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[ www.ukpt.de ] Kommunikation UKPT SPEZIAL Das Themenheft der Unfallkasse Post und Telekom Man kann nicht nicht kommunizieren.

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[ www.ukpt.de ]

Kommunikation

UKPTSPEZIALDas Themenheft der Unfallkasse Post und Telekom

Man kann nicht nicht kommunizieren.

auch wenn wir es angesichts

manches „Dampfplauderers“

bisweilen kaum glauben

mögen: Ohne Kommunikati-

on geht es nicht. Der Mensch

braucht den anderen zum

Austausch, so wie er Wasser

braucht. Was aber noch nicht

klärt, welche Kommunikation

der Mensch benötigt. Es gibt

viele Formen – und nicht

immer stoßen die Mitarbei-

terinnen und Mitarbeiter un-

serer Mitgliedsunternehmen auf die angenehmen Arten des

Austauschs. Sie müssen bisweilen mit aggressiven Kunden

umgehen, mit ungeduldigen Menschen oder solchen, deren

Kinderstube offenbar in Vergessenheit geraten ist.

„Gute Kommunikation“ zwischen Vorgesetzten und Mitarbei-

tern, zwischen Kolleginnen und Kollegen untereinander und

im Umgang mit Kunden – im Call-Center, bei der Postzustel-

lung, beim Verkauf von Produkten – kann Zeit- und Arbeits-

druck verhindern und dadurch Stress und unnötige arbeitsbe-

dingte Belastungen reduzieren. Durch „gute Kommunikation“

kann man gesundes und sicheres Arbeiten ermöglichen und

letztlich Arbeitsunfälle verhindern.

In diesem Heft widmen wir uns daher dem Thema Kommu-

nikation. Wir zeigen Ihnen, wie sich „gute“ und „schlechte“

Kommunikation voneinander unterscheiden, und geben Tipps,

wie mit schwierigen Gesprächspartnern umzugehen ist.

Viel Spaß beim Lesen!

Ihr

Dr. Rudi Vetter

Geschäftsführer der Unfallkasse Post und Telekom

Liebe Leserin,

lieber Leser,

3Inhalt

UK PT Spezial

InhaltThema // Kommunikation

Grundlage für das Miteinander

Warum ist Kommunikation wichtig?

Gewaltfreie Kommunikation

Wolfssprache versus Giraffensprache

Frauen und Männer im Dialog

Zwischen Redepanne und

Sendepause

Führen durch Kommunikation

Was kommt an bei den Mitarbeitern?

Rat und Tat // Checklisten

Checkliste

So klappt’s mit der Kommunikation

Checkliste

Vielsprecher aufgepasst: So bleibt

Ihre Stimme gesund und verlässlich

4

8

12

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20

22

23

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28

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Praxis // Tipps für Sie

Körpersprache

Wie wirke ich auf andere?

Gesprächsführung

Kommunikation in schwierigen

Situationen

Leitfaden

Kritische Gespräche führen

Atem- und Sprechübungen

So schulen Sie Ihre Stimme

Was ? Wo ? // Service

Adressen, Ansprechpartner, Links, Impressum

4 Thema // Kommunikation

UK PT Spezial

Kleine Glaskugeln statt Tarnmantel

5Thema // Kommunikation

UK PT Spezial

Dabei kommt dem gesprochenen Wort und dem Gespräch ne-

ben anderen Formen der Kommunikation wie Schreiben, Lesen,

Hören und Schauen eine besondere Bedeutung zu. Wenn wir da-

von ausgehen, dass ein Großteil unserer Kommunikation münd-

lich erfolgt, dann ist das, was wir sagen, und vor allem, wie wir es

sagen, entscheidend für unseren Erfolg, sich mitzuteilen.

Auch wenn man denkt, Kommunikation „passiere einfach“ –

ist sie nicht immer einfach. Kommunikation funktioniert nicht

selbstverständlich. Nicht verstehen (wollen), aneinander vorbeire-

den, Fehlinterpretationen, (Ent-)Täuschungen hat jeder schon mal

erlebt und in bestimmten „Gesprächssituationen“ sind sie eher die

Regel als die Ausnahme. Besonders hervorzuheben sind die Kom-

munikationsmissverständnisse zwischen Männern und Frauen.

Was geschieht bei einem Gespräch?

An einem Gespräch sind immer mindestens zwei Personen

beteiligt – ein Sender und ein Empfänger –, die wechselseitig

Nachrichten austauschen. Informationen werden gegeben und

empfangen. Dies kann auf verschiedene Weise geschehen: durch

Worte, durch Mimik, durch Verhalten. Ob die Botschaft ange-

kommen ist, wie sie wahrgenommen, verstanden und erlebt

wird, merkt ein aufmerksamer Sprecher an der Reaktion seines

Gegenübers. Seine Rückmeldung an den Sender ist ein wesentli-

cher Bestandteil der Kommunikation. Eine unerwartete Antwort,

eine schroffe Erwiderung oder eine ablehnende Körpersprache

signalisieren dem Sender der Botschaft, dass er missverständlich

kommuniziert hat – sofern er seinen Gesprächspartner nicht

absichtlich provozieren wollte. Beispielsweise kann die Bot-

schaft „Das Papier ist alle“, die ein Kollege am Kopierer

einem anderen Kollegen sendet, zu unterschiedlichen Reakti-

onen führen. Irritationen und Missverständnisse inbegriffen.

Grundlage für das Miteinander

Durch Kommunikation tritt der Mensch in Beziehung mit anderen und mit der Welt, die ihn umgibt.

Warum ist Kommunikation wichtig?

Auch wenn sich Kommunikationssituationen nicht immer

so dramatisch darstellen, bleibt doch festzuhalten, dass

Kommunikation von zentraler Bedeutung im Leben der Menschen

ist. Sie ist die wichtigste Form sozialer Interaktion: Ob mündlich,

schriftlich, symbolisch, aktiv oder passiv, absichtlich oder unab-

sichtlich – Kommunikation ist die Voraussetzung für das Gelingen

oder Misslingen vieler Aktivitäten und die Grundlage für das Zu-

sammenleben und -arbeiten.

In einem Wald in der Nähe von Linz geht das Gerücht

um, der Bär habe es auf einige Tiere des Waldes abgesehen

und diese auf einer Liste vermerkt. Alle fragen sich, wer wohl

auf dieser Liste draufsteht. Schließlich nimmt der Hirsch

allen Mut zusammen und fragt den Bären: „Sag einmal,

stehe ich auch auf deiner Liste?“ – „Ja“, sagt der Bär, „auch

dein Name steht auf meiner Liste.“ Voller Angst läuft der

Hirsch davon. Zwei Tage später wird er tot aufgefunden.

Entsetzen macht sich überall breit. Der Keiler hält die Un-

gewissheit, wer als Nächster dran sein wird, nicht mehr aus

und fragt den Bären, ob er auch auf der Liste stünde. „Ja“,

sagt der Bär, „auch du stehst auf meiner Liste.“ Der Keiler

sucht schleunigst das Weite. Zwei Tage später wird er tot

aufgefunden. Nun bricht Panik unter den Waldbewohnern

aus. Allein der Hase wagt es noch, den Bären aufzusuchen.

„Bär, stehe ich auch auf der Liste?“ – „Ja, auch du stehst auf

der Liste.“ – „Kannst du mich da streichen?“ – „Ja klar, kein

Problem!“ Fazit dieser Anekdote: Der Hase überlebt. Kommu-

nizieren heißt verändern, gestalten.

Quelle: Patrzek: Wer das Sagen hat, sollte reden können.

6 Thema // Kommunikation

UK PT Spezial

Die ruppige Antwort des Kollegen „Dann hol’ halt

welches“, verbunden mit einem aggressiven Tonfall und einem

feindseligen Gesichtsausdruck, lässt vermuten, dass in dieser

Kommunikation etwas nicht stimmt.

Die Kommunikationswissenschaft hat sich Kommunikations-

muster genauer angeschaut und Modelle entwickelt, die erklären,

wie ein Kommunikationsprozess abläuft. Eines der bekanntesten

stammt von Friedemann Schulz von Thun, dessen „Nachrichten-

quadrat“ (siehe Abbildung) einfach und prägnant erklärt, war-

um Menschen kommunikativen Schiffbruch erleiden können.

Das Vier-Seiten-Modell der Kommunikation

Nach Schulz von Thun erfolgt das Senden und Empfangen

von Botschaften immer auf mehreren Ebenen zugleich. Jede

Äußerung enthält – ob der Sender das will oder nicht – vier

Botschaften gleichzeitig, die er dem Empfänger mitteilt. Er

übermittelt erstens eine Sachinformation, gibt zweitens ei-

nen Beziehungshinweis, sagt drittens etwas über sich selbst

aus und will viertens mit seiner Aussage etwas erreichen.

Der Empfänger kann nun wiederum mit „vier Ohren“ hören.

Hört der Kollege aus der Sachbotschaft „Das Papier ist alle“

einen versteckten Appell „Geh’ gefälligst Papier holen“ und lehnt

die Beziehungsbotschaft „Du bist für das Papier verantwortlich“

ab, dann entsteht Kommunikationsknatsch, aus dem leicht ein

größerer Konflikt entstehen kann. Dabei kann der Sender sei-

ne Aussage völlig unverfänglich gemeint haben, mehr zu sich

selbst gesprochen, enttäuscht über den Missstand, weil er nun

mit seiner eiligen Kopierarbeit nicht fortfahren kann. Beide Ge-

sprächspartner haben sich missverstanden.

Sachebene / Inhaltsebene (worüber ich informiere)

Die Sachseite einer Nachricht enthält die Sachinformation. Der Sender äußert sich zur eigentlichen Sache und vermittelt Sachinformation. Im

Unternehmenskontext spielt sie die Hauptrolle oder sagen wir: sollte sie die Hauptrolle spielen. Sachlichkeit wird gefordert und erwartet.

Selbstaussage (was ich von mir zu erkennen gebe)

In jeder Nachricht stecken aber nicht nur Informationen über die

mitgeteilten Sachverhalte, sondern auch Informationen über die

Person des Senders. „Wenn einer etwas von sich gibt, gibt er auch

etwas von sich“, sozusagen eine kleine Kostprobe seiner Persön-

lichkeit. Der Sender offenbart sich durch die Art und Weise, wie

die Nachricht gesendet wird, ob er sich z. B. ärgert, aggressiv oder

freudig gestimmt ist.

Appell (was ich bei dir erreichen möchte)

Kaum etwas wird einfach nur so gesagt – fast alle Nachrichten

haben den Zweck, auf den Empfänger Einfluss zu nehmen.

Wenn einer etwas von sich gibt, will er in der Regel auch etwas

bewirken. Die Nachricht dient also auch dazu, den Empfänger

zu veranlassen, bestimmte Dinge zu tun oder zu unterlassen, zu

denken oder zu fühlen. Dies kann mehr oder minder offen oder

versteckt geschehen.

Beziehungsebene (was ich von dir halte und wie wir zueinander stehen)

Eine Nachricht enthält immer auch etwas über die Art und Qualität der Beziehung zwischen den Kommunikationspartnern. Aus der

Nachricht geht hervor, wie der Sender zum Empfänger steht, was er von ihm hält, welche Beziehung zwischen beiden besteht. Dies zeigt

sich in der Art und Weise, wie der Sender dem Empfänger die Botschaft übermittelt: in der gewählten Formulierung, im Tonfall, in der

Gestik und Mimik und in anderen nichtsprachlichen (nonverbalen) Begleitsignalen. Auf dieser Ebene wird sozusagen zwischen den Zeilen

mitgeteilt, ob der Sender den Empfänger als gleichwertigen Gesprächspartner akzeptiert oder ob er ihn herabsetzt, bevormundet oder

nicht ernst nimmt. Diese Kommunikationsebene ist besonders störanfällig und überlagert die Sachebene, insbesondere dann, wenn die

Beziehung insgesamt angespannt, belastet oder unklar ist. Der Sender kommuniziert auf der Beziehungsebene entweder „Wertschätzung“

oder „Geringschätzung“ und „Gleichheit“ oder „Ungleichheit“.

Sachebene

Beziehungsebene

Ap

pe

ll

Se

lbs

tau

ss

ag

e

Nachricht EmpfängerSender

7Thema // Kommunikation

UK PT Spezial

Die Beziehungsebene ist vergleichbar mit einem Eisberg, bei

dem der größte Teil unter Wasser und damit unsichtbar ist.

Wie lassen sich Kommunikationsstörungen vermeiden?

Sowohl Sender als auch Empfänger von Nachrichten haben

eine kommunikative Verantwortung ihrem Gesprächspartner

gegenüber. Diese besteht beim Sender darin, sich zu vergewis-

sern, ob die Botschaft auch richtig angekommen ist und so ver-

standen wurde, wie gemeint. Der Empfänger sollte sich seiner

„vier Ohren“ bewusst sein und Rückmeldung geben, wie er das

Gesagte verstanden hat. In der Checkliste „So klappt’s mit der

Kommunikation“ auf S. 20 finden Sie weitere Anregungen für

einen gelingenden Austausch.

Wie lernt man, „gut“ zu kommunizieren?

Die Informationen, Hinweise und Anregungen, die Sie in

diesem Heft erhalten, sind zwangsläufig theoretisch. Die Um-

setzung in die Praxis und damit Überprüfung des Gesagten ist

eine spannende Angelegenheit, die Tag für Tag praktiziert wer-

den kann. Es ist interessant zu erfahren, wie andere auf mein

Kommunikationsverhalten reagieren und was eine Änderung

meines Verhaltens beim anderen auslöst und bewirkt. Nutzen

Sie dafür die zahlreichen Tipps ab S. 23 oder besuchen Sie auch

mal ein Seminar. Prägnante Aussagen, „aktives Zuhören“, den

anderen wertschätzen und ernst nehmen sind die Grundpfeiler

jeder gelungenen kommunikativen Auseinandersetzung mit an-

deren, auch oder gerade, wenn es sich um schwierige (Kommu-

nikations-) Situationen handelt. In diesem Sinne: Üben Sie und

kommunizieren Sie „gut“. \

Wie entstehen Kommunikationsstörungen?

Eine Kommunikation gelingt dann, wenn beim Empfänger

ankommt, was der Sender ihm mitteilen wollte. Es muss also

eine Übereinstimmung herrschen zwischen dem, was der Sen-

der sagt, und dem, was der Empfänger versteht. Weil nun aber

der Sender immer auf allen vier Ebenen (unbewusst) gleichzeitig

kommuniziert und der Empfänger im Prinzip die freie Wahl hat,

auf welche der vier Ebenen er reagiert, können leicht Kommuni-

kationsmissverständnisse entstehen. Dem Sender ist oft gar nicht

bewusst, was er dem Empfänger über das rein Sachliche hinaus

mitteilt – und dem Empfänger ist nicht bewusst, dass er auf ei-

nem „Ohr“ ganz besonders gut hört. So entstehen Kommunikati-

onsstörungen. Der Sender kommuniziert auf der Sachebene, der

Empfänger hört mit dem Beziehungsohr. Der Sender offenbart

seine Befürchtungen, der Empfänger hört die Sachinformation.

Erwartungen und Erfahrungen bestimmen im Übrigen Sende-

und Empfangsgewohnheiten. Selbst die einfache Bitte eines Vor-

gesetzten um die Uhrzeit, „Wie spät ist es, Frau Müller?“, kann je

nach Modulation dieser Frage Frau Müller kränken, wütend oder

traurig machen, ohne dass es dem Sender bewusst ist. Wenn der

Vorgesetzte die Uhrzeit deshalb wissen will, weil seine Uhr ste-

hengeblieben ist, und Frau Müller einen Vorwurf hört, weil sie

mit den Serienbriefen noch nicht fertig ist, dann begegnen sich

die beiden Kommunikationspartner unbeabsichtigt auf einer fal-

schen Ebene: Der Vorgesetzte sendet eine Sachinformation, Frau

Müller hört mit einem ausgeprägten Appellohr. Natürlich kann

der Chef mit seiner Frage süffisant und ganz bewusst auf den

Zeitaspekt bei der Fertigstellung der Mailing-Aktion abzielen;

Frau Müller antwortet: „Gleich halb drei“ oder kontert souverän,

wenn sie die Spitze wahrnimmt: „Tja Chef, Rom wurde auch

nicht in zwei Stunden erbaut.“

Obwohl gerade im beruflichen Bereich das Senden von

Sachinformationen im Vordergrund steht oder stehen sollte,

wird auch zwischen Kollegen und zwischen Mitarbeitern und

Chefs immer eine Beziehungsdefinition transportiert. Wird

die Beziehungsdefinition vom Empfänger abgelehnt, dann hat

der Sender keine Chance, mit seiner Nachricht gehört zu

werden. Das gilt auch in einem hierarchisch strukturierten

System: Fühlt sich der Empfänger einer Nachricht herab gesetzt,

bevormundet oder entmündigt, dann kann er sich nicht auf

die Sachaussage einlassen, sondern geht innerlich auf Distanz

zu seinem Gesprächspartner. Selbst wenn der andere mit seiner

Aussage recht hat, wird er ihm die Gefolgschaft verweigern.

Gefühls- oderBeziehungsebene

ICHICH DUDU

Sach- oderInhaltsebene

8 Thema // Kommunikation

UK PT Spezial

9Thema // Kommunikation

UK PT Spezial

Gewaltfreie Kommunikation

Wenn Kommunikation schiefläuft oder Konflikte entstehen, liegt das meist daran, dass wir uns angegriffen

fühlen oder glauben, dass unsere Empfindungen, Bedürfnisse und Wünsche vom Gesprächspartner nicht ernst

genommen, ignoriert oder abgelehnt werden.

Wolfssprache versus Giraffensprache

Wir empfinden Ärger, Frustration oder Hilflosigkeit

und schreiben diese negativen Gefühle den Äuße-

rungen und Handlungen des anderen zu. Wir reagieren mit ver-

balen Abwertungen, Drohungen, Beleidigtsein oder Rückzug.

Diese Abwehr- und Verteidigungshaltung ist eine ganz natür-

liche menschliche Reaktion, um das Selbst zu schützen. Bringt

uns aber nicht weiter, sondern katapultiert uns in eine Spirale

der kommunikativen Gewalt und lässt aus Gesprächspartnern

Gesprächsgegner werden.

Wenn beispielsweise ein Mitarbeiter seinen Vorgesetzten bit-

tet, ihm morgen einen Tag frei zu geben, und der Vorgesetzte die

Bitte mit den Worten ablehnt: „Schon wieder – wenn Ihnen die

Arbeit zu viel wird, dann reduzieren Sie halt Ihre Arbeitszeit.

Sie müssen morgen kommen“, wird diese Antwort beim Mit-

arbeiter Frustration, Verärgerung, Groll oder Wut provozieren

– die er mehr oder minder offen zum Ausdruck bringt. Wird er

aggressiv erwidern: „... dann mache ich diese Woche auch keine

Überstunden mehr“, sind beide auf dem besten Wege, zu (dau-

erhaften) Gegnern zu werden.

Um einer solchen (sprachlichen) Eskalation vorzubeugen,

hat der klinische Psychologe Marshall B. Rosenberg ein Kon-

zept entwickelt, das eine „Gewaltfreie Kommunikation“ (GfK)

ermöglichen soll. Rosenberg selbst wurde in den 1960er Jahren

aufgrund von Rassenunruhen in den USA mit Gewalt konfron-

tiert und suchte nach Möglichkeiten, gefährliche Entwicklungen

im Vorfeld abzuwehren. Rosenberg geht davon aus, dass hinter

Handlungen und Konflikten immer Bedürfnisse und Gefühle

stehen und jede Form von Gewalt Ausdruck eines unerfüllten

Bedürfnisses ist. Sein Ziel war es, Menschen die Möglichkeit zu

geben, wertschätzender miteinander umzugehen. Dazu sollen

die oftmals reflexhaften negativen Erwiderungen, Handlungen

und Reaktionen von Menschen in bewusstes Handeln umge-

lenkt werden.

Im Zusammenhang mit Sprache spricht Rosenberg symbo-

lisch von einer „Wolfssprache“ und einer „Giraffensprache“ (die

Giraffe ist das Landtier mit dem größten Herzen). Die Wolfs-

sprache bezeichnet eine kämpferische, angriffslustige, aggres-

sive Kommunikation, die gekennzeichnet ist durch Bewertun-

gen, Kritik, Interpretationen, Anklagen, Vorwürfe, Forderungen,

Drohungen und Schuldzuweisungen. Im Gegensatz dazu ist die

Giraffensprache eine Kommunikation, bei der die Gefühle und

Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigt werden, wobei die-

se nicht immer übereinstimmen müssen. Im Mittelpunkt der

Kommunikation steht dabei die Frage: „Wer hat welche Bedürf-

nisse und wie sind sie im Einklang miteinander zu erfüllen?“

Rosenberg war der Auffassung, dass mit der „Wolfssprache“

Konflikte provoziert werden, die durch die „Giraffensprache“

gar nicht erst entstehen würden.

Die Idee der Gewaltfreien Kommunikation

Die GfK basiert auf vier Schritten bzw. Komponenten, die

aufeinander aufbauen. In diesem Prozess geht es sowohl da-

rum, eigene Beobachtungen, Gefühle, Bedürfnisse und Bitten

wahrzunehmen und zu artikulieren, als auch um die Einstim-

mung darauf, was der andere beobachtet, fühlt, braucht und

wünscht.

10 Thema // Kommunikation

UK PT Spezial

Schritt 1: Beobachten und beschreiben

statt bewerten oder interpretieren

Eine Äußerung, eine Handlung oder Unterlassung soll be-

obachtet und nicht bewertet oder interpretiert werden. Was ge-

schieht in einer Situation? Was tut jemand?

Schritt 2: Gefühle wahrnehmen und ausdrücken

Die Beobachtung löst Gefühle aus, die ausgedrückt werden

können. Fühle ich mich irritiert, froh, verletzt, verärgert?

Möglichkeiten des Chefs, auf

den Mitarbeiter zu reagierenWolfssprache Giraffensprache

Situation

Bewertung der Situation:

„Schon wieder – wenn Ihnen die

Arbeit zu viel wird, dann reduzieren

Sie halt Ihre Arbeitszeit. Sie müssen

morgen kommen.“

Beobachtung der Situation:

„In letzter Zeit brauchen Sie viele freie

Tage. Ist irgendetwas?“

Gefühle

Eine Interpretation wird als

Gefühl geäußert:

„Es ist Ihnen doch egal, was in dieser

Abteilung geschieht.“

Die Beobachtung wird mit einem

Gefühl in Verbindung gebracht:

„Ich mache mir Sorgen um Sie.“

Bedürfnisse

Der andere wird moralisch

verurteilt:

„Sie sind als Teammitglied einfach

ungeeignet.“

Bedürfnisse, die aus den Gefühlen

entstehen, werden mitgeteilt:

„Ich benötige Sie morgen, weil ich

übermorgen eine wichtige Bespre-

chung habe und ich Sie bitten wollte,

mir dafür etwas auszuarbeiten.“

Forderungen / Bitten

Es wird eine Forderung gestellt,

deren Nichtbeachtung bestraft wird:

„Wenn ich die Unterlagen nicht bis

übermorgen habe, werde ich das in

Ihrer Personalakte vermerken.“

Vorschläge werden unterbreitet:

„Wie kriegen wir es hin, dass Sie mir

die Unterlagen zusammenstellen

und Sie Ihre Angelegenheiten regeln

können?“

Schritt 3: Bedürfnisse formulieren

Hinter den Gefühlen stehen Bedürfnisse – bei beiden Kom-

munikationspartnern. Diese sollen erkannt und ausgesprochen

werden.

Schritt 4: Bitten aussprechen

Eine Bitte kann sich auf eine konkrete Handlung beziehen

oder auf die Klärung der Beziehung zwischen zwei Kommuni-

kationspartnern. Was wollen wir vom anderen, damit unser bei-

der Leben schöner wird?

11Thema // Kommunikation

UK PT Spezial

Wie geht man mit einem Wolf um?

Wenn man Sie mit Worten persönlich angreift, gilt als obers-

tes Gebot, ruhig und innerlich klar zu bleiben. Nur so können

Sie souverän entscheiden, was Sie tun oder lassen möchten. Sie

behalten die Kontrolle in der Situation und geben „dem Wolf“

keine Gelegenheit, Sie zu beherrschen. Zugegebenermaßen ist

das in schwierigen Gesprächssituationen, wenn die Emotionen

hochkochen, leichter gesagt als getan. Doch es gelingt, wenn Sie

ganz bewusst innerlich einen Schritt zurückgehen. Das können

Sie im persönlichen Gespräch durch eine entsprechende Reak-

tion unterstützen und so diese Denkweise verinnerlichen und

automatisieren. Weitere Möglichkeiten, um „Wölfe“ zu zähmen,

sind Humor und eine gewisse „Leichtigkeit des Seins“. Stehen

Sie über den Dingen. Nennen Sie schwierige und unfaire Ge-

sprächspartner häufig bei ihren Namen und halten Sie Blickkon-

takt, das bändigt aggressive Angreifer meist.

Der Unternehmensberater Ingo Krawiec nennt vier Basisstra-

tegien im Umgang mit „verbalen Provokateuren“, mit denen Sie

persönliche Angriffe kontern können. Die Strategien sind an asi-

atische Kampfkünste angelehnt und veranschaulichen die vier

Grundelemente Feuer, Luft, Wasser und Erde.

Die Strategie des Feuers

Bei dieser Strategie wird ein Angriff ganz bewusst mit einem

Gegenangriff beantwortet. Dadurch entsteht Wärme, deshalb

wird diese Strategie als die Strategie des Feuers bezeichnet.

Mit Schlagfertigkeit auf unangemessene Attacken zu reagieren,

lässt manchen Angreifer verstummen und demonstriert Selbst-

bewusstsein und Standfestigkeit. Schlagfertigkeit und selbstsi-

cheres Auftreten kann man im Übrigen bis zu einem gewissen

Grad lernen. Persönliche Angriffe nehmen meist in dem Maße

ab, wie die Selbstsicherheit zunimmt. Beispiel: „Ihnen fehlt wohl

der Überblick.“ Antwort: „Sie sprechen wohl aus Erfahrung.“

Die Strategie der Erde

Mit dieser Strategie stoppen Sie den Angreifer und werfen

ihn zu Boden. In einer Gesprächssituation heißt das, dem Ge-

genüber klare Grenzen aufzuzeigen und zu signalisieren: „So

nicht.“ Beispiel: „Ich möchte Sie bitten, in einem anderen Ton

mit mir zu sprechen.“

Die Strategie der Luft

Bei dieser Strategie machen Sie einen verbalen Seitenschritt

und lassen den Angreifer ins Leere laufen. Entweder indem Sie

die Attacke ignorieren oder die Äußerung wörtlich nehmen.

Beispiel: „Vielen Dank für Ihre Rückmeldung“ oder „Ja, das

stimmt.“ Danach führen Sie das Gespräch ganz normal weiter.

Die Strategie der Luft gelingt aber nur, wenn man emotional

nicht zu sehr getroffen ist.

Die Strategie des Wassers

Bei der Strategie des Wassers begegnet man dem Gegner auf

der gleichen Ebene oder, symbolisch gesprochen, im gleichen

Element. Schlägt man einen Stock ins Wasser, läuft man Gefahr,

selbst dabei nass zu werden. Kontern Sie Angriffe mit den glei-

chen verbalen Mitteln. Beispiel: Bei Verunsicherungstaktiken

parieren Sie mit: „Bei mir läuft es gut und wie sieht es bei Ihnen

aus?“

Die beschriebenen Strategien sind für spontane Kommunika-

tionssituationen im beruflichen Bereich gedacht. Schwelen Kon-

flikte länger oder auch bei ständigen Zerwürfnissen im privaten

Bereich ist es sinnvoller, den eigentlichen Grund für die dauern-

den Auseinandersetzungen im Gespräch zu finden. \

12 Thema // Kommunikation

UK PT Spezial

13Thema // Kommunikation

UK PT Spezial

Frauen und Männer im Dialog

Frauen kommunizieren auf eine Weise. Männer auf eine andere. Wie kommt es zu diesen Kommunikations-

schwierigkeiten? Können Männer wirklich nicht zuhören und sind Frauen tatsächlich unfähig, zu sagen, was sie

wirklich wollen?

Zwischen Redepanne und Sendepause

Es scheint so, denn Kommunikationsmissverständnisse

treten insbesondere zwischen Männern und Frauen

häufig auf und führen privat wie beruflich immer wieder in

typische Sackgassen. Beide Seiten fühlen sich missverstanden,

was zu Ärger, Wut, Zorn oder Tränen, Trauer und Rückzug

führt. Natürlich gibt es auch den verständnisvoll zuhörenden

Mann und die machtbewusste Frau, aber geschlechtsspezifische

Sprach-, Hör- und Verhaltenstendenzen erschweren den

(kommunikativen) Umgang miteinander.

Zu kommunikativen Pannen kommt es, weil sich die Ge-

sprächspartner nicht bewusst sind, dass das, was und wie sie et-

was sagen, beim anderen Geschlecht Irritationen auslösen kann.

Beide sind geprägt durch unterschiedliche Sprach- und Soziali-

sationswelten: Mädchen und Jungen werden unterschiedlich

„erzogen“. Von Jungen wird erwartet, dass sie sich durchsetzen,

stark und mutig sind, während Mädchen Anerkennung von der

Erwachsenenwelt erhalten, indem sie freundlich, nett und artig

sind. Gleiches Verhalten wird unterschiedlich bewertet: Nimmt

ein Kind auf dem Spielplatz einem anderen Kind ein Spielzeug

weg, kommentiert das die Mutter bei einem Jungen: „Ist halt

ein richtiger Lausbub“, während der Vater das Mädchen rügt:

„So was macht man nicht.“ Auch Spiele und Spielzeug von

Mädchen und Jungen unterscheiden sich: Bei fast allen Jungen-

Spielen geht es ums Gewinnen oder Verlieren, um Hierarchien

und Macht. Mädchen-Spiele drehen sich um das Dabeisein, um

Harmonie und Kooperation.

Eine Erklärung, warum das so ist, ist die evolutionsbiologi-

sche Rollenverteilung von Männern und Frauen: Männer gin-

gen auf die Jagd, um die Familie zu versorgen – Frauen hüte-

ten gemeinsam Feuer, Hütte und Kinder. Männer mussten

kämpfen, um zu überleben, Frauen Beziehungen gestalten.

Szenen einer Ehe

Sie: „Was machst du gleich?“

Er: „Ich geh’ in die Stadt.“

Sie: „Und warum kann ich nicht mitkommen?“

Er: „Natürlich kannst du mitkommen.“

Sie: „Wieso hast du mich denn nicht gefragt, ob ich

mitkommen möchte?“

Er: „Woher sollte ich wissen, ob du mitkommen

möchtest. Du hättest doch was sagen können.“

Sie: „Das ist doch klar, dass ich hier nicht alleine

rumsitzen will.“

Er: „Wieso ist das klar? Hätte doch sein können, dass

du noch etwas anderes zu tun hättest.“

Sie: „Habe ich aber nicht.“

Er: „Dann komm doch mit.“

Sie: „Jetzt will ich auch nicht mehr.“

Quelle: Hovermann: Erfolgsrhetorik für Frauen

14 Thema // Kommunikation

UK PT Spezial

Durch diese unterschiedliche Sozialisation – die auch in

heutigen Zeiten der Emanzipation noch praktiziert wird – ent-

wickeln Mädchen und Jungen entsprechende Sprach- und Ver-

haltensmuster, die sie auch im Erwachsenenalter beibehalten.

Diese rituellen Muster folgen einem festen Ablaufschema, das

den Beteiligten selbstverständlich und angemessen erscheint.

Rituelle Sprechweisen funktionieren aber nur, wenn beide

Seiten von denselben Voraussetzungen ausgehen. Sprechen

Frauen untereinander, sprechen sie die gleiche Sprache und

werden verstanden, sprechen Frauen mit Männern oder umge-

kehrt, spricht jeder eine „Fremdsprache“, die der andere nicht

versteht.

Deborah Tannen schreibt: „Männer und Frauen betrachten

die Landschaft von entgegengesetzten Aussichtspunkten aus,

deshalb haben sie oft völlig unterschiedliche Eindrücke von der

Szenerie und dem, was sich dort abspielt.“

Lösungsorientiert versus beziehungsorientiert

Männer sprechen eine Sprache, die status- und machtori-

entiert ist, Frauen eine Sprache, die menschliche Nähe und

Akzeptanz sucht. Die Motivation von Männern ist „Befehle

erteilen und entgegenzunehmen“. Frauen wollen „Überein-

stimmung erzielen und Unterschiede minimieren“. Ihnen

geht es neben der Information immer auch um Interaktion

und darum, den anderen nicht zu verletzen und ihn zu ver-

stehen. Männer handeln nach dem Motto: Problem erkannt –

Lösungsmöglichkeiten entwickeln – Lösungsmöglichkeiten

umsetzen – Problem gelöst – Erfolg gehabt. Wenn eine Frau

sagt: „Mir geht es schlecht“, erwartet sie keine handlungs-

orientierten Lösungsvorschläge à la „Dann musst du zum Arzt

gehen.“ sondern Trost und Zuwendung. Sie kommuniziert

neben der Sachinformation auf der Beziehungsebene und er-

wartet, dass ihr Gegenüber das versteht. Sagt beispielsweise

eine Frau zu einem Mann: „Ist dir auch kalt?“, erwartet sie

selbstverständlich, dass die Botschaft „Bitte mach das Fenster

zu“ ankommt. Erhält sie nun zur Antwort: „Nöö“ – eine korrek-

te Antwort auf die Frage –, wird sie das nicht zufriedenstellen.

Sie wird sich unverstanden fühlen und denken „So ein Rüpel.“

Dabei war die Antwort gar nicht grob gemeint. „Mann“ hatte

korrekt auf eine Sachfrage geantwortet, die „frau“ auf der Ap-

pell- und Beziehungsebene stellte.

Direkt versus indirekt

Männer kommunizieren in der Regel eher sach- und durch-

setzungsorientiert, Frauen eher appell- und beziehungsorientiert.

Während Forderungen von Männern direkt zum Ausdruck ge-

bracht werden – „Ich habe Hunger“ –, formulieren Frauen ihre

Wünsche eher indirekt – „Das sieht aber lecker aus“ – und erwar-

ten, dass ihr Kommunikationspartner das Gemeinte versteht.

Männer sind „taub“ für indirekte Appelle und können nicht

nachvollziehen, warum „frau“ nicht einfach sagt, was sie will.

Entscheidung versus Besprechung

Durch die ausgeprägte Kompromissbereitschaft der Frauen

sind diese eher bereit beziehungsweise halten es für selbstver-

ständlich, den anderen in einer problematischen Situation ein-

zubeziehen. Mann: „Ich brauche den Bericht bis morgen früh.“

Frau: „Ich brauche den Bericht bis morgen früh. Sehen Sie eine

Möglichkeit, das noch zu schaffen?“ „Frau“ formuliert deshalb

so vorsichtig, weil sie Kritik und Widerworte nur schwer ertra-

gen kann und sich sofort persönlich angegriffen fühlt. Männer

registrieren eine Aussage wie „Ich brauche den Bericht bis mor-

gen früh“ als Aufforderung, der sie nachkommen.

Übertreibung versus Untertreibung

Frauen neigen dazu, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen,

und reden Erfolge eher klein: „Ach, das war doch nichts.“ Män-

ner hingegen haben ein sehr gesundes Selbstbewusstsein und

machen Erfolge gerne publik: „Ja, das war gekonnt.“ Ein wei-

terer Unterschied ist, dass Frauen Erfolge gerne mit anderen

teilen – „Mein Team hat mich super unterstützt“–, auch wenn

die Leistung im Wesentlichen von ihnen alleine erbracht wurde.

Männer verbuchen Erfolge gerne für sich, auch wenn das Team

einen wesentlichen Beitrag dazu leistete: „Das habe ich mal wie-

der gut hingekriegt.“

Was folgt daraus?

Es lässt sich nicht verallgemeinern, welcher Kommunika-

tionsstil der bessere ist. Beide haben ihre Vorzüge und ihre

Schwächen. Der durchsetzungsorientierte Sprech- und Verhal-

tensstil der Männer führt dann nicht zum Erfolg, wenn Team-

work und Akzeptanz gefragt sind. Die indirekte Ausdrucksweise

der Frauen lässt sie nicht bekommen, was sie wollen. Ihre Scheu

15Thema // Kommunikation

UK PT Spezial

vor Auseinandersetzungen und Dominanz verwehrt ihnen oft

den beruflichen Erfolg. Männer erhalten die Auskünfte, nach

denen sie gefragt haben, die zwischenmenschlichen, weitaus

aussagekräftigeren Informationen bleiben ihnen verborgen,

wenn sie nicht mit dem Beziehungsohr hören.

Wege aus der kommunikativen Sackgasse

Wie können Frauen und Männer sich besser verstehen?

Voraussetzungen, um kommunikative Klippen zu umschiffen,

sind das Wissen um die verschiedenen Kommunikationsstile,

Einfühlungsvermögen und die Bereitschaft, aufeinander zuzu-

gehen. Es lohnt sich, den Aussichtspunkt einmal zu wechseln,

um die Landschaft aus einer anderen Perspektive zu betrachten,

und eine neue Sprache zu erlernen, die sich der Vorteile bei-

der Kommunikationsstile bedient. Die Erfolgsgarantie für ein

(sprachliches) Miteinander im Beruf und im Privatleben sind

neben der Sach- und Lösungsorientierung auch die menschli-

che Nähe und Akzeptanz, die durch Sprache und Sprechstil zum

Ausdruck gebracht wird. \

16 Thema // Kommunikation

UK PT Spezial

17Thema // Kommunikation

UK PT Spezial

Führen durch Kommunikation

„Seid froh, dass ihr in heutigen Zeiten „Seid froh, dass ihr in heutigen Zeiten einen Job habt. “ einen Job habt. “

„Ich höre schon gar nicht mehr zu, was die „Ich höre schon gar nicht mehr zu, was die Mitarbeiter über xy sagen. “ Mitarbeiter über xy sagen. “

„Sie gehen schon? “ „Sie gehen schon? “ „Mann, Sie kapieren ja gar nichts. “ „Mann, Sie kapieren ja gar nichts. “

Was kommt an bei den Mitarbeitern?

Solche markigen Sprüche demonstrieren keineswegs sou-

veränes Führungsverhalten – auch wenn das manche

Führungskraft zu glauben scheint: Mitarbeiter sind enttäuscht,

verärgert, verstimmt und der Chef verspielt seine Glaubwürdig-

keit und Akzeptanz. Wenn Chefs permanent solche Sprüche

klopfen, werden sie nicht mehr ernst genommen und schlim-

mer noch – die Mitarbeiter verlieren zunehmend Arbeitsfreude,

Motivation und Einsatzbereitschaft. Sie lassen sich versetzen,

kündigen oder gehen in die innere Kündigung. Kompetentes

Führungsverhalten sieht anders aus.

Eine der wichtigsten Führungseigenschaften ist die Fähig-

keit, „gut“ mit seinen Mitarbeitern, Kollegen und Kunden zu

kommunizieren. „Gut“ heißt in diesem Fall, Mensch und Aufga-

be mit dem Ziel zu koordinieren, beiden gerecht zu werden. Die

grundlegende Gesprächshaltung ist von „Wertschätzung“ und

„Respekt“ dem Gesprächspartner gegenüber geprägt. Sprüche

wie „Ich höre schon gar nicht mehr zu, was die Mitarbeiter über

xy sagen“ bezeugen weder das eine noch das andere. Schlimmer

noch, in solchen Aussagen manifestiert sich eine Grundeinstel-

lung den Mitarbeitern gegenüber, die sich vermutlich auch in

anderen Facetten des Führungsverhaltens zeigt: Die Arbeit wird

nicht mitarbeitergerecht verteilt, ständige Kontrollen, keine klare

Linie, fehlendes Vertrauen und sonstige kapitale Führungsfehler.

Auch eine Aussage wie „Die Mitarbeiter sind unser wichtigs-

tes Gut“, die in vielen Unternehmensphilosophien festgeschrie-

ben wurde, wird in der Realität nicht immer gelebt. Die Mit-

arbeiter merken recht schnell, wenn für das wichtigste Gut im

Betrieb wenig getan wird. Ausnahmen bestätigen die Regel. Die

Drohung „Seid froh, dass ihr in heutigen Zeiten einen Job habt“

verbietet sich von selbst, und Führungskräfte sollten diesen Satz

nicht nur nicht kommunizieren, sondern auch aus ihrem Den-

ken verbannen.

18 Thema // Kommunikation

UK PT Spezial

Wenn Führungskräften daran gelegen ist, leistungsberei-

te, motivierte und engagierte Mitarbeiter zu haben, dann müs-

sen sie dafür etwas tun oder bestimmte Aussagen und Verhal-

tensweisen einfach vermeiden. Führen ist mitunter einfacher,

als mancher Chef denkt.

Sprechen Sie Ihren Mitarbeitern Vertrauen aus

Die meisten Mitarbeiter arbeiten gerne oder haben zumin-

dest einmal gerne gearbeitet. Motivieren muss man Mitarbeiter

selten, demotivieren kann man sie schnell. Beispielsweise, wenn

Führungskräfte pauschal Zweifel an der Leistungsbereitschaft

ausdrücken. Mitarbeiter können sich nur in einem Klima des

Vertrauens entfalten. Die typischen Verhaltensweisen von Chefs

in einer Misstrauenskultur sind Bevormundung und Entmündi-

gung der Mitarbeiter, Kontrolle und Besserwisserei. Wenn Ent-

scheidungs- und Gestaltungsspielräume fehlen, die Mitarbeiter

keine Mitsprachemöglichkeiten in Bezug auf ihre Arbeit haben,

kein eigenständiges Arbeiten mit Verantwortungsübernahme

für die eigene Aufgabe möglich ist, bleiben Motivation und ei-

genständiges Denken irgendwann auf der Strecke. Der Betrieb

bekommt genau die Mitarbeiter, zu denen er sie im Sinne der

selbsterfüllenden Prophezeiung „erzogen“ hat. Wer ständig in

die Arbeit hineingeredet bekommt, wird irgendwann unmündig

und vor allem verlernt er eigenständiges Denken und Arbeiten.

Unmündige Mitarbeiter kann sich heute kein Unternehmen

mehr leisten.

Informieren Sie angemessen

Die arbeitsteilige Gesellschaft lebt vom Informationsaus-

tausch. Informationsmangel wie Informationsflut lähmen und

demotivieren und sind von der Führungskraft mit zu beein-

flussen. Mitarbeiter wollen wissen, was ansteht, was geplant

ist, welche Schwierigkeiten es gibt und welche Lösungen. Das

heißt nicht, Mitarbeitern jede Unternehmensüberlegung sofort

mitzuteilen, sondern die Mitarbeiter angemessen umfassend zu

informieren. Werden aber Mitarbeitern bewusst für sie wich-

tige Informationen verweigert, verweigern sie im Gegenzug

Leistung und können auch Leistung nicht erbringen. Auch die

Überschwemmung mit unnützen Informationen führt nicht zu

einer Leistungssteigerung.

Machen Sie klare Ansagen

Mitarbeiter wollen klare Ansagen, klare Aussagen und klare

Verhältnisse. Sie wollen wissen, was von ihnen erwartet wird,

und sie wollen verlässliches Verhalten vom Vorgesetzten. Bei

aller notwendigen Flexibilität müssen Aufgaben und Verhal-

tensweisen berechenbar sein.

Geben Sie Rückmeldung

Mitarbeiter erwarten eine Rückmeldung bezüglich ihrer

Arbeitsleistung und ihres Verhaltens. Dabei sind bestimmte

Regeln einzuhalten, damit ein konstruktives Feedback auch

beim Empfänger ankommt und angenommen werden kann.

Regeln gelten im Übrigen nicht nur für den Feedbackgeber, son-

dern auch für den Feedbacknehmer. Feedback sollte beschrei-

bend und nicht wertend sein, Kritik also sachlich und konkret

geäußert werden. Natürlich sollte Feedback auch dann gegeben

werden, wenn es Positives rückzumelden gibt, das wird leider

immer wieder allzu oft von Vorgesetzten vergessen.

Zwei gute Instrumente, um Rückmeldung zu erhalten und

zu geben, sind regelmäßige Mitarbeiterbesprechungen, in

denen – je nach Intensität der Zusammenarbeit – einmal die

Woche oder im Quartal Informationen ausgetauscht und die

Zusammen arbeit im Team und mit dem Vorgesetzten bespro-

chen werden. Mitarbeitergespräche, die formalisiert und struk-

turiert einmal im Jahr zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter

geführt werden, geben Gelegenheit, im Vier-Augen- Gespräch

über das aktuelle Tagesgeschäft hinaus zu sprechen: über die

Arbeit und die Zusammenarbeit generell und auch über Leis-

tung und Entwicklungsmöglichkeiten des Mitarbeiters. Ein

19Thema // Kommunikation

UK PT Spezial

gutes Mitarbeitergespräch hat für beide Seiten einen großen

Nutzen, denn man weiß, woran man ist, und welches Potenzial

es gibt. Natürlich soll sich der Mitarbeiter aktiv am Gespräch be-

teiligen und wissen, welche Themen angesprochen werden.

Stärken Sie Ihren Mitarbeitern den Rücken

Die Erwartung, dass Chefs hinter ihren Mitarbeitern stehen,

wird nicht explizit ausgesprochen, ist aber dennoch in jedem

Fall vorhanden. Wenn ein Vorgesetzter nach oben buckelt

und nach unten austeilt, wird sich keine Vertrauenskultur ent-

wickeln. Führungskräfte ohne Rückgrat verspielen auf Dauer

jede Chance einer konstruktiven Zusammenarbeit mit den Mit-

arbeitern und erhalten nie das Engagement, zu dem Mitarbeiter

bereit sind, wenn sie sich sicher sein können, dass der Vorge-

setzte auch hinter ihnen steht, wenn sie mal eine suboptimale

Leistung erbringen. \

20 Rat und Tat // Checklisten

UK PT Spezial

CHECKLISTE

So klappt’s

mit der Kommunikation

Nehmen Sie Ihren Gesprächspartner ernst.

Definieren Sie die Beziehung positiv. Ihre Gesprächs-

haltung sollte von grundsätzlicher Wertschätzung und

Akzeptanz des anderen bestimmt sein. Vermeiden Sie

Überheblichkeiten, Belehrungen und Bevormundungen.

Formulieren Sie eindeutig.

Präsentieren Sie Informationen klar und eindeutig, an

der Sache orientiert. Das funktioniert aber nur dann,

wenn die Beziehungsseite geklärt ist. Achten Sie daher

auf Störungen in der Kommunikation auf der Bezie-

hungsseite und klären Sie diese. Sprechen Sie Ziele

und Absichten klar und eindeutig an (keine versteckten

Manipulationen auf der Appellseite).

Senden Sie Ich-Botschaften –

Vermeiden Sie Du-Botschaften.

Beschreiben Sie die Situation aus Ihrer Sicht und äu-

ßern Sie Ihre durch ein bestimmtes Verhalten Ihres Ge-

sprächspartners ausgelösten Empfindungen (Freude,

Ärger): „Ich habe das Gefühl, dass ...“ Vermeiden Sie

Du-Botschaften („Du bist schuld ...“), Man-Aussagen

(„Man sollte …“), Befehle („Du musst, sonst …“) und

ungerechtfertigte Verallgemeinerungen („Immer läuft

hier irgendetwas schief“).

Fragen Sie.

Stellen Sie offene Fragen: „Woran liegt es, dass ...“,

„Welche Möglichkeiten sehen Sie ...“, „Wie sehen Sie

die Situation ...“, „Was sagen Sie dazu? ...“

(sogenannte W-Fragen).

Fordern und geben Sie Feedback.

Rückversichern Sie sich, dass die Botschaft richtig

verstanden wurde (aber nicht so: „Haben Sie das rich-

tig verstanden?“), und fragen Sie auch selbst nach:

„Sehe ich das richtig, dass ...“, „Sie möchten, dass …“

Hören Sie aufmerksam zu und überhören Sie nicht.

„Aktives Zuhören“ heißt, zu ergründen, was der

Gesprächspartner sagen will. Fühlen Sie sich in den

Gesprächspartner ein. „Aktives Zuhören“ ist anstren-

gend und aufmerksamkeitsfordernd. Richtig prakti-

ziert, zeugt es von Akzeptanz und Wertschätzung.

21Rat und Tat // Checklisten

UK PT Spezial

Beurteilen Sie und verurteilen Sie nicht.

Hören Sie sich die Argumente Ihres Gesprächspart-

ners an und vermeiden Sie ein vorschnelles Urteil.

Vielleicht gibt es gute Gründe für das Verhalten Ihres

Gesprächspartners.

Manipulieren Sie nicht.

Überzeugen Sie. Wenn Sie jemanden „beschwatzen“,

wird das erwünschte Verhalten nicht lange anhalten.

Übersehen Sie Ihren Gesprächspartner nicht.

Suchen und halten Sie Blickkontakt, wenden Sie sich

Ihrem Gesprächspartner zu. Seien Sie aufmerksam

und erledigen Sie nicht andere Dinge nebenher.

Treffen Sie eine Vereinbarung.

Suchen Sie nach Lösungen, die beide Seiten zufrie-

denstellen und von beiden Seiten akzeptiert werden.

Vereinbaren Sie die nächsten Schritte der Umsetzung.

Sie können sich das Einverständnis Ihres Gesprächs-

partners mit geschlossenen Fragen einholen: „Sind

Sie damit einverstanden, dass ... ?“

Beginnen und beenden Sie das Gespräch positiv.

Stellen Sie eine angenehme Gesprächsatmosphäre

her und schalten Sie Störungen und Gesprächsunter-

brechungen weitgehend aus. Bieten Sie ein Getränk /

einen Stuhl an. Sagen Sie als Einstieg in das Gespräch

etwas Positives / Freundliches: „Es freut mich, dass

Sie Zeit gefunden haben für unser Gespräch.“ Beenden

Sie das Gespräch so, dass Sie nicht im Streit ausein-

andergehen, auch wenn Sie sich nicht verständigen

konnten. Ein Gespräch schwingt immer nach und Sie

werden sich wiederbegegnen. Eine zugeschlagene Tür

ist nicht leicht zu öffnen.

Nehmen Sie sich Zeit.

Aktives Zuhören braucht Zeit. Nehmen Sie sich Zeit für

das Gespräch und den Gesprächspartner.

Stellen Sie Ihren Gesprächspartner nicht

vor anderen bloß.

Niemand wird gerne vor anderen bloßgestellt oder

blamiert. Geschieht dies, führt das meist nur dazu,

dass der Betroffene sofort eine Verteidigungsstellung

einnimmt und sachlichen Argumenten überhaupt nicht

mehr zugänglich ist.

22 Rat und Tat // Checklisten

UK PT Spezial

CHECKLISTE

Quelle: www.ccall.de

Vielsprecher aufgepasst: So bleibt

Ihre Stimme gesund und verlässlich

Sprechweise

Achten Sie auf eine natürliche Sprechweise, sprechen

Sie entspannt, weich und ohne Druck.

Lautstärke

Passen Sie Ihre Sprechlautstärke der Umgebung und

der Gesprächssituation an.

Sprechhöhe

Stress und Anspannung erhöhen die Stimmlage, daher

nach einem anstrengenden Dialog die Stimme „herun-

terholen“.

Sprechtempo

Sprechen Sie nicht zu schnell. Lassen Sie sich Zeit für

Atempausen.

Atem

Atmen Sie vor Sprechbeginn nicht tief ein. Lassen Sie

in kurzen Sprechpausen die Luft einfach nachströmen.

Körperhaltung

Unterstützen Sie Ihre Stimme mit angemessener

Körperhaltung (kein Rundrücken oder Hohlkreuz).

Warm-up

Gähnen und Dehnen, Summen und Brummen oder

entspanntes Singen vor Sprechbeginn entlastet Ihre

Stimme.

Pausen

Nutzen Sie regelmäßige Pausen dazu, sich zu bewe-

gen. Die Bewegung hilft, die Muskelspannung auszu-

balancieren, und wirkt so auch entspannend auf Ihre

Stimme.

Flüssigkeit

Trinken Sie viel. Sie sollten immer ungekühltes Was-

ser, Kräuter- oder Früchtetee am Arbeitsplatz haben.

Trinken Sie möglichst zwei bis drei Liter am Tag.

Rauchen

Sie sollten das Rauchen einschränken oder einstellen,

besonders, wenn Sie viel sprechen müssen. Die

Schadstoffe der Zigarette greifen Ihre Schleimhäute

massiv an.

Räuspern

Vermeiden Sie häufiges und hartes Räuspern. Sum-

men Sie stattdessen oder sprechen Sie einfach weiter.

Durch die entstehende Vibration löst sich der Schleim.

Erkältung

Schonen Sie Ihre Stimme. Bei Heiserkeit sollten Sie so

wenig wie möglich sprechen und Flüstern vermeiden.

23Praxis // Tipps für Sie

UK PT Spezial

Körpersprache

Wie wirke ich auf andere?

1.

Die Überzeugungskraft eines Sprechers hängt nicht nur

von seinen Worten ab, sondern wird ganz wesentlich

auch von außersprachlichen Faktoren bestimmt. In einer viel-

zitierten Studie wird behauptet, dass das gesprochene Wort nur

zu 7 % Relevanz hat. Das heißt nun aber nicht, dass es völlig

unerheblich wäre, was man sagt, aber man sollte sich bewusst

sein, dass die Glaubwürdigkeit eines Sprechers zu einem Groß-

teil auch von para- und nonverbalen Komponenten bestimmt

wird. Der Begriff paraverbale Kommunikation umfasst das gan-

ze Spektrum der Stimme, mit der wir eine Nachricht senden: die

Stimmlage, die Lautstärke, mit der wir reden, die Betonung der

Wörter oder Satzteile, das Sprechtempo – langsam oder schnell –

und die Sprachmelodie – eintönig oder moduliert. Nonverbale

Kommunikation bezieht sich auf die Körpersprache, die vermit-

telt wird über den Blick (Blickkontakt halten oder wegschauen),

die Mimik (Mundwinkel, Augenlider), die Gestik (gar keine,

ruhig, wild gestikulierend), die Haltung (aufrechte oder gebeug-

te Haltung, sicherer Stand) und das optische Erscheinungsbild

(Frisur, Kleidung, Schmuck).

It’s SO CLEAR

S Sitzen oder stehen Sie diagonal zu ihrem Gesprächspartner und auf gleicher Höhe. Dadurch wird Kooperationsbereit-schaft signalisiert. Respektieren Sie den persönlichen Raum Ihres Gegenübers (Distanzzonen).

O O steht für Offenheit in Gesichtsausdruck und Bewegungen. Also keine verschränkten Arme, keine abweisende Haltung, kein mürrischer Gesichtsausdruck. Vermitteln Sie den Ein-druck von Aufnahmebereitschaft, Aufgeschlossenheit und Interesse, indem Sie Blickkontakt suchen und sich dem an-deren zuwenden.

C (Centre) Konzentrieren Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihren Gesprächspartner. Sie hören dadurch aufmerksamer zu und bekommen mehr Informationen. Machen Sie den Sprecher und sein Thema zum Mittelpunkt Ihrer Aufmerksamkeit.

L Lehnen Sie sich leicht nach vorne, um Interesse zu bekunden. Übertreiben Sie es mit dem Nach-vorne-Lehnen aber nicht, denn sonst fühlt sich Ihr Gesprächspartner in die Enge getrie-ben. Wollen Sie die Situation entspannen, lehnen Sie sich ein bisschen zurück. Aber auch hier gilt: Nicht übertreiben, sonst signalisiert das Desinteresse.

E (Eye Contact) Halten Sie angemessenen Blickkontakt beim Zuhören, um den Sprecher zu ermuntern. Verstärken oder verringern Sie den Augenkontakt, um etwas Druck auszu-üben oder um lockerzulassen.

A Reagieren Sie angemessen auf den Sprecher: Hören Sie zu, fragen Sie nach und geben Sie stimmige Antworten. Halten Sie das Gespräch am Fließen.

R Bleiben Sie während des Gesprächs ruhig und gelassen. Strahlen Sie Ruhe und Ausgeglichenheit aus.

Insbesondere an der Körpersprache lässt sich ablesen, wie

der andere gestimmt ist. Da die Körpersprache häufig auf ei-

ner unbewussten Ebene abläuft, ist sie aufschlussreicher als die

verbale Sprache. Diesen unbewussten Signalen traut man mehr

als den Worten. Es empfiehlt sich daher, sowohl auf die eigene

als auch auf die Körpersprache anderer zu achten, denn nonver-

bales Verhalten vermittelt dem Gegenüber Desinteresse, Lange-

weile, Ungeduld oder aber Aufmerksamkeit, Interesse, Respekt.

Eine aufrechte Körperhaltung mit erhobenem Kopf, Blickkon-

takt, ein freundlicher Gesichtsausdruck, unterstützt durch ein

Lächeln, „wirken“, ohne dass Sie ein Wort gesagt haben. Der

Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick stellte fest:

„Man kann nicht nicht kommunizieren“ – ob wir wollen oder

nicht, wir vermitteln immer Informationen.

Ihre eigene Körpersprache können Sie mit dem „SO CLEAR“-

Modell zum Teil kontrollieren, wobei es kulturelle Unterschiede

gibt. Je mehr Sie vom „SO CLEAR“-Muster abweichen, desto un-

behaglicher wird sich Ihr Gesprächspartner fühlen. \

Quelle: Cole: Kommunikation klipp und klar

24 Praxis // Tipps für Sie

UK PT Spezial

Gesprächsführung

Kommunikation in schwierigen

Situationen

2.

Sie erfahren hier, wie Sie mit schwierigen Kommunikati-

onssituationen umgehen können. Dabei wird keine Un-

terscheidung zwischen Gesprächskonflikten am Telefon oder

im persönlichen Gespräch getroffen. Bedenken Sie aber einen

wichtigen Unterschied zwischen persönlicher Kommunikation

vis-à-vis und der distanzierteren am Telefon: Telefonierende

können die Körpersprache des anderen nicht beobachten. Mi-

mik, Gestik, Augenkontakt, Körperstellung sind nicht sichtbar,

dabei ist die Körpersprache ein wichtiger Erfolgsfaktor in der

Vis-à-vis-Kommunikation. Am Telefon kommt es entscheidend

auf die Stimme und die Sprechtechnik, aber auch auf eine pro-

fessionelle Gesprächsführung an.

Wie verhalte ich mich, wenn …

… mein Gesprächspartner verärgert ist?

• Nehmen Sie den Beschwerdeführer und seine Beschwerden

ernst. Auch oder gerade der Aufgebrachteste merkt sofort,

wenn er abgespeist werden soll.

• Halten Sie Blickkontakt im persönlichen Gespräch oder

konzentrieren Sie sich am Telefon auf Ihren unsichtbaren

Gesprächspartner, wobei Sie sich Notizen zum Gehörten

machen sollten. Dadurch sind Sie zum einen aufmerksamer

für das, was Ihr Gesprächspartner sagt, und zum anderen

sind diese Notizen hilfreich bei der Rekonstruktion des

Sachverhalts.

• Hören Sie in Ruhe zu. Lassen Sie Ihren Gesprächspartner

ausreden und seinen Ärger loswerden. Zeigen Sie Verständ-

nis für seine Situation: „Ja, das ist wirklich sehr ärgerlich.“

Das sollte authentisch wirken und nicht aufgesetzt sein.

Wertschätzung und Respekt sind die Voraussetzung für

eine gelungene Kommunikation auch in schwierigen Ge-

sprächssituationen.

25Praxis // Tipps für Sie

UK PT Spezial

• In Ruhe zuhören heißt auch „aktiv zuhören“. Was hat Ihnen

Ihr Gesprächspartner mitzuteilen? Aktives Zuhören heißt,

dass Sie sich Ihrem Gesprächspartner zuwenden, ihn an-

schauen oder am Telefon signalisieren, dass Sie ihm zuhö-

ren, dass Sie mitbekommen, was der andere sagt oder meint

(was nicht unbedingt übereinstimmen muss). Dies können

Sie nonverbal durch Nicken oder verbal mit interessierten

Äußerungen tun: „Hmmh“, „Ja, ich verstehe“. Dieser Hin-

weis eignet sich nicht für den Umgang mit Vielrednern.

• Finden Sie heraus, warum Ihr Gesprächspartner verärgert

ist. „Was genau ist denn passiert?“, „Womit sind Sie unzu-

frieden?“ Je genauer die Analyse, desto besser können Sie

Lösungen anbieten. Fragen Sie mit den sogenannten W-Fra-

gen nach: „wer?“, „wie?“, „was?“, „warum?“, „wann?“.

• Kommunizieren Sie klar und deutlich. Vermeiden Sie Flos-

keln, Wischiwaschi-Aussagen und eine Bagatellisierung des

Problems. Verkneifen Sie sich auch demotivierende Bemer-

kungen wie „So etwas kann ich mir gar nicht vorstellen.“

• Fragen Sie, was Ihr Gesprächspartner sich für Lösungen

vorstellen könnte. Dadurch erfahren Sie, an welche Mög-

lichkeiten Ihr Gegenüber bereits gedacht hat. Oft sind die

Menschen bescheidener in ihren Ansprüchen, als man es er-

warten dürfte. Die Antworten Ihres Gesprächspartners bie-

ten Ihnen entsprechende Reaktionsmöglichkeiten. Vielleicht

ist das Problem ja ganz leicht aus der Welt zu schaffen.

• Falls das Problem nicht so leicht zu lösen ist, versuchen

Sie, Kompromisse zu finden (Win-win-Situation). Was ist

für beide Parteien akzeptabel und stellt beide Parteien

zufrieden?

• Wenn Sie oder die Firma einen Fehler gemacht haben, dann

geben Sie das zu: „Es tut mir leid, dass Ihnen diese Unan-

nehmlichkeiten entstanden sind. Was können wir tun, da-

mit …“ Es zeugt von Souveränität und Stärke, wenn man

eingestehen kann, dass etwas unterlassen oder vergessen

wurde. Außerdem werden aufgebrachte Beschwerdeführer

erstaunlich schnell ruhig und man kann gemeinsam nach

Lösungen suchen.

• Treten Sie glaubwürdig, zuverlässig und kompetent auf.

Halten Sie die Versprechen und Vereinbarungen ein. Ihre

Aussagen – sei es am Telefon oder im Gespräch vis-à-vis –

müssen überprüfbar und verbindlich sein. Sind die Rah-

menbedingungen noch unklar, dann klären Sie Sachver-

halte ab und teilen Sie dem Gesprächspartner mit, dass Sie

ihm in einer halben Stunde, heute Nachmittag oder morgen

früh Bescheid geben. Was dann natürlich auch verlässlich

erfolgt.

• Bedanken Sie sich für das Gespräch. Auch oder gerade in

schwierigen Gesprächssituationen können Sie viel für sich

und über sich lernen. Außerdem sind Konfliktgespräche ein

Ansatz für (notwendige) Veränderungen. Kunden, die sich

beschweren, sind hilfreicher als Kunden, die Unzuverlässig-

keit nicht dem Unternehmen, sondern dem Freundes- und

Bekanntenkreis gegenüber äußern.

• Bleiben Sie freundlich und gelassen. Achten Sie auf Ihre

Körpersprache, Stimme und Ihren Tonfall. Vermeiden Sie

aggressive Gebärden, schauen Sie freundlich, lächeln Sie –

das hilft auch am Telefon.

• Besonders elegant ist es, wenn Sie nach einigen Tagen Ihren

Gesprächspartner anrufen, um zu erfragen, ob „das Prob-

lem“ zwischenzeitlich gelöst ist.

… mein Gesprächspartner überzogene Forderungen hat?

• Verlangt Ihr Gesprächspartner „Unmögliches“, argumentie-

ren Sie sachlich und ruhig, warum dies nicht durchführbar

ist. Vermeiden Sie dabei das Wort „leider“. Das wirkt un-

glaubwürdig und verwässert Ihre sachliche Argumentation.

„Ich verstehe, Sie erwarten …“, „Unsere Konditionen sehen

jedoch nicht vor, dass …“, „Gibt es noch andere Möglichkeiten,

Sie zufriedenzustellen?“

• Fragen Sie Ihren Gesprächspartner nach einer fairen, für bei-

de Seiten akzeptablen Lösung. Hören Sie aufmerksam zu und

greifen Sie die „machbaren“ Aspekte seines Vorschlags auf.

Bringen Sie Ihre Vorstellungen mit ein und präsentieren Sie

die Win-win-Lösung so, dass Ihr Gesprächspartner einen Nut-

zen davon hat. „Die Lösung hat für Sie den Vorteil, dass …“

• Bedanken Sie sich beim Gesprächspartner für das konstruk-

tive Gespräch.

In Konfliktsituationen helfen die Gesprächstechniken

• Zuhören,

• Verständnis zeigen,

• Fehler zugeben und

• Lösungen suchen.

26 Praxis // Tipps für Sie

UK PT Spezial

… mein Gesprächspartner ausfällig wird?

• Bleiben Sie ruhig und lassen Sie sich nicht provozieren. Atmen

Sie einmal tief ein und wieder aus.

• Trennen Sie Sache und Person. Angriffe richten sich auf ein

fehlerhaftes Produkt oder eine mangelhafte Dienstleistung

und nicht gegen Sie persönlich. Seien Sie sich dessen immer

bewusst, auch wenn es schwerfällt.

• Machen Sie des Öfteren Pausen im Gespräch. Erwidern

Sie nichts auf das, was Ihnen Ihr Gesprächspartner an den

Kopf wirft. Pausen signalisieren Ruhe, Gelassenheit und

Souveränität.

• Bieten Sie einen anderen Gesprächspartner an: „Möchten Sie

gerne mit meinem Kollegen Braun über den Sachverhalt re-

den oder soll ich Sie mit meinem Vorgesetzten verbinden?“

Solche Maßnahmen müssen natürlich „für den Notfall“ im

Vorfeld abgesprochen sein.

• Wenn Sie angespannt sind, stehen Sie während des Gesprächs

oder Telefonats auf. Die Veränderung der Haltung verleiht Ih-

nen automatisch mehr Souveränität und Autorität. Sie haben

einen größeren Resonanzboden, was auch Ihre Stimme und

Ausstrahlung verändert.

• Zuletzt: Auch Freundlichkeit hat ihre Grenzen. Wenn die

Beschimpfungen unverschämt werden, sagen Sie, dass es Ih-

nen leid tut, Sie aber so das Gespräch zum jetzigen Zeitpunkt

nicht weiterführen können, und verabschieden Sie sich.

… wenn mein Gesprächspartner stur auf seinem

Standpunkt beharrt?

• Vertagen Sie das Gespräch: „Ich kläre die Angelegenheit und

rufe Sie in einer halben Stunde zurück. Passt Ihnen das?“

Während dieser „Gesprächspause“ hat Ihr Gegenüber Zeit,

seinen absoluten Standpunkt zu reflektieren, und wird das

Gespräch unter Umständen sachlicher fortsetzen. Diese Stra-

tegie funktioniert auch im Vis-à-vis-Gespräch: „Ich kümmere

mich darum und gebe Ihnen heute Nachmittag Bescheid. Ist

das in Ordnung?“

• Bieten Sie einen anderen Gesprächspartner an: Ihren Kollegen

oder gar Ihren Chef: „Ich merke, wir haben unterschiedliche

Auffassungen. Wollen Sie Ihr Anliegen / Ihre Beschwerde / Ihre

Ausführungen noch einmal meinem Kollegen / Chef unterbrei-

ten? Vielleicht versteht er Sie besser, als ich es im Moment tue.“

… mein Gesprächspartner nicht aufhört zu reden?

• Die Schwierigkeit besteht darin, einerseits nicht unhöflich

sein zu wollen, anderseits wird man zunehmend aggressiver,

wenn der andere nicht zuhört und vom Hundertsten ins

Tausendste kommt. Vielredner elegant zu stoppen, gelingt

nur durch bestimmtes Auftreten.

• Übernehmen Sie die Gesprächsführung, ohne dabei aber zu

sehr den Gesprächspartner zu dominieren.

• Hören Sie aktiv zu, ermuntern Sie Ihren Gesprächspartner aber

nicht durch Ihre Frage, erneut in einen Redestrudel einzutau-

chen. Fragen wie „Habe ich Sie richtig verstanden, dass …“ sind

im Gespräch mit Dauerrednern nicht zielführend.

• Ein wirksames rhetorisches Mittel sind die sogenannten „ge-

schlossenen Fragen“, das heißt Fragen, die nur mit „Ja“, „Nein“

oder konkreten numerischen Angaben beantwortet werden

können. Fassen Sie in einer Atempause Ihres Gesprächspart-

ners seine „Rede“ zusammen und bieten Sie gleichzeitig in

Ihrem Gesprächspart eine Lösung an, bei der Ihr Gegenüber

nur noch zustimmen oder ablehnen kann: „Sie meinen also,

dass …“, „Ich biete Ihnen an …“, „Sollen wir das so machen?“

• Sagen Sie eine Weile nichts, bis

Ihr Gegenüber die Frage

stellt, ob Sie noch zuhö-

ren oder noch am Tele-

fon sind. Jetzt nutzen

Sie die Chance und

27Praxis // Tipps für Sie

UK PT Spezial

antworten: „Ja, Herr Gelb, ich habe Ihnen aufmerksam zu-

gehört. Ich schlage Ihnen vor, …“ oder „Frau Weiß, ich fasse

zusammen …“

• Greifen Sie ausnahmsweise mal zu einer Notlüge. Sagen Sie,

dass Sie gleich zu einer Besprechung müssen, dass es an der

Tür geklopft hat oder dass Sie einen wichtigen Anruf erwar-

ten und Ihr Display schon geblinkt hat.

… mein Gesprächspartner nicht auf den Punkt kommt?

• Übernehmen Sie die Gesprächsführung und versuchen Sie,

durch geschickte Fragen Ihrem Gesprächspartner die not-

wendigen Informationen zu entlocken. Hierzu bieten sich die

„geschlossenen Fragen“ an, mit denen Sie das Gespräch in die

von Ihnen gewünschte Richtung lenken können. „Wenn ich

Sie richtig verstehe, dann …“, „Ist das so?“

• Vermeiden Sie es, dominant aufzutreten oder Ihr Gespräch

mechanisch abzuspulen. Es wirkt unangenehm und ist

unangemessen, wenn Sie I hren Gesprächspartner her-

absetzen. Das macht sich auch im Gespräch bemerkbar.

… das Gespräch in eine Sackgasse geraten ist?

• Wenn Sie merken, dass sich das Gespräch nicht weiterentwi-

ckelt, vertagen Sie das Gespräch: „Ich habe das Gefühl, wir

drehen uns im Kreis, lassen Sie uns heute Nachmittag / mor-

gen früh noch einmal miteinander reden. Ich melde mich um

… Uhr bei Ihnen. Ist Ihnen das recht?“

• Nach vorheriger Absprache mit den Kollegen können Sie das

Gespräch auch „abgeben“: „Frau Schwarz ist genau die richti-

ge Ansprechpartnerin in dieser Frage. Soll ich Sie verbinden

oder soll Frau Schwarz Sie anrufen?“

• Wenn ein unbefriedigender Gesprächsausgang keine weitrei-

chenden Konsequenzen hat, dann beenden Sie das Gespräch

freundlich mit „Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Herr

Braun?“ Herr Braun wird sich bestimmt noch einmal melden,

wenn er weiteren Klärungsbedarf hat. \

Beispiele für eine gelungene Kommunikation

Am Telefon

Ein Kunde, dessen Eilbestellung nach einer Woche noch im-

mer nicht angekommen ist, beschwert sich: „Meine Bestel-

lung ist immer noch nicht da. Eine Frechheit ist das.“

• Schlechte Antwort (genervt): „Geben Sie mir mal Ihre Auf-

tragsnummer.“ Pause. „Das liegt an Ihrer Bestellung. Dort

sind …“

• Gute Antwort: „Guten Tag, Herr Grün. Das ist wirklich sehr

unangenehm, ich kann verstehen, dass Sie ungehalten sind.

Geben Sie mir bitte noch einmal Ihre Auftragsnummer, ich

werde mich sofort darum kümmern. Kann ich Sie unter Ihrer

Mobilnummer erreichen? In 20 Minuten?“

Vis-à-vis

Ein Hundebesitzer, dessen Hund einen Zusteller aggressiv

anbellt, gerät in einen Wortwechsel mit dem Postangestell-

ten: „Was beschweren Sie sich? Das ist natürliches Hundever-

halten, der will sein Revier verteidigen.“

• Schlechte Antwort Zusteller: „Ich mach hier bloß meinen Job.

Halten Sie den Hund zurück oder ich stelle Ihnen keine Post

mehr zu.“

• Gute Antwort Zusteller: „Ich habe Angst, dass Ihr Hund mich

beißen könnte. Ich weiß zwar, dass er sein Revier verteidigen

möchte, ich muss hier aber meinen Job tun. Wie können wir ei-

nen Kompromiss finden, dass ich Ihnen ohne Gefahr Ihre Post

zustellen kann und Ihrem Hund nicht ins Gehege komme?“

Literatur zum Thema: Backwinkel & Sturtz: Telefonieren – Professionelle Gesprächstechniken

28 Praxis // Tipps für Sie

UK PT Spezial

Leitfaden

Kritische Gespräche führen3.

Vor dem Gespräch

1 Selbstklärung: Gerade bei wichtigen und heiklen Gesprä-

chen ist die Vorbereitung unerlässlich und trägt wesentlich zum

Gelingen des Gesprächs bei.

• Sachebene: Wie sehe ich den Sachverhalt? Und wie wird der

andere ihn sehen? Welche Punkte möchte ich unbedingt an-

sprechen?

• Appellebene: Was sind meine Ziele im Gespräch? Was erwar-

te ich – und was erwartet der andere wahrscheinlich? Was

will ich mit diesem Gespräch erreichen? Wie sollte eine mög-

liche Vereinbarung aussehen?

• Beziehungsebene: Wie sehe ich die Beziehung zwischen uns?

Ist sie stabil, schwankend, gereizt, vertrauensvoll, kritisch ...?

Und wie sieht der andere wohl den Aspekt unserer Bezie-

hung?

• Selbstkundgabe: Wie geht es mir? Welche Gedanken und Ge-

fühle habe ich in Bezug auf das Gesprächsthema und wenn

ich an das bevorstehende Gespräch selber denke?

Überdenken Sie die Argumente, die Sie anführen werden, um

Ihr Ziel zu erreichen. Bedenken Sie im Vorfeld auch mögliche Ge-

genargumente Ihres Gesprächspartners. Das erlaubt Ihnen eine

flexiblere Gesprächsführung. Sie können Einwände entkräften,

sie in Ihre eigene Argumentation einbeziehen oder zusätzliche

Aspekte aufzeigen. Natürlich sollten Sie auch Gegenargumente

akzeptieren, wenn es gute Gründe für ein Verhalten gab.

2 Rahmenklärung: Setzen Sie sich vorbereitend mit der

Situation auseinander, in der das Gespräch stattfinden wird:

Raum, Zeitpunkt, Visualisierungsmöglichkeiten, störungsfreie

Atmosphäre ...

3 Verabredung zum Gespräch: Klare Bitte um einen Ge-

sprächstermin, Ankündigung des Themas und des Zeitrahmens

des Gesprächs (keine Überfallstrategie).

Im Gespräch

1 (Markanter) Gesprächseinstieg: Je heikler das Gesprächs-

thema, desto direkter sollte der Einstieg sein. Markant in das

Gespräch einzusteigen, bedeutet, direkt auf das Gesprächsthe-

ma zu sprechen zu kommen: „Frau Wiese, ich möchte heute mit

Ihnen über Ihre neue Tätigkeit sprechen. Wir haben ja im Rah-

29Praxis // Tipps für Sie

UK PT Spezial

men einer Umstrukturierung vor drei Monaten die Aufgaben

neu verteilt und Sie haben einen neuen Bereich übernommen.

Mir ist dieses Gespräch sehr wichtig, hängt die Qualität der Um-

strukturierung doch von jedem Einzelnen ab. Wir haben für das

Gespräch heute eine Stunde veranschlagt, wir werden also genü-

gend Zeit haben, das Thema in Ruhe zu besprechen.“

2 Klärung der Standpunkte: Nachdem Thema und Rahmen

geklärt sind, kann das eigentliche Gespräch beginnen. Dabei geht

der Gesprächsführer in Vorleistung und gibt ein kurzes Statement

zum eigenen Standpunkt. „Ich möchte Ihnen gerne zunächst

meine Einschätzung darstellen, um danach Ihre Sicht zu erfah-

ren. Ich mache mir Sorgen, ob die Umstrukturierung in diesem

Fall richtig war. Nach meinem Eindruck ist Ihre Arbeitsleistung

in den letzten drei Monaten zurückgegangen, und ich habe da-

rüber nachgedacht, ob Ihnen dieser neue Aufgabenbereich viel-

leicht weniger liegt als der vorherige. Wie sehen Sie das?“ Mit

dieser letzten Frage möchte beispielsweise eine Führungskraft

den Standpunkt des Mitarbeiters erfahren. Dazu ist das „aktive

Zuhören“ sehr wichtig. In dieser Gesprächsphase geht es nur um

die Erforschung der Sichtweisen der Gesprächspartner: ohne Ein-

flussnahme, ohne Rechtfertigung, ohne Appell, ohne Lösungs-

vorschläge. Die Führungskraft spricht ohne „Appellschnabel“ –

und hört besonders gut auf dem Sach- und Selbstkundgabeohr,

um den Mitarbeiter zu „verstehen“. Wichtige Gesprächsinhalte

können visualisiert werden.

3 Klärung der Hinter- und Untergründe: In dieser Ge-

sprächsphase geht es um Ursachenforschung: Was sind die

Motive für das Verhalten auf beiden Seiten (z. B. aufseiten des

Mitarbeiters: Überlastung, Ausdruck von Resignation – aufsei-

ten der Führungskraft: Besorgnis um das öffentliche Erschei-

nungsbild der Abteilung ...). Das „Eigentliche“ ist die subjektive

Wahrheit hinter einem mehr oder weniger konventionellen

Rollenverhalten.

4 Lösungssuche und das Treffen von Vereinbarungen:

Nachdem Hinter- und Untergründe ausgelotet sind, beginnt in

dieser Gesprächsphase die Suche nach tragfähigen Lösungen.

Explizit soll sich auch der Mitarbeiter mit Ideen und Vorschlä-

gen einbringen. Aufgabe der Führungskraft ist es, das Gespräch

zusammenzufassen, gemeinsam mit dem Mitarbeiter Lösungen

zu suchen und konkrete Vereinbarungen zu treffen. Dieser

Schritt muss auch erfolgen, wenn sich die Gesprächspartner unei-

nig geblieben sind. „Frau Wiese, ich möchte unser Gespräch einmal

zusammenfassen. Ich habe die Einschätzung geäußert, dass Ihre

beruflichen Leistungen in den letzten drei Monaten zurückgegan-

gen sind, und hatte auch meine Vermutung geäußert, dass dies da-

mit zusammenhängen könnte, dass Sie seit der Umstrukturierung

einen neuen Aufgabenbereich übernommen haben, der Ihnen

möglicherweise nicht so liegt. Sie selbst sagen mir, dass aus Ihrer

Sicht Ihre Leistungen konstant geblieben sind, dass Sie die neu-

en Aufgaben sehr gerne erledigen und dass mein Eindruck mögli-

cherweise damit zusammenhängt, dass die Ergebnisse Ihrer neuen

Tätigkeit nicht in der Weise sichtbar sind wie früher, da Sie mehr

„verborgene“ Arbeiten zu erledigen haben. Ist das richtig so?“

Beispiele aus: Schulz von Thun, Ruppel & Stratmann: Miteinander Reden – Kommunikationspsychologie für Führungskräfte

Je konkreter und deutlicher die nächsten Schritte benannt

werden, desto höher die Umsetzungswahrscheinlichkeit. Bei

komplexen und lang anhaltenden Absprachen können die Ver-

einbarungen auch schriftlich festgehalten werden.

5 Das Gespräch (manchmal) reflektieren: Ein in der Praxis

eher unüblicher Schritt ist ein Gespräch auf der Metaebene nach

dem Gespräch. Es sollte insbesondere dann stattfinden, wenn

die Führungskraft unsicher ist, wie ihre Worte auf das Gegen-

über gewirkt haben. „Frau Wiese, dies war unser erstes längeres

Gespräch seit der Umstrukturierung. Zwar sind wir uns nicht

in allen Punkten einig gewesen, ich bin trotzdem froh, dass wir

das Gespräch geführt haben. Ich weiß jetzt, wie Sie die Lage

sehen, und ich denke, dass unsere neuen Vereinbarungen uns

weiterbringen können. Wie sehen Sie das? Wie haben Sie un-

ser Gespräch empfunden?“ Frau Wiese: „Ich bin ganz zufrieden

mit dem Gespräch, hatte allerdings den Eindruck, dass ich ganz

schön auf Sie einreden muss, bevor Sie verstehen, wie es mir

geht mit der neuen Aufgabe.“ Bringen Sie auf jeden Fall das Ge-

spräch zu einem guten Abschluss. \

Beide Parteien einigen sich jetzt auf konkrete Schritte zur

Änderung der Situation: „Ich fasse noch einmal unsere Ver-

einbarungen zusammen:

1. ...

2. ...

30 Praxis // Tipps für Sie

UK PT Spezial

Atem- und Sprechübungen

So schulen Sie Ihre Stimme

4.

Mit den folgenden Übungen gelingt es Ihnen, ruhig

zu bleiben, runterzukommen und Ihre Stimme als

Instrument bestmöglich einzusetzen.

Ruhigstellübung

Ruhig zu bleiben oder zu werden, gelingt am besten mit be-

wusster Atmung. Bewusst heißt, aufmerksames Ein- und Ausat-

men, welches Ihre Konzentration erfordert. Atmen Sie tief ein,

lassen Sie den Atem bis in den Bauch hinunterströmen und at-

men Sie mit einer kleinen Verzögerung wieder aus. Sie können

sich auch vorstellen, wie Sie Ihr Gehirn mit Ihrem Atem durch-

pusten. Atmen Sie ein und lassen Sie den Atem in Ihren Kopf

strömen. Bemerken Sie, wie ein frischer Wind Sie auf neue Ge-

danken bringt. Schon mit fünf bis zehn bewussten Atemzügen

können Sie wieder klar denken.

Runterkommübung

Wenn Sie auf 180 sind, dann kommen Sie schnell wieder

runter, bevor Sie kommunikativen Schaden anrichten. Hilf-

reich ist eine Bewegungsänderung – wenn Sie sitzen, stehen

Sie auf und umgekehrt. Ballen Sie Ihre Hände zu Fäusten

oder krümmen Sie Ihre Zehenspitzen. Wichtig ist, dass Sie

den Stress sekundenschnell in der Situation motorisch abfüh-

ren. Zählen Sie dabei langsam von 10 nach 1, so dass Sie auch

mental anderweitig beschäftigt sind. Erst dann reden Sie weiter.

Artikulationsübungen

Machen Sie Sprechübungen, mit denen Sie Artikulation und

Aussprache verbessern können. Schulen Sie Ihre Stimme, ma-

chen Sie den Mund beweglicher und verbessern Sie Ihr Spre-

chen mit folgenden Sprechübungen:

Üben Sie Zungenbrecher

• Zwischen zweiundzwanzig schwankenden Zwetschgenzwei-

gen zittern zweiundzwanzig zwitschernde Zugvögel.

• Fischers Fritz fischt frische Fische, frische Fische fischt Fi-

schers Fritz.

• In Ulm und um Ulm und um Ulm herum.

• Esel essen Nesseln nicht. Nesseln essen Esel nicht!

• Schmalspurbahnschienen sind schmaler als Breitspurbahn-

schienen.

• Max wachst Wachsmasken. Was wachst Max? Wachsmasken

wachst Max.

• Auf dem Rasen rasen Hasen, atmen rasselnd durch die Nasen.

Korkensprechen

Nehmen Sie einen Korken in den Mund und halten Sie ihn

mit den Vorderzähnen fest. Lesen Sie einen Text mit dem Korken

im Mund laut vor. Durch diese Übung werden die Lippen- und

Mundmuskulatur, die zu einem artikulierten Sprechen führen,

anders und vor allem intensiver beansprucht. Später sprechen

Sie natürlich ohne Korken. \

31Was ? Wo ? // Service

UK PT Spezial

Service

Regelwerk Arbeitsschutz

Auf das Regelwerk Arbeitsschutz der UK PT

können Sie zugreifen über

www.ukpt.de >> Medien >> Mediendatenbank

>> Kompendium Arbeitsschutz

Medien zum Arbeitsschutz

Medien zum Arbeitsschutz der UK PT finden

Sie im „Interaktiven Medienkatalog der

UK PT“, www.ukpt.de >> Medien >> Interaktives

Medienverzeichnis

Formulare

Formulare können Sie über das Internet be-

kommen: www.ukpt.de >> Service >> Formulare

Seminarprogramm

Seminar: Kommunikation im Arbeitsschutz

Das ganze Seminarprogramm der UK PT

finden Sie unter www.ukpt.de >> Seminare >>

Interaktives Verzeichnis

Ansprechpartner

Ansprechpartner der UK PT finden Sie unter

www.ukpt.de >> Service >> Ansprechpartner

Internet-Links

www.baua.de

www.dguv.de

www.praevention-online.de

www.schulz-von-thun.de

Service-Center der UK PT

Telefon: 07071 933-0

Fax: 07071 933-4399

E-Mail: [email protected]

Internet: www.ukpt.de

UK PT Spezial – weitere Themen

UK PT Spezial-Hefte zu weiteren

Themen finden Sie unter

www.ukpt.de

Themenheft der Unfallkasse Post und

Telekom (UK PT), Körperschaft des

öffentlichen Rechts

Herausgeber und Verleger:

Unfallkasse Post und Telekom

Geschäftsführer: Dr. Rudi Vetter

Anschrift:

Unfallkasse Post und Telekom

Europaplatz 2

72072 Tübingen

2011/MatNr 670-095-139

Texte: Dr. Fritzi Wiessmann, Arbeits- und

Organisationspsychologin der UK PT

Konzept und Design, Grafiken und

Layout elemente:

steindesign – Agentur für kreative

Business-Lösungen, Hannover

Bildnachweis:

Dominik Buschardt: Titel, S. 2, 4, 8, 24

iStockphoto.com: S. 11, 16, 18, 19, 20,

22, 23, 30

fotolia: S. 12, 15, 17, 26, 28

Druck:

Werbedruck GmbH Horst Schreckhase,

Spangenberg

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