umladungen von h- und he-kanalstrahlen in gasen im geschwindigkeitsbereich von 30–200 ekv
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H. Meyer. Urnladungen von H - und He-Kanalstrahlen uszu. 635
Urnladungen von E- u n d Ee-Kanalstrahlen in Gasen 4m G e s c ~ w i n ~ i g ~ e ~ t s ~ e ~ e 4 c ~ von 30-200 ek V1)
Pon H. N e v e r (Mit 18 Abbildungen)
I. Einleitung Die Gesetze der Energieverluste beim Durchgang von Kanal-
strahlen clurch Materie in ihrer Abhiingigkeit von der Geschwindig- lteit sincl bisher nur in einem kleinen Geschwindigkeitsbereich unter- sucht worden. Neben der Anregung und Ionisation der durchquerten Molekiile tragt bei den Kanalstrahlen die Erscheinung der Umladung wesentlieh zu den Energieverlusten bei. Die Ausdehnung der Unter- suchung der Urnladungen auf einen grorjeren Geschwindigkeitsbereich ist daher dringend erwiinscht. Es ist die Aufgabe der vorliegenden Arbeit, die Umladungen von H- und He-Kanalstrahlen in einem Geschwindigkeitsbereich von 30-200 ekV zu messen.
Der Vorgang der Umladung besteht darin, daB ein positives Kanalstrahlteilchen bei der Begegnung mit einem Molekul ein Elektron einfangt, um als neutrales Teilchen seinen Weg fort- zusetzen ; dieses kanu aber wiederuin bei einer Begegnung das Elektron abgeben und als geladenes Teilchen weiterfliegen. Dieses Spiel setzt sich fort, so daB sich - vorausgesetzt, daB geniigend Ge- legeuheit zu Begegnungen gegeben ist , daB also die durchlaufene Wegstrecke in der Materie genugend gro6 ist - ein Gleichgewichts- zustand einstellen wird, bei dem im Mittel die Zahl der geladenen und der ungeladenen Teilchen konstant bleibt. Mit wachsender Schichtdicke wird also das Verhaltnis der Zahl der positiven Teil- chen n, zu der Zahl der neutralen Teilchen no, welches wir als den Umladungsquotienten bezeichnen, abnehmen, um sich schliefilich bei Erreichung des Gleichgewichtszustandes einem Grenzwerte zu nahern, den wir w nennen wollen.
An Stelle einer Variation cler Schichtdicke kann man bei Gasen bei festgehaltener Wegstrecke die Zahl der Begegnungen durch Erhohung des Druckes vermehren. Definiert man als mittlere freie Weglange des positiven Teilchens den Weg L,, den es im Mittel zmischen seiner Entstehung ans einem neutralen Teilchen und erneuter Neutralisation durch Einfangen eines Elektrons zuriick-
1) Dissertation der Philosophischen Fakultat der UniversitXt GieBen.
636 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 30. 1937
legen kann, und entsprechend die mittlere freie Weglange des neu- tralen Kanalstrahlteilchens Lo, so gilt:
T
* = w . 4
Diese Gleichung ist leicht einzusehen, wenn man bedenkt, daB ein groBerer Gleichgewichtswert w - als Grenzwert des Umladungs- quotienten n+/n, - nur d a m beobachtet werden wird, wenn im Mittel das geladene Teilchen einen grijBeren Weg im Gase zuruck- legt als das ungeladene.
Fiir den Fall, dab man von einem vollkonimen geladenen Strahl ausgeht l), besteht zwischen dem reziproken Miert der mitt- leren freien Weglange des positiven Teilchens und dem Umladungs- quotienten die folgende von W i e n 2, angegebene Beziehung:
?lo
Hierin bedeutet zu den genannteu Gleichgewichtswert und x die Lange des Weges, den der Kanalstrahl in der Materie, d. h. iu dem untersuchten Gase von bestirnmtem Druck, zurucklegt.
Die bisherigen Untersuchungen iiber die Umladungen erstrecken sich nur herauf bis zu Energien von etwa 40 ekV bei H-k’anal- strahlen, uiid zwar sind es hier die Messungen von R i i c h a r d t 3 ) und B a r t e l s 4 ) , die das Gebiet am exaktesten behandeln. Gleich- gewichtswerte hat Bar t e l s 5, fur H-Kanalstrahlen in Wasserstoff von 5 ekV bis zu 60 ekV herauf gemessen. F u r den Bereich von 25-2500 Volt liegen Wirkungsquerschnittsmessungen von R a m - s a u e r , K o l l a t h und L i l i e n t h a l s ) vor. R u d n i c k ? ) hat Umladungen von He-Kanalstrahlen in Helium von 5-21 ekV untersucht. Ferner gibt es Untersuchungen von R u t h e r f o r d * ) und K a p i t z a g ) uber Urnladungen von cr-Strahleu.
1) Uber die verschiedenen miiglichen Methoden zur Untersuchung der Urnladungen vgl. W i e n - H a r m s , Handb. d. Exp.-Phys., Bd. XIV, S. 499ff. uud G e i g e r - S c h e e l , Handb. d. Phys., Bd. XSII ,2 , S. 103ff.
2) W. W i e n , Sitzber. d. Berl. Akad , 27. Juli 1911; Ann. d. Phys. 39. s. 52s. 1912.
3) E. R i i c h a r d t , Ann. d. Phys. 71. S. 377. 1923. 4) H. B a r t e l s , Ann. d. Phys. [5] 6. S. 957. 1930. 5) H. B a r t e l s , Ann. d. I’hys. [5] 13. S. 373. 1939. 6) C. R a m s a u e r , R. K o l l a t h u. D. L i l i e n t h a l , Ann. d. Phys. [5] 8.
7) P. R u d n i c k , Phys.Rev. 38,2. 8. 1342. 1931. 8) E . R u t h e r f o r d , Phil. Mag. 47. S. 277. 1924. 9) P. L. K a p i t z a , Proe. Roy. SOC. [A] 106. S. 602. 1924.
~- -
S. 7G9. 1931.
H . Meyer. Urnladungen von H - und He-lianalstrahlen usw. 637
Die vorliegende Arbeit soll nun einerseits einen AnschluB an die Bartelsschen Messungen geben und so einen erweiterten fjber- blick iiher das Verhalten der H-Kanalstrahlen verschaffen. Anderer- seits soll die Liicke zwischen den Rudnickschen Messungen an He-Kanalstrahlen und den Umladungsmessungen an ar-Strahlen aus- gefullt werden.
11. Appctraturbeschreibung
1. E r z e u g u n g der Kanals trahlen
Die Apparatur, in der die Kanalstrahlen erzeugt wurden, ist im wesentlichen dieselbe, die Ger thsen entwickelt und die Pe te r ' ) bei der Messung der Ausbeute der durch Protonen ausgelosten cha- rakteristischen Rontgenstrahlen von Aluminium benutzt hat. Da P e t e r die Anorclnung ausfiihrlich beschrieben hat, seien hier nur einige kleine Abanderungen erwahnt: der Ableitwiderstand der Ka- thode war ein Hochohmwiderstand (CdJ in Amylalkohol) von etwa 4 . lo7 Ohm; als Pumpe wurde eine Oldiffusionspumpe benntzt, womit die Zwischenschaltung einer Kiihlfalle unnotig wurde. Zu Messungen unterhalb 70 kV wurde ohne Multiplikation gearbeitet, indem die Umladungskammern evakuiert und geerdet wurden.
Die Homogenisierung der Kanalstrahlen geschah in einem Magnetfeld unter Verwendung von 45O Ablenkung. Durch enge Ausblendung wurde eine Homogenitat bis auf etwa 1 v. H. der Geschwindigkeit erreicht. Die Feldstarke des Elektromagneten und die Magnetisierungsstromstarke erwiesen sich bis zu Feldern von 9000 Gauss als proportional. Abweichungen von der Propor- tionalitat fur starkere Felder bis zu den hochstverwendeten Feldern von 13 400 Gauss wurden durch Ausmessung mit einer Induktions- spule festgestellt.
2. D i e Umladungsapparatur
Das Schema der eigentlichen Umladungsapparatur zeigt Abb. 1. Der homogene Kanalstrahl trifft nach scharfer Ausblendung durch den senkrechten Spalt S auf den Lochkafig L, der zur Dosierung des einfallenden Kanalstrahles dient, urn den EinfluB eventueller Intensitatsschwankungen auszuschalten z). Von hier tritt er in die
1) 0. Peter , Ann. d. P l y . [5] 27. S. 299. 1936. 2) Dieser Kiifig hat im Boden eine Bohrung, die zugleich wieder als
Blende dient. Wegen des endlichen Querschnittes des Kanalstrahles bestiinde nun die Moglichkeit, da6 bei kleinen Geschwindigkeitsschwankungen der zen- trale Teil des Strahles nicht mehr - wie es bei normder Einstellung der Fall sein soll - durch die Bohrung geht, sondern auf den Boden des Kiifigs triEt, wiihrend nur Randteile in die Umladungskammer eintreten. Damit wiire der
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Umladungskammer ein, in der ein Gasdruck bis 10-4mm Hg eingestellt werden kann. Die Kammer ist dieselbe, die auch Bar te l s ' ) benutzt hat, nur insofern etwas vereinfacht, als nur j e eine Kapillare an den beiden Enden der Kammer die Druckdiffe- renz gegenuber dem Hochvakuum aufrechterhielt. Die Kapillaren waren je 1 cm lang und hatten eine Bohrung von 1 mm Durch- messer. Infolge der hohen Saugleistung der oldiffusionspunipen - an den Enden der Gaskammer griff eine zweite Pumpe an - herrschte selbst bei kraftigster Durchstromung, wenn der Druck in
Fumpe 2 Fumoe 2
monome fer
F
Abb. 1. Umladungsapparatur, schematisch
der Kammer uber lop2 mni Hg betrug, auBerhnlb ein geniigend gutes Vakuum, um den EinfluEi von Umladungen in diesem Gebiet auszuschalten, so daB er bei der Auswertung unberucksichtigt bleiben konnte. Der Druck in dem Raum au6erhalb der Kammer wurde laufend mit einem Molvakumeter kontrolliert. Die Druck- verhaltnisse in der TJmladungskammer werden im nachsten Ab- schnitt ansfuhrlioher besprochen.
Nach Durchquerung der Umladungskammer durchlauft der Kanalstrahl, der nun aus geladenen und neutralen Teilchen besteht, den Kondensator K von 80 mm Lange und 4 mm Plattenabstand, an den eine so hohe Spannung gelegt werden kann, daB die ge- ladenen Teilchen samtlich aus dem Strahl herausgefangen werden. Die angewandte Spannung bewegte sich je nach der Energie der Strahlen zwischen 600 und 1200 Volt. Hinter dem KondensatorK gelangen die Strahlen in die Ionisationskammer I, in der ein Druck von 20 mm Hg herrscht. Die Innenelektrode der Ionisationskammer
Sinn der Dosierung verfehlt. Deshalb ist vor -dem Kafig der senkrechte, der Richtung des Magnetfeldes parallele Spdlt S angebracht. Er sorgt daflir, daB nur Teile des Kanalstrahles ober- und unterhalb der Bohrung im Elektro- meter E, zur Messung kommen.
1) H. Barte ls , Ann. d. Phys. [5] 6. S. 957. 1930.
H . Meyer. C-mladungen von H - und He-Ii'analstrahbn usw. 639
war seitlich eingefuhrt, um durch Anbringung eines Fensters F eine optische Vorjustierung der Apparatur zu ermoglichen. Die end- giiltige Justierung wurde mit dern Kanalstrahl vorgenommen. Zu diesem Zweck war das gesamte System von der Magnetkammer ab auf einem schwenkbaren Stativ montiert; die Pumpleitungen, Gas- zufuhrungen usw. waren durch Anwendung von Tombakschlauchen bzw. Glasfedern beweglich.
E, war ein Lutz-Edelmannsches Elektrometer, E, ein Ko l - h o r s t e r sches. Die Mengenempfindlichkeit der Elektrometer wurde durch Zuschalten von Kapazitaten dem jeweiligen Bediirfnis an- gepaBt. Die Messung ging in der Weise vor sich, da8 nacheinander die in die Iouisationskammer gelangende Intensitat mit geerdetem und geladenem Kondensator K festgestellt wurde iiber eine Zeit, die durch eine bestimmte Aufladung des Elektrometers El gegeben
war. Es ergab sich 80 das Verhbltnis ~ n+ + . waren die Um-
ladungsquotienten 3 > 5, so wurden zu dem Elektrometer E, wahl-
weise verschiedene Kapazitaten geschaltet. Die Kapazitat von Ioni- sationskammer, Zuleitung und Kolhorsterelektrometer wurde zu 45 ppF bestimmt.
9' 0 n %
3. D r u c k m e s s u n g und H e r s t e l l u n g bzw. R e i n i g u n g der G a s e
Die Schaltung der Durchstromungsanordnung fur die Um- ladungskammer veranschaulicht Abb. 2. Um alle etwaigen Spuren von Dampfen zu beseitigen, wurde die Kiihlfalle K, wahrend der Versuche dauernd mit fliissiger Luft gekiihlt. 1_ um/~~~flYs~ammer I Wie die Messungen zeig- ten, wurde eine voll- kommene Befreiung von Dampfen erreicht. Die Variation des Druckes in der Umladungskam- mer wurde fur Luft und Wasserstoff durch Einstellung verschiede- ner Drucke im Vorrats- gefaf3 vorgenommen. Fur das Helium wurde eine dem M c Leodschen Manometer ghnliche An- orclnung getroffen, um Abb. 2. DurchstrSmungsanordnung
Aufsicht hatte am unteren Ende eine Druck
1) F. Haber u. F. K e r s c h b s u m , Ztschr. f. Elektrochem. 20. 5.296. 1914.
H. Meyer. Urnladungen von H - und He-Kanalstrahlen usw. 641
Quarzfadens abhangen; sie geben fur p = 0 das t , das allein durch die Eigendampfung des Fadens bestimmt ist.
Die Eichung des Quarzfadenmanometers ist in Abb. 3 gegeben. Es ist l / t in Abhangigkeit vom Druck aufgetragen, der mit einem Mc Leo dschen Manometer gemessen wurde. Die MeBgenauigkeit betragt etwa 1 v. H., nur unterhalb mm Hg wurde die Messung etwas schwieriger, da bei den langen Zeiten (uber 180 sec) kleine Storungen durch Erschiitterungen im Hause sich schon bemerkbar machten. Eine moglichst erschiitterungsfreie Aufstellung ist von rornherein wichtig, deshalb war das Manometer an einem starken Steintrager montiert.
Bei der Eichung in Wasserstoff zeigte sich zunachst eine Ab- weichung von der durch Umrechnung aus der Lufteichung erhaltenen Kurve. naraus war zu schlieBen, daB der Wasserstoff nicht sauber war. Er wurde deshalb auf elektrolytischem Wege gewonnen und uber schwach rotgliihendes Kupfer geleitet. Dann fie1 auch wirk- lich die Eichung mit der errechneten Kurve uberein, womit die Reinheit des Gases garantiert war.
Die gestrichelte Kurve in Abb. 3 gehort zu verunreinigtem Helium. Man errechnet aus der Neigung der Geraden eine Ver- unreinigung mi t ungefahr 6,5 v. H. Luft. fjber mit flussiger Luft gekiihlte aktive Iiohle geleitetes Helium gibt die fur das Mole- kulargewicht 4 erwartete Abhangigkeit der reziproken Halbwerts- zeit vom Druck.
111. Urnladungen an Wasserstoffkanalstrahlen
1. D r u c k a b h a n g i g k e i t der Umladungen
Abb. 4-6 zeigen die Messungen der Umladungsquotienten n+,ho in Abhangigkeit vom Druck bei verschiedenen Kanalstrahlgeschwin- digkeiten in Luft und Wasserstoff. Der Charakter der Kurven ist iiberall der gleiche: nach niedrigsten Drucken hin steigen sie auBer- ordentlich steil an; bei Steigerung des Druckes streben sie einem Gleichgewichtswert zu, der bei kleinen Geschwindigkeiten wesentlich friiher erreicht wird als bei groBeren. Die gezeichneten Kurven sind nicht aus den MeBpunkten interpoliert, sondern nach dem in Abschn. III, 3 beschriebenen Verfahren aus den MeBdaten berechnet.
Der Fehler in der Bestimmung der Gleichgewichtswerte be- tragt etwa 4 v. H.; bei hoheren Geschwindigkeiten, wo w nicht mehr durch direkte Messung erreichbar war, wird er groBer und belauft sich auf 7--5 v. H.
Annalen der Physik. 5. Folge. 30. 42
642 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 30. 1937
60
50
40
30
20
10
90
- nt n0
80
70
60
so
40
30
20
7R L Abb. 4. Urnladungen Abb. 5. Umladungen von H-Kanalstrahlen von H-Kanalstrahlen
in Luft in Wasserstoff
Abb. 6. Umladungen von H-Kanalstrahlen
in Helium
2. G e s c h win d i g k e i t s a h h a n g i g k e i t d e s Urn1 adu n g s g l e i c h ge w i c h t s
Aus den Abb. 4-6 ergibt sich ein starkes Ansteigen des Gleichgewichtswertes w mit der Geschwindigkeit der Kanalstrahlen. Dies ist in Abb. 7 dargestellt. Man sieht, daE oberhalb von 200 ekV die H-Kanalstrahlen praktisch ohne Umladungen das Gas durch- queren. Interessant ist das fiberschneiden der Kurven fur Luft, Helium und Wasserstoff. Der SnschluB an die Werte von Bar t e l s l ) ist gut.
1) H. Barte ls , a. a. 0.
50 positive Kanalstrahlteilchen, so mu6 sich eine Proportionalitat zwischen dem
Abb. 8. Druckabhangigkeit der reziproken mittleren freien Wege des positiven H-Ranalstrahlteilchens in Wasserstoff
42*
L I i
tung einer freien Weglange hat. Wie Abb. 8 an dem Beispiel des Durchganges
i i
9, -,A nad hrtels 5 fiehum 30-%
644 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 30. 1937
der Voraussetzung linearen Druckabfalles.) Auf diese Weise wurden die Kurven der Abb. 4-6 erhalten, wie auch die entsprechenden fur He-Kanalstrahlen.
Dieses Interpolationsverfaliren gewinnt eine besondere Bedeutung bei den hijchsten Kanalstrahlgeschmindigkeiten, bei denen experi- mentell das Umladungsgleichgewicht nicht erreicht wurde. Hier wwde der w-Wert so gewahlt, da6 sich eine inijglichst gute Inter- polationskurve der beobachteten MeBpunkte ergab. Die so gewonnenen w-Werte wurden den weiteren Berechnungen (vgl. Abschn. III,4) zugrunde gelegt.
4. D i e mi t t l eren f r e i e n W e g l a n g e n i n A b h a n g i g k e i t von d e r G e s c h w i n d i g k e i t
Wie aus Abb. 9 hervorgeht, steigen die mittleren freien Weg- Iangen des positiven H-Teilchens mit zunehmender Geschwindigkeit
sehr stark an, besonders i n Helium em zoo0 - und Wasserstoff. Obgleich die
Kurven fur kleine Geschwindig- keiten gegen Null zu konvergieren P
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Abb. 9. Geschwindigkeitsabhhngigkeit Abb. 10. Geschwindigkeitsabhangigkeit der mittleren freien Wege der mittleren freien Wege des positiven H-Teilchens des neutralen H-Teilchens
scheinen, ist diese Extrapolation nach den Ergebnissen von B a r t e l s l) nicht erlaubt, da er bei 7 kV ein Maximum von 1/L, findet; hier durchliiuft also die mittlere freie Weglange des geladenen Teilchens ein Minimum, um bei meiter abnehmender Geschwindigkeit wieder
1) H. B a r t e l s , Ann. d. Phys. [5] 13. S. 373. 1932.
H . Meyer. Urnladungen von H - Und He-Kanalstrahlen usw. 645
anzusteigen. Der Fehler bei der Bestimmung von L , bewegt sich zwischen 5 und 10 v. H., wobei sich letztere Angabe auf die hoheren Geschwindigkeiten bezieht.
Ein eigenartiges Verhalten zeigen die freien Wege des neutralen Teilchen (Abb. lo), die man aus der Gleichung = w gewinnt: Wahrend im Wasserstoff erwartungsgemab eine Abnahme mit wnchsender Geschwindigkeit zu beobachten ist, ergibt sich in Helium eine Zunahme, ebenso in Luft.
I n die Bestimmung von Lo gehen sowohl die Fehler von L , als auch die vor allem bei hohen Geschwindigkeiteu besonders ins Gewicht fallenden Fehler von w ein. Die moglichen Fehler sind in Abb; 10 eingetragen. Man erkennt daraus, daB die Sicherheit der Zahlenangaben fur Lo nur gering ist. Trotzdem scheint der Anstieg in der Luftkurve reel1 zu sein. Dieselbe Beobachtung hat ubrigens auch B a r t e l s fur Sauerstoff geniacht. Dieser Sachverhalt wird noch naher untersucht werden.
Lo
IV. Umladungen an Heliumkanalstrahlen
1. Druckabhangigkei t der Urnladungen
Die Kurvenscharen der Abb. 11-13 haben in ihrem Gesamt- verlauf denselben Charakter wie die entsprecheuden (Abb. 4-6) bei den H-Kanalstrahlen. Nur liegen die Werte der Umladungs- quotienten wesentlich tiefer als dort, d. h. die Zahl der positiven Teilchen, die sich durch Anlagerung eines Elektrons neutralisieren, ist relativ zu den neutralen, die sich riickwarts urnladen, grof3er. Da die Ionisierungsspannuag des Heliums sehr groB ist, ist dieses Verhalten verstandlich. I n dem ganzen untersuchten Bereich bleiben die Zahlen der geladenen Teilchen n, und der ungeladenen no von derselben GroBenordnung. Die Gleichgewichtswerte w zeigen nur einen langsamen Anstieg mit der Geschwindigkeit (Abb. 14). I n Wasserstoff bleiben sie zwischen 30 und 100 ekV sogar annahernd konstant. - Fur die MeBfehler gilt das unter III , l Gesagte.
2. D i e mit t leren f r e i e n W e g l a n g e n
Die Geradenscharen, die sich durch die Umrechnung von nJn0 auf 1/L+ nach der Wienschen Formel ergeben, unterscheiden sich von denen, die sich bei den H-Kanalgtrahlen errechneten, nur da- durch, da6 sich ihre Neigung bei den verschiedenen Geschwindig- keiten weniger stark andert. Als Beispiel sind in Abb. 15 die reziproken mittleren freien Weglangen 1/L+ fur den Durchgang durch Helium angegeben.
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20 20
d 797 e-kV . 161 ,I
0 125 I ,
d 797 e-kV . 161 ,I
0 125 I ,
Abb. 11
I
5 YJ? e -kU 7 B ,I
0 7-07 I )
+ 49 I I
Abb. 13
Unterschriften zu:
Abb. 11. Umladungen von He-Kanalstrahlen in Luft
Abb. 12. Umladungen von He-Kanalstrahlen in Wasserstoff
Abb. 13. Umladungen von He-Kanalstrahlen in Helium
Abb. 14. Geschwindigkeitsabhjingigkeit des Umladungsgleichgewichts
bei He-Kanalstrahlen
I 0 700 ZOOe-kV
Abb. 12 Abb. 14
H. Meyer. Urnladungen von H - und He-Kanalstrahlen usw. 647
Dementsprechend andern sich auch die freien Wege in Ab- hangigkeit von der Geschwindigkeit nicht so stark (Abb. 16). In Luft ist ein schwacher Anstieg ,zu bemerken, in Helium ein starkerer.
Abb. 15. Drucksbhangigkeit der reziproken mittleren freien Wege des positiven He-Ksnalstrahlteilchens in Helium
Bei Wasserstoff wird bei etwa 80 ekV ein Minimum durchlaufen. Alle drei Kurven zeigen deutlich, daB von einer Konvergenz nach
k Null nicht die Rede sein kann. Die mittlere freie Weglange Lo des neutralen Teilchens (Abb. 17) nimmt in Luft mit wachsender
1 I 700 ZOOe-kV 0 roo 200 e- kV
Abb. 16. Geschwindigkeitsabhangigkeit Abb. 17. Geschwindigkeitsabhiingigkeit der mittleren freien Wege der mittleren freien Wege des positiven He-Teilchens des neutralen He-Teilchens
Geschwindigkeit ab, in Wasserstoff steigt sie nach einer anfanglichen Abnahme wieder etwas an, nnd in Helium ergibt sioh nahezu Konstanz.
Aus dem in bezug auf die Anwendbarkeit der Wienschen Formel den H-Kanalstrahleo ahnlichen Verhalten der He-Kanal-
648 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 30. 1937
strahlen ist zu schlieBen, daB eine grofiere Zahl von doppelt positiv geladenen Teilchen in dem untersuchten Geschmindigkeitsbereich nicht vorhanden ist, Eine weitere Analyse des He-Kanalstrahls in dieser Richtung ist in Vorbereitung.
3. V e r g l e i c h m i t den Ergebnissen anderer Autoren
Statt des Gleichgewichtswertes w kann man auch die mittlere Ladung eines Kanalstrahl- bzw. a-Teilchens in ihrer Abhangigkeit von seiner Geschwindigkeit und von der umladenden Materie be- trachten. Der Zusammenhang der mittleren Ladung a mit den mittleren freien Wegen bzw. mit dem Gleichgewichtswert der Um- ladung ist der folgende:
Die maximale Gesamtladung e ist fur den He-Kanalstrahl 1, solange zweifach positive Teilchen nur selten auftreten. I n Abb. 18 sind
I He -Kana/sfrabJen x /h Luf ,/-
/ 0
+ iir Hz o in He 0’ (6 nod, RudmLk) /’
Abb. 18. Geschwindigkeitsabhlngigkeit der mitt,leren Ladung von He-Kanalstrahlen. Vergleich mit Messungen anderer Autoren
die gewonnenen Resultate in dieser Weise umgerechnet und zu- sammen mit MeBpunkten von Rudnick’) und R a p i t z a 2 ) eingetragen. Rudn ick hat langsame He-Ranalstrahlen untersucht, die K a p i t z a - schen Messungen betreffen u-Strahlen. Hier wurden die von Blacke t t3) angegebenen umgerechneten Zahlen benutzt. Die Tat- sache, daB diese Zahlen fur Luft und Wasserstoff ubereinstimmen,
1) P. Rudnick, a. a. 0. 2) P. L. Kapitza , a. a. 0. 3) P. M. S. B l a c k e t t , Proc. Roy. SOC. A. 135. S. 132. 1932.
H. Meyer. Umladungelz von H- und He-Kanalstrahlen usw. 649
erklart B l a c k e t t damit, daB K a p i t z a in der Wilsonkammer ge- messen hat, wo der Wasserstoff nicht frei von Verunreinigungen zu ha1 ten war.
Zusammenfassung
Mit dem Prinzip der Bartelsschen Anordnung wurden Wasser- stoff- und Heliumkanalstrahlen in dem Geschwindigkeitsbereich von 30-200 e-kV untersucht. Die hoheren Geschwindigkeiten wurden mit der Multiplikationsanordnung durch Umladung erreicht. Die Druckniessung wurde mit einem Quarzfadenmanometer vorgenommen, das gleichzeitig eine Kontrolle uber die Reinheit der verwendeten Gase zulieB.
Die Umladungsmessungen ergeben bei H-Kanalstrahlen eine starke Zunahme des Gleichgewichtswertes mit der Geschwindigkeit. Ebenso steigen die mittleren freien Weglangen der positiven Teil- chen stark an, besonders in Helium und Wasserstoff. Die freien Wege der neutralen Teilchen nehmen in Wasserstoff ab, in Helium und Luft dagegen zu.
He-Kanalstrahlen zeigen eine wesentlich grol3ere Neigung zur Neutralisation. Die freien Wege des neutralen und des geladenen Zustandes sind von gleicher GroBenordnung. I n Wasserstoff deutet sich bei etwa 80 kV ein Minimum der freien Weglangen an. In Helium bleibt die freie Weglange des neutralen Teilchens nahezu kons tant.
Die vorstehende Arbeit wurde im Physikalischen Institut der Universitat GieBen durchgefuhrt, auf Anregung und unter steter freundlicher Forderung von Herrn Prof. Dr. G e r t h s e n , dem ich dafur herzlich danke.
Ein Teil der verwendeten Apparate war Eigentum der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Helmholtzgesellschaft. Zu Dank verpflichtet bin ich auch Herrn Dr. S i e d l e r, Frankfurt-Griesheim, 1.G.-Werk, fur die kostenlose uberlassung von spektralreinem Helium.
GieBen, Physikalisches Institut.
(Eingegangen 20. August 1937)