untersuchungen an pyrosulfurylverbindungen. ii. die struktur des pyroschwefelsäuredimethylesters...

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10 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 314. 1966 Untersuchungen an Pyrosulfurylverbindungen. 111) Die Struktur des Pyroschwefelsauredimethylesters und des Methanpyrosulfonsauremethylesters Von ARTHUR SIMON t und ALFRED PISCRTSCHAN Mit 1 Abbildung Inhaltsubersicht Bildung, thermischer und hydrolytischer Zerfall des Pyroschwefelsiiuredimethylesters und des bisher unbekannten Methanpyrosulfonsiiuremethylesters werden diskutiert. Fur beide Substanzen wird die symmetrische Molekulkonstitution entsprechend den bekannten Pyrosulfurylhalogeniden abgeleitet. Summary Formation, thermal and hydrolytical decomposition of the dimethylester of disul- phuric acid and of the hitherto unknown methylester of methanedisulphonic acid are dis- cussed. For both these esters a molecular constitution resembling the well-known one of the disulphuryl halides is shown to exist. Theoretischer Teil Pyroschwefelsauredimethylester M~TSCHINSKAJA, BELOW und Usow 2, stellten in Dimethylsulfat eine Gleichgewichtsreaktion fest, die AnlaB zu weiterer Umsetzung geben sollte : 0 * H,C/ \CH, + H,CO 0 H,CO H,CO/ h0 \sd + so, - Der entstehende Stoff, Dimethylpyrosulfat, konnte bei 10 Torr unter teil- weiser Zersetzung in die Ausgangskomponenten destilliert werden. Er raucht a n der Luft infolge von SO,-Abspaltung. l) A. SIMON t u. A. PISCHTSCHAN, I. Mitteilung, Z. anorg. allg. Chem. 344, 1 (1966). *) I. W. MATSCHINSKAJA, W. N. BELOW u. I. A. Usow, XypHan 06~eP XEIMHEI [J. allg. Chem.] 17, 2295 (1947).

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Page 1: Untersuchungen an Pyrosulfurylverbindungen. II. Die Struktur des Pyroschwefelsäuredimethylesters und des Methanpyrosulfonsäuremethylesters

10 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 314. 1966

Untersuchungen an Pyrosulfurylverbindungen. 111)

Die Struktur des Pyroschwefelsauredimethylesters und des Methanpyrosulfonsauremethylesters

Von ARTHUR SIMON t und ALFRED PISCRTSCHAN

Mit 1 Abbildung

Inhaltsubersicht Bildung, thermischer und hydrolytischer Zerfall des Pyroschwefelsiiuredimethylesters

und des bisher unbekannten Methanpyrosulfonsiiuremethylesters werden diskutiert. Fur beide Substanzen wird die symmetrische Molekulkonstitution entsprechend den bekannten Pyrosulfurylhalogeniden abgeleitet.

Summary Formation, thermal and hydrolytical decomposition of the dimethylester of disul-

phuric acid and of the hitherto unknown methylester of methanedisulphonic acid are dis- cussed. For both these esters a molecular constitution resembling the well-known one of the disulphuryl halides is shown to exist.

Theoretischer Teil Pyroschwefelsauredimethylester

M~TSCHINSKAJA, BELOW und Usow 2, stellten in Dimethylsulfat eine Gleichgewichtsreaktion fest, die AnlaB zu weiterer Umsetzung geben sollte :

0 * H,C/ \CH, + H,CO 0 H,CO

H,CO/ h0 \sd + so, -

Der entstehende Stoff, Dimethylpyrosulfat, konnte bei 10 Torr unter teil- weiser Zersetzung in die Ausgangskomponenten destilliert werden. Er raucht an der Luft infolge von SO,-Abspaltung.

l) A. SIMON t u. A. PISCHTSCHAN, I. Mitteilung, Z. anorg. allg. Chem. 344, 1 (1966). *) I. W. MATSCHINSKAJA, W. N. BELOW u. I. A. Usow, XypHan 0 6 ~ e P XEIMHEI [J.

allg. Chem.] 17, 2295 (1947).

Page 2: Untersuchungen an Pyrosulfurylverbindungen. II. Die Struktur des Pyroschwefelsäuredimethylesters und des Methanpyrosulfonsäuremethylesters

8. SIMON u. A. PISCHTSCHAN, Die Struktur des Pyroschm-efelsaurediniethylesters 11

Die Hydrolyse sollte nach G1. (1) verlaufen :

(CH,)SO,SO, $- 2 H20 + CH,HSO, + H,SO, f CH,OH. (1)

Mit Natronlauge konnten aber, nach der zitierten Arbeit, nur 95% der theo- retischen Sauremenge, mit Barium-Ionen nur 90,4y0 der theoretischen Sulfat-Ionen bestimmt werden. Die Ungenauigkeit der Analysenergebnisse wurde auf die leichte Zersetzlichkeit der Substanz (SO,-Austritt wahrend der Analysenoperation) zuriickgefiihrt.

Unsere spektroskopischen Untersuchungen l) liel3en erkennen, daB das Dimethylpyrosulfat analog den bekannten Pyrosulfurylverbindungen sym- metrisch gebaut ist :

1 I H,CO OCH,

Dies veranlaote uns zu versuchen, auch auf chemischem Wege diese Struktur zu beweisen.

Bei den Pyrosulfurylderivaten gelingt dies bekanntlich auf zwei Wegen :

1. Durch Wasserabspaltung: z. B. erhllt man aus zwei Molekeln Chlor- sulfonsaure mittels Phosphorpentoxid Pyrosulfurylchlorid3) :

Die gleiche Methode laat sich auch zur Darstellung der Alkansulfonsaure- anhydride verwenden 4).

2. Durch Hydrolyse : z. B. entstehen zwei Molekeln Fluorsulfonsaure BUS Pyrosulfurylfluorid. Analog hydrolysieren die Alkansulfonsaureanhy- ~€ride4-~). Bei der Hydrolyse des Pyrosulfurylchlorids ist es nicht sicher, welche von den beiden moglichen Reaktionen

I

I1

S-Cl + H20 -+ SOH + HCl

S-0-S + H2O + 2 SOH

zuerst stattfindet.

s, H. HECHT, Praparative anorganische Chemie, Verl. Berlin, Gottingen, Heidelberg

4, L. FIELD u. P. H. SETTLAOE, J. Amer. chem. SOC. 76, 1222 (1954). A. SIMON u. R. LEHMANN, 2. anorg. allg. Chem. 311, 224 (1961).

6, 0. C. BILLETER, Ber. dtsch. chem. Ges. 38, 2015 (1905).

1951, S. 89.

Page 3: Untersuchungen an Pyrosulfurylverbindungen. II. Die Struktur des Pyroschwefelsäuredimethylesters und des Methanpyrosulfonsäuremethylesters

12 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 344. 1966

Wir konnten Methylschwefelsaure mit Phosphorpentoxid in leicht exo- thermer Reaktion zu Pyroschwefelsauredimethylester umsetzen :

0 \so, pp0:p o,s/ \so, O,s/O-H H-o

--H,O I I H,CO OCH,

1 OCH,

I H,CO

Dies gilt uns als eine Bestatigung der symmetrischen Form. Schwieriger erwiesen sich die Hydrolyseversuche. Zunachst konnten wir

zeigen, da13 die vollstandige Hydrolyse des Esters durch dreimaliges Ab- rauchen der Analysenlosung mit konzentrierter Salzsaure nach folgendem Schema verlauft :

( 2 ) Dies darf als Beweis fur die Reinheit der Substanz angesehen werden. In

Eiswasser verlauft die Zersetzung sehr langsam. Wir fanden pro Mol S205(0CH,), 0,83 Mol SO:- und 2,75 Mol H+, wahrend die russischen Auto- ren 0,90 Mol SO:- und 2,80 Mol Hi- finden.

Die Hydrolyse einer Molekel der Formel

S,O,(OCH,), + 3 H,O --f 2 SO:- + 4 H+ + 2 CH,OH.

sollte folgendermaBen ablaufen :

(H,CO),SOOSO, + H,O '*?! (H,CO),SO, + 2 H+ + SO:- (3a)

(3b)

Es sind also rasch ein Sulfat- und zwei H-Ionen zu erwarten und ein all- mahliches Ansteigen auf drei H-Ionen.

Im Falle der symmetrischen Form kann die Hydrolyse verschiedenartig verlaufen, je nachdem der Angriff an der S-0-S- oder an der C-O-S- Bindung erfolgt. Damit ergeben sich folgende Reaktionsgleichungen :

(H,CO),S,O, + H,O -+ 2[H3COS03]- + 2 H+ (4) (H,CO),S,O, + H,O -+ [(H,CO)S,O,]- + H+ + CH,OH ( 5 4

(5b) Da das Verhaltnis H+ zu SO:- den Wert 3 : 1 nie unterschreitet, wie es nach (3a) und (3b) zu erwarten ware, mu13 dieser Befund zugunsten der symme- trischen Form gedeutet werden.

Das experimentelle Material la& sich aber auch nicht mit einem einheit- lichen Verlauf der Reaktion, entsprechend den GI. (4) oder (5), in Uberein- stimmung bringen. Wir nehmen daher an, da13 zwei Reaktionen gleichzeitig ablaufen, und zwar (5a, b) zu 83% und (4) zu 17%. Damit sprechen auch die Hydrolyseerscheinungen wie die spektroskopischen Befunde fur die symme- trische Struktur des Esters,

langsam (H,CO),SO, + H,O - [(H,CO)SO,]- + H+ + CH,OH.

[(H,CO)S,O,]- + H,O e e j ! [(H3CO)S03]- + 2 H+ + SO,,-.

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A. SIMON t u. A. PISCHTSCRAN, Die Struktur des Pyroschwefelsiiuredimethylesters 13

Auch in anderen Fiillen wurde bei Pyrosulfurylverbindungen Hydrolsye nach zwei Mechanismen festgestellt. Pyrosulfurylazid hydrolysiert nach LEW~ANN und HOLZNAGEL zu 85% unter Sprengung der SOS-Briicke und zu 15% unter Abspaltung von Stickstoff- wasserstoffsaure. Trisulfurylfluorid zerfiillt zu 88% zu Fluorsulfonat-Ionen und zu 12% zu Schwefelsaure und Flu13siiure7).

Auch die Bildung des Pyrosulfurylesters aus Dimethylsulfat und Schwe- feltrioxid kann nicht als Beweis fur die unsymmetrische Struktur angesehen werden. Zur Deutung des Reaktionsmechanismus durfen sicher bekannte Umsetzungen des SO, herangezogen werden*-l1). Wir nehmen fur die Bildung des Dimethylpyrosulfats einen Vorgang an, der analog der Umsetzung von Dimethylather und SO, zu Dimethylsulfat verlauft. In beiden Fallen erfolgt die Reaktion durch Wanderung eines CH,-Kations. Im Gegensatz zu MATSCHINSKAJA, BELOW- und USOW nehmen wir eine Anlagerung des SO, an einen Estersauerstoff an und nicht an einen doppeltgebundenen Sauerstoff der SO,-Gruppe, dessen basische Eigenschaften schwacher sind12).

Auch der Zerfall des Dimethylpyrosulfats ldBt sich zwanglos deuten. Wie bereits in der ersten Mitteilung berichtet wurde, zeigen die Schwingungs- spektren der Molekel eine Verfestigung der S -OCH,-Bindung bei gleich- zeitiger Schwachung der 0 -CH,-Bindung. Da die Bindung der SOS- Brucke verhaltnisniaBig schwach ist, liegt die Gruppierung OSO, als in sich verfestigter Komplex praktisch schon vor. Ein Herausspalten kann leicht erfolgen. Die CH,-Gruppe wandert dann zuruck zum negativ geladenen Sauerstoff der SOS-Brucke :

Der von MATSCHINSKAJA, BELOW und Usow nachgewiesene langsame Selbst- zerfall des Dimethylsulfats kann nur uber gleiche SO,-Ausspaltung und nach- folgende CH,-Wanderung erklart werden. Der graduelle Unterschied zwischen beiden Spaltungsreaktionen liuft erwartungsgema13 parallel zur unterschied- lichen Starke der beiden zugrunde liegenden Sauren.

Urspriinglich wurde auch PyrophosphorsLureverbindungen eine unsymmetrische Struktur zugeschrieben. BALAREW leitete dies aus deren thermischer Spaltung a b 9 . Es

7 H.-A. LEHMANN u. W. HOLZNAGEL, 2. anorg. allg. Chem. 293, 314 (1958). 8) P. BAUMGARTEN, Die Chemie 55, 115 (1942). 9) M. BECHE-GOEHRING u. H. THIELEMANN, Z. anorg. allg. Chem. 308, 33 (1961).

10) M. GOEHRINO, H. HOHENSCHUTZ u. R. APPEL, Z. Naturforsck 9b, 678 (1954). 11) Comprehensive Inorganic Chemistry, Vol. VIII, by R. C. BRASTED, 137. 12) W. BTJES u. H.-W. GEHRKE, Z. anorg. allg. Chem. 288, 291 (1956). 13) D. BALAREW, Z. anorg. Chem. 88, 133 (1914); Z. anorg. allg. Chem. 99, 191 (1917),

118, 123 (1921).

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14 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 344. 1966

besteht jedoch heute kein Zweifel mehr an der symmetrischen Konfiguration dieser Stoffe. Beim thermischen Zerfall miissen ebenfalls innermolekukare Umlagerungen stattfinden .

Methanpyrosulfonsiiuremethylester LBBt man Schwefeltrioxid auf Methansulfonsauremethylester einwirken,

entsteht in leicht exothermer Reaktion eine Verbindung, die sich im Va- kuum unter geringer Zersetzung destillieren laljt. Sie gibt beim Stehen an der Luft langsam SO, ab. In ihrem Verhalten ahnelt sie weitgehend dem Pyro- schwefelsauredimethylester. Entsprechend der Darstellungsweise, den in der ersten Mitteilung beschriebenen Schwingungsspektren und den analytischen Daten erteilen wir der Substanz die Formel

I I H,CO CH,

Die etwas grol3ere Bestandigkeit gegeniiber Dimet hylpyrosulfat ist zu er- warten, da nur noch eine zum Ausspalten vorbereitete SO,-Gruppe in der Molekel vorhanden ist.

Das Verhalten bei der Hydrolyse entspricht, nach den Erfrthrungen am Dimethylpyrosulfat, der Erwartung. Es bestehen auch hier verschiedene Moglichkeiten der ersten Spaltung :

(6)

(7)

Die Methansulfonat-Ionen widerstehen auch dem Abrauchen mit konzen- trierter Salzsaure und sind nur durch oxydativen AiifschluS in Sulfat iiber- zufiihren. Raucht man die Substanz mit Salzsaure ab, so gilt die G1. ( 7 ) f i i r die Gesamtreaktion. Oxydativer Aufschlulj mu0 zu zwei Sulfat-Ionen f uhren.

Bei Giiltigkeit' der Anschauung von MATSCHINSKAJA, BELOW und Usow iiber den Additionsmechanismus des SO, an Dimethylsulfat miil3te die SO,- Anlagerung an Methansulfonsauremethylester ziim Molekiilbau

S,O,(OCH,)CH, + H,O -+ [H,CSO,O]- + [H,COSO,O]- + 2 I€+ S,O,(OCH,)CH, $- 2 H,O --t [H,CSO,O]- + SO:- + 3 H i + CH,OH.

fiihren. Dann muljte aber die hydrolyt,ische Spaltung in weit iiberwiegendem MaBe und relativ schnell Sulfat-Ionen ergeben, - in bezug auf die Endpro- dukte der GI. ( 7 ) auf jeden Fall looyo. Gefunden wurden nur 23,2%.

Aus unseren im experimentellen Teil angegebenen Analysendaten leiten wir ab, daB der ,,symmetrisch" gebaute Methanpyrosulfonsauremethylester zu 77% unter Sprengung der SOS-Brucke (6) und zu 23% so zerfallt, dalj die erste Spaltung an der S -0 -CH,-Gruppierung erfolgt (7).

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A. SIMON t u. A. PISCHTSCHAN, Die Struktur des Pyroschwefelsiiuredimethylesters 15

Experimenteller TeP4) 1. Darstellung der Substanzen

a) Methansulfonsiiureanhydrid. Nach FIELD und SETTLAGE4) aus Methan- sulfonsaure und P,O,. Durch Vakuumdestillation wurde vom Brei der Phosphorshren ab- getrennt und redestilliert. Die Ausbeute konnte erhoht werden, indem die Reaktion in 1,2-Dichloriithan als Losungsmittel durchgefiihrt wurde. Fp. 71 "C; Kp., 98 "C; Ausbeute 70%.

b) hhansulfonsiiureanhydrid analog zur Methylverbindung. Fp. 20 "C; Kp., 104 bis 105°C; n z 1,4482; Ausbeute 77%.

c) Pyroschwefelsiiuredimethylester. Nach MATSCEUNSKAJA, BELOW und US OW^), Kp., 80 "C; Ausbeute 80%, und analog der Darstellung von Alkansulfonsaureanhydriden nach PIELD und SETTLAGE~) : In einem Dreihalskolben mit KPG-Ruhrer, Tropftrichter und P,O,-Rohrchen zum FeuchtigkeitsausschluO wurde bei minus 2-3 "C unter Riihren Methanol langsam zu Chlorsulfonsiiure (Molverhiiltnis 1 : 1) zugetropft. Uber das P40,,- Rohrchen wurde der freigesetzte Chlorwasserstoff laufend rnit leichtem Unterdruck abgezo- gen. Nach Zugabe allen Methanol8 wurde 2 Stunden auf 30 "C erwiirmt, um moglichst vie1 HCI zu entfernen. Danach wurde P,O,, in leichtem UberschuO bei 20-25 "C langsam zugegeben. Eine geringe Temperaturerhohung war dabei festzustellen. Uber acht Stunden wurde in- tensiv geriihrt, wobei das P4Ol0 allmiihlich sirupos wurde. Nach Stehen iiber Nacht dekan- tierten wir die iiberstehende Wussigkeit und riihrten diese nochmals mehrere Stunden mi6 wenig Phosphorpentoxid. Nach erneutem Dekantieren wurde bei 1 Torr destilliert. Aus einer Ausgangsmenge von 140 ml konnten wir 125 ml Rohprodukt erhalten (Kp., 68-80 "C.) Die Rektifizierung dieser Fraktion unter gleichen Bedingungen ergab etwa 100 ml vom Sie- debereich 80-84 "C. Das RAMAN-Spektrum dieser farblosen Russigkeit war identisch mit dem des aus Dimethylsulfat und SO, erhaltenen Dimethylpyrosulfats. Die Ausbeute be- trug etwa 10% in bezug auf die eingesetzte Chlorsulfonsiiure.

Fur spektroskopische und analytische Untersuchungen schlossen wir eine weitere Reini- gung an : nach mehrstiindigem Stehen unter iiulerer Eiswasserkiihlung kristallisierte die Hauptmenge der Substanz in Form groBer kompakter Kristalle (Kantenlange bis zu etwa 2 em).

Die Kristalle wurden schnell in die Kugelapparatur (Abb. 1) (Kugel A) ubergefiihrt. Bei Zimmertemperatur erfolgte all- mahliches oberflachliches Abschmelzen. Die Schmelze floa rnit der noch anhaftenden Mutterlauge in die Kugel B ab. Waren die Kristalle etwa zur Hkilfte geschmolzen, bestand die Gewiihr, daB sie keinerlei Mutterlauge mehr zuruckhielten, - auch die jetzt anhaftende Flussigkeit bestand nun aus geschmolzener reiner Substanz. Durch Drehen der Apparatur wurde die weiterhin anfallende Substanzschmelze uber den Hals C in ein angestecktes GefiiO geleitet, welches z. B. eine RAMAN-Kiivette oder ein Wiige- gliischen war. Fp. 9--10°C.

In einen Abb. 1. 250-ml-Dreihalskolben mit KPG-Riihrer und P,O,,-Rohrchen APParatur Zur Reini- wurden 75 g MethansulfonsSiuremethylester eingebracht und gung der SubstanZen

d) Met h an p yr o su 1 f o n s iiu r e met h y 1 e s t e r :

14) Ausfiihrliche Darstellung in der Dissertation A. PISCHTSCHAN, Stuttgart 1963. Hier werden auch die Substanzen beschrieben, welche nur in der ersten Mitteilung disku- tiert merden.

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16 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 344. 1966

danach bei Zimmertemperatur langsam 55 g k&ufliches SO, eindestilliert (Molverhaltnis 1: 1). Nach einigen Stunden Riihren wurde das Reaktionsgemisch bei 1 Ton destilliert. Nach anfiinglichem Schaumen (SO, setzte sich in den Kiihlfallen ab) und einem Vorlauf von Methansulfonsauremethylester gingen 40 ml einer fast farblosen Fliissigkeit zwischen 50 "C und 89 "C uber (deutlicher Haltepunkt bei 86 "C) . Diese Fraktion ergab nach Rektifikation 30 ml vom Siedebereich 83-86°C (1 Torr). Ausbeute 32% der Theorie. Zu spektroskopi- schen und analytischen Untersuchungen wurde das beschriebene Reinigungsverfahren in der Kugelapparatur angewendet.

Farblose Fliissigkeit, die an der Luft leicht raucht. Bp. 12-13 "C; Kp., 86 "C; n z 1,4298; e z O 1,535 g/cm3.

Der Methansulfonsiiuremethylester wurde aus MethansulfonsLurechlorid und methano- lischer Natriummethylatlosung gewonnen15).

2. Analysenverfahren Nach Aufschmelzen der Substanzen in der Kugelapparatur und nach Sammeln in dem

an den Hals C derselben angesetzten kleinen SchliffgeflB wurde letzteres gewogen. Mit einer Pipette wurde eine beliebige, fur die Hydrolyse geeignete Menge (etwa 1-3 g) davon schnell und vollstandig in etwa 100 ml mechanisch geriihrtes Eiswasser (teilweise gefrorenes destil- liertes Wasser) iibergefiihrt. Durch Zuriickwlgen des SchliffgefiiBes lieB sich das Gewicht der hydrolysierten Substanz ermitteln. Die Zersetzung bis zur volligen Auflosung der Sub- stanzen dauerte bei 0 "C etwa drei Stunden. Danach wurde bei 20 "C auf 1000 ml aufgefiillt. Jeweils 50 oder 100 ml hiervon wurden mit 0,l-normaler Kalilauge gegen Methylorange titriert. Die Sulfatbestimmungen (gravimetrisch als Bariumsulfat) fiihrten wir so durch, daB wir getrennt erfassen konnten :

a) den Sulfatgehalt, der sofort nach Beendigung der Hydrolyse in Eiswasser auftrat: die Hydrolysenlosung wurde nach Auffullen auf 1000 ml bei Zimmertemperatur rnit etwa 1004 UberschuB an 0,l-normaler Bariumchloridlosung versetzt, stehengelassen und nach zwei Stunden kalt filtriert.

b) den Sulfatgehalt nach zehnstiindigem Erhitzen auf dem Wasserbad: das Barium- sulfat wurde in der Siedehitze gefallt und nach zwei Stunden heiB abfiltriert.

c) den Sulfatgehalt nach Abrauchen mit konzentrierter Salzsaure : es wurde dreimal mit HC1 abgeraucht, danach mit Wasser aufgenommen und wie ublich heiB gefallt.

d) den Gesamtschwefelgehalt nach AufschluB mit Natriumperoxid nach WURZ- SCHMITT 16) : die aus dem von der Kugelapparatur abgenommenen SchliffgefaB pipettierte Substanz wurde in kleine Polyiithylenfolientmchen eingewogen und in der Nickelbombe mit Na,O, und einigen Tropfen Athylenglykol aufgeschlossen. Nach Losen in Wasser und Auf- kochcn wurde mit Salzsaure angesluert und in der Siedehitze Bariumsulfat gefiillt.

3. Analysenwerte Die erhaltenen Ergebnisse sind nachfolgend tabellarisch zusammengestellt. Es bedeuten

die ilngaben in den Spalten :

EW: Substanzeinwaage in g X: 1- : z:

die Hydrolysenlosung murde auf X ml aufgefullt von X wurden Y ml zur Einzelbestimmung verwendet Bemerkung zur Durchfuhrung der Einzelbestimmung

A. SIMON u. H. KRIEGSMANN, Chem. 13er. 89, 2378 (1956). 16) B. WURZSCRMITT, Chem.-Ztg. 74, 356 (1950).

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A. SIMON t u. A. PISCHTSCHAN, Die Struktur des Pyroschwefelsauredimethylesters 17

V: RaSO,: %:

Verbrauch an 0,l n KOH (f = 1,000) in nil Auswaage an BaSO, in g z. B. 93,4 (5) bedeutet, daR 93,404, der nach GI. ( 5 ) berechneten theoretischen Menge gefunden wurden

EW

1,5557

7,3121

3,0750

0,0268 0,0227 0,8016

1,3770

S I P ( z

1000 1 50 ' 50

1000

1000

1000

100

1000

50 50 50 50

100 100 100 10

100 100 100 100 100 10 10 10 10 10 10 10

10

kalt oder kurz aufge- kocht kalt gefgllt knlt gefallt init HCl ab- gernucht knlt oder kurz aufge- kocht kalt gefallt kalt gefallt 10 Stunden Wasserbad niit HCI ab- geraucht kalt oder kurz aufge- kocht kalt gefillt kalt gefallt mit HCI ab- geraucht AufschluD mit N8.O. kalt oder

10 1 nachKocher 100 , knlt oder 100 ' iiachKochen

V

10,58 10,60

17,14 17,23 17,22

3,43 3,44 3,44

9,23 923

13,64 13,65

BaSO ,

0,0738 0,0728 0,1759 0,1761

0,0123 0,1224 0,1387 0,1403 0,2968 0,2967

0,0090 0,0085 0,0387 0,0374 0,0671 0,0557

140,O (4) 93.4 (5) 70,l ( 2 ) 84,O (5) 82,8 (5)

100,o ( 2 ) 100,o (2) 135 (4) 90 (5) 67.5 (2) 83,O (5) 82.3 (5) 93,O (5) 94-8 ( 5 )

100 (2) 100 (0) 1053 (6) 70,9 7)

23,a (7) 22.6 (7)

102,4 ( 7 ) 992 (7)

102,o 100.0 100,o 100,o 100,2 100,2

Die hier vorgelegten Ergebnisse wurden als Teil der Dissertation des zweiten der Autoren am Institut fur anorganische und anorganisch-technische Chemie der Technischen Hoch- schule Dresden erhalten. Herrn Professor Dr. J. GOUBEAU, Stuttgart, gebiihrt besonderer Dank fiir die tatkriiftige Unterstutzung bei der Wiederholung der Arbeit am Laboratoriuni fur anorganische Chemie der Technischen Hochschule Stuttgart.

Dresden , Institut fur anorganische und anorganisch-technische Cheinie

S t u t t g a r t , Laboratorium fur Anorganische Chemie der Technischen .der Technischen Universitat und

Hochschule.

Bei der Redaktion eingegangen am 25. Mai 1965.

2 2. anorg. allg. Chemie. Bd. 344.