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Wie wir altern

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Page 1: Wie wir altern

Altern_Titel.QXD 31.01.2005 14:15Uhr Seite 1

Page 2: Wie wir altern

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Inhalt

Welt der Alten – Methusalem World 4Theorien des Alterns 6Tierisch Alt 9Der alternde Körper 12Auch die Sinne schwinden 21Wie das Gehirn altert 23Schlafen im Alter 26Lesetipps 29Linktipps 30

Impressum

Text: Axel Bach,Johanna Bayer, Tobias Beck, Kristin Raabe,Tanja Winkler, Tilman Wolff

Redaktion und Koordination: Claudia Heiss

Copyright: wdr November 2004Weitere Informationen erhalten sie unter: www.quarks.de

Gestaltung: Designbureau Kremer & Mahler, KölnDiese Broschüre wurde auf 100 % chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt.

Bildnachweise:

Alle Abbildungen wdr

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Wie wir altern

Altern_innen 31.01.2005 14:16Uhr Seite 2

Page 3: Wie wir altern

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In Deutschland liegt die durchschnittliche Lebenserwartung heute bei 81,2 Jahren fürFrauen und bei 75,3 Jahren für Männer. Vor 100 Jahren sah das anders aus: Die dama-lige Generation der 1904 Geborenen hatte die beiden Weltkriege, die Hungerjahredanach und die Wirtschaftskrisen der 1920er Jahre noch vor sich. Die – heute fest-stellbare – tatsächliche durchschnittliche Lebenserwartung dieser Generation lag nuretwa bei 46 Jahren.

Für Säuglinge der Gegenwart haben die Demographen andere Zahlen errechnet: Danachhat etwa jedes zweite heute Neugeborene gute Chancen, einmal 100 Jahre alt zuwerden. Ein Alter, das unseren Vorfahren wie die Unsterblichkeit vorgekommen seindürfte: So schätzen Forscher heute, dass Menschen in der Steinzeit im statistischenMittel etwa 21 Jahre alt wurden, männliche Grundbesitzer in England um 1200-1300etwa 35 Jahre. Etwas später schlug der Schwarze Tod zu: Während die Pest in denJahren 1350-1400 in England wütete, sank das (geschätzte) Durchschnittsalter derGrundbesitzer auf nur etwa 18 Jahre.

Als Grund für den rapiden Anstieg der Lebenserwartung in der westlichen Welt seitder zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nennen Wissenschaftler die gestiegene Hygieneund die immer bessere medizinische Versorgung weiter Teile der betreffendenGesellschaften. Die Entwicklung weitet sich mittlerweile aus, eine „Methusalem-World“,eine Welt der Alten zeichnet sich ab. Denn Tatsache ist, dass die durchschnittlicheLebenserwartung der Menschen überall auf der Erde steigt.

Die Bevölkerungspyra-mide steht Kopf

Wir zeigen die Verteilungder Gesamtbevölkerunganhand der Sitzordnungeiner Hochzeitsgesell-schaft im Jahre 1900und 2050: Die Männersitzen links, die Frauenrechts, vorne sitzen dieAlten, hinten die Kinder.

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Deutschland immer leerer – immer älter

Glaubt man den Berechnungen der Demographen wird es im Deutschland des Jahres2050 etwa 30 Millionen weniger Deutsche geben als heute. Ganze 51 Millionen, stattder heute 83 Millionen Bürger, soll unserer Republik dann noch zählen. Doch damit nochnicht genug: Weil die Geburtenrate seit den 1960er Jahren stetig zurückgeht, nimmtder Anteil alter Menschen in der deutschen Gesellschaft zu.

Deutschland ist eine der kinderärmsten Gesellschaften der Welt — rein rechnerischbekommt jede Frau hierzulande gerade einmal knapp 1,4 Kinder, in Ostdeutschlandliegt der Wert sogar nur bei 0,77! Das ist weltweit der niedrigste jemals gemesseneWert. Zum Vergleich: Mindestens etwas mehr als 2,1 Kinder pro Frau müssen es sein,damit eine Gesellschaft ihren Bevölkerungsstand halten kann.

Während 1999 die über 65Jährigen in Deutschland etwa 15% der Bevölkerung aus-machten, werden im Jahr 2050• bei anhaltend niedrigem Geburtenniveau, • steigender Lebenserwartung sowie einer • jährlichen Zuwanderung von 200.000 eher

jüngeren Personen etwa 29,3 %, also knapp ein Drittel der Bevölkerung, über 65 Jahre alt sein. Das errech-nete Durchschnittsalter läge dann für Deutschland bei über 50 Jahren.

Diese Entwicklung bliebe für Deutschland nicht ohne Folgen. Um den aktuellen gesell-schaftlichen Wohlstand aufrecht erhalten zu können, müssten die Deutschen dann biszum Alter von 70 Jahren Vollzeit und danach noch einmal etwa 10 Jahre lang in Teilzeitarbeiten. So die Annahme von James Vaupel, Direktor am Max-Planck-Institut für Demografiein Rostock. Trübe Aussichten also.

Alle werden immer älter

Wissenschaftler haben verschiedene Theorien zum Alter: Alter sei ein genetischesProgramm sagen die einen, andere halten das Alter für eine Folge von Verschleiß-erscheinungen, die sich im Lauf eines Lebens häufen. Sicher ist: Wir werden alle immerälter — die Lebenserwartung der Menschen ist in den vergangenen anderthalb Jahr-hunderten beträchtlich gestiegen.

1840 hatten schwedische Frauen mit Abstand die höchste Lebenserwartung: Daswaren damals im Durchschnitt 45 Jahre. Heute sind Japanerinnen die Spitzenreiterinnen,was die Lebenserwartung angeht: Etwas über 85 Jahre werden sie durchschnittlichalt. Seit den ersten Messungen ist die höchste Lebenserwartung kontinuierlich um etwa2,5 Jahre pro Jahrzehnt gestiegen — pro Jahr um drei Monate.

Welt der Alten – Methusalem World

Die Bevölkerungspyramide

1900 und 2050 (Schätzung);

nahezu eine Umkehrung

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Page 4: Wie wir altern

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Die blaue Farbe steht hier gewissermaßen für die Zelle. In einesder Gläser ist zusätzlich ein wenig Vitamin C gelöst. Wenn mandann in beide Gläser eine geringe Menge eines freien Radikalsgibt, lässt sich ein deutlicher Unterschied erkennen: ImBecherglas mit schützendem Vitamin C bleibt die blaue Farbeunverändert: Das Vitamin C konnte die freien Radikale abfan-gen. Im Becherglas ohne schützendes Vitamin C greift das freieRadikal den blauen Farbstoff direkt an und zerstört ihn.

Vitamin C hat also neben vielen anderen Funktionen auch dieAufgabe unsere Zellen vor dem Angriff freier Radikale zu schüt-zen. Bereits eine ausgewogene Ernährung mit Obst undGemüse deckt den normalen Tagesbedarf von 100 mg Vita-min C ausreichend.

In dem linken Becherglas wird der

Farbstoff durch die freien Radikale

zerstört

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Warum Menschen, Tiere und Pflanzen altern, ist bis heute einRätsel. Immerhin kennen Wissenschaftler eine Reihe vonMechanismen, die das Altern unserer Zellen bestimmen.Grundsätzlich werden zwei unterschiedliche Erklärungsmusterfür den Alterungsprozess herangezogen, die sich teilweise auchwidersprechen. Die einen meinen, dass Altern einfach die Folgeverschiedener Abnutzungserscheinungen sei, andere Theoriengehen davon aus, dass das Altern bereits in irgendeiner Formgenetisch festgelegt sei. Die meistgenannte Erklärung für dasAltern der Zelle, die Theorie von den freien Radikalen, gehtvon Verschleißerscheinungen aus.

Die freien Radikale

Freie Radikale werden Moleküle genannt, die nur ein einzel-nes Elektron haben und leicht mit anderen MolekülenVerbindungen eingehen. Radikal-Moleküle, die in der Zelle

Freie Radikale und Vitamin C – ein Experiment

Die Zellen im Körper sind freien Radikalen nicht schutzlos aus-geliefert: Mit zelleigenen Reparatur-Programmen reparierenEnzyme die von den Radikalen ausgelösten Schädigungen.Irgendwann ist die Zelle aber doch so angegriffen, dass sie ent-artet oder abstirbt.

Daneben kann sich der Körper aber noch auf andere Weise gegendie freien Radikale wehren: Bestimmte Stoffe (so genannteAntioxidantien oder Radikalfänger, wie zum Beispiel Katalase,Vitamin A und C) fangen die freien Radikale schon ab, bevorsie die Zelle schädigen können.

Diesen Effekt kann man in einem Experiment eindrucksvoll zei-gen: Zwei Bechergläser sind mit einer Lösung des blauen Farb-stoffs Gallocyanin gefüllt.

beim normalen Verbrennungsprozess entstehen, tragenzumeist ein reaktionsfreudiges Sauerstoff-Atom. Neben denSauerstoffradikalen kommen im Körper auch Sauerstoff-Stickstoffradikale, Wasserstoffperoxid und Hydroxylgrup-pen vor.

Freie Radikale entstehen aber nicht nur beim lebensnotwen-digen Atmungs- und Verbrennungsprozess, sondern auch durchäußere Einflüsse wie UV-Licht, Radioaktivität, Ozon. Auchdas Rauchen produziert zusätzliche Radikalmoleküle. In jederZelle entstehen Tag für Tag über 10.000 dieser hochreakti-ven Verbindungen. Eine Zeitlang kann das zelleigene Repa-raturprogramm die von den Radikalen ausgelösten Schädi-gungen reparieren. Irgendwann ist die Zelle aber so ange-griffen, dass sie nicht mehr richtig funktioniert. Die Zelle stirbtab. Die Folge: Je nach Zelltypus z. B. machen die Muskelnschlapp (Muskelzellen) und die Haut wird grau und faltig(Haut- und Bindegewebezellen).

Die innere Uhr einer jeden

einzelnen Körperzelle schreibt vor,

wie oft sie sich teilen darf.

In dem rechten Becherglas

ist neben dem Farbstoff zusätzlich

etwas Vitamin C gelöst

Theorien des Alterns

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Einen direkten Vergleich oder gar Übertragbarkeit ihrerErgebnisse auf den Menschen verneinen die Forscher vehe-ment. Die Lebensspanne des Wurms misst sich in Tagen, diedes Menschen in Jahrzehnten – für die Ausbildung von krank-haften Krebsgeschwüren beispielsweise ist beim Wurm garkeine Zeit.

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Die Theorie von den Telomeren

Eine derzeit diskutierte Theorie beschreibt einen anderen Prozessdes Alterns. Sie geht davon aus, dass die Anzahl der möglichenZellteilungen begrenzt ist. Bei jeder Zellteilung trennen sichdie DNA-Stränge in den Chromosomen der Zelle und verdop-peln sich. Die Enzyme, die für diese Verdoppelung zuständigsind, lassen auf Grund ihrer chemischen Struktur am Ende derDNA-Stränge bei jeder Zellteilung ein Stück weg. Anfangs —davon geht diese Theorie aus — nehmen weder Erbinformationnoch Zelle dabei Schaden. Der Grund: Die Enden der DNA-Stränge, die so genannten Telomere, enthalten gar keineErbinformation. Aber irgendwann sind die Telomere am Endeund erste Gene werden gekappt. Da die Zelle dann nicht mehrrichtig funktioniert, begeht sie eine Art programmiertenZelltod und stirbt. Auch das ist gewissermaßen eineAbnutzungserscheinung — auch, wenn sie den Gen-Infor-mationsträger, die DNA der einzelnen Zelle betrifft.

Der Wurm Caenorhabditis elegans

In den vergangenen Jahren haben Forscher in aller Welt immerwieder postuliert, sie hätten bei verschiedenen Lebewesen(Mäusen, Würmern, Insekten) ein so genanntes „Altersgen“entdeckt — ein Gen auf dem sozusagen ein Programm für dasAltern festgelegt sei. Der Idee von einem einzelnen Gen, dasfür das Altern verantwortlich sei, widersprechen jetzt Wissen-schaftler aus Freiburg.

Bei ihrem Forschungsobjekt, dem Wurm C. elegans, haben dieBioinformatiker Ralf Baumeister und Maren Hertweck einEnzym gefunden, das als eine Art Biokatalysator für denAlterungsprozess funktioniert. Fehlt das von ihnen entdeckte Enzym SGK, reagieren die Zellen der Würmer weniger emp-findlich auf Umweltstress – dazu gehören auch die freien Radi-kale. Die Lebenserwartung der Würmer nimmt zu.

Das SGK – so erklären die Forscher – scheint über verschiede-ne Prozesse Auswirkungen auf einen Genschalter zu haben,der das Altersprogramm der Zelle ein- bzw. ausschaltet. Alternwäre demnach das Zusammenspiel verschiedener Prozesse:von Verschleißerscheinungen und von einem genetischemProgramm, das sich allerdings nicht auf ein einzelnes Genbeschränkt, sondern selbst über verschiedene Faktoren ge-steuert wird, jedenfalls beim Wurm Caenorhabditis elegans.

Tierisch Alt

Jedes Tier altert auf seine Weise

Ein Vergleich mit der Tierwelt zeigt: Der Mensch liegt mit etwa80 Jahren Lebenserwartung altersmäßig im Mittelfeld. EineRiesenschildkröte wird fast 200, der Goldhamster dagegen höch-stens vier Jahre alt. Warum die Lebensuhr für jedes Tier an-ders tickt, kann die Wissenschaft bis heute nicht beantwor-ten. Sicher ist jedoch: Die Ursache des Alterns liegt in den Genen.Und egal wie lange ein Tier lebt, im Wesentlichen läuft immerdas gleiche Programm ab: Fressen, Partnersuche und Fort-pflanzung. Wenn die Tiere schließlich sterben, haben sie alleihr biologisches Ziel erreicht: Die Erhaltung der eigenen Art.

Rekordhalter Riesenschildkröte

Auf Galapagos, einer Inselgruppe rund 1000 km vor der KüsteEcuadors, lebt der Methusalem der Tierwelt. Die Riesenschildkrötewird bis zu 180 Jahre alt , ihr ganzes Leben scheint in Zeitlupezu vergehen. Erst mit 30 ist sie ausgewachsen und geschlechts-reif. Von da an paart sich die Riesenschildkröte jeden Sommer,legt etwa ein Dutzend Eier und sorgt so für Nachkommen.

Die Fortpflanzung selbst ist ziemlich kompliziert: Nicht immer,wenn beim Weibchen der Eisprung erfolgt, ist auch ein Männ-chen zur Stelle. Außerdem ist der Geschlechtsakt so schwie-rig, dass es nur in 3 % der Fälle zur Übertragung von Spermienkommt. Damit die Paarung dennoch gelingt hat die Riesen-schildkröte einen Trick entwickelt: Die Schildkröten paarensich nicht nur zur fruchtbaren Zeit des Weibchens, sondernden ganzen Sommer über immer wieder. War das Übertragendes Samens erfolgreich, kann ihn die weibliche Riesenschild-kröte bis zum nächsten Eisprung speichern. Etwa fünf Monatenach der Eiablage schlüpfen dann die kleinen Schildkröten.

Die Riesenschildkröte –

der Methusalem der Tierwelt

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Frühreif und kinderreich: Hamster

zeugen im Laufe des Lebens eine

regelrechte Kinderschar

Nach dem Schlüpfen läuft

der Countdown. Die Fliege hat

nur einen Tag Zeit

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Beinahe menschlich: der Schimpanse

Unser nächster Verwandter wird maximal 60 Jahre alt. Wieder Mensch lebt der Schimpanse weit über seine fruchtba-re Zeit hinaus, wird sozusagen zu Oma oder Opa. Damit gehörter zu den echten Ausnahmen im Tierreich, denn die meistenTierarten sterben, wenn ihre fruchtbare Phase vorbei ist. Mitzehn Jahren werden Schimpansen geschlechtsreif und bereitsmit zwölf bringen die Weibchen ihr erstes Affenkind zur Welt.Nach der Geburt sind die jungen Schimpansen ausge-sprochene „Mama-Kindchen“: Vier Jahre lang werden sie ge-stillt und erst, wenn sie selbst auf Partnersuche gehen, lösensie sich aus der starken Mutterbindung. Die Mutter wird erstgegen Ende der Stillzeit wieder schwanger. Spätestens mit45 Jahren kommen Schimpansenweibchen in die Wechsel-jahre. Danach leben sie noch bis zu 15 Jahre als Seniorin inihrer Affenfamilie – Seite an Seite mit den Affensenioren.

Goldhamster: der Fortpflanzungskünstler

Bei dem kleinen Nager geht alles schnell: Bereits vierWochen nach der Geburt sind die Weibchen geschlechtsreifund gehen auf Partnersuche. Die Schwangerschaft dauert nuretwa 16 Tage! Damit hält der Goldhamster unter Säugetierenden absoluten Schnelligkeits-Rekord! Bei einem Wurf kom-men bis zu zwölf Hamsterbabys zur Welt. Und bereits ein paarWochen später kann die Hamstermutter wieder schwangerwerden. Dieser Zyklus wiederholt sich, bis der Hamster imAlter von höchstens vier Jahren stirbt.

Am Abend fällt der Vorhang: die Eintagsfliege

Für die Eintagsfliege läuft der genetische Film im Zeitraffer.Als ausgewachsenes Tier bleibt ihr maximal ein Tag Zeit, umdas wichtigste biologische Ziel zu erreichen: die Fortpflanzung.Die Mücke wird mit der letzten Häutung zum erwachsenenTier und ist geschlechtsreif. Jetzt läuft die Uhr – sie suchtsich sofort einen Partner, mit dem sie sich noch im Flug paart.Danach wirft die Eintagsfliege die befruchteten Eier aus demFlug aufs Wasser und stirbt. Bei einem derart knappen Zeitplanbleibt der Eintagsfliege am Tag ihrer Paarung nicht einmalmehr Zeit zum Fressen.

Fast wie beim Menschen –

Affen werden 60 und ihre Kinder

gehätschelt und gepflegt

Alterstabelle Höchstalter Geschlechtsreife

Riesenschildkröte 180 Jahre 30 Jahre

Mensch 122 Jahre 12 Jahre

Krokodil 110 Jahre 6 Jahre

Esel 100 Jahre 4 Jahre

Elefant 70 Jahre 15 Jahre

Schimpanse 60 Jahre 10 Jahre

Faultier 30 Jahre 2 Jahre

Kolibri 12 Jahre 1,5 Jahre

Hamster 4 Jahre 0,08 Jahre

Eintagsfliege 1 Tag sofort

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diese Regenerationsfähigkeit allerdings in der Regel nach,so dass immer weniger dieser Sinneszellen übrig bleiben.Die nachlassenden Sinne führen zu einem Appetitverlustund damit oft zu einseitiger Ernährung. Allerdings gibt esauch Menschen, die selbst in hohem Alter gut riechen undschmecken und über einen gesunden Appetit verfügen.

Gehör

Bereits ab dem 40. Lebensjahr kann es zu einem beginnen-den Hörverlust kommen, doch erst ab 60 Jahren tritt dieAltersschwerhörigkeit häufiger auf. Sie betrifft beideOhren und führt dazu, dass Betroffene vor allem hohe Tönenicht mehr so gut hören können. Auch das Sprachverständnisleidet darunter, denn die hohen Töne werden benötigt, umWorte und Sätze voneinander zu unterscheiden. VieleÄltere klagen gleichzeitig über einen Tinnitus – beides zusam-men: die zusätzlichen Ohrgeräusche und die Verständigungs-schwierigkeiten können zu Depressionen und Verwirrtheitführen.

Sehsinn

Viele Augenerkrankungen nehmen im Alter zu, aber am häu-figsten und bekanntesten ist die Altersweitsichtigkeit.Das Auge kann keine Gegenstände mehr scharf abbilden,die weniger als fünf Meter entfernt sind. Die Linse wird mitdem Alter immer weniger elastisch und formbar und kannsich dadurch immer schlechter an kürzere Entfernungen anpas-sen, bis sie mit etwa 60 Jahren ihre Anpassungsfähigkeitan kurze Entfernungen verloren hat. Diese häufigeAlterserscheinung kann man mit einem einfachen Hilfsmittelbeheben: einer Brille.

Haare

Die Haare verlieren im Alter am ganzen Körper ihre Farbe:die Pigmentzellen in den Haarwurzeln stellen keinen Farb-stoff mehr her. Wenn noch ein Haar wächst, wird es weiß.

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Schon wenn der Mensch heranwächst, beginnt er zu altern.Jedes Wachsen und Reifen heißt automatisch Altern, denndie Aufbauzeit im Organismus ist begrenzt. Nach demAufbau folgt der Abbau an vielen Stellen des Körpers. AmOffensichtlichsten zeigt sich das Altern an äußerlichenErscheinungen: Falten, schlaffe Haut, schlechte Durchblutungund graue Haare. Aber auch innerlich spielen sich Alte-rungsprozesse ab: Im Laufe der Jahre altert unser gesam-ter Körper.

Gehirn

Bei unserer Geburt ist das Gehirn eines der wenigenOrgane das noch nicht völlig ausgereift ist. Erst mit 18 Jahrenist der Reifungsprozess des Gehirns abgeschlossen. Mit denJahren fällt uns dann das Lernen immer schwerer. Dafür kön-nen wir mit dem bereits erworbenen Wissen immer besserumgehen und so Probleme schneller erkennen und lösen.Aber das alte Gehirn ist auch deutlich flexibler als bislangangenommen. Selbst nach einem Schlaganfall können 60Jährige heute mit dem entsprechenden Training beispiels-weise die Kontrolle über die Feinmotorik ihrer Hand wie-der zurückgewinnen.

Im Vorderhirn nimmt die Gehirnaktivität zuerst ab. Hier sitztsozusagen die Hardware für höhere kognitive Fähigkeiten.Weil sie nicht unbedingt überlebenswichtig sind, gehen hierzuerst Nervenzellen zugrunde. Das Stammhirn altert zuletzt.In diesem Gehirnbereich werden lebenswichtige Funktionen,wie zum Beispiel die Atmung, kontrolliert.

Geruch und Geschmack

Die beiden Sinne hängen sehr eng zusammen. Auf der Zungewerden die fünf Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig,bitter und umami wahrgenommen. Aber um zum Beispieldas volle Aroma eines guten Weins zu genießen, brauchtman die Nase. Die Geschmackszellen auf der Zunge und dieRiechzellen in der Nase sterben alle paar Monate ab undwerden durch neue ersetzt. Mit zunehmendem Alter lässt

Der alternde Körper

Das Gehirn zählt zu den wenigen

Organen, die nach der Geburt

noch nicht ausgereift sind.

Es muss erst reifen, um dann auch

tatsächlich altern zu können.

Um das volle Aroma

wahrzunehmen, arbeiten drei

Millionen Riechzellen

im Dach der Nasenhöhle

Verständigungsschwierigkeiten

und zusätzliche Ohrgeräusche

können zu Depressionen und

Verwirrtheit führen.

Die Augenlinse wird im Alter

immer unelastischer. Alters-

weitsichtigkeit ist die Folge

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Page 8: Wie wir altern

Falten entstehen im Alter dort,

wo Kollagenfasern spröde

werden und brechen

Fresszellen nagen in den

Knochen an der Substanz und

hinterlassen löchriges Gebälk.

Das Bindegewebe wird hart,

spröde und verliert Wasser.

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Bindegewebe an Elastizität und wird spröde. Das betrifft unteranderem das Lungengewebe und die Wände von Adern, Ve-nen und Arterien – denn die Wände der Blutgefäße enthal-ten ebenfalls Bindegewebe. Wenn es sich im Alter verhär-tet, sind die Wände weniger dehnbar und der Blutfluss wirdeingeengt und behindert. Das führt zu hohem Blutdruck mitmöglicherweise fatalen Folgen wie Herzinfarkt oderSchlaganfall.

Knochen

Die Knochen sind eine lebenslange Baustelle, dynamischerAuf- und Abbau ist normal. Aber im Alter verschiebt sich dasVerhältnis von aufbauenden und abbauenden Knochenzellen.Ab dem 50. Lebensjahr wird mehr Knochenmasse abgebautals aufgebaut, vor allem bei Frauen. Verantwortlich dafürist die hormonelle Umstellung in den Wechseljahren, derÖstrogenspiegel bei Frauen sinkt. Auch Männer produzie-ren im Alter weniger Sexualhormone (u. a. Testosteron), wennauch die Umstellung nicht so gravierend ist. Die Folge derHormonveränderung und des stärkeren Knochenabbausist eine löchrige, poröse Knochenarchitektur, die leichtbricht. Es handelt sich um eine typische Alterserscheinung,die keine Auswirkung des modernen Lebenswandels ist. Dennaus Ausgrabungen weiß man, dass der altersbedingteKnochenschwund im Mittelalter bei älteren Menschengenauso oft vorkam wie heute. Abgesehen von dem natür-lichen Knochenschwund kommt es aber sehr häufig zueinem krankhaft starken Knochenabbau, der so genanntenOsteoporose: Die Knochen brechen schon bei geringerBelastung. Das führt zu Schmerzen und gerade bei älterenMenschen oft zur Pflegebedürftigkeit. Jede dritte Frau undjeder achte Mann über 50 ist betroffen.

Gelenke und Bandscheiben

In den Gelenken sitzen Knorpel als Stoßdämpfer, die ihrePolstereigenschaft zu einem guten Teil der Fähigkeit verdan-ken, Wasser speichern zu können. Der alternde Körper ver-liert das Wasser, und so schrumpfen auch die Knorpel.

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Doch im Alter produzieren immer mehr Haarfollikel nur nochdünne Wollhärchen, oder sie stellen ihre Aktivität ganz ein– schütteres Haar oder Glatze sind die Folge. Allerdings sinddiese Veränderungen individuell sehr unterschiedlich – esgibt Menschen, die ihre Haare samt natürlicher Farbe über60 Jahre behalten, andere ergrauen schon mit Anfang 30.Die Glatze bei Männern bildet sich oft schon vor dem 30.Lebensjahr, davon ist ein Drittel aller Männer betroffen.

Haut

Die Haut altert, im Gegensatz zu anderen Organen, sichtbar:Insgesamt wird sie im Alter dünner und weniger elastisch.Das Unterhautfettgewebe nimmt ab. Die Talgdrüsen und dieSchweißdrüsen bilden sich zurück, so dass die Haut am gan-zen Körper trockener wird. Im Gesicht strapazieren zusätzlichMimik, Sonnenlicht und Klima die Haut, dort sind die Alters-erscheinungen besonders auffällig. Wie bei den Haaren kön-nen diese Prozesse individuell sehr unterschiedlich schnellvorangehen. Mit Kosmetik sind sie kaum aufzuhalten,Cremes erreichen in der Regel die tieferen Schichten der Hautnicht, wo sich die entscheidenden Veränderungen abspie-len. Falten entstehen im Alter dort, wo die tief in der Unter-haut liegenden Kollagenfasern spröde werden und brechen.Darüber hinaus gibt es noch weitere Zeichen der Hautalterung:

• vergrößerte Poren an Nase, Stirn und Kinn• tiefere Mimikfalten (Stirn, Augenwinkel, neben der Nase)• Trockenheit und Trockenheitsfalten, vor allem an den Wangen• Pigmentflecken im Gesicht, an Händen und Armen

(Altersflecken)• Verhornung (Schuppen, Hornhaut)

Bindegewebe

Das Bindegewebe verliert mit dem Alter seine Fähigkeit, Was-ser zu speichern. Insgesamt wird es dünner. Außerdem ändertsich in vielen Fällen auch seine Struktur: Das Kollagen, ausdem viele Bindegewebsfasern bestehen, vernetzt sich mitzunehmendem Alter immer mehr; dadurch verliert das

Die Pigmentzellen in den

Haarwurzeln stellen keinen

Farbstoff mehr her

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Page 9: Wie wir altern

Im Alter lagert der Organismus

mehr Fett ein und Muskelfasern

bauen sich ab

Im Alter wird die Lunge anfälliger

für Infektionen

Schlacken lagern sich in den

Adern ab und verstopfen die

Blutgefäße

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Herz und Kreislauf

Das so genannte Altersherz entwickelt sich bei vielenMenschen ab dem 60. Lebensjahr. Das Herz ist ein Muskelund die typischen Alterserscheinungen von Muskelfasernim ganzen Körper greifen auch hier: Die Herzwand verdicktsich, weil sich Muskelfasern abbauen und durch Bindegewebeersetzt werden. Das Herz wird dadurch kleiner und gedrun-gener, die Schlagleistung lässt nach. Anzeichen für dasAltersherz können hoher Blutdruck, Herzrhythmusstörungen,häufiges Aufwachen in der Nacht und Atemnot sein. Auch„Wasser in den Beinen“ ist ein typisches Anzeichen für eineverminderte Herzleistung. Außer dem Herzen leiden auchdie Blutgefäße unter Alterserscheinungen: Ablagerungen sam-meln sich in ihnen an. Ihre Entstehung hängt unter ande-rem mit den Blutfettwerten zusammen. Die Wände derAdern sind weniger elastisch, denn hier verhärtet sich dasBindegewebe wie an vielen anderen Stellen des altenKörpers. Zusammen mit der verminderten Schlagleistung desHerzens und den Ablagerungen in den Gefäßen führt daszu höherem Blutdruck – darunter leidet jeder Dritte über 60.Dabei steigt die Gefahr, einen Herzinfarkt zu erleiden.

Die Lunge

Ab 60 Jahren ist das Lungenemphysem verbreitet. DieLungenbläschen erweitern sich, weil das Gewebe wenigerelastisch ist. So verringert sich die Oberfläche, die der Lungezur Verfügung steht, um Sauerstoff aufzunehmen. DieFolgen sind Atemnot und eine geringere körperlicheBelastbarkeit. Außerdem ist man anfälliger für Infektionen.Denn das Husten – ein Schutzreflex – ist erschwert, so kön-nen Krankheitserreger besser in der Lunge verbleiben. DieLunge wird insgesamt anfälliger für Infektionen, so steigenbereits ab dem 40. Lebensjahr die Fälle von chronischerBronchitis in der Bevölkerung an. In höherem Alter sindLungenentzündungen häufig.

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Dieser Prozess ist normal und muss nicht zwangsläufig zuSchmerzen führen, hat allerdings eine eingeschränkteBeweglichkeit zur Folge. Doch meist führt darüber hinausjahrelange falsche Belastung dazu, dass sich die Knorpelmit zunehmendem Alter abnutzen. Das betrifft bei einem vor-wiegend „sitzenden“ Lebensstil zum Beispiel die Bandscheibenin der Wirbelsäule, die aus gallertartigem Knorpel bestehen.Erste Abnutzungserscheinungen können schon mit Mitte 20auftauchen, mehr oder weniger deutliche Verschleißer-scheinungen hat jeder ab Ende 30. Ist die Abnutzung so stark,dass sie Schmerzen bereitet, spricht man von Arthrose. Amhäufigsten betroffen sind Knie, Hüften, Wirbel (Band-scheiben) und Fingergelenke.

Muskeln

Im Alter bauen sich die Muskeln nicht mehr so schnell auf,ihr Gesamtanteil am Körpergewicht wird geringer. Dafür la-gert der Organismus mehr Fett ein und der Anteil des Binde-gewebes steigt. Vor allem die kurzen Muskelfasern (Typ-II-Fasern) reduzieren sich. Das sind die Muskeln, die fürSpitzenleistungen und großen Krafteinsatz gebraucht wer-den. Bergab geht es mit den Muskeln schon ab dem 40. Le-bensjahr und bis zum 75. Lebensjahr verlieren sie rund 30Prozent an Masse. Daher können alte Menschen keine gro-ßen Kräfte mehr entwickeln: Die maximale kurzfristigeSpitzenleistung eines 75-Jährigen beträgt nur noch etwa 40Prozent im Vergleich zu der eines 30-Jährigen. Ausdauerleis-tungen sind dagegen noch wesentlich besser möglich: 70 %der Dauerleistung ist auch im Alter noch erreichbar. Dahergibt es Achtzigjährige, die noch Marathon laufen, doch imSprint können sie nicht mehr mithalten. Wichtig für dieLebensqualität alter Menschen: Sie können die verbliebenenMuskeln bis nach dem 80. Lebensjahr trainieren. Das lohntsich, weil es beweglich und selbstständig macht. Außerdemschützen gut trainierte Muskeln im Alter vor Stürzen undKnochenbrüchen.

Knochen und Knorpel nutzen sich

ab und werden spröde, die

Bandscheiben schrumpfen

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Page 10: Wie wir altern

Die Filterleistung der Nieren nimmt

ab, Blasenmuskeln und Schließ-

muskel bilden sich zurück. Eine

mögliche Folge: Inkontinenz

Sechs bis sieben Millionen Eizellen

gibt es im weiblichen Embryo

Die Thymusdrüse ist für die

Produktion von Wachstums-

hormonen verantwortlich

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wollt Urin oder Kot. Bei Männern vergrößert sich die Prostata,bei den über 65-Jährigen ist jeder Dritte betroffen. Das führtoft zu Harnstörungen, Inkontinenz und Schmerzen. Imschlimmsten Fall zu Prostatakrebs, der mittlerweile denLungenkrebs als häufigste Krebsart beim Mann abgelöst hat!Wichtig: Ab dem 45. Lebensjahr zur Vorsorgeuntersuchung gehen.

Eizellen

Weibliche Eizellen werden in sehr großer Menge angelegt,doch die meisten von ihnen sterben ab, ohne jemalsbefruchtungsfähig geworden zu sein. Sechs bis sieben MillionenEizellen gibt es in einem weiblichen Embryo. Bis zur Geburtist der überwiegende Teil davon verschwunden, nur rundeine Million Eizellen bleiben übrig. Wenn das Mädchenschließlich in die Pubertät kommt, sind es nur noch rund400.000 Eizellen, die für etwa 30 Jahre Fruchtbarkeit rei-chen müssen. Und rund 4.000 von ihnen werden jemals reif.Davon gelangen nur wenige hundert in den Eierstock.

Thymusdrüse

Die Thymusdrüse sitzt hinter dem Brustbein und ist wich-tig für das Immunsystem und für das Wachstum. Solangewir jung sind, schüttet sie viele Wachstumshormone aus undsteuert die Entwicklung. Deshalb hat sie ihre Aufgabeerfüllt, wenn der Körper ausgewachsen ist und bildet sichdann zurück. Zwischen dem 14. und dem 18. Lebensjahr be-ginnt sie bereits zu schrumpfen. Im 50. Lebensjahr besitztsie weniger als ein Drittel ihrer ursprünglichen Größe.Ärzte sprechen dann vom „Thymusrestkörper“. Der größteTeil ihres Gewebes ist durch Fettzellen ersetzt. Manche For-scher vermuten, dass nicht nur der Wachstums-, sondernauch der gesamte Alterungsprozess des Körpers mit der nach-lassenden Funktion der Thymusdrüse zusammenhängt.

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Darm und Verdauung

Ab dem 50. Lebensjahr lassen verschiedene Drüsen in ihrerProduktivität merklich nach. Das betrifft auch die Drüsen,die für die Produktion von Verdauungssäften zuständigsind. Der Magen produziert weniger Magensäfte und die Bauch-speicheldrüse baut sich ab. Weil die Bauchspeicheldrüse dannnur noch wenig oder gar kein Insulin produziert, entstehtein so genannter Alterszucker: Viele Menschen müssendann Insulin spritzen oder Diät halten. Fast ein Drittel allerPatienten jenseits des 60. Lebensjahres kommt wegen Er-krankungen des Magen-Darm-Trakts zum Arzt: Geschwüre,Verstopfung, chronische Darmentzündungen, Darmverschlüsseund Blinddarmreizungen. Außerdem können sich die Bauch-organe absenken: Der Magen verlagert sich RichtungRücken, so dass die gesamte Weiterleitung des Nahrungsbreisgestört ist. Auch im Darm stellen sich Alterserscheinungenein: Die Bakterienflora im Darm verändert sich im höherenLebensalter und schwächt damit das Immunsystem. Dennder Darm ist unser größtes Immunorgan. Die veränderteBakterienzusammensetzung kann verhindern, dass wichti-ge Vitamine oder Spurenelemente aufgenommen werden,unter anderem Vitamin B. Rund ein Drittel aller Menschenüber 65 hat so genannte Darmdivertikel, das sind Ausbuch-tungen der Darmschleimhaut in Dünndarm oder Dickdarm.In ihnen können sich Reste sammeln, die mechanisch an derDarmwand reiben und sie reizen können. In schlimmen Fällenbrechen die Divertikel auf, Darminhalt gelangt in den Bauch-raum und gefährliche Entzündungen können entstehen.

Niere und Blase

Die Niere verliert ab etwa dem 65. Lebensjahr an Leistungs-kraft: Ihre Filterleistung ist bei einem 80 Jahre altenMenschen nur noch etwa halb so hoch wie bei einemZwanzigjährigen. Daher müssen zum Beispiel bestimmteMedikamente im Alter vorsichtig dosiert werden, denn dieNieren filtern das Blut langsamer als früher. So bleiben mehrArzneiwirkstoffe im Körper. Allgemein bilden sich im Alterdie Muskeln zurück, und das Gewebe ist weniger elastisch.Das betrifft auch den Beckenboden, den Blasenmuskel undden Schließmuskel des Afters. Nachts muss man öfter Wasserlassen. Häufig kommt es zu Inkontinenz – man verliert unge-

Auch im Darm stellen sich

Alterserscheinungen ein:

es fehlt an Verdauungssäften,

die Muskeln sind schlaff

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Wenn die Sinne Streiche spielen

Generell gilt: Je älter ein Mensch wird, desto schlechter hörter. Die Altersschwerhörigkeit kann das Verständnis vonSprache und damit die Kommunikation erschweren, dieBetroffenen fühlen sich häufig isoliert und einige entwickeln sogar Depressionen. Auch die Augen lassen nach, Menschenmit Altersweitsicht können Gegenstände in kurzer Entfernungnicht mehr richtig scharf sehen. Aber meistens ist das mit einerBrille vergleichsweise einfach zu beheben und auch ältere weit-sichtige Menschen können zum Beispiel wieder Bücher lesen.Viele Ältere riechen und schmecken mit zunehmendem Alternicht mehr so gut und das kann sich stark auf den Appetit aus-wirken...

Früher Feinschmecker ...

Geruchs- und Geschmackssinn hängen eng zusammen. Die Zun-ge schmeckt die fünf Geschmacksrichtungen süß, sauer, sal-zig, bitter und umami und hilft uns zu entscheiden, wie wiruns ernähren oder was wir besser nicht essen sollten. Die Emp-findung „bitter“ warnt uns zum Beispiel vor verdorbenenLebensmitteln. Doch für das Schmecken ist die Nase unver-zichtbar: Um das volle Aroma der Nahrung wahrzunehmen arbei-ten rund drei Millionen Riechzellen im Dach der Nasenhöhle.Mit ihnen können wir etwa 10.000 verschiedene Duftstoffevoneinander unterscheiden. Zunge und Nase vermitteln unsalso nur gemeinsam den Geschmackseindruck.

...heute schokoladensüchtig

Sowohl die Riechzellen in der Nase als auch die Geschmacks-zellen auf der Zunge sterben mit den ableitenden Nervenfasernzum Gehirn alle paar Monate ab und werden durch neueersetzt. Aber mit zunehmendem Alter lässt diese Regenerationnach. Die Zellen und Nervenfasern sterben zwar immer nochmit der gleichen Geschwindigkeit, werden aber immerlangsamer ersetzt, so dass beispielsweise die Anzahl derGeschmackszellen im Laufe des Lebens um rund 75 % auf2.000-3.000 abnimmt. Das wirkt sich auf das Geschmacks-empfinden aus. Ältere Menschen haben häufiger eine

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Weibliche Sexualorgane

Ab etwa Mitte 40 geht bei Frauen die Produktion des Sexu-alhormons Östrogen zurück. Die Eierstöcke verändern sichund stellen ihre Tätigkeit mehr und mehr ein, so dass nichtmehr regelmäßig Eizellen heranreifen. In der Regel tritt dieletzte Blutung zwischen dem 45. und dem 55. Lebensjahrein. Die so genannten Wechseljahre beginnen, die frucht-bare Phase der Frau ist vorbei.

Die verminderte Produktion der Sexualhormone kann inden Wechseljahren zu einer trockenen Vagina und zuSchmerzen beim Geschlechtsverkehr führen. Als Hauptursachefür nachlassende sexuelle Aktivität gilt diese Veränderungnicht. Vielmehr stehen häufig andere Punkte im Vordergrund:Probleme in der Partnerschaft, fehlender Partner oderPotenzprobleme des Mannes. Für Frauen existieren bishernur wenige Untersuchungen zur Sexualität im Alter.

Männliche Sexualorgane

Die Produktion von Spermien dauert im Idealfall fast das ganzeLeben lang. Männer können also noch bis ins hohe Alter Kinderzeugen. Ab etwa dem 40ten Lebensjahr nimmt die Produktiondes Hormons Testosteron langsam ab. Das Hormon, das inden Hoden produziert wird, ist zuständig für den Sexualtriebund die Spermienproduktion. In höherem Alter verkleinernsich die Hoden und durch die verminderte Testosteronproduk-tion kommt es zu einer Vergrößerung der Prostata.

Es gibt verschiedene Gründe, die rein physiologisch zuErektionsschwäche oder zur Impotenz führen können: So kannder Nerv, der für die Erektion zuständig ist, bei einerOperation der Prostata verletzt werden. Auch die verminderteTestosteronproduktion im Alter kann indirekt durch Müdigkeitoder nachlassende Lust zu Potenzstörungen führen. Häufigerist aber, dass die Durchblutung des Penis durch altersbeding-te Gefäßverengungen gestört ist. Dafür sind die Risikofak-toren Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel, Diabetesund hoher Blutdruck verantwortlich.

Das volle Aroma können nur

Zunge und Nase zusammen

wahrnehmen

Ältere Menschen schmecken

Salz erst in höheren Konzen-

trationen

Auch die Sinne schwinden

Im Alter nimmt die Ausschüttung

der Sexualhormone ins Blut ab

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Das Gehirn zählt zu den wenigen Organen, die nach der Geburt noch nicht ausgereiftsind. Es muss erst reifen, um dann auch tatsächlich altern zu können. Im Alter von dreiJahren verfügt jede Hirnzelle über etwa 15.000 Kontaktstellen zu anderen Nervenzellen— bei der Geburt waren es nur 2.500. In den ersten drei Lebensjahren kommen alsoviele neue Verbindungsstellen hinzu. Aber es bleibt nicht bei dem Maximum von 15.000Kontakstellen pro Hirnzelle: Bis zum Alter von 18 Jahren werden immer mehrVerbindungen zwischen Nervenzellen abgebaut — bis es nur noch ungefähr 10.000 sind.

Dann erst ist der Reifungsprozess des Gehirns abgeschlossen: Denn die Kontaktstellenzwischen den Nervenzellen bilden sich durch Erfahrungen und Lernen so lange zurück,bis nur noch die Verbindungen übrig bleiben, die wir auch tatsächlich brauchen. Diesewichtigen Verbindungen werden durch das Lernen verstärkt.

Mit dem Alter fällt das Lernen immer schwerer

Die für das Lernen notwendigen Umbauprozesse an den Verbindungsstellen derNervenzellen funktionieren mit zunehmendem Alter nicht mehr ganz so gut. Zu diesemErgebnis kommen Forscher von der Harvard Medical School: Sie untersuchten die sogenannte Genaktivität im Gehirn von Menschen im Alter von 26 bis 106 Jahren. Es stell-te sich heraus, dass die speziell für Lernprozesse wichtigen Gene im Verlauf des Alternsimmer weniger aktiv sind.

Das gilt vor allem für einen Hirnbereich: das Vorderhirn. Hier hört das Lernen als Erstesauf. Denn dort sitzt sozusagen die Hardware für die höheren kognitiven Fähigkeiten.Dazu zählt zum Beispiel das Abstraktionsvermögen. Das Vorderhirn ist übrigens auchder Hirnbereich, der als Letztes ausgereift ist. Der Abbauprozess beim Altern des Gehirnsbeginnt hier als Erstes, weil die Funktionen des Vorderhirns nicht lebenswichtig sind.Zuletzt altert das Stammhirn. Es kontrolliert schließlich so wichtige Prozesse wie unse-re Atmung.

Außerdem wirken alte Gehirne oft so, als seien sie ein wenig geschrumpft. Das liegtallerdings nicht daran, dass wir so viel Hirnmasse verlieren. Das alte Gehirn hat ein-fach zu wenig Wasser. Wer ausreichend trinkt, wirkt dem entgegen.

Babys sind Universalgenies – Altern bedeutet Spezialisierung

Babys können bis zu 156 Laute voneinander unterscheiden. Wenn sie dann sprechenlernen, spezialisieren sie sich immer mehr auf ihre eigene Muttersprache. Für einenerwachsenen Deutschen etwa sind manche Laute aus der Hindusprache nicht zu unter-scheiden. Neugeborene haben damit jedoch kein Problem.

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Wie das Gehirn altert

höhere Wahrnehmungsschwelle für Zucker und Salz alsjunge Menschen. Deswegen schmeckt für sie vieles fad, siehaben oft Lust auf Süßes und Versalzen ihr Essen.

Kein Appetit ohne Sinne

Altere Menschen haben oft weniger Appetit – besondersspürbar wird diese Veränderung ab 70 Jahren. Auch Medika-mente können dazu beitragen, dass Geruchs- und Geschmacks-sinn nachlassen und damit auch der Appetit. Darunter fallenbeispielsweise einige Antibiotika, Beruhigungsmittel, Blut-hochdruckmittel und andere Arzneimittel. Menschen, diebeim Essen nicht mehr alles wahrnehmen, ernähren sichhäufig falsch – oft kommen Vitamine zu kurz. Bei einigenMenschen führt es auch zu mehr Infekten, viele nehmen imAlter stark ab.

Die Sinne anregen

Mit ein paar Tricks lässt sich der Appetit überlisten. Zum Bei-spiel kann der Geschmack besonders würziger Kräuter dieWahrnehmungsschwelle älterer Menschen überschreiten unddas Essen auch für sie wieder schmackhaft machen. Hilft dasnicht, können natürliche ätherische Öle zu Hilfe genommenwerden. Außerdem isst das Auge bekanntlich mit: Buntzusammengestellte Lebensmittel regen den Appetit genau-so an wie ein schön gedeckter Tisch. Und natürlich: In net-ter Gesellschaft essen!

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Während das Gehirn altert, verliert es ständig an Fähigkeiten – aber es gewinnt auchneue hinzu. Das lässt sich auch im Alltag beobachten: Oder sind Sie vielleicht noch nievon einem fünfjährigen Kind im „Memory“ geschlagen worden? Das Arbeitsgedächtnisder Kinder funktioniert in diesem Alter noch besonders gut. Mit elf bis zwölf Jahren aberfangen Kinder an, sich vom bildhaften Denken zu lösen. Sie gewinnen dafür mit derZeit immer mehr an Abstraktionsvermögen und können immer besser logisch denken.Diese Fähigkeiten haben bei jungen Erwachsenen im Alter von etwa 20 Jahren ihrenHöhepunkt erreicht. Kein Wunder also, dass viele naturwissenschaftliche Genies ihreHöchstleistungen bereits sehr früh erbrachten. So veröffentlichte Albert Einstein diespezielle Relativitätstheorie bereits mit 26 Jahren. Bereits mit Anfang zwanzig hatte erbegonnen, an ihr zu arbeiten. Im Alter hatte er jedoch keine großen Entdeckungen mehrvorzuweisen. Stattdessen engagierte er sich in der Friedensbewegung und gründetemit 66 Jahren eine Initiative von Wissenschaftlern gegen den Atomkrieg. Auch bei die-ser Arbeit war Albert Einstein sehr einflussreich. Die folgenden Zitate werden seit vie-len Jahren immer wieder veröffentlicht und auf Plakaten gedruckt:

„Ich weiß nicht, welche Waffen im nächsten Krieg zur Anwendung kommen, wohl aber,welche im übernächsten: Pfeil und Bogen.“

„Wenn einer mit Vergnügen zu einer Musik in Reih und Glied marschieren kann, dannhat er sein großes Gehirn nur aus Irrtum bekommen, da für ihn das Rückenmark schonvöllig genügen würde.“

Dass Albert Einstein sich im Alter stärker politisch als naturwissenschaftlich engagierte,hat sicherlich auch mit seiner persönlichen Lebensgeschichte als von den Nazis ver-folgter Jude zu tun. Aber es ist dennoch auffällig, dass in der Politik und in denGeisteswissenschaften vor allem ältere Menschen Erfolge feiern. Das liegt möglicher-weise auch daran, dass die Sprachgewandtheit — beispielsweise die Fähigkeit eineRede zu halten — im Alter besser ist als noch in jungen Jahren. Andere Fähigkeitenlassen schon früh nach. Bereits mit Mitte 30 ist das Reaktionsvermögen herabgesetzt.Und das Arbeitsgedächtnis ist auch nicht mehr das, was es einmal war. Dabei lernenwir immer besser, mit alltäglichen Problemen umzugehen. Wir können die eigenen Schwächenbesser erkennen und abmildern. Altern bedeutet also den konstanten Verlust und Gewinnvon Fähigkeiten.

Das Gehirn als Computer

Letztlich ist das Gehirn, wie jedes andere Organ auch, den natürlichen Alterungsprozessenunterworfen. Es lässt sich mit einem alten Computer vergleichen: Die Hardware ist schonziemlich altersschwach und der Speicher relativ voll. Der alte Computer ist also ziem-lich langsam. Die Software funktioniert aber noch einwandfrei und was bereits einmalgespeichert wurde, lässt sich immer noch abrufen. Die vielen gespeicherten Erfahrungenführen manchmal sogar dazu, dass alte Menschen in bestimmten Tests besser abschnei-den als junge.

Das bewies Michael Falkenstein vom Institut für Arbeitsphysiologie in Dortmund. Erließ alte und junge Versuchspersonen unter Zeitdruck einfache Reaktionstests absol-vieren, bei denen sie auf ein Signal am Monitor hin bestimmte Tasten drücken mus-sten. Dabei waren die Alten ein wenig langsamer als die Jungen. Aber Schnelligkeitist nicht alles: Die jungen Studienteilnehmer machten doppelt so viele Fehler wie dieAlten.

Die Auswertung der Hirnströme der Versuchspersonen zeigte, warum das so ist: Alteund Junge trafen zur selben Zeit die Entscheidung, welche Taste sie drücken wollten.Aber die Alten brauchten länger, um den Tastendruck auch tatsächlich auszulösen. Dadurchblieb ihnen aber mehr Zeit, eine falsche Entscheidung rückgängig zu machen. Sie warenalso vorsichtiger — und das ist sicherlich kein Nachteil.

Geistig Fit auch im Alter

Eine Vielzahl von Studien bestätigt es: Wer sein Leben langgeistig aktiv bleibt, der lässt auch im Alter nicht so schnellnach. Pianisten beispielsweise leiden seltener an Vergesslich-keit. Sie sind es schließlich ihr Leben lang gewohnt, ganzeNotenbücher auswendig zu lernen. Auch ihre gute Feinmoto-rik beim Klavierspielen trainiert das Gehirn. Ein anderes Beispiel:Nonnen und Mönche, die seit Jahrzehnten theologischeTexte studieren, bleiben oft auch im Alter geistig gesund. Undwer kennt nicht Johannes Heesters und Inge Meysel? Beidewaren bzw. sind bis ins hohe Alter als Schauspieler aktiv. DasAuswendiglernen der vielen Rollen, die sie in ihrem Lebengespielt haben, hat ihr Gehirn trainiert und sie damit vor dertypischen Altersvergesslichkeit bewahrt.

Aber man muss kein Profimusiker oder Schauspieler sein und auch keinem Ordenbeitreten, um möglichst lange seine geistige Leistungsfähigkeit zu erhalten. LösenSie beispielsweise öfter einmal ein Kreuzworträtsel, betreiben sie Gehirnjogging mitkniffligen Aufgaben oder versuchen sie, als Rechtshänder einige Tätigkeiten mit linksdurchzuführen (kämmen, umrühren, etc.).

Wer im Alter geistig fit sein will,

muss sein Gehirn trainieren

Junge Menschen reagieren

schneller

Alte Menschen sind vorsichtiger Bei manchen Tests machen Junge

doppelt so viele Fehler wie Alte

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Schlaf ist nicht gleich Schlaf

Im Schlaflabor kann man verschiedene Parameter messen, diezusammen ausgewertet eine Aussage über die tatsächlicheSchlafqualität zulassen. Dabei zeigt sich, dass ältere Menschenim Vergleich zu jungen insgesamt kürzer schlafen, auch dieeinzelnen Schlafphasen sind in sich kürzer. Und der Tiefschlafist nicht mehr so fest wie bei jungen Menschen. Der Schlafder Älteren ist also insgesamt leichter als in jungen Jahren unddamit auch störanfälliger, sowohl gegenüber äußeren Reizenwie etwa Geräuschen, als auch gegenüber inneren Reizen wiebeispielsweise Stress.

Wenn die Uhr nicht richtig tickt

Ältere Menschen haben häufig noch ein anderes Problem: IhrSchlaf-Wach-Rhythmus, Ihre innere Uhr funktioniert nichtmehr so gut wie früher, Licht bedeutet für sie nicht mehr soeindeutig „wach“ und Dunkelheit ist kein so eindeutiges Zeichenfür „müde“. Das liegt unter anderem an der vermindertenHormonproduktion, die als Signale im Körper den Schlaf-Wach-Rhythmus steuern. Zum Beispiel wird normalerweise bei Dun-kelheit das Schlaf-Hormon Melatonin produziert. DiesesHormon wird bei genügend Licht wieder abgebaut, man ist wach.Verbleibt es jedoch im Körper, kann das die Ursache für eineTagesmüdigkeit sein.

Zusätzlich haben viele ältere Menschen häufig nicht mehr soviele Ereignisse in ihrem Leben, die als Zeitgeber fungierenwie die Arbeitszeiten im Beruf, gemeinsames Essen mit derFamilie oder mit Freunden oder andere Aktivitäten. Ihre Uhrist also verschoben, oft gehen Ältere früh zu Bett und wachensehr früh wieder auf.

Wenn der Schlaf gestört ist

Ältere Menschen haben also einen leichteren und kürzeren Schlafals junge Menschen. Das muss aber nicht zu einem Problemwerden. Einige Menschen gleichen die fehlende Nachtruhe miteinem kurzen Mittagsschlaf wieder aus. Nur wer lange wachliegt und grübelt, entwickelt eine Schlafstörung. Immer vor-ausgesetzt, es liegen keine organischen Ursachen vor. DieserÄrger über den verlorenen Schlaf kann sich zu einer richtigenPanik vor dem Zubettgehen entwickeln, so dass sich die Erwartung

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In Morpheus’ Armen

Im Schlaf regenerieren sich Körper und Seele. Über denTraum werden die Erlebnisse des Tages oder wichtige Ereig-nisse verarbeitet und beim Aufwachen fühlt man sich frischund erholt. So sollte es sein. Aber in Deutschland leiden rund40 % der über 65jährigen unter Schlafstörungen. Bei einigenist der Schlaf nur phasenweise gestört wie zum Beispiel kurzvor Prüfungen, andere haben dauerhafte und organischbedingte Schlafstörungen, beispielsweise durch Depressionenoder eine Schlafapnoe. Die Schlafapnoe ist eine Schlafstörungbei der es zu, zum Teil lebensbedrohlichen, Atemaussetzernkommt.

Andere Schlafstörungen haben keine organischen Ursachen,sondern kommen zum Beispiel durch falsche Erwartungen anden eigenen Schlaf zu Stande. Auch wenn die Ursachen unddas Maß der Bedrohung unterschiedlich sind, eins haben alleSchlafstörungen gemein: der Schläfer ist am nächsten Tag nichtausgeruht und fühlt sich wie gerädert.

Im Schlaflabor wird auch

getestet, ob ein Schlaf-

patient eine organische

Ursache hat

Der Vergleich der

Schlafkurfen zeigt:

Der Schlaf der Älteren

ist insgesamt leichter und

damit störanfälliger

Nicht jeder ältere Mensch

bekommt eine Schlafstörung

Schlafen im Alter

Tageslicht bringt die

innere Uhr wieder in Gang

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wieder nicht schlafen zu können bestätigt. So reiht sich balddurchwachte Nacht an durchwachte Nacht.

Den Schlaf zurückerobern

In den USA wurde ein Verfahren entwickelt, das sich Schlaf-restriktion nennt. Teilnehmen können Menschen mitSchlafstörungen ohne organische Ursachen. Diese Therapiewird auf jede Patientin und jeden Patienten individuell zuge-schnitten und auch die bisherige Erfahrung zum Beispiel mitSchlafmitteln mit einbezogen. Das Wesentliche dieserTherapie ist der Schlafentzug. Zunächst mal hat der Patientfeste Bettzeiten, in denen er liegen darf und auch wenn ererst gegen Ende der Bettzeit einschläft, muss er trotzdem auf-stehen. Das führt zunächst zu einer Verschlimmerung derMüdigkeit. Aber nach einigen Wochen zeigt sich meist dererste Erfolg: Der Patient freut sich wegen der strengenBettzeiten und der starken Übermüdung auf sein Bett.Außerdem werden die Einschlafzeiten immer kürzer.

Was Morpheus sonst noch auf die Sprünge hilft

Die Schlafmediziner sprechen von richtiger Schlafhygiene, womit nicht etwa das Zäh-neputzen gemeint ist. Es gibt aber einige Tipps, die jede Frau und jeder Mann beher-zigen können:

• Bewegung bei Tageslicht, um die innere Uhr in Gang zu bringen. Auch ein Wintertaghat zur Mittagszeit mehr Licht als ein hell erleuchtetes Wohnzimmer und führt sozum Abbau vom Schlaf-Hormon Melatonin. Damit verschwindet auch die Tages-müdigkeit

• Keine Uhr im Schlafzimmer, damit man nicht verleitet wird, die Zeit des Wachliegenszu messen

• Wer nicht schlafen kann, soll aufstehen und aus dem Schlafzimmer gehen, damitdas Schlafzimmer erst gar nicht mit Grübelei und Angst verknüpft wird

• Fernseher aus dem Schlafzimmer verbannen• Ab nachmittags keine koffeinhaltigen Getränke• Nicht zuviel Alkohol, denn der Abbau des Alkohols führt in der Nacht zu einem Mini-

Entzug und davon erwachen empfindliche Menschen schon bei geringen Mengen• Ab dem späten Nachmittag kein Nickerchen mehr, das stört die Nachtruhe

Lesetipps

„Alter und Altern – Fundiert, Das Wissensmagazin der Freien Universität Berlin“

Ein sehr gut lesbares und informatives Heft zum Thema; unter anderem mit Beiträgenzur weiblichen Sexualität im Alter, Alter in der Antike und zu Krankheiten des Alters.

Autor: FU BerlinISSN: 1616-5241Sonstiges: Zu beziehen über FU Berlin

Kommunikations- und InformationsstelleKaiserswerther Str. 16-18 | 14195 BerlinOder über das Internet: http://www.elfenbeinturm.net/fundiert/

„Männliche Sexualität und Alter“

Ein Buch auf dem aktuellen Stand des Wissens, aber leider nur teilweise für Laien ver-ständlich geschrieben – der Rest ist nur mit medizinischem Vorwissen zu verstehen.

Autor: Moritz Braun, Theodor Klotz, Udo Engelmann (Hrsg.)Verlagsangaben: ThiemeISBN: 3-13-133411-8Sonstiges: 1. Auflage 2004

„Am liebsten immer 40 – Mit Power in die 2. Lebenshälfte“

Diese Buch klärt über viele Bereiche des Lebens im Alter auf – von geistiger Fitnessüber Potenzstörungen bis hin zur kosmetischen Chirurgie. Es ist leicht verständlich undzeigt Wege zu einem gesünderen und angenehmeren Leben und im KrankheitsfalleBehandlungsmöglichkeiten auf.

Autor: Prof. Dr. med. Günther Jacobi, Dr. med. Eva HellmisVerlagsangaben: TIRASISBN: 3-8304-3122-8Sonstiges: 2003

„Die Aromaküche – Gesund und phantasievoll kochen mit ätherischen Ölen“

Viele Rezepte mit natürlichen Ölen sind in diesem Buch zu finden; mit einer Empfehlungdes Zellphysiologen und Geruchsexperten Prof. Dr. Hanns Hatt von der Universität Bochum.

Autor: Maria KettenringVerlagsangaben: Joy/VSBISBN: 3-928554-04-2Sonstiges: Paperback, 208 Seiten, 1 farb. Poster – 14 x 21 cm

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Das Bellheim-Netzwerk versteht sich als ein Netzwerk der 50+ Generation. Es will dasErfahrungswissen der Alten für die Wirtschaft erhalten.http://www.bellheim-netzwerk.de/

Sentha steht für seniorengerechte Technik im häuslichen Alltag und ist ein von der DeutschenForschungsgemeinschaft (DfG) gefördertes Projekt. In diesem Forschungsprojektarbeiten DesignerInnen der Berliner Universität der Künste und WissenschaftlerInnender Technischen Universitäten Berlin und Cottbus sowie dem Berliner Institut fürSozialforschung interdisziplinär zusammen. Die Ergebnisse dieser Zusammenarbeit sindinteressante Projekte im Grenzbereich zwischen, Kunst und Objektdesign. Die Sentha-Seite bietet eine Vielzahl von hervorragenden Fotos, die beispielsweise neue Mode oderBäder für alte Menschen darstellen. Außerdem lassen sich zu vielen Projektenanspruchsvoll gestaltete pdf-Broschüren herunterladen.http://www.sentha.udk-berlin.de/

Aromaküche – einige Informationen über das Würzen mit Aromaölen: http://www.satu-reja.de/Atherische_Ole/einzelne_Duftthemen/Aromakuche/aromakuche.html

Jung geblieben oder schon scheintot? Hier kann jeder seine persönliche Lebenserwartungberechnen. Sie hängt nicht nur vom Geburtsdatum ab. Auch der Wohnort, dasGeschlecht, Krankheiten und kleine Sünden haben großen Einfluss auf die durchschnittlicheLebenszeit jedes einzelnen. Aber Vorsicht: Die Berechnung beruht auf Mittelwerten sta-tistischer Untersuchungen. Keine Gewähr, dass man auch wirklich solange lebt, wiees einem der Rechner prophezeit...http://test.gesundheit.ch

Mehr Informationen zur Bevölkerungsentwicklung finden Sie hier (StatistischesBundesamt): www.destatis.de

An der Uniklinik Münster (http://www.schlafgestoert.de/OhnePillen/Schlafrestriktion/s-ohnepill-sr.html) und an der Uniklinik Köln (www.schlafambulanz.de) werden regel-mäßig Schlafrestriktionstherapien angeboten.

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Science, das Magazin – das renommierte Wissenschaftsmagazin trägt die neuestenForschungsergebnisse zum Thema Altern zusammen. Viele dieser Artikel sind leicht zugäng-lich und richten sich an interessierte Laien und Fachpublikum. http://sageke.sciencemag.org/

InitiativForum Generationenvertrag – Eine Gruppe von Seniorenstudenten, die gemein-sam mit jungen Studierenden nach neuen Wegen des gesellschaftlichen Miteinanderssucht. Die Mitglieder wollen den Generationenvertrag quasi umdrehen. Ihr Ziel: Die Altensollen die Jungen entlasten. An der Universität Köln haben sie beispielsweise das Projekt"Uniscouts" ins Leben gerufen. Qualifizierte Seniorenstudenten vermitteln zwischenWirtschaft und Wissenschaft. Sie helfen beispielsweise Forschern an der Uni, Firmenzu finden, die dazu bereit sind, wissenschaftliche Entwicklungen kommerziell umzu-setzen. Umgekehrt suchen die Uniscouts im Auftrag von Firmen nach Forschungsgruppen,die wirtschaftlich interessante Produkte entwickeln. http://www.uni-koeln.de/zentral/senioren/ifg/

Der Seniorenexpertenservice, kurz SES, vermittelt qualifizierte Rentner an Firmen undOrganisationen im In- und Ausland. Seniorenexperten vermitteln ihren Schülern in Hanoidas deutsche Bäckerhandwerk, errichten in Afrika Schulen und bringen auch inDeutschland mittelständische Unternehmen aus den roten Zahlen.http://www.ses-bonn.de/

Das Projekt Zukunftsjugend ist nach eigener Aussage "Deutschlands größtes Men-torenprojekt". Erfahrene Führungskräfte aus der sogenannten "competence genera-tion" begleiten junge Talente ein Stück ihres Weges. Auf der Website sind dieInformationen für die "competence generation" mit der Farbe orange gekennzeichnet,die für die talentierten Jungen sind dagegen grün.http://www.projekt-zukunftsjugend.de/

Das Bundesministerium für Familie und Bildung unterstützt die folgende Website. Ineiner umfangreichen Datenbank lassen sich Tausende von Projekten finden, die denDialog zwischen den Generationen fördern.http://www.generationendialog.de/

Das Generationennetzwerk Umwelt will Ideen und Anregungen geben, wie generatio-nenübergreifende und seniorenbezogene Projekte im Umweltbereich gelingen können.Acht Einrichtungen aus der Umwelt-, Erwachsenen- und Familienbildung wollen neueWege in der Generationen übergreifenden und seniorenbezogenen Arbeit entwickelnund erproben. "Surfen mit 70?" ist zum Beispiel ein Kurs, den das Nabu-Naturschutz-zentrum Rheinauen anbietet. Hier lernen Senioren den Umgang mit dem Internet.http://www.generationennetzwerk.de/

Linktipps

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