wenn sharon stone chopard trägt

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Seite 18 persönlich Dezember 2006 | THEMA ENTERTAINMENT MARKETING WENN SHARON STONE CHOPARD TRÄGT In der Schweiz ist Entertainment Marketing noch jung. Eine Zürcher Agentur, Creative Assets, hat sich dieses Metier auf die Fahne geschrieben. Gründer und Chef Manuel P. Nappo sagt, wann es Sinn macht, einen Star für die Marke einzusetzen. Wie bringt man Marken und Unterhaltungsformen zusammen? “Es gibt drei Ebenen: zum einen die Ebene Kino, TV, Serien, Internet, Theater (das sogenannte Product-Placement); die zweite Ebenen ist auf Personen zugeschnitten, die als Marken-Am- bassadoren agieren (das bekannte Celebrity Marketing); zum Dritten die Ebenen Premieren, Festivals, sonstige filmbezogene Plattformen (wir nennen sie Entertainment Events). Wie eine Mediaagentur Medien für klassische Werbung aussucht, tun wir dies beim Inhalt von Unterhal- tungsformaten. Ein Beispiel: Nicolas Cage und Montblanc gehen eine Partnerschaft ein. Cage trägt die Uhr im täglichen Leben. Wenn es das Drehbuch gestattet, wird er sie auch in seinem nächsten Film tragen. Und wenn Montblanc ei- nen Event oder ein Festival unterstützt, wird un- ter Umständen Nicolas Cage als Gast eingeflo- gen. Das bringt allen Parteien einen Nutzen. Es ist aber auch der Weg ‘Engagement in einem Film, Werbekampagne mit dem Star, Präsenz am Event’ denkbar. Der Uhrenhersteller Cho- pard, der im Filmbereich schon sehr aktiv ist, suchte eine Luxus-Botschafterin. Man wurde auf den Film ‘Basic Instinct 2’ aufmerksam. Sharon Stone passte als Botschafterin sehr gut. So trägt Stone Chopard-Schmuck im Film, trat an Chopard-Events in Cannes auf und in deren Wer- bung. Die Möglichkeiten sind da unendlich.” Sie begutachten Drehbücher und machen Package Deals mit Markenartiklern betreffend Product-Pla- cement. Das ist in der Schweiz eine junge Branche. Wie ist der Stand? “Wir stecken noch in den Kinderschuhen in die- sem Land. Eigentlich in Europa allgemein. Aber der Trend geht in diese Richtung. Besonders die EU-Kommissarin Viviane Reding macht sich stark für eine Liberalisierung. Es gibt auch hier einige sehr offene und zukunftsorientierte Pro- duzenten und Akteure.” Wie wird ein solcher Deal geschnürt? “Der Markenartikler muss wissen, wohin er mit seiner Marke will. Das ist immer der erste Schritt. Und der ist zum Teil wichtiger als das Budget. Bevor man eine Reise antritt, sollte man wissen, wohin man will. Basierend auf die- ser Zielvorgabe entwickeln wir eine passende Strategie und schlagen Celebrities vor, welche die Botschaft verkörpern. Dann entscheidet man zusammen mit dem Kunden. Und wenn der Richtige gefunden ist, wird der Kontakt ge- knüpft, direkt zum Schauspieler, zur Agentur oder zur Produktion.” Gibt es Branchen, die sich besonders eignen? “Consumer Goods und Autos haben die letzten Dekaden dominiert. Jetzt glaube ich besonders an Pharma und Banken, weil sie überall auf den Weltmärkten tätig sind.” Thema Budget: Um welche Beträge handelt es sich? “Das ist völlig unterschiedlich. Es sind immer in- dividuelle Lösungen. Beim letzten Bond, der all- gemein als Paradebeispiel gilt, kommt gemäss den Medien von den sechs Partnern die Summe von 100 Millionen Dollar zusammen. Das ist viel. Wenn man aber bedenkt, dass so ein Film nur schon im Kino 100 Millionen Zuschauer er- reichen wird und man dazu noch DVD- und Free- TV Zuschauer rechnet, was nochmals vielleicht 100 Millionen Personen bedeutet, beläuft sich der Kontaktpreis pro Zuschauer nur noch auf wenige Cents.” Von welchem Volumen sprechen wir? “Eine amerikanische Studie schätzt, dass die Werbeindustrie in diesem Jahr weltweit bereits 7,5 Milliarden Dollar in diese Werbeform inves- tiert hat. Dies entspricht einer Steigerung von rund 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Davon kann klassische Werbung nur träumen. Bis ins Jahr 2010 soll sich dieser Wert laut dem US- Branchenportal Adage.com gar auf 14 Milliar- den Dollar erhöhen. Zum rasanten Marktwachs- tum von Product-Placement trägt vor allem die Befürchtung bei, dass sich schon bald Techno- logien im TV-Bereich durchsetzen werden, die es ermöglichen, Werbung zu überspringen. Dazu kommen wachsende Zweifel an der Wirksamkeit klassischer Werbung.” Wird Product-Placement den klassischen Werbe- film eines Tages ersetzen? “Keinesfalls. Product-Placement ist nichts an- deres als ein weiteres Instrument im Arsenal einer Marketing-Abteilung.” Wie ist man in den USA organisiert betreffend Pro- duct-Placement? “In den USA wurde 1991 die E.R.M.A. (Enter- tainment Resources Marketing Association) ge- gründet. Hier treffen sich die Akteure wie Stu- dios, Agenten und Brands. Die E.R.M.A. hat unter anderem auch einen ‘Code of Ethics’ und einen ‘Code of Conduct’ entwickelt. Ziel ist es, den gesamten Bereich zu professionalisieren.” Seit wann gibt es Product-Placement? “In den USA wird Product-Placement viel libera- ler als hier behandelt. Es ist eine Industrie. In Hollywood gibt es Product-Placement seit den Anfängen des Films. Zuerst war es ein ein- faches ‘Zurverfügungstellen’ von Requisiten. In den Siebzigerjahren waren vorab Firmen der Alkohol- und Tabakbranchen mit Product- Placement aktiv. In den Achtzigerjahren wurde es dann zum Big Business. Disney und Coca- Cola und McDonald’s stiegen ein. Heute ist das Placement nur noch die Spitze des Eisbergs. Es geht um Deals wie den von NBC/Universal und VW (siehe Seite 32). Interessanterweise sind europäische Firmen ziemlich aktiv mit Product- Placement in Hollywood.” Wie liberal ist die Schweiz in dieser Branche? “Interessanterweise ist die Schweiz momentan noch liberaler als die EU. Wie man weiss, wird gerade über die neue RTVG-Verordnung disku- tiert. Diese würde, unter Umständen, massive Einschnitte bringen. Die SRG-Sender dürften da- bei zum Beispiel in ihren Formaten kein Product- Placement mehr beinhalten. Dies würde auch für Formate gelten, welche die SRG koprodu- ziert. Nun ist es aber so, dass in diesem Land die SRG einer der Hauptakteure in der Film- industrie ist. Die SRG produziert nicht nur die Schweizer Filme, welche am Sonntagabend aus- gestrahlt werden, sondern ist auch Koprodu- zentin der meisten Kinospielfilme wie zum Bei- spiel ‘Mein Name ist Eugen’ oder ‘Grounding’. Sollte die Verordnung so in Kraft treten, könnte das schwere Folgen für diese endlich erfolgrei- che Branche haben. Das Argument, dass man den Konsumenten schützen will, kann ich nicht gelten lassen. Die SRG dürfte den eben zitier- ten Bond ja trotzdem ausstrahlen. Und der wäre wiederum voll mit Placements. Warum sollen dann in Schweizer Filmen keine sein?” MANUEL P. NAPPO

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In der Schweiz ist Entertainment Marketing noch jung. Eine Zürcher Agentur, Creative Assets, hat sich dieses Metier auf die Fahne geschrieben. Gründer und Chef Manuel P. Nappo sagt, wann es Sinn macht, einen Star für die Marke einzusetzen.

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Page 1: Wenn Sharon Stone Chopard trägt

Seite 18 persönlich Dezember 2006 | THEMA ENTERTAINMENT MARKETING

WENN SHARON STONE CHOPARD TRÄGT

In der Schweiz ist Entertainment Marketing noch

jung. Eine Zürcher Agentur, Creative Assets, hat

sich dieses Metier auf die Fahne geschrieben.

Gründer und Chef Manuel P. Nappo sagt, wann es

Sinn macht, einen Star für die Marke einzusetzen.

Wie bringt man Marken und Unterhaltungsformen

zusammen?

“Es gibt drei Ebenen: zum einen die Ebene Kino,

TV, Serien, Internet, Theater (das sogenannte

Product-Placement); die zweite Ebenen ist auf

Personen zugeschnitten, die als Marken-Am-

bassadoren agieren (das bekannte Celebrity

Marketing); zum Dritten die Ebenen Premieren,

Festivals, sonstige filmbezogene Plattformen

(wir nennen sie Entertainment Events). Wie eine

Mediaagentur Medien für klassische Werbung

aussucht, tun wir dies beim Inhalt von Unterhal-

tungsformaten. Ein Beispiel: Nicolas Cage und

Montblanc gehen eine Partnerschaft ein. Cage

trägt die Uhr im täglichen Leben. Wenn es das

Drehbuch gestattet, wird er sie auch in seinem

nächsten Film tragen. Und wenn Montblanc ei-

nen Event oder ein Festival unterstützt, wird un-

ter Umständen Nicolas Cage als Gast eingeflo-

gen. Das bringt allen Parteien einen Nutzen. Es

ist aber auch der Weg ‘Engagement in einem

Film, Werbekampagne mit dem Star, Präsenz

am Event’ denkbar. Der Uhrenhersteller Cho-

pard, der im Filmbereich schon sehr aktiv ist,

suchte eine Luxus-Botschafterin. Man wurde auf

den Film ‘Basic Instinct 2’ aufmerksam. Sharon

Stone passte als Botschafterin sehr gut. So

trägt Stone Chopard-Schmuck im Film, trat an

Chopard-Events in Cannes auf und in deren Wer-

bung. Die Möglichkeiten sind da unendlich.”

Sie begutachten Drehbücher und machen Package

Deals mit Markenartiklern betreffend Product-Pla-

cement. Das ist in der Schweiz eine junge Branche.

Wie ist der Stand?

“Wir stecken noch in den Kinderschuhen in die-

sem Land. Eigentlich in Europa allgemein. Aber

der Trend geht in diese Richtung. Besonders die

EU-Kommissarin Viviane Reding macht sich

stark für eine Liberalisierung. Es gibt auch hier

einige sehr offene und zukunftsorientierte Pro-

duzenten und Akteure.”

Wie wird ein solcher Deal geschnürt?

“Der Markenartikler muss wissen, wohin er mit

seiner Marke will. Das ist immer der erste

Schritt. Und der ist zum Teil wichtiger als das

Budget. Bevor man eine Reise antritt, sollte

man wissen, wohin man will. Basierend auf die-

ser Zielvorgabe entwickeln wir eine passende

Strategie und schlagen Celebrities vor, welche

die Botschaft verkörpern. Dann entscheidet

man zusammen mit dem Kunden. Und wenn der

Richtige gefunden ist, wird der Kontakt ge-

knüpft, direkt zum Schauspieler, zur Agentur

oder zur Produktion.”

Gibt es Branchen, die sich besonders eignen?

“Consumer Goods und Autos haben die letzten

Dekaden dominiert. Jetzt glaube ich besonders

an Pharma und Banken, weil sie überall auf den

Weltmärkten tätig sind.”

Thema Budget: Um welche Beträge handelt es

sich?

“Das ist völlig unterschiedlich. Es sind immer in-

dividuelle Lösungen. Beim letzten Bond, der all-

gemein als Paradebeispiel gilt, kommt gemäss

den Medien von den sechs Partnern die Summe

von 100 Millionen Dollar zusammen. Das ist

viel. Wenn man aber bedenkt, dass so ein Film

nur schon im Kino 100 Millionen Zuschauer er-

reichen wird und man dazu noch DVD- und Free-

TV Zuschauer rechnet, was nochmals vielleicht

100 Millionen Personen bedeutet, beläuft sich

der Kontaktpreis pro Zuschauer nur noch auf

wenige Cents.”

Von welchem Volumen sprechen wir?

“Eine amerikanische Studie schätzt, dass die

Werbeindustrie in diesem Jahr weltweit bereits

7,5 Milliarden Dollar in diese Werbeform inves-

tiert hat. Dies entspricht einer Steigerung von

rund 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Davon

kann klassische Werbung nur träumen. Bis ins

Jahr 2010 soll sich dieser Wert laut dem US-

Branchenportal Adage.com gar auf 14 Milliar-

den Dollar erhöhen. Zum rasanten Marktwachs-

tum von Product-Placement trägt vor allem die

Befürchtung bei, dass sich schon bald Techno-

logien im TV-Bereich durchsetzen werden, die es

ermöglichen, Werbung zu überspringen. Dazu

kommen wachsende Zweifel an der Wirksamkeit

klassischer Werbung.”

Wird Product-Placement den klassischen Werbe-

film eines Tages ersetzen?

“Keinesfalls. Product-Placement ist nichts an-

deres als ein weiteres Instrument im Arsenal

einer Marketing-Abteilung.”

Wie ist man in den USA organisiert betreffend Pro-

duct-Placement?

“In den USA wurde 1991 die E.R.M.A. (Enter-

tainment Resources Marketing Association) ge-

gründet. Hier treffen sich die Akteure wie Stu-

dios, Agenten und Brands. Die E.R.M.A. hat

unter anderem auch einen ‘Code of Ethics’ und

einen ‘Code of Conduct’ entwickelt. Ziel ist es,

den gesamten Bereich zu professionalisieren.”

Seit wann gibt es Product-Placement?

“In den USA wird Product-Placement viel libera-

ler als hier behandelt. Es ist eine Industrie. In

Hollywood gibt es Product-Placement seit den

Anfängen des Films. Zuerst war es ein ein-

faches ‘Zurverfügungstellen’ von Requisiten.

In den Siebzigerjahren waren vorab Firmen der

Alkohol- und Tabakbranchen mit Product-

Placement aktiv. In den Achtzigerjahren wurde

es dann zum Big Business. Disney und Coca-

Cola und McDonald’s stiegen ein. Heute ist das

Placement nur noch die Spitze des Eisbergs. Es

geht um Deals wie den von NBC/Universal und

VW (siehe Seite 32). Interessanterweise sind

europäische Firmen ziemlich aktiv mit Product-

Placement in Hollywood.”

Wie liberal ist die Schweiz in dieser Branche?

“Interessanterweise ist die Schweiz momentan

noch liberaler als die EU. Wie man weiss, wird

gerade über die neue RTVG-Verordnung disku-

tiert. Diese würde, unter Umständen, massive

Einschnitte bringen. Die SRG-Sender dürften da-

bei zum Beispiel in ihren Formaten kein Product-

Placement mehr beinhalten. Dies würde auch

für Formate gelten, welche die SRG koprodu-

ziert. Nun ist es aber so, dass in diesem Land

die SRG einer der Hauptakteure in der Film-

industrie ist. Die SRG produziert nicht nur die

Schweizer Filme, welche am Sonntagabend aus-

gestrahlt werden, sondern ist auch Koprodu-

zentin der meisten Kinospielfilme wie zum Bei-

spiel ‘Mein Name ist Eugen’ oder ‘Grounding’.

Sollte die Verordnung so in Kraft treten, könnte

das schwere Folgen für diese endlich erfolgrei-

che Branche haben. Das Argument, dass man

den Konsumenten schützen will, kann ich nicht

gelten lassen. Die SRG dürfte den eben zitier-

ten Bond ja trotzdem ausstrahlen. Und der wäre

wiederum voll mit Placements. Warum sollen

dann in Schweizer Filmen keine sein?”

MANUEL P. NAPPO