen im Gange, den weithin sichtbaren, in
Quadermauerwerk ausgeführten Burgturm hoch über
Alberswil unter Schutz zu stellen. Der damalige Besitzer
sträubte sich gegen dieses Vorhaben. Die Unterschutz
stellung ist jedoch nur der erste Schritt zur Erhaltung
bedeutender Kulturgüter. Die 1996 gegründete Stiftung
«Verein Burg Kastelen» setzte sich zur Aufgabe, die um
1252 erbaute und im Bauernkrieg 1653 teilweise zer
störte Burg zu erhalten und der Öffentlichkeit wieder
zugänglich zu machen. Die Kastelen ist eines der her
ausragenden Beispiele, wie sich private Institutionen im
Kanton Luzern mit Hingabe um Baudenkmäler küm
mern. Zwischen 1998 und 2002 stand die Sanierung
des Burgturmes auf dem Programm. Nach umfang
reicher Dokumentation des Baubestandes durch Jakob
Obrecht wurde der äussere und innere Mauermantel
gesäubert, Risse fachgerecht geschlossen und das Fun
dament der Nordwestecke neu unterfangen. Die Si
cherungsmassnahmen im Fundamentbereich und das
Verlegen von Entwässerungsleitungen bedingten eine
archäologische Untersuchung des Turminneren. Die
kleine Fläche barg erstaunliche Befunde. Eine ange
schnittene Palisadenreihe zeigt, dass der Burghügel schon
vor dem Bau des Turmes mit einer HolzErdBurg be
wehrt war. Prähistorische Keramikscherben sowie eine
Silexpfeilspitze im Fundmaterial legen Siedlungstätig
keit bereits in der Bronzezeit bzw. der Jungsteinzeit nahe
(Abb. 19).54
18: NeuHabsburg Meggen. Nordansicht der Ruine zu Beginn der Grabungen und Konservierungsarbeiten 1990.
48 Archäologie im Kanton Luzern 2008–2009. JbHGL 28, 2010, 237.49 Denkmalpflege und Archäologie im Kanton Luzern, Jahresbericht
1986. Sonderdruck aus JbHGL 5, 1987, 68f; Denkmalpflege und Archäologie im Kanton Luzern, Jahresbericht 1991. Sonderdruck aus JbHGL 10, 1992, 93f.
50 Jakob Bill, Die «Innere Burg» über WolhusenMarkt. Nachrichten des Schweizerischen Burgenvereins 1994, Heft 1, 63.
51 Denkmalpflege und Archäologie im Kanton Luzern, Jahresbericht der Kantonsarchäologie 1991. Sonderdruck aus JbHGL 10, 1992, 127.
52 Dieter Ruckstuhl, Schloss Heidegg (Bern 2001) 10ff.53 Mitteilung von J. Speck an das Erziehungsdepartement vom
12. Februar 1973. Archiv der Kantonsarchäologie Luzern.54 Archäologie im Kanton Luzern 2002. JbHGL 21, 2003, 185–191.
Peter Karrer – Burgenarchäologie im Kanton Luzern – ein Lauf durch die Forschungsgeschichte
82 Mittelalter 17, 2012 / 2
2001 tritt Jürg Manser die Nachfolge von Jakob Bill an.
Keine leichte Aufgabe, die der neue Kantonsarchäologe
übernahm. Die massiven Sparmassnahmen im Kanton
Luzern erschwerte die Arbeit der Archäologie und
Denkmalpflege in den letzten 10 Jahren erheblich. Die
Tatsache, dass die stark ansteigende Bautätigkeit die
Anzahl der Grabungen beträchtlich zunehmen liess,
verschärfte die Situation zusätzlich.
Trotz der finanziell angespannten Lage hatte die Kan
tonsarchäologie 2003 die Gelegenheit, eines der interes
santesten Projekte im Bereich Burgenarchäologie durch
zuführen.
Stadtburg Willisau
In diesem Jahr sollte das sogenannte «Haus Bergli» in
Willisau zum regionalen Zivilstandsamt umgebaut
werden. Das denkmalgeschützte Gebäude thront auf
einem Hügel in der Südostecke der Stadtbefestigung.
Aufgrund der «Luzernerkarte» von Hans Heinrich
Wägmann und Rennward Cysat vermutete man an
diesem Ort schon lange einen mittelalterlichen Wehr
und Repräsentationsbau. Über das Objekt selber schreibt
Cysat um 1600: «Willisau hat ein groelich stark schloss
gehept ob der stadt uff dem berg, der glychwohl ouch
in die ringmuren ingfassen; diss schloss ist dieser zyt
ganz öd und in dem österrychschen krieg verbrennt und
zerstört worden».55 Schon zu Zeiten des Luzerner Stadt
schreibers war demzufolge die Stadtburg nur noch als
Ruine wahrnehmbar.
Was anfänglich als kleinere Grabung im Innern eines
Wohnhauses aus dem vorletzten Jahrhundert begann,
entwickelte sich zu einer der grössten burgenarchäo
logischen Untersuchungen im Kanton Luzern. Schliess
lich konnte der städtische Verwaltungssitz der Herren
von Hasenburg dank finanzieller Unterstützung der Ge
meinde flächig ergraben werden. Die Anlage, einst mit
einem dominierenden, palasartigen Bau versehen, ent
stand um 1300, wohl kurz nach der Vollendung der
Stadtmauer. Die Nutzung als Verwaltungssitz war von
kurzer Dauer. Mit dem allmählichen Niedergang der
Hasenburger in der zweiten Hälfte des 14. Jh. verlor die
Stadtburg schnell an Bedeutung. Vermutlich wurde sie
sowohl im Guglerkrieg 1375 als auch im Sempacher
krieg 1386 in Mitleidenschaft gezogen. Spätestens ab
der Mitte des 15. Jh. wird die Anlage endgültig dem
Zerfall überlassen und das Burgareal landwirtschaftlich
genutzt.56
Die im Innern des Hauses Bergli erhalten gebliebenen
Mauern des südlichen Burgtraktes sind heute für den
Besucher noch sichtbar. Die ausserhalb des Gebäudes
liegenden Mauerzüge wurden aus konservatorischen
Gründen wieder zugedeckt und deren Lage mit moder
nen Baumaterialien nachgezeichnet (Abb. 20).
Mit dem Amtsantritt von Jürg Manser hat neben vie
lem anderem die Prospektionstätigkeit stark an Bedeu
tung gewonnen. Die Luzerner Burgstellen werden sys
tematisch begangen, um ein genaues Bild über ihren
Erhaltungszustand zu erlangen. Nur so ist gewährleistet,
dass nötige Konservierungs und Schutzmassnahmen an
19: Ruine Kastelen bei Alberswil. Der imposante Burgturm in frisch saniertem Zustand 2002.
Mittelalter 17, 2012 / 2
Peter Karrer – Burgenarchäologie im Kanton Luzern – ein Lauf durch die Forschungsgeschichte
83
den eindrücklichen Baudenkmälern unverzüglich in die
Wege geleitet werden können. Angesichts der beschrie
benen Rahmenbedingungen ist dies kein einfaches Un
terfangen, die Kantonsarchäologie und kantonale Denk
malpflege versuchen im Rahmen der Möglichkeiten ihr
Bestes.
Fazit
Die vorangegangenen Betrachtungen zu den wichtigsten
archäologischen und bauanalytischen Untersuchungen
an den Burgen und Schlössern im Kanton Luzern wäh
rend der letzten rund 150 Jahre zeigen, wie üppig die
Quellen eigentlich wären und wie wenig wir trotz der
langen Forschungsgeschichte aus archäologischer Sicht
über die Burgen und Schlösser im Kanton Luzern wissen.
Nur knapp ein Viertel der mittelalterlichen Wehranlagen
im Kanton waren bis heute Gegenstand der archäolo
gischen Forschung. Bei vielen beschränkten sich die
Untersuchungen auf Teilbereiche der Anlagen.
In der Frühphase der Burgenforschung waren es vor
allem historische Gesellschaften, Heimatvereine und
Private, die sich mit viel Hingabe, oft aber mit eben
so wenig methodischem Fachwissen den Wehrbauten
annahmen. Mit der Ernennung des ersten Kantons
archäologen 1954 und der Schaffung der gesetzlichen
Rahmenbedingungen 1960 wird die Archäologie ins
titutionalisiert, professionalisiert und endgültig der
staatlichen Hoheit unterstellt. Eine Belebung der Bur
genforschung brachten diese Neuerungen jedoch nicht.
Mangelnde personelle Ressourcen hatten zur Folge, dass
man selbst bei zerstörerischen Baueingriffen an den his
torischen Denkmälern nur zögerlich aktiv wurde und
die archäologischen sowie bauanalytischen Abklärungen
an den betreffenden Objekten auf ein Mindestmass be
schränkt blieben. Grössere Projekte wie die Hasenburg
oder die Salbüel kamen weiterhin nur auf Initiative Aus
senstehender zu Stande. Die Erhaltung der vom Zerfall
bedrohten Burgen und Schlösser ging oft nicht über den
Rahmen kurzfristiger Schadensbegrenzung hinaus.
Erst mit dem Ausbau der Kantonsarchäologie ab 1985
verbessert sich die Situation. Mit wachsendem Personal
bestand wurde es möglich, sich konsequent und syste
matisch den bedrohten Zeugen des Mittelalters anzu
nehmen. Dennoch beschränkten sich die Aktivitäten
in der Regel auf Notgrabungen. Forschungsgrabungen
sind infolge des gesetzlichen Auftrages der Kantonsar
chäologie und der finanziellen Mittel kaum möglich. Der
Schutz der besser erhaltenen Burganlagen kann oft nur
20: Willisau «Bergli». Luftaufnahme der Stadtburg am Ende der Grabungen von 2003. Verborgen unter dem Gebäude in der rechten Bildhälfte liegt der Haupttrakt der Anlage.
55 Archäologie im Kanton Luzern. JbHGL 22, 2004, 240.56 Archäologie im Kanton Luzern (wie Anm. 55) 241–246.
Peter Karrer – Burgenarchäologie im Kanton Luzern – ein Lauf durch die Forschungsgeschichte
84 Mittelalter 17, 2012 / 2
0 5 10 km
N
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2
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5
6
7
8
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28
29
30
31
3233
34
21: Kantonskarte LU mit den in den Beiträgen erwähnten Fundstellen.
1 Alberswil, Kastelen2 Altbüron, Burg Altbüron3 Beromünster, Stiftsbezirk4 Büron, Burg Büron5 Dagmersellen – Buchs, Kapelle St. Andreas6 Ermensee7 Escholzmatt, Hinterchnubel8 Ettiswil, Schloss Wyher9 Ettiswil – Kottwil, Gütschwald10 Gelfingen, Schloss Heidegg11 Gettnau, Stadtägertli12 Hergiswil, Salbüel13 Hitzkirch, Grünenberg14 Hitzkirch, Richensee15 Hohenrain, Johanniterkommende16 Hohenrain – Lieli, Nünegg17 Inwil, Alt Eschenbach
18 Inwil, Fahr19 Kriens, Obernau20 Luzern, Zytturm21 Meggen, Altstaad22 Meggen, NeuHabsburg23 Meggen, Rüeggiswil24 Oberkirch, Kirche25 Römerswil – Herlisberg, Oberrinach26 Ruswil, Dietenei27 Schenkon, Burg Schenkon28 Sempach, Hexenturm / Restaurant Ochsen29 Sursee, Obertor / Murihof / Mülihof / St.Urbanhof30 Werthenstein, Innere Burg31 Wikon, Marienburg32 Willisau, Bergli / Stadt33 Willisau, Hasenburg34 Wolhusen, Äussere Burg
Mittelalter 17, 2012 / 2
Peter Karrer – Burgenarchäologie im Kanton Luzern – ein Lauf durch die Forschungsgeschichte
85
dank Geldern von speziell zu diesem Zweck gegründeten
Stiftungen und Burgenvereinen gewährleistet werden.
In den letzten Jahren hat sich die Lage wieder verschärft.
Substanzielle Budgetkürzungen bei der Archäologie und
Denkmalpflege im Kanton Luzern und langsam ver
siegende Bundesbeiträge haben den Vollzug des gesetz
lichen Auftrages dieser Dienststellen schon fast ver
unmöglicht, und dies betrifft nicht nur die Burgen und
Schlösser. Ein Silberstreifen am Horizont ist momentan
nicht zu erkennen, im Gegenteil.
RésuméSelon l’état actuel des recherches, on recense dans le canton de Lucerne 97 châteaux forts et châteaux de plaisance, auxquels s’ajoutent 35 sites castraux présumés. Jusqu’ici, à peine un quart de ces édifices médiévaux de défense ou à caractère représentatif ont fait l’objet de fouilles archéologiques et d’études d’archéologie des élévations.
Depuis la fin du 19e siècle, les anciens sièges seigneuriaux sont venus progressivement éveiller l’intérêt de la science. Dans la première phase de l’archéologie castrale, ce furent surtout des sociétés d’histoire, des sociétés d’histoire locale et des particuliers qui, avec un grand dévouement, mais souvent aussi avec un profond manque de connaissances spécifiques méthodiques, ont étudiés les édifices défensifs. C’est à cette époque qu’ont été réalisés notamment les fouilles sur les plus grands sites castraux du canton, tels que la ruine d’Oberrinach près de Herlisberg en 1888 et 1940, le Nünegg près de Lieli en 1930/31 ou le château «Äussere Burg» à Wolhusen 1930–35.
Avec la nomination du premier archéologue cantonal en 1954 et le remaniement des conditionscadres légales en 1960, l’archéologie s’institutionnalisa et se professionnalisa, pour se retrouver définitivement soumise à la souveraineté étatique. Pourtant, un manque de ressources personnelles a eu pour conséquence que, même lors de transformations à caractère destructif de monuments historiques, le service d’archéologie ne s’est pas montré très enclin à s’activer et les clarifications archéologiques ou les analyses de la substance des objets concernés se sont retreintes au strict minimum. Des recherches de plus grande envergure, comme celles entreprises au château de Hasenburg près de Willisau en 1958/59 ou celles du Salbüel (Hergiswil près de Willisau) en 1982 n’ont vu le jour que sur l’initiative de personnes extérieures.
Ce n’est qu’à partir de l’agrandissement du service d’archéologie cantonale, dès 1985, que la situation s’est améliorée. Un effectif de personnel plus étoffé a permis d’étudier de façon cohérente et systématique les témoins menacés du Moyen Age. Cependant, les activités se sont limitées, pour l’essentiel, aux
fouilles d’urgence. Sur la base du mandat légal de l’archéologie cantonale et avec les moyens financiers disponibles, les fouilles scientifiques sont pratiquement impossibles. La protection des sites castraux mieux conservés n’est souvent garantie que grâce à des fondations et à l’Association des châteaux forts. Au travers du château de Nünegg, de l’«Äussere Burg Wolhusen» et de la ruine d’Oberrinach, des dispositifs déjà en grande partie examinés ont fait l’objet de fouilles et d’études d’archéologie des élévations, dans le cadre de mesures de conservation. Dans la liste des objets nouvellement étudiés s’alignent notamment l’«Innere Burg Wolhusen» 1988/92, le château d’Heidegg 1989–98 audessus de Gelfingen et le château de Neuhabsburg à Meggen 1989/90.
Au cours de ces dernières années, la situation s’est encore modifiée. Des restrictions budgétaires substantielles au niveau de l’archéologie et de la protection des monuments dans le canton de Lucerne et des subsides étatiques toujours plus modestes rendent la réalisation du mandat légal de ces offices presque impossible et cela ne concerne pas que les châteaux forts et de plaisance. Malgré une situation financière tendue, l’archéologie cantonale a été en mesure de réaliser quelques projets importants dans le domaine de la recherche castrale, avec l’assainissement et l’examen du château de Kastelen près d’Alberswil 1998–2002 ou la fouille du château de Willisau en 2003. Actuellement, la restauration complète de la ruine de Nünegg est au programme, puisque malgré des mesures d’assainissement répétitives, elle menace désormais de s’effondrer.
Sandrine Wasem (Thun)
RiassuntoSulla base dello stato attuale delle ricrche, nel Canton Lucerna sono noti 97 castelli ai quali si aggiungono 35 opere castellane presunte. Appena un quarto di queste costruzioni medievali di difesa e di rappresentazione sono stati fino ad oggi oggetto di scavi archeologici e di indagini concernenti la storia dello sviluppo architettonico.
Un graduale interessamento per queste antiche residenze nobiliari, dal punto di vista scientifico, cominciò a delinearsi solo verso la fine del XIX secolo. Agli inizi dell’archeologia dei castelli furono soprattutto associazioni storiche, associazioni di vario genere e privati a dedicarsi con molta dedizione alle opere di difesa, spesso anche con cognizioni metodologiche minime. A questa epoca risalgono tra l’altro anche gli scavi eseguiti nei castelli di maggior estensione presenti sul territorio del cantone, come per esempio il castello diroccato di Oberrinach presso Herlisberg nel 1888 e nel 1940, il castello di Nünegg presso Lieli nel 1930/31 oppure il castello Äussere Burg Wolhusen nel 1930–35.
Con la nomina nel 1954 del primo archeologo cantonale e con la revisione nel 1960 delle condizioni generali riguardo alle leggi, l’archeologia, oltre a diventare un’istituzione, diviene anche più professionale e posta definitivamente sotto la
Peter Karrer – Burgenarchäologie im Kanton Luzern – ein Lauf durch die Forschungsgeschichte
86 Mittelalter 17, 2012 / 2
sovranità dello stato. Come conseguenza della carenza di personale, scavi archeologici ed indagini concernenti la storia dello sviluppo architettonico, furono assai limitati anche qualora un monumento veniva alterato da interventi distruttivi. Indagini più approfondite, come quelle eseguite nel castello di Hasenburg presso Willisau nel 1958/1959 oppure nel castello di Salbüel (Hergiswil presso Willisau) nel 1982 sono sempre state solo possibili grazie all’iniziativa di persone estranee al Servizio cantonale di archeologia di Lucerna.
Tale situazione per il Servizio cantonale di archeologia del Canton Lucerna cominciò a migliorare solo a partire dal 1985. Con un incremento del personale fu infine possibile dedicarsi conseguentemente e sistematicamente allo studio delle testimonianze medievali minacciate. Nonostante ciò gli interventi sono limitati in genere a scavi di salvataggio. Pertanto, la possibilità di poter eseguire scavi archeologichi su scala più vasta è, sulla base del mandato legale del Servizio cantonale di archeologia ed i mezzi finanziari a disposizione, minima. La salvaguardia dei castelli meglio conservati è spesso solo garantita grazie agli aiuti finanziari da parte di fondazioni e di associazioni dei castelli. In particolare alcuni castelli (Nünegg, Äussere Burg Wolhusen e Oberrinach), nei quali in passato sono già state effettuate vaste campagne di scavi archeologici, diventano, nell’ambito di interventi di consolidamento, nuovamente oggetto di scavi e di ricerche riguardanti la storia dello sviluppo architettonico. La lista dei castelli che sono stati sottoposti di recente ad indagini comprende tra l’altro anche il castello Innere Burg Wohlhusen (1988/92), il castello di Heidegg sopra Gelfingen (1989–98) e il castello di NeuHabsburg a Meggen (1989/90).
Negli ultimi anni la situazione è diventata di nuovo più precaria. Sostanziali tagli finanziari presso il Servizio cantonale di archeologia del Canton Lucerna ed una costante riduzione dei sussidi finanziari da parte della Confederazione hanno praticamente reso nulla l’attuabilità del mandato legale dell’ente in questione. Purtroppo tale situazione non è limitata ai soli castelli. Nonostante la situazione finanziaria precaria il Servizio cantonale di archeologia ha potuto, nell’ambito della castellologia, realizzare alcuni progetti di una certa importanza come ad esempio le indagini ed gli interventi di consolidamento sul castello di Kastelen presso Alberswil (1998–2002) o lo scavo archeologico nel castello «Bergli» a Willisau nel 2003. Attualmente in programma vi sono gli interventi di consolidamento dei ruderi del castello di Nünegg, che nonostante i ripetuti lavori di ristrutturazione, si trova nuovamente in uno stato di degrado.
Christian Saladin (Basel/Origlio)
ResumaziunTenor la perscrutaziun actuala enconusch’ins oz 97 turs e chastels en il chantun da Lucerna. Plinavant vegnan supponidas anc 35 ruinas da chastels. Mo stgars in quart da questas construcziuns da fortezza e da represchentaziun dal temp medie
val èn fin oz vegnidas exchavadas d’archeologs ed examinadas a maun d’ina analisa da construcziun.
Ils anteriurs sezs d’aristocrazia èn daventads pli e pli centrals per las perscrutaziuns la fin dal 19avel tschientaner. Durant la fasa tempriva da l’archeologia da chastels sa deditgavan a las construcziuns da fortezza surtut societads istoricas, uniuns patrioticas e privats a cun blera premura, ma savens cun paucas enconuschientschas professiunalas metodicas. Durant questa epoca èn vegnidas fatgas tranter auter las exchavaziuns da gronds implants da chastels dal chantun da Lucerna, sco da la ruina dad Oberrinach sper Herlisberg il 1888 ed il 1940, da la ruina da Nünegg sper Lieli il 1930/1931 u dal chastè exteriur da Wolhusen il 1930–35.
Cun nominar l’emprim archeolog chantunal l’onn 1954 e cun surlavurar las cundiziuns da basa legalas l’onn 1960 è l’archeologia vegnida instituziunalisada, professiunalisada e suttamessa definitivamain a la suveranitad statala. Stgarsas resursas persunalas han però gì per consequenza ch’ins è vegnì activ pir tard en cas da mesiras da construcziun devastantas vi dals monuments istorics e ch’ils scleriments archeologics e las analisas da construcziun dals objects pertutgads èn strusch vegnids fatgs. Pli grondas retschertgas sco quella da la ruina da Hasenburg sper Willisau il 1958/59 u dal chastè da Salbüel a Hergiswil sper Willisau il 1982 han pudì vegnir realisadas mo grazia a l’iniziativa da persunas d’ordaifer.
Pir cun l’extensiun da l’archeologia chantunala a partir da l’onn 1985 è la situaziun sa meglierada. Pervia dal dumber dal persunal creschent èsi stà pussaivel da s’occupar consequentamain e sistematicamain da las perditgas periclitadas dal temp medieval. Las activitads èn per regla tuttina sa limitadas ad exchavaziuns da necessitads. Exchavaziuns da perscrutaziun èn strusch pussaivlas pervia da l’incumbensa legala da l’archeologia chantunala e pervia dals meds finanzials. Ils chastels ch’èn mantegnids bain pon, savens mo vegnir protegids grazia a daners da fundaziuns e d’uniuns da chastels. La ruina da Nünegg, il chastè exteriur da Wolhusen e la ruina dad Oberrinach, tut construcziuns per gronda part gia perscrutadas, èn en consequenza da mesiras da conservar anc ina giada daventadas ils objects d’exchavaziuns, d’examinaziuns e d’analisas da construcziun. En pli èn però vegnids perscrutads da nov tranter auter il chastè interiur da Wolhusen il 1988/92, il chastè da Heidegg sur Gelfingen il 1989–98 ed il chastè da NeuHabsburg a Meggen il 1989/90.
Ils davos onns è la situaziun puspè daventada pli critica. Scursanidas da budget substanzialas da l’archeologia e da la tgira da monuments dal chantun da Lucerna sco era las contribuziuns federalas che van plaunsieu a la fin han bunamain rendì impussaivel da realisar l’incumbensa legala da quests uffizis, e quest problem na pertutga betg mo las turs ed ils chastels. Malgrà questa situaziun finanziala precara èsi reussì a l’archeologia chantunala da realisar in pèr projects pli gronds en la domena da l’archeologia da chastels: la sanaziun e l’examinaziun dals chastels sper Alberswil il 1998–2002 u l’exchavaziun
Mittelalter 17, 2012 / 2
Peter Karrer – Burgenarchäologie im Kanton Luzern – ein Lauf durch die Forschungsgeschichte
87
dal chastè da citad «Bergli» a Willisau l’onn 2003. In project actual da l’archeologia dal chantun da Lucerna è la restauraziun generala da la ruina da Nünegg ch’è en privel dad ir en muschna, malgrà mesiras da sanaziuns periodicas.
Lia rumantscha (Curia/Chur)
Abkürzungen:JbHGL = Jahrbuch der Historischen Gesellschaft Luzern
Abbildungsnachweis:1–7, 9, 10, 14–20: Kantonsarchäologie Luzern8, 11–13: Kantonale Denkmalpflege Luzern
Adresse des Autors:Peter Karrer, lic. phil.Wissenschaftlicher MitarbeiterLibellenrain 156002 Luzern+41 41 228 78 [email protected]
88 Mittelalter 17, 2012 / 2
Der Zytturm an der Museggmauer und die älteste Stadtuhr von Luzern
von Jürg Manser
Luzerns erste Stadtuhr mit automatischem
Stundenschlag
Luzern fügt sich mit der für den 25. November 1385
belegten Übergabe der ersten, von Meister Heinrich
Halder von Basel geschaffenen Stadtuhr unauffällig in
diese Reihe ein. Die Uhr wurde im Graggentor unter
gebracht (Abb. 1).7 Dieser Torturm war Teil des inneren
Befestigungsrings und stand auf der Nordseite der Stadt,
am heutigen Löwengraben. Durch das Tor dieses 1864
abgebrochenen Turms führte der bis heute bestehende,
steile Weg hinauf zur Musegg. Zu Meister Halders Uhr
hat sich ein einmaliges Dokument erhalten: Der Luzerner
Rat liess eine ausführliche Gebrauchsanweisung ins Erste
Bürgerbuch eintragen, bei der es sich um den ältesten
erhaltenen Text überhaupt handeln soll, der diese Art
Mechanismus beschreibt.8 Der Anleitung ist zu entneh
men, dass es sich um ein damals gebräuchliches Uhrwerk
mit einer sog. Waagbalkenhemmung und mit Schlag
werk gehandelt haben muss, welches die Stunden über
einen Glockenschlag verkündet hat.9
Auch wenn die Verbreitung der stundenschlagenden
öffentlichen Uhr heute als gut erforscht gelten darf, so
gilt dies nicht für den Nachweis der optischen Zeit
anzeige mit Zifferblatt und Zeigern. Offensichtlich ist
einerseits die Nachrüstung bestehender Schlaguhren
mit Zifferblättern nur selten aktenkundig geworden: In
Oudenburg (Flandern) erhielt eine 1383 installierte Uhr
um 1402 ein Zifferblatt, in Siena wurde 1424 eine 1360
hergestellte Uhr mit einem Zifferblatt ergänzt, ähnlich
wie in Lüneburg, wo eine 1379 datierte Uhr um 1445
nachgerüstet wurde.10 Das Zifferblatt der Horloge du
Palais in Paris scheint erst um oder kurz vor 1419 ins
talliert worden zu sein. In diesem Jahr beschwerte sich
der Uhrenwärter über die dadurch verursachte zusätz
liche Arbeit.11
Die meist fehlende explizite Erwähnung von Zifferblät
tern könnte auch darauf zurückzuführen sein, dass diese
im 15. Jh. als fester Bestandteil von öffentlichen Turm
uhren selbstverständlich geworden sind. Die Über
Öffentliche Uhren sind heute eine Selbstverständlich
keit und allgegenwärtig. Der oftmals geradezu aufdring
lichen öffentlichen Zeitangabe, sei es optisch oder akus
tisch, kann sich niemand entziehen. Ganz im Gegensatz
zum frühen 14. Jh., in dem die öffentliche, die Stunden
schlagende Uhr noch eine technische Sensation und
entsprechend selten war.1
Stundenschlagende Uhren – ein Novum im 14. Jh.
1336 ist in einer Mailänder Stadtchronik die Errichtung
einer Uhr auf dem Turm von San Gottardo überliefert,
deren Glocke jede Stunde mit der entsprechenden An
zahl Schläge ankündigte: «… in der Turmspitze sind viele
Glocken, und dort ist eine bewundernswerte Uhr, …, die
eine Glocke … schlägt nach der Zahl der vierundzwanzig
Stunden des Tages und der Nacht, so, dass sie in der ers
ten Stunde einen Ton gibt, in der zweiten zwei Schläge,
in der dritten drei und in der vierten vier, und so unter
scheidet sie die einzelnen Stunden. Das ist für alle Stände
äusserst nötig.»2
Uhren in städtischen Türmen oder städtische Stunden
signale gab es zwar schon früher, neu – und in Mailand
aus diesem Grund besonders erwähnenswert – ist der
automatische Stundenschlag.3 Das Schlagwerk ist die
grosse technische Neuerung dieser Zeit und nicht die
Uhr an und für sich. Diese prestigeträchtigen, die Stun
den schlagenden öffentlichen Uhren werden in der ersten
Hälfte des 14. Jh. vor allem in Oberitalien aktenkundig.4
Sie verbreiten sich aber schnell über ganz Europa, über die
Residenzen in die Grossstädte und in alle Städte, die
sich eine Uhr leisten konnten. Eigentliche Boomjahre
sind die Jahre 1371 bis 1380, in denen für 80 Städte die
Einführung der öffentlichen Uhr nachweisbar ist.5 Bis
um 1410 verfügen alle grösseren europäischen Städte
über eine öffentliche Uhr.6
Mittelalter 17, 2012 / 2
Jürg Manser – Der Zytturm an der Museggmauer und die älteste Stadtuhr von Luzern
89
tragung der Zeitanzeige auf die Fassade war keine wirk
lich komplexe mechanische Aufgabe, die eine hohe
Kunstfertigkeit verlangt hätte, und war daher mög
licherweise auch kaum der Erwähnung wert. Die spär
liche Quellenlage ist sicher mit verantwortlich dafür,
dass in der Literatur das Thema der optischen Zeit
anzeige zumeist ausweichend behandelt wird.12
Bei der 1385 datierten Uhr im Luzerner Graggentor
handelte es sich mit Sicherheit um eine Schlaguhr ohne
optische Zeitanzeige. Dies nicht nur aufgrund ihres Ent
stehungsdatums, welches für ein an der Turmfassade
angebrachtes Zifferblatt im europäischen Vergleich früh
wäre, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass ein Zif
ferblatt an diesem etwas abseits gelegenen und vom rest
lichen Stadtgebiet aus schlecht bis gar nicht sichtbaren
Turm keinen Sinn gemacht hätte. Wie unten zu zeigen
sein wird, ist diese Uhr wie die erwähnten Modelle von
Siena, Lüneburg und Oudenburg wohl erst zu Beginn des
15. Jh. anlässlich ihrer Versetzung auf die Musegg mit
Zifferblatt und Stundenzeiger ergänzt worden.
1: Der Graggenturm der inneren Stadtbefestigung (Nr. 58) und der Zytturm auf Musegg (Nr. 69) im Stadtprospekt von Martin Martini, Kupferstich 1597.
1 Es kann im Rahmen dieses Beitrags nicht auf die lange und vielgestaltige Geschichte der Zeitmessung, insbesondere auf jene des Mittelalters, eingegangen werden. Eine umfassende Darstellung zum Thema bietet Gerhard Dohrn-van Rossum, Die Geschichte der Stunde. Uhren und moderne Zeitordnungen (Köln 2007).
2 Dohrn-van Rossum 2007 (wie Anm. 1) 145f.3 Dohrn-van Rossum 2007 (wie Anm. 1) 147.4 Lexikon des Mittelalters, Bd. 8, 1182: Uhr, macher (G. Dohrnvan
Rossum).5 Dohrn-van Rossum 2007 (wie Anm. 1) 210.6 Dohrn-van Rossum 2007 (wie Anm. 1) 212.7 Adolf Reinle, Die Kunstdenkmäler des Kantons Luzern II: Die
Stadt Luzern, I. Teil (Basel 1953) 38; Jürg Manser, Luzern. Löwen graben 1 / Weggisgasse 26. Jahrbuch der Historischen Gesellschaft Luzern 13, 1995, 100–104.
8 Jörg Spöring, Die Uhr im Zytturm uff Mesegk zuo Lucern 1385–1535 (Luzern 1975) 16–19; Jörg Spöring, Schmiedeeiserne Turmuhren im alten Luzern. Innerschweizer Schatztruhe 9 (Luzern 2009) 41.
9 Spöring 2009 (wie Anm. 8) 42f.10 Dohrn-van Rossum 2007 (wie Anm. 1) 193.11 Dohrn-van Rossum 2007 (wie Anm. 1) 193.12 Lexikon des Mittelalters, Bd. 8, 1182: Uhr, macher (G. Dohrnvan
Rossum): «Die stundenschlagenden und später auch mit Zeigern und Zifferblättern versehenen öffentlichen Turmuhren …»; Dohrn-van Rossum 2007 (wie Anm. 1) 193: «… wird es in den grösseren Städten üblich, die öffentlichen Uhren mit Zifferblättern zu versehen.»
Jürg Manser – Der Zytturm an der Museggmauer und die älteste Stadtuhr von Luzern
90 Mittelalter 17, 2012 / 2
Ein Turm auf Musegg für die Stadtuhr
Im Rahmen der seit 2006 in Jahresetappen durchgeführ
ten Restaurierung der Museggmauer war 2011 die Reihe
am Zytturm (Abb. 2).13 Die baubegleitend vorgenom
mene Bauuntersuchung führte zur überraschenden Er
kenntnis, dass der Zytturm von Anbeginn zur Aufnahme
einer Uhr konzipiert war.14 Gemäss Ergebnis der den
drochronologischen Datierung erbaute man ihn im Jahr
1403 als Turm mit doppelter Funktion: Er war zugleich
Wehr wie auch Zeitturm. Da er ein Zifferblatt erhalten
sollte, wurde der Turm nicht wie die Mehrheit der
Museggtürme als gegen die Stadt zu offener Schalen,
sondern als allseits geschlossener Turm entworfen
(Abb. 3, 5).15 Ein kleines Fenster auf der Stadtseite war
zur Aufnahme der Zeigerachse bestimmt, sodass sich die
Lage des Zifferblatts auf der Südfassade rekonstruieren
lässt (Abb. 4). Die Stunde wurde somit von Anbeginn
nicht nur akustisch, sondern auch optisch angezeigt.
Dies war sicher auch der tiefere Grund für den Umzug
der Stadtuhr aus dem Graggentor auf die Musegg: der
Klang der Glocke konnte sich besser über die Stadt aus
breiten, und die Zeit konnte von vielen Orten der Stadt
und vom See her abgelesen werden.
1403 bildete – wie bei seinen Nachbarn – ein Wehr
gang den oberen Abschluss des Zytturms, mit einem be
deutenden Unterschied: In der Mittelachse der Südseite
erhob sich ein Glockentürmchen, an welches die Brüs
tungsmauern anstiessen. Zwischen zwei, im heutigen
Dachstuhl noch sichtbaren, gemauerten Pfeilern hing die
Glocke.16 Die Dachform des Glockentürmchens konnte
bauarchäologisch nicht festgestellt werden. Es sind ver
schiedene Varianten denkbar: Das in der Rekonstruk
tionszeichnung vorgeschlagene Pultdach entspricht for
mal der Abdeckung der Zinnen des Wehrgangs und fügt
sich optisch unauffällig in das Gesamterscheinungsbild
ein. Denkbar wäre aber auch ein traufständiges Sattel
dach. Für diese Dachform lassen sich in historischen
Bildquellen, z.B. bei Diebold Schilling, etliche Belege an
führen. Dem selbstbewussten Auftritt der Museggmauer
gut entsprochen hätte auch ein gemauerter Giebel mit
einem Rundbogen über der Glocke, wie er bei Kirchen
mit in die Westfassade integriertem Glockenturm recht
häufig und in unterschiedlich aufwändiger Gestalt an
zutreffen ist.
Der Luzerner Stadtschreiber Rennward Cysat (1545–
1614) rühmte den weitherum zu hörenden Klang der
1380 gegossenen Leodegarsglocke, welche zuerst in der
St. Peterskapelle gehangen haben soll: «so zuovor jn
S. Peters kilchthurn gehanget; deren schlag man vast
wytt hören mag».17 Als älteste Stadtuhr geniesst die Uhr
im Zytturm bis heute ein besonderes Privileg: Sie schlägt
die volle Stunde eine Minute vor allen anderen öffent
lichen Uhren der Stadt.18
Auch beim Zytturm muss, wie in allen anderen Türmen
der Museggmauer mit dieser Dachform, das unterhalb
des Wehrgangs im Turmschaft liegende Pultdach zu auf
wändig im Unterhalt gewesen sein. Man entschloss sich
daher, einen neuen, auf dem Wehrgang und den Brüs
2: Der Zytturm nach der Restaurierung und der Eröffnung der darin untergebrachten Schau von Grossuhrwerken aus dem Kanton Luzern, Frühjahr 2012.
Mittelalter 17, 2012 / 2
Jürg Manser – Der Zytturm an der Museggmauer und die älteste Stadtuhr von Luzern
91
tungsmauern aufliegenden Dachstuhl, ein Pyramiden
dach mit Krüppelwalm gegen Süden, aufzurichten (vgl.
Abb. 3, 5).19 Die Arbeiten führte man gemäss Ergebnis
der dendrochronologischen Datierung 1508 aus. Das
3: Rekonstruktion des Zytturms im Zustand der Bauzeit um 1403 (links, mit verschiedenen Dachvarianten für das Glockentürmchen) und 1535 (rechts, nach dem Umbau von 1508 und der Einrichtung einer neuen Uhr und eines neuen Zifferblatts 1535). Blick von Süden.
13 Vgl. dazu die Beiträge zur Bau und Restaurierungsgeschichte der Museggmauer von Georg Carlen und Jürg Manser in: Stiftung und Verein für die Erhaltung der Museggmauer (Hrsg.), Die Musegg mauer – Neun Türme über der Stadt Luzern (Luzern, erscheint Oktober 2012).
14 Bericht (Interessengemeinschaft Archäologie IGA, Zürich, Hermann Obrist) im Archiv der Kantonalen Denkmalpflege und Archäologie Luzern.
15 Wobei interessanterweise die Südfassade – analog zu den erst nachträglich geschlossenen Schalentürmen – deutlich schwächer aus gebildet wurde als die anderen, über die Stadtmauer vorspringenden Fassaden.
16 Zur Glocke vgl. Anm. 33.17 Rennward Cysat, Collectanea Chronica und denkwürdige Sachen
pro Chronica Lucernensi et Helvetiae, Erste Abteilung: Stadt und
Kanton Luzern, Erster Band, erster Teil: Collectanea Chronica und denkwürdige Sachen zur Geschichte der Stadt Luzern, bearbeitet von Josef Schmid (Luzern 1969) 243f. [E.Fol.337R].
18 Spöring 2009 (wie Anm. 8) 33f.19 Diebold Schilling zeigt zwei Versionen der Dachgestaltung: nebst der
heute noch existierenden, nachweislich 1508 entstandenen Dach form zeigt er mehrfach einen Spitzhelm, vor dem das mit separatem Dach versehene Glockentürmchen steht; vgl. Alfred A. Schmid (Hrsg.), Die Schweizer Bilderchronik des Luzerners Diebold Schilling, Kommentarband zum Faksimile (Luzern 1981) 142: fol. 90v (182), 252: fol. 164v (332). Eine derartige Dachform ist archäologisch nicht belegt. Es handelt sich hier um eine der zahlreichen Ungenauigkeiten, die sich Schilling erlaubte, da eine naturgetreue Wiedergabe nicht das Ziel seiner Bilderchronik war.
Glockentürmchen wurde dabei in die neue Südgiebel
mauer integriert. Der Umfang des Bauvorhabens könnte
dafür sprechen, dass man mit dem neuen Dach und dem
damit zusätzlich gewonnenen Raum unter dem Zinnen
Jürg Manser – Der Zytturm an der Museggmauer und die älteste Stadtuhr von Luzern
92 Mittelalter 17, 2012 / 2
kranz zugleich auch eine Optimierung der Zeitanzeige
angestrebt haben könnte. Eine sekundär ausgebrochene
Öffnung für die Zeigerachse liegt rund zwei Meter über
jener aus der Bauzeit des Turms (vgl. Abb. 4). Archäolo
gisch lässt sich die Anhebung von Uhrwerk und Ziffer
blatt bereits in der Bauphase von 1508 jedoch nicht be
legen.20 Erst mit der 1535 erworbenen neuen Stadtuhr ist
die erhöhte Lage von Uhrwerk und Zifferblatt archäolo
gisch belegt: Das Holz für den Uhrstuhl ist im Herbst/
Winter 1534/35 geschlagen worden.
Farbe betont die Sonderstellung
Über die farbliche Gestaltung der Fassade des frühen
15. Jh. sind wir nicht informiert. Es darf jedoch mindes
tens ein Zifferblatt mit aufgemalten lateinischen Zah
len rekonstruiert werden, da Zeiger und Zifferblatt eine
Einheit bilden und das eine kaum ohne das andere
Element auftritt.21 Als man 2011 die Bemalung auf der
Südfassade restaurierte, verzichtete man bewusst auf
grössere Eingriffe, sodass es nicht möglich war, unter
dem bestehenden Zementverputz von 1939 nach Spu
ren älterer Farbfassungen zu suchen. Auch die Quellen
schweigen zu dieser Frage. Es muss somit offen bleiben,
ob der Turm schon um 1403 grossflächig bemalt war.
Erst mit den Darstellungen in der DieboldSchilling
Chronik von 1511–13 wird die Bemalung greifbar: Zwei
beidseits der Glocke angeordnete, rot gekleidete Män
ner holen zum Schlag auf dieselbe aus (Abb. 6).22 Unter
halb des vorkragenden Wehrgangs ist das Zifferblatt auf
quadratischem rotem Grund angebracht. In den folgen
den Jahrhunderten musste die Malerei wiederholt er
neuert werden. So erhielt Joseph Moser 1596 den
Auftrag, «den Zyt thurnn uff der Musegk zemalen umb
60. kronen». Noch im gleichen Jahr erhielt er 120 Gul
den ausbezahlt.23 Der Stadtprospekt von Martin Martini
aus dem Jahr 1597 zeigt Mosers Werk (vgl. Abb. 1):
Beidseits der Glocken die beiden Glockenschläger mit
Hämmern, wie sie bereits Schilling zeigt. Oberhalb des
Zifferblatts zwei Wappenschilde, unterhalb das Jahr
1596. Im unteren Teil des Turmschaftes halten zwei
Riesen das Standeswappen mit dem Reichsschild. Be
schlüsse zur Renovationen der Malerei24 sind für fol
gende Jahre überliefert: 168225, 174526, 186627, 188928.
Aufgrund der Rechnungsstellung ist nachweisbar, dass
zumindest die Beschlüsse von 1745 und 1889 ausge
4: Schnitt durch den Zytturm, Blick gegen Westen. Eindrücklich sind die unterschiedlichen Mauer stärken auf der Nordseite (Feindseite) und der Südseite (Stadtseite). In der Süd fassade sind die zwei übereinander liegenden Öffnungen für die Zeiger achse gut zu erkennen (Pfeile), die untere aus der Bauzeit um 1403, die obere sekundär ausgebrochen spätestens um 1535.
Mittelalter 17, 2012 / 2
Jürg Manser – Der Zytturm an der Museggmauer und die älteste Stadtuhr von Luzern
93
führt worden sind.29 1939 wurde schliesslich die ganze
Süd fassade neu verputzt und bemalt: Alfred Schmidi
ger (1892–1977) setzte einen Entwurf des Kunstmalers
Karl Schobinger (1879–1977) um, welcher zwei Wild
mannli als Schildhalter des Stadtwappens mit einer
grossen Eiche im Hintergrund zeigt.30 Diese Fassung
wurde 2011 sanft restauriert (vgl. Abb. 2).
5: Blick in das Innere des Zytturms zur Bauzeit um 1403 (links) und nach dem Einbau des Uhrstuhls für das neue Uhrwerk um 1535 (rechts).
20 Die Uhr selbst müsste 1508 nicht zwingend angehoben worden sein, da es technisch durchaus möglich war, die Zeigerachse über eine zweimalige Umlenkung zu bedienen.
21 Wie bei Turmuhren üblich, dürfte dabei die Vier nicht als «IV», sondern mit vier Einerstrichen «IIII» angegeben gewesen sein. So zeigt auch Diebold Schilling das Zifferblatt.
22 Diese Figuren sind wohl eine Reminiszenz an die mit dem Uhrwerk gekoppelten, beweglichen Figurenspiele, die für das 14. und 15. Jh. gut belegt sind; vgl. Dohrn-van Rossum (wie Anm. 1) 143 ff.
23 Staatsarchiv Luzern (StALU) Ratsprotokolle RP 45, fol. 123v, StALU cod 6875.
24 Die Schriftquellen zur Bau und Restaurierungsgeschichte wurden 2006 im Auftrag der Stiftung für die Erhaltung der Museggmauer von Heidi Blaser, Historic Research GmbH, zusammengestellt; Archiv der Kantonalen Denkmalpflege und Archäologie Luzern.
Das Schicksal von Uhr und Glocke
Heinrich Halders Uhr von 1385 hat sich leider nicht er
halten. Sie wurde 1535 durch ein Werk von Hans Luther
aus Zürich ersetzt.31 Wenn dies nicht schon anlässlich
des Umbaus von 1508 geschehen war, so positionierte
man spätestens jetzt das Uhrwerk im durch die An
hebung des Daches gewonnenen Raum neu und rückte
25 StALU Ratsprotokolle RP 79, fol. 186r.26 StALU Staatsprotokolle RS II, fol. 555.27 Stadtarchiv Luzern (SA) B3.31/A 36: Stadtratsprotokoll (StR) v.
8.3.1866, Nr. 31, 184, StR v. 7.6.1866, Nr. 17, 461.28 SA B3.31/A 36: StR v. 17.10.1889, Nr. 23.29 Auftrag erteilt 1745, Abrechnung 1747: StALU cod 10005 fol. 20r.;
Auftrag 1889, abgeschlossen 1890: SA B3.31/A 36: StR v. 17.7.1890, Nr. 31.
30 Archiv der Kantonalen Denkmalpflege Luzern Sch 55.2.2.31 Der Luzerner Stadtschreiber Renward Cysat (wie Anm. 17, 244
[C.Fol.335v]) überliefert das Datum 1536. Der Uhrstuhl war jedoch gemäss dendrochronologischer Analyse 1535 zur Aufnahme der ins gleiche Jahr datierten Uhr bereit. Es ist somit wahrscheinlich, dass die Uhr 1535 installiert worden ist und sich Cysat aus welchen Gründen auch immer um ein Jahr geirrt hat.
Jürg Manser – Der Zytturm an der Museggmauer und die älteste Stadtuhr von Luzern
94 Mittelalter 17, 2012 / 2
mit dem Zifferblatt an der Südfassade nach oben bis
unter die Konsolen des Wehrgangs. Für die Zeigerachse
wurde eine neue Öffnung ausgebrochen, die rund zwei
Meter über jener aus der Bauzeit des Turms liegt (vgl.
Abb. 4). Der dendrochronologisch ins Jahr 1535 datierte
Uhrstuhl nahm die neue Stadtuhr auf.32 Die Anhebung
der Uhr gestattete es, die Zeigerachse ohne Umlenkung
in die Mitte des Zifferblattes auf der Fassade zu führen.
6: Passanten erblicken von der Reussbrücke aus einen Drachen, der den Fluss hinunterschwimmt. Im Hintergrund die Luzerner Grossstadt und die Museggmauer, Diebold Schilling – Chronik 1511–1513, Folio 191r (385).
Auch die Glocke genügte gegen Ende des 18. Jh. den An
forderungen insbesondere der Schifffahrt nicht mehr,
sodass 1788 eine neue, grössere bei Heinrich Sutter
meister d.Ä. in Zofingen bestellt wurde. Die Leodegars
glocke schmolz man zum Glück nicht ein, sondern ver
legte sie in die Hofkirche, wo sie sich heute noch be
findet.33
Mittelalter 17, 2012 / 2
Jürg Manser – Der Zytturm an der Museggmauer und die älteste Stadtuhr von Luzern
95
Vielseitiger Nutzen
Die Stadtuhr verkörperte in der spätmittelalterlichen
Stadt Fortschrittlichkeit, Wohlstand und Prestige. Spä
testens seit Beginn des 15. Jh. musste jede Stadt, die
etwas auf sich hielt, eine derartige Uhr besitzen, je aus
geprägter das städtische Selbstbewusstsein, desto kostba
rer und komplexer die Ausführung.34 Luzern mochte hier
nicht hintanstehen, erwarb 1385 die erste Uhr, welche
1403 im Zytturm der Museggmauer, dem Symbol städti
schen Selbstbewusstseins schlechthin, einen prominenten
Platz erhielt. Ihre Sonderstellung bewahrte sich die Uhr
bis heute: als einzige Uhr in der Stadt Luzern schlägt sie
die volle Stunde eine Minute vor der Zeit!
RésuméLes horloges publiques sont désormais monnaie courante et on en trouve un peu partout. L’indication publique de l’heure – presque même envahissante – ne peut passer inaperçue, que ce soit sur le plan acoustique ou visuel. Nous sommes bien loin du début du 14e siècle, où l’horloge qui sonnait les heures représentait une sensation technologique, encore très rare.
A la fin du Moyen Age, l’horloge publique symbolisait l’avancée, la richesse et le prestige d’une ville. Au plus tard depuis le début du 15e siècle, chaque cité qui se respectait, se devait de posséder une telle horloge – plus la conscience citadine était grande, plus sa réalisation était coûteuse et complexe.
Lucerne ne voulant pas être laissée pour compte, elle acheta en 1385 sa première horloge, qui se vit décerner, en 1403, une place éminente dans la tour de l’Horloge du mur de la Musegg, symbole de la conscience citadine par excellence. L’horloge a conservé jusqu’à aujourd’hui une importance particulière – elle est la seule de la ville de Lucerne à retentir une minute avant l’heure!
Sandrine Wasem (Thun)
RiassuntoLa presenza di orologi pubblici, essendo oggigiorno onnipresenti, è cosa oramai scontata. E impossibile restare indifferenti davanti ad un orologio civico quando, spesso anche in modo insistente, sia dal punto di vista acustico che ottico, suona l’ora. All’inizio del XIV secolo invece, l’orologio civico che suonava le ore, essendo ancora poco diffuso, era visto come una meraviglia della tecnica.
In una città tardomedievale l’orologio civico era sinonimo di progresso, di benessere e di prestigio. Al più tardi a partire dagli inizi del XV secolo ogni città che si reputava importante doveva possedere tale tipo di orologio. Pertanto, più una città
si considerava importante, più pregiato e complesso dal punto di vista tecnico doveva essere l’orologio in questione.
Lucerna, che rispetto ad altre città non voleva essere da meno, acquistò il suo primo orologio nel 1385. Nel 1403 venne installato nel Zytturm della Museggmauer, simbolo della città per eccelenza, andando così ad occupare una posizione di tutto pregio. Ancora oggi l’orologio occupa questa posizione privilegiata: è l’unico orologio della città di Lucerna che suona con un minuto di anticipo l’ora piena!
Christian Saladin (Basel/Origlio)
ResumaziunUras publicas èn ozendi ina chaussa evidenta ed omnipreschentas. Nagin n’è abel da guntgir l’indicaziun dal temp publica ch’è savens schizunt mulestusa opticamain ed acusticamain. Quai è dal tuttafatg in cuntrast a la situaziun dal 14avel tschientaner tempriv: l’ura publica che dat las uras era durant quel temp anc ina sensaziun tecnica ed uschia er ina raritad.
L’ura da la citad represchentava progress, bainstanza e prestige en la citad tardmedievala. Il pli tard dapi l’entschatta dal 15avel tschientaner stueva mintga citad che vuleva avair in bun num posseder ina tala ura. Pli superbia che era la citad, pli custaivla e cumplexa era la construcziun da l’ura.
Lucerna vuleva era far ina bun’impressiun ed ha perquai acquistà il 1385 l’emprima ura che ha survegnì il 1403 in lieu prominent en il Zytturm dal mir da Musegg. Quest mir vala sco il simbol per excellenza da la superbia. Sia posiziun particulara ha l’ura mantegnì fin oz: sco unica ura da la citad da Lucerna dat ella l’ura entira ina minuta avant il temp!
Lia Rumantscha (Cuira/Chur)
Abbildungsnachweis:1: Repro nach Nachdruck im Eigentum der Kantonsarchäologie
Luzern2: William Clements, Sarnen3, 4: Joe Rohrer, Luzern5: Linsinger ZT GmbH, ASt. Johann/Pg., überarbeitet durch
Kantonsarchäologie Luzern6: Repro nach Faksimilie, Kantonsarchäologie Luzern
Adresse des Autors:Jürg ManserKantonsarchäologeLibellenrain 156002 Luzern
32 Datierung Raymond Contic, Dendron, Basel. Bericht im Archiv der Kantonalen Denkmalpflege und Archäologie Luzern.
33 Reinle 1953 (wie Anm. 7) 196: Durchmesser der im Nordturm der Hofkirche Luzern hängenden Glocke: 126 cm, Inschrift in gotischen Minuskeln: «anno · dni · m · ccc · lxxx · pmo · xxviii · die · mensis · maii · hec · fvsa · fvit · campana · o · sce · leodegari · ora · pro · nobis»
34 Dohrn-van Rossum 2007 (wie Anm. 1) 193.
96 Mittelalter 17, 2012 / 2
Das Haus «Weid» in Meggen-Rüeggiswil
von Christoph Rösch
Der südliche Hausteil war unterkellert und stand auf
einem gemauerten Sockel, während der nördliche Teil
des Hauses ebenerdig betreten werden konnte. Der Kel
ler besass, entsprechend dem darüberliegenden Raum,
eine Tiefe von 3,5 m. Der ca. 1,25 m hohe Sockel be
stand aus unregelmässig gefügten Bruch und Bollen
steinen, die vorwiegend in Lehm, aber auch in wenig
Mörtel verlegt waren. Die südwestliche Ecke der
Sockelmauer konnte als Baufuge gefasst werden, wäh
rend die östliche Ausdehnung unbekannt blieb. Hier
setzte ein Neubau aus dem 19. Jh. an. Über einem
schmalen Balkenrost lagen die fassadenbündigen Boden
bohlen des Erdgeschosses (Abb. 2). Die Bohlen griffen
mit einer einfachen Fälzung übereinander. Auf den
Bodenbohlen setzten die Blockwände an, deren erste
Balkenlage an den Ecken mit zweiteiligen Schwellen
schlössern gesichert waren. Die erhaltene Kammer
hatte eine Ausdehnung von 4,25 m in der Breite und gut
3,5 m in der Tiefe bei einer Raumhöhe von zwei
Metern. Ein gefaster, quer zum First ausgerichte
ter, an den Wänden verkämmter Unterzug über
spannte den Raum genau in der Mitte. An der
Westwand befand sich im Abstand von 50 cm von
der Südfassade der Pfosten einer teilweise gestörten,
60 cm hohen Fensteröffnung. Die Brüstung des Fensters
lag vermutlich einen Meter über dem Fussboden. Wäh
rend die Südfassade keine Reste originaler Fensteröff
nungen aufwies, war in der Ostwand eine ebenfalls
nur zur Hälfte erhaltene Türöffnung vorhanden. Ein
30 cm breiter Mantelständer fasste an der noch erhalte
nen Südseite einen 1,4 m hohen Durchgang ein, der sich
1,1 m von der Südfassade entfernt befand. Diese Türe be
legt einen östlich anschliessenden Raum, der wohl beim
Umbau im 19. Jh. abgebrochenen wurde. Diese Eintei
lung entspricht dem klassischen Schema dieses Haustyps.
Bemerkenswerterweise war die Binnenwand, wie auch
die darüberliegende im ersten Obergeschoss, nicht mit
Einzelvorstössen, sondern durch geschlossene Reihen
vorstösse mit der Fassade verbunden. Die Nordwand
Einleitung
Die Kirchengemeinde Meggen liess 1989 das zum Ab
bruch vorgesehene Haus «Weid» im Weiler Rüeggiswil
westlich vom Megger Dorfzentrum durch das Büro Bal
tensweiler + Leuenberger Ebikon/Zürich bauhistorisch
untersuchen. Das etwas erhöht an der Strasse nach
Luzern liegende Haus war bekannt als Geburtsort der
Mutter Maria Theresia Scherer (1825–1888), der Mit
begründerin des Klosters Ingenbohl. Allein dieser Um
stand führte zur Untersuchung am ansonsten unauf
fälligen Bauernhaus.1
Die im Mai 1989 durchgeführte bauhistorische Un
tersuchung führte zur Erkenntnis, dass es sich beim
Kernbau des Hauses um einen Blockbau mit fassaden
bündigen FussbodenDeckenbohlen handelte. Dieser
Bautypus wurde kurz zuvor von Benno Furrer am Bei
spiel verschiedener Schwyzer und Urner Häusern erst
mals genauer umschrieben.2 In einer späteren Verbrei
tungskarte ist das Haus Weid aufgeführt.3 Die zu dieser
Wohnbaugruppe zählenden Objekte im Gebiet des
Kantons Schwyz wurden unlängst monografisch aus
gewertet und publiziert.4 Derweil wurden weitere zu
dieser Gruppe zählende Gebäude entdeckt.5
Die gut zwei Wochen dauernde Bauuntersuchung musste
sich auf die wesentlichen Fragen der Baugeschichte be
schränken. Die im Vorfeld durchgeführte dendrochro
nologische Datierung verschiedener Bauhölzer stellte
sich ausserdem als sehr schwierig heraus. Nur knapp die
Hälfte der Proben ergab ein Datum. Die Bauhölzer be
fanden sich in einem sehr schlechten Zustand. Die
Datierungsresultate liessen auf eine spätmittelalterliche
und eine frühneuzeitliche Bauphase schliessen. Im
Folgenden sollen die 1989 dokumentierten Befunde
beschrieben werden.
Beschreibung des Hauses: Kernbau um 1310 (d)
Das Gebäude wurde an leichter Hanglage errichtet und
blickte mit der Hauptfassade Richtung Süden (Abb. 1).
Mittelalter 17, 2012 / 2
Christoph Rösch – Das Haus «Weid» in Meggen-Rüeggiswil
97
der Kammer wurde bei späteren Umbauten vollständig
ersetzt.
Die darüberliegende Kammer übernahm den Grundriss
derjenigen des Erdgeschosses, hatte aber eine Raumhöhe
von mutmasslich 1,75 m. Die 1989 angetroffene Decke
gehörte vermutlich nicht mehr zum Originalbestand,
könnte aber den Falz oder die Nut der Vorgängerdecke
übernommen haben. Das einzige Fenster dieses Raumes
befand sich genau in der Mitte der Südfassade. Die von
zwei Pfosten eingefasste Fensteröffnung hatte eine Breite
von 75 cm und eine identische Höhe (Sims gestört). Die
Brüstung lag vermutlich 90 cm über dem Boden. Der
Zugang zum Raum in der Nordwand wurde – weil
später erneuert – nicht genauer dokumentiert. Der Boden
des Obergeschosses war nicht mit fassadenbündigen
Bohlen gefügt. Die rechteckige Öffnung an der Süd
fassade am Stoss zweier Kanthölzer deutet auf in einen
1: Die Südfassade des Hauses «Weid». In der Mitte der Kernbau, links der frühneuzeitliche Anbau, rechts der im 19. Jh. errichtete Hausteil.
2: Südöstliche Ecke des erhaltenen Teils des Kernbaus. Sichtbar sind die fassadenbündigen Bodenbohlen und das Schwellenschloss. Rechts fügt sich der Anbau des 19. Jh. an. Blick nach Norden.
1 Jahrbuch der Historischen Gesellschaft Luzern 8, 1990, 128–129.2 Benno Furrer, Beiträge zur Hausgeschichte des 13. und 14. Jh. in
der Innerschweiz. Der Geschichtsfreund 141 (Stans 1988) 175–200.3 Benno Furrer, Die Bauernhäuser der Kantone Schwyz und Zug.
Die Bauernhäuser der Schweiz 21 (Basel 1994) 131–132.4 Georges Descœudres, Herrenhäuser aus Holz. Eine mittelalterliche
Wohnbaugruppe in der Innerschweiz, Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters 34 (Basel 2007).
5 http://www.schwyzkultur.ch/nachrichten/hausbueoeltiist 713jahrealt3716.html [08.02.2012]
Christoph Rösch – Das Haus «Weid» in Meggen-Rüeggiswil
98 Mittelalter 17, 2012 / 2
Falz gelegte Bodenbohlen hin, die mittels eines Treib
oder Keilladens versteift werden konnten. Die Boden
Deckenbohlen des frühneuzeitlichen Erweiterungsbaus
(s. u.) waren hingegen im Balken eingenutet und eben
falls mit einem Treibladen versehen.
Das weitere Raumgefüge des originalen Baus war durch
spätere Umbauten zerstört worden. Jedoch verwendete
man bei einem tiefgreifenden, frühneuzeitlichen Umbau
verschiedene Teile wieder. So ist vermutlich eine ganze
Wand für eine neue Kammer im hinteren Teil des
Hauses wiederverbaut worden, was Dendrodaten nahe
legen. Ausserdem fanden verschiedene Pfosten von Türen
und andere Hölzer eine Zweitverwendung.
Schema des Kernbaus
Lediglich zwei übereinanderliegende Kammern lassen
sich dem Kernbau zuweisen. Über eine Türöffnung in
der Ostwand der Erdgeschosskammer ist zumindest ein
weiterer Raum erschliessbar. Diese Raumaufteilung ent
spricht dem eingangs genannten Gebäudetypus mit einer
grösseren und einer kleineren Kammer an der Haupt
fassade im Erdgeschoss und einer identischen Struktur
im Obergeschoss.6 Leider lässt sich die originale Breite
nicht mit Sicherheit rekonstruieren. Ein Firststud, der
mit dem frühneuzeitlichen Umbau des Hauses hinzu
kam – die Dendrodatierung blieb allerdings erfolg
los – zeigt vielleicht die ursprüngliche Firstlage an.
Damit hätte das Haus eine hypothetische Breite (ohne
Lauben) von rund 8 m.
Der mittlere und hintere Hausteil wurde durch spätere
Umbauten vollständig zerstört (Abb. 3). Wie erwähnt,
wurden dabei zahlreiche Hölzer wiederverwendet. Auf
grund vergleichbarer Bauten ist mit einem breiten Mit
telgang und eventuell einer kleineren Kammer in der
nordöstlichen und nordwestlichen Ecke des Hauses zu
rechnen. Darauf konnte sich je eine weitere Kammer
von leicht grösserem Grundriss erheben. Der Mittelgang
und der Zwischenraum der beiden kleinen Eckkammern
blieben bis unters Dach offen und dienten als Rauch
küche und zur Erschliessung des Obergeschosses.7
Abgesehen von Fasen an originalen oder später wieder
verwendeten Unterzügen und Türpfosten konnten keine
speziellen Dekore oder Ornamente an den Bauteilen des
Kernbaus festgestellt werden.8
Am Reihenvorstoss des erhaltenen Kernbaus fand sich
ein offenliegendes Dübelloch (vgl. Abb. 2), was auf eine
frühere Versetzung des Gebäudes hinweist.9 Eine Ver
3: Die erhaltenen Kammern des Kernbaus (braun) und die Anbauten von 1509 (grün). Im hinteren Hausteil eine wiederverwendete Blockwand des Kernbaus (oliv).
Mittelalter 17, 2012 / 2
Christoph Rösch – Das Haus «Weid» in Meggen-Rüeggiswil
99
setzung des Kernbaus im Zusammenhang mit den früh
neuzeitlichen Baumassnahmen ist aber aufgrund der
Stossfuge in der Sockelmauer auszuschliessen.
Erweiterung und Umbau 1509 (d)
In der frühen Neuzeit wurde das Haus Weid tiefgreifend
umgebaut. Dieser Umbau erfolgte in einer eigentüm
lichen Verschmelzung von Blockbau und Ständerboh
lenbauweise.
Westlich an den Hauptbau, in der Flucht der Südfassade
wurden auf einem gemauerten Sockel zwei überein
anderliegende Kammern von 3,5 x 3,5 m angefügt.
Dabei wurde das Gewätt der Blockwand des Kernbaus in
einen Falz oder in eine Nut eines Ständers eingefasst. Die
angefügten Kammern, welche die Tiefe des erhaltenen
Teils des Kernbaus übernahmen, waren in Blockbau
technik errichtet. An der Südwand im ersten Ober
geschoss hatte sich eine quadratische Fensteröffnung
von 70 x 70 cm mit einem Ladenfalz erhalten. Der
Dokumentation nach zu schliessen lief der Decken
balken des Erdgeschosses an der Westfassade nach
Norden bis zu einem Pfosten weiter und bildete eine
3,5 m tiefe und ebenso breite Laube (?) im Obergeschoss,
von der aus die neue Kammer erschlossen war, und einen
davon überdeckten Vorplatz im Erdgeschoss.
Der mittlere und hintere Hausteil übernahm die West
flucht des Kernbaus. Der 3,5 m breite Mittelgang blieb –
wie wohl beim Kernbau – bis unters Dach offen. Daran
schloss sich nordwärts eine im Erdgeschoss gemauerte
Kammer von 4 x 4 m an. Auf dem Mauersockel erhob
sich eine diese Masse übernehmende, hölzerne Kammer,
deren Ostwand vermutlich als Blockwand übernommen,
der Rest aber als Ständerbohlenbau errichtet wurde
(vgl. Abb. 3, 4).
6 Vgl. Furrer 1988 (wie Anm. 2) 189–198; Descœudres 2007 (wie Anm. 3) 41.
7 Descœudres 2007 (wie Anm. 3) 41–45.8 An einem in der Dokumentation nicht lokalisierten Türpfosten
befand sich ein nicht näher dokumentiertes, mit Hanf gefülltes und verzapftes Loch. Ausserdem fanden sich im Obergeschoss des Kernbaus Spuren einer nicht näher dokumentierten Bemalung. Untersuchungsbericht Baltensweiler + Leuenberger, Mai 1989.
9 Descœudres 2007 (wie Anm. 3) 65–66.
4: Rückansicht des Hauses. Gemauerter Sockel mit darüberliegender Kammer in Ständerbohlenbauweise. Blick nach Südosten.
5: 1. Obergeschoss, hinterer Hausteil. Kammer in Ständerbohlenbauweise und Hochstud mit Firstpfette. Blick nach Norden.
Christoph Rösch – Das Haus «Weid» in Meggen-Rüeggiswil
100 Mittelalter 17, 2012 / 2
An der Südwand der gemauerten Kammer befanden sich
zwei Ständer. Der an der Südostecke befindliche Stän
der trug die Firstpfette (Abb. 5). Hier ist folglich sogar
von einer Hochstudkonstruktion zu sprechen! An der
Südfassade stützte sich die Firstpfette auf einen knapp
einen Meter hohen Firststud, der mit einem Fussholz
gesichert war. Der Firststud stand auf einem dem Kern
bau aufgesetzten Rähm, das auf dem Ständer in der Süd
fassade am Übergang von Kernbau und westlicher Er
weiterung lagerte (vgl. Abb. 1, 3). Das Haus wurde von
einem schwach geneigten Tätschdach bedeckt (Abb. 6).
Die Breite dieses Baus bleibt ebenfalls unbekannt, res
pektive hypothetisch. Es ist anzunehmen, dass die öst
lichen Teile des Kernbaus und damit die Lage der First
pfette übernommen wurden. Somit hätte lediglich die
westliche Dachhälfte über die neuen Kammern verlän
gert werden müssen. Trifft dies zu, so kommen wir auf
eine Breite von ungefähr 11,5 m. Der Bereich des Mittel
ganges und der hintere Hausteil waren um 3,5 m einge
zogen. Der dreiraumtiefe Grundriss hatte eine Tiefe von
ca. 11 m. Auf der ganzen noch erhaltenen Länge an der
Südfassade fanden sich die Versatzlöcher eines Kleb
daches über den Fenstern des ersten Obergeschosses.
In der ersten Hälfte des 19. Jh. wurde das Gebäude ein
weiteres Mal grundlegend umgebaut. Dabei wurde der
ganze Ostteil neu errichtet und mit dem alten Baube
stand unter einem einheitlichen, neuen Satteldach mit
einer stärkeren Neigung vereinigt. Vermutlich wurden
dabei auch einige morsche Teile des frühneuzeitlichen
Anbaus mit altem Holz repariert.
Datierung
Der Kernbau konnte mittels vier datierbaren in situ be
findlichen Proben mit den Endjahren 1280, 1292, 1298
und 1308 in die Zeit um 1310 datiert werden. Es han
delte sich um drei Fichtenproben (picea abies) und eine
Tannenprobe (abies alba). Weitere sieben Nadelhölzer
(drei Fichten, vier Tannen), die nicht in situ lagen, er
gaben Endjahre zwischen 1256 und 1292. Drei Eichen
proben (quercus) eines Türpfostens, einer Schwelle und
eines Stützpfostens, die nicht in situ lagen, lieferten End
jahre von 1237 und 1240 (ohne Splint), beziehungs
weise 1249 mit 12 Splintjahren. Es ist zu vermuten, dass
beim Bau oder späteren Umbau des Hauses auch Bau
holz aus der Zeit um 1250/70 wiederverwendet wurde.10
Der tiefgreifende frühneuzeitliche Umbau kann anhand
von sieben Proben einer Bohlenwand im Erdgeschoss
und einer Blockwand im Obergeschoss (fünf Fichte, zwei
Tanne) aufs Jahr 1509 datiert werden. Für zwei Proben
6: Rekonstruktion des Bauzustandes nach dem Umbau von 1509.
Mittelalter 17, 2012 / 2
Christoph Rösch – Das Haus «Weid» in Meggen-Rüeggiswil
101
konnte das Schlagdatum Herbst/Winter 1508/09 fest
gelegt werden. Die restlichen fünf besassen Endjahre
zwischen 1491 und 1500. Der Umbau des 19. Jh. wurde
nicht dendrodatiert.
Würdigung
Das Haus Weid in MeggenRüeggiswil stellte einen
aus sergewöhnlichen und merkwürdigen Zeugen in der
Luzerner Hausforschung dar, dessen Bauuntersuchung
eigentlich mehr Fragen aufwirft, als Antworten zu geben
vermag. Nach über 20 Jahren wäre die Überprüfung der
Dendrodaten wünschenswert.
Das um 1310 (d) errichtete Gebäude lässt sich in den
Typus der Blockbauten mit fassadenbündigen Boden
Deckenbohlen eingliedern. Soweit sich das am über
lieferten Bestand ablesen liess, besass er aber keine Ein
zelvorstösse und im ersten Obergeschoss Bodenbohlen,
welche in einen Falz gelegt wurden. Das kann mög
licherweise als Weiterentwicklung hin zu eingenute
ten BodenDeckenbohlen interpretiert werden, wie sie
am 1509 (d) datierten Erweiterungsbau zu beobach
ten waren. Dieser Um und Erweiterungsbau erscheint
als – bisweilen recht inkonsequente – Verschmelzung
von Blockbau und Ständerbohlenbaubauweise. Ob die
Gründe für diese merkwürdige Vermischung in einem
sonst zu dieser Zeit von Blockbau geprägten Umfeld in
der nahe gelegen Stadt Luzern zu suchen sind, wo im
Holzbau die Ständerbohlenbauweise vorherrschend ge
wesen sein dürfte und wo vielleicht auch ein Handel
mit Altholz bestand? Solche Hypothesen wären zu
diskutieren. Jedenfalls wurde 1509 auch Altholz des
13. Jh. verbaut, das kaum vom Blockbau des frühen
14. Jh. stammen dürfte!
Das Haus Weid wurde Ende Mai/Juni 1989 abgebro
chen. Die dazugehörende, 75 m nordwestlich des Hau
ses gelegene, 1502 (d) errichtete und 1799 (d) umgebaute
Scheune «Weid» (Abb. 7) wurde 1993/94 abgebrochen
und im Freilichtmuseum Ballenberg wieder aufgestellt,
wo sie heute zu besichtigen ist.
RésuméEn 1989 a été découvert à Rüeggiswil près de Meggen LU, un bâtiment avec un madrier de plancher et de plafond intégré à la façade. Cette maison peut être attribuée à un groupe de bâtisses d’habitation de la fin du Moyen Age, sises dans la région du Lac des QuatreCantons (notamment à Schwyz/Uri). Elle présente toutefois certains détails architecturaux, qui ne correspondent pas à ce groupe de bâtisses d’habitation. Le bâtiment a pu être dendrochronologiquement daté à environ 1310. En 1509 (d), le bâtiment a été agrandi, pour se transformer en mélange singulier de maison en bois carrée et de construction en madrier. Probablement que pendant cette phase de construction, du vieux bois de la maison en bois carrée et du bois recyclé du 13e siècle ont été utilisés (montants et traverses en chêne). Au 19e siècle, la maison a une nouvelle fois été transformée en profondeur. Malheureusement, il ne restait que deux semaines pour documenter ce témoin captivant de la construction, avant qu’il ne soit démoli. La grange de 1502 (d), qui y était rattachée, est désormais exposée au Musée de Ballenberg.
Sandrine Wasem (Thun)
RiassuntoNel 1989 a Rüeggiswil presso Meggen LU fu scoperta una costruzione in tronchi d’albero con tavoloni da pavimento e da solaio posti a filo (le estremità) con la facciata. La casa può essere inserita in un gruppo di abitazioni alto e tardomedievali situate nella regione del Lago dei Quattro Cantoni (in parti colare Svitto e Uri). Tuttavia vi erano anche vari elementi architettonici che si differenziavano da quelli del gruppo di
10 Dendrobericht Dendrolabor Heinz und Kristina Egger, 31.01.1989 und 26.07.1989.
7: Die 1502 erbaute und 1799 umgebaute Scheune «Weid». Blick nach Südosten.
Christoph Rösch – Das Haus «Weid» in Meggen-Rüeggiswil
102 Mittelalter 17, 2012 / 2
abitazioni suddetto. In base alla datazione dendrocronologica risulta che la costruzione in tronchi sia sorta negli anni intorno al 1310. Nel 1509 (d) la casa fu ampliata, in particolare mescolando gli elementi tipici delle costruzioni in tronchi d’albero con quelli delle costruzioni a traliccio (tavoloni). Probilmente in questa fase fu riutilizzato il legname della costruzione in tronchi inserendovi però anche materiale ligneo del XIII secolo (pali in quercia e soglie). Nel XIX secolo un’ulteriore ristrutturazione modificò profondamente l’edificio. Purtroppo a causa della prevista demolizione dell’edificio gli specialisti ebbero a disposizione appena due settimane per raccogliere i dati per la documentazione scientifica sulla particolare architettura di questa costruzione. Dalla demolizione è stato risparmiato solo il fienile datato 1502 (d) che attualmente é visitabile presso il museo del Ballenberg.
Christian Saladin (Basel/Origlio)
ResumaziunL’onn 1989 è vegnida scuverta a Rüeggiswil sper Meggen en il chantun da Lucerna ina construcziun da travs cun aissas dal palantschieu e dal palantschieu sura a medem nivel cun la fatschada. La chasa tutga tar ina gruppa da construcziun da chasas dal temp autmedieval e tardmedieval da la regiun dal Lai dals Quatter Chantuns (surtut a Sviz/Uri). Tscherts detagls da construcziun na sa cunfan però betg cun questa gruppa da construcziun da chasas. Ins ha pudì datar dendrocronologicamain questa construcziun da travs enturn ils onns 1310.
Il 1509 (d) è la chasa vegnida engrondida ed è daventada ina maschaida particulara tranter ina construcziun da travs ed ina construcziun da pitgas ed aissas. Durant questa fasa da construcziun han ins probablamain duvrà laina duvrada da la construcziun da travs e laina duvrabla dal 13avel tschientaner (pitgas da ruvers e savas). Il 19avel tschientaner è vegnida fatga in’ulteriura restauraziun pli gronda vi da la chasa. Displaschaivlamain èn stadas a disposiziun mo duas emnas per documentar questa perditga da construcziun fitg interessanta avant ch’ella è vegnida destruida. Il clavà dal 1502 (d) che appartegna al medem stabiliment pon ins vesair oz en il Museum svizzer al liber Ballenberg.
Lia Rumantscha (Cuira/Chur)
Abbildungsnachweis:Abb. 1, 2, 4, 7: Büro Baltensweiler + Leuenberger, im Auftrag der Kantonsarchäologie Luzern.Abb. 3: Büro Baltensweiler + Leuenberger, überarbeitet von der Kantonsarchäologie Luzern, Fabian Küng.Abb. 6: Büro Baltensweiler + Leuenberger.
Adresse des Autoren:Christoph RöschKantonsarchäologie LuzernLibellenrain 156002 [email protected] 228 69 31
Mittelalter 17, 2012 / 2 103
«… ein leibhaftiges Märchen aus alten Zeiten.» – Das mittelalterliche Richensee
von Fabian Küng
sind.7 Im Gegensatz zur inneren Mauerschale, welche aus
kleinteiligerem Lesesteinmaterial besteht, ist die äussere
Mauerschale aus unbehauenen Findlingsblöcken gefügt,
welche den Begriff «Megalith» durchaus verdienen: Ins
besondere der Eckverband wird durch grosse Blöcke be
tont, welche eine Länge von bis zu 2 m erreichen. Dass
der gleichzeitig rohe wie lebhafte Charakter des Mauer
werks nicht einem Mangel an handwerklichem Geschick
entspringt, sondern im Gegenteil eine durchdachte In
szenierung von Althergebrachtem ist, zeigt sich in den
Details des Turms, welche eine äusserst sorgfältige Aus
führung aufweisen. Genannt sei hier neben dem prä
zisen senkrechten Kantenschlag an den Ecken v.a. die
Qualität des Hocheingangs an der Westseite, der sich in
10 m Höhe befindet und der von einer durch vier
Richensee und sein Turm
Im Luzerner Seetal findet sich eine der wohl beein
druckendsten Turmruinen der Schweiz: Mitten im Dorf
Richensee (Hitzkirch LU) steht zwischen Bauernhöfen
und Wirtshäusern unvermittelt der mächtige Steinsockel
des Megalithturms mit seinem archaisch anmutenden
Mauerwerk aus unbehauenen Findlingsblöcken (Abb. 1).
Die urtümliche Erscheinung des Baus hat seine be
absichtigte Wirkung nicht verfehlt: Lange Zeit galt die
im Volksmund «Römerturm» genannte Ruine als «eines
der ältesten und kraftvollsten Bauwerke des Kantons
Luzern, ein leibhaftiges ‹Märchen aus alten Zeiten›».1
Selbst die Forschung hielt den Turm von Richensee bis
vor wenigen Jahrzehnten aus stilistischen Gründen für
ein Bauwerk der Grafen von Lenzburg aus dem 12. oder
gar vom Beginn des 11. Jh.2 Dies hatte unter anderem
auch zur Folge, dass Richensee im 20. Jh. als kybur
gische Stadtgründung in die Geschichtsschreibung ein
ging – doch dazu später.
Erst um 1980 wurde erkannt, dass sich das Bau
datum der Turmburg dank der Schriftquellen auf
wenige Jahre genau eingrenzen lässt3: 1237 erhielten
die Grafen von Kyburg in einem Vergleich mit dem Stift
Beromünster ein am nördlichen Ende des Baldeggersees
beim Dorf Ermensee gelegenes Gelände, um hier eine
«Befestigung» (munitio) zu errichten.4 1242, fünf Jahre
später, ist der Turm vollendet, er dient als Sitz des kybur
gischen Vogts Arnold von Richensee.5 Damit fügt sich
das Bauwerk sowohl stilistisch wie zeitlich in das Pro
gramm des kyburgischen Burgenbaus ein, welches im
Zeitraum der 1230er und 1240erJahre zahlreiche Me
galithbauten hervorgebracht hat.6
Beschreibung der Turmruine
Der Baukörper des Turms von Richensee bildet im
Grundriss ein Quadrat von 11,40 m Seitenlänge, die er
haltene Höhe beträgt im Schnitt knapp 16 m. Sondierun
gen haben 1938 und 1942 gezeigt, dass seine Grundmau
ern teilweise direkt auf den anstehenden Felsen gesetzt
1 Peter X. Weber, Zur Heimatkunde von Hitzkirch und Umgebung. Separatdruck aus Vaterland, 6.–8. Juni 1918 (Luzern 1918) 14.
2 Mit der Datierung an den Beginn des 11. Jh. ist der Turm etwa auch noch im Band VI der Kunstdenkmäler des Kantons Luzern verzeichnet. Adolf Reinle, Die Kunstdenkmäler des Kantons Luzern VI (Basel 1963) 129.
3 Werner Meyer, Der Burgenbau im kyburgischen Machtbereich. In: Die Grafen von Kyburg. KyburgerTagung 1980 in Winterthur. Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters 8 (Olten / Freiburg i.Br. 1981) 72–73.
4 Theodor von Liebenau, Urkundenbuch des Stiftes BeroMünster (UrkB) 1 (Stans 1906) 114–115, Nr. 41 (1237); Quellenwerk zur Entstehung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (QW), hrsg. von der Allgemeinen Geschichtsforschenden Gesellschaft (Aarau ab 1933) 1.1, 181–182, Nr. 386.
5 «Arnoldus, advocatus de Richense» erscheint erstmals als Zeuge bei einer Rechtshandlung 1242. Urkundenbuch der Stadt und Landschaft Zürich (UrkZH), hrsg. von einer Commission der Antiquarischen Gesellschaft Zürich (Zürich ab 1888) 2, 77–78, Nr. 572 (1242).
6 Daniel Reicke, von starken und grossen flüejen. Eine Untersuchung zu Megalith und BuckelquaderMauerwerk an Burgtürmen im Gebiet zwischen Alpen und Rhein. Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters 22 (Basel 1995) 42–43 sowie 52f., 63f.; Meyer 1981 (wie Anm. 3) 72–75.
7 Reinhold Bosch, Richensee. In: Hektor Ammann et al., Die Möglichkeiten des Spatens in der mittelalterlichen Städteforschung der Schweiz. Zeitschrift für Schweizerische Geschichte 23, 1943, 52–68, hier: 66. Bosch veröffentlichte diesen Artikel in leicht ge änderter Form – mit zusätzlichen Abbildungen und einer aktuali sierten Ausführung zur Urkunde von 1237 – nochmals 1966, worauf im Folgenden jeweils Bezug genommen wird; Reinhold Bosch, Richensee. Heimatkunde aus dem Seetal 39, 1966, 7–22.
Fabian Küng – «… ein leibhaftiges Märchen aus alten Zeiten.» – Das mittelalterliche Richensee
104 Mittelalter 17, 2012 / 2
mächtige Balken getragenen Laube her zugänglich war
(Abb. 2).8 Der Eingang selbst besitzt ein mit einem Rund
stab profiliertes Gewände mit angedeutetem Spitzbogen,
der Durchgang in den Turm ist in Form eines schmalen
Korridors mit sorgfältig gearbeitetem Tonnengewölbe
aus Sandsteinquadern angelegt (Abb. 3). Bei der Tür
findet sich ein Sperrbalkenkanal mit Balkenrast. Zur
optimalen Platzausnützung im lediglich 87 cm breiten
Korridor wurde zudem in der Wand eine Aussparung
angebracht, welche das Schloss der geöffneten Eingangs
tür aufnehmen konnte.
Wegen der ausserordentlich massiven Mauerstärke von
etwa 3,40 bis 3,70 m bleibt im Inneren des Turms ein
lichter Raum von lediglich knapp 3,90 auf 4,40 m im
Erdgeschoss bzw. von 4,40 auf 5 m in der Höhe des
Hocheingangs. Überhaupt sind die räumlichen Voraus
setzungen im Turmsockel sehr bescheiden: Der Raum
auf Höhe des Hocheingangs, dessen Bodenbalken auf
einem Fundamentabsatz aufgelegt waren, besass gegen
Osten einen schmalen, rundbogigen Lichtschlitz und
eine Raumhöhe von über sechs Metern. Der mehr als
9 m hohe Hohlraum unterhalb dieses Geschosses scheint
nicht weiter unterteilt gewesen zu sein, er weist zwei
einfache Lichtschlitze in einer Höhe von knapp 7 m auf.
Wenn man bedenkt, dass im Inneren des Turms die Er
1: Im Zentrum von Richensee: Die «Alte Schmitte», der Gasthof zum Löwen und die Ruine des «Römerturms« (v.l.). Die Situation präsentiert sich noch heute wie auf dieser historischen Aufnahme aus der Zeit um 1960.
2: Der sorgfältig aus Sandstein gearbeitete Hocheingang des Turms weist starke Brandrötungen auf. Die Erosion hat ihm in den letzten Jahrzehnten stark zugesetzt.
Mittelalter 17, 2012 / 2
Fabian Küng – «… ein leibhaftiges Märchen aus alten Zeiten.» – Das mittelalterliche Richensee
105
schliessung der Geschosse untergebracht gewesen sein
muss, so zeigen diese Raumverhältnisse, dass der Turm
sockel von Richensee nur den Unterbau eines weit ge
räumigeren Obergadens darstellt, in welchem sämtliche
Wohn und Nutzräume der Burg von Richensee unter
gebracht gewesen sein müssen. Einen guten Eindruck,
wie bestimmend ein hölzerner Aufbau für die Gesamt
erscheinung eines Burgturms sein kann, vermittelt die
Burg Mammertshofen bei Roggwil TG, dessen Mega
lithturm – errichtet in den 1230erJahren – noch heute
einen (allerdings jüngeren, spätgotischen) Obergaden
trägt (Abb. 4).9
Spuren des hölzernen Aufbaus sind in Richensee nicht
erhalten, Brandrötungen am Mauerwerk zeugen von
einem verheerenden Brand. Ebenso fehlen bisher wei
tere Informationen, wie sich die Burg im 13./14. Jh. prä
sentiert haben könnte: Hinweise auf eine Ringmauer
oder Nebengebäude im engeren Umfeld des Turms lie
gen nicht vor.
Bemerkenswert ist, dass der Turm von Richensee fast
massgleich und vom baulichen Charakter her sehr
ähnlich ist wie der Turm des kyburgischen «Schlössli»
in Aarau AG. Gemäss Dendrodaten wurde der Turm in
Aarau 1237 errichtet.10 Sein Bau geht der Gründung von
8 Der heutige ebenerdige «Zugang» ist neuzeitlich. Er diente bis in die 1920erJahre als Rauchfang einer an den Turm angebauten Werkstatt, welche bei Sanierungsarbeiten um 1920 entfernt worden ist; vgl. Bosch 1966 (wie Anm. 7) 21.
9 Reicke 1995 (wie Anm. 6) 61f.10 Reicke 1995 (wie Anm. 6) 77 und 154.
3: Dokumentation des Hocheingangs während der Untersuchungen Reinhold Boschs 1938. Innen und Aussenansicht des Hocheingangs sowie nördliche Korridorwand, in welcher nahe der Tür die Aussparungen für den Sperrbalken sowie die Aufnahme des Türschlosses zu erkennen sind; Ms. 1:50.
4: Die nahe mit dem Turm von Richensee verwandte Burg von Mammertshofen TG trägt noch heute einen mächtigen, spätgotischen Obergaden.
Fabian Küng – «… ein leibhaftiges Märchen aus alten Zeiten.» – Das mittelalterliche Richensee
106 Mittelalter 17, 2012 / 2
Richensee somit unmittelbar voraus, und es ist durch
aus wahrscheinlich, dass die beiden Türme nicht nur
den Bauherrn gemeinsam haben, sondern auch den Bau
meister bzw. die Bauhütte.
Die Burg und die Siedlung:
Kurzer geschichtlicher Abriss
Das mittelalterliche Richensee ist jedoch mehr als nur die
Burg: Um den kyburgischen Turm entstand schon bald
eine gleichnamige Siedlung, welche spätestens im 14. Jh. in
bestimmten Bereichen eine Zentralfunktion im Seetal über
nehmen konnte. Wie sich der Ort im 13. Jh. entwickelte,
lässt sich ansatzweise aus den Schriftquellen ablesen:
Der Burgturm als Sitz des Vogtes wurde in
den Jahren um 1240 auf bisher unbebautem Gelände
am nördlichen Ende des Baldeggersees erstellt. Die Topo
grafie legt nahe, dass das vom Stift Beromünster ab
getretene Baugelände beim Seeausfluss auf einer frucht
baren Landzunge lag, welche sich gegen den See er
streckte und von feuchtem Riedland umgeben war. In
der Urkunde von 1237 heisst es, die Kyburger erhielten
zum Bau der geplanten Burg eine bestimmte Stelle bei
Ermensee «cum palude et pratis», was «mit Sumpfland
und Wiesen» übersetzt werden kann.11 Ein Teil des
unmittelbaren Umlandes dürfte somit zu Beginn weder
erschlossen noch genutzt gewesen sein.
Für die Wahl des Standorts waren verschiedene Fakto
ren ausschlaggebend. Das Stift Beromünster, das in der
Vergangenheit bereits zahlreiche Streitigkeiten mit sei
nem Schutzherrn auszutragen hatte, wird für den 1237
geschlossenen Vergleich ein Areal abgetreten haben, bei
welchem sich eine Burggründung möglichst konfliktfrei
in das bestehende Rechtsgefüge der Landschaft und die
eigenen Güter einfügen liess. Die Grafen sahen dagegen
für ihre Burg ein Gelände, das durch seine von Gewäs
sern beherrschte Lage bereits einen gewissen natürlichen
Schutz besass. Gleichzeitig kam der Turm an einen alten
Verkehrsweg zu stehen, der das untere Aaretal mit Lu
zern und damit den Alpenübergängen verband. Mit der
Burg konnte ein Zollrecht verbunden werden, ebenso
wurden Nutzungsrechte am See und dem Seeausfluss,
dem Aabach, an die Anlage geknüpft.12
Mit der Burg Richensee und der Installation des Vogtes
konnten die Grafen von Kyburg eine Lücke im Netz ihrer
Besitzungen schliessen, ihren Einfluss in der Gegend
festigen und die Verwaltung der Güter und Rechte ver
einfachen. Die Nennung des amtierenden Vogts Arnold,
«advocatus de Richense», im Jahr 1242 belegt, dass die
kyburgische Anlage inzwischen erstellt war.13 Erstmals
erscheint damit auch der Name «Richensee», welcher die
neu gegründete Burg bezeichnet und bald auch die um
den Turm entstehende Siedlung meinen wird.
Die Entwicklung der kyburgischen Einflussnahme im
Seetal ist v.a. durch die Streitfälle mit dem Stift Bero
münster dokumentiert, welches sich über Jahre hinweg
gegen Schmälerungen seines Besitzes durch Vogt Arnold
von Richensee zu wehren hatte.14 Zwangsläufig musste
auch die nicht vereinbarte Entstehung einer Siedlung um
Richensee zu Spannungen mit dem Stift führen, zumal
die Grafen von Kyburg bzw. deren Vogt den Ausbau der
Infrastruktur offensichtlich gezielt vorantrieben. Wir
erfahren davon in Verzeichnissen von 1255, welche
die Schädigungen des Stiftes durch Hartmann d.J. von
Kyburg sowie Vogt Arnold von Richensee auflisten.
Unter vielen anderen Streitpunkten vornehmlich im
Seetal erscheint darin zweimal auch Richensee: Es geht
um den Bau einer Mühle auf Stiftsboden sowie die Er
richtung eines Gehöftes oder eben eines Dorfes (villa)
«auf einem Acker bei Richensee».15 Ebenso entsteht
noch in kyburgischer Zeit eine Bäckerei, was auf eine
intensive Förderung und Ausnutzung der wirtschaft
lichen Ressourcen hinweist.16
1264 geht Richensee als Teil des Kyburger Erbes an die
Habsburger über. Unter ihnen wird der Vogteisitz von
Richensee zum Verwaltungsort eines Amtes, welches die
habsburgischen Besitzungen in den Pfarreien von Hitz
kirch, Hochdorf und Hohenrain umfasst.17 Der Zu
stand der Siedlung zu Beginn des 14. Jh. ist im 1303 bis
1307 entstandenen Habsburgischen Urbar festgehalten:
Der noch zwei Generationen zuvor inexistente Ort
umfasst nun neben der Burg (castrum)18 auch 23 Hof
stätten und elf Gärten, welche allesamt der Herrschaft
gehören.19 Vor allem werden nun aber auch vier Jahr
Mittelalter 17, 2012 / 2
Fabian Küng – «… ein leibhaftiges Märchen aus alten Zeiten.» – Das mittelalterliche Richensee
107
märkte genannt, das Recht für Weinausschank zeugt
von der einen oder anderen Taverne oder Pinte. Der zu
Richensee gehörende Zoll werde mittlerweile in Luzern
erhoben, heisst es.
Ein herber Einschnitt ist gemäss spätmittelalterlichen
Chroniken das Jahr 1386: Nachdem sich die Richen
seer – oder zahlreiche Bewohner des Amtes Richensee –
im Rahmen der Luzerner Expansionspolitik als Bürger
der Stadt Luzern haben aufnehmen lassen, soll es im
Februar 1386 zur Zerstörung des Ortes durch habsbur
gische Krieger gekommen sein. Dabei habe es auch zahl
reiche Tote gegeben.20 Mit der Brandschatzung von 1386
werden die Brandspuren an der Turmruine in Verbin
dung gebracht.
Das Jahr 1386 bedeutete jedoch nicht das Ende Richen
sees: Der Ort blieb habsburgisch, das Amt Richensee
und der Markt bestanden ungebrochen weiter – auch
nach der Eroberung des Aargaus durch die Eidgenos
sen 1415.21 Auch wenn das Amt im 16. Jh. durch das
Amt Hitzkirch abgelöst wurde, vermochte sich Richen
see als Marktort bis in die Neuzeit zu halten. Die Be
deutung der Jahrmärkte hat im Verlauf der Jahrhunderte
abgenommen, dennoch waren es die Märkte, die den Ort
stets wesentlich prägten. Die noch im 18. Jh. bestehen
den fünf Gasthäuser in Richensee zeugen von der zent
ralen wirtschaftlichen und auch sozialen Bedeutung des
kleinen Ortes.22 Vor der Eingliederung Richensees in die
Gemeinde Hitzkirch LU 1889 bestand das Dorfzentrum
aus 17 Wohnhäusern23, drei Gasthöfen und einer klei
nen, am Dorfrand stehenden neuzeitlichen Kapelle.24 Die
insgesamt 28 Haushaltungen der Kleingemeinde beher
bergten 135 Personen.25 Damit dürfte die Wohnbevöl
kerung am Ende des 19. Jh. zahlenmässig in etwa dem
im Habsburgischen Urbar fassbaren Stand entsprochen
haben. Der letzte Markt in Richensee fand 1958 statt.26
Ein Zeuge des habsburgischen Amtsortes:
Die Alte Schmitte
Ein unscheinbarerer Zeuge des mittelalterlichen Richen
see steht nur wenige Schritte nordwestlich der Turm
ruine: die so genannte Alte Schmitte (vgl. Abb. 1).27
Der StänderBohlenBau erhebt sich über einem 3,70 m
hohen Steinsockel, dessen mittelalterlicher Mauer
charakter schon früh erkannt worden ist. Die Brand
rötung am Mauerwerk weist auf ein Brandereignis
hin, bei welchem der ursprüngliche hölzerne Oberbau
zerstört worden ist. Ob dieses Feuer mit den Vorkomm
nissen von 1386 in Verbindung steht, muss offen bleiben.
Eine Bauuntersuchung hat ergeben, dass das heutige
Holzgebäude um 1405 (d) als Massanfertigung auf den
älteren, leicht trapezoiden Steinsockel gesetzt worden ist
(Abb. 5).28 Der zweigeschossige Bau ragt lediglich gegen
11 Zur Lage von Ermensee vgl. Abb. 10.12 Das Bestehen eines Zolls und Rechte am See, welche sich auf die
Fischerei beschränken dürften, gehen aus dem Habsburgischen Urbar von 13031307 hervor; Das Habsburgische Urbar, hrsg. von Rudolph Maag (Basel 1894–1904) 1, 221–222.
13 UrkZH (wie Anm. 5).14 Eine Zusammenfassung zum Konflikt zwischen dem Stift Bero
münster und den Grafen von Kyburg zwischen 1217 und 1255 liefert Helene Büchler-Mattmann/Heinz Lienhard, St. Michael in Beromünster LU. In: Helvetia Sacra, Abt. II: Die weltlichen Kollegiatstifte der deutsch und französischsprachigen Schweiz 2 (Bern 1977) 162–214.
15 UrkB (wie Anm. 4) 1, 142–144, Nr. 84; 147–149, Nr. 86, UrkZH (wie Anm. 5) 3, 27–28, Nr. 943.
16 Habsburgisches Urbar (wie Anm. 12) 2.1, 340; der Bäcker Walther (pistor in Richense) war gemäss dem Urbar spätestens in den 1250erJahren in Richensee tätig.
17 Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), hrsg. von der Stiftung Historisches Lexikon der Schweiz (Basel ab 2002) http://www.hlsdhsdss.ch, Schlagwort Richensee, abgerufen am 09.04.2012.
18 Habsburgisches Urbar (wie Anm. 12) 2.1, 211 u. 214.19 Habsburgisches Urbar (wie Anm. 12) 1, 221–222.20 Die sog. Klingenberger Chronik des Eberhard Wuest, Stadtschreiber
von Rapperswil, bearb. von Bernhard Stettler (St. Gallen 2007) 135. Die Quellenlage für die Ereignisse von 1386 ist für Richensee dünn, sie beschränkt sich auf Überlieferungen des 15. Jh.; vgl. Anm. 40 und Anm. 41.
21 Differenziertere Zusammenfassung der Entwicklung nach 1386 in HLS (wie Anm. 17).
22 Bruno Häfliger, Richensee. Auf den Spuren eines vergangenen Städtchens (Hitzkirch 1997) 62.
23 Joseph Winkler, Richensee. Eine Erinnerung (Luzern 1890) 524 Die nördlich von Richensee jenseits des Aabachs stehende Kapelle
stammt stilistisch aus dem 17. Jh., vgl. Reinle 1963 (wie Anm. 2) 133. Eine Sondiergrabung 1987 hat keine Hinweise geliefert, dass ein Vorgängerbau bestanden hätte. Dokumentation im Archiv der Kantonsarchäologie Luzern.
25 Winkler 1890 (wie Anm. 23) 5.26 Häfliger 1997 (wie Anm. 22) 61 u. 105.27 Hans Christian Steiner, Hitzkirch – Richensee, «Alte Schmitte».
Bauhistorischer Voruntersuch. Jahrbuch der Historischen Gesell schaft Luzern 15, 1997, 91–95.
28 Dokumentation durch Jonas Baltensweiler und Niklaus Leuenberger 1996, Zürich/Ebikon, inkl. Bericht der Dendrodatierung durch Heinz Egger, Boll, im Archiv der Denkmalpflege Luzern.
Fabian Küng – «… ein leibhaftiges Märchen aus alten Zeiten.» – Das mittelalterliche Richensee
108 Mittelalter 17, 2012 / 2
Süden über den Sockel vor, gegen Westen und Osten
waren Treppenaufgänge angefügt. Der breite zwei
geschossige Mittelkorridor beherbergte eine offene
Rauchküche, während gegen Süden und gegen Norden
je zwei Kammern abgetrennt waren. Die beiden südwest
lichen Kammern sind dabei mit fast 30 Quadratmetern
die jeweils grosszügigsten.
Bisher nicht schlüssig zu erklären ist der Umstand, dass
der flach geneigte Dachstuhl aus der Zeit um 1435 (d)
stammt, also rund 30 Jahre jünger ist als der übrige
Bau. Offensichtlich musste diese Konstruktion bereits
nach wenigen Jahrzehnten ersetzt werden.
Mit dem Datum des Wiederaufbaus von 1405 stammt
die Alte Schmitte aus der Zeit Richensees als Verwal
tungsort des habsburgischen Amtes. Es liegt nahe, das
geräumige Holzhaus mit seinem markanten Stein sockel
als herrschaftlichen Bau zu betrachten, der mit der habs
burgischen Vogtei in Verbindung stand.29 Während der
unmittelbar benachbarte Burgturm – seit 1386 wohl
Ruine – weiterhin den rechtlichen Anker der Herrschafts
rechte darstellte, könnte die Alte Schmitte der Vogtei zu
Wohn und Verwaltungszwecken gedient haben. Hierfür
spricht auch die Überlieferung, dass das Haus im Dorf
früher als «Kornhaus» bezeichnet worden sei.30
Welche Funktion das Gebäude tatsächlich besass, ob der
ursprüngliche Bau mit dem Steinsockel bereits vor 1386
errichtet wurde oder ob er erst nach der Zerstörung der
Burg als Ersatz für den verschwundenen Obergaden des
Turms entstand, bleibt offen. Unabhängig davon bil
den der Turm und die Alte Schmitte ein ausserordentlich
wertvolles mittelalterliches Bauensemble. Zur Zeit steht
die Alte Schmitte leer, sie harrt einer sinnvollen Weiter
nutzung.31
Quellenlage zur «Stadt Richensee»:
Stadtgründung im 20. Jh.
Bis ins 20. Jh. wurde Richensee in historischen Wer
ken aufgrund chronikaler Nennungen meist nebenher
auch als «Städtchen» bezeichnet.32 Die Beiläufigkeit
entspringt dem Umstand, dass sich in der Struktur Ri
chensees keine Spuren urbaner Bebauung finden und
mittelalterliche Erwähnungen eines «Städtchens» rar
sind – doch dazu weiter unten.
Zementiert wurde das Bild einer Stadt Richensee erst in
den Jahren um 1930. Ausschlaggebend für die definitive
Etablierung der Stadt war die Neuinterpretation einer
alten Quelle – nämlich jener bereits erwähnten Urkunde
von 1237, in der von der Errichtung einer Befestigung
(munitio) die Rede ist – durch Hektor Ammann (1894–
1967), Historiker und von 1929 bis 1946 Staatsarchivar
des Kantons Aargau. Da sich die Forschung damals einig
war, dass der Megalithturm deutlich vor 1200 unter den
Lenzburgern entstanden sein müsse, war die Erwäh
5: Die sogenannte «Alte Schmitte» nach ihrem Wiederaufbau um 1405. Die spätmittelalterliche Struktur des Holzgebäudes ist auch heute noch weitgehend erhalten (vgl. Abb. 1). Der Bau dürfte im Zusammenhang mit der habsburgischen Amtsverwaltung entstanden sein.
Mittelalter 17, 2012 / 2
Fabian Küng – «… ein leibhaftiges Märchen aus alten Zeiten.» – Das mittelalterliche Richensee
109
nung einer geplanten kyburgischen munitio zwangs
läufig auf ein anderes Bauwerk zu beziehen.33 Ursprüng
licher Kandidat hierfür war die Burg Grünenberg, deren
Reste nur gerade 250 m nordöstlich von Richensee
liegen und zu welcher ansonsten bis ins späte 14. Jh.
jegliche Schriftquellen fehlen.34 Ammanns These lässt
sich mit den Worten Adolf Reinles zusammenfassen:
«Für die Errichtung der Stadt Richensee besitzen wir
eine unmissverständliche Urkunde aus dem Jahre 1237,
die ... erst von Hektor Ammann in ihrer eigentlichen Be
deutung erkannt wurde. ... Mit dieser Befestigung [muni-
tio] kann weder Turm noch Burg gemeint sein, die direkt
als turris oder castrum bezeichnet würden, sondern eine
Befestigungsanlage, eine Stadtmauer.»35 Eben diese
Stadtmauer schien nun bei archäologischen Sondier
grabungen 1938 tatsächlich zum Vorschein zu kommen,
womit die Siedlung für die Forschung endgültig aus der
Liga der einfachen Marktorte in jene der Kleinstädte
aufstieg. Seither erscheint Richensee in Nachschlage
werken, Artikeln und Verbreitungskarten oft als kybur
gische Stadtgründung, welche knapp 150 Jahre über
lebte, um als Opfer des Konflikts zwischen Luzern und
der Herrschaft Österreich 1386 unterzugehen.
Mittlerweile wissen wir, dass der Megalithturm von
Richensee zwischen 1237 und 1242 entstanden sein muss
und auch baulich einen Vertreter des Burgenbaus jener
Jahrzehnte repräsentiert.36 Werner Meyer hat als erster
darauf hingewiesen, dass zum Zeitpunkt, als die Urkunde
von 1237 verfasst wurde, noch kein rechtlich relevantes
Bauwerk bestanden haben kann, die Errichtung des Tur
mes also im Zusammenhang mit dem Bau der munitio zu
sehen sei: Hätte hier um 1237 bereits ein Turm bestan
den, so wäre dieser zwingend erwähnt worden.37 Daniel
Reicke schliesslich hat aufgezeigt, dass die Bezeichnung
munitio im mittleren Drittel des 13. Jh. sehr wohl einen
Turm, gar einen Wohnturm bezeichnen kann.38
Wenn sich aber die Quelle von 1237 nicht auf die Grün
dung einer Stadt, sondern auf den Bau einer Burg als Sitz
des kyburgischen Vogts bezieht, welche Fakten bleiben
dann – abgesehen vom später noch zu diskutierenden
archäologischen Befund einer Stadtmauer –, um von
einer Stadt Richensee zu sprechen?
Aus den historischen Quellen wie auch aus den archäolo
gischen Aufschlüssen lassen sich für Richensee keine An
sätze einer urbanen Organisation, Rechtsstruktur oder
Lebensweise herleiten. Es gibt zwar die genannten Jahr
märkte und mit der fortbestehenden Vogtei nach 1264
auch den lokalen, an die Burg geknüpften habsburgi
schen Verwaltungssitz. Tatsächlich scheinen jedoch alle
anderen Elemente, welche eine Stadt ausmachen könn
ten, zu fehlen: Nie ist von Sonderrechten oder gar einem
Stadtrecht die Rede, es treten weder Bürger, Schultheiss
29 Vgl. Steiner 1997 (wie Anm. 27) 94.30 Bosch 1966 (wie Anm. 7), 20. Als Lager oder Speicherraum kommt
am ehesten das Erdgeschoss im hohe Steinsockel in Frage. Die ebenfalls überlieferte Benennung als «Rathaus» dürfte sich auf eine neuzeitliche Funktion des Hauses beziehen; vgl. Steiner 1997 (wie Anm. 27) 94.
31 Häfliger 1997 (wie Anm. 22) 43. Eine für 1997–1999 vorgesehene Restaurierung des Hauses blieb aus.
32 So im 19. Jh. am pointiertesten etwa Philipp Anton von Segesser, Rechtsgeschichte der Stadt und Republik Luzern 2: Die innere Rechtsgeschichte bis zum Ende des fünfzehnten Jahrhunderts (Luzern 1854) 68: «Wie Meyenberg, so ist auch Richensee, das Städtchen, nach der Verwüstung im Sempacherkriege fast spurlos verschwunden. Nur das Marktrecht, das von den Zeiten des Urbars her dem Dorf geblieben und ein Zoll, der sich bis in neuere Zeiten forterhalten hat, geben noch Spuren von einem ehemals, wenn auch nur in schwachen Umrissen bestandenen städtischen Gemeinwesen. Dagegen sind die Ruinen einer gewaltigen Burg auf den heutigen Tag da stehen geblieben.»; Weber 1918 (wie Anm. 1) 14f.: «Die politischen und wirtschaftlichen Zeitverhältnisse, namentlich des 13. und 14. Jahrhunderts, brachten dem ursprünglichen Fischerorte mit dem festen Turm den Sitz eines Vogtes, das Marktrecht, sowie die Entwicklung zur Zollstätte und zum Städtchen. … Damals [1386] wurde das kleine Städtchen berannt, eingenommen und eingeäschert.»
33 Zur Datierung vor der Arbeit von Meyer 1981 (wie Anm. 3) vgl. z.B. Reinle 1963 (wie Anm. 2). Erstmals als ein kyburgisches Bauwerk des frühen 13. Jh. («um 1200») erscheint der Turm in Werner Meyer/Eduard Widmer, Das grosse Burgenbuch der Schweiz (Zürich 1977) 258.
34 Zur auch «oberer Turm zu Richensee» genannten Burg vgl. HLS (wie Anm. 17). Eine Grabung 1949/50 durch Reinhold Bosch vermochte kein Licht in die Frühzeit der Burg Grünenberg zu geben. Reinhold Bosch/Jean-Jacques Siegrist, Ausgrabung der Ruine Grünenberg bei Hitzkirch 1949/50. Heimatkunde aus dem Seetal 25, 1951.
35 Reinle 1963 (wie Anm. 2) 129, mit Hinweis auf Bosch 1943 (wie Anm. 7) 9. Diese von Bosch und anderen, z.B. Meyer 1981 (wie Anm. 3, 72) zitierte These Ammanns scheint nie publiziert worden zu sein: Reinhold Bosch bezieht sich noch 1966 auf ein erst als Manuskript vorliegendes Werk Ammanns zur Geschichte des schweizerischen Städtewesens im Mittelalter (Bosch 1966, [wie Anm. 7]). Die Arbeit ist in dieser Form nicht erschienen.
36 Vgl. Anm. 6.37 Meyer 1981 (wie Anm. 3) 72–73.38 Reicke 1995 (wie Anm. 6) 18.
Fabian Küng – «… ein leibhaftiges Märchen aus alten Zeiten.» – Das mittelalterliche Richensee
110 Mittelalter 17, 2012 / 2
noch Rat auf, ebenso fehlt ein Siegel. Bevölkerungs
mässig institutionell und gewerblich konnte es den in der
Nähe ge legenen alten Pfarrdörfern Hitzkirch oder Hoch
dorf nicht das Wasser reichen.
Neben der vermeintlich archäologisch nachgewiesenen
Stadtmauer wären somit allenfalls noch die mittelalter
lichen Nennungen der «Stadt Richensee» ins Feld zu
führen. Noch das Habsburger Urbar verzeichnet in Ri
chensee allerdings zu Beginn des 14. Jh. explizit eine
Burg (castrum) und zugehörige Hofstätten.39 Die Zahl
von 23 Hofstätten, welche der Herrschaft eigen sind,
ist im Vergleich zu anderen Ortschaften zwar auffallend
hoch – mit aller Wahrscheinlichkeit handelt es sich um
alle Höfe in Richensee, was darauf zurückzuführen ist,
dass der Ort keine Altsiedlung ist wie die umliegenden
Dörfer, sondern eine Neugründung des 13. Jahrhunderts.
Es fällt jedoch ebenso auf, dass die Richenseer Haushalte
nicht unter einer übergeordneten Siedlungs oder Ver
waltungseinheit wie «Stadt», burgus oder «Vorburg»
ausgewiesen sind, wie dies im habsburgischen Urbar für
andere Orte der Fall ist.
Ein «Städtchen Richensee» findet sich erst in chroni
kalen Aufzeichnungen des 15. Jh., in welchen die Er
eignisse des Sempacherkriegs im Jahr 1386 beschrie
ben werden. Während in der Zürcher Chronik um 1415
eine erst beiläufige Erwähnung erfolgt,40 schildert die so
genannte Klingenberger Chronik aus den 1440erJah
ren erstmals detailliert die angebliche Verbrennung des
«stättlin Richense» durch HabsburgÖsterreich.41 Ge
meinsam ist diesen Nennungen, dass sie zu einer Zeit er
folgen, als das «stättlin» bereits seit einer oder gar zwei
Generationen zerstört war. Diese Erwähnungen können
somit nicht als Beleg für eine städtische Siedlung gelten.
Wesentlich gewichtiger ist das Erscheinen Richensees in
der «habsburgischen Städteliste», welche 1367 in Baden
AG anlässlich eines Gelöbnisses der Städte, Märkte und
Dörfer der österreichischen Vorlanden verfasst worden
ist.42 Diese Nennung ist die einzige, welche Richensee
vor seiner Zerstörung 1386 in die Nähe städtischer Sied
lungen rückt. Neben Städten wie Baden, Brugg, Sursee,
Zofingen oder Zug finden sich in dieser Liste jedoch
auch einige Orte, für welche das Prädikat «Stadt» aus
aktueller Perspektive ungewohnt ist, so zum Beispiel
Kyburg ZH oder Wolhusen LU. Ein Vergleich dieser
Siedlungen zeigt, dass die Liste von 1367 auch städti
sche Minderformen verzeichnet, deren Entstehung, bau
liche Struktur und rechtliche Stellung im Spätmittelalter
sehr vielfältig sein konnte.43 So besass das aus dem sub-
urbium, der Vorburg der kyburgischen Residenz erwach
sene Kyburg eine Befestigung und rechtliche Freiheiten,
das Marktrecht wird es erst 1370 erhalten.44 Wolhusen
scheint das Gegenteil darzustellen: Es handelt sich um
den alten Marktort am Fuss des Burghügels der Inne
ren Burg Wolhusen, der ohne Sonderrechte und höchs
tens mit Ansätzen einer – nie vollendeten, 1367 mögli
cherweise noch nicht einmal begonnenen – Umwehrung
bestand.45 Damit ist offensichtlich, dass die Erwähnung
Richensees in der «Städteliste» von 1367 nicht aufgrund
seiner städtischen Struktur erfolgte, sondern seiner
Sonderfunktion als Markt und Verwaltungsort Rech
nung trug.
Aus historischer Sicht muss das Fazit lauten: Richen
see war im Mittelalter ein Marktort mit nach wie vor
dörflicher Struktur. Fast alle Elemente, welche eine mit
telalterliche Stadt – oder auch eine spätmittelalterliche
städtische Minderform – ausmachen, fehlen im Fall
Richensees, und wir dürfen davon ausgehen, dass der
Ort auch vor der chronikalisch überlieferten Zerstörung
1386 von der Bevölkerung nicht als städtische Siedlung
wahrgenommen worden ist: Zeitgenössische Erwähnun
gen einer Stadt Richensee gibt es nicht, und, wie bereits
mehrfach angedeutet: Auch eine Stadtmauer existiert
nicht.
Archäologie in Richensee
Eine Stadtmauer? Die Untersuchungen 1938/1942
Den Krisenjahren vor dem zweiten Weltkrieg und ihren
staatlich organisierten Arbeitsbeschaffungsmassnahmen
sind auch im Kanton Luzern zahlreiche archäologische
Aktivitäten zu verdanken. So entstand 1938 bei Gel fingen
ein Arbeitslager des Technischen Arbeitsdienstes Lu
zern, von welchem aus Grabungen in der Seeufersiedlung
HitzkirchSeematte, wenige 100 m südlich von Richen
see, vorgenommen wurden. Die Untersuchungen standen
unter der Leitung von Emil Vogt, damals Konservator
Mittelalter 17, 2012 / 2
Fabian Küng – «… ein leibhaftiges Märchen aus alten Zeiten.» – Das mittelalterliche Richensee
111
am Landesmuseum Zürich, und Reinhold Bosch (1887–
1973), Bezirkslehrer aus Seengen AG und von 1947
bis 1960 hauptamtlicher Aargauer Kantonsarchäologe.
Bosch spielte ab den 1920erJahren eine wichtige Rolle in
der Luzerner Archäologie: Ihm verdankt der Kanton die
Ausführung zahlreicher Grabungsprojekte und Feld
forschungen v.a. in der Zeit vor der Installation eines
eigenen Kantonsarchäologen 1954.46 Daneben darf
Bosch als Vater der nach wie vor sehr aktiven, kantons
übergreifenden Historischen Vereinigung Seetal gelten.
Sicherlich auf Initiative Boschs hin geriet 1938 auch
Richensee in den Fokus der Archäologie. Der aus dem
Seetal stammende Bosch kannte den Ort bestens: Be
reits im Januar 1930 hatte er zusammen mit seinem For
schungs und Berufskollegen Hans Härri bei dichtem
Nebel Bohrungen in den Feldern um Richensee vor
genommen, um Klarheit über die Ausdehnung des Bal
deggersees v.a. zur Pfahlbauzeit zu gewinnen. Die Ent
wicklung des Seeuferlinien in historischer und prähis
torischer Zeit war unklar, zumal sich ihr Verlauf bei
39 Habsburgisches Urbar (wie Anm. 12) 1, 221–222; 2.1, 211 u. 214. 40 «Und in den selben ziten namen die von Luzern in dis nachgeschribnen
vestinen: Richensee [und] ain statt. ...»; Liebenau 1886 (wie Anm. 4) 147; Chronik der Stadt Zürich. Mit Fortsetzungen, hrsg. von Johannes Dierauer. Quellen zur Schweizer Geschichte 18 (Basel 1900) 104.
41 Sog. Klingenberger Chronik (wie Anm. 20) 135: «Als in den selben tagen brachend die von Mayenberg und die von Richense ouch ab irem herren und wurden och burgar ze Lucern, wider den hertzogen, also dass die von Lucern dem hertzogen vast sind land abbrachend und sich yederman vast zuo denen von Lucern hielt. ... Item darnach bald in den selben tagen überfielent die herren Richense und branten das stättlin und nament, was da was, und erstachen ouch da ettwa mangen. Es verbran ouch vil lüt in dem stättlin. Ettlich fluchen und ertrunken in dem se.»
42 Urkunden zur Schweizer Geschichte aus österreichischen Archiven, hrsg. von Rudolf Thommen (Basel 1899) 1, 514–516, Nr. 747.
6: Richensee aus der Luft: Die Sondierungen Reinhold Boschs folgen der teilweise auch auf dieser Aufnahme erkennbaren Geländekante um Richensee. Luftbild des Militärflugdienstes, 13. September 1938.
43 Zur spätmittelalterlichen städtischen Minderform vgl. Lexikon des Mittelalters (Stuttgart/Weimar 1999) 6, 633–634, Schlagwort «Minderformen»; HLS (wie Anm. 17) 4, 549–550, oder http://hlsdhsdss.ch, Schlagwort «Flecken».
44 HLS (wie Anm. 17), Schlagwort Kyburg (Gemeinde): « ... ein durch zwei Gräben geschützter Burgus [1261/64 erw.], der wahrscheinlich noch von den kyburgischen, sicher von den habsburg. Grafen eine städtische Organisationsform erhielt [1337 Steuerbefreiung, Be schränkung der Wehrpflicht, eigenes Niedergericht; 1370 Markt recht].»
45 Heinz Horat, Die Kunstdenkmäler des Kantons Luzern 1 (neue Ausgabe) 360; Guy P. Marchal, Sempach 1986. Von den Anfängen des Territorialstaates Luzern (Basel 1986) 162–163 (mit Quellen verweis).
46 Joseph Bühlmann, Von Riesen, rätselhaften Gräbern und Münzschätzen. Eine Übersicht über die Anfänge und die Entwicklung der archäologischen Forschung in den Kantonen Luzern und Zug. helvetia archaeologica 55/56, 1983, Teil 1, 133–135.
Fabian Küng – «… ein leibhaftiges Märchen aus alten Zeiten.» – Das mittelalterliche Richensee
112 Mittelalter 17, 2012 / 2
mehreren Seeabsenkungen im 19. Jh. verändert hatte.
Die bei den Bohrungen festgestellten Seekreideschich
ten zeigten nun, dass der See einst deutlich weiter gegen
Norden und damit bis an das heutige Dorf Richensee
gereicht hatte.47
Spätestens bei dieser Aktion muss Bosch eine Gelän
dekante aufgefallen sein, welche das Dorf Richensee
umgab und welche als leichte Böschung teils heute noch
im Gelände zu erkennen ist (Abb. 6). Die Interpreta
tion des Geländemerkmals als Hinweis auf den Verlauf
der Stadtmauer von Richensee, welche soeben von
Hektor Ammann auch historisch postuliert worden war,
lag nahe.
Reinhold Bosch entwickelte nun 1938 ein Sondierungs
konzept: Neben der Frage, ob sich ein alter Bering von
Richensee fassen liesse, sollte auch die Datierung des
«Römerturms» geklärt werden, ebenso sollten allfällige
in den bestehenden Gehöften erhaltene Reste der 1386
niedergebrannten Häuser aufgespürt werden.
Von Mitte August bis in die erste Septemberhälfte 1938
hoben sechs «Notstandsarbeiter» unter Leitung Boschs
27 Sondierschnitte rund um das Dorf aus (vgl. Abb. 6).
Zusätzlich wurden im Inneren und an der Ostecke des
Megalithturms Sondiergräben geöffnet und das Auf
gehende des Turms dokumentiert, wobei eine Feuer
wehrleiter wertvolle Dienste leistete (vgl. Abb. 3). Bosch
liess überdies einen Kellerkataster anfertigen und
glaubte, anhand der zumindest in Teilen noch als mit
telalterlich taxierten Grundmauern der bestehenden
Häuser der Siedlungsstruktur des Städtchens auf die
Spur zu kommen. Gleichzeitig entstand eine erste Doku
mentation der «Alten Schmitte».48
Und tatsächlich, das Dorf Richensee war umgeben von
den Fundamentresten einer in unregelmässigem Oval
verlaufenden Stadtmauer – die vermutete munitio von
1237 schien entdeckt (Abb. 7). Der Zustand ihrer Über
reste war allerdings blamabel: Es wurde an keiner Stelle
aufgehendes Mauerwerk festgestellt, überhaupt fehlten
Hinweise auf die Verwendung von Mörtel (Abb. 8).49
Bei den angetroffenen Resten konnte es sich somit ledig
lich um die unterste Fundamentlage der Stadtmauer
handeln, eine Erhaltung, die auf ein gezieltes Schleifen
der Stadtanlage um 1386 zurückgeführt wurde.50 Im
merhin glaubte Bosch, seewärts am äussersten Punkt der
Stadtmauer die Spuren einer «turmartigen Anlage» fest
stellen zu können: Hier kamen die Mauerreste «mit einer
Mauerfundamentbreite von etwa 4 m» geradezu flächig
zum Vorschein.51 Das geborgene Fundmaterial gehörte
mit wenigen Ausnahmen der Neuzeit an, die wenigen
älteren Fundstücke überraschten im Umfeld der seit dem
13. Jh. belegten Siedlung nicht.
Ganz geheuer war Bosch der angetroffene Befund nicht:
«Geradezu frappant ist die verschiedene Breite der Fun
damente in den Schnitten I–VI, schwankt sie doch zwi
schen 2,30 und 6 m!», stellt er etwa fest, um gleichzeitig
einen «etwas rätselhaften» Verlauf entlang der Seeseite
zu konstatieren.52 Ebenso muss ihm aufgefallen sein,
dass die unter wenigen Dezimetern Humus liegenden
«Fundamente» kaum in den Boden griffen und teilweise
gar bereits über Seekreideschichten zu liegen kamen, was
für eine aufragende Stadtmauer statisch ausserordentlich
problematisch gewesen wäre.53
Gerne hätte Bosch seine ersten Ergebnisse durch eine
weitere Grabungskampagne ergänzt, bei welcher neben
der Befestigung auch die Siedlungsfläche Richensees
7: Plan der Sondierungen von 1938 mit dem Verlauf der vermeintlichen Stadtmauer. Seewärts gegen Südwesten ist ein Turm verzeichnet. Im Dorfzentrum sind der «Römerturm» sowie die als mittelalterlich eingestuften Keller markiert.
Mittelalter 17, 2012 / 2
Fabian Küng – «… ein leibhaftiges Märchen aus alten Zeiten.» – Das mittelalterliche Richensee
113
hätte untersucht werden sollen. Der Ausbruch des zwei
ten Weltkriegs vereitelte die Gelegenheit, den Befund
erneut zu studieren und vielleicht auch neu zu interpre
tieren. 1942 wurden nochmals punktuelle Sondierungen
im Umfeld des Turms vorgenommen. Sie lieferten Auf
schlüsse zum geologischen Untergrund, Hinweise auf
mittelalterliche Strukturen konnten dabei nicht gewon
nen werden.
Auf der Grundlage dieser Ergebnisse verfasste Reinhold
Bosch seinen Grabungsbericht, der die Geschichts
forschung – die vorhandenen Schriftquellen und die
neusten historischen Ansätze Hektor Ammanns – vor
bildhaft mit der Archäologie verknüpfte.54 Damit war
das Bild der um den vermeintlich lenzburgischen «Rö
merturm» herum gegründeten kyburgischen Kleinstadt
geprägt.
Grabungen ab 1979: Neuinterpretation
des Befundes
Die Archäologie befasste sich erst ab den 1970erJahren
wieder mit Richensee. Im Zusammenhang mit verschie
denen Bauprojekten und der weitflächigen Erweiterung
einer Gärtnerei fanden zwischen 1979 und 1994 mehrere
Grabungen und Sondierkampagnen statt, bei welchen
sowohl der von Bosch dokumentierte Stadtmauerver
lauf wie auch die postulierte städtische Siedlungsfläche
untersucht werden konnten. Die Erkenntnisse waren zu
nächst ernüchternd. «Rätsel um Richensee» titelte 1981
die Zeitung «Vaterland», irritiert über die ausbleiben
den Befunde mitten im vermeintlichen Städtchen.55 Die
1938 freigelegten Fundamentreste einer Stadtmauer er
wiesen sich bei den neueren Grabungen als unvermör
telte, neuzeitliche LesesteinSchüttung. Ein erster Blick
in die Fundkisten der Grabungskampagnen seit den
1930erJahren zeigt, dass das meiste Fundmaterial aus
dem Schüttungsbereich dem 18./19. Jh. zugewiesen
werden kann. Die Struktur liegt rund um das Dorf Ri
chensee an einer natürlichen Böschungskante, welche
schon von Reinhold Bosch als glaziales Geländemerk
mal erkannt worden ist. Es handelt sich um die Flanke
einer sanften Erhebung, die am Rand des vom Gletscher
geschaffenen Talbodens stehen geblieben war und auf
dessen Rücken im 13. Jh. Richensee gegründet wurde.
In früheren Jahrhunderten ragte somit eine kleine Land
zunge trockenen Geländes in das von Wasserflächen
und Moor beherrschte nördliche Seeende bei Hitzkirch
und Ermensee. Entlang dieser Geländekante erscheinen
teils schon in 40 cm Tiefe die ersten Schichten aus See
kreide.56
In der Topografie liegt auch der Schlüssel zur Interpre
tation des Befundes: Der Seespiegel des Baldeggersees
ist bei Gewässerkorrektionen zur Landgewinnung 1806
und 1870 um insgesamt rund 1,5 m abgesenkt worden,
wodurch sich die Uferlinie und die Verlandungszonen
47 Reinhold Bosch, Jahresbericht der Historischen Vereinigung Seetal für 1930. Heimatkunde aus dem Seetal 5, 1931, 5.
48 Bosch 1966 (wie Anm. 7) 18–21. Die Dokumentation Boschs liegt im Archiv der Kantonsarchäologie Luzern.
49 Eine «unterste, in Mörtel gefügte Steinlage der Aussenfront» konnte lediglich an einer Stelle beim Aabach festgestellt werden. Ein Zusammenhang mit mittelalterlicher Bauaktivität ist jedoch nicht gesichert; Bosch 1966 (wie Anm. 7) 18–19.
50 Bosch 1966 (wie Anm. 7) 15.51 Bosch 1966 (wie Anm. 7) 19.52 Bosch 1966 (wie Anm. 7) 19.53 Vgl. Bosch 1966 (wie Anm. 7) Abbildung bei S. 17; Bosch selbst
beschreibt S. 22 den Fall eines ScheunenNeubaus in Richensee, bei welchem wegen der Seekreide umfangreiche Pfählungen vorgenommen werden mussten. «Der Boden, bei dem man dies nicht für notwendig hielt, sackte nachträglich etwa 20 cm ein!»
54 Bosch 1943 (wie Anm. 7); in leicht geänderter Form Bosch 1966 (wie Anm. 7).
55 Vaterland Nr. 364, 30. Dezember 1981.56 Neben den Sondierungen der Kantonsarchäologie stammen zahl
reiche Daten von den Untersuchungen der 1930er und 40erJahre; Bosch 1931 (wie Anm. 47) 5; Bosch 1966 (wie Anm. 7) 17–18.
8: Das «StadtmauerFundament» von Richensee präsentiert sich im Befund als unvermörtelte Lesesteinschüttung. Grabungsaufnahme von Schnitt 18, September 1938.
Fabian Küng – «… ein leibhaftiges Märchen aus alten Zeiten.» – Das mittelalterliche Richensee
114 Mittelalter 17, 2012 / 2
stark verändert haben.57 Hebt man nun den Seepegel auf
ca. 464,50 m ü.M., jenen Stand, der vor der Seeab
senkung herrschte, so kommt die Uferlinie genau an die
natürliche Böschungskante um Richensee zu liegen. Als
Illustration dieses Zustandes können die Auswirkungen
jüngster Hochwasser herangezogen werden: Am 23. Au
gust 2005 stieg der Baldeggersee exakt einen Meter über
den Normalpegel auf eine Höhe von 464,06 m ü.M.58
Dadurch überschwemmte er das Moos südlich von
Richensee und erreichte eben jene Böschungskante
knapp 40 m südlich der Turmruine (Abb. 10).
Bei der vermeintlichen Stadtmauer von Richensee dürfte
es sich somit um eine Uferbefestigung handeln, mit
welcher die Uferböschung um das Dorf entlang des
Sees und des Alten Aabachs stabilisiert worden ist und
welche den Verlust von Nutzland verhindern sollte. Sie
stammt aus jener Zeit, in welcher der Baldeggersee sei
nen Höchststand erreicht hatte und permanent bis an das
auf einer eigentlichen Halbinsel im See liegende Dorf
Richensee gereicht haben muss. Vielleicht ist diese um
fassende Massnahme gar im unmittelbaren Vorfeld der
See und AabachKorrektion von 1806 zu sehen.59
Eine Stadtmauer hat es in Richensee somit nicht ge
geben.60 Aus den zahlreichen Schnitten im Bereich der
Böschungskante liegen auch keine archäologische Hin
weise auf andersartige Wehranlagen vor, weder als Reste
eines Walls noch als Spuren einer hölzernen Umweh
rung. Dies schliesst nicht aus, dass die mittelalterliche
Siedlung in engerem Radius von einem massiven Zaun
umgeben war, Befunde gibt es jedoch auch hierzu bis
her keine. Durchaus denkbar wäre es, dass der Ver
lauf des Alten Aabachs, welcher vor der Korrektur
1806 den See südöstlich von Richensee verliess und in
einem Bogen um das Dorf herumführte, künstlich ist.
Die Verlegung eines fliessenden Gewässers zum Schutz
einer Burg oder Siedlung wäre kein Einzelfall. Theo
retisch könnte eine solche Verlegung sogar im Zusam
menhang mit dem 1255 erwähnten Bau einer Mühle vor
genommen worden sein – doch das ist rein spekulativ.61
Die Flächengrabungen ab 1979 haben immerhin ge
zeigt, dass der grösste Teil der 1938 postulierten Stadt
fläche kein Siedlungsgelände war, sondern von je her
mit Äckern und Obstgärten bewirtschaftet worden ist.
Die mittelalterliche Marktsiedlung Richensee muss sich
ebenso wie das neuzeitliche Dorf auf die Umgebung des
Turms beschränkt haben. Gerade aus diesem intensiv ge
nutzten Bereich liegen bis heute leider nur punktuelle
und wenig aussagekräftige Aufschlüsse vor.
9: Das Bild des 1386 zerstörten vermeintlichen «Städtchens Richensee» in einer Visualisierung während der Untersuchung 1938. Die Interpretation der Grabungsbefunde verhalfen Richensee ab den 1930erJahren endgültig zum Prädikat «Stadt».
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Fabian Küng – «… ein leibhaftiges Märchen aus alten Zeiten.» – Das mittelalterliche Richensee
115
Zusammenfassung
Zwischen 1237 und 1242 errichteten die Grafen von
Kyburg auf bisher unbebautem Gelände am nördlichen
Ufer des Baldeggersees eine Burg, die als Sitz ihres Vogts
diente und von welchem aus die kyburgischen Güter und
Rechte im Seetal verwaltet wurden. Die noch heute er
57 HLS (wie Anm. 17) 1, 676. Die Angaben in der Literatur zum Ablauf und zum jeweiligen Umfang der Seeabsenkung sind teils wider sprüchlich. Von einer ersten Korrektion stammt gemäss Kartenmaterial der heutige Verlauf des Seeausflusses, des Aabachs. Bei einer zweiten Massnahme um 1870 soll der See nochmals um 0,75 bis 1,15 m abgesenkt worden sein (Bosch 1966 [wie Anm. 7] 18, nennt 1869/70; der Geschichtsfreund 29, 1874, 254, spricht von 1871). Allerdings zeigt ein Vergleich von historischem und aktuellem Kartenmaterial, dass der Seespiegel bereits vor 1861 im Wesentlichen auf den heutigen Stand gesenkt gewesen sein muss, die Uferlinien haben sich seither nicht verändert (vgl. Dufourkarte 1861; Topographische Karte des Kantons Luzern 186467; Topographischer Atlas / Siegfriedkarte 1887).
58 Daten des Bundesamtes für Umwelt BAFU, abgerufen am 24. Feb
10: Der Baldeggersee beim Hochwasser im August 2005, Blick gegen Norden. Der um einen Meter ge stiegene Seespiegel erreicht Richensee mit seinem am rechten Dorfrand zu erkennenden Turm (PFeil). Im Hintergrund der Hallwilersee, links der Bildmitte das Dorf Ermensee.
ruar 2012: http://www.hydrodaten.admin.ch/lhg/jahrestabellen/ 2137P_05.pdf
59 Für eine Datierung der Massnahme müsste die Auswertung des Fundmaterials erfolgen. Dies ist im Rahmen dieses Artikels nicht geschehen.
60 Dieses Ergebnis der archäologischen Untersuchungen wurde bisher bereits in mehreren Publikationen erwähnt, vgl. z.B. Bühlmann 1983 (wie Anm. 46) 134; Jürg Manser, Hitzkirch – Richensee. Jahrbuch der Historischen Gesellschaft Luzern 13, 1995, 97; Judith Rickenbach, AltEschenbach, Eine spätmittelalterliche Stadt wüstung. Archäologische Schriften Luzern 3 (Luzern 1995) 33 mit Anm. 15; Häfliger 1997 (wie Anm. 22) 24f.
61 Zur Erwähnung der neu errichteten Mühle bei Richensee vgl. oben, geschichtlicher Abriss.
Fabian Küng – «… ein leibhaftiges Märchen aus alten Zeiten.» – Das mittelalterliche Richensee
116 Mittelalter 17, 2012 / 2
haltene monumentale Ruine des Turms stellt einen der
beeindruckendsten Vertreter der mittel alterlichen Mega
lithbauweise dar.
Das um den Turm entstehende Dorf Richensee nimmt
als eine von Altsiedelland umgebene Neugründung eine
Sonderstellung in der Siedlungslandschaft des Seetals
ein. Es entwickelt sich in der zweiten Hälfte des 13. Jh.
zum Marktort, die Burg wird zum Verwaltungszentrum
eines habsburgischen Amtes. Im Herzen des Dorfes zeugt
noch heute neben der Turmruine die sogenannte «Alte
Schmitte» von 1405 – wohl ein habsburgisches Verwal
tungsgebäude – von dieser Bedeutung des Ortes.
Der Marktort Richensee hat jedoch weder rechtlich
noch baulich je den Status einer städtischen Siedlung er
reicht. Die Reste der bei Grabungen 1938 vermeintlich
entdeckten Stadtmauer entpuppen sich bei näherer Be
trachtung als die neuzeitliche Uferverbauung der durch
den See und den Aabach umflossenen Halbinsel. Das in
chronikalen Aufzeichnungen des 15. Jh. erscheinende
«Städtchen» Richensee hat somit weder als kyburgische
noch als habsburgische Gründung existiert. Der Begriff
«Stadt» sollte im Zusammenhang mit Richensee künftig
nicht mehr verwendet werden.
RésuméEntre 1237 et 1242, les comtes de Kyburg ont construit un château sur un terrain encore en friche, situé sur la rive nord du lac de Baldegg. Celuici leur servait de siège baillival, depuis lequel ils pouvaient gérer les biens et les droits des Kyburg dans toute la vallée du Seetal. La ruine monumentale encore conservée de la tour est un témoin significatif de la façon de construire les mégalithes au Moyen Age.
Sa qualité de zone de peuplement ancien, entourée de lieux nouvellement fondés, a conféré au village de Richensee, agglutiné autour de la tour, une place particulière parmi les lotissements de la vallée du Seetal. Au cours de la seconde moitié du 13e siècle, il accéda au rang de place de marché, tandis que le château se transforma en centre administratif d’un district habsbourgeois. Aujourd’hui encore, au cœur du village, à côté de la ruine de la tour, le bâtiment appelé «Alte Schmitte» – sans doute un bâtiment administratif habsbourgeois – témoigne de l’importance du lieu.
Le marché de Richensee n’a toutefois jamais, ni sur le plan légal ni d’un point de vue architectural, atteint le statut de lotissement citadin. Après un examen approfondi, les vestiges d’un apparent mur de ville découverts lors de fouilles en 1938
se sont avérés être des ouvrages de consolidation des rives, remontant aux temps modernes, voués à protéger la presqu’île naturelle, formée par le lac et l’Aabach. La «petite ville» de Richensee, apparue dans des notes à caractère de chronique du 15e siècle, n’a par conséquent existé ni sur la base d’une fondation kybourgoise ni sur celle d’une fondation habsbourgeoise. Le terme de «ville» ne devrait donc plus être utilisé en relation avec Richensee.
Sandrine Wasem (Thun)
RiassuntoTra il 1237 ed il 1242 i conti di Kyburg eressero sulla riva settentrionale del lago di Baldegg, su un terreno non edificato, un castello, il quale funse da sede amministrativa ad un loro balivo. Da tale sede venivano amministrati i beni ed i diritti che i conti di Kyburg possedevano nel Seetal. I monumentali ruderi della torre conservatisi fino ai nostri giorni sono uno degli esempi più imponenti di costruzione medievale in stile megalitico.
Il villaggio di Richensee, sorto intorno alla torre, ricopriva come nuova fondazione, una posizione particolare all’interno del territorio del Seetal, colonizzato già in un periodo più antico. Nella seconda metà del XIII secolo divenne un luogo per lo scambio delle merci (mercato) e contemporaneamente il castello assunse la funzione di sede amministrativa asburgica. Nel centro del paese, accanto ai ruderi della torre, si conserva la cosiddetta «Alte Schmitte», edificio che probabilmente fungeva da sede amministriva asburgica e che evidenzia l’importanza del luogo nel passato.
Richensee, come luogo di un mercato, non ha tuttavia mai raggiunto, né dal punto di vista giuridico né per quanto concerne lo sviluppo archittonico le condizioni necessarie per assumere il ruolo di città. Un’analisi più attenta dei resti della presunta cinta muraria urbana, emersi durante gli scavi del 1936, ha dimostrato che non si trattava di un’opera di difesi bensì di un argine risalente ad un epoca più recente che aveva lo scopo di proteggere la penisola dalle piene del lago e del torrente Aabach. Richensee, fondata dai conti di Kyburg e dagli Asburgo, non ha mai ricoperto il ruolo di città, anche se nelle fonti scritte del XV secolo viene menzionata come «cittadina». Per tale ragione il termine «città», per quanto concerne Richensee, in futuro non dovrebbe più venir utilizzato.
Christian Saladin (Basel/Origlio)
ResumaziunDals onns 1237 fin 1242 han ils conts da Kyburg construì in chastè sin territori anc betg surbajegià a la riva al nord dal Lai da Baldegg. Quest chastè serviva sco sez da lur chastellan ed era il lieu da l’administraziun per ils bains e dretgs kyburgais dal Seetal. La ruina da la tur monumentala che exista anc oz represchenta ina da las modas da construir cun megalit las pli impressiunantas dal temp medieval.
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Fabian Küng – «… ein leibhaftiges Märchen aus alten Zeiten.» – Das mittelalterliche Richensee
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La vischnanca da Richensee ch’è sa furmada enturn la tur sco nov abitadi en in conturn d’abitar vegl ha ina posiziun particulara en la cuntrada d’abitadi dal Seetal. En la segunda mesadad dal 13avel tschientaner è ella sa sviluppada ad in lieu da martgà, il medem mument è il chastè daventà il center administrativ d’in uffizi habsburgais. La «Alte Schmitte», in edifizi dasper la ruina da la tur che serviva en il cor da la vischnanca sco center administrativ dals Habsburgais dat anc oz perditga da l’impurtanza da quest lieu.
Il lieu da martgà Richensee n’ha però mai cuntanschì ni giuridicamain ni architectonicamain il status d’ina citad. Ils mirs ch’èn vegnids scuverts en il rom d’exchavaziuns l’onn 1938 n’eran betg restanzas dal mir da la citad sco quai ch’ins aveva pensà, mabain il rempar construì il temp modern da la riva da la peninsla ch’è protegida a maniera natirala grazia al lai ed al flum Aabach. La «citadetta» Richensee ch’è documentada en cronicas dal 15avel tschientaner n’ha damai mai existì sco fundaziun kyburgaisa u habsburgaisa. La noziun «citad» na duess perquai en l’avegnir betg pli vegnir utilisada en connex cun Richensee.
Lia Rumantscha (Cuira/Chur)
Abbildungsnachweis:1: Kantonale Denkmalpflege Luzern2: Christian Auf der Maur, Luzern3, 6 –9: Kantonsarchäologie Luzern4: Daniel Reicke (wie Anm. 6)5: Untersuchungsbericht Baltensweiler + Leuenberger 1996, Kantonale
Denkmalpflege Luzern.10: Bildarchiv der Schweizer Luftwaffe. © Schweizer Luftwaffe.
Adresse des Autoren:Fabian Küng, lic. phil.Wissenschaftl. MitarbeiterKantonsarchäologie LuzernLibellenrain 156002 Luzern
Kurzberichte
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Kurzberichte
Chur GR
Ausgrabungen am geschichtsträchtigen Hofhügel in ChurIm Mai 2012 beginnen die Bauarbeiten für die beiden neuen Untergeschosse des Bischöflichen Schlosses an der Hofstrasse. Vor dem Aushub der bis zu acht Meter tiefen Baugrube an der Ostseite des Hofes erfolgt der Abbruch des zweigeschossigen, im 19. Jh. errichteten Gebäudes sowie der Garagen und Gartenmauern. Der Archäologische Dienst Graubünden wird die Arbeiten von Anfang an überwachen und die im Boden erhaltenen Baureste und archäologischen Schichten dokumentieren. Nach dem Aushub werden die bis ans Ende der letzten Eiszeit zurückreichenden Ablagerungen und Kulturzeugnisse endgültig verschwunden sein. Aufgrund früherer Untersuchungen innerhalb des Hofes und im nördlich vorgelagerten Gelände können im Bauareal Zeugnisse der Siedlungstätigkeit von der Stein bis in die Neuzeit erhalten sein. Historische Darstellungen, welche die Topografie und die Bauten an der östlichen Aussenseite des bischöflichen Hofes zeigen, gehen bis ins 17. Jh. zurück.Erste Erkenntnisse zu den zu erwartenden Schichten und Befunden konnten in Baugruben und Leitungsgräben in der Hof und Arosastrasse gewonnen werden. Unter Anschüttungen und Strassenniveaus der Neuzeit sind Mauern dokumentiert, die sich ins Bauareal fortsetzen.(Mitteilungen Archäologischer Dienst Graubünden)
Fall Jenatsch: Archäologischer Dienst Graubünden öffnet mutmassliches Grab In der Churer Kathedrale wurde Mitte März 2012 das angebliche Grab des Jörg Jenatsch (1596–1639) geöffnet, eines Anführers der Bündner Truppen im Dreissigjährigen Krieg. Gemäss Überlieferung wurde Jenatsch im Januar 1639 – während der Fasnacht – mit einem Beil erschlagen und in der Kathedrale beigesetzt. Nun lässt der Archäologische
Dienst Graubünden den Inhalt des Grabes auswerten. Bereits 1959 hatte der Zürcher Anthropologe Erik Hug den Leichnam exhumiert.Die Identifikation erfolgte aufgrund der Kleider und einer Schädelfraktur. Es blieb aber unsicher, ob tatsächlich der richtige Leichnam gefunden wurde. Nun sollen neue anthropologische und pathologische Erkenntnisse gewonnen werden, hinsichtlich Körperbau, Geschlecht oder Verletzungen. Eine Quelle zur Identifikation stellt nach wie vor die Garderobe dar. Anhand von Blutresten auf Kleidungsstücken sollte ursprünglich ein DNAProfil erstellt und mit anderen Profilen von noch lebenden Nachfahren der Familie Jenatsch verglichen werden. Da sich auf den Kleidern zu wenige Blutreste fanden, hat man das Grab mit dem Segen von Bischof Vitus Huonder für weitere DNAProben geöffnet. Gleich zeitig wurde der Kopf des Toten ins Kantonsspital Graubünden gebracht, wo ein Schädelscan erfolgt. Dieser kann später als 3DVorlage dienen zur Rekonstruktion des mutmasslichen Aussehens des Toten zu Lebzeiten. Aus Rücksicht auf die Kirchgänger dauerte die Forschungsarbeit an der Grabstelle nur einen Tag. Zugang erhielten allein die Forscher mit spezieller Schutzkleidung, um weitere Kontaminationen der Gebeine zu verhindern. Am Donnerstag, 15. März 2012, wurde über die durchgeführten Arbeiten in einer Medienorientierung informiert, Ergebnisse aus den Untersuchungen sind im Verlauf der nächsten Wochen zu erwarten.(Mitteilungen Archäologischer Dienst Graubünden)
Jegensdorf BE
Archäologie im ZentrumDie archäologischen Ausgrabungen in JegenstorfDas Dorfmuseum Jegenstorf und der Archäologische Dienst des Kantons Bern stellen in einer Sonderausstellung Ergebnisse und Fundobjekte aus den archäo
logischen Untersuchungen der letzten 15 Jahre im Zentrum von Jegenstorf vor. Die Ausstellung in der SchlossSchüür von Jegenstorf dauert vom 8. Mai 2011 bis zum 13. Oktober 2013 und ist jeweils Mai bis Oktober am Sonntag von 14.00 bis 17.00 Uhr geöffnet.Die Reihe der Fundobjekte beginnt mit einer jungsteinzeitlichen Pfeilspitze und reicht bis zum Inhalt einer Abfallgrube aus dem 19. Jh. Kernstücke der Ausstellung sind ein bronzezeitliches Grab (13. Jh. v. Chr.), die Funde aus dem römischen Gutshof (1.–4. Jh.) und eine Nachgeburtsbestattung aus dem 18. Jh. Ein spezieller Teil ist dem mittelalterlichen Ofen zur Herstellung einer Glockenform (12. Jh.) gewidmet, der mit der Unterstützung der Gemeinde geborgen und konserviert werden konnte.Ein Begleitheft und ein eigens entworfenes Spiel zur Ausstellung sowie speziell gestaltete Arbeitsblätter sollen die Ausstellung und die archäologische Arbeit neben einem breiten Publikum vor allem auch Kindern und Jugendlichen zugänglich machen.Die Arbeitsblätter können in der Rubrik Daten & Downloads heruntergeladen werden. Bezug des Begleithefts im Dorfmuseum oder beim Archäologischen Dienst des Kantons Bern, [email protected] (Unkostenbeitrag CHF 5.– plus Verpackung und Versandkosten).(Mitteilung Archäologischer Dienst Bern)
Kirchdorf BE, Winkelmatt
Spuren eines mittelalterlichen DorfsAuf der Winkelmatt in Kirchdorf soll in den kommenden Jahren eine Wohnsiedlung entstehen. Da seit längerem bekannt ist, dass in diesem Areal archäologische Reste einer mittelalterlichen Siedlung vorhanden sind, fand im Dezember 2011 auf rund 5000 m² Fläche eine Rettungsgrabung des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern statt. Die zuletzt als Obstgarten genutzte Winkelmatt gehörte im Mit
Mittelalter 17, 2012 / 2 119
Kurzberichte / Veranstaltungen
telalter zum Ortskern von Kirchdorf. Zahlreiche Pfostengruben bezeugen die Standorte von Häusern. Da man in dieser Zeit mit wenigen Ausnahmen (Kirchen und Burgen) fast nur Holz bauweise kennt, sind die Spuren im Boden allerdings nicht leicht zu interpretieren. Im fast reinen, festen Sand des Untergrunds haben sich die Negative der Pfosten und die Grubenwände aber ausgezeichnet erhalten. So lassen sich Konstruktionsdetails besonders gut erkennen. In einer Grube sind zum Beispiel deutlich die Spuren eines hölzernen Einbaus zu erkennen: Handelt es sich um eine Vorrats oder eine Sickergrube? Bei der Anlage der Strasse nach Gerzensee im ausgehenden 19. Jh. und des neuen Friedhofs von Kirchdorf zu Beginn des 20. Jh. wurden fünf Bestattungen der jüngeren Eisenzeit (Latènezeit, 5.–1. Jh. v. Chr.) entdeckt. Die reich ausgestatteten Gräber belegen die Bedeutung der Region an der Handelsroute über die Alpen. Die Fundstelle befindet sich in unmittelbarer Nähe der derzeitigen Grabungsfläche. Bisher konnten jedoch noch keine weiteren eisenzeitlichen Bestattungen lokalisiert werden. Die Ausgrabungen werden aber noch bis in den Sommer 2012 hinein andauern.(Medienmitteilung Kanton Bern, 15.12.2011)
Rothenbrunnen GR
Burgruine HochjuvaltDie Burg Hochjuvalt befindet sich am Eingang zum Domleschg in der Talenge zwischen Rhäzüns und Rothenbrunnen. Der heute noch markant aufstehende Mauerzahn war einst ein 5geschossiger Wohnturm hoch über der Talenge und im Hochmittelalter Teil einer grösseren Burganlage der Herren von Juvalt. Zur Burg gehörte auch eine Talsperre am Fusse der vorragenden Felsrippe. Diese bestand aus einem weitläufigen Mauergeviert mit zwei Toren, durch die die alte Strasse auf der rechten Talseite führte.1940 bekamen die mittelalterlichen Mauern der Talsperre noch einmal eine Wehrfunktion. In den Burgfels wurde während des 2. Weltkriegs eine militärische Festung gebaut, die hochmittelalterliche Talsperre erhielt ein weiter gefasstes Panzerhindernis aus Betonblöcken. Dank der Initiative von Felix Nöthiger konnte die Talsperre in den Jahren 2010/11 freigelegt und die Ruinenmauern gesichert werden.Seit Anfang April 2012 werden die Freilegungsarbeiten auf dem Felssporn fortgesetzt. Dabei zeigt sich, dass die Burganlage nebst dem hoch aufstehenden Turmzahn aus weiteren Bauten bestand. Der Turm wies einst an der Süd und
Westseite Anbauten auf. Etwas tiefer konnte in extremer Hanglage ein Palasbau mit den Aussenmassen von ca. 8 x 20 m freigelegt werden. An der Rückseite des Palas bestand eine in den Fels eingetiefte Filterzisterne mit einem Durchmesser von ca. 8 m. In dieser wurde das Dachwasser des Palas aufgefangen und filtriert. Zudem war der Felssporn durch weitläufige Umfassungsmauern gesichert. Die Sicherungsarbeiten auf dem Felssporn werden vom Archäologischen Dienst begleitet und dokumentiert. Schliesslich soll der Turmzahn durch einen gemauerten Stützkeil für kommende Generationen gesichert werden.(Mitteilungen Archäologischer Dienst Graubünden)
Veranstaltungen
19. Europäische Tage des Denkmals 19èmes Journées européennes du patrimoine
Stein und Beton – 8./9. 9.2012Der Schweizerische Burgenverein ist KooperationspartnerDas diesjährige Thema «Stein und Beton» der Europäischen Tage des Denkmals bot sich an für eine Partnerschaft mit dem Schweizerischen Burgenverein. In trutzigen Mauern mit Bossenquadern oder Findlingen erhielt der Stein im Burgenbau geradezu eine symbo lische Funktion. Heute ist nicht nur der Baustoff Stein mit den Burgen verbun
den, sondern auch der Beton. Seine in der Burgenrestaurierung teils geglückte, teils problematische Verwendung ist in einem kürzlich im NIKEBulletin erschienenen Artikel des Ruinenarchitekten und ehemaligen Vorstandsmitglieds Lukas Högl anschaulich dargestellt. Ein weiterer, ebenfalls im NIKEBulletin erschienener Beitrag unseres Vorstandsmitglieds Gaëtan Cassina befasst sich unter dem Titel «Les châteaux et les ruines, c’est pas ‹béton›?» mit der Verwendung von Beton am mittelalterlichen Baudenkmal im Verlauf des 20. Jahrhunderts (vgl. NIKEBulletin 3/2012 bzw. 1–2/2012, http://www.nikekultur.ch/de/bulletin.html).
Das Thema von Stein und Beton im Zusammenhang mit dem Burgenbau wird aber nicht nur in Artikeln, sondern vor allem mit zahlreichen Veranstaltungen aufgegriffen. Unter kundiger Führung können Burgen und Ruinen besucht werden. Auch Mitglieder von Vorstand und Geschäftsstelle des Schweizerischen Burgenvereins sind daran beteiligt. Eine räumliche Verbindung gingen Stein und Beton in den Befestigungswerken von Besserstein bei Villingen AG und Wartenberg bei Muttenz BL miteinander ein. An beiden Orten, die eine hervorragende strategische Stellung einnehmen, finden sich Burgruinen und Bunkeranlagen aus dem Zweiten Weltkrieg. Am Warten
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Veranstaltungen
berg sind es nicht weniger als drei mittelalterliche Anlagen und darüber hinaus eine bronzezeitliche Höhensiedlung. Detaillierte Hinweise zu diesen Führungen und zu dem gesamten, reichhaltigen Programm werden ab Ende Juli auf www.hereinspaziert.ch zu finden sein. Zudem kann bei der Geschäftsstelle der NIKE die Programmbroschüre kostenlos bestellt werden (info@nikekultur.ch, Tel. 031 336 71 11).
Die Denkmaltage wären nicht durchführbar ohne die namhaften Beiträge der Sektion Heimatschutz und Denkmalpflege des Bundesamtes für Kultur BAK und der Schweizerischen Akademie der Geistes und Sozialwissenschaften SAGW. Weitere Partner sind BETONSUISSE, der Bund Schweizer Architekten BSA, der Bund Schweizer Landschaftsarchitekten und Landschaftsarchitektinnen BSLA, der Schweizerische Burgenverein, die Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK, pro infirmis, ProNaturstein, der Schweizer AlpenClub SAC, der Schweizerische Ingenieur und Architektenverein SIA, die Schweizerische UNESCOKommission und der Schweizerische Verband für Konservierung und Restaurierung SKR.Ab Ende Juli finden Sie das detaillierte Programm unter www.hereinspaziert.ch. Die ProgrammBroschüre kann unter info@nikekultur.ch kostenlos bestellt werden.
Pierre et béton – 8./9. 9.2012 Les 19es Journées européennes du patrimoine auront lieu les 8 et 9 septembre 2012 et sont consacrées aux biens culturels en pierre et en béton. La pierre et le béton – matériaux omniprésents et durables – sont des porteurs de véritables valeurs culturelles. Depuis tout temps, différentes professions s’en inspirent et s’en servent afin de créer des monuments culturels uniques. Les châteaux forts en pierre signalent la volonté de défense, tandis que le béton est souvent utilisé pour conserver ces mêmes forts, aujourd’hui en ruine.La pérennité est la caractéristique commune aux deux matériaux: ils sont témoins de notre patrimoine culturel du passé et du présent.Le programme varié propose d’intéressantes visites du donjon de ChâtelStDenis (FR), de la ruine du château fort de Kastelen à Alberswil (LU), ou de la falaise et du château qui s’y trouve juché à Frauenfeld (TG). Les visiteurs pourront découvrir d’intéressants monuments en pierre et en béton lors de promenades architecturales à Bondo et Soglio (TI), ainsi qu’à Delémont (JU), à Fiesch (VS) ou à Genève. La ruine du château fort de Schalun en Principauté de Liechtenstein sera présentée au public déjà le 1er septembre. Dans plusieurs cantons – Neuchâtel, SaintGall, Soleure, le Tessin ou le Valais – des promenades dans les carrières permettent de retracer l’origine et les moyens d’extraction de ce matériau.
C’est notamment grâce au soutien de la Section patrimoine culturel et monuments historiques de l’Office fédéral de la culture (OFC) et de l’Académie suisse des sciences humaines et sociales (ASSH) qu’un projet national d’une telle envergure peut être réalisé. L’Association Suisse Châteaux forts, l’Association suisse de conservation et restauration (SCR), BETONSUISSE, le Club Alpin Suisse (CAS), la Fédération des Architectes Suisses (FAS), la Fédération Suisse des Architectes Paysagistes (FSAP), pro infirmis, ProNaturstein, la Société d’histoire de l’art en Suisse (SHAS), la Société suisse des ingénieurs et des architectes (SIA) et la Commission suisse pour l’UNESCO sont également partenaires.Vous trouverez le programme détaillé des manifestations sur notre site www.venezvisiter.ch dès fin juillet. La brochure nationale avec le programme de la Suisse entière peut être commandée gratuitement auprès de info@nikekultur.ch.
Mittelalter 17, 2012 / 2 121
Veranstaltungen
Befestigungen in der Eifel von der Antike bis ins 20. Jahrhundert8. wissenschaftliche Tagung des «Freundeskreises Bleidenberg e. V.» in Oberfell an der Mosel. Tagungsleitung: Aquilante De Filippo M.A., Wilfried E. Keil M.A., Markus Poggel
Samstag, 3.11.201210.00 Uhr Grussworte10.30 Uhr Ulrich Nonn, Bonn: Die Eifel in der politischen Raumgliederung des früheren Mittelalters11.05 Uhr Angelika Hunold, Mayen: Spätrömische Höhenbefestigungen in der Eifel11.40 Uhr Kaffeepause
11.55 Uhr Elena Köstner, Regensburg: Fortifikationen als konservierendes Instrument administrativer Strukturen – am Beispiel Mayens und der Befestigung auf dem Katzenberg (Germania superior)12.30 Uhr Erik Beck, Dortmund: «Novum castrum, quod mons mercurii dicitur» – Die Neuerburg bei Wittlich und die ihr benachbarten Burgen während des hohen Mittelalters13.05 Uhr Mittagspause
14.30 Uhr Bernhard Kreutz, Walferdange (L): Vianden. Funktionen einer Burg im Wandel der Geschichte15.05 Uhr Achim H. Schmidt, Koblenz: Virneburg – Archäologie und Baugeschichte15.40 Uhr Kaffeepause
15.55 Uhr Günther Stanzl, Mainz: Bauforschung an der Burgruine Neublankenheim16.30 Uhr Michael Losse, Marburg: Burg oder Burgengruppe? – Die landesherrliche Burg Are bei Altenahr und ihre Burgmannensitze17.05 Uhr Kaffeepause
17.20 Uhr Udo Liessem, Koblenz: Die Genovevaburg in Mayen18.00 Uhr Abendessen19.30 Uhr Mitgliederversammlung des «Freundeskreises Bleidenberg e. V.» in Oberfell an der Mosel im Tagungshotel «Zur Krone», anschliessend Abendprogramm mit Möglichkeit zur gemeinsamen Weinprobe
Sonntag, 04.11.20129.00 Uhr Achim H. Schmidt, Koblenz / Olaf Wagener, Heidelberg: Burgstellen an der Elz – Burg Eltz und Umgebung9.35 Uhr Wilfried E. Keil, Heidelberg: Doppeltürme an Burgen in der Eifel
10.10 Uhr Kaffeepause
10.25 Uhr Aquilante De Filippo, Heidelberg: Gewölbte Räume in Burgen der Eifel11.00 Uhr Stefan Frankewitz, Geldern: Burgenstädte und Stadtburgen in der Eifel11.35 Uhr Kaffeepause
11.50 Uhr Klaus Freckmann, Berlin: Spätmittelalterliche und frühneuzeit liche Feste Häuser in der Eifel12.25 Uhr Markus Poggel, Siegen: Eifelburgen in historischen Berichten und Führern13.00 Uhr Mittagspause
14.30 Uhr Olaf Wagener, Heidelberg: Holz als Baustoff von Befestigungen ab dem späten Mittelalter – Stein ist nicht alles
15.05 Uhr Oliver Meys, PulheimBrauweiler: Die ehemalige NSOrdensburg Vogelsang. Anmerkungen zu Bautypologie und Nutzungsgeschichte15.40 Uhr Wolfgang Wegener, Bonn: Von der Westbefestigung zum «Westwall». 10 Aspekte zum Umgang mit dem «Denkmalwert des Unerfreulichen»16.15 Uhr Schlussdiskussion
Die Tagungskosten betragen 50.– Euro (Studenten 40.– Euro); Tageskarten für Samstag sind für 30.– Euro (25.– Euro) und Sonntag sind für 20.– Euro (15.– Euro) zu erwerben.Um Anmeldung wird gebeten durch Überweisung des Tagungsbeitrages auf das Konto der Ortsgemeinde Oberfell bei der Sparkasse Koblenz:KontoNr. 16 000 200, BLZ 570 501 20, IBAN: DE29 5705 0120 0016 0002 00,SWIFTBIC: MALADE51KOB.Bitte als Verwendungszweck unbedingt angeben: «Burgensymposion 2012, Vorname / Nachname / Wohnort»!Unterkünfte stehen zur Verfügung im Tagungshotel «Zur Krone», EMail: info@kroneoberfell.de, Telefonnummer 02605/665; weitere Unterkünfte können bei der Ortsgemeinde Oberfell erfragt werden, EMail: gemeinde.oberfell@ tonline.de, Telefonnummer 02605/4484 (Öffnungszeiten wochentags von 15.00 Uhr bis 17.30 Uhr).Bei weiteren Fragen können Sie sich gerne an die Ortsgemeinde Oberfell (s.o.) oder an Wilfried E. Keil, EMail: [email protected]heidelberg.de, Telefonnummer 06221/542347 wenden.
Burgdorf, Schloss Burgdorf
Keramische Schätze des Rittersaalvereins BurgdorfSchlossmuseum Burgdorf16. Juni 2012 – 31. März 2013April–Oktober Mo–Sa 14–17 Uhr, So 11–17 Uhr;November–März So 11–17 Uhr.www.kulturschloss.ch
Das Schlossmuseum präsentiert in der neuen Sonderausstellung die bedeutendsten Stücke seiner Keramiksammlung. Gezeigt werden die Spitzenstücke aus der Produktion von Langnau (ca. 1674–1850) sowie von Blankenburg. Im Kontrast dazu stehen die blauweiss bemalten Produkte anderer Hafnereien im Kanton Bern, von denen der Rittersaalverein ebenfalls eine ausserordentliche Auswahl einzigartiger Stücke (18. Jh.) besitzt. Daneben gibt es Spitzenprodukte und ungewöhnliche Einzelstücke aus importiertem Steinzeug des Westerwaldes (17.–19. Jh.) zu sehen.
Olten, Historisches Museum
Miniaturen10. Mai–19. August 2012Di–Sa 14–17 Uhr, So 10–17 UhrHistorisches Museum OltenKonradstr. 7, 4600 OltenTel. 062 212 89 89www.historischesmuseumolten.ch
Eine Ausstellung mit zahlreichen Gegenständen aus der Welt der kleinen Dinge, vorwiegend aus der Sammlung des Historischen Museums Olten: Haus, Landschafts und Maschinenmodelle, Technikmodelle, Spielzeug und Kunstobjekte. In diesem Rahmen speziell zu erwähnen sind die Burgenmodelle. Neben einem Modell aus der 2. Hälfte des 19. Jh. von Dorneck, das damals schon die Aufmerksamkeit von Johann Rudolf Rahn auf sich zog (Skizze), sind Modelle aus der Jahrhundertwende und aus der 2. Hälfte des 20. Jh. zu sehen, namentlich jene von Hans Waldmeier, dessen Sammlung seit 1990 zum Bestand des Historischen Museums Olten gehört.
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Publikationen
Publikationen
Ulrike Ludwig, Barbara Krug- Richter, Gerd Schwerhoff (Hrsg.)Das Duell – Ehrenkämpfe vom Mittelalter bis zur Moderne
In der Reihe Konflikte und Kultur – Historische Perspektiven 23UVK Verlagsgesellschaft mbH Konstanz 2012372 Seiten, gebunden, 50 Bilder (S/W)ISBN 978-3-86764-319-154,00 S (D) / 55,60 S (AT) / 71.90 SFr
Von Zweikämpfen in Frankreich und Burgund im Mittelalter über die Entwicklung der Fechtkunst bis hin zu heutigen Ritualen der Mutterbeleidigung unter Kindern und Jugendlichen – der Band «Das Duell – Ehrenkämpfe vom Mittelalter bis zur Moderne» präsentiert aktuelle Forschungsergebnisse zur Geschichte des Duells aus verschiedenen Disziplinen, Epochen und Ländern. Auf diese Weise gelingt es, das Besondere des Duells als kulturelle Praktik im Kontext sich wandelnder Wertesysteme vorzustellen.Deutlich werden die räumliche Uneinheitlichkeit des Phänomens und seine zeitliche Dynamik, die es im Ergebnis als weit weniger traditional erweist als bislang angenommen. Sichtbar wird darüber hinaus die Bedeutung unterschiedlicher (Elite)Kulturen für die He rausbildung unterschiedlicher Duellpraktiken ebenso wie die spezifisch ständische Rationalität des Duells, die sich insbesondere innerhalb korpora tiver Schutzräume wie beispielsweise im Militär, seit dem späten 18. Jahrhundert dann auch verstärkt im akademischen Milieu, ausbilden konnte.
Christoph RöschAltbüron. Die Metallfunde der 1309 zerstörten Burg
Archäologische Schriften Luzern 14, hrsg. von der Kantonsarchäologie Luzern, Kantonaler Lehrmittelverlag Luzern, Luzern 2012 – Format A4,
92 Seiten, broschiert, 16 Abb. S/W oder farbig, 25 Fundtafeln mit Katalog-texten.ISBN 978-3-271-10046-4
Die Vorlage aller greifbaren Fund stücke der Burg Altbüron mit Ausnahme der Baukeramik vermittelt uns ein anschauliches, wenn auch längst nicht vollständiges Bild des Fundspektrums einer Adelsburg des hohen und späten Mittelalters. Die Gründung der Burg erfolgte, wie sich aus der Datierung der Fundstücke schliessen lässt, im 11. oder 12. Jh. Verschiedene Fundstücke machen nach der Mitte des 13. Jh. einen Ausbau der Burg wahrscheinlich; sie wird Herrschaftszentrum der Freiherren von Balm. Da Rudolf von Balm am Königsmord von 1308 beteiligt war, wurde seine Burg 1309 zerstört; dies lässt sich vor allem an der hohen Anzahl von Geschossspitzen fassen. Neben dem kleinen Einblick in das alltägliche Burgleben liefert das Fundmaterial mit der Datierung vor 1309 wichtige Hinweise für die mittelalterliche Realienkunde der Zeit um 1300.
Stefan Lehmannascona – Collina San Michele. 5000 anni di storia – 5000 Jahre Geschichte
Verlag Armando Dadò editore, Locarno 2011 – 119 Seiten, 17 x 24 cm, broschiert, zahlreiche Abb. in S/W oder Farbe, Text durchgehend zweisprachig italienisch/deutsch.ISBN 978-88-8281-320-0
Der Hügel von San Michele, durch seine Burg berühmt und mit Villen veredelt, birgt in seinem Untergrund eine jahrtausendalte Vergangenheit, die vor 5000 Jahren begann. Dieser ausserordentliche Fundplatz, in dieser Broschüre reich haltig bebildet und flüssig geschrieben, bietet die Gelegenheit, das Leben verschiedener Generationen von «Ascone si» zu verfolgen.
Aus dem Inhalt:Vorwort – Ein bisschen Geographie – Zur Burg – die archäologische Ausgrabung – Neolithikum – Bronzezeit – Eisenzeit – Römerzeit – Frühmittelalter – Spätmittelalter – Neuzeit – Der Hügel heute – Zusammenfassung – Zeittafel – Bibliographie.
Peter HauptLandschaftsarchäologie – eine Einführung
Konrad Theiss Verlag Stuttgart 2012 – 224 S. mit 66 Abb, 17 x 25 cm, gebunden.ISBN 978-3-8062-2619-5 (Theiss)ISBN 978-3-534-24863-6 (WBG)
Der Mensch und seine Umgebung stehen in steter Wechselwirkung. Wie entwickelt sich eine Kulturlandschaft und wie wirkt sie auf die Menschen zurück? Auf dieser zentralen Frage liegt das Hauptaugenmerk dieser Einführung in die Landschaftsarchäologie. Diese ist eine relativ junge archäologische Forschungsrichtung, die stark von interdisziplinären Methoden geprägt ist. Dabei spielen besonders die Geowissenschaften eine entscheidende Rolle. Es geht nicht nur um die Rekonstruktion früherer Landschaften, sondern auch um die Entstehung der Kulturlandschaften, also darum, wie und mit welchen Auswirkungen, etwa auf Vegetation, Oberflächengestalt und Böden, der Mensch das Land für sich nutzte.Peter Haupt gibt in diesem Buch einen umfassenden Überblick über die theoretischen Grundlagen, die Quellen und Methoden der Landschaftsarchäologie. Konkrete Fallbeispiele machen seine Ausführungen nachvollziehbar und anschaulich.
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Publikationen
Doris FischerMittelalter selbst erleben
Kleidung, Spiel und Speisen – selbst gemacht und ausprobiert.Verlag Konrad Theiss, Stuttgart 2011, 2. aktualisierte Auflage – 96 Seiten, gebunden, 18 x 23 cm, zahlreiche Abb. in S/W und Farbe, mit Schnittmustern und Bauanleitungen.ISBN 978-3-8062-2522-8
Von Kleidungsstücken, Schuhen, Hüten und Taschen bis hin zu Werk oder Spielzeug – mit diesem Buch lässt sich eine eigene MittelalterAusrüstung herstellen; so ganz nebenbei erfährt man dabei vieles über das damalige Leben. Anhand von archäologischen Funden zeigt Doris Fischer, wie im Mittelalter Utensilien angefertigt und genutzt wurden, und sie erklärt Schritt für Schritt, wie heute jedermann diese Originale nachbauen kann. Rezepte, Spielanleitungen, Tipps und Tricks machen den Band zu einer wahren Fundgrube für alle, die dem Mittelalter einmal auf einem etwas anderen Weg nachspüren wollen.
Gerhard WagnerDas geht auf keine Kuhhaut
Redewendungen aus dem Mittelalter.Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2011 – 160 Seiten, gebunden, 16 x 20 cm, mit zahlreichen Abb. in S/W.ISBN 978-3-8062-2471-9 (Theiss Verlag)ISBN 978-3-53425484-2 (WBG)
Redewendungen sind wie Brücken in die Vergangenheit. Leider gehen diese immer
mehr verloren, weil die Welt, auf die sich viele Redensarten beziehen, heute in Vergessenheit geraten ist. Daher wissen wir sehr wohl, was gemeint ist, wenn wir uns gerädert fühlen oder etwas auf die lange Bank schieben – aber wir verstehen nicht mehr, woher diese Formulierungen ursprünglich stammen. Die Herkunft der gebräuchlichen Redewendungen kann sehr unterschiedlich sein. Manche sind gar nicht so alt, viele aber gehen zurück in das Mittelalter. Luftschlösser bauen oder etwas im Schilde führen – es liegt auf der Hand, dass diese Redensarten in einer Zeit der Burgen und Ritter entstanden. Aber woher kommt der Ausruf: «Das geht auf keine Kuhhaut»?
Gerhard Wagner, Geschäftsführer der Deutschen Burgenvereinigung und «Burgvogt» auf der Marksburg, erklärt auf amüsante Weise die Herkunft bekannter Redewendungen, die auf das Mittelalter oder die frühe Neuzeit zurückgehen oder auf historische Tatsachen, Personen oder Ereignisse anspielen und auch heute noch populär sind.
Der nördliche BodenseeraumAusflugsziele zwischen Rhein und Donau
Ausflüge zu Archäologie, Geschichte und Kultur in Deutschland 55. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2012 – 335 Seiten, zahlreiche Abb. in Farbe, broschiert, 14 x 21 cm.ISBN 978-3-8062-2643-0
Der Rentierjäger der Altsteinzeit, mittelsteinzeitliche Jagdlager, stein und bronzezeitliche Pfahlbausiedlungen, Burgen
und Grabhügelfelder der Hallstattzeit und nicht zuletzt die Seeschlacht der keltischen Vindeliker gegen die Römer im Jahre 15 v. Chr. kennzeichnen aus archäologischer Sicht die frühe Geschichte des nördlichen Bodenseeraums. Belege zur frühen Christianisierung fin den sich in alamannischen Gräbern der Merowingerzeit und in zahlreichen Kirchen und Klöstern, die das «Schwäbische Meer» umrahmen und für Oberschwaben und den Linzgau typisch sind. Vom Hochmittelalter, der Renaissance und dem Barock künden nicht zuletzt die ehemals freien Reichsstädte und die Schlossanlagen der Herren von Württemberg, Baden und Hohenzollern. In ihrer landschaftlichen Schönheit bietet die heute touristisch geprägte Region zwischen Alpen und Jura eine Fülle von geschichtlichen Highlights und Museen.Band 55 dieser Reihe führt mit über 70 Zielen nicht nur zielsicher zu den sehenswertesten historisch bedeutsamen Orten im nördlichen Bodenseeraum, sondern gibt zugleich einen einzigartigen Überblick über die geologischen Besonderheiten und über die verschiedenen Epochen in der Region.
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Vereinsmitteilungen
Vereinsmitteilungen
Schweizerischer BurgenvereinJahresbericht 2011
TagungenNach Besichtigungen der Burgruinen Vorbourg und Soyhières und der Altstadt von Delémont fand am Samstag, 27. August, die Jahresversammlung 2011 im Hôtel de Ville in Delémont statt. Die anschliessende Sonntagsexkursion führte zum mittelalterlichen Hochofen von La Joux JU und nach StUrsanne.
VorträgeDie Reihe 2010/2011 der öffentlichen Vorträge in Zürich setzte im Januar 2011 Peter Erhard (St. Gallen) mit einem Bericht über Bernegar, einen Schreiber zur Zeit Karls des Grossen, fort. Die Serie 2011/12 begann im Oktober 2011 mit einem Referat von Elisabeth Crettaz (Zinal VS) über Schloss Ripaille und das Schweizerische Landesmuseum. Im Dezember stellte Fabian Küng (Luzern) die archäologischen Forschungen um den Luzerner Mühlenplatz vor.
ExkursionenDas schaffhausische Landstädchen Neunkirch war im Mai Ziel einer rege besuchten Exkursion unter der Leitung des neuen Vorstandsmitglieds Flurina Pescatore, die als kantonale Denkmalpflegerin über ihren Wirkungsbereich berichtete. Weitere Exkursionen führten ins Historische Museum Olten (Ausstellung: «Die Ritter vom Jura – Die Grafen von Frohburg»), zur Müseggmauer in Luzern, die derzeit in mehrjährigen Kampagnen saniert wird, und zum Spaniolaturm in Pontresina. Mittels eines Fragebogens wurden die Teil nehmenden zur Qualität der Tages exkursionen und ihren Wünschen befragt. Die für Herbst 2011 geplante Exkursion nach Thüringen musste wegen mangelndem Interesse leider abgesagt werden. Der Verein wird das Konzept der Exkursionen überprüfen und besonders die Frage klären, ob mehrtägige Veranstaltungen dem Bedürfnis der Mitglieder entsprechen.
ProjekteNach der erfolgreichen Durchführung eines MittelalterarchäologieKolloquiums im Herbst 2010, dessen Tagungsakten per Ende 2011 auf www.burgenverein.ch aufgeschaltet werden, wurden die Arbeiten am Projekt zur Herausgabe eines Handbuchs der Mittelalterarchäologie in der Schweiz, an dem auch der SBV beteiligt ist, wieder aufgenommen. Die Publikation ist für 2014 in der Reihe SPM (Die Schweiz vom Paläolithikum bis zum frühen Mittelalter) von archäologie schweiz geplant.
Seit Oktober 2011 sind die «Nachrichten des Schweizerischen Burgenvereins» und die Nachfolgezeitschrift «Mittelalter – Moyen age – medio evo – temp medieval» auch online. Der Schweizerische Burgenverein stellt die Bände seiner Zeitschriften der Öffentlichkeit im Rahmen des Projekts Retro.Seal.ch zur Verfügung. Mit Ausnahme der Beiträge in den neusten Bänden können alle Artikel seit 1927 im Internet konsultiert werden. Dabei stehen vielfältige Recherchemöglichekten zur Verfügung: Neben der einfachen Volltextsuche sind auch gezielte Abfragen, z.B. nach Autor, möglich. Zudem können die Artikel im PDFFormat heruntergeladen werden. Retro.Seals.CH ist das Schweizer Portal für retrodigitalisierte Zeitschriften. Im Rahmen dieses Projekts werden wissenschaft liche Zeitschriften retrodigitalisiert und über das Internet zugänglich gemacht. Es handelt sich dabei um eine Initiative innerhalb des Innovations und Kooperationsprojekts Elib.ch «Elektronische Bibliothek Schweiz». Die Ausgaben der Zeitschrift «Mittelalter» werden jeweils im folgenden Jahr nach Drucklegung online geschaltet.
PublikationenIm Berichtsjahr umfasst die Zeitschrift «Mittelalter – Moyen Age – Medioevo – Temp medieval» die üblichen vier Hefte mit insgesamt 180 Seiten.Heft 1 beinhaltet einen Beitrag zu den Bauforschungen auf Burgruine Mannenberg im Simmental. Der zweite Beitrag
befasst sich mit der Baugeschichte und den erhaltenen Teilen von Castello dei Griglioni in Ascona TI.Heft 2 ist dem Versammlungsort der Jahresversammlung gewidmet und enthält einen Beitrag zum mittelalterlichen Rennofen von La Joux JU und zur Frage des Eisengewerbes in den Freibergen.Heft 3 ist ein bunter Strauss von Beiträgen zu verschiedensten Themen. Der erste Beitrag beschäftigt sich mit der Königspfalz auf dem Lindenhof in Zürich. Im zweiten Beitrag steht ein technikgeschichtlicher Aspekt im Fokus: das Labor von August Kekulé (Benzolformel) im Schloss Reichenau GR. Im dritten Beitrag wird ein Bauern haus aus dem 16. Jh. vorgestellt, das Ansätze zu einem herrschaftlichen Bau enthält.In Heft 4 schliesslich wird in einem umfangreichen Beitrag die Baugeschichte von zwei Häusern in der Stadt Winterthur vorgestellt, mit Farbplänen und Befundkatalog. Der zweite Beitrag ist Überlegungen zur Raumfunktion und Ausstattungsmustern auf Burgen gewidmet.
In der Monografienreihe «Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters» ist im August der verspätete Band 37 für das Jahr 2010, Der Spaniolaturm zu Pontresina, im Dezember planmässig Band 38 zu den archäologischen und historischen Forschungen zum Kloster Mariazell bei Winterthur erschienen.
Internationale BeziehungenDer SBV pflegt im Rahmen von Tagungen, von Schriftentausch u.a. den Kontakt mit verschiedenen ausländischen Vereinigungen und Institutionen. Zudem haben verschiedene Vorstandsmitglieder Einsitz in Vorständen fachverwandter Organisationen im In und Ausland.
ÖffentlichkeitsarbeitZur Intensivierung der Werbung ist ein neuer Vereinsprospekt in Deutsch und Französisch erschienen. Zur Gewinnung neuer Mitglieder sollen die verschiedens
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Vereinsmitteilungen
Schweizerischer Burgenverein
Jahresrechnung 2011
Ausgaben Fr. Einnahmen Fr.
Tagungen, Vortragsreihe 1'820.75 Mitgliederbeiträge 106'163.36Zeitschrift "Mittelalter" 70'394.75Beerenberg (38) 103'237.85 Subventionen:Spaniolaturm (37) 9'450.55 - SAGW für Jahresgaben 24'000.00Sonderbeitr. Spaniolaturm (37) -4'650.85 - SAGW für Mittelalter 24'000.00 48'000.00Auflösung Rückstellungen -14'500.00Mobiliar, div. 90.00 Zahlungen für "Mittelalter" 13'705.15GV, Veranstaltungen 10'080.50 Freiwillige Beiträge/Spenden 210.00Filme, Fotos, Bibliothek 48.95 A.o. Ertrag 0.00Beiträge an Vereine 1'150.00 Sonderbeiträge Jahresgabe 40'000.00Miete Archivräume 8'992.35 Verkauf Jahresgaben + Burgenkarten 4'194.77Versicherungen 357.30 Abgaben an Swisstopo (Burgenkarte) -1'999.60Allg. Unkosten: Bücherverkauf 4'503.47- Vorstand 5'991.70 Burgenfahrten, GV, Veranstaltungen 4'722.00- Saläre, Buchhaltung Eigenleistungen (inkl. Burgenkarten) 21'600.00 Sekretariat 33'107.10 Zinsen + Kursdifferenzen -2'245.72- Bürospesen, Drucksachen, Verkauf Burgenkalender 120.00 Porti, Telefon 7'456.87 Total Einnahmen 238'973.43- Werbung, Prospekte, Internet 5'840.60 52'396.27 Mehreinnahmen 2011 105.01Total Ausgaben 238'868.42 238'868.42
Bilanz vom 31. Dezember 2011
Aktiven EUR Fr. Passiven Fr.
Kassa ZH 342.55 Kreditoren 67'515.35Kassa BS 0.00 Rückstellung für Erhaltungsarbeiten 25'000.00Postcheck ZH 92'847.78 Rückstellung Jubiläumsspende 25'000.00Postcheck BS 23'258.51 Rückstellung für internationalePostcheck Euro 1'034.96 1'260.58 Zusammenarbeit 10'000.00Sparkonto UBS 4'448.98 Vorauszlg. Ofenkacheln 2012 18'098.40KK Th.B. (EUR Deutschl.) 5'147.80 6'248.92 Rückst. Jugendanlass 25'000.00Guthaben SAGW Mittelalter 2011 24'000.00 Rückst. Div. 0.00Guthaben SAGW Beerenberg 2011 24'000.00 Rückst. Werbung/Website 20'000.00Guthaben Beerenberg div. 40'000.00 Trans. Passiven 9'789.31
Debitoren 2'316.50Trans. Aktiven 1'078.60Verrechnungssteuer-Guthaben 131.34Vorräte Schriften 1.00 Eigene Mittel 1.1.2011 19'428.69Mobiliar und Einrichtungen 1.00 Mehreinnahmen 2011 105.01Burgruine Zwing Uri 1.00 Eigene Mittel 31.12.2011 19'533.70 19'533.70
219'936.76 219'936.76
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Vereinsmitteilungen
ten Kanäle genutzt werden, sodass der Mitgliederschwund der letzten 3 Jahre von rund 30 Personen pro Jahr aufgehalten werden kann. Einen wichtigen Platz für das Einwerben neuer Mitglieder bildet die Homepage, über die die meisten Neuanmeldungen eingereicht werden. Als Erweiterung war bereits 2009 eine Website aufgeschaltet worden, die sich speziell an ein jüngeres Publikum richtet. Im Berichtsjahr wurde diese Seite über 10 000mal geöffnet. Zudem prüft der SBV ein Angebot für Lehrkräfte (Unterrichtsunterlagen zum Thema Burgen und Mittelalter). Wie in den vergangenen Jahren präsentierte sich der SBV zudem an öffentlichen Anlässen wie dem Burgfest in Burgdorf, Mannenberg (Simmental BE) und an der Veranstaltung Zeitstrasse in Basel (2 Tage).
VorstandDr. Martin Pestalozzi (Aarau) trat aus dem Vorstand zurück, dessen Mitglied er seit 2005 gewesen war.
Renata Windler, PräsidentinSchweizerischer Burgenverein
Einladung zur Generalversammlungvom 25./26. August 2012 in Sursee
Samstag, 25.8.2012WillisauDie im 13. Jh. gegründete Stadt erhielt nach dem letzten Brand im Jahr 1704 ihre heutige Gestalt. Von den mittelalterlichen Wehrbauten sind Teile der Ringmauer und am westlichen Ende der Hauptgasse das Obertor von 1551 erhalten; das aktuelle Untertor ist rekonstruiert worden. Ziel unserer Exkursion ist aber das ehem. Landvogteischloss, das 1690–95 anstelle der wohl nach 1386 zerfallenden Hasenburg, dem Sitz der vermutlichen Stadtgründer, erbaut wurde; der Turm gehört zur Ringmauer um 1400. Unter dem Platz vor dem aktuellen Gemeindehaus von WillisauStadt sind die Reste der Burg erkennbar.
Burg KastelenAuf bewaldetem Hügel über dem Dorf Alberswil erhebt sich der 19 m hohe Burgturm; die Vorburg gegen Osten ist durch einen breiten Graben abgegrenzt. Eine nachgewiesene HolzErdeBurg war im 12. Jh. in Besitz der Grafen v. Lenzburg. Um 1252(d) erbauten die Grafen v. Kyburg den Wohnturm, der erst 1653 aufgelassen wurde.
SurseeDie 1256 erstmals erwähnte Stadt ist wohl eine kyburgische Gründung auf vorbestehender Siedlung; seit 1415 luzernisch. Nach dem letzten der zahlreichen Grossbrände 1734 Wiederaufbau; die Altstadt bildet ungefähr ein Rechteck, doch sind die Strassenzüge mit Ausnahme der breiten, am Rathaus sich gabelnden Hauptgasse unregelmässig – wohl bedingt durch das Vorhandensein einer älteren Vorgängersiedlung. Von der Befestigung sind nur das Untertor und der Hexenturm erhalten.
St.UrbanHof (Theaterstr. 9)Ehem. Verwaltungsbau des Klosters St.Urban. Viergeschossiger turmartiger Hauptbau, ƒ1596–98 erbaut mit Material aus dem Vorgängerbau (um 1256). Im 3. OG der ehem. Festsaal, in der ersten Hälfte des 17. Jh. mit Wappen der Äbte von St.Urban ausgemalt.
AnreiseAnkunft der Züge:von Bern 9.40von Zürich 9.31 / 9.47von Basel 9.31von Luzern 9.40 / 9.47
Programm9.45 UhrTreffpunkt Bahnhof Sursee anschliessend Fahrt nach Willisau Bergli und Schlossschür; Weiterfahrt nach Alberswil, Burgruine Kastelen (mit individuellem Picknick unter gedecktem Platz) und Sursee; Rundgang in Sursee
16.30 UhrPause in Sursee
17.00 UhrJahresversammlung im St. Urbanhof in Sursee mit anschliessender Präsentation des Sonderbandes «Ofenkeramik und Kachelofen» durch die Autoren.
19.30 UhrNachtessen im Wilden Mann, Sursee
Sonntag, 26.8.2012HohenrainAuf einer Hügelkuppe über dem Dorf. Ehem. Ordensburg der um 1190 gegründeten Johanniterkomturei, mit Ringmauer und Rundturm, dreigeschossigem Torhaus, Pfarrhaus, Kirche (erb. 1693) und Wohnturm «Roten»; dieser ist um 1250 entstanden und trägt einen Holzaufbau von 1530/70.
Lieli (Nünegg)Burgruine mit Burggraben, Wohnturm (M. 13. Jh.) und einer Ringmauer mit polygonalem Verlauf (Neuneck); war Sitz von kyburgischen Ministerialen, 1386 von Luzern zerstört. Beispiel einer Burgruine, mit der sich die Denkmalpflege seit Beginn des 20. Jh. immer wieder beschäftigen muss.
RichenseeDer als Römerturm oder Kyburgturm bezeichnete Wohnturm ist wohl um 1240 entstanden, als schönes Beispiel für ein Bauwerk mit Megalithmauerwerk. Wie der im vorliegenden Heft publizierte Beitrag nachweist, sollte man künftig den Begriff «Städtchen» für die den Turm umgebende Siedlung nicht mehr verwenden.
AnreiseAnkunft der Züge:von Bern 9.40von Zürich 9.31 / 9.47von Basel 9.31von Luzern 9.40 / 9.47
Programm9.45 UhrTreffpunkt Bahnhof SurseeFahrt zur Kommende Hohenrain, Mittagessen im Rest. Kreuz in Hohenrain, Besichtigungen Burg Lieli und Richensee, Rückfahrt nach Sursee.
Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters (SBKAM)
PUBLIKATIONEN DES SCHWEIZERISCHEN BURGENVEREINS
Band 1, 1974Werner Meyer, AltWartburg im Kanton Aargau.
Band 2, 1975 (vergriffen)Jürg Ewald (u. a.), Die Burgruine Scheidegg bei Gelterkinden.
Band 3, 1976 (vergriffen)Werner Meyer (u. a.), Das Castel Grande in Bellinzona.
Band 4, 1977 (vergriffen)MariaLetizia Boscardin, Werner Meyer, Burgenforschung in Graubünden, Die Grottenburg Fracstein und ihre Ritzzeichnungen. Die Ausgrabungen der Burg Schiedberg.
Band 5, 1978 (vergriffen)Burgen aus Holz und Stein, Burgenkundliches Kolloquium Basel 1977 − 50 Jahre Schweizerischer Burgenverein. Beiträge von Walter Janssen, Werner Meyer, Olaf Olsen, Jacques Renaud, Hugo Schneider, Karl W. Struwe.
Band 6, 1979 (vergriffen)Hugo Schneider, Die Burgruine Alt Regensberg im Kanton Zürich.
Band 7, 1980 (vergriffen)Jürg Tauber, Herd und Ofen im Mittelalter. Untersuchungen zur Kulturgeschichte am archäologischen Material vornehmlich der Nordwestschweiz (9.−14. Jahrhundert).
Band 8, 1981 (vergriffen)Die Grafen von Kyburg. Kyburger Tagung 1980 in Winterthur.
Band 9/10, 1982Jürg Schneider (u. a.), Der Münsterhof in Zürich. Bericht über die vom städtischen Büro für Archäologie durchgeführten Stadtkernforschungen 1977/78.
Band 11, 1984Werner Meyer (u. a.), Die bösen Türnli. Archäologische Beiträge zur Burgenforschung in der Urschweiz.
Band 12, 1986 (vergriffen)Lukas Högl (u. a.), Burgen im Fels. Eine Untersuchung der mittelalterlichen Höhlen, Grotten und Balmburgen in der Schweiz.
Band 13, 1987Dorothee Rippmann (u. a.), Basel Barfüsserkirche. Grabungen 1975−1977.
Band 14/15, 1988Peter Degen (u. a.), Die Grottenburg Riedfluh Eptingen BL.
Band 16, 1989 (vergriffen)Werner Meyer (u. a.), Die Frohburg. Ausgrabungen 1973−1977.
Band 17, 1991Pfostenbau und Grubenhaus − Zwei frühe Burgplätze in der Schweiz. Hugo Schneider, Stammheimerberg ZH. Bericht über die Forschungen 1974−1977. Werner Meyer, Salbüel LU. Bericht über die Forschungen von 1982.
Band 18/19, 1992Jürg Manser (u. a.), Richtstätte und Wasen platz in Emmenbrücke (16.−19. Jahr hundert). Archäologische und historische Untersuchungen zur Geschichte von Strafrechtspflege und Tierhaltung in Luzern.
Band 20/21, 1993/94Georges Descoeudres (u. a.), Sterben in Schwyz. Berharrung und Wandel im Totenbrauchtum einer ländlichen Siedlung vom Spätmittelalter bis in die Neuzeit. Geschichte − Archäologie − Anthropologie.
Band 22, 1995Daniel Reicke, «von starken und grossen flüejen». Eine Untersuchung zu Megalith und BuckelquaderMauerwerk an Burgtürmen im Gebiet zwischen Alpen und Rhein.
Band 23/24, 1996/97Werner Meyer (u. a.), Heidenhüttli. 25 Jahre archäologische Wüstungsforschung im schweizerischen Alpenraum.
Band 25, 1998Christian Bader, Burgruine Wulp bei Küsnacht ZH.
Band 26, 1999Bernd Zimmermann, Mittelalterliche Geschossspitzen. Typologie − Chrono logie − Metallurgie.
Band 27, 2000Thomas Bitterli, Daniel Grütter, Burg AltWädenswil. Vom Freiherrenturm zur Ordensburg.
Band 28, 2001Burg Zug. Archäologie – Baugeschichte – Restaurierung.
Band 29, 2002Wider das «finstere Mittelalter» – Festschrift Werner Meyer zum 65. Geburtstag.
Band 30, 2003Armand Baeriswyl, Stadt, Vorstadt und Stadterweiterung im Mittelalter. Archäologische und historische Studien zum Wachstum der drei Zähringerstädte Burgdorf, Bern und Freiburg im Breisgau.
Band 31, 2004 Gesicherte Ruine oder ruinierte Burg?Erhalten – Instandstellen – Nutzen.
Band 32, 2005Jakob Obrecht, Christoph Reding, Achilles Weishaupt, Burgen in Appenzell. Ein historischer Überblick und Berichte zu den archäologischen Ausgrabungen auf Schönenbühl und Clanx.
Band 33, 2006Reto Dubler, Christine Keller, Markus Stromer, Renata Windler, Vom Dübelstein zur Waldmannsburg. Adelssitz, Gedächtnis ort und Forschungsprojekt.
Band 34, 2007Georges Descoeudres, Herrenhäuser aus Holz. Eine mittel alterliche Wohnbaugruppe in der Innerschweiz.
Band 35, 2008 Thomas Reitmaier, Vorindustrielle Lastsegelschiffe in der Schweiz.
Band 36, 2009Armand Baeriswyl / Georges Descœudres /Martina Stercken / Dölf Wild (Hrsg.), Die mittlelalterliche Stadt erforschen – Archäologie und Geschichte im Dialog.
Band 37, 2010 Lukas Högl, Der Spaniolaturm zu Pontresina.
Band 38, 2011 Felicia Schmaedecke, Kloster Mariazell auf dem Beerenberg bei Winterthur. Neuauswertung der Ausgrabungen 1970–1972 im ehemaligen AugustinerChorherrenstift.
Band 39, 2012 (Sonderband) Ofenkeramik und Kachelofen – Typologie, Terminologie und Rekonstruktion im deutschsprachigen Raum (CH, D, A, FL) mit einem Glossar in siebzehn Sprachen.Von Eva Roth Heege mit Beiträgen von Monika Dittmar, Julia HallenkampLumpe, Andreas Heege, Matthias Henkel, Klaus Hufnagel, Uwe Lamke, Katja Lesny, Margret Ribbert, Harald Rosmanitz und Günther Unteidig.
ISSN 1420-6994
Mittelalter · Moyen Age · Medioevo · Temp medieval, die Zeitschrift des Schweize-rischen Burgenvereins, veröffentlicht Ergebnisse aktueller Forschungen zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters in der Schweiz. Schwer-punkte bilden die Burgen-forschung, Siedlungsarchäo-logie sowie Untersuchungen zur mittelalterlichen Sach-kultur.
Mittelalter · Moyen Age · Medioevo · Temp medieval. La revue de l’Association Suisse Châteaux forts publie les résultats d’études menées en Suisse dans le domaine de l’archéologie et de l’histoire médiévales. Les travaux de castellologie et d’archéologie des habitats, ainsi que les études relatives à la culture matérielle, constituent ses principaux domaines d’intérêt.
Mittelalter · Moyen Age · Medioevo · Temp medieval, la rivista dell’Associazione Svizzera dei Castelli, pub-blica i risultati delle ricerche attuali in Svizzera nel campo della storia della cultura e dell’archeologia del medio-evo. I punti focali sono la ricerca concernente i castelli, le indagini archeologiche degli insediamenti come anche lo studio della cultura medioevale.
Mittelalter · Moyen Age · Medioevo · Temp medieval, la revista da l’Associaziun Svizra da Chastels, publi-tgescha ils resultats da perscrutaziuns actualas davart l’istorgia culturala e l’archeologia dal temp medieval en Svizra. Ils accents da la revista èn la perscrutaziun da chastels, l’archeologia d’abitadis e las retschertgas davart la cultura materiala dal temp medieval.
SchweizerischerAssociation Suisse
Associazione SvizzeraAssociaziun Svizra
BurgenvereinChâteaux fortsdei Castellida Chastels
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Vereinsmitteilungen
17.00 UhrRückkehr nach Sursee
Abfahrt der Züge:Bern 17.18 / 17.26Zürich (17.11) / 17.26Basel 17.26 / 17.48Luzern (17.11) / 17.18 / 17.32
ÜbernachtungDie Reservation und Abrechnung für eine allfällige Übernachtung vom 28. auf den 29. 8. 2011 erfolgt direkt durch die Teilnehmenden. Bitte um rechtzeitige Zimmerreservation über ein Ihnen bekanntes Hotel oder über Tourismusinfo Sursee (für Gäste vor Ort)Stadtverwaltung SurseeCentralstrasse 96210 SurseeTelefon 041 920 44 44Fax 041 920 45 28info@sempacherseetourismus.ch www.sempacherseetourismus.chwww.sursee.ch/de/tourismus/hotels/
TagungskostenSamstag, 25.8. 2012, Fr. 70.– (ohne Nachtessen); mit Nachtessen Fr. 110.– Sonntag 26.8.2012, Fr. 100.– (mit Mittagessen)
AnmeldeschlussMittwoch, 15. August 2012
Anmeldung und weitere InformationenGeschäftsstelle des Schweizerischen BurgenvereinsBlochmonterstr. 22 – CH4054 Basel061 361 24 44 / Fax: 061 363 94 05email: [email protected]
Traktanden der statutarischen Jahresversammlung vom 25. August 2012 um 17 Uhr im Abtsaal St. Urbanhof in Sursee, Theaterstr. 9
1. Begrüssung der Teilnehmenden2. Protokoll der JV vom 27.8.2011*3. Jahresbericht 2011 der Präsidentin4. Jahresrechnung und Bilanz 20115. Festlegen des Jahresbeitrages 20136. Budget 20137. Wahlen, Ergänzung des Vorstands,
Vorschlag des Vorstands: Christian de Reynier (Neuchâtel)
8. Mitteilungen9. Verschiedenes
* Eine Kopie des Protokolls kann bei der Geschäftsstelle angefordert werden.