Über die nullstellen der ableitung der lösungen linearer differentialgleichungen 2. ordnung

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Math. Z. 119,290-312 (1971) by Springer-Verlag 1971 Ober die Nullstellen der Ableitung der L6sungen linearer Differentialgleichungen 2. Ordnung* HORST HEROLD In dieser Arbeit wird die Verteilung der Nullstellen der 1. Ableitung der L6sungen w(t) linearer Differentialgleichungen 2. Ordnung untersucht, deren Koeffizienten stetige Funktionen der reellen Ver~inderlichen t sind. fiber dieses Problem ist kaum Literatur vorhanden, w~ihrend es eine grol3e Zahl yon Ver- 6ffentlichungen fiber Oszillation und Diskonjugiertheit gibt (eine lineare Differentialgleichung 2. Ordnung heil3t in einem Intervall I diskonjugiert, wenn jede nichttriviale L6sung h6chstens eine Nullstelle in I besitzt). Die Ursache daffir ist, dab man bei der Untersuchung der Nullstellen von w' (t) auf besondere Schwierigkeiten st613t: M6glichkeit der Hiiufung der Nullstellen von w'(t) (trotz Stetigkeit der Koeffizienten), Nichtexistenz einer Greenschen Funktion, UnliSsbarkeit von Randwertproblemen, Auftreten des Eigenwertes 0 bei Eigenwertproblemen, (ira allgemeinen) Nichtverschwinden yon w(t) zwischen zwei Nullstellen von w'(t). Ein weiterer Grund ist, dab ein dem Sturmschen Trennungs- und Vergleichssatz analoger Satz ffir die Nullstellen der 1. Ableitung der L6sungen nur unter einer zus~itzlichen Voraussetzung gilt (Satz 3), auf die nicht verzichtet werden kann. Zur Herleitung von S~itzen fiber Diskonjugiert- heit und Oszillation spielen aber gerade die Sturmschen S~itze eine wesentliche Rolle. Die Vermutung liegt also nahe, dab es fiir eine Reihe von S~itzen fiber die Nullstellen von w(t) analoge tiber die Nullstellen yon w'(t) h6chstens unter sfiirker einschr~inkenden Voraussetzungen gibt. An Hand eines Beispiels soll der Sachverhalt verdeutlicht werden: Ein auf Liapounoff zurfickgehendes, yon Nehari ins Komplexe fibertragene Ergebnis lautet: Besitzt eine L6sung yon w" + Q (t) w= 0, (,) Q (t) komplexwertig und stetig in [a, b], t = aund t= b als Nullstellen, so gilt b 4 [Q(t)[ dt> b-~" a Hieraus l~iBt sich folgem, dab (*) in l-a, b] diskonjugiert ist, wenn o 4 f [Q[ dr<=b - ~ a * Diese Arbeit ist ein Teil meiner yon der Naturwissenschaftlichen Fakulfiitder Universit~it Wiirzburg angenommenenHabilitationsschrift.Der Deutschen Forschungsgemeinschaft danke ich Nr die Gewghrungeines Habilitandenstipendiums.

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Math. Z. 119, 290-312 (1971) �9 by Springer-Verlag 1971

Ober die Nullstel len der Ableitung der L6sungen linearer Differentialgleichungen 2. Ordnung*

HORST HEROLD

In dieser Arbeit wird die Verteilung der Nullstellen der 1. Ableitung der L6sungen w(t) linearer Differentialgleichungen 2. Ordnung untersucht, deren Koeffizienten stetige Funktionen der reellen Ver~inderlichen t sind. fiber dieses Problem ist kaum Literatur vorhanden, w~ihrend es eine grol3e Zahl yon Ver- 6ffentlichungen fiber Oszillation und Diskonjugiertheit gibt (eine lineare Differentialgleichung 2. Ordnung heil3t in einem Intervall I diskonjugiert, wenn jede nichttriviale L6sung h6chstens eine Nullstelle in I besitzt). Die Ursache daffir ist, dab man bei der Untersuchung der Nullstellen von w' (t) auf besondere Schwierigkeiten st613t: M6glichkeit der Hiiufung der Nullstellen von w'(t) (trotz Stetigkeit der Koeffizienten), Nichtexistenz einer Greenschen Funktion, UnliSsbarkeit von Randwertproblemen, Auftreten des Eigenwertes 0 bei Eigenwertproblemen, (ira allgemeinen) Nichtverschwinden yon w(t) zwischen zwei Nullstellen von w'(t). Ein weiterer Grund ist, dab ein dem Sturmschen Trennungs- und Vergleichssatz analoger Satz ffir die Nullstellen der 1. Ableitung der L6sungen nur unter einer zus~itzlichen Voraussetzung gilt (Satz 3), auf die nicht verzichtet werden kann. Zur Herleitung von S~itzen fiber Diskonjugiert- heit und Oszillation spielen aber gerade die Sturmschen S~itze eine wesentliche Rolle. Die Vermutung liegt also nahe, dab es fiir eine Reihe von S~itzen fiber die Nullstellen von w(t) analoge tiber die Nullstellen yon w'(t) h6chstens unter sfiirker einschr~inkenden Voraussetzungen gibt. An Hand eines Beispiels soll der Sachverhalt verdeutlicht werden: Ein auf Liapounoff zurfickgehendes, yon Nehari ins Komplexe fibertragene Ergebnis lautet: Besitzt eine L6sung yon

w" + Q (t) w = 0, (,)

Q (t) komplexwertig und stetig in [a, b], t = a u n d t = b als Nullstellen, so gilt

b 4 [Q(t)[ dt> b - ~ "

a

Hieraus l~iBt sich folgem, dab (*) in l-a, b] diskonjugiert ist, wenn

o 4 f [Q[ dr<= b - ~

a

* Diese Arbeit ist ein Teil meiner yon der Naturwissenschaftlichen Fakulfiit der Universit~it Wiirzburg angenommenen Habilitationsschrift. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft danke ich Nr die Gewghrung eines Habilitandenstipendiums.

Ableitung der L/Ssungen linearer Differentialgleichungen 2.Ordnung 291

ist. In dieser Arbeit wird gezeigt: Existiert eine LSsung w(t) von (,) (Q(t)~gO) mit w'(a)=w'(b)=O, dann besteht die Ungleichung

Ist in [a, b] Q(t)>O, dann vereinfacht sich diese Ungleichung zu

b 4 I Q d t > - - ,

. b - a

woraus dann folgt, dab (,) im Falle

b 4 ~Qdt<= b - ~ ' Q(t)>=O, Q(t)~O

a

in einem Teilintervall, in [a, b] unkritisch (Definition: S. 291) ist (wobei 4 nicht dutch eine gr/SBere Zahl ersetzt werden kann). L~iBt man die Forderung

b

Q (t) >-- 0 fallen, so existiert kein k > 0 derart, dab aus ~ IQI dt < k folgt, dab (,) in [a, b] unkritisch ist. a

In der vorliegenden Arbeit werden eine Reihe von Kriterien daffir angege- ben, dab eine lineare Differentialgleichung 2. Ordnung in einem Intervall unkritisch ist. Diese Ergebnisse sind teilweise bekannten Kriterien fiber Dis- konjugiertheit (Wintner, Taam) analog.

Weiterhin werden notwendige Bedingungen ffir die Existenz einer Lt~sung von (,), deren Ableitung in zwei vorgegebenen Punkten verschwindet, her- geleitet, aus denen dann Absch~tzungen fiber die Anzahl der Nullstellen yon w'(t) in einem abgeschlossenen Intervall gewonnen werden.

Es wird stets vorausgesetzt, dab in der betrachteten Differentialgleichung der Koeffizient bei w nicht im ganzen Definitionsintervall =0 ist. Von der trivialen LSsung ist immer abzusehen.

Es soll die folgende Definition benutzt werden: Eine lineare Differential- gleichung 2. Ordnung heiBt in einem Intervall unkritisch, wenn sie dort keine nichttriviale L6sung mit mehr als einer Nullstelle der Ableitung besitzt.

~

Satz 1. Die komplexwertigen Funktionen P( t) und Q (t)= QI ( I) + i Q 2 ( t) seien in [a, b] stetig. Es existiere eine reelle Zahl 7 derart, daft in [a, b] eine der beiden folgenden Bedingungen erffillt ist:

1+7 2 ]p[2 1. Qt+TQ2~ 4

wobei das Ungleichheitszeichen wenigstens an einer Stelle gelte.

1+~ 2 ip12 2. Q1+7 Q2 ~ 4

und es sei ]P(a)l + IP(b)l + 0 oder P(t) verschwinde identisch in einem Teilintervall, in dem Q(t)~O sei.

292 H . H e r o l d :

Dann besiezt die Differeneialgleichung

w"+P(t) w'+ Q(t) w=O

keine L6sung w(t) mit w'(a)=w'(b)=O.

Zusatz. Die Differentialgleichung ist in [a, b] unkritisch, wenn folgende Bedingung erffillt ist:

1 + ] ; 2 IP I 2 in (a,b); Ql+TQ2< 4

gilt das Gleichheitszeichen in einem ganzen Teilintervall I v o n [a, b], so ver- schwinde P(t) in h6chstens einem Endpunkt yon I oder identisch in einem Teilintervall yon I, in dem Q (t)~ 0 sei.

Bemerkung. Im Falle P(t)= 0 in (a, b) lautet die Bedingung Q1 + 7 Q2 ~ 0 in (a, b). Dieses Ergebnis stammt bereits von Taam [-7] und enth5lt das Ergebnis von Hille [-3], der QI < 0 in (a, b) forderte.

Beweis. Der Zusatz folgt unmittelbar aus dem Satz. Angenommen, die Differentialgleichung

w" + P(e) w' +Q(t) w = 0 (1)

besitzt eine L6sung mit w' (a) = w' (b) = 0. Dann folgt aus (1) durch Multiplikation mit ~ und anschliegende partielle Integration

b b b

-S Iw'l 2 ae+I ew' ae + S Q Iwl 2 de=0. a a a

Trennung in Real- und Imagin/~rteil liefert

b

(]w'] 2 - R e ( P w' N ) - Qllw] 2) de=O, (2) a

b

j (Im(Pw' N)+ Q2 ]w] 2) dt= O. (3) a

Man multipliziert (3) mit 7, subtrahiert von (2) und findet mit c=�89 ( 1 - i7):

b

[ Iw ' - ~Pwl 2 - (Q1 + 7 Q2 + Ic[ 2 IPI 2) Iwt 2] de = 0. (4) a

Ist die erste Bedingung des Satzes erffillt, so gilt fiir den Integranden I(t) in (4) im Intervall [a, b] I(0__>0 , wobei in einem Teilintervall I ( t )>0 ist.

Trifft die zweite Bedingung zu, so ist ebenfalls I(t)>O in [a,b], wobei I( t )- 0 in [a, b] ausscheidet, denn: ist IP(a)l + IP(b)[ :~0, SO wi.irde aus w ' - ~fiw in [a, b] wegen w(a)+0, w(b)+O folgen w' (a)+0 oder w'(b)+0; verschwindet abet P(e) in einem Teilintervall I identisch, so wifirde sich aus w'--~Fw w ' - 0 in I ergeben, was wegen Q(t)~0 in I unm6glich ist.

Ableitung der L6sungen linearer Differentialgleichungen 2. Ordnung 293

b

Im Widerspruch zu (4) wurde also ~ l(t) dt > 0 gefunden. a

Bemerkung. Mit in [a, b] reellwertigen, stetigen Funktionen g(t) und f ( t ) wird die Differentialgleichung

y " + g(t) y' + f ( t ) y = 0

betrachtet. Nach Satz 1 ist sie in [a, b] unkritisch, wenn in (a, b) g (t) = 0, f ( t ) < O, f ( t ) ~-0 in einem Teilintervall gilt. Die Differentialgleichung bleibt unkritisch, wenn man die Voraussetzung g ( t ) - 0 in (a, b) fallen l~iBt. Da n~imlich die ge- gebene Differentialgleiehung auf die Gestalt ( p y ' ) ' + p f y = O mit p(t)=

t

exp ~ g(z)dz gebracht werden kann, folgt dies aus der folgenden Tatsache: P(t) und Q (t) seien in [a, b] komplexwertig und stetig und es gelte dort Re P(t) > O, Re Q (t) < 0, Re Q (t) ~ 0 in einem Intervall; dann ist

(P(t) w')' + Q (t) w = 0

in [a, b] unkritisch. Zum Beweis wird angenommen, dab eine L6sung u(t) mit u' (tl) = u' (t2) = O, a < t 1 < t 2 < b, existiere. Durch Multiplikation der Differen- tialgleichung mit N(t) und nachfolgende partielle Integration ergibt sich

t2 t2

[~(Pw')]tt~- ~ P[w'l 2 dt + I Q [w] z d t=0"l tl tl

Anwendung auf w(t)= u(t) und fSbergang zum Realteil liefert

t2 t2

Re Qlwl 2 dt= ~ RePlw'[ 2 dt, t l t l

was wegen der Voraussetzung einen Widerspruch darstellt.

Im folgenden Satz wird nun der Fall f ( t ) > 0 untersucht:

Satz 2. In [a,b] seien die reellwertigen Funktionen g(t) und f ( t ) stetig- differenzierbar. Gilt in [a, b]

t

mit p(t)= exp ~ ( g - i f / f ) dz, wobei an mindestens einer Stelle das Ungleichheits- zeichen stehe, dann ist die Differentialgleichung

y " + g(t) y' + f ( t ) y = 0 in [a, b] unkritisch.

Man kann ~2 nicht dureh eine grSfiere Konstante ersetzen.

1 Greensche Transformierte der Differentialgleichung, von Hille [3] zur Untersuchung der Nullstellenverteilung der LSsungen benutzt.

294 H. Herold:

Bemerkung 1. Die Bedingung des Satzes ist insbesondere im Falle (g/f)' < - 1 erftillt.

Bei g ( t ) - 0 in (a, b) lautet die Bedingung ~- f d z <__ n 2.

Bemerkung 2. DaB in der Bedingung nicht im ganzen Intervall das Gleich- heitszeichen stehen daft und n 2 nicht durch eine gri3Bere Konstante ersetzt werden kann, zeigt der Fall g ( t ) - 0 und f-= M in (a, b), M eine passend gewiihlte positive Konstante.

Zum Beweis wird wieder angenommen, dab eine L6sung Yo (t) der Differen- tialgleichung existiert mit y~ (q) = Yo (t2) = 0, a _-< q < t 2 _-< b. Dann h/itte

v ' \ ' ' 1 g ~ - ) + ( ~ v ) + v - = - f ( v " + ( g - i f ) v ' + f (1+ ( ~ - ) ' ) v ) - - 0

eine L6sung v o (t) = y~) (t) mit v o (t~) = v o (t2) = 0. Diese Differentialgleichung ist zu

~iquivalent. Durch Einfiihren der neuen unabh~ingigen Ver~inderlichen

t

x = [. d~/p(~), tl~t<=t2, tl

wird die Differentialgleichung

d2• t2 dx 2 ~-phv=O, O<_x<_X= ~ dz/p(z),

tl

erhalten, die eine L6sung V o (x) = 9 o (t (x)) mit V o (0) = V o (X) = 0 besitzt. Man 7~

setzt V o (x)= u (x) U (x) mit U (x)= s i n ~ x und sieht, dab ftir u

d du dx (U2~x)+(phU2+U dd~Ux2 )u=O (5)

gilt. Multiplikation von (5) mit u und partielle Integration ergeben

u 2 du x x dZ U

Wegen des Verschwindens des Klammerausdrucks erh~ilt man

o d x ] dx . (6)

Da die rechte Seite von (6) nicht negativist, w~ihrend die linke auf Grund der Voraussetzung wegen t z - t x < b - a negativ ausf~illt, ist die Annahme als falsch erkannt.

Ableitung der Ltisungen linearer Differentialgleichungen 2. Ordnung 295

Bemerkung. Sei Q(t) in [a, b] stetig-differenzierbar und :I=0. Da die Ab- leitung v(t)= w'(t) einer L6sung w(t) von w"+ Q ( t )w= 0 der Differentialglei- chung

- v'+Qv) =0 " v" ' 1 (v" Q'

geniigt, erhNt man aus Diskonjugiertheitskriterien hinreichende Bedingungen dafiir, dab w" + Q (t) w = 0 in [a, b] unkritisch ist.

o

In diesem Abschnitt wird haupts~ichlich ein dem Sturmschen Vergleichs- und Trennungssatz analoger Satz fiir die Ableitung der L6sungen der Differen- tialgleichungen hergeleitet.

Zwischen zwei Nullstellen einer L6sung einer Differentialgleichung liegt stets eine Nullstelle der Ableitung. Zwischen zwei Nullstellen der Ableitung einer L6sung muB aber keine Nullstelle tier L6sung liegen:

Hilfssatz 1. Sind in [a,b] die Funktionen p( t )>0 und f(t) stetig, ist p(t) b

stetig-differenzierbar und ~ f dt >= O, so muff jede L6sung y( t) yon (p y')' +f ( t )y = 0 a

mit y'(a)=y'(b)=O an einer Stelle in (a, b) verschwinden 2. b

Gilt ~ f dx <O, so stimmt die Behauptung im allgemeinen nicht mehr. a

Bemerkung. Im Falle f ( t ) -O in (a, b) (der ja stets ausgeschlossen ist) hat man die L6sung y - 1 mit y' = 0. Ist f(t) < 0 in (a, b), so existiert iiberhaupt keine L/Ssung mit y' (a)= y' (b)= 0 (s. Bemerkung vor Satz 2).

Beweis. Annahme, es sei y(t):I: 0 in (a, b). Aus

(PY')~'+f=O folgt (PY')' d t = - ~fdt<=O. Y a Y a

Im Widerspruch hierzu gilt aber

(PY')' dr= +~p dt>O, a Y d a a

da wegen f ~ O y ' ~-0 ist und [ py' ]b verschwindet. Nun sei in [0, rd L y _1.

cos t (7) f(t) = 2 + cos t

Die Differentialgleichung y" +f(t) y = 0 hat die L6sung y(t) = 2 + cos t rnit y'(0)=y'(Tr)=0, aber y(t) =t=0 in [0, re], und es gilt

- d , - - - r o o Y

2 F i i r f (x )>0 in [a, b] wohlbekannt: s. z.B. Kamke [4].

296 H. Herold :

Nun der Vergleichssatz:

Satz 3. In [a, b] seien f( t) und g(t) stetig, p(t) und q(t) stetig-differenzierbar, b

g (t) >f(t), p (t) >-_ q (t) > O, ~ f d t > O. y (t) sei eine L6sung yon (p y')' +f(t) y = 0 mit y'(a)=y'(b)=O, a

Ffirjede L6sung z (t) yon (q z')' + g (t) z = 0 gilt dann z' (c) = 0 mit a < c < b, falls noch bei f ( t ) -g ( t ) , p( t ) -q( t ) in (a, b) die lineare Unabhiingigkeit yon y(t) und z (t) gefordert wird.

b

Bemerkung 1. Liege man die Forderung ~ f d t > 0 fallen, so wiire der Satz im allgemeinen nicht mehr richtig.

Bemerkung 2. Far den Fall f(t) > 0 in [a, b] wurde der Satz von Leighton [5], im Spezialfall f ( t ) - g (t) > 0, p (t) -= q (t) (> 0) in [a, b] bereits von Takahashi [8] bewiesen.

Die Behauptung der Bemerkung wird folgendermagen bewiesen: y"+f( t )y=O, wo f( t) durch (7) definiert ist, besitzt eine LiSsung mit y'(0)=

y'(rc)=0. Weiterhin ist ~fdt<O. z " + z = 0 hat die L6sung z=cos t, fiir die z'(t) + 0 in (0, n) ist. o

Zum Beweis des Satzes wird mehrfach die Picone-Formel

t2 1 2

t l

benutzt, die auch noch im Falle z(ti)= 0 angewandt werden kann, falls dann auch y(ti)=0 ist. Bei den folgenden Uberlegungen beachte man, dab das Integral auf Grund der Voraussetzungen stets nicht negativ ausNllt und nur im Falle f-=g, p - q in (ta, t 2 ) bei linearer Abh~ingigkeit von y(t) und z(t) in (tl, tz) verschwindet.

Nach Hilfssatz 1 existiert t o e(a, b) mit y(to)= O, y(t)+ 0 in (a, to). Ohne Ein- schr~inkung sei y(t) > 0 in (a, to). Es gilt y' (t) < 0 fiir t o < t < d < b, wo y'(d) = 0 ist. Daher ist y (t)< 0 in (t o, d]. z(t) sei eine L6sung von (q z') '+ g(t)z = 0 und ohne Einschrgnkung sei z (a) > 0.

1. Es sei z'(a)>0. Angenommen, es gelte z '( t)>0 in (a,d). Dann folgt z(t) > 0 in (a, d]. Durch Ausrechnen des auf der linken Seite yon (8) stehenden Klammerausdrucks ftir t 1 = to, t 2 = d folgt

"d" (d) < (py'z-- qyz') = --Y2(d) qt ) z ~ - = u to

mit Gleichheit nur fiir z' (d)= 0. Damit wurde ein Widerspruch gefunden, denn wegen z (to)4 = 0 sind y(t) und z (t) in (to, d) linear unabhgngig.

2. Es sei z'(a)<=O. Man kann z(a)>0 annehmen, da man bei z(a)=0 nur zu - z ( 0 tibergehen mug, um den bereits behandelten Fall zu erhalten.

Ableitung der L~Ssungen linearer Differentialgteichungen 2. Ordnung 297

Zun/ichst wird gezeigt, dab t'o~(a, to] existiert mit z( t0)=0 , wobei t o : t o nur im Falle f = g, p---q in (a, to) bei linearer AbNingigkeit von y (t) und z (t) in (a, to) (also z'(a)=O) gilt: Wiirde in (a, to)z( t )>0 sein, so erg~ibe die Anwen- dung der Formel (8) mit t~ =a , t 2 = t o einen Widerspruch, weil man ffir den Klammerausdruck

y2(a) q(a) z'(a) z(a)

r a

erh~ilt und z' (a) < 0 vorausgesetzt ist. Ohne Einschr~inkung ist z' (tO)< O. z(a) =

U m den Beweis des Satzes zu Ende zu ffihren, wird z' (t) < 0 in (a, b) angenom- men. Dann ist wegen t'o<to z( t )<0 in (to, d] und Z(to)=0 gilt - wie eben festgestellt - nur im Falle f=-g, p=-q in (a, to), z '(a)=0. Die Berechnung des Klammerausdrucks in (8) ffir t 1 = to, t 2 = d ergibt

- (d) q(d) z'(d) z(d)

z'(d) Im Fa l led < b ist damit wegen z ~ > u ein Widerspruch hergeleitet. Wfirde

nun bei d = b gelten: z' (b)= O, f=-g und p-= q in (to, b), d.b. w~iren y (t) und z (t) in (to, b) linear abh~tngig, so h~itte man Z(to)=0 und es l~ige nach dem eben Bemerkten der ausgeschlossene Fall f_--g, p - -q in (a, b), z' (a)=0 (dann sind y(t) und z(t) linear abh~ingig) vor.

Aus dem eben bewiesenen Satz 1/igt sich das folgende Ergebnis ableiten, das einem Satz fiber diskonjugierte Differentialgleichungen entspricht:

Hilfssatz 2. Die Differentialgleichung (p y')' + f( t) y = O, f(t) > 0 und stetig, p(t) > 0 und stetig-differenzierbar in [a, b], sei in [a, b] unkritisch. Dann existiert eine L6sung der Differentialgleichung, deren Ableitung in [a,b] nicht ver- schwindet,.

Beweis. In [-a, c], c > b, seien F(t), P(t) und P' (t) stetig, F(t) nicht negativ, P(t) positiv und es gelte in [a, b] F(t)=f(t), P ( 0 - p ( t ) ; yo(t) sei L6sung von (P y')' + F(t) y = 0 mit Yo (a) = 0. Dann gilt entweder y~ (to)-- 0, b < t o < c, y~ (t) + 0 in (a, to) oder y ; ( t ) ~ 0 in (a,c]. yl(t) sei L6sung yon (Py') '+F(t)y=O mit Y'l(q) = O, b < t 1 < c und q < to, falls t o existiert. Dann ist y'l(a) ~0, weil yo(t) und yl(t) linear unabh~ingig sind, und weiterhin ist y'l(t)~ 0 in (a, b], da andernfalls nach Satz 3 Yo (t) in (a, q) verschwinden mfiBte.

Aus dem Vergleichssatz l~igt sich ein Kriterium herleiten, durch das mittels Vergleich mit einer geeigneten Differentialgleichung entschieden werden kann, ob eine vorgegebene Differentialgleichung unkritisch ist.

Satz 4. In [a, b] seien f( t) und g(t) stetig, p(t) und q(t) stetig-differenzierbar, g (t) >= f( t) >= O, f( t) ~ 0 in einem Intervall, p (t) >= q (t) > O.

Ist die Differentialgleichung (q z')' + g(t )z=O in [a, b] unkritisch, so ist auch (py')' + f(t) y=O in [a, b] unkritisch. 20 Math. Z,, Bd. 119

298 H . H e r o l d :

Bemerkung. Bei Aufgabe der Bedingung f ( t) > 0 bleibt der Satz nicht gtiltig.

Der Beweis ergibt sich so: H~itte (p y')' + f ( t ) y = 0 eine L6sung mit y' (tl)= y' (tz)= O, a <-_ q < t 2 < b, so mfiBte die Ableitung einer L6sung z(t) yon (q z') '+ g(t) z = 0 mit z'(q)=O nach dem Vergleichssatz in (ta, t2] verschwinden. Dies widerspricht der Voraussetzung.

Die Bemerkung folgt daraus, dab z" + z = 0 in [0, 1] unkritisch ist, w~ihrend y" + f (t) y=Omit f (t)=(16 cos 4t)/(c + cos 40, c > 17,die L6sung y(t)=c + cos4t besitzt.

3.

Zusatz 1 zum folgenden Satz ist das Analogon eines Satzes fiber Diskon- jugiertheit (Wintner 1,9], Taam 1,7]), aus dem der sogenannte Vergleichssatz im Komplexen folgt, dem Zusatz 4 entspricht. Zusatz 4 ist das Analogon zu Satz 4 im Komplexen.

Satz 5. Die komptexwertige Funktion Q (t)= p(t) + i q (t) sei in [a, b] stetig und mit einer reellen Zahl 7 gelte in (a, b) 3

p(t)+ 7 q(t)_-->0,

wobei das Gleichheitszeichen nicht in einem ganzen Intervall stehe.

Die Differentialgleichung w"+Q(t)w=O

besitzt keine LiSsung w(t) mit w'(a)=w'(b)=O, falls mit einer beliebigen reell- wertigen, in l,a, b] stetig-differenzierbaren Funktion h (t) eine der beiden folgenden Bedingungen erfiillt ist :

1. (p+7q) (h'+ 1)+h 2 IQI 2__<0,

wobei an mindestens einer Stelle das Ungleichheitszeichen steht.

2. (p+Tq) (h'+ 1)+h 2 IQ[2=0

und p + y q # O ffir t = a oder t= b.

Zusatz 1. In (a, b) sei

p+?q>O und (p+yq)(h'+l)+h2lQI2<O.

Gilt in der zweiten Voraussetzung das Gleichheitszeichen in einem ganzen Intervall I, so soll in einem Endpunkt yon I p+Tq=~0 gelten. Dann ist die Differentialgleichung in [a, b] unkritisch.

Zusatz 2. Ist Q(t) in I-a, b] reellwertig, Q(t)>O und verschwindet Q(t) in keinem Teilintervall identisch, so ist die Existenz einer in [a, b] stetig-differen- zierbaren Funktion h(t) mit

h ' + l + h 2 Q < O

notwendig und hinreichend dafiir, dab die Differentialgleichung in l,a, b] un- kritisch ist.

3 M a n beach te Satz 1 und Zusa tz 3.

Ableitung der L6sungen linearer Differentialgleichungen 2. Ordnung 299

TC 2 Zusatz 3. Ist in (a, b) 0 < Q ( t ) < ~ (Q (t)~ 0 in einem Teilintervall), so

ist die Differentialgleichung in [a, b) und (a, b] unkritisch. Die halboffenen In- tervalle k6nnen nicht dutch die abgeschlossenen ersetzt werden.

Ist Q (t) - 0 in einem Intervall, so ist die Behauptung nicht mehr richtig. Tritt bei Q(t) ein Vorzeichenwechsel auf, so gibt es keine positiven Kon-

stanten cl, c 2 derart, dab aus - c 1 =< Q (t)N c z im allgemeinen folgen wiirde, dab die Differentialgleichung in [a, b] unkritisch ist.

Zusatz 4. Mit einer in [a, b] stetigen Funktion g(t) gelte in [a, b]

IQ(t)[ 2 p + T q > 0 , - - < g ( t ) .

p+Tq

Ist y" + g(t) y = 0 in [a, b] unkritisch, so auch

w"+Q(t) w=O.

Im Falle eines in [a, b] reellwertigen Q (t), Q (t) > 0 (Q (t) ~ 0 in einem Yeilinter- vall) rnit Q(t)<g(t)ist

w"+Q(t)w=O

unkritisch, falls dies fiir y " + g(t)y = 0 zutrifft.

L/il3t man die Forderung Q(t)>0 fallen, bleibt die Behauptung nicht mehr richtig 4.

Beweis des Satzes. Es wird angenommen, w(t) sei eine L/Ssung von w" + Q (t) w = 0 mit w' (a) = w' (b) = 0. Mit in [a, b] stetig-differenzierbaren Funk- tionen g(t) und h(t) wird der Ausdruck

1 , i , ~) F(t)=T(w~) + ~ - g ( w ~ -V~w')+hw' (9)

gebildet. Man w~ihlt hier g( t ) -7 , w~ihrend h(t) die im Satz genannte Funktion sei. Differenzieren ergibt m i t c =�89 (1 + i 7)

F'(t)=(gN+h~') w"+(cw+hw') N" + (1 +h') w' ~'

= -(-d~+hN') Qw-(cw+hw') ( ~ + (1 +h') w'N'

= -(cQ +dQ) w~-h(QwN' + O Nw')+ (l + h') w' N'.

Man erh~ilt also eine Hermitesche Form in w und w':

F ' ( t ) = - ( p + y q ) w ~ - h Q w N ' - h Q N w ' + ( l + h ' ) w ' ~ ' ~ (10)

die auf Grund der Voraussetzungen im Satz (man beachte, dal3 in (a, b) h' + 1 < 0 gilt) negativ semidefinit ist: es gilt F' (t)< 0 fiir alle t �9 [a, b].

Trifft die erste Bedingung im Satz zu, so existiert eine Stelle in I-a, b] mit F '<0 .

Trifft die zweite Bedingung zu, dann ist etwa im Falle p(a)+yq(a)>O wegen w'(a)=0 und w(a)#O nach (10) F'(a)<O.

4 Die Aussage bei reellwertigem Q(t) ist nur ein Spezialfall yon Satz 4. Man beachte auch die dortige Bemerkung.

20*

300 H.Herold:

b Wegen der Stetigkeit yon F'(t) mtiBte also y F'(t)dt<O gelten, wiihrend

doch nach (9) F(a)= F(b)= 0 ist. a Zusatz 1 l~il3t sich unmittelbar aus dem Satz folgern (man beachte, dab in

keinem Intervall p + 7 q - 0 gelten kann). Beweis von Zusatz 2. Wenn w" + Q (t) w-- 0 in [a, b] unkritisch ist, so exi-

stiert nach Hilfssatz 2 eine L6sung Wo(t) mit W'o(t)+O in [a, b]. Setzt man Wo(t)

h(t)= - W'o(t~-)' so folgt h '+ l + h 2 Q - 0 in I-a, b].

Um das Kriterium als hinreichend zu erkennen, ist wegen Zusatz 1 nur noch der Fall h' + 1 + h 2 Q ~ 0 in einem Teilintervall I zu betrachten. Angenom- men, es existiere eine (reellwertige) nichttriviale L6sung w(t) mit w'(tx)= w ' ( t 2 ) = 0 , /:1 <rE, t jE I . Wird mit diesem w(t) der Ausdruck F(t) nach (9) ge- bildet, so ist F(q)= F(t2)--0. Andererseits gilt aber nach (10) in I

F ' ( t ) = - Q w 2 - 2 h Q w w ' - h Z Q w ' 2= - Q ( w + hw')z <O.

Dabei ist F'(t)-O in It1, t23 unmiSglich, da wegen w'(q)=0 aus w+hw'=_O w(tl)=0 , d.h. w - 0 folgen wiirde.

Der Beweis der ersten Behauptung von Zusatz 3 folgt aus Zusatz 2, wenn beachtet wird, dab ftir jedes Intervall [a, b'], a<b'<b, und jedes Intervall [a', b], a < a' < b, ein e existiert, derart, dab in diesen Intervallen

b - a n ( t -a+a) h(t) = c tg

7~ b - a

stetig-differenzierbar und /~2

h ' + l + Q h2<=h'+14 (b_a)2 h 2 - 0

7~ 2 ist. Der Fall Q ( t ) - (b - a) 2 zeigt, dab die halboffenen Intervalle nicht durch die

abgeschlossen ersetzt werden k6nnen. Die Richtigkeit der weiteren Behauptungen folgt einmal daraus, daB, falls

Q = 0 in einem Teilintervall gilt, eine L6sung existiert, die in diesem Intervall konstant ist, zum anderen daraus, dab w"+ Q(t)w=0 mit

c o s t Q(t) = , c eine Konstante > 1,

c+ cos t

die L6sung w(t)=c+cos t mit w'(0)=w'(n)=0 besitzt, Q(t) in (0, n) das Vor- zeichen wechselt und c beliebig groB gewiihlt werden kann.

Beweis von Zusatz 4. Ist y" + g y = 0 in [a, b] unkritisch, so existiert nach Zusatz 2 eine stetig-differenzierbare Funktion h (t) mit h' + 1 + h 2 g < 0 in [a, b].

Deshalb gilt in [a,b] h ' w l + h 2JQI2 -<0 und die Behauptung folgt aus P+Tq -

Zusatz 1. Ist Q (t) in [a, b] reellwertig, schliel3t man entsprechend mit Zusatz 2.

Ableitung der LSsungen linearer Differentialgleichungen 2. Ordnung 301

Zum Abschlul3 wird bewiesen

Satz 6. Q ( t ) = p ( t ) + i q ( t ) se i in [ a, b ] st et i g und versc hwinde in keinem Teil- intervall identiseh. Mit einer in [a, b] reellwertigen, stetig-differenzierbaren Funktion g(t) sei in (a, b) folgende Bedingung erfiillt:

p( t) + g (t) q (t) <= - �88 g' 2 (t).

Gilt das Gleichheitszeichen in einem ganzen Intervall I, so soll g(t) -const in I gelten oder g' (t) in einem Endpunkt yon I nicht verschwinden.

Dann ist die Differentialgleichung

in [a, b] unkritisch, w" + Q (t) w = 0

Bemerkung. Im Falle g(t)=-const = ? in (a, b) erh~ilt man die Bedingung yon Taam bzw. Hille (s. Bemerkung zu Satz 1).

r Beispiel. In [ - 1 , 1 ] sei O < p ( t ) < ~ - t 4, q(t)=ct, c#O reell, p(t)~gO. Es

existiert keine Konstante 7 derart, dab in [ - 1, 1] p(t)+7 q(t)<O ist. Man w~ihlt c 2

g ( t ) = - 2 c t 3 . Dann gilt in [ - 1 , 1] p ( t ) + g ( t ) q ( t ) < - y t4=- �88 Also

ist die entsprechende Differentialgleichung in [ - 1, 1] unkritisch.

Beweis des Satzes. Man nimmt wieder an, es existiere eine L6sung w(t) mit w'(tl)=w'(t2)=O, a<=t 1 <tz<b. Mit diesem w(t) wird (9) gebildet, wobei h-=0 gesetzt wird und g(t) die im Satz genannte Funktion sei. Es ist F(tl)= F(t2)= 0. Im Widerspruch dazu ergibt sich auf Grund der Voraussetzung in (t a, t2)

i r t t ! F'( t )=�89 w" N+�89 w + ~ - g (w~ - N w )+w W

i = - [ � 8 9 Q+ �89 (~] N w + ~ g ' ( w ~ ' - N w ' ) + w ' N '

i = - ( p + g q ) N w + ~ g ' ( w W - N w ' ) + w ' ~'

, i t W 2 2) = w + ~ g - - (p+gq+�88 Iwl2_>_O,

wobei F'( t ) -O in (tl, t2) ausscheidet, denn im Falle p+gq+�88 in (tl, r2)

kann wegen der Voraussetzungen nicht w' + ~ - g ' w ~-0 in (tl, t2) gelten. Z

o

In diesem Abschnitt werden Ergebnisse gewonnen, die dem folgenden, auf Liapounoff zuriickgehenden Resultat (s. Borg [1]) entsprechen: Q (t) (komplex- wertig) sei in [a,b] stetig. Existiert eine L/Ssung von w"+Q(t) w=O mit

b 4 w(a)=w(b)=O, so ist ~ ]Q(t)ldt> b - a "

a

302 H. Herold:

b

Hilfssatz 3. Q(t) sei in [a, b] komplexwertig und stetig undes sei ~ Q(t) dt= T~-O. Fiir die Ableitung einer L6sung w(t) yon a

w"+Q(t) w=O mit w' (a) = w' (b) = 0 gilt

1 b w'(t) = - - ~ H(t, z) w'(z) dz

T a mit

b z

[ } Q ( x ) d x ~ Q ( x ) d x ffir a<_z<-t<-b

H(t' z)= I b t (11)

Beweis. Man setzt h(t)= H(t,z)w'(z)dz und sieht, dab h(a)=h(b)=O ist. Weiterhin gilt:

Th ' ( t )=-Q( t ) Q(x)dx w ' ( r ) d z + w ' ( t ) ~ Q d x I Q d x

+ Q (t) Q (x) dx w'(~) & - w'(t) ~ Q dx I Q. dx t *; a t

(E ! I ! J ' i ) =Q(t) w(z) Qdx t+ Q w d z - w(z) Qdx + Qwdz o a

b b

0 b

Wegen ~ Q w dt = 0 ist also h'(t) - - Q (t) w ( t ) - w'(t), und es folgt h ( t ) - w'(t). a

Satz 7. Q (t) sei in [a, b] komplexwertig und stetig. Falls eine L6sung w(t) yon

w'+Q(t ) w=O

existiert mit w' (a) = w' ( b ) = O, dann gilt

b 2 4 b

Zusatz, Ist in [a, b] Q(t)>=O, dann vereinfacht sich (12) zu

b 4 SQ(t) dt> b - a " a

(12)

Ableitung der LSsungen linearer Differentialgleichungen 2. Ordnung 303

Ist also in [-a, b] Q(t)>O und Q(t)~-0 in einem ganzen Teilintervall und gilt

b 4 ~ Q(t)dt<= b - a '

a

so ist die Differentialgleichung in [-a, b] unkritisch.

4 kann nicht durch eine grSBere Zahl ersetzt werden.

Bemerkung. LSBt man die Forderung Q (t) => 0 fallen (Q (t) ~ 0 in einem Teil- intervall), so existieren keine positiven Konstanten k und k' derart, dab aus b b

~ IQ(t)] dt<k oder ~Q(t)dt< - k ' im allgemeinen folgt, dab w"+Q(t)w=0 in Q

[a, b] unkritisch ist. b

Auch aus ;Q(t)dt=O folgt im allgemeinen nicht, dab w"+Q(t)w=O in a

[a, b] unkritischist. b 4

Die eine Behauptung im Zusatz folgt daraus, dal3 wegen ~Q dt< b - a b' 4 a

auch ~ Qdt<= b'-a' gilt fiir a<a'<b'<=b. a'

Der Beweis der Bemerkung ergibt sich bis auf die letzte Behauptung an Hand der Differentialgleichung w" + Q (t) w = 0 mit

COS t Q (t) = , c eine Konstante > 1,

c§ t

welche die LSsung w (t) = c + cos t besitzt mit w'(0) = w'(~) = 0. Nach Vorgabe

von k und k' kann jeweils durch geeignete Wahl von c ~lQ(t)[ dt<k und 0

Q (t) dt < - k' erreicht werden. o

Um auch die letzte Behauptung der Bemerkung als richtig zu erkennen, betrachtet man w" + Q (t) w = 0 mit

- 1 fiir 0 < t < � 8 8

Q ( t ) = 4 ( t - � 8 8 fiir �88188

1 f'fir � 8 8 1

Es ist ~ Q (t) dt = 0. Sei w (t) eine LiSsung yon w" + Q (t) w = 0 mit w'(0) = 0, w (0) > 0. 0 t

Wegen w ' ( t ) = - ~Q wdz ist dann w'(t)>0 in einer Umgebung yon t=0 . Es 0

folgt, dab w'(t) in (0, 1) verschwinden muB: w~ire n~imlich w'(t)> 0 in (0, 1), so erg~ibe sich �89 1

O < - ~ Q w d z < ~ Q w d z o

304 H . H e r o l d :

und man erhielte den Widerspruch

w ' ( 1 ) = - 5Owd~= - ~O ̀w d ~ - SO. wd~<O. o o

b

Beim Beweis des Satzes kann der Trivialfall S Q dt= 0 ausgeschlossen werden. a

Es gilt fiir festes t, a<t<b, nach (1i):

[f lQldxi[Q'dx b , . . <=SJQ., SJQJ,

t : ,+, -! ,+, ,. t a

<! = IQI d x - SIQI dx dx<�88 dt , a

also fiir a<t, z<b IH(t, ~)l~�88 (!lQl dt) 2. (13)

Sei w(t) eine L6sung der Differentialgleichung mit w'(a)=w'(b)=O, dann gilt nach Hilfssatz 3

b

]Tw'(t)] < S OH( t, ~)l ]W'(*)I dz. (14)

Man w/ihlt to~(a,b ) so, dab in [a, b] Jw'(t)i<fw'(to)f gilt. Wegen Q(t),O in [a, b] ist w' ~aconst in [a, b] und daher folgt aus (14) fiir te [a, b]

b

ITI ]w'(t)l < Iw'(to)l j" [H(t, ~)[ dz. a

Hieraus ergibt sich ffir t = t o b

JT] < S [H(to, z)] d'c, a

also wegen (13)

b b - a b 2

wie behauptet.

Um zu erkennen, dag 4 nicht durch eine gr6/3ere Zahl ersetzt werden kann, wird gezeigt, dab zu gegebenem ~ > 0 ein in [a, b] stetiges Q(t) mit Q (t)> 0,

b 4+~ Q (t) ~ O, existiert, derart, dab ~ Q dt < ~ gilt und w" + Q (t) w = 0 eine L/Ssung

a

w (t) mit w'(a) = w'(b) = 0 besitzt"

Ohne Einschr~nkung sei a = O, b = 1.

Ableitung der Ltisungen linearer Differentialgleichungen 2. Ordnung 305

1/• 1 2 Mit h (t) = e- ~"~ t2 _~ . . . . , a > 2, wird gebildet

a 2 a

Q(t)=

h"(t) ffir O--<t-< ~1 h(t) - - a

0 fiJr l < t - < l a - - - 2

Q ( 1 - t ) fiir l < t _ l .

Wegen h"( t )=-a l / e (1 - tZaZ)e -~"2'2 gilt Q(t)>_O in [0,1]. w"+Q(t)w=O besitzt die (zweimal stetig-differenzierbare) L6sung

w(t)=

1 h(t) fiir O___t_<--

a

1 1 1 - t + ~ - fiir - - < t < - -

a - - 2

1 - h ( 1 - t ) fiir ~-Nt__<l,

fiir die w'(O)=w'(1)=O ist. Nun ist wegen h"(t)<O und h'(t)<O in (O, 1 )

1 a 1 a-1 2 a-1 -h"(t) dt< ~ h"dt ~Qdt=2 ~ Qdt=2 ~ h(t) h(a-l) o

0 0 0

h'(a -1) 2 - - 2 - - h(a-1) =2-1 a_a �9

1

W ~ i h l t m a n b e i v o r g e g e b e n e m ~ > O a > 2 ( l + 4 ) , s o i s t ~Qdt<4+e. 0

Wenn in [a, b] f ( t)> 0 und stetig ist, so ist nach dem Zusatz von Satz 7 die 4

Giiltigkeit der Ungleichung ~ f(t) dt > notwendig fiir die Existenz einer a

L6sung w(t) yon w" + f i t ) w = 0 mit w'(a)= w'(b)=O. Im folgenden Satz wird nun eine notwendige Bedingung von derselben Art ftir die Existenz einer solchen L6sung angegeben, wobei jetzt allerdings Vorzeichenwechsel yon f i t) zu- gelassen sind (man beachte jedoch die Bemerkung nach Satz 7):

Satz 8. Die reellwertige Funktion f (t) sei in [a, b] stetig. Fiir jedes t~(a, b) sei

t b

O<=~fdx<=~fdx. a a

306 H . H e r o l d :

Notwendig dafiir, daft die Differentiatgteichung

w"+ f(t) w=O

eine L6sung mit in t = a und t = b verschwindender Ableitung besitzt, ist

b 1 S f d x > b - a

a

b b

Beweis. Auf Grund der Voraussetzung ist auch 0 _-< S f d x < S f d x . Daher gilt b \ 2 t a /

nach (11)O<H(t ,z )< I~ - f d x ) . W e n n eine L6sung w(t)yon w"+ f ( t ) w = O mit

w'(a)= w'(b)=0 existiert, so ist nach Hilfssatz 3

b

T Iw'(t)! _-< SH(t, z)Iw'(~)t dz. a

Wird t o e (a, b) so gew~ihlt, dab ]w'(t)] < ] w'(t o)l ftir alle t e [a, b] gilt, so erh/ilt man

b

T< ~ H(t o, z) dz. a

b

Also ist wegen T= ~ f d x die Behauptung richtig. a t

Auch wenn man die im Satz 8 tiber ~ f d x getroffene Voraussetzung aufgibt, a

l~iBt sich eine notwendige Bedingung fiir die Existenz einer L6sung mit in zwei Punkten verschwindender Ableitung angeben:

Satz 9. In [a, b] sei f( t) reellwertig und stetig. Notwendig dafiir, daft die Differentialgleichung

w"+ f( t) w=O

eine reeIlwertige L6sung w(t) mit w'(a)=w'(b)=O, w'(t):#O in (a, b) besitzt, ist

f d t < I f id tmax Sfdx d t , ~ t ! f d x ) dt . g ~ a #

Beweis. Sei w(t) eine reellwertige L6sung von w ' + f ( t ) w = 0 mit w'(a)= w'(b)=0, w'(t)+O in (a,b). Es ist entweder ]w(t)l<lw(b)l oder Iw(t)l<lw(a)l fiir te [a, b].

t

1. Sei ]w(t)l _-__ Iw(b)]. Mit F( t )= ~ f d x gilt: a

t t t

w'(t)= - ~ f w dx = - ~ w dF = - w(t) F(t)+ ~ F w' dx. a a a

Setzt man hier speziell t = b, so findet man

lw(b)l fF(b)l< ffFJ Iw'[ dx< F z d x f w 'z dx . a a

A b l e i t u n g der L/Ssungen l inearer Di f fe ren t i a lg le i chungen 2. O r d n u n g 307

b b b

Hieraus folgt wegen ~ W ,2 dx = S f w2 dx < w 2 (b)Slfl dx: a a a

b b

F2(b)< ~F 2 dx~lfl dx. a a

(15)

b

2. Sei Iw(t)l~lw(a)l. Man setzt Fi(t)= Sfdx und findet analog t

b b

FZ(a) < S F~ dx ~lfl dx. a a

(16)

Wegen F(b)=Fl(a ) folgt aus (15) und (16) die Behauptung. Nun werden zwei weitere notwendige Bedingungen vom Typ der voran-

gegangenen fiir die Existenz einer LiSsung mit zwei NuUstellen der Ableitung fiir Differentialgleichungen angegeben, deren Koeffizienten gewissen Klassen komplexwertiger Funktionen angeh6ren, die insbesondere die dem Satz 8 zugrunde gelegten reellwertigen Funktionen umfassen.

Von einer in [a, b] komplexwertigen, stetigen Funktion Q (t) ~ 0 sagt man, sie habe die Eigenschaft (El), wenn

t b

SQ(x)dx < SQ(x)dx fiirjedes t~(a,b)

gilt, und sie habe die Eigenschaft (E2) , w e n n

iQ(x)dx <= f Q(x)dx f'firjedes t~(a,b)

gilt.

Satz 10. Q(t) habe die Eigenschaft (E 0 bzw. (E2). Notwendig daffir, daft die Differentialgleichung

w"+Q(t) w=O

eine L6sung mit w'(a)= w'(b)= 0 besitzt, ist

b b t

l<~ ( ! [Q(x ) , dx )d t bzw. l<~i(SlQ(x)ldx)dt .

Beweis. Fiir jedes feste ze(a, b) und alle re[a, b] ist nach (11)

b dx i ]H(t, z)l < ~ Q [Q] dx, falls Q(t) (E2) besitzt,

b dx ]H(t, "c)l < gI Q glQ] dx, falls Q(t)(El) besitzt

308 H. Hero ld :

Der Beweis der Behauptung ergibt sich nun daraus, dab nach Hilfssatz 3 aus der Existenz einer L6sung w(t) mit w'(a)= w'(b)= 0 wieder

b

Irl < tiN(to, r)l dr a

folgt, wo tot(a, b) eine Stelle mit Iw'(t)l < Iw'(to)l ftir t~[a, b] ist.

AbschlieBend wird noch eine notwendige Bedingung fiir die Existenz einer L6sung einer Differentialgleichung mit in zwei Punkten verschwindender Ableitung hergeleitet, wobei der stetige Koeffizient der Differentialgleichung beliebig komplexwertig sein kann:

Satz 11. Q(t) sei in [a, b] komplexwertig und stetig mit max IQ(t)l--M. a<_t<_b

Notwendig dafiir, daft die Differentialgleichung

w"+0(0w=0

eine LOsung w (t) mit w' (a)= w' (b)= 0 besitzt, ist

wobei

b dt (b- a) 3 ~ Q(t) <=M 2 rc 2

Bemerkung. Im Falle Q (t) = M > 0, b - a = 7t/]fM gilt das Gleichheitszeichen, denn w(t)=cosl fM(t -a) ist L6sung von w"+Mw=O mit w'(a)=w'(b)=O.

b

Beweis. Es kann ~Q(t)dt+O vorausgesetzt werden. Nach Hilfssatz 3 ist a

fiir eine L6sung der Differentialgleichung mit w' (a) = w' (b) = 0

, 1 b ]w (t)] < ~ S ]H(t, z)] Iw'(r)l dz,

iH(t,r)l<M2 ~(b- t ) ( z -a ) fiir a<~<t<b = ( ( t - a ) ( b - r ) fiir a<_t<_r<_b

gilt. Also ist mit Iw'(t)l = W(0

M 2 b W(t) < ~ , (b- a)[ G(t, ~) W(r) dz,

I 1 1 (17)

wobei G(t,z) die zum Randwertproblem w"=0, w(a)=w(b)=O geh6rige Greensche Funktion bedeutet. Man setzt nun

t - a W(t) = u(t) sin it b - ~

Ableitung der L5sungen linearer Differentialgleichungen 2.Ordnung 309

undfindet aus (17)

M2 (sin t - a ]-a b . "c-a u ( t ) < ~ ( b - a ) ~ b - a ] ! G ( t ' z ) u ( ~ ) s m ~ a - a d ~ '

woraus mit max u(t) = Uo a < t < _ b

m 2 [ . t - -a ~-1 b z- -a u ( t ) < ~ ( b - a ) ~ s l n ~ - _ a ) u o ~ G(t , 'c)s in~_a_ a d~

a

folgt. Wegen b Z -- a (b -- a) 2 t-- a ~G(t , z ) s in~TZa_adZ= rc 2 sin~ b - a

a

ergibt sich dann aus der letzten Ungleichung

M 2 ( b - a) 3 u o < u o . = Irl 7~2

.

Uber die Nullstellen der LSsungen gewisser linearer Differentialgleichun- gen 2. Ordnung bewies Cohn [2] (vgl. auch Makai [6]) einen Satz, zu dem ein analoger tiber die Nullstellen der Ableitung bewiesen werden kann:

Satz 12a. Ist in [a, b] f (t) > O, zweimal stetig-differenzierbar und gilt

b

f " f - � 8 8 und ~vrfdt<-~, a

so ist die Differentialgleichung

w" +f( t ) w = 0 b

in [a, b] unkritisch, aufier es gilt f , , f _ �88 =0, ~ ] f f dt=rc. a

Bemerkung. Die Bedingung f " f - � 8 8 f , 2 < 0 ist insbesondere erftillt, wenn f in (a, b) logarithmisch konkav ist 5.

Satz 12b. In (a, b) sei f ( t )> 0 , in [a, b] zweimal stetig-differenzierbar und es gelte b

f " f - � 8 8 und ~ ] f f d t > ~ . a

Dann verschwindet die Ableitung jeder L6sung yon

w" +f(t) w = 0

mindestens einmal in (a, b) und die Differentialgleichung ist in [a, b) und (a, b] nicht unkritisch.

5 Vergleiche hierzu Elbert [10] und Galbraith [11].

310 H. Herold:

Beweis yon Satz I2a. Die Ableitung u(t)=w'(t) einer L6sung w(t) von w" +f(t) w = 0 mit w'(q) = w'(t2) = 0, a < t 1 < t z < b, gentigt der Differential-

0

die wit durch die Transformation

t

v=uZ- , x=f dt, t l

in die Differentialgleichung

t2

0_<x<x= SO/dr, t l

d2v

dx 2 F-(1- q~(x)) v=O tiberfahren mit

1 d 2 ~ l (d ~)2 ~b(x)- 2 dx 2 l ~ - ~ -x l ~ 7 f ' z - 4 f " f

1 6 f 3

(18)

Nach Voraussetzung ist ~ (x )> 0 . Die Differentialgleichung (18) miigte eine L6sung v(x) mit v(O)=v(X)=O besitzen. Dies ist aber nach dem Sturmschen

d2y Vergleichssatz unm6glich, da die L6sung y = sin x von -d-~-x2 + y = 0 in (0, n)

nullstellenfrei, aber nach Voraussetzung X < n ist, wobei der Fall X = n nur far t I = a, t 2 = b eintreten kann; bei X = n soll aber ~ (x) = 0 in (a, b) ausscheiden.

Beweis yon Satz 12 b. Es gentigt, den Beweis unter der Voraussetzung f (t) > 0 in [-a, b] zu fiihren, denn ist f(a) f(b) = 0, so wiihlt man a < a' < b' < b derart, dab

b'

noch ~ ] f f d t > nist . Die gegebene Differentialgleichung wird wieder auf die a ' t b

Gestalt (18) transformiert, wobei x = S ]/-fdt, X = ~ vrfdt sei. Ist nun w(t) eine a a

L6sung von w" +f(t) w = 0, so mug w' (t) in (a, b) eine Nullstelle besitzen, denn die w'(t) entsprechende L6sung v(x) yon (18) verschwindet nach dem Sturm- schen Vergleichssatz wegen ~b(x)__<0 in (0, X), da die L6sung y = sin x yon y" + y = 0 far x -- 0 und x = n < X verschwindet.

DaB w" +f(t) w = 0 etwa in [a, b) nicht unkritisch ist, ergibt sich daraus, dab die Ableitung einer L6sung w(t) mit w'(a)= 0 in (a, b) verschwinden mug.

.

In diesem Tell soll die Anzahl der Nullstellen der Ableitung einer beliebigen L6sung gewisser Differentialgleichungen mit Hilfe der Ergebnisse aus dem 4. und 5. Abschnitt abgesch~itzt werden.

Satz 13. In [ a, b ] sei f ( t) stetig, f ( O >= O, f ( t ) ~sO in einem Teilintervall. F fir die Anzahl n, n>=2, der Nullstellen der Ableitung einer beliebigen L6sung der Dif- f er entiaIg leiehung

w" +f(t) w = 0

Ableitung der LSsungen linearer Differentialgleichungen 2. Ordnung 311

gilt: b \~- n<�89 +1,

b x

n<~ t)dt dx+l . a X

(19)

(20)

(21)

Ist in [a, b] f(t)>0, zweimal stetig-differenzierbar und logarithmisch konkav, f(t) ~ const, so gilt

1 i V ~ d t + 1. (22) n < - -

7~ a

Zusatz. Gilt

f ( t )d t d x < l oder f ( t )d t dx< l , a a x

so hat jede LSsung der Differentialgleichung hSchstens eine Nullstelle der Ableitung in [a, b], d.h. die Differentialgleichung ist in [a, b] unkritisch.

Bemerkung. Fiir die Anzahl n der Nullstellen der LSsungen der Differential- gleichung gilt ebenfalls (19) (s. Taam [7]). Ist f - c o n s t > 0 , so kann in (22) Gleichheit gelten. Mit Hilfe der Schwarzschen Ungleichung sieht man, dab (22) fiJr die betrachteten Funktionen giinstiger als (19) ist.

Beweis. Der Zusatz folgt unmittelbar aus Satz 10. Seien nun a~, i = 1, 2 . . . . . n (n > 2), a_-< a I < a 2 < . . . < a n__< b, die Nullstellen der Ableitung einer LSsung der Differentialgleichung (eine Hiiufungsstelle kann etwa nach Satz 8 nicht auf- treten). Nach Satz 7 gilt dann

ai

~ f d t > 4 ( a i - a i _ O -1 (/=2,3, ..., n), ai - 1

woraus durch Addition wegen a_-__ al, a,____ b

folgt. Wegen

ergibt sich hieraus

Nach Satz 10 ist

b

f d t>4 ~ ( a i - a i _ O -1 a / = 2

/,V(ai-ai_l) - 1 > ( n - l ) 2 > ( n - l ) 2 i = 2 a n - - a 1 b - a

b ( n - 1) 2 f d t>4 b - a "

a

dx> l ai - 1 a l -

(i = 2, 3 . . . . . n).

312 H. Herold: Ableitung der L/3sungen linearer Differentialgleichungen 2. Ordnung

Addition ergibt

also ist auch i = 2 a i - i a i

f dt d x > n - 1 . a

Der Beweis von (21) ist analog.

(22) folgt daraus, dab nach Satz 12a

ai

i s t . . , - 1

(i=2, 3, ..., n)

L i t e r a t u r

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Dr. Horst Herold Mathematisches Institut der Universit~it BRD-8700 Wtirzburg, Klinikstr. 6 Deutschland

(Eingegangen am 10. September 1970)