wolfgang mönninghoff rezepte der Äbte

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Wolfgang Mönninghoff Rezepte der Äbte Von Klöstern, Heiligen und himmlischen Genüssen 144 Seiten ISBN: 978-3-8025-3752-3 © 2011 VGS verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH. Unverkäufliche Leseprobe

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Wolfgang Mönninghoff Rezepte der Äbte

Von Klöstern, Heiligen und himmlischen Genüssen

144 Seiten

ISBN: 978-3-8025-3752-3

© 2011 VGS verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH.

Unverkäufliche Leseprobe

Rezepte der ÄbteVON KLÖSTERN, HEILIGEN UND

HIMMLISCHEN GENÜSSEN

Wolfgang Mönninghoff

001_3752_VGS_REZEPTE_DER_AEBTE.IND5 1001_3752_VGS_REZEPTE_DER_AEBTE.IND5 1 24.05.2011 17:13:09 Uhr24.05.2011 17:13:09 Uhr

Für Maren und Friederike

Kochen ist eine sehr konkrete Weise, füreinander da zu sein.(Peter Handke)

0401005_rezepte_der_abte 30.01.2004 8:55 Uhr Seite 2 Alfons

VORWORT 5

DAS KIRCHENJAHRDezember 7

Januar 25

Februar 39

März 55

April 61

Mai 75

Juni 83

Juli 91

August 101

September 111

Oktober 121

November 133

REZEPTE

SUPPENBrezensuppe 32

Wildkräutersuppe 58

Erbsensuppe nach Irmi Hoffmann 62

Spargelsamtsuppe 70

Lebernockerl-Suppe 122

Steirische Kürbissuppe 130

SALATRadicchio-Sellerie-Salat mit

Mandarinen und Walnüssen 18

Heringssalat 24

Winterlicher Salat mit Datteln und Sprossen 30

Grüner Spargelsalat mit Kräutersauce 80

FLEISCH UND GEFLÜGELRehkeule mit Hagebuttensauce 20

Ente mit Orangen-Rotkohl 20

Schweinebraten 29

Sauerkrautplatte auf elsässische Art 40

Flämische Karbonade 63

Lammkeule nach Hildegard von Bingen 69

Gefüllte Kalbsbrust 70

Tauben nach Art der Kartäuser 76

Bifflamott 78

Bulgogi 82

Spanisch Fricco 105

Baeckeoffe 117

Geschmorte Rindswade 120

Himmel un Äd 124

Hafen Chabis 128

Wildschweinragout 136

Gänsebraten mit einer Apfel-Nuss-Kruste 138

INHALT

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GEMÜSE, BEILAGEN UNDKLEINE GERICHTE

Kartäuser Klöße mit Weinschaumsauce 48

Eier nach Art der Karmeliter 49

Eier nach der Art von Cluny 51

Eier nach Kardinalsart 52

Sauerkraut Rohkost 57

Ligurische Ostertorte 64

Schnelles Kimchi 82

Kochbananen in Tomaten-Kokossauce 82

Dampfnudeln mit Backobst 85

Ausgebackene Holunderblüten 87

Westfälische Pickertpüfferchen 92

Kaiserschmarren 94

Obatzda 100

Teltower Rübchen 103

Gebackener Rohmilchfrischkäse 104

Marinierter Tafelspitz mit Karotten-Pilz-Salat 106

Pikanter Dinkelauflauf 114

Quitten 126

FISCHKarpfen polnisch 19

Chiemsee Fischwürst 35

Hering-Kartoffel-Pastete 36

Forellen in Chablis 38

Matjes Hausfrauenart 46

Omelette Benedikt 47

Schill mit Sardellenbutter 60

Forelle aus dem Ofen 65

Dorade in Salzteigkruste 66

Saibling in Kräutern und Rieslingsauce 108

BROT UND GEBÄCKSpekulatius 9

Dresdner Christstollen 10

Weckmännchen oder Stutenkerl 12

Aachener Printen 13

Baumkuchentorte 14

Neujahrsbrezel 26

Vollkorn-Dreikönigskuchen 28

Hochfeiner Bierteig 54

Osterlamm 68

Honigkuchen 90

Pan de muertos 134

SÜßES UND DESSERTSMarzipan 16

Backäpfel mit Zimt 22

Berliner Pfannkuchen 41

Apfelkrapfen 42

Nonnenfürzchen 44

Bayerische Creme 72

Gepfefferte Erdbeeren 79

Priestermützen mit Kirschschaum 96

Ebereschen-Holzapfel-Gelee 102

Kastanienreis mit Sahne 112

GETRÄNKEAdventspunsch 8

Kardinal 24

Rumtopf 88

Magenbitter 132

ADRESSEN UNDWEITERFÜHRENDE LINKS 141

ZU DEN BILDERN 142

REGISTER 143

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VORWORTDIE HEILIGE SCHRIFT IST, salopp gesagt, ziemlich verfressen. Das täglicheBrot im Vaterunser oder der Apfel als Stolperstein im Paradies sind nurzwei Beispiele. So bestellte Noah einen Weinberg (1. Buch Mose 9, 20-21),Abraham übermittelt sogar das Rezept für einen Kuchen (1. Buch Mose18) und Esau verkaufte für ein Gericht aus roten Linsen sein Erstge-burtsrecht (1. Buch Mose 25, 30). Die Juden feiern an Passah mit köstli-chem Lamm, zubereitet nach den Anweisungen Mose, den Auszug ausÄgypten (2. Buch Mose, 12). Und der weise und mächtige Salomo warein ebenso veritabler Schlemmer und ließ auch sein Volk wie im Para-dies leben. Täglich musste er zur Speisung »dreißig Sack feinstes Mehl,sechzig Sack anderes Mehl, zehn gemästete Rinder und zwanzig Rindervon der Weide und hundert Schafe, ohne die Hirsche und Gazellenund Rehe und das gemästete Federvieh« heranschaffen (1 Könige 4,21ff.). Auch im Neuen Testament geht es mit der Schlemmerei weiter:In Kana verwandelte Jesus Wasser in Wein (Johannes 2), in Galiläamachte er mit sieben Broten und einigen Fischen viertausend Menschensatt (Matthäus, 15, 29-39) und kurz vor seinem Tod dann nahm Jesus mitseinen Jüngern das letzte Abendmahl ein (Lukas 22, 7-20). Auch nachder Auferstehung aß Jesus mit seinen Jüngern, zuletzt am See vonTiberias, Fisch und Brot (Johannes 21, 9-11).

Ob in den Überlieferungen des Volkes Israel oder zu den ZeitenJesu – man sieht: Gutes Essen mochten besonders die Menschen amMittelmeer schon immer.

WAS EIGENTLICH MACHT KLÖSTERLICHES LEBEN für die säkularisiertenMenschen der Jetztzeit so anziehend? Ein Bedürfnis nach strengenRegeln, nach rigide strukturierten Abläufen in einer Zeit des »anythinggoes«? Eine gegen den Rationalismus gewandte Sehnsucht nach Trans-zendenz und Spiritualität, die weder im Alltag noch im Gemeindelebenmehr zu finden ist? Ist Religion, wie es der Publizist Hans-Conrad Zan-der formuliert: »... das grenzüberschreitende Gefühl, dass jenseits derwinziggrünen Welt, die uns birgt, das Erlebnis einer maßlos anderenWelt beginnt«? Oder ist es das Vertrauen, dass Menschen, die so intensivihren Glauben leben, besonders aufrichtig sind, dazu naturverbundenaus Respekt vor der Schöpfung? Pater Reinald Rickert, Ökonom derAbtei Königsmünster, sagt über die Einstellung der Kunden zu seinenProdukten: »Wir haben einen Bonus. Das, was im Kloster erzeugt wird,

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gilt als garantiert unverfälscht und gesund«. Pater Anselm, der Cellerar(Finanzverwalter) des Klosters Münsterschwarzach, erklärt die wach-sende Beliebtheit der Klosterprodukte so: »Auch ein Mensch, der derKirche fern steht, hat eine Ahnung davon, dass ein Kloster eine andereWelt sein kann, eine heile Welt, an der er gerne teilhaben möchte.« Unddie Heilige Theresa von Avila formulierte: »Meine Töchter, es gibt kei-nen Grund zum Traurigsein ... wisst, dass Gott auch zwischen denKochtöpfen zugegen ist.« Und: »Tu deinem Körper etwas Gutes,damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen.«

UNSERE PERSPEKTIVE IST ZWAR KULINARISCH, bezieht aber spirituelleAspekte mit ein. Denn wir können nicht so tun, als seien Klöster ledig-lich Stätten hedonistischen Wohllebens – obwohl es das, wir werden essehen, natürlich auch gab. Doch ohne das Wirken der Orden – besondersder Benediktiner und Zisterzienser, die sich ganz handfest zunächst umdie Kultivierung der Böden kümmerten und dann erst um die Rettungder heidnischen Seelen – ist das Europa von heute nicht denkbar: Möncheund Nonnen galten über Jahrhunderte als die unumstrittenen Meisterdes Weinanbaus. Sie wurden außerdem berühmt für ihre selbst gemach-ten Klosterliköre und speziell in Bayern für das Bierbrauen.

DAS »BÜRGERLICHE« JAHR BEGINNT AM 1. JANUAR und endet am 31. Dezember. Das Kirchenjahr hingegen fängt schon vier Wochenfrüher mit dem 1. Adventssonntag an und endet mit dem Christkönigs-fest am letzten Sonntag davor. Die Hochfeste des Kirchenjahrs bestim-men seinen Rhythmus: Weihnachten, Ostern, Pfingsten – das Halbjahrder Feste; von Pfingsten bis zum ersten Advent – das Halbjahr der Kir-che. Jedem dieser großen Hochfeste geht eine längere oder kürzereVorbereitungszeit voraus: Der Advent bereitet auf das Weihnachtsfestvor, die Zeit nach Fastnacht auf das Osterfest und die Zeit von ChristiHimmelfahrt an auf das Pfingstfest. Nach dem Rhythmus der christli-chen Feste, der Feiertage und Sonntage des Kirchenjahrs, auch von ihremSinn und Brauchtum, leben die meisten Menschen unseres Kulturkrei-ses, auch wenn sie den Kirchen fern stehen oder ihnen nicht angehören.Die vielen Feiertage und die Verehrung zahlreicher Heiliger haben infrüheren Zeiten das Jahr kulinarisch abwechslungsreich aufgegliedert.Sonst gab es ja kaum Unterhaltung, und auf diese Weise kamen Gemütund Magen gleichermaßen zu ihrem Recht, wie die folgenden Rezepteverdeutlichen mögen.

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Die Adventszeit war lange eine strenge Fastenzeit. Lebkuchenund Weihnachtsgebäck waren ebenso verpönt wie Fleisch

und Wurst. Auch Tanzen war verboten, weshalb zum Kathreins-tag am 25. November kurz vor dem ersten Adventssonntag nochgroße Tanzfeste, die Kathreinstänze, gefeiert wurden. Erst mit derChristmette am Heiligen Abend war das Fasten beendet und danndurfte auch wieder Wurst gegessen werden. Daher der Name»Mettenwürste«. Auch wenn das Fasten mittlerweile kaum nochüblich ist, hat die Adventszeit ihren Charakter als Vorbereitungszeit behalten. Der Adventskranz, dessenvier Kerzen an den Adventssonntagen nacheinander entzündet werden, und die Barbarazweige, die am 4. Dezember kahl in die Vase gestellt werden und zum Weihnachtsfest erblühen, sind in vielen HaushaltenTradition. Trotz der vorweihnachtlichen Hektik bewahren sich viele Menschen zunehmend ein Gespür für die Ruhe, die mit der Zeit der Erwartung auf Weihnachten verbunden ist.

4 Barbara6 Nikolaus8 Mariä Empfängnis

21 Wintersonnenwende24 Heiliger Abend25 Weihnachten26 Stephanus27 Apostel Johannes28 Unschuldige Kinder31 Silvester

DEZEMBER

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DER PARADEMARSCH der Schokoladen-Nikoläuse in den Supermarktregalen beginntzumeist bereits Anfang Oktober. Ins Bild

tritt ein wohlig warmes, goldschimmerndes Kinderparadies, wo gütigeGerechtigkeit gilt und wahllos Geschenke verteilt werden. DiesesGlücksgefühl hat einen Namen: Nikolaus. Einst Bischof von Myra inLykien, wird er urkundlich im Jahr 325 als Teilnehmer des Konzils vonNicäa erwähnt. Er galt als Freund der Armen und Kinder und wurdeim Lauf der Zeit zum Patron der Schiffer, Flößer, Fischer, der Kalk-brenner und der Rosse.

In vielen Teilen Westfalens war wie im benachbarten Holland derNikolaustag der eigentliche Geschenktag, der erst in diesem Jahrhundertvom Heiligen Abend abgelöst wurde. Damals ritt der Heilige auf seinemSchimmel durch das Land und verteilte Birnwecken, Lebkuchen, Spe-kulatius, Nikoläuse, Kletzenbrot, Äpfel und Nüsse, später auch kleineGaben. Oder er füllte die vor die Tür gestellten Schuhe oder die in denKamin gehängten Strümpfe damit. Begleitet wurde er oft von einemschwarzen, hässlichen Kerl mit rüpelhaftem Benehmen, der ihm späterauch die Bestrafung mit der Rute abnahm. Er hieß Krampus, KnechtRuprecht, Klaubauf, Hans Muff oder Rumpelklaus. Eigentlich ist erwohl heidnischen Ursprungs, eine Art Wachstumsdämon, der beschenktund versöhnt werden sollte. Und auch die Rute war ursprünglich nichtals Züchtigungsmittel gedacht, sondern diente als Lebensrute, mit dersich im Frühjahr die jungen Leute »fitzelten« und erotisch stimulierten.

Im 19. Jahrhundert – dem Jahrhundert der Schwarzen Pädagogikund des Schreberschen Geradhalters – benutzte man den kinderlieben-den Heiligen als strafendes und lobendes Element, um sich die elterlicheErziehung zu erleichtern. Allerdings übernahm in manchen Gegendenvon Anfang an Knecht Ruprecht die undankbare Rolle mit der Rute.

Im Sauerland kennt man folgendes Nikolauslied:

Sünder Klaos, du billige Mann,Trek den besten Schabbes an!Gef wat, gef wat!Gef de kleine Kinder wat!Laot de groten lopen,De könt sik jao wat kopen.

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ADVENTSPUNSCH(GANZ OHNE ALKOHOL)

ZUTATEN

200 ml weißer Traubensaft

1 TL Rosinen

1 TL Mandeln, gehackt

1 Msp. Zimt, gemahlen

1 Msp. Nelke, gemahlen

1 Msp. Kardamom

Zitronensaft

In der Mikrowelle können Sie denPunsch gleich im Glas zubereiten.

Alle Zutaten in ein großes Glas gebenund abgedeckt in der Mikrowelle bei

600 Watt gut 1/2 Minute erhitzen.Nach Geschmack mit Zitronensaft

würzen.

6. DEZEMBER NIKOLAUS

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SPEKULATIUS

ZUTATEN

500 g Mehl

1 TL Backpulver

250 g Zucker

2 Pck. Vanillezucker

2 Eier

1/2 TL Zimt

1 Msp. Nelken

1 Msp. Kardamom

1 TL Kakao

abgeriebene Schale 1/2

unbehandelten Zitrone

150 g Mandeln, gerieben

250 g Butter

Mehl und Backpulver mischen, aufein Backbrett geben und in die Mitte

eine Vertiefung eindrücken. Dorthinein Zucker, Vanillezucker, Eier,Gewürze, Kakao und die Zitronen-schale geben. Das Ganze zu einemBrei vermischen, in den man dieMandeln und klein geschnittene

Butter gibt. Alles schnell zu einemgeschmeidigen Teig verkneten, deretwa 30 Minuten kühl gestellt wird.Dann den Teig messerrückendick

ausrollen und beliebige Formen aus-stechen oder bemehlte Spekulatius-formen in den Teig drücken. Aufeinem gefetteten und bemehlten

Blech bei 200 °C etwa 15 Minutengoldbraun backen.

BRAUCHTUMSGEBÄCKRichten wir unseren Blick zunächst auf einen Klassiker der vorweih-nachtlichen Backstube.

SpekulatiusDem Hausbesuch des Nikolaus entspricht die bischöfliche Visitation(lat. Besuch), bei der sich der Bischof durch eigenen Augenchein vonden pastoralen Verhältnissen in einer Gemeinde überzeugt. Der Bischoftritt dabei als »Spekulator« auf (lat. speculum = Spiegel, Vorbild, Beob-achter). Ein spezielles Gebildebrot, der Spekulatius, scheint seinenNamen deshalb zu haben, weil er meist den Bischof hoch zu Ross dar-stellte. Der Spekulatius ist ein Formgebäck aus dem holländisch-nie-derrheinischen Gebiet. Die Model aus Holz und Ton lassen sich bis indas 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Der bisher älteste Beleg über dieHerstellung von Spekulatius soll in einem etwa 1750 gedruckten Rezept-buch aus Amsterdam von Gerrit van den Brenk zu finden sein.

LebkuchenLebkuchen wird hauptsächlich in der Weihnachtszeit und zu Neujahrgebacken. Damit das Gebäck weich werden konnte, fing man schonmehrere Wochen vor Weihnachten mit dem Backen an. Ursprünglichwurde der Lebkuchen als Honigfladen mit Heilkräutersäften vermischtin den Apotheken der Klöster hergestellt. Der Honig fiel als Nebenpro-dukt bei der kirchlichen Kerzenherstellung ab. Der einfache Bürgermusste sich dagegen mit Kletzenbrot begnügen, das seine Süße nurdurch die getrockneten Früchte erhielt, denn für die breiteren Volks-schichten blieb der Honig noch lange eine teure Leckerei.

Erst im 13./14. Jahrhundert begann die gewerbsmäßige Herstellungvon Lebkuchen, wobei die Nürnberger deshalb besonders begünstigtwaren, weil sie den Reichswald, »des Heiligen Römischen ReichesBienengarten«, direkt vor der Haustür hatten und durch ihren Handelmit Venedig die notwendigen Gewürze beziehen konnten. Die Lebku-chen waren so begehrt, dass sich eigene Lebzelter-Zünfte gegen dasBäcker- und Zuckerbäckerhandwerk abgrenzten. Die prachtvollenBildmotive auf den Lebkuchen förderten noch ein weiteres Gewerbe,nämlich das der Formenstecher, von deren Kunstsinn und Fantasieheute noch viele schöne Model aus Ton und Holz zeugen.

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Christstollen

Der »Hit« sächsischer Backkunst ist sicher der in aller Welt begehrteChriststollen. Der leckere Stollen sollte mindestens drei Wochen vorWeihnachten gebacken werden. In Alufolie verpackt und kühl gelagertentwickelt er dann bis zum Fest sein volles Aroma. Vor dem Anschnei-den nochmals mit Puderzucker bestäuben.

Überliefert ist er in der Urform schon seit dem 14. Jahrhundert.Ursprünglich war er ein – für die damalige Zeit durchaus luxuriöses –Weißbrot, das durch immer mehr Zutaten immer gehaltvoller wurde.Das Café Kreutzkamm, das jährlich immerhin 90.000 Stollen in mehr als100 Länder liefert, hat uns eines seiner Rezepte verraten, und wir sindstolz darauf, denn es hat uns nicht wenig Überredungskunst abverlangt.

ZUTATEN

650 g Mehl

40 g Hefe

80 g Zucker

175 ml lauwarme Milch

280 g weiche Butter

abgeriebene Schale

1 unbehandelten Zitrone

1 Pr. Salz

50 g Marzipanrohmasse

600 g Rosinen

75 g Zitronat

20 g Orangeat

Bittermandelaroma

1 Vanilleschote

Zimt

Muskat

Nelken, gemahlen

Koriander, gemahlen

100 g zerlassene Butter

100 g Puderzucker

DRESDNER CHRISTSTOLLENDas Mehl in eine große Schüssel sieben, in die Mitte eine Muldedrücken. Die Hefe in die Vertiefung bröckeln und mit 2 TL Zuckerund 4 EL Milch zu einem Vorteig verrühren. Mit einem Tuch zuge-deckt an einem warmen Platz 15 Minuten gehen lassen. Den restlichenZucker, die restliche Milch, Butter, Zitronenschale und das Salz dazu-geben. Die Marzipanrohmasse hineinbröckeln. Alles gut verknetenund so lange schlagen, bis der Teig sich vom Schüsselrand löst undBlasen wirft. Den Teig an einem warmen Platz etwa 40 Minutengehen lassen, bis er das doppelte Volumen erreicht hat.

Die Rosinen in lauwarmem Wasser waschen, abtropfen lassen,mit Küchenkrepp trocken tupfen und leicht bemehlen. Zitronat,Orangeat und die anderen Würzzutaten einmengen. Die Früchte-mischung unter den Hefeteig kneten und den Stollenteig nochmals30 Minuten zugedeckt gehen lassen.

Das Backblech einfetten. Den Backofen auf 200 °C vorheizen.Aus dem Teig zwei etwa 5 cm dicke ovale Rollen formen. DieseRollen der Länge nach mit einem dicken Holzlöffelstiel so ein-drücken, dass eine Seite zwei Drittel, die andere ein Drittel Teig-breite ergibt. Die schmalen Seiten mit dem Nudelholz etwas ausrollen.In die Mitte der breiten Seiten mit dem Holz eine Vertiefung drückenund die schmalen Seiten so einschlagen, dass die Endkanten in denVertiefungen liegen. Bei dem Arbeitsvorgang möglichst kein Mehlmehr verwenden, es macht den Teig brüchig. Die Stollen mit genü-gend Abstand voneinander auf das Backblech legen und auf diemittlere Schiene des Backofens schieben. Die Stollen etwa 75 Minu-ten bei 200 °C backen. Mit einem Holzspießchen die Garprobe machen.Die Stollen noch heiß mit der zerlassenen Butter bestreichen und mitdem Puderzucker besieben. Diesen Vorgang ein- bis zweimal wie-derholen, damit die »Kruste« schön fest wird.

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Der Stutenkerl

Das Entzücken der Kinder in Westfalen ist ein Gebildebrot aus süßemStutenteig mit Rosinen als Augen und der heiß begehrten weißen Ton-pfeife. Im Münsterland wuchsen die süßen Kerle bis zu einem halbenMeter hoch. Der Beschenkte hängte ihn an die Wand und brach immerein Stück ab. Meist wurde der letzte Teil trocken, und so sagt man vonTrockengebäck, es sei »so drüg‚ äs Sünteklaos Äß«. Der »Stutenkäl«löste viele lokale Varianten ab: So gab es im Siegerland etwa handgroßeHasen, Reiter oder Brezeln, auch Hühner und Enten waren in einigenTeilen Westfalens verbreitet.

Printen Printenformen aus alter Zeit beweisen, dass die Printen früher nichtnur die einfachen braunen Knüppel waren, wie man sie heutzutagekaufen kann. Printenbilder waren in den alten Zeiten eine »gebackeneIllustrierte«, wie die Kochbuchautorin Eve Marie Helm sie nennt. Diegeformten Printen kommentierten wichtige Ereignisse ihrer Zeit. Dieältesten Printenformen sind Steinmodel aus Graphit, von denen einedie Jahreszahl 1493 trägt. Nach volkskundlichen Recherchen soll diePrinte aber noch viel älter und ursprünglich ein heidnisches Neujahrs-gebäck gewesen sein.

Der Printenteig für die Bildbrote durfte keinen Trieb und vor allemkeinen Nachtrieb haben, da sonst das Printenbild unweigerlich in dieBreite gegangen und verschwommen wäre. Nach Aussagen eines alten

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ZUTATEN

300 g Mehl

25 g Hefe

1/8 l lauwarme Milch

80 g Zucker

1 Pr. Salz

80 g weiche Butter

2 Eigelb

1 Msp. Safran

1 Eigelb zum Bestreichen

Korinthen und Tonpfeifen

zum Verzieren

WECKMÄNNCHEN ODER STUTENKERLAus den Zutaten einen Hefeteig kneten. Den Teig gehen lassen,dann ausrollen und Männerfiguren ausschneiden.

Nach altem Brauch werden die Figuren aus einem ovalenStück Teig geformt. Mit drei Messerschnitten entstehen Beineund Arme. Die Figuren auf ein Backblech legen und mit Eigelbbestreichen. Korinthen als Augen und Knöpfe sowie eine Ton-pfeife eindrücken. Noch 15 Minuten gehen lassen, dann bei 210 °C10 bis 15 Minuten hellbraun backen.

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Printenbäckers, die in dem Aufsatz über die »Aachener Printen« vonWill Hermanns nachzulesen sind, wurden die Bildprinten früher auchauf andere Weise hergestellt als heute. Es gab einen mit Honig oderSirup hergestellten Teig, der die Form ganz exakt wiedergab. DieserTeig war sehr mager, das heißt mehlreich, und von weißer Farbe. Dieseso genannten »Dinang-Printen« wurden im Backofen, der nur an einerSeite ein Eichenholzfeuer hatte, so lange geflammt (am Feuer vorbeibe-wegt), bis die Printen ihre schöne, goldbraune Farbe hatten.

Der Printenteig musste übrigens, wie auch der Lebkuchen- undHonigkuchenteig, sehr lange ausreifen. Es war durchaus üblich, dass erbis zu seiner Verwendung ein Jahr im kühlen Keller lagerte. Dann warer allerdings so hart geworden, dass man ihn nur mit speziellen Eisen-schaufeln auseinanderbrechen konnte. Für diese Schwerstarbeit stellteman oft Männer ein, die im Winter arbeitslos waren, wie zum BeispielMaurer und Pflasterer.

Die alten Rezepte wurden unbrauchbar, als Napoleons Kontinen-talsperre 1806 die Einfuhr von Rohrzucker unterband, aus dem derSirup hergestellt wurde. Nun mischte man heimischen Rübenzuckerunter den Teig, der dadurch aber seine Schmiegsamkeit verlor undbeim Backen die Form nicht behielt. So kam es zu den gröberen Formen,die heute noch vorwiegend üblich sind: aus der Teigplatte gestanzteoder geschnittene Herzen, Sterne oder Reiter. Von diesen einfachenBildprinten bis zur ganz bildlos gewordenen Schnittprinte war es dannnur noch ein kleiner Schritt.

AN DEN TAGEN ZWISCHEN DEN JAHREN, den »Hellge Doage« zwischenHeiligabend und Dreikönig, besuchte man sich in Westfalen gegensei-tig, aß Kuchen und erzählte sich vorzugsweise Schauergeschichten. DieHandwerker kamen in einigen Teilen Westfalens noch bis in die 60erJahre des 20. Jahrhunderts in diesen Tagen zu den Bauern, um ihre Jah-resrechnung zu kassieren, was natürlich auch nicht ohne eine kräftigeMahlzeit zumeist mit einer gehörigen Anzahl von »Kloaren« abging.

Die »Mettensau« oder der »Weihnachter« musste schwer und fettsein, und so brauchte man viel Braten, Kesselfleisch, Speck, Metten-blunzen oder Röslwürst (Blutwurst) mit reichlich Speckstückchen undLeberwürste für die Familie und die Nachbarn, die Paten, die ärmerenVerwandten, die Sternsinger, Anklopfer und Frauentrager.

In seiner herzhaften und deutlichen Art nennt der Westfale –besonders der evangelische – den Heiligen Abend »Dickbuuksabend«,»Vullbuksawend« oder »Dickefrätersabend«. Gegessen wurde früherein ordentlicher Braten, meist vom Schwein, dazu »Groine Bohn’n,

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AACHENER PRINTEN

ZUTATEN

500 g Bienenhonig

500 g brauner Kandis, zerstoßen

1 kg Mehl

10 g Zimt

5 g Nelken, gemahlen

5 g Kardamom

1 Pr. Salz

4-5 EL Wasser

20 g Pottasche

Den Honig auf kleiner Flammeerhitzen, Kandis hineingeben undetwas abkühlen lassen. Mehl mitZimt, Nelken und Kardamom

mischen, über die Honig-Kandis-masse sieben und Salz dazugeben.

Anfangs verrühren und zum Schlussmit in Wasser angerührter Pottasche

zu einem festen Teig verkneten.Einen Tag zugedeckt ruhen lassen.

Auf einem bemehlten Brett 2 bis 3 mm dick ausrollen und in 8 mal 2 cm breite Streifen schneiden. In

weitem Abstand voneinander auf eingefettetes Backblech legen. Im vorge-

heizten Ofen bei 180 °C etwa 15 Minuten backen. Nach Belieben

mit Schokolade überziehen.

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oller Kummst uut’n Potte (Sauerkraut) un Kantüfft’n«, berichtet einälterer Landwirt aus dem Kreis Minden-Lübbecke. Frisches Fleischgab es zu Weihnachten ausnahmsweise reichlich, das meist am Montagnach dem ersten Advent geschlachtet worden war, damit Weihnachtenauch »Flesk im Pott« war.

Nach dem Kirchgang am Ersten Weihnachtstag stand oft eine müns-terländische Spezialität auf dem Tisch: gepökelter und geräucherterSchweinskopf. Ebenso beliebt war ein Stück gekochter Schinken.

Sonst gab es an Weihnachten ein normales Festtagsessen: Grünkohloder Sauerkraut mit Mettwurst, oder – je nach Jagdglück – auch malein Stück Wild. Erst um 1900 kamen die auch heute noch beliebtenWeihnachtsessen auf die westfälische Speisekarte: Gans, Truthahn undKarpfen. Den ersten Wandel im weihnachtlichen Brauchtum hatten –meist evangelische – preußische Beamte nach 1815 ins katholischeWestfalen gebracht, zusammen mit dem Adventskranz, dem Weih-nachtsbaum und der Ausrichtung des Weihnachtsfestes auf Familieund Kinder. Dann kamen die im Ruhrgebiet angesiedelten Arbeiteraus Polen und Schlesien, denen der Karpfen die Lebkuchensauce ver-dankt. Sie alle haben ihre weihnachtlichen Traditionen mitgebrachtund den westfälischen Speisezettel bereichert.

PrügelkrapfenDer Prügelkrapfen gehört in eine Reihe altüberlieferter Gebäcke oderGebäcktürme, die in vielen Gegenden Europas zur Weihnachtszeit üblichsind. Sie alle drücken den Wunsch nach Fülle, Segen und Glück aus. InDeutschland ist diese Gebäckart unter dem Namen »Baumkuchen« bereitsseit dem Kochbuch des Churmainz’schen Küchenmeisters Rumpolt ausdem Jahr 1581 bekannt.

Ein richtiger Baumkuchen ist von Laien nicht zu backen, weil maneinen speziellen Ofen dafür benötigt. Wir haben für Sie ein Rezept füreine Baumkuchentorte (links), die Ihnen eine Ahnung von diesem deli-katen Gebäck auf den Tisch zaubert.

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BAUMKUCHENTORTE

ZUTATEN

250 g weiche Butter

250 g Zucker

1 Pck. Vanillinzucker

6 Eier

2 EL Rum

185 g Mehl

70 g Speisestärke

1 TL Backpulver

1 Pr. Salz

FÜR DIE GLASUR

200 g Puderzucker

2 EL Zitronensaft

Die Butter mit dem Zucker und demVanillinzucker cremig rühren, bis derZucker ganz aufgelöst ist. 3 Eier tren-

nen. Das Eigelb und 3 ganze Eiernach und nach in die Crememasserühren. Den Rum hinzufügen. DasMehl mit der Speisestärke und demBackpulver sieben und esslöffelweise

unterrühren. Backpapier einfettenund eine Springform damit auslegen.Den Backofen auf 200 °C vorheizen.Das Eiweiß mit dem Salz zu steifemSchnee schlagen und unter den Teigheben. 3 EL Teig in die Form füllen,

die Oberfläche glatt streichen. ImOfen auf mittlerer Schiene in etwa

8 Minuten hellgelb backen. Auf dengebackenen Kuchenboden 2 EL Teig

streichen und wieder goldgelbbacken. So fortfahren, bis der Teig

aufgebraucht ist. Es entstehen 8 bis 9Teigschichten. Den Kuchen auf einKuchengitter stürzen und erkaltenlassen. Den Puderzucker mit demZitronensaft glatt rühren und die

Torte damit überziehen. Erst wenndie Glasur ganz fest geworden ist, die

Torte mit einem in heißes Wassergetauchten Messer in 16 Stücke teilen.

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