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Wozu Pharmakologie? Pharmakologie ist die Grundlage der medikamentösen Therapie: Pharmakon = Wirkstoff (wertfrei) gut = Arzneistoff schlecht = Gift Aber: Res omnes venena sunt, dosis sola facit venenum (Paracelsus) [Alle Dinge sind Gift; allein die Dosis macht das Gift] Mythos: Naturstoffe = gut chemische Synthese = schlecht Denn: Pflanzen und Pilze sind die besten organischen Chemiker, daher sind die giftigsten Substanzen Naturstoffe (inkl. Carcinogene = Aflatoxine) Beispiel: Ricin = Gift der Samen der Ricinusstaude Ricinus communis = LD ~0.02 μg/kg TCDD= (2,3,78-Tetrachlordibenzo)“Dioxin“= LD ~1 μg/kg (bei der sensitivsten Spezies) Wirksame Pharmaka = entfalten Wirkungen Ein Pharmakon, das keine Nebenwirkungen hat, steht im dringenden Verdacht keine Hauptwirkung zu haben (W. Kuschinski). Gefährlich ist ein Pharmakon vor allem dann, wenn man es unsachgemäß verwendet. Daher: 1) Nie ein Arzneimittel verabreichen, über das man nicht ausreichend informiert ist. (= Wenn neues Arzneimittel vorher lesen & Patienten sorgfältig überwachen) 2) Nie ein Arzneimittel verabreichen, über dessen Qualität man nicht sicher sein kann. (Arzneimittel unterliegen im Allgemeinen einer strengen Qualitätskontrolle; das ist aber im alternativmedizinischen Sektor nicht der Fall) Beispiel: Nortier et al. Urothelial carcinoma associated with the use of a Chinese herb (Aristolochia fangchi) (2000) N Engl J Med. 342:1686-92 Rasch-progredientes Nierenversagen (intersitielle Nephritis mit Fibrose) nach Konsum eines Schlankheitstees Dialyse 8-10 Jahre danach: ~50% der untersuchten Patienten Urothelkarzinome 3) Risiko-Nutzen-Abwägung Immer fragen: Gibt es einen Beweis, dass meine Therapie nützt (=evidence-based medicine, EBM) = Tue ich dem Patienten etwas Gutes, wenn ich ihm dieses Arzneimittel gebe? [Würde ich in dieser Situation diese Behandlung selbst wollen, meinem Kind, meiner Frau .. angedeihen lassen?] 4) Ist die Therapie, die ich dem Patienten angedeihen lassen, auf dem aktuellen Stand? „nach bestem Wissen und Gewissen“ ethische Basis für Verpflichtung zur Weiterbildung Damit man diese Fragen kompetent beantworten kann, lernt man Pharmakologie. Was wollen wir über ein Pharmakon wissen? 1. wie es wirkt = Pharmakodynamik: Was macht das Pharmakon mit dem Organismus? - Wirkungsmechanismus auf molekularem & zellulärem Niveau sowie auf dem Niveau des intakten Organismus) - welche sind die Hauptwirkungen und wie kommen sie zustande? - welche sind die anderen (meist unerwünschen) Wirkungen = („Nebenwirkungen“)? 2. wie es in den Organismus gelangt, wie lange es sich im Organismus aufhält, wo es sich aufhält, wie es wieder hinauskommt– Pharmakokinetik: Aufnahme, Verteilung, Abbau und Ausscheidung (ADME = absorption, distribution, metabolism and excretion)

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Wozu Pharmakologie? Pharmakologie ist die Grundlage der medikamentösen Therapie: Pharmakon = Wirkstoff (wertfrei) gut = Arzneistoff schlecht = Gift Aber: Res omnes venena sunt, dosis sola facit venenum (Paracelsus) [Alle Dinge sind Gift; allein die Dosis macht das Gift] Mythos: Naturstoffe = gut chemische Synthese = schlecht Denn: Pflanzen und Pilze sind die besten organischen Chemiker, daher sind die giftigsten Substanzen Naturstoffe (inkl. Carcinogene = Aflatoxine) Beispiel: Ricin = Gift der Samen der Ricinusstaude Ricinus communis = LD ~0.02 µg/kg TCDD= (2,3,78-Tetrachlordibenzo)“Dioxin“= LD ~1 µg/kg (bei der sensitivsten Spezies)

Wirksame Pharmaka = entfalten Wirkungen Ein Pharmakon, das keine Nebenwirkungen hat, steht im dringenden Verdacht keine Hauptwirkung zu haben (W. Kuschinski). Gefährlich ist ein Pharmakon vor allem dann, wenn man es unsachgemäß verwendet. Daher: 1) Nie ein Arzneimittel verabreichen, über das man nicht ausreichend informiert ist. (= Wenn neues Arzneimittel ⇒ vorher lesen & Patienten sorgfältig überwachen) 2) Nie ein Arzneimittel verabreichen, über dessen Qualität man nicht sicher sein kann. (Arzneimittel unterliegen im Allgemeinen einer strengen Qualitätskontrolle; das ist aber im alternativmedizinischen Sektor nicht der Fall) Beispiel: Nortier et al. Urothelial carcinoma associated with the use of a Chinese herb (Aristolochia fangchi) (2000) N Engl J Med. 342:1686-92 Rasch-progredientes Nierenversagen (intersitielle Nephritis mit Fibrose) nach Konsum eines Schlankheitstees → Dialyse 8-10 Jahre danach: ~50% der untersuchten Patienten Urothelkarzinome

3) Risiko-Nutzen-Abwägung Immer fragen: Gibt es einen Beweis, dass meine Therapie nützt (=evidence-based medicine, EBM) = Tue ich dem Patienten etwas Gutes, wenn ich ihm dieses Arzneimittel gebe? [Würde ich in dieser Situation diese Behandlung selbst wollen, meinem Kind, meiner Frau .. angedeihen lassen?] 4) Ist die Therapie, die ich dem Patienten angedeihen lassen, auf dem aktuellen Stand? „nach bestem Wissen und Gewissen“ ⇒ ethische Basis für Verpflichtung zur Weiterbildung Damit man diese Fragen kompetent beantworten kann, lernt man Pharmakologie. Was wollen wir über ein Pharmakon wissen? 1. wie es wirkt = Pharmakodynamik: Was macht das Pharmakon mit dem Organismus?

- Wirkungsmechanismus auf molekularem & zellulärem Niveau sowie auf dem Niveau des intakten Organismus) - welche sind die Hauptwirkungen und wie kommen sie zustande? - welche sind die anderen (meist unerwünschen) Wirkungen = („Nebenwirkungen“)?

2. wie es in den Organismus gelangt, wie lange es sich im Organismus aufhält, wo es sich aufhält, wie es wieder hinauskommt– Pharmakokinetik: Aufnahme, Verteilung, Abbau und Ausscheidung (ADME = absorption, distribution, metabolism and excretion)

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3. ob es Interaktionen (= Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln) gibt. Interaktionen können auf pharmakokinetischer und/oder pharmakodynamischer Basis stattfinden Was ist die Konsequenz? ⇒ Arzneimittelanamnese: „Welche Arzneimittel nehmen Sie jetzt ein?“ ⇒ Warnung des Patienten vor der eigenmächtigen Einnahme anderer Arzneimittel/Wirkstoffe (vor allem Acetylsalicylsäure, Paracetamol, Äthanol, weil ubiquitär verfügbar): ⇒ besondere Sorgfalt bei Kombinationstherapie 4. ob sich die Wirkung bei wiederholter Gabe ändert? = Gewöhnung, Toleranz selten Sensibilisierung (= primär bei Drogenkonsum) 5. ob es dosisabhängige unerwünschte Wirkungen gibt (praktisch immer) und wie gravierend und häufig sie sind: ⇒worüber der Patient informiert werden muss: z.B. Frau/ Herr ...., Sie haben eine bakterielle Infektion ihrer Harnblase. Ich habe Ihnen hier ein Rezept auf Amoxicillin Harnsäurespiegel im Blut. Eine gewisse Erniedrigung lässt sich durch Diät erzielen. 6. ob es dosisunabhängige (=allergische/ idiosynkratische) Nebenwirkungen gibt? ⇒ Arzneimittelanamnese - z.B. Penicillin: “Haben Sie schon einmal Penicillin genommen?“ wenn ja: „Haben Sie es gut vertragen? Ist ein Ausschlag oder Fieber aufgetreten?“ Wie klassifizieren wir Pharmaka? Derzeit meist deskriptiv nach ihrer Wirkung: Antihypertensiva – senken den Blutdruck Antibiotika – hemmen das Bakterienwachstum Diuretika – steigern die Natrium- und Wasserausscheidung Analgetika – unterdrücken die Schmerzwahrnehmung Antipyretika – senken die (erhöhte) Körpertemperatur Antiphlogistika – unterdrücken die Entzündungsreaktion Zytostatika – hemmen das Zellwachstum Nachteil an dieser Betrachtung: Sie erklärt uns nicht wie die Wirkung zustande kommt Es gibt außerdem und überlappend die Klassifikation nach dem Angriffspunkt: z.B.: β-Adrenozeptor-Antagonisten (=Antagonisten an β-adrenergen Rezeptoren = β-Blocker) gehören zu den Antihypertensiva (sie können aber auch bei anderen Indikationen verwendet werden, wie z.B. Angina pectoris/koronare Herzkrankheit, Migräne ...) H2-Antihistaminika (H2-Rezeptoren-Blocker) hemmen die Magensäuresekretion (sie werden praktisch nur bei der Ulcuskrankheit verwendet). ⇒ die meisten Wirkungen (und viele unerwünschten Wirkungen) lassen sich aus der Kenntnis des Wirkungsmechanismus logisch ableiten, daher zahlt es sich aus, den Angriffspunkt („drug target“) und den Wirkungsmechanismus auf molekularer und zelluläler Ebene zu betrachten.

STRUKTURSPEZIFISCHE ANGRIFFSPUNKTE VON PHARMAKA 1) REZEPTOREN Proteine, die durch Strukturspezifität, hohe Affinität und Stereoselektivität für endogene und exogene Substanzen (Liganden) charakterisiert sind. [Ihre Aufgabe ist die Weiterleitung chemischer Signale, um Effekte auszulösen] Aktivatoren = Agonisten: volle & partielle Agonisten) Hemmer= Antagonisten (im Jargon „Blocker“): reine Antagonisten und partielle Agonisten „In Gegenwart eines vollen Agonisten wirkt ein partieller Agonisten als Antagonist“ 1.1. Membran-ständige Rezeptoren: A) Liganden-gesteuerte Ionenkanäle = Membranrezeptoren mit (2-4 Transmembrandomänen) Dazu gehören u.nter anderem n-Cholinozeptoren, NMDA-(Glutamat)Rezeptoren; GABAA-Rezeptoren; 5-HT3-Rezeptoren):

z.B.: Ondansetron blockiert 5-HT3-Rezeptoren (und wirkt antiemetisch)

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Nikotin aktiviert n-Cholinozeptoren Curare (und andere direkte Muskelrelaxantien) blockiert n-Cholinzeptoren Diazepam (und andere Benzodiazepine) aktiviert GABAA-Rezeptoren

B) Dimerisierende, liganden-gesteuerte Tyrosin-Proteinkinase= Membranrezeptoren (1 Transmembrandomänen):

- Peptidhormonrezeptoren, z.B. für Insulin und Wachstumsfaktoren (viele Signalwege unter anderem über Ras-RAF-MAP-Kinase; PI3-Kinase: steuern Wachstum und Überleben der Zellen; Zytoskelett – Zellform & Zelladhäsion; Vesikeltransport ) z.B.: Angriffspunkt von Trastuzumab (Herceptin) = erbB2 (=Mitglied der Familie der Rezeptoren für EGF-ähnliche Wachstumsfaktoren; EGF-Rezeptor erbB1)

[C) Dimerisierende, liganden-gesteuerte Serin-Threoninkinasen = Membranrezeptoren mit 1 Transmembrandomänen): - (z.B. Rezeptoren für TGFβ = Transforming growth factor-β) – als pharmakologischer Angriffspunkt derzeit

unbedeutend] D) Dimerisierende mit assoziierte(n) Tyrosinkinasen = Membranrezeptoren mit 1 Transmembrandomänen: (Signalweg über „Janus-Kinasen“ und „signal transducer amplifier of transcription“ = JAK/STAT):

Rezeptoren für Zytokine (inkl. Wachstumshormon/Prolaktin und hämatologische Wachstumsfaktoren): z.B. Erythropoetin

E) Dimerisierende, Liganden-gesteuerte Guanylylzyklasen = Membranrezeptoren mit 1 Transmembrandomänen und intrazellurärer enzymatischer Domäne für cGMP-Synthse (aus GTP)

z.B. Rezeptoren für atrial natriuretisches Peptid = atrial natriuretischer Faktor (ANF/ANP), Guanylin, E. coli hitze-stabiles Enterotoxin (als pharmakologischer Angriffspunkt derzeit unbedeutend; diagnostisch wichtig = ANF; hitze-stabiles Enterotoxin = löst Durchfall aus)

- Oligomerisierende mit assoziierten Kinasen: z.B.: T-Zell Rezeptor z.B.: Rezeptoren für TNFα (und andere Apoptose-induzierende Signale)

- Adhäsionsmoleküle: z.B. Glykoprotein IIb/IIIa = Fibrinogenrezeptor auf Thrombozyten: Abciximab, Tirofiban

F) Membranrezeptoren (7 Transmembrandomänen):

- G Protein-gekoppelte Rezeptoren mit "Seven-helices"-Struktur: größte Gruppe von Rezeptoren (geschätzt >1000) (z.B. α,β-Adrenozeptoren, muskarinische-Cholinozeptoren, Dopaminrezeptoren, Opioidrezeptoren) sehr wichtig als pharmakologischer Angriffspunkt (geschätzt: 50% der auf dem Markt befindlichen Wirkstoffe): β-Blocker: Propranolol, Bisoprolol, Atenolol, Metopro lol, Alprenolol, Pindolol.... α1-Blocker: Prazosin, Doxazosin, (Tamsulosin) Angiotensin-II-Rezeptor Antagonisten: Losartan, Candesartan Agonisten an Opioid-Rezeptoren: (Morphin = Prototyp), Loperamid = peripher Antagonisten an M-Cholinozeptoren: Atropin, Ipratropium Histamin H2-Blocker: Cimetidin, Ranitidin, Famotidin, Niftazidin Agonisten an Prostaglandin-Rezeptoren: Misoprostol

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2) REZEPTOREN - DNA-bindende Proteine/nukleäre Rezeptoren: Rezeptoren für Steroidhormone: Glukokortikoide: Cortison, Prednisolon .... Mineralacorticoide: Aldosteron; ⇒Antagonist = Spironolakton Testosteron Östrogene (⇒Antagonist = Tamoxifen) Progesteron Vitamin-Hormone: Vitamin D3 (-Hormon) Vitamin A-Säure (RXR, RAR): Retinsäure Schilddrüsenhormone: Trijodthyronin/Thyroxin (=T3/T4) Fremdstoffe: AH (aromatic hydrocarbon)-Rezeptor: Dioxin et al. (= Xenobiotika; diese lösen PXR (pregnan-X-) Rezeptor: Rifampicin et al. Auf diese Weise Enzyminduktion aus CAR (constitutive androstane receptor): Phenobarbital et al. [s. dort] In inaktiver Form sind diese Rezeptoren zum Teil zytosolisch und zum Teil bereits im Kern an der DNA gebunden. In der aktiven (Agonisten-gebundener) Form im Kern und wirken dann (meist) als Transkriptionsverstärker (= mRNA des Zielgenes ↑), manchmal aber auch -hemmer (= mRNA des Zielgenes ↓). 2) ENZYME Hemmung z.B. von Cyclooxygenase: COX1 bzw. unselektiv Acetylsalicylsäure, Paracetamol, Diclofenac, Indomethacin COX-2 selektiv: Celecoxib, Rofecoxib, Valdecoxib/Parecoxib Angiotensin Converting Enzyme: Captopril, Lisinopril, Fosinopril, Ramipril Xanthinoxidase: Allopurinol Dihydrofolat-Reduktase: human = Methotrexat bakteriell= Trimethoprim Bcr-abl Tyrosinkinase: Imatinib = STI571 (= Glivec) bakterielle Enzyme: s. Antibiotika

Tubulinpolymerisation/depolymerisation: „Spindelgifte“ – Colchicin; Vincristin, Vinblastin, Vinorelbin; Docetaxel, Paclitaxel

3) Transportproteine der Zellmembran A) spannungsabhängige Ionenkanäle: z.B. spannungsabhängige L-Typ Ca2+-Kanäle: ⇒blockiert durch “Calcium-Antagonisten“/ “Calcium-Kanalblocker“ vom Dihydropyridin-Typ (Nifedipin, Amlodipin..) und vom Verapamil-Typ (Verapamil, Gallopamil, Diltiazem) z.B. spannungsabhängige Na+-Kanäle durch Lokalanästhetika, Antiepileptika, Antiarrhythmika B) Transporter: Na+-,K+-,2Cl- -Cotransport ⇒blockiert durch Schleifendiuretika Furosemid, Bumetanid, Piretanid, Ethacrynsäure ... Na+-,K+-Cotransport ⇒ blockiert durch Thiaziddiuretika (und Analoga): Hydrochlorothiazid, Mefrusid, Indapamid, Xipamid .... Urat1: humaner (apikaler) Urat-Transporter; blockiert durch Urikosurika (=Mittel, die die Harnsäureausscheidung ↑): Benzbromaron C) Ionenpumpen: H+/K+-ATPase (=Protonenpumpe) der Belegzelle: ⇒ blockiert durch Omeprazol, Pantoprazol, Lansoprazol Na+/K+-ATPase (=Na+/K+-Pumpe): blockiert durch Digitalisgykoside: Digitoxin, Digoxin

4) Interaktion mit DNA ⇒ geringere strukturelle Spezifität als bei Bindung von Pharmaka an Proteinen Alkylierende Zytostatika: z.B. Cyclophosphamid - covalente Inkorporation Interkalierende Verbindungen: z.B. Doxorubicin Cancerogene: Ultimales Cancerogen = mutagene Substanz, die in DNA-Strang inkorporiert wird (z.B. Afaltoxin-E1-Epoxid)

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WIRKUNGEN STRUKTURUNSPEZIFISCHER PHARMAKA Physikochemische Eigenschaft ─────────────────────────────────────────────────────── Antacida Neutralisation von H+-Ionen Cholestyramin Anionenaustauscher Tierkohle = carbo medicinalis Adsorption an große Oberfläche Chelatbildner komplexartige Bindung von Metallen DMPS= Dimercaptopropansulfonat Osmotische Diuretika Osmotischer Druck (=“binden Wasser“) Mannit salinische Laxantien Osmotischer Druck (=“binden Wasser“) Na2SO4 = Glaubersalz Inhalationsnarkotika „Membranstabilisierung“ (aber auch spezifische (Halothan, Desfluran et al.) Effekte auf Ionenkanäle) Plasmaersatzmittel kolloidosmotischer Druck (Dextran, Hydroxyethylstärke)

Bei wiederholter Gabe eines Pharmakons kann sich die Wirkung ändern: Im Vordergrund steht die Wirkungsabschwächung durch Gewöhnung = TOLERANZ (syn. DESENSIBILISIERUNG, ADAPTATION) Abnahme der biologischen Antwort A) Molekulare Mechanismen: 1) Rezeptorphosphorylierung 2) Endozytose des Rezeptors in Endosomen ("Sequestrierung") 3) Rezeptorabbau in Lysosomen bzw. verminderte Rezeptorsynthese auf der Stufe der mRNA ("Down-Regulation") auch umgekehrt: chronische Rezeptorblockade erhöht oft Rezeptordichte B) Zelluläre Mechanismen: Aktivierung gegenregulatorischer Mechanismen (z.B. Proteinkinase↑ ⇒ Proteinphospahtase ↑) C) Auf Ebene des Gesamtorganismus: Aktivierung gegenregulatorischer Reflexe, Ausschüttung von Hormonen - z.B. Wirkungsverlust von Vasodilatatoren bei antihypertensiver Therapie cave rasches Absetzen: Bei abruptem Absetzen von Pharmaka sind Mechanismen der Gegenregulation noch wirksam (Entzugssymptomatik). Wie beschreiben wir quantitativ die Wirkung eines Pharmakons? DOSIS(KONZENTRATIONS)-WIRKUNGS-BEZIEHUNGEN 1) Am Individuum bzw. isolierten Gewebe bzw. isolierter Zelle/Membran Die Konzentration des Pharmakons im Organbad wird bis zum Erreichen eines Maximaleffektes gesteigert – – daher

auch als Analogverfahren bezeichnet Nur dieses Verfahren erlaubt eine Differenzierung in volle Agonisten, partielle Agonisten und Antagonisten 3 Parameter: 1) EC50: die für halbmaximale Wirkung notwenige Konzentration (engl. "potency") 2) Intrinsische Aktivität: Ausmaß der maximalen Wirkung (engl. ~"efficacy"). 3) Steilheit: Analogverfahren: Aus dem Massenwirkungsgesetz ergibt sich E= EMax * X . (X+EC50) Y= E, Wirkung; EMax = maximaler Effekt; X= Konzentration im linearen Maßstab – Hyperbole (engl. “rectangular hyperbola“) im halb-logarithmischen Maßstab – sigmoidaler Verlauf daher müsste die Steilheit immer 1 sein; und zwischen 10 und 90& der maximalen Wirkung zwei log-Einheiten vergehen

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KonzentrationsKonzentrations/Wirkungskurven (bzw. Dosis/Wirkungskurven (bzw. Dosis--Wirkungskurven) Wirkungskurven)

linearer Maßstab halblogarithmischer Maßstab

2) Am Kollektiv An jedem Individuum wird die Dosis nur so lange erhöht, bis eine messbare Wirkung eintritt ("alles-oder-nichts"-Effekt) - Alternativverfahren

Kollektive DosisKollektive Dosis--WirkungsWirkungs--BeziehungBeziehung

Das Maximum ist erreicht, wenn alle Individuen auf das Pharmakon reagiert haben. Statt der verabreichten Dosis kann auch die Serumkonzentration des Pharmakons herangezogen werden. ED50 (EC50): Dosis (Serumkonzentration), bei der 50% der Individuen reagiert haben. Die Steilheit dieser Dosis-Wirkungskurve misst daher die Verteilung der Empfindlichkeit ⇒ in vivo sind die Kurven immer viel steiler als man es sich vom Massenwirkungsgesetz erwarten würde oder in der Regel kann man die Dosis nicht 100-fach steigern, weil nur wenige Pharmaka eine solche therapeutische Breite aufweisen

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LD5, LD50: für 5% (50%) der Versuchstiere letale Dosis. NB.: Der LD50-Wert ist heutzutage zur Beurteilung der Toxizität von untergeordenter Bedeutung. Es werden primär die maximal vertragenen Dosen gesucht (MTD = maximal tolerated dose) BESCHREIBUNG DER PHARMAKON-REZEPTOR-WECHSELWIRKUNG EC 50 als Maß für die Affinität: Für die reversible Bindung des Pharmakons (P) an den Rezeptor (R) und unter der Vorraussetzung [P]>>[R] gilt das Massenwirkungsgesetz: [P] + [R] [RP], d.h. [P][R]/[PR] = KD. Wenn [R] = [PR], dann KD = [P]. Bei linearer Beziehung zwischen Pharmakonbindung und Pharmakonwirkung ist KD = EC50. Daher kann die EC50 als ein Maß für die Affinität herangezogen werden. Aber: (i) Oft wird aber bereits mit einem Bruchteil der in einem Gewebe vorhandenen Rezeptoren ein Maximaleffekt ausgelöst ("Spare Receptors", "Rezeptorreserve"). (ii) Die Potenz in vivo wird auch durch die Pharmakokinetik mit bestimmt (Bioverfügbarkeit etc.)

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CHARAKTERISIERUNG VON ANTAGONISTEN 1) Kompetitiver Antagonist - (oft) strukturverwandt zum Agonisten, - hohe Affinität zum Rezeptor, keine intrinsische Aktivität, - Dosis-Wirkungs-Kurve des Agonisten parallel nach rechts verschoben. Partieller Agonist: seine Wirkung hängt vom funktionellen Ausgangszustand des Systems ab, d.h. von der Gegenwart eines vollen Agonisten (z.B. eines Neurotransmitters). Der partielle Agonist besitzt intrinsische Aktivität bei Abwesenheit eines (endogenen) Agonisten, wirkt aber in Gegenwart hoher Agonistenkonzentrationen als Antagonist (z.B. Pindolol, Buprenorphin).

KompetitiverKompetitiver AntagonismusAntagonismus

Ag'/Ag = 1 + [I]/Ag'/Ag = 1 + [I]/KKiiKKappapp = K= KD D (1 + [I]/(1 + [I]/KKii ) )

Ein partieller Ein partieller AgonistAgonist kann als Antagonist wirken !kann als Antagonist wirken !

2) Nicht-kompetitiver Antagonist

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- keine Strukturhomologie erforderlich, - allosterische Hemmung oder kovalente Bindung an den Rezeptor (z.B. Phenoxybenzamin = irreversibler Blocker von α1-Adrenozeptoren) - charakteristisch: maximale Wirkung des Agonisten ↓ = Definition des nicht kompetitiven Antagonismus (meist aber auch dessen Rezeptoraffinität = reiner nicht-kompetitiver Antagonismus ist selten)

NichtNicht--kompetitiverkompetitiver AntagonismusAntagonismus

3) gemischt-kompetitiver Antagonismus: Abnahme von maximaler Wrkung (Emax) und Rechtsverschiebung der Dosis-Wirkungskurve 4) unkompetitiver Antagonismus: Die Gegenwart des Antagonisten erhöht die Affinität des Agonisten, senkt aber den maximal auslösbaren Effekt (=selten!) Auf einen Blick (X= Agonist; Y= Antagonist): A = kompetitiver Antagonismus B = nicht-kompetitiver Antagonismus C = unkompetitiver Antagonismus D = kompetitiver Antagonismus, wobei Y ein partieller Agonist ist E = gemischt kompetitiver Antagonismus

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Dosis (mg/kg)

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X

A

X+Y

X+Y

X

B C

X

X+Y

XX+Y

X

X+Y

D E

Begriffsklärung - Funktioneller Antagonismus gegensinniger Angrifspunkt von Pharmaka über verschiedene Rezeptoren an einem Effektorsystem Dosis-Wirkungs-Kurven wie beim nicht-kompetitiven Antagonismus bzw. gemsicht-kompetitivem Antagonismus.

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MECHANISMEN DER MEMBRANPERMEATION Die Räume des Organismus sind durch Lipidmembranen voneinander getrennt; daher ist es wichtig zu wissen, wie gut ein Pharmakon zu seinem Zielort gelangt; mit anderen Worten, wie gut es über die Membranbarrieren permeiert. 1) Diffusion durch die Lipidschicht: sie hängt ab von der Fläche, über die die Diffusion stattfindet (gorße Fläche = rasche Resorption ⇒ Unterschied zwischen Lungenzug und Paffen) vom Konzentrationsgradienten von der Dicke der Membran (Dicke der Lipidmembran = ziemlich konstant) von der Lipophilie der Substanz (hydrophile Moleküle können schlecht durch das Fett der Membran) von der Geschwindigkeit mit der sich das Molekül bewegen kann (klein = schnell; groß = lansgam) Diffusionsgeschwindigkeit "q" definiert als q = k.A/d.VK(c2-c1) c2-c1: Konzentrationsdifferenz A: wirksame Oberfläche k: Diffusionskonstante (abhängig u.a. von Molekülgröße) d: Membrandicke VK: Verteilungskoeffizient (Heptan/Wasser, Octanol/Wasser) Nicht-ionische Diffusion: nur der lipophile, d.h. undissoziierte Anteil einer Säure oder Base ist zur Diffusion befähigt; deren Ionisationsgrad ist abhängig vom pKa und pH (Henderson-Hasselbalch'sche Gleichung). Säuren: pKa = pH + log(Nicht-Ionen/Ionen) Basen: pKa = pH + log(Ionen/Nicht-Ionen) Zum leichteren Rechnen: Eine Säure nimmt bei einem pH, der unter ihrem pKa-Wert ist, Protonen auf und liegt daher in der undissoziierten Form (= ungeladen) vor. Eine Base nimmt unterhalb des pKa ebenfalls H+ auf; allerdings liegt sie dann protoniert (=geladen) vor Beispiel für Säure pKa= 4.0 ⇒ dann liegen bei pH 4.0 50% der Säure in dissoziierter Form und 50% in undissoziierter Form vor (=Definition des pKa Wertes) pH = 3.0 (und pKa= 4.0) = vom pKa-Wert her betrachtet herrscht 10-facher Überschuss an H+-Ionen ⇒ Säure wird H+ aufnehmen. Laut Massenwirkungsgesetzt liegen dann 90% (eigentlich 90.9%) in undissoziierter Form und 10%(eigentlich 9.09%) in dissoziierter Form vor. pH= 5.0 (und pKa= 4.0) = vom pKa-Wert her betrachtet herrscht Mangel an H+-Ionen ⇒ Säure wird daher H+ abgeben. Laut Massenwirkungsgesetzt liegen dann 90% (eigentlich 90.9%) in dissoziierter Form und 10%(eigentlich 9.09%) in undissoziierter Form vor. Bei unterschiedlichen pH-Werten auf beiden Seiten der Membran wird zwar ein Gleichgewicht der Nicht-Ionen, aber kein Gleichgewicht der Gesamtkonzentration auf beiden Seiten der Membran erreicht. Sauer reagierende Pharmaka reichern sich auf der Seite mit höherem pH an und umgekehrt. Beispiel: „Ion trapping“ der Azetylsalizylsäure in der Magenschleimhaut 2) Diffusion durch die wässrige Phase: Von Seiten der Membran abhängig vom Porengehalt, aber immer bedeutend langsamer als Diffusion durch Lipidschicht (weil es wengier wässrige Poren gibt). Wenig lipophile Pharmaka passieren Zellmembran daher nur sehr langsam. Von seiten des Pharmakons ist Molekülradius entscheidend; obere Grenze (Darmmucosa) ist 0.4 nm (z.B. Harnstoff 0.2 nm), darüber nur interzelluläre Diffusion. 3) Filtration: Permeation von gelöstem Stoff und Lösungsmittel durch Poren oder interzelluläre Lücken (z.B. in Kapillaren, Glomeruli). Treibende Kräfte sind hydrostatischer und (kolliod)osmotischer Druck. 4) Carrier-vermittelter Transport: sättigbar, Strukturspezifität.

- Trägerprotein ("Carrier") zur Erleichterung der Diffusion hydrophiler endogener Substanzen mit großem Molekülradius (z.B. Hexosen, Aminosäuren).

- "Bergauftransport": Carrier pumpt gegen einen Konzentrationsgradienten, daher energieverbrauchend (ATP). Für Pharmaka nur bei geringer Spezifität des Carriers bedeutungsvoll (z.B. tubuläre Sekretion).

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PARENTERALE APPLIKATIONSFORMEN 1) Intravenöse Injektion oder Infusion: langsam, nur dafür bestimmte Lösungen, keine versehentliche intraarterielle Injektion. 2) I.m. bzw. s.c. Injektion: Geschwindigkeit der Resorption abhängig von lokaler Durchblutung, bei s.c. Gabe daher meist Depoteffekt (kann durch Überführung des Wirkstoffs in wenig wasserlösliche Form verstärkt werden). Nur dafür bestimmte Lösungen verwenden. 3) Resorption durch die Lunge: Geschwindigkeit des Wirkungseintritts bei lipophilen Pharmaka ähnlich i.v. Injektion. - Applikation als Gas: Geschwindigkeit der An- und Abflutung abhängig von Löslichkeitskoeffizienten c(Blut)/c(Alveolarluft), Atemzeitvolumen, Herzzeitvolumen. - Applikation wasserlöslicher Pharmaka als Aerosol: entscheidend ist Tröpfchendurchmesser (2-10 µm). 4. Resorption durch die Haut Langsame (Stratum corneum), nicht-ionische Diffusion. Überwiegend von toxikologischer Bedeutung; pharmakotherapeutische Bedeutung haben einige "transdermale therapeutische Systeme" (TTS), [z.B. für Nitroglycerin, Scopolamin, Fentanyl]. ENTERALE RESORPTION [(PER)ORALE VERABREICHUNG] Es gelten die nicht-ionische Diffusion und (inbeschränktem Ausmaß) auch die interzelluläre Permeation. 1) Mundhöhle: Vorteil: Pharmakon ist rasch in der systemischen Zirkulation. Nachteil: kleine Oberfläche, Pharmakon muß daher stark lipophil sein. 2) Magen: Als Resorptionsort quantitativ bedeutungslos; Entleerungszeit durch andere Pharmaka (z.B. Opioide, M-

Cholinozeptor-Antagonisten) oder Nahrungsaufnahme verzögert. 3) Dünndarm: Hauptresorptionsort, da große Oberfläche und starke Vaskularisierung. Pharmakon benötigt neben

Lipophilie auch eine gewisse Wasserlöslichkeit. Das Dünndarmepithel exprimiert auf seiner luminalen Membran P-Glykoprtein (und verwandte Pumpen): P-Glykoprotein (=das Produkt des MDR1-Gens = multidrug-resistance gene-1) ist eine unspezifische Effluxpumpe, die zahlreiche Fremdstoffe (=Gifte, Pharmaka), die durch Diffusion in die Zelle gelangt sind, bindet und wieder ins Darmlumen zurückpumpt.

Dickdarm als Resorptionsort nur bei "Retardpräparaten" (peroral anwendbaren therapeutischen Systemen) und im Rahmen des enterohepatischen Kreislaufs von Bedeutung. 4) Rektum: wegen geringer Oberfläche und geringen Wassergehaltes nur schlechte Resorption. Keine Möglichkeit zur exakten Dosierung; aber: beliebt in der Pädiatrie PLASMAPROTEINBINDUNG Pharmaka gehen mit Plasmaproteinen (Albumin, α1-Glykoproteine) hydrophobe Wechselwirkungen ein. Die Bindung gehorcht dem Massenwirkungsgesetz. Klinische Bedeutung einer hohen Plasmaproteinbindung (>90-95%) 1) Depoteffekt 2) Interaktion von Arzneimitteln, die hohe Plasmaproteinbindung und kleines Verteilungsvolumen besitzen (z.B. orale Anti-koagulantien - Phenylbutazon); -Verdrängung von Bilirubin aus der Plasmaproteinbindung (z.B. durch Sulfonamide, Acetylsalizylsäure) - bei Neugeborenen Gefahr eines Kernikterus! ORGANVERTEILUNG VON PHARMAKA Sie ist abhängig 1) von seiten des Pharmakons: vom Ausmaß der Permeation durch biologische Membranen. Körperwasserräume: Plasmaraum (ca. 5% des KG), Extrazellulärraum (20%), Gesamtkörperwasser (63%). 2) von seiten des Organismus: - von der Organdurchblutung (die starke Gehirndurchblutung kann die Wirkung extrem lipophiler Pharmaka durch Rückverteilung beenden, z.B. Thiopental). - an den Kapillaren vom Grad ihrer Fenestrierung (interzelluläre Verbindungen der Endothelzellen, die auch die Permeation hydrophiler Pharmaka erlauben). Blut-Hirn-Schranke: da keine Fenestrierungen impermeabel für hydrophile Stoffe größer als Harnstoff (MG 90;

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Molekülradius 0.16 nm); zusätzlich sind die Kapillaren von Gliazellen umhüllt. Das Kapillarendothel der Blut-Hirnschranke exprimiert auf seiner dem Blut zugewadten Seite P-Glykoprotein (s. Oben Dünndarm). Nervenzellen können daher nur von Pharmaka erreicht werden, die entweder (i) lipophil sind und kein Substrat für das P-Glykoprotein sind oder (ii) spezielle Transportmechanismen benützen können (z.B. L-DOPA bei Therapie des Morbus Parkinson). Es gibt einige Gebiete des Gehirns, die außerhalb der Blut-Hirnschranke liegen; z.B. aus pharmakologischer Sicht wichtig = Area postrema-Chemorezeptoren-Trigger Zone, wo Erbrechen ausgelöst werden kann Die schlechte Erreichbarkeit des Gehirnes ist unter anderem wichtig für die antibiotische Therapie bei Infektionen (Meningitis = Gehirnhautentzündung) BIOTRANSFORMATION Metabolische Barriere zur Außenwelt Ziel: enzymatische Überführung von Fremdstoffen ("Xenobiotika") in ausscheidungsfähige Form. Enzyme am endoplasmatischen Retikulum (mikrosomale Fraktion), vor allem der Leber, lokalisiert. Meist biphasischer Reaktionsprozess: Phase I (Funktionalisierungsreaktionen) Freilegung oder Einführung polarer ("funktioneller") Gruppen: -OH, -COOH, -NH2, -COH etc. Der Metabolit kann unwirksam oder selbst wirksam sein; er kann aber auch selbst erst das wirksame Prinzip darstellen ("Prodrug").

- Oxidationen durch Monooxygenasen (Cytochrom P-450 + NADPH-Cytochrom P-450 Reduktase); Für den Arzneimittelmetabolismus: 12 Isoformen der 3 Familien CYP1, CYP2, CYP3 - Reduktionen: Nitro- und Azoverbindungen - Hydrolyse: Ester und Amide Phase II (Konjugationsreaktionen Reaktion der Phase I-Metaboliten (an der funktionellen Gruppe) mit endogenem Substrat; Metabolit unwirksam. - mit aktivierter Glucuronsäure: Glucuronyltransferase beim Menschen quantitativ im Vordergrund - mit aktiviertem Sulfat: Sulfotransferasen - bevorzugt phenolische OH-Gruppen - mit aktiviertem Methyl: Methyltransferasen (z.B. COMT): quantitiav unbedeutend - Amidsynthese: a) endogene aktivierte Carbonsäure (z.B. Acetyl-CoA) wird mittels Transacylase auf exogenes Amin übertragen. b) exogene Säure wird aktiviert und mit endogenem Amin (meist Aminosäure) konjugiert. - mit Glutathion: Glutathiontransferase; inaktiviert hochreaktive Oxidationsprodukte wie Epoxide und Chinone; begrenzte Kapazität (s. Paracetamolvergiftung!!). BESONDERHEITEN DER BIOTRANSFORMATION 1) Genetische Polymorphismen: - N-Acetyltransferase (Isoniazid 1:1) - Pseudocholinesterase (Suxamethonium 1:2,500) - Glucose-6-phosphat-dehydrogenase: hämolytische Anämien (z.B. bei Sulfonamiden) - Viele Polymorphismen in Cytochrom P-450-Gruppe-2 z.B.: CYP2D6-Gen: langsame Metabolisierer (Propranolol, Propafe-non 1:10), normale untraschnelle Metablisierer 2) Neugeborenenperiode Enzyme der Biotransformation erst nach einigen Monaten voll ausgeprägt (Morphin, Chloramphenicol, ASS); verstärkend wirkt die noch nicht voll ausgebildete Blut-Hirn-Schranke. 3) Kompetitive Hemmung der CYP Enzyme z.B.: Cimetidin (=H2-Blocker); Omeprazol (H+Pumpenehemmer – irreversible Hemmung; ebenso Furocumarine in

Grapefruitsaft); Ethanol 4) Enzyminduktion (pharmakokinetische Toleranz) ⇒ s. Enzyminduktion Durch Bindung an ein hepatische Rezeptoren (CAR, PXR; AH-R), die Aktivierung eines Promotors erhöhte Synthese

bestimmter Enzyme der Biotransformation; voll reversibel. - Phenobarbital-Typ: z.B. Phenobarbital, Phenytoin, Rifampicin; eigentlich durch zwei verschiedene Rezeptoren (CAR, PXR) vermittelt – s. Enzyminduktion Maximum nach 3-5 d; es werden dadurch auch andere Pharmaka beschleunigt metabolisiert (Dicumarole,

Kontrazeptiva) - Methylcholanthren-Typ: aromatische Kohlenwasserstoffe (z.B.TCDD; s. Dioxin & s. Enzyminduktion)

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Maximum nach 1-2 d. RENALE EXKRETION VON PHARMAKA 1) Glomeruläre Filtration Porenradius der Basalmembran 0.3 nm, d.h. Filtration (des nicht-proteingebundenen Anteils) wird bei einem MG von 15,000 zunehmend eingeschränkt. Bestimmung der Nierenfunktion mit Kreatinin- oder Inulinclearance: ClearanceInulin = [U]/[P].V/t (Normalwert ca. 125 ml/min) mit anderen Worten: Weil 99% des Filtrates rückresorbiert wird, muss bei einer normalen Tagesmenge von Urin (=1.5 L/d = ~ 1 ml/min) die Konzentration von (Inulin oder) Kreatinin im Urin 100 –120 mal höher sein als im Plasma. 2) Tubuläre Rückresorption Durch Konzentrierung des Primärharns ensteht Konzentrationsgefälle zum Interstitium - Rückresorption von Pharmaka folgt den Gesetzen der nicht-ionischen Diffusion; sie daher abhängig vom pH und zusätzlich vom Harnfluß. 3) Tubuläre Sekretion (Sekundär) aktiver Transport organischer Säuren und Kationen von der Basalseite in die Tubuluszelle, dort angereichert: OCT1 = organic cation transporter-1; OAT1 = organic anion transporter (transportiert aber auch Kationen) Auf der lumeninalen Seite gelangen sie aufgrund des entstandenen Diffusionsgefälles in den Harn bzw. durch 2. Transporter erleichtert: MDR1 = P-Glykoprotein, MRP2 = multidrug resistance associated protein 2 Transportkapazität begrenzt, bisweilen Kompetition mit endogenen Stoffen; Tubuläre Sekretion = messbar mittels PAH-Clearance (= ca. 625 ml/min = renaler Plasmafluss) WEITERE EXKRETIONSMECHANISMEN - Biliäre Exkretion wie in Niere – basolateral = auf sinusoidaler Membran (=Blutseite der Hepatozyten) : OCT1 = organic cation transporter-1; OAT1 = organic anion transporter + NTCTP = Na+-Taurocholat-transportierendes Protein et al. Gallecanaliculi = wie apical in Tubuli: MDR1 = P-Glykoprotein; MRP2 = multidrug resistance associated protein 2 SPGP = sister of P-glycoprotein et al. daher: viele Substanzen sowohl über Niere als auch Galle ausgeschieden Galle: eher größeres Molekulargewicht (500-700) und Glukuronide - Enterohepatischer Kreislauf: Glucuronsäurerest kann durch β-Glucuronidasen der Darmflora wieder abgespalten werden,

so dass wieder eine lipophilere wirksame Verbindung entsteht, die enteral resorbiert wird. ⇒Unterbrechung des enterohepatischen Kreislaufes bei Intoxikationen ⇒eventuell Wirkungsverlust von Kontrazeptiva bei Gabe von Antibiotika - Über die Magenmucosa betrifft basische Pharmaka (z.B. Morphin); eventuell Detoxifikationsmöglichkeit - Über die Darmmucosa: Ausgenützt als Detoxifikationsmaßnahme durch wiederholte Gabe von carbo medicinalis - Über die Muttermilch pH leicht unterhalb des Plasma-pHs, daher Anreicherung basisch reagierender Pharmaka in der Muttermilch (z.B.

Nikotin!) - Lunge (bei Stoffen mit hohem Dampfdruck), Speichel-, Tränen-, Schweißdrüsen.

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BEGRIFFE DER PHARMAKOKINETIK 1) Blutspiegel (Plasma-, Serumspiegel), & -kurven: approximatives Maß für die Pharmakonkonzentration am Wirkort;

klinisch bestimmt wird der Trogspiegel (trough level) = der Spiegel, der vor der nächsten Einnahme/Administration vorliegt

2) Kinetik der Konzentrationsänderung - Kinetik 0. Ordnung: Geschwindigkeit von Evasion [bzw. Invasion] in jedem Zeitraum konstant. Evasion: y = y0 - ket (z.B.

Ethanol); [Invasion: y = kat (i.v. Infusion)]

Zeit (Stunden)0 2 4 6 8 10 Pl

asm

akon

zent

ratio

n (µ

g/L)

0

25

50

75

100

- Kinetik 1. Ordnung: Geschwindigkeit der Evasion abhängig von der jeweiligen Serumkonzentration y. Evasion: y = y0.e-ke.t y0: Serumkonzentration bei t=0 ke: Eliminationskonstante

Zeit (Stunden)0 5 10 15 20Pl

asm

akon

zent

ratio

n (µ

g/L)

0

25

50

75

100

Invasion: y = a(1 - eka.t); a: Serumspiegel nach abgeschlossener Invasion NB: Die Invasion kann man nie isoliert sehen, weil sofort nach Aufnahme die Prozesse der Elimination beginnen - Bereich der nicht-linearen Kinetik: liegt zwischen Kinetik 0. Ordnung und Kinetik 1. Ordnung. Bei Verdoppelung (Verdreifachung) der Dosis wächst die Plasmakonzentration (und die AUC) nicht linear mit; es wird auch eine dosis-abhängige Verlängerung der Halbwertszeit beobachtet Warum? Häufigste Grund = zunehmende Sättigung der metabolisierenden Enzyme (oder Transporter)

Logarithmiert man die Gleichung y = y0.e-ke.t ergibt sich gra-phisch eine Gerade [NB: In diesem Graph ist die y-Achse logarithmisch] ln y= lny0 - ke.t oder lnc = - ke.t+ lnc0 ⇒ c0 = die Konzentration, die sich zurückgerechnet zum Zeitpunkt t=0 ergibt (wird für die Berechnung des Verteilungsvolumen gebraucht.. In der Regel ergibt sich nach i.v. Gabe meist keine Gerade, weil das Pharmakon ins Gewebe verschwindet und daher initial ein rascher Abfall gesehen wird (s. Abbildung unten).

1) Ursache für eine Kinetik 0. Ordnung ist die Sättigung der metabolisierenden Enzyme. Wen die Enzyme vollständig gesättigt sind, werden sie nicht schneller, wenn die Substratkonzentration erhöht wird. 2) Umgekehrt: Wenn die Substratkonzentration weit unterhalb der KM der metabolisierenden Enzyme (oder der herauspumpenden Transporter) liegt, steigt die Geschwindigkeit quasilinear mit der Konzentration; d.h. Verdoppelung der Konzentration führt zur Verdoppelung der Enzymgeschwindigkeit ⇒ erklärt Elimination nach Kinetik 1. Ordnung. 3) Wenn die Substratkonzentration in der Nähe von KM liegt, existiert diese quasilineare Beziehung nicht mehr: Die Enzymgeschwindigkeit (oder Transportgeschwindigkeit) wächst nicht mehr mit⇒ Bereich der nicht-linearen Kinetik (s. dort)

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Beispiele für nicht-lineare Kinetik: Acetylsalicylsäure: therapeutische Dosis - t/2 = 2-4 h; bei Intoxikation >20 - 30 h im therapeutischen Bereich: 5-Fluorouracil (Zytostatikum): orale Bioverfügbarkeit abhängig von Dosis Phenytoin (Antiepileptikum)

Heparin (Antikoagulans = Gerinnungshemmer) 3) Halbwertszeit der Elimination (t1/2) ermittelt durch halblogarithmische Auftragung der Evasionkinetik. ln y = ln y0 - ket; t1/2 = ln 2/ke Diese Art der Auftragung erlaubt die Erkennung und Analyse eines Mehrkompartimenten-Modells. Häufig liegt ein Zwei-Kompartimenten-Modell vor, das sich in eine α-Phase (Verteilungsphase) und β-Phase (Eliminationsphase) unterteilt.

4) Apparentes Verteilungsvolumen (VD) "Fiktives Volumen, in dem sich ein Pharmakon verteilen würde, wenn es überall die gleiche Konzentration wie im Plasma

hätte". Beispiele: Heparin 0.06 Lkg Amoxicillin 0.2 L/kg Isoniazid 0.6 L/kg Azithromycin 30 L/kg ⇒z.B. VD = 30 L/kg: Azithromycin muss sich im Gewebe angereichert haben (Umkehrschluss aus Definition oben) Prinzip der Bestimmung: nach i.v. Gabe VD bestimmt aus applizierter D und co ⇒ VD= D/co Exaktere Definition von VD: Proportionalitätsfaktor zwischen der Clearance eines Pharmakons und seiner Eliminationskonstante 5) Clearance (Cl): Maß für die Fähigkeit des Organismus zur Elimination eines Pharmakons = Das pro Zeiteinheit gereinigte

Volumen [Welches Volumen muss gereinigt werden? Das Verteilungsvolumen!] Cl = ke .VD Totale Cl = (renale Cl + extrarenaler Cl); Pragmatische Unterscheidung renal und extrarenal, weil Einschränkungen der Nierenfunktion sehr häufig sind (s. unten) 6) Kompartimente: Plasma = zentrales Kompartiment Gewebe = tiefe(s) Kompartiment(e):

(i) Anreicherung möglich – langsamer Austausch; z.B. Blei im Knochen; z.B. lipophile Umweltgifte (Dioxin) im Fett (ii) Initialer rascher Abfall des Pharmakons im Blut durch Verteilung ins Gewebe

Zeit (Stunden)0 2 4 6 8 10

Kon

zent

ratio

n (µ

g/L)

0

25

50

75

100

Zeit (Stunden)0 2 4 6 8 10

ln c

onc

(µg/

L)

e0

e1

e2

e3

e4Die logarithmische Auftragung (rechts) macht deutlich, dass initial ein rascher Abfall sichtbar wird (=α-Phase – meist eine Verteilungskinetik); entscheidend für die wiederholte Dosierung ist die β-Phase (=auch dominante Phase genannt) der Elimination

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(iii) bei zentral (im ZNS) wirksamen Pharmaka erfolgt die Beendigung der Wirkung oft durch Umverteilung (= sie wirken kürzer als man es von der Halbwertszeit erwarten würde)

7) Bateman-Funktion: resultierende Summenkurve bei gleichzeitig stattfindender Invasion und Evasion 1. Ordnung.

beobachtet bei i.m., s.c., p.o., rekat, sublingual, pulmonal ... (=bei jeder Zufuhr außer i.v.) Im Gewebe erscheint das Pharmakon und verschwindet das Pharmakon immer entsprechend einer Bateman-Funktion

Zeit (Stunden)0 2 4 6 8 10 Pl

asm

akon

zent

ratio

n (µ

g/L)

0

25

50

75

100

8) Bioverfügbarkeit Anteil eines Phamakons, der in die systemische Zirkulation gelangt. Bestimmende Größen: - Ausmaß der Resorption (abhängig von Löslichkeit, galenischer Zubereitung, bei oraler Einnahme = gleichzeitiger

Nahrungsaufnahme etc.); - "First-pass"-Effekt (Ausmaß der Extraktion aus dem Pfortaderblut, bzw. lokalen Metabolismus) Berechnung der Bioverfügbarkeit Berechnung: anhand korrespondierender Blutspiegelflächen (AUC-Werte) Absolute Bioverfügbarkeit (%): AUC (oral)/AUC (i.v.) x 100; Für Generika (=Arzneimittel für die der Patentschutz abgelaufen ist, können von jedem Hersteller auf den Markt

gebracht werden, wenn sie bioäquivalent mit der am Markt befindlichen Referenzpräparat sind): Relative Bioverfügbarkeit (%): AUC (Prüfpräp.)/AUC (Referenzpräp.) x 100 Bioäquivalenz: wenn sich AUC, cmax und tmax des Prüf- und Referenzpräparates statistisch nicht voneinander unterscheiden. DOSIERUNGSRICHTLINIEN Sie dienen der Aufrechterhaltung konstanter Serumspiegel bei wiederholter Verabreichung eines Arzneimittels. Der Idealfall einer i.v. Infusion (Invasion 0. Ordnung, Evasion 1. Ordnung) soll weitgehend nachgeahmt werden. Höhe der Serumspiegel im Gleichgewicht: proportional der pro Zeiteinheit zugeführten Dosis. Dauer bis zur Einstellung des Gleichgewichts: direkt proportional t1/2; es ist nach 4-5 Halbwertszeiten erreicht. Begriffe Sättigungsdosis: Dosis, mit der bei einmaliger Gabe eine therapeutische Konzentration erreicht wird. Sie ist abhängig vom Verteilungsvolumen: DS = css.VD Erhaltungsdosis: notwenige Dosis zur Aufrechterhaltung einer therapeutischen Konzentration. Sie ist daher abhängig von der Clearance: DE/t = c.Cl Bei Pharmaka mit langer t1/2 (z.B. Digitoxin) wird die ersten Tage ein Vielfaches der Erhaltungsdosis bis zum Erreichen

cmax= Konzentrationsgipfel tmax = Zeitpunkt zudem Kontrationspifpefl erreicht wird kann beeinflusst werden durch (i) die Galenik (z.B. orale Resorptiosngeschwindigkeit Lösung (=Saft) >Suspension > Tablette≈Kapsel; gezielte Verögerung der Freisetzung = Retard-Präaparat ) (ii) durch Mageninhalt (meist verzögert; bei sehr lipophilen Pharmaka aber auch beschleunigt: Gallensekretion = bessere Emulsion)

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therapeutischer Serumspiegel verabreicht ("schnelle Sättigung", engl. "loading dose" oder auch "priming dose"). Kumulation: Anstieg der Pharmakonmenge im Organismus bei wiederholter regelmäßiger Zufuhr. Kumulation tritt immer dann auf, wenn das Dosierungsintervall (τ) kürzer als die Halbwerstzeit (t/2) ist, weil Kumulationsfaktor = 1.5 * (t/2) τ DOSISANPASSUNG BEI NIERENINSUFFIZIENZ D/tinsuff. = D/tnormal x Clinsuff./Clnormal Gl.[1] Daher Reduktion der Dosis (häufiger) oder des Dosierungintervalls. Vorgangsweise 1) Ermittlung der Clearance von Kreatinin: [(cave: kreatininblinder Bereich: Das Serumkreatinin steigt möglicherweise erst über den Normbereich (0.8 -1.3 mg/100 mL) ,

wenn die glomeruläre Filtratiosnrate schon um 50% gesunken ist; dies ist insbesondere bei alten Menschen gefährlich, weil bei diesen a priori immer eine (leicht) eingeschränkte Nierenfunktion angenommen werden muss, bis das Gegenteil bewiesen ist; daher bei leichten Einschränkungen der Nierenfunktion - nicht an Serumkreatinin orientieren]

2) Ermittlung des Anteils der extrarenalen Elimination (Q0-Tabellen) 3) Berechnung der neuen Dosierung aus Nomogrammen (z.B. FHR S.96) oder anhand von Gl.[1].

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ARZNEIMITTEL IN DER SCHWANGERSCHAFT Placentarschranke: lange Diffusionsstrecke (in beiden Richtungen!) durch Trophoblast und Zottenstroma, daher nur langsame Äquilibrierung im foetalen Blut. Großer Porenanteil, daher auch (langsame) Diffusion hydrophiler Pharmaka möglich (Grenze: MG 1,000). Nur maternale Eliminationsmöglichkeiten (Biotransformation, Exkretion). Weitere Aufnahmemöglichkeit durch die Amnionflüssigkeit. Fazit: Mit wenigen Ausnahme (z.B. Insulin, Heparin) muss davon ausgegangen werden, dass der Fetus (Embryo) mitbehandelt wird. Kritische Periode: 3.-7. Schwangerschaftswoche. Zeitraum der Organogenese, daher hohe Wahrscheinlichkeit irreversibler DNA-Schäden; die Folge sind Fehlbildungen (teratogener Effekt). Aber: auch danach ist das Kind gefährdet (Fetotoxizität). z.B. Tetrazykline ⇒Zahnschäden Acetylsalicylsäure und andere Antiphlogistika: vorzeitiger Verschluss des Ductus arteriosus Botalli ⇒ pulmonale Hypertension (32. Schwangerschaftswoche) Antihypertensiva: Änderung der Placentardurchblutung A priori sind Schwangere gesund. Daher: Wichtig sind Arzneimittel für die Therapie von Erkrankungen, die in der Schwangerschaft typischerweise auftreten können: Thombose: Prophylaxe mit (niedermolekularen) Heparinen (keine Vitamin-K Antagonisten = Coumarine) Diabetes mellitus: Insulin (keine oralen Antidiabetika) Harnwegsinfekte: β-Laktamantibiotika als Mittel der Wahl (Penicilline, Cepaholosporine) Hypertonie (tritt bei 10-15% aller Schwangerschaften): Wie behandeln? Warum ist es sinnvoll Eisen, Folsäure und Calcium in der Schwangerschaft zu substituieren? Fallbeispiel: Bei einer 30-jährigen Patientin mit chronischer Arthritis (z.B. im Rahmen einer Psoriasis) ist die Grunderkrankung mit niedrig dosiertem Methotrexat gut beherrscht; die Patientin möchte ein Kind bekommen. m