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Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 03.11.2005
Zur Kommunikation von Wahrscheinlichkeiten
Relative Häufigkeiten sind grundsätzlich leichter zu erfassenals Wahrscheinlichkeitsaussagen:
• „An 30 von 100 solchen Tagen wie morgen regnet es“
• „Von 100 Männern im Alter von 40, die Nichtraucher sind erleiden 3 in den nächsten 10 Jahren einen Herzinfarkt“
• „In einem von 20 Fällen ist meine Prognose falsch“
• „10 von 100 Lesern missfällt diese Werbung“
Aber: Wahrscheinlichkeiten sind keine relativen Häufigkeiten
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 03.11.2005
Beispiel: Lotto
• Beim Lotto ist die Wahrscheinlichkeit bei einem Spiel einen 6er zu bekommen:
000000071.013983816
1
6
491
• „Einmal in 13 Millionen Spielen“
• „Einmal in 268 000 Jahren“
• „Es ist wahrscheinlicher, den Tag der Ziehung nicht mehr zu erleben, als zu gewinnen“
• Simulationsexperiment
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 03.11.2005
Zur Risikokommunikation
– Absolutes Risiko– Relatives Risiko– Anzahl der zusätzlich geschädigten Individuen
Es gibt drei Arten der Beschreibung von Risikenfür die Gesundheit:
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 03.11.2005
Beispiel 2 : Perinatale Sterblichkeit und Reaktorunfall von Tschernobyl
örblein und Küchenhoff (1997):
• Sterblichkeit 1987 von 0.8% auf 0.836 % erhöht
• Risiko um 4.5 % erhöht (relatives Risiko 1.045)
• ca. 317 zusätzlich verstorbene Kinder in Deutschland
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Beispiel 3 : Wirkung von Pravastatin
„ Menschen mit hohem Cholesterinspiegel können das Risiko eines erstmaligem Herzinfarkts sehr schnell um 22 Prozent vermindern, wenn sie einen häufig angewandten Wirkstoff namens Pravastatin einnehmen“
• Reduktion der Todesfälle von 41 auf 32 pro 1000 Patienten mit hohem Cholesterin 4.1% auf 3.2%. Differenz 0.9%.
• Reduktion um 22% (relatives Risiko 0.78) „22% werden gerettet“
• Es müssen 111 Patienten behandelt werden, um ein Menschenleben zu retten
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 03.11.2005
Medizinische Tests
10 Erkrankt
Personen
Gesund
9 Test P 1 Test N 10 Test P 980 Test N
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 03.11.2005
Bedingte Wahrscheinlichkeiten
Beachte: Die Bedingung entspricht der Bezugspopulation:
Sensitivität: 9 von 10 Kranken werden als solche erkannt:P(Test positiv| Patient krank) = 9/10
Spezifität: 980 von 990 Gesunden werden als solche erkannt:P (Test negativ| Patient gesund) = 98/99
Positiver prädiktiver Wert: 9 von 19 Test P sind krank:P (Patient krank|Test positiv) = 9/19
Prävalenz: 1 von 100 Personen ist krank: P (krank) = 1/100
Bezugspopulation von zentraler Bedeutung
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Fehlspezifikationswahrscheinlichkeiten
(bedingte) Klassifikationswahrscheinlichkeiten
Diagnose:
Klassifikation
wahrer Status
positiv negativ
positiv
negativ
Sensitivität
Empfindlichkeit
P(T+|K+)
Spezifität
Treffsicherheit
P(T-|K-)
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Krankheitswahrscheinlichkeiten im Diagnosetest
In der Praxis interessieren in der Regel die Klassifikationswahrscheinlichkeiten weniger, wohl aber die Frage, ob ein Test-positives Tier wirklich krank ist, d.h. (bedingten) Krankheitswahrscheinlichkeiten
Klassifikation
Test
Wahrheit (goldener Status)
positiv negativ
positiv
negativ
positiver
prädiktiver Wert
P(K+|T+)
negativer
prädiktiver Wert
P(K-|T-)
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 03.11.2005
Beispiel
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein positiv getestetes Tier wirklich krank ist ?
Prädiktiver Wert = ????
• Sensitivität P(T+|K+) = 0.98
• Spezifität P(T-|K-) = 0.95
• Prävalenz P(K+) = 0.2
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Lösung durch hypothetische Population
200 krank
800 gesund
196 positiv 4 negativ 40 positiv 760 negativ
Positiver prädiktiver Wert: 83.040196
196
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Theorie: Satz von Bayes
)|()()( ABPAPBAP
)(
)()|(
)(
)()|(
BP
APABP
BP
BAPBAP
Def.:
Satz von Bayes:
Multiplikationssatz:
)(
)()|(
BP
BAPBAP
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 03.11.2005
Satz von Bayes: Diagnosetests
)1()1(
)|()()|()(
)|()(
)()(
)()|(
)(
)()|(
)|(
SpezPvSensPv
SensPv
KTPKPKTPKP
KTPKP
KTPKTP
KPKTP
TP
KPKTP
TKP
Kennt man Sensitivität, Spezifität und Prävalenz, so gilt für den positiven prädiktiven Wert
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 03.11.2005
Lösung durch Satz von Bayes
Dann gilt für den positiven prädiktiven Wert
• Sensitivität P(T+|K+) = 0.98
• Spezifität P(T-|K-) = 0.95
• Prävalenz P(K+) = 0.2
040.0196.0
196.0
05.08.098.02.0
98.02.0)|(
TKP
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 03.11.2005
Diagnosetests: Beispiel II
Dann gilt für den positiven prädiktiven Wert
• Sensitivität P(T+|K+) = 0.98
• Spezifität P(T-|K-) = 0.95
• Prävalenz P(K+) = 0.01
18.005.099.001.098.0
01.098.0)|(
TKP
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 03.11.2005
Lösung durch hypothetische Population
100 krank
9 900 gesund
98 positiv 2 negativ 495 positiv 9 405 negativ
Positiver prädiktiver Wert: 18.049598
98
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Diagnosetests: Beispiel BSE ???
Dann gilt für den postitiven prädiktiven Wert
P(K+|T+)
Übung
• Sensitivität P(T+|K+) = 0.99 (???)
• Spezifität P(T-|K-) = 0.99 (???)
• Prävalenz P(K+) = 0.001 (???)
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Diagnosetests und (kleine) Prävalenzen
Achtung:
Bei der Bewertung von diagnostischen Verfahren, falls die Prävalenz der Erkrankung sehr klein ist (BSE, HIV, …)
• ist die (absolute) Anzahl falsch positiver Diagnosen hoch
• ist der positive prädiktive Wert gering
Wenn die Prävalenz gering ist,
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Begriff der Zufallsgröße
Ergebnisse von Zufallsexperimenten werden als Zahlen dargestellt:
Beispiele: • Punkte beim Werfen zweier Würfel• Zeit beim Warten auf den Bus• Ja= 1 nein = 0
Formal Abbildung:
:X
Im Beispiel:
4)2,2(
3)1,2(
3)2,1(
2)1,1(
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Verteilungsfunktion einer Zufallsgröße
Zur Charakterisierung von Zufallsgrößen benutzt
man die Verteilungsfunktion. Sie ist für eine
Zufallsgröße definiert als )()( xXPxF X
36/)321()4(
36/)21()3(
36/1)2(
0)1(
XP
XP
XP
XPIm Beispiel:
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Wahrscheinlichkeitsfunktion einer diskreten Zufallsgröße
Zur Charakterisierung von diskreten Zufallsgrößen
benutzt man die Wahrscheinlichkeitsfunktion.
Sie ist definiert als .)()( xXPxf
36/3)4(
36/2)3(
36/1)2(
0)1(
XP
XP
XP
XPIm Beispiel:
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 03.11.2005
Erwartungswert und Varianz diskreter Zufallsgrößen
sei eine diskrete Zufallsgröße mit den möglichen
Werten .
Dann sind der Erwartungswert und die Varianz
wie folgt definiert:
)(
)())(()))((()(
)()(
1
22
1
XVar
xXPXExXEXEXVar
xXPxXE
x
n
iii
n
iii
nxx ,...1
X
)(XE )(XVar
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Beispiel: Einfacher Würfel
5.36*6
15*
6
14*
6
13*
6
12*
6
11*
6
1)( XE
7.1
9.2)5.36(*6
1)5.35(*
6
1)5.34(*
6
1
)5.33(*6
1)5.32(*
6
1)5.31(*
6
1)(
222
222
X
XV
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Erwartungswert von linear transformierten Zufallsgrößen
Für eine Zufallsvariable gilt (mit beliebigen Konstanten
a und b):
)()(
)()(2 XVarbXbaVar
XEbaXbaE
X
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 03.11.2005
Binomialverteilung: Idee
Frage:
Wenn man aus diesem Bestand zufällig n Tiere auswählt (mit Zurücklegen), wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass hiervon m Tiere erkrankt sind?
• insgesamt N Tieren
• davon sind M erkrankt
• und (N-M) nicht erkrankt
Betrachtet wird ein Bestand mit
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Binomialverteilung: Formal
iX
erkranktnichtTiergezogenestesifalls
erkranktTiergezogenestesifallsX i ,0
,1
n
iiXXmitmXP
1
?,)(Frage:
ist Zufallsvariable mit möglichen Realisierungen
Dann gilt:
PN
MXP i )1(
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 03.11.2005
Binomialverteilung: Definition
mnm PPm
nmXP
)1()(
Die Zufallsvariable der Summe aus n unabhängigen
0-1-Variablen , heißt binomial-verteilt mit
Parametern n und P, kurz X~Bin(n, P)
Es gilt
n
iiXX
1
Vorlesung Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 03.11.2005
Binomialkoeffizient: Definition
))(...21()...21(
)...21(
)!(!
!
mnm
n
mnm
n
m
n
Beispiel
Die Größe
1062
120
)321()21(
)5...21(
2
5
heißt Binomialkoeffizient.
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Binomialverteilung: Anwendungen
• krank vs. gesund
• schwarzbunt vs. braun
• Niedersachsen vs. Bayern
• Grenzwert überschritten vs. unterschritten
• Versuch war erfolgreich vs. nicht erfolgreich
Die Binomialverteilung kann stets angewendet werden, wenn dichotome bzw. binäre, d.h. nomial skalierte Merkmale mit nur zwei Merkmalsausprägungen vorliegen
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Binomialverteilung: Beispiel
Wahrscheinlichkeit für Antibiotika positiv P = 1/10
gezogene Stichprobe n = 5
• Hormonuntersuchung bei Kälbern
0729.0729.001.010)9.0(1.02
5)2(
329.0656.01.05)9.0(1.01
5)1(
591.0591.011)9.0(1.00
5)0(
32
41
50
XP
XP
XP
etc.
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Binomialverteilung: Eigenschaften
• Anzahl der erwarteten erkrankten Tiere
E(X) = n P
Beispiel: E(X) = 5 0.1 = 0.5
• Varianz
Var(X) = n P (1-P)
Beispiel: Var(X) = 5 0.1 0.9 = 0.45
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Weitere diskrete Verteilungen
• hypergeometrische Verteilung
wenn die Auswahl ohne Zurücklegen erfolgt und die
Gesamtheiten klein sind
• Poisson-Verteilung
wenn die Ereignisse sehr selten sind