Über den parodontalzustand nach prämolarenextraktion im rahmen der kieferorthopädischen...

14
Eschler u. a., ~ber den Parodontalzustand nach Pr/imolarenextraktion usw. 375 Aus der kieferorthopgdischen Abteilung (Vorstand: Prof. Dr. Dr. J. Eschler der Univ. Zahn- und Kieferktinik Freiburg i. Brsg. Uber den Parodontalzustand nach Pr/imolarenextraktion im Rahmen der kieferorthop/idischen Behandlung mit Beriicksichtigung des Extraktionszeitpunktes 1 Yon J. Eschler, R. Maushardt und E. Witt, Freiburg i. Brsg. 5fit 4 Abbildungen I. Einleitung und Aufgabenstellung Unter den vielfgltigen therapeutischen MaSnahmen der modernen Kiefer- orthopgdie hat die Prgmolarenextraktion ihre feste Indikation. Zum Lfickenschlu6 sind meistens umfangreiche Zahnbewegungen und Zahnwanderungen erforderlich ; Zahnkippungen lassen sich dabei oft nicht vermeiden. Zur Genfige bekannt sind unbehandelte Extraktionsfolgen, wobei der Verlust nur eines Zahnes unter Um- st/inden zur v611igen Destruktion des Gebisses ffihren kann. Da die Parodontal- prophylaxe ein wesentliches Ziel der kieferorthopgdischen Behandlung darstellt, ist die Frage nach den Auswirkungen der Prgmolarenextraktion im Rahmen der kieferorthopgdischen Behandlung auf den Parodontalzustand von weitreichendem Interesse. Weiterhin wKre zu untersuchen, ob und in welchem Mafte der Extrak- tionszeitpunkt, bezogen auf das Durchbruchsstadium der h~achbarzahne, das Paro- dontium beeinflul~t. Zur Klgrung dieser Fragen ffihrten wir eine Nachuntersuchung kieferorthopgdisch behandelter Patienten durch, bei denen im Verlauf der Behand- lung an unserer Klinik Prgmolaren extrahiert worden waren. II. Auswahl der Probanden und Untersuchungsmethodik Die Probanden wurden nach folgenden Kriterien ausgew/~hlt : 1. Extraktion mindestens zweier Pr/~molaren, 2. Liickenschlu$ in wenigstens einem Quadranten durch Bewegen bzw. Wan- derung der Nachbarzghne, 3. Behandlungsabschlu6 mindestens zwei Jahre vor der iNachuntersuchung. Bei der Mehrzahl der Patienten waren s~mtliche ersten Pr/~molaren extrahiert worden. Abb. 1 zeigt einen entsprechend typischen Fall. Die Modelle links ent- sprechen dem Behandlungsbeginn. Bei der 11 Jahre alten Pat. Lfi. U. handelt es sich um einen Mesialstand der Seitenzghne in allen Quadranten mit Eckzahntief- stand. S/~mtliche Vierer wurden extrahiert; der Lfickenschlug erfolgte durch Distalbewegung und Einordnen der Eckzghne, sowie durch Mesialwanderung bzw. 5lesialbewegung der Seitenz/~hne. Als Behandlungsger/it wurde in diesem Fall der 1Wesentliehe Teile dieser Arbeit sind der med. Dissertation yon R. Ma u s h a r d t (Freiburg 1969) entnommen.

Upload: j-eschler

Post on 19-Aug-2016

213 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Über den Parodontalzustand nach Prämolarenextraktion im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung mit Berücksichtigung des Extraktionszeitpunktes

Eschler u. a., ~ber den Parodontalzustand nach Pr/imolarenextraktion usw. 375

Aus der kieferorthopgdischen Abteilung (Vorstand: Prof. Dr. Dr. J. Eschler der Univ. Zahn- und Kieferktinik Freiburg i. Brsg.

Uber den Parodontalzustand nach Pr/imolarenextraktion im Rahmen der kieferorthop/idischen Behandlung

mit Beriicksichtigung des Extraktionszeitpunktes 1

Yon J. Eschler, R. Maushardt und E. Witt, Freiburg i. Brsg.

5fit 4 Abbildungen

I. Einleitung und Aufgabenstellung

Unter den vielfgltigen therapeutischen MaSnahmen der modernen Kiefer- orthopgdie hat die Prgmolarenextraktion ihre feste Indikation. Zum Lfickenschlu6 sind meistens umfangreiche Zahnbewegungen und Zahnwanderungen erforderlich ; Zahnkippungen lassen sich dabei oft nicht vermeiden. Zur Genfige bekannt sind unbehandelte Extraktionsfolgen, wobei der Verlust nur eines Zahnes unter Um- st/inden zur v611igen Destruktion des Gebisses ffihren kann. Da die Parodontal- prophylaxe ein wesentliches Ziel der kieferorthopgdischen Behandlung darstellt, ist die Frage nach den Auswirkungen der Prgmolarenextraktion im Rahmen der kieferorthopgdischen Behandlung auf den Parodontalzustand von weitreichendem Interesse. Weiterhin wKre zu untersuchen, ob und in welchem Mafte der Extrak- tionszeitpunkt, bezogen auf das Durchbruchsstadium der h~achbarzahne, das Paro- dontium beeinflul~t. Zur Klgrung dieser Fragen ffihrten wir eine Nachuntersuchung kieferorthopgdisch behandelter Patienten durch, bei denen im Verlauf der Behand- lung an unserer Klinik Prgmolaren extrahiert worden waren.

II. Auswahl der Probanden und Untersuchungsmethodik

Die Probanden wurden nach folgenden Kriterien ausgew/~hlt :

1. Extraktion mindestens zweier Pr/~molaren, 2. Liickenschlu$ in wenigstens einem Quadranten durch Bewegen bzw. Wan-

derung der Nachbarzghne, 3. Behandlungsabschlu6 mindestens zwei Jahre vor der iNachuntersuchung.

Bei der Mehrzahl der Patienten waren s~mtliche ersten Pr/~molaren extrahiert worden. Abb. 1 zeigt einen entsprechend typischen Fall. Die Modelle links ent- sprechen dem Behandlungsbeginn. Bei der 11 Jahre alten Pat. Lfi. U. handelt es sich um einen Mesialstand der Seitenzghne in allen Quadranten mit Eckzahntief- stand. S/~mtliche Vierer wurden extrahiert; der Lfickenschlug erfolgte durch Distalbewegung und Einordnen der Eckzghne, sowie durch Mesialwanderung bzw. 5lesialbewegung der Seitenz/~hne. Als Behandlungsger/it wurde in diesem Fall der

1 Wesentliehe Teile dieser Arbeit sind der med. Dissertation yon R. Ma ushardt (Freiburg 1969) entnommen.

Page 2: Über den Parodontalzustand nach Prämolarenextraktion im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung mit Berücksichtigung des Extraktionszeitpunktes

376 Fortschritte der Kieferorthop~idie ]3d. 30 (1969) Heft 3

Akt ivator verwendet. Die Belastungsfl/~chen der Seitenz/ihne waren auf Mesial- bewegung eingeschliffen; die Distalisation der Eckz~hne erfolgte durch die positive Eckzahnschlinge des Labialdrahtes oder mittels Fingerfedern. Die Modelle in der Mitte der Abb. 1 zeigen denselben Fall bei AbschluB der Behandlung mit 14 Jab-

Abb. 1. Lii U. Zustand bei Beginn der Behandlung mit 11 Jahren (li): Mesialstand der SZ in alien Quadranten, Eckzahntiefstand, s/~mtliche 4er wurden extrahiert. Zustand nach AbschluB der Behandlung mit 14 Jahren (Mi) und bei der ~'achuntersuchung mit 20 Jahren (re.): die EckzKhne sind eingereiht, die Liicken vollst~ndig geschlossen. Bei den/~'achuntersuchungs-

modellen ist ein geringer frontaler Engstand im UK zu erkennen

ren und auf der rechten Seite den Zustand nach der Nachuntersuchung mit 20 Jahren. Die Eckz/ihne sind eingereiht, die Lficken vollst/indig geschlossen. Gegen- fiber dem Abschlul3befund ist beim Nachuntersuch.ungsmodell ein geringer fron- taler Engstand im Unterkiefer zu erkennen.

Das t tauptaugenmerk unserer Untersuchung galt dem marginalen Parodon- tium. Von allen untersuchten Patienten wurde je ein Parodontalstatus aufgestellt, in den auch der Mode]l- und RSntgenbefund aufgenommen wurde. Bei der rSnt- genologischen Untersuchung, die mi t tIilfe der Rechtwinkeltechnik vorgenommen wurde, war der Abstand Schmelzzementgrenze zum Limbus alveolaris das Kri- ter ium der Beurteilung (Abb. 2). Ausgewertet wurden die Approximalr/iume aller Z/ihne zwischen dem seitlichen Schneidezahn und dem ersten Molaren jedes Quadranten (Abb. 3). Bei der Befundauswertung wurden die Quadranten mit und ohne Extrakt ion der ersten Pr/imolaren miteinander auf ihren Parodontalzustand verglichen. Dabei wurde der In terdenta l raum zwischen den beiden mittleren Schneidez/ihnen nicht ausgewertet. Die einzelnen Punkte sind in einer Tabelle zusammengefal3t.

U m die Bedeutung des Durchbruchsstadiums der Nachbarz/ihne zum Zeit- punkt der Extrakt ion kl/iren zu k6nnen, wurden die Quadranten mit frfihzeitiger Extrakt ion (Stadium I) bzw. sp/~ter Extrakt ion (Stadium I I ) gesondert zusammen- gefal3t und verglichen. Bei Extrakt ion im Stadium I waren beide ~qachbarz/ihne nicht bzw. nur teilweise durchgebrochen, bei Extrakt ion im Stadium I I hat ten sie

Page 3: Über den Parodontalzustand nach Prämolarenextraktion im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung mit Berücksichtigung des Extraktionszeitpunktes

Eschler u. a., ?3"ber den l )arodontalzustand nach 1)r/ imolarenextraktion usw. 377

Abb. 2. RS-Status yon Schw., Chr., 23 Jahre . 4 -~-, 4 - - wurden extrahier t , die Liicken sind voll- st~ndig geschlossen. W~hrend der Limbus alveolaris a u f d e r Nichtextrakt ionssei te etwa in nor- maIer HShe verl~uft, is t a u f d e r Nichtextrakt ionssei te mesial yon -}-4 eine deutl iche Verbreite- rung des Periodontalspaltes zu erkennen, Ms deren Ursache sowohl eine s tarke Belastung beim SeitbiB aIs auch die atrproximMen Fiil lungen in l~rage kommen. AuBerdem sei au f den vergrS~erten Abs tand Schmelzzementgrenze - - Limbus alveolaris mesial yon - - 6 hingewiesen

A~L ~mm

. J .

. . . . . O g - O u a d ~ n ~ g x ~

- - O K - Q u a d e . a gx te

. . . . . . . . O K - Q . m . E . i . $ t . Z

. . . . O K - Q . m . E . ; . 3 ~

. . . . . U K - Q u a d r m . E x t r .

- - U K - O u a d ' r o. Ex i t .

. . . . . . . . U K - Q . m . E . i . $ t Z

. . . . U K - Q . m . E . i . J f : D "

2 d m $ d m /~ d m $ d m 6 3DR

Abb.3. Graphische Darstellung der Abst~nde Schmelzzementgrenze - - Limbus alveolaris in den In te rden ta I r~umen 2 bis 6

Page 4: Über den Parodontalzustand nach Prämolarenextraktion im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung mit Berücksichtigung des Extraktionszeitpunktes

378 Fort schritte der Kieferorthop~idie Bd. 30 (1969) Keft 3

die Kauebene erreicht. Das zum Liickenschlug erforderliche Ausmag der kiefer- orthop/idisehen Zahnbewegung ist selbstverst/indlich bei Extraktion im Stadium I I gr613er als bei Extraktion im Stadium I.

Die in der Ergebnistabelle eingetragenen Werte sind mit Ausnahme der Spalte A, I und K prozentuale Hgufigkeitswerte, so dab die Quadranten mit und ohne Extraktion miteinander vergliehen werden kSnnen, obwohl in den Quadranten ohne Extraktion jeweils eirt Interdentalraum mehr beurteilt worden war als in den Quadranten mit Extraktion. In den Spalten I und K sind Millimeterwerte an- gegeben, w/thrend in Spalte A die Anzahl der jeweiligen Quadranten vermerkt worden ist.

Ill. Ergebnisse

Bei 41 untersuchten Patienten wurden 106 Quadranten mit Extraktion und 35 Quadranten ohne Extraktion klinisch und rSntgenologisch erfagt und aus- gewertet. 23 Quadranten wurden nicht ausgewertet. Die Griinde hierzu waren Extraktionen yon zweiten Pr~molaren, Germektomien und Extraktionen nach Abschlug der kieferorthopiidischen Behandlung.

�9 Ouod,,m. Ext~ I ~ (~uad~ o. EM'r

&* % q~ Q . m E i , S t I

[ ] (2,m E, L 3 t .~ S&

53 % %

F G H I K L /~ Engst~ndt Enz~ndrtr Papill~n Zunakn~e d 3ulcujti~tr $Z'l;wenze-L~r~b. alv.

IDR 1 - ~ IDR 3 d s ~ t IDR f - ; z IOR3dis~. AbJ~ >- - 2 m ~ IDR 2 - 6 IDR 3d iJ t .

Abb.4. Graphische Darstellung der Abh~ngigkeit des Parodontalzustandes yon Extraktion und Extraktionszeitpunkt auf Grund der Ergebnisse in den Quadranten des OK und UK (vg}.

Ergebnistabelle)

Das Durchschnittsalter der Patienten bei der Extraktion betrug etwa 121' 2 J. (rain. 91/2 J., max. 20 J.), bei der Nachuntersuehung, die im Mittel 61/2 J. nach BehandlungsabsehluB durchgefiihrt wurde, lag das Durchschnittsalter bei 22 J. (rain. 15 J., max. 29 J.). Die Behandlung wurde fiberwiegend mit Aktivatoren durchgeffihrt; in einigen F/~llen kombinierten wir diese mit aktiven Platten: 2 Patienten wurden zus/ttzlich mit schiefen Ebenen behandelt. Die Apparaturen wurden yon fast allen Patienten nur nachts getragen.

Bei 28 Patienten ergaben sich Anhaltspunkte fiir endogene Kausalfaktoren; 5 Patienten machten Angaben fiber Knirschen und Pressen.

Page 5: Über den Parodontalzustand nach Prämolarenextraktion im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung mit Berücksichtigung des Extraktionszeitpunktes

Eschler u. a., ~)ber den Parodontalzustand nach Priimolarenextraktion usw. 379

Die Mundpflege wurde bei 3 Patienten mit ,,sehr gut", bei 9 mit ,,gut", bei 24 mit ,,m~tl3ig" und bei 5 mit ,,schlecht" beurteilt.

Frei yon Bluten bzw. klinisch erkennbarer Entziindung der Gingiva waren 2 Pat ienten ; die Blutungsneigung wurde bei 14 Patienten mit ,,gering", bei eben- falls 14 mit ,,mfigig" und bei 11 mit ,,stark" bezeiclmet.

Bei 4 Patienten wurde eine erh6hte Zahnbeweglichkeit mit geringem Locke- rungsgrad (I) einzelner Sehneidezghne registriert. In den Seitenzahnbereichen konnte keine Zahnlockerung festgestellt werden.

Unter 41 Patienten verbIieb in 9 Gebigh/tlften im Bereich einzelner Z/ihne ein seitlich gering oftener BiB.

Die Verh/iltnisse in den Quadranten mit und ohne Extraktion sind auf der folgenden Ergebnistabelle und in Abb. 3 und 4 dargestellt.

IV. Diskussion

Die Vielfalt und die komplexe Natur der beurteilten Faktoren erfordern eine sorgf/iltige Analyse der Ergebnisse. Obwohl bei einem Durchschnittsalter yon etwa 22 Jahren der nachuntersuchten Patienten nicht ausgeschlossen werden darf, dab einige Faktoren wie z. B. Dysfunktionen sich erst zu einem sp/iteren Zeitpunkt im Parodontium mailifestieren werden, so ist es durehsehnittlieh rund 10 Jahre naeh der Extraktion doch sicher m6glich, deren Auswirkung auf den Zustand des Paro- dontiums zu beurteilen.

Die wichtigsten Kriterien bei einer derartigen Beurteilung sind :

1. Entzfindungsneigung der Gingiva, 2. Taschentiefe, 3. Zahnbeweglichkeit, 4. R6ntgenologiseh sichtbarer Schwund des Zahnstiitzapparates.

Diese Kriterien stehen daher auch bei der Besprechung der Ergebnisse dieser Untersuchmlg im Vordergrund. Dabei sollen die Ergebnisse nicht nur unter dem Aspekt yon Extraktion oder Nichtextraktion, sondern auch unter Ber/icksichti- o-uno, des Zeitpunktes der Extraktion diskutiert werden.

1. E n t z i i n d u n g s n e i g u n g der G i n g i v a

Wie aus Spalte G der Ergebnistabelle zu ersehen ist, war die Entztindungs- neigung in den Gesamtquadranten mit Extraktion (Q. m. E.) durehweg geringer als in den Quadranten ohne Extraktion (Q. o. E.). Die an sieh sehon reeht hohen Werte bis zu 68% (Q. o. E. d. UK) sind in Wirkliehkeit noeh ungiinstiger, da als Folge der Quadranteneinteilung der Interdentalraum zwisehen den beiden mittle- ren Sehneidez/~hnen nieht ausgewertet worden war. ~3berrasehend war die Fest- stellung, dag naeh Extraktiort im Stadium I (E. i. St. I) die Entziindungsneigung h6her war als naeh Extraktion im Stadium I I (E. i. St. II). Diese Beobaehtungen legen den SehluB nahe, dag die Entziindungsneigung in enger Beziehung zum Auf- treten yon Engst/inden steht, was dureh einen Vergleieh mit Spalte F aueh be- statigt wird.

Bei der isolierten Betraehtung des Interdentalraumes distal yon 3 (Spalte tI) ergaben sieh gr6Bere Untersehiede lediglieh zwisehen den Rubriken yon Extraktion im Stadium I bzw. II , wobei die Werte fiir E. i. St. I I betr/iehtlieh unter dem Durehsehnitt yon Spalte H liegen. Der Grund hierfiir diirfte in dem relativ hohen

Page 6: Über den Parodontalzustand nach Prämolarenextraktion im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung mit Berücksichtigung des Extraktionszeitpunktes

o80 Fortschritte der Kieferorthoplidie Bd. 30 (1969) Heft 3

Tabclle I. Ergebnisse in den Quadranten

A Anzahl der

Quadr.

B C D E Extr.-Lficke Extr.-Liicke Kontakt- Lfieken

gesehl, nieht gesehl, punkt neben der nieht regelr. Extr.-Stelle

I

o o o o / o o o o

OK Quadr. m. Extr. Quadr. o. Extr.

UK Quadr. m. Extr. Quadr. o. Extr. Extr. i. Stad.

OK (NZ tw. dgbr.) Extr. i. Stad. I I (NZ v. dgbr.) Extr. i. Stad. I (NZ tw. dgbr.)

UK Extr. i. Stad. I[ (NZ v. dgbr.)

Eins. Quadr. m. Extr. Extr. Quadr. o. Extr. Extr. Quadr. m. Extr. i. ein. Kief. Quadr. o. Extr.

Abk/irzungen : NZ v. dgbr.

64 82,8 17,2 7,8 2,2 10 0,0

42 81,0 19,0 23,8 1,4 25 0,0

15 100,0

25 68,0

12 100,0

20 60,0 9 77,8 9

22 77,3

22

= Naehbarz~i.hne vollstii.ndig durchgebrochen

0,0

32,0

0,0

40,0 22,2

22,7

0,0

4,0

16,7

12,0 1,1

9,1

0,0

3,2

0,0

1,0 0,0 0,0 1,8

, 0 ,0

Prozen t sa t z n ich t vol ls t / indig geschlossener Lficken nach E. i. St. I I zu finden sein, die im a l lgemeinen die Se lbs t re in igung er le iehtern und d a m i t die Entz i indungs- ne igung in diesen In t e rden t a l r / i umen ver r ingern .

W e n n m a n sehliel31ieh noeh berf ieksieht igt , dag die Entzf indungsne igung de r Gingiva bzw. Pap i l l en im Eekzahnbe re i eh normalerweise ger inger is t als in den an te r io ren und pos te r io ren Kie fe rabsehn i t t en , so w/iren in Spal te H die k le ineren W e r t e zu e rwar ten als in Spa l te G, in weleher die an te r io ren und pos te r ioren K ie fe r absehn i t t e m i t b e u r t e i l t worden waren. Da be im Vergleieh der Spa l ten G und I4 die Ergebnisse auch diesen E r w a r t u n g e n wei tgehend entspreehen, is t es wohl bereeht ig t , yon der k ieferor thop/ td iseh ind iz ie r t en P r / imola renex t rak t ion m i t ansehl ieBender k ie feror thop/ id ischer Behand lung als e iner die gingivale Entzf in- dungsne igung ve r r inge rnden Mal3nahme zu spreehen.

W e n n aueh der Z u s a m m e n h a n g yon Entz f indungsne igung und Engst/ indert offensiehtl ieh ist, so verh ie l ten sieh ihre H/ iuf igkei tswerte jedoeh n ieh t p ropor t iona l zue inander , d . h . die En tz i indungsne igung war wei taus gr6Ber, als es naeh der H/iufigkei t de r Engs t / inde zu e rwar ten gewesen w/ire (Spa l ten F u n d G). Diese Diskrepanz dfirf te du tch den f ibergeordne ten Einf lug der Mundhygiene zu erkl/iren sein. F / i t diese A n n a h m e spr ieht de r Vergleieh yon kl iniseh s ieh tbare r En tz / indung u n d sehleehter Mundhyg iene bei den 41 un t e r sueh ten Pa t i en ten , yon denen nur 2 eine kl iniseh entzf indungsfre ie Gingiva aufwiesen. Diese be iden Pa t i en t en geh6r ten gleiehzei t ig zur Gruppe der 3 P a t i e n t e n mi t sehr gu te r Mundpflege.

Page 7: Über den Parodontalzustand nach Prämolarenextraktion im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung mit Berücksichtigung des Extraktionszeitpunktes

Eschler u. a., tjTber den Parodontalzustand nach Pr~molarenextraktion usw.

mit und ohne Extraktion

381

F G H Engstiinde Entziindete Papillen

IDI /1 - -7 IDR 3 dist.

oo o b o o mm mm o o o,,

I K L 5[ Zunahme der SZ.-Grenze-Limb. alv. Sulkustiefe Abst. = 2 mm

IDR 1 7 IDR 3 dist. IDR 2--6 IDR 3 dist.

15,3 21,7 21,9 40,7

13,3

8,8

25,0

24,0 15,6 35,2 13,6

40,9

NZ tw. dgbr. IDR

49,1 60,0 57,1 68,0

41,3

36,0

68,0

45,0 60,0 61,1 46,4

65,9

35,9 0,35 60,0 0,42 35,7 0,30 36,0 0,33

40,0 0,26

16,0 0,35

50;0 0,25

20,0 0,43 44,4 0,33 44,4 0,26 31,8 0,39

45,4 0,36

= Nachbarzi~hne teihveise durchgebrochen Interdentalraum

0,22 28,3 24.2 0,35 23,4 t 5,0 0,33 33.9 36,9 0,22 34,9 28.0

0,23 15,0 13,3

0,30 40,7 36,0

0,17 25,0 20.8

0,43 0,33 0,17 0,39

39,7 30,8 24,3 28.7

52,5 33,3 27.8 25.0

0,25 34.6 22,7

2. T a s c h e n t i e f e

Ein weiteres, wicht iges Kennze ichen yon Pa rodon topa th i e r t i s t das Auf t r e t en yon Zahnfle ischtaschen. t n d iesem P u n k t e rb rach te die Un te r suchung hins icht l ich E x t r a k t i o n und N i c h t e x t r a k t i o n ke ine deut l ichen Unte r seh iede (Spa l ten I und K). W/ihrend bei de r B e t r a c h t u n g der G e s a m t q u a d r a n t e n die Q. m. E. sowohl im O K als auch im U K etwas besser abschneiden , e rgaben sieh bei de r Auswer tung der F/tlle mi t e insei t iger E x t r a k t i o n bzw. E x t r a k t i o n in nur e inem Kiefer in den Q. o. E. die e twas gfinst igeren Ergebnisse . Der max ima le durchschni t t l i che Un te r sch ied yon al lerdings nu t e twa 0,18 m m zwischen den Q. m. E. i. St. I i. U K (etwa 0,25 ram) und den Q. m. E. i. St. I I i . U K (etwa 0,43 ram) k6nn te ffir d ie E. i. St. I sprechen, zumal die Sulkus t ie fenwer te dieser Gruppe auch u n t e r denen der Q. o. E. lagem

D a die im Se i tenzahnbere ich hgufigen a p p r o x i m a l e n F i i l lungen mehr oder weniger t iefe Taschen zur Folge haben, is t es durehaus denkbar , dab der EinfluB der approx imalen Fi i l lungen den der E x t r a k t i o n bzw. X i e h t e x t r a k t i o n t iberdeekt .

Die gemessenen Sulkustiefert im I n t e r d e n t a l r a u m dis ta l yon 3 waren in den Q. m. E. etwas grSger als in den Q. o. E. (Spal te K), wenn m a n yon den Q. o. E. d. OK absieht , deren Ergebnisse dureh die ger inge Anzah l yon nur 10 ausgewer te t en Quadran ten al lerdings wenig r e p r g s e n t a t i v erseheinen. Aueh in Spa l te K e rgaben sieh naeh E. i. St. I gfinstigere Ergebnisse als in den Q. o. E. und den Q. m. E. i. St. I I .

Page 8: Über den Parodontalzustand nach Prämolarenextraktion im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung mit Berücksichtigung des Extraktionszeitpunktes

382 Fortsehritte der Kieferorthop~idie Bd. 30 (1969) I-Ieft 3

fdberraschen muB die relativ starke Zunahme der Sulkustiefe naeh E. i. St. I I , da in SpaRe t f ffir diese Quadrantengruppe die niedrigste Entzfindungsneigung festgestellt worden war. Dieser Widersprueh k6nnte dadureh zu erkl/tren sein, dab dureh die naeh sp/tten Extrakt ionen ausgepr/~gteren Kippst/inde die der Lfieke zugewandten interdentalen Sehmelzzementgrenzen im Verh/iltnis zu den Papillen- spitzen st~trker absinken und dadureh hfhere Sulkustiefenwerte auftreten. Diese w/tren jedoeh in diesen Fallen nieht symptomatiseh im Sinne eehter Tasehen, die dureh entziindliehes Tiefenwaehstum des Epithels bedingt sind. Es nluB jedoeh betont werden, dab jede Vertiefung der Zahnfleisehfurehe die Entstehung ent- zfindlieher Prozesse begiinstigt.

Die absoluten Sulkustiefenwerte in den ausgewerteten Interdentalr/tumen lassen sieh naeh dieser Untersuehung nieht exakt angeben, da aus Grfinden der Zeitersparnis nur Tiefenwerte fiber 2 mm im Behandlungssehema eingetragen wor- den waren. Die durehsehnittliehe interdentale Sulkustiefe der nieht registrierten, jedoeh untersuehten Interdentalr/ iume dfirfte bei etwa 1,5 bis 2 mm gelegen haben, so dab bei einer maximalen durehsehnittliehen Zunahme yon etwa 0,43 mm in den Q. m. E. i. St. I I d . U K die vollst/tndige durehsehnittliehe Tasehentiefe maximal bis zu etwa 2,4 mm betragen haben ~Xirde.

3. Z a h n b e w e g l i c h k e i t

E rh fh te Zahnbeweglichkeitswerte waren nut bei 4 Patienten festgestellt wor- den. Wahrend im Seitenzahnbereich keine Zahnlockerungen zu verzeichnen waren, land sich bei 4 Patienten ein geringer Lockerungsgrad einzelner Sctmeidez/ihne. Bei jedem dieser 4 Patienten erbrachte die Anamnese Anhaltspunkte ffir endogene Faktoren; aul3erdem bat ten 2 der Patientert einen frontalen Kreuzbig bzw. Kopf- biB; bei den beiden fibrigen wurden vorzeitige Kontak te ermittelt.

Bei diesen wenigert F/~llen yon geringgradiger Zahnlockerung war es natfirlich nicht mfglich, irgendwelche zahlenm/igige Zusammenhange mit Extraktionen bzw. Nichtextraktionen abzuleiten.

4. R 6 n t g e n o l o g i s c h s i c h t b a ' r e r S c h w u n d

Der Schwerpunkt der Untersuchung lag auf der rfntgenologischen Darstellung des parodontalen Stfitzapparates.

Die diesbezfiglichen Ergebnisse (Spalten L u n d M) lassen erkennen, dab in den Q. m. E. die H/iufigkeit der Abstandswerte Schmelzzementgrenze - - Limbus alveo- laris = 2 mm gegenfiber den Q. o. E. leicht erh6ht waren. Den Grund hierzu Iiefert der Auswertungsmodus, da bei der Beurteilung der Interdentalr/iume 2 bis 6 auch die Verh/iltnisse an der Extraktionsstelle miteinbezogen worden waren, die das Bild der Q. m. E. etwas beeintrachtigen.

Die ermittel ten Abstandswerte sind auf Abb. 3 wiedergegeben. Danach betru- gen die durehschnittlichen Abstandswerte in den ausgewerteten Interdentalr/iume~l etwa 1,3 bis 1,8 ram.

In Anbetracht der an sich schon geringen Unterschiede der Extremwerte, der Schwierigkeiten bei der rSntgenologischen Darstellung und der verhaltnismgBig geringen Patientenzahl mfissen die folgenden Ergebnisse mit Zurfickhaltung auf- genommen werden.

Die gfinstigsten r6ntgenologischen Parodontalbefunde ergaben sich bei frfih- zeitiger Extrakt ion (i. St. I), die ungiinstigsten bei sp/iter Extrakt ion (i. St. I I ) ;

Page 9: Über den Parodontalzustand nach Prämolarenextraktion im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung mit Berücksichtigung des Extraktionszeitpunktes

Eschler u. a., ~oer den Parodontalzustand nach Pr~imolarenextraktion usw. 383

die Werte bei Niehtextraktion lagen dazwisehen. Bei einem Vergleieh s/tmtlieher Q. m. E. mit den Q. o. E. waren die Werte ffir die Q. m. E. nur geringffigig un- giinstiger (Spalte L). Allgemein sehnitten Frontzahn- und Pr/imolarenbereich im OK besser ab als im UK. Es ist denkbar, dab als Ursache hierffir die imUK st/~rkere Neigung zu Bel/tgen verantwortlich gemacht werden kann.

Die zum Studium der Extraktionsauswirkungen an sich sehr geeigneten ein- seitigen Extraktionen waren zu selten, um besonders beweiskr/iftig sein zu k6nnen. Auch in diesen F/illen ergaben sich ffir die Q. o. E. die etwas gfinstigeren Werte.

Praktisch keinen Untersehied wiesen die entsprechenden Befunde nach Ex- traktion in nur einem Kiefer auf. Diese verh/iltnism/tl3ig gfinstigen Befunde in den Q. m. E. sind wohl darauf zurfickzuffihren, dab bei dieser Gruppe fast ausschlieg- lieh nur im OK extrahiert worden war, wo der Parodontalzustand im Frontzahn- und Pr/tmolarenbereich sowieso besser war als im U-K.

Einen ungef/*hren Vergleich mit einer kieferorthop/idisch nicht behandelten Patientengruppe etwa gleiehen Alters erm6glichte eine Untersuchung fiber den Abbau des Alveolarknochens in Abh/tngigkeit yon Mundhygiene und Alter (Schei , W a e r h a u g , L o v d a l und Arno) . Hierbei wurde die Verminderung des parodontalen Stfitzknochens iorozentual zur Strecke ,,approximale "~Vurzell/~nge - - 1 mm" berechnet. Als physiologisches Ausmag des Abstandes Schmelzzement- grenze - - Limbus alveolaris wurde 1 mm angenommen.

In den mit unserer Untersuchung vergleichbaren Interdentalr/tumen bei ent- sprechender Altersgruppe ergaben sich Knochenverluste yon etwa 8 bis 1 5 ~

Wenn als durchschnittliche Wurzell/inge der in Frage kommenden Z/thne rain- destens etwa 12 mm abgenommen wird (Mfihlrei ter) , wfirde einem Abbau yon etwa 8 bis 15~o ein Absinken des Limbus alveolaris um etwa 0,9 bis 1,7 mm ent- sprechen. In der Untersuchung yon Sche i , W a e r h a u g , L o v d a l und A r n o miigten demnach die Abstandswerte Schmelzzementgrenze - - Limbus alveolaris insgesamt z~dsehen etwa 1,9 mm und etwa 2,7 mm betragen haben, wghrend die durchschnittlichen Abstandswerte bei unserer Untersuehung nut etwa 1,3 bis 1,8 mm erreichten.

Es besteht indessen wohl kaum Grund anzunehmen, dab die relativ gfinstigen Ergebnisse unserer Untersuchung auf die Extraktion bzw. kieferorthopgdische Behandlung zurfickzuffihren sind, vielmehr dfirfte die Ursache hauptsgctflich in der unterschiedlichen Interpretation der R6ntgenbilder gelegen haben. Allein die Frage, wann ein auf dem l~6ntgenbild verbreiterter Periodontalspalt als physio- logisch oder pathologisch anzusehen ist, kann bei Anwendung der fiblichen Unter- suchungsmethoden trotz allen Bemiihens um Objektivit/tt nur subjektiv beant- wortet werden.

Aus der Untersuchung yon Sche i , W a e r h a u g , L o v d a l und A r n o geht jedoch deutlich hervor, dab der Stfitzapparat des Eckzahnes am wenigsten vom Abbau betroffen ist. Dieser Befund unterstreicht die fiberragende Bedeutung der Eckz/ihne im GebiB. Daher verdient dieser Bereich besondere Beachtung.

Aus Abb.3 ist ersichtlich, dab an der Stelle der Extraktion, in allen F/illen gleichbedeutend mit den Interdentalrgumen zwischen den Eckzghnen und den zweiten Pr/imolaren, eine geringe durchschnittliche Vergr6gerung der Abstands- werte gegenfiber den Quadranten ohne Extraktion festgestellt wurde, die nach E. i. St. I I an der Distalfl/iche des unteren Eckzahnes einen durchschnittlichen Maximalwert yon etwa 0,3 mm erreichte. InEinzelf/illen betrug der Gesamtabstand bis zu 3,5 ram, der ebenfalls nach E. i. UK. i. St. I I verzeichnet wurde. Dieses mehr oder weniger deutliehe lokale Absinken war im UK etwa doppelt so hgufig

Page 10: Über den Parodontalzustand nach Prämolarenextraktion im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung mit Berücksichtigung des Extraktionszeitpunktes

384 Fortsehritte der Kieferorthop~die Bd. 30 (1969) Heft 3

wie im OK. Wichtig erscheint die Feststellung, dal~ nach frtihzeitiger E. i. St. I der Limbus alveolaris in normaler H6he verlief. Da in diesem Stadium die Nach- barz/~hne nocb nicht roll durchgebrochen waren, l~Bt sich der normale Verlauf des Limbus damit erki/iren, dab um einen durchbrechenden Zahn durch den formati- ven Reiz der Funktion neues Knochengewebe gebildet (Esch le r ) und der durch die Extrakt ion entstandene Verlust kompensiert wird.

Fiir das nach sp/~ter E. i. St. I I aufgetretene lokale Absinken des Limbus alveolaris sind folgende Ursachen denkbar:

a. Trauma bei der Extrakt ion (Stahl ) , b. Der Alveolarfortsatz ist nach Verlust eines Zahnes lokal ohne Funktion und

atrophiert in geringem Ausmal~ (Fr6h l i ch ) , c. Horizontale Zahnbewegungen sind mit einer geringen Extrusion der Z/ihne

verbunden (E s c h 1 e r), wodurch sich der Abstand Schmelzzementgrenze - - Limbus alveolaris vergr61~ern k6nnte.

Die Frage, welche dieser M6glichkeiten als Ursache ffir das lokale Absinken des Limbus alveolaris in Betracht kommt, kann durch die vorliegende Unter- suchung nicht beantwortet werden.

Die Untersuchungsbefunde wurden noeh naeh weiteren Kriterien ausgewertet, die zwar nicht unmittelbar den Zustand des Parodontiums kennzeichnen, die abet als ausl6sende oder unterhaltende Faktoren fiir eine Parodontopathie in Frage kommen.

Diese Kriterien waren: 5. Lfickensehlu~ (Spa[ten B und C), 6. Kontaktpunktverh~Itnisse (Spalte D), 7. Lficken neben der Extraktionsstelle (Spalte E), 8. Engst~inde (Spa]te F), 9. Seitlich oftener BiB.

5. L i i e k e n s c h l u l ~ ( S p a l t e n B u n d C)

Der kieferorthopKdische Lfiekensehluft naeh Pr&molarenextraktion bei Anlage der Weisheitsz&hne diirfte in den Fallen keine Schwierigkeiten bereiten, wenn der Zei tpunkt der Extrakt ion vor dem vollendeten Durchbruch der beiden ~Nachbar- z/ihne liegt. Bei spateren Extrakt ionen ist der LiickenschluB erschwert und erfolgt langsamer; denn etwa 61/2 Jahre nach AbschluB der Behandlung erscheint der Prozentsatz yon etwa 32 ~ nicht vollkommen geschlossener Extraktionsliicken im OK und etwa 40% im U K reiehlich hoch. Allerdings muB betont werden, dab die zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung vorhandenen Lficken zum grSl~ten Teil kleiner als 1 m m waren ( S t e i n u n d W e i n m a n n , S e h w a r z e , W i t t und S c h m i d t - m a n n ) .

Die noch nicht geschlossenen Extraktionsliicken haben sich indessen auf den Entztindungszustand des Parodontiums an der Extraktionsstelle eher gfinstig aus- gewirkt, wie die Ergebnisse in Spalten G und H zeigen.

6. K o n t a k t p u n k t v e r h / ~ l t n i s s e ( S p a l t e D)

Die nicht regelm~il]ige Kontaktpunktbi ldung durch die Nachbarz/~hne nach Ext rak t ion der 1. Pr/~molaren ist gr6Btenteils dutch die iiberwiegend kippende Wanderung bzw. Bewegung der unteren Eckz~ihne bedingt. Obwohl im U K etwa 24~o der beurteilten Kontak tpunkte an der Extraktionsstelle nicht der Regel eat-

Page 11: Über den Parodontalzustand nach Prämolarenextraktion im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung mit Berücksichtigung des Extraktionszeitpunktes

Eschler u. a., ~ber den l~arodontalzustand nach Pr~molarenextraktion usw. 385

spraehen, war es mit unseren Untersuehungsmethoden nieht m6glieh, eine erh6hte Entzfindtmgsneigung naehzuweisen.

7. L i i e k e n n e b e n de r E x t r a k t i o n s s t e l l e ( S p a l t e E)

Irgend ein EinfluB der neben der Extraktionsstelle (beurt. Zahnkontakte 1 bis 7) nur ganz vereinzelt aufgetretenen Lfieken auf den Parodontalzustand konnte nicht fest gestellt werden.

8. E n g s t & n d e ( S p a l t e F)

Auff/~llig war das etwa doppelt so h/~ufige Auftreten yon Engst/~nden in den Q. o. E. d. U K gegenfiber den Q. m. E. d. UK. Auch hier ist der H6chstwert yon etwa 41 ~ in den Q. o. E. d. U K als Folge der Quadranteneinteilung in Wirklich- keit noch etwas h6her. Bemerkenswert ist weiterhin die erh6hte Anzahl yon Eng- st/inden, die sich nach E. i. St. I ergeben hatte. Zwar ist der Unterschied zumindest im U K zwisehen den Q. m. E. i. St. I (etwa 25%) und den Q. m. E. i. St. I I (etwa 24%) gering, doch erscheint, es notwendig, den mSglicherweise ab/inderbaren Ursaehen naehzugehen, die ffir eine Beurteilung wichtig sind.

Die 25% Engst/tnde in den Q. m. E. i. St. I i. U K dfirften haupts/tchlich durch eine Mesialwanderung der Seitenz/thne ws und nach der Behandlung ver- ursaeht sein, worauf auch die zu 100% gesehlossenen Extraktionslficken hin- deuten. Bei den 24% Engstanden nach E. i. St. I I i. U K handelt es sich hingegen grSBtenteils um Engst~nde, die schon zu Beginn der Behandlung vorhanden waren und auch nach der Extrakt ion nieht mehr vSllig beseitigt werden konnten. Ffir diese Annahme sprechen die etwa 40~o verbliebenen geringen Extraktionslficken. In F~llen yon E. i. St. I jedoch mfiBte es m6glieh sein, durch entsprechende kiefer- orthop/idisehe Behandlung die }t&ufigkeit der Engst~nde und damit auch die Ent- zfindungsneigung zu verringern.

9. S e i t l i e h o f f e n e r BiB

In einer beachtlichen Anzahl yon 9 F/illen verblieb naeh Pr/~molarenextraktion ein seitlich gering oftener BiB. Die dadurch bedingte t typofunkt ion der betroffenen Parodontien mul~, wenigstens bis zu einem gewissen Grade, als pr&disponierender Faktor ffir die Entstehung yon Parodontopathien angesehen werden (Mfihle- m a n n , H e r z o g und R a t e i t s c h a k , B e r t z b a c h ) .

V. Schlullbetrachtungen

Wenn nun absctfliefiend aus parodontalprophylaktischer Sicht ein Werturteil fiber die Extrakt ion der ersten Pr&molaren im Rahmen der kieferorthop/idisehen Behandlung abgegeben werden soll, so ist es erforderlich, die wesentlichen Kriterien des Parodontalzustands unter den Gesichtspunkten der Extraktion, der ,Nicht- extraktion und des Extraktionszeitpunktes zu betrachten. Eine Zusammenstellung der wichtigsten Ergebnisse aus den Quadranten yon OK und U K soll die entspre- chenden Zusammenh/inge verdeutlichen (s. Abb. 4).

Abgesehen yon der Zunahme der Sulkustiefe, die in Millimetern angegeben wurde, sind die fibrigen Werte die im OK und U K ermittelten durehschnittlichen prozentualen H~ufigkeitswerte. Durehweg sind die niedrigsten gleichzeitig die giinstigsten Werte. 25 For t schr i t t e der Kieferor thops ]3d. 30 I t . 3

Page 12: Über den Parodontalzustand nach Prämolarenextraktion im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung mit Berücksichtigung des Extraktionszeitpunktes

386 Fortschritte der Kieferorthopgdie Bd. 30 (1969) I-[eft 3

Die Beurteilung ist nicht einfach, da nicht alle Kriterien von gleicher Wichtig- keit sind. Es dfirfte berechtigt sein, den profuaden Auswirkungen im Parodontium im Verh/~ltnis zu den superfiziellen die gr6Bere Bedeutung beizumessen, weshalb die Ergebnisse in den Spalten I und M gegenfiber denen der Spalten F u n d H h6her zu bewerten sind.

Bei diesem BewertungsmaBstab wird sofort deuttich, dal] die frtihzeitige E. i. St. I am gfinstigsten abschneidet, da sie in den Spalten I und M die weitaus nied- rigsten Werte aufweist und in den Spalten F u n d I-I immerhin noch deutlich hinter den Q. o. E. zuriickbleibt, wenn auch die Entziindungsneigung durch die Extrak- tion nicht wesentlich verringert worden war. Auf diesen Punkt wird sp/~ter noch eingegangen werden.

Den n/ichsten Platz in der Rangfolge nehmen die aus allen Q. m. E. gewonnenen Ergebnisse ein, ohne dag der Zeitpunkt der Extrakt ion ber/icksichtigt worden war. Fiir diese Gruppe waren die Werte in 5 der 7 Spalten gfinstiger, n/~mlich fiir die Spalten F u n d K; allerdings lagen die Werte in den Spalten L und M fiber den ent- sprechenden der Q. o. E. Da in Spalte L die Ergebnisse yon Spalte M mit ein- geschlossen sind, dfirften ffir das etwas schlechtere Abschneiden der Q. m. E. in Spalte L die Verh/iltnisse an der Extraktionsstelle den Ausschlag gegeben haben, so dag letztlich ein echtes Minus nur in Spalte lV[ iibrigbleibt. Da das AusmaB des lokalen Absinkens des Limbus alveolaris an der Extraktionsstelle mit durchschnitt- lich 0,2 m m sehr gering ist (Abb. 3), spreehen die Ergebnisse eindeutig fiir einen besseren Parodontalzustand in den Q. m. E. im Vergleich zu den Q. o. E.

Die relativ ungfinstigsten Ergebnisse eitter Extrakt ionsgruppe ergaben sieh bei der sp~ten E. i. St. I I . In den Spalten I b i s 1~ schaeiden diese Q. m. E. i. St. I I deutlich schlechter ab als die iibrigen Quadrantengruppen, w~hrend sie jedoch in den Spalten F bis t I mit Abstand die g/instigsten Werte aufweisen. Wenn man nun einerseits berficksichtigt, dab der Limbus alveolaris an der Extraktionsstelle im Vergleich zu den Nichtextraktionsf~llen im U K nur etwa 0,3 m m abgesunken war (Abb. 3) und die interdentale Sulkustiefe am gleichen Oft im Vergleich zur giinstig- sten Gruppe durchschnittlieh nur etwa 0,2 mm zugenommen hatte (Abb.4), so erscheinen die Nachteile gegenfiber den Vorteilen weniger gravierend. Andererseits ist zu bedenken, dag es sich bei den Q. o. E. um solche handelt, bei denen zu Beginn der kieferorthop/~dischen Behandlung meistens kein sehr starker Engstand vor- handen war, weshalb auch nicht extrahiert wurde.

Nach diesen Uberlegungen bestehen also auch gegen eine sp/~tere, jedoeh in- dizierte Extrakt ion der ersten Pramolaren trotz des zum LfickenschluB erforder- lichen gr6Beren Ausmages der kieferorthop/tdischen Zahnbewegung nach den Ergebnissen dieser Untersuehung aus parodontalprophylaktiseher Sieht keine wesentliehen Bedenken. Keinesfalls soll jedoeh der Eindruek entstehen, als sei mit der Verhfitung oder Beseitigung yon Engst/~nden dureh die Extrakt ion die Gefahr einer parodontalen Seh~digung ausgesehlossen. Wenn aueh beim Vergleieh der Spalten F u n d G (Abb. 4) das fast parallele Verhalten yon Engst/~nden und Ent- zfindtmgsneigung sehr auff/illig ist, so ist doeh die H/htfigkeit der entzfindeten Papillen wesentheh h6her, als es dem Anteil der Engst/inde entspreehen wiirde. Diesen Untersehied erkl~ren wir mit der iibergeordmeten, entseheidenden Bedeu- tung der Mtmdhygiene, die wie kein anderer Faktor den Zustand der Gingiva und damit aueh das iibrige Parodont ium beeinflugt. Die relativ gfinstigen Ergebnisse dieser Untersuehung sind sieher zum Teil atteh darauf zuriiekzuffihren, dab bei der Behandhmg mit abnehmbaren Ger/~ten, besonders mit Aktivatoren, keine sch/~d- lichen Reize auf die marginalen Gewebe eingewirkt haben.

Page 13: Über den Parodontalzustand nach Prämolarenextraktion im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung mit Berücksichtigung des Extraktionszeitpunktes

Eschler u. a., Uber den :Parodontalzustand nach Pr~imolarenextraktion usw. 387

Zusammen~assllng

Die Aufgabe der Untersuchung bes tand darin, die Auswirkungen yon Pr~molarenextrak- t ion und kieferorthop~dischem LiiekensehluB auf den Zus tand des marginalen Parodont iums festzustellen. Durch einen besonderen Auswertungsmodus wird versueht, die Auswirkungen der Ext rakt ion auf den Parodonta tzus tand erkennbar werden zu lassen und dar i iberhinaus m6gliehe Zusammenh~nge mi t dem jeweiligen Durchbruchss tad ium der der Extrakt ionsstel le unmit te lbar benaehbar ten Z~hne bzw. mi t dem A u s m a ] der zum Lfickensehlul] erforderlichen kieferorthop~dischen Zahnbewegungen festzustellen. Es wurden 41 Pa t i en ten (Durchschnit ts- alter etwa 22 Jahre) klinisch und r6ntgenologisch untersueht , bei denen im ]~ahmen einer kieferorthop~dischen Behandlung an der Zahn- und Kieferklinik Freiburg Pr~molaren ent- fernt worden waren. 106 Quadranten mi t Ex t rak t ion der 1. Pr~molaren und 35 Quadranten ohne Ext rakt ion konnten ausgewertet werden. Die Befunde wurden auf folgende neun Kri te- rien analysiert , die entweder den Pa rodon ta | zus tand kennzeichnen (1. bis 4.) oder ihn beein- flt~ssen k6nnen (5. bis 9.):

1. Entzf indnngsneigung der Gingiva, 2. Taschentiefe, 3. Zahnbeweglichkeit , 4. R6ntgenologisch sichtbarer Sehwund des Zahnst i i tzapparates , 5. L/iekenschlu[~, 6. Kontaktpunktverh~l tn isse , 7. Liicken neben der Extrakt ionsstel le , 8. Engst~nde. 9. seitlieh oftener BiB.

Nach einer eingehenden Diskussion wird festgestellt, dab die indizierte Pri imolarenextrak- t ion bei anschliellender kieferorthop~diseher Behandlung mi t abnehmbaren Appara turen den Parodonta lzustand nieht nur n ieht beeintr~eht igt , sondern in F~llen der Verhi i tung oder Auf- loekerung starker Engstiinde sogar e indeut ig verbessert . Bei entsprechender kieferorthop~- diseher Behandlung wird ein m6glichst friihzeitiger Ex t rak t ionsze i tpunk t empfohlen, jedoch werden aueh gegen sp~itere Ex t rak t ionen t rotz der dami t verbundenen umfangreicheren Zahnbewegungen keine wesentliehen ]~edenken vorgebraeht . E in entseheidender EinfluB auf den Zustand des Parodo ~ ms wird der Mundhygiene zuerkannt .

Schrifttum

A n d r e s e n , V., und K. H ~ u p l , Funktionskieferorthop~,die, die Grundlagen des Nor- wegischen Systems. Leipzig 1945. -- A n t h o n y , W., M. S. G a r g u i l o , M. F r a n k , F .M. W e n t z und B. O r b a n , J . Per iodont . 32 (1961) 264. - - B e r t z b a c h , K., Dtsch. zahn~rztl . Z. 21 (1966) 1. -- E s c h l e r , J . , Z. Stomat . 87 (1939) 134 u. 202. - - Ders . , Funkt ionel le Ortho- p~die des Kausystems. Miinchen 1952. -- F r 6 h l i c h , H., Dtsch. zahn~rztl . Z. 19 (1964) 2. -- Ders . , Dtsch. zahn~rztl. Z. 20 (1964) 9. -- G 6 t z , H., Parodontopa th ien bei Jugendl ichen im Alter von 17 bis 23 Jahren . Med. Diss. Humbold t -Univ . Berlin 1958. -- H a r n d t , E., Dtseh. zahn~rztl. Z. 12 (1957) 1635. - - } H i e l s e h e r , W., Zahn~rztl . lqdseh. 10 (1955) 534. - - Ders . , Zahn~rztl. Welt 9 (1954) 693. -- M a s s l e r , M., und J . S e h o u r , J. Dent. Res. 28 (1949) 634. - - M f i h l e m a n n , H. R., Zahn~rztl . Rdseh. 66 (1957) 71. -- M f i h l e m a n n , H. R., H. H e r z o g und K. H. R a t e i t s c h a k , Parodonto]ogie 11 (1957) 20. -- M f i h l r e i t e r , E., Anatomie des menschlichen Gebisses. Leipzig 1912. -- O r b a n , B . J . , Parodontologie. Berl in 1965. -- P a r m a , C., Dtsch. Zahn-, 3iund- u. Kieferheilk. 29 (1958) 132. -- R a t e i t s c h a k , K. ~r Die therapeut ischen Auswirkungen der parodonta len Lokalbehandlung. Zfirich 1963. -- R o z e i k , F., J . K l u c z k a und M. H e r r m a n n , Dtsch. zahn~rztl . Z. 19 (1964) 2. -- S c h e i , O., J . W a e r h a u g , A . A . L o v d a l u n d A . A r n o , J . Periodont. 80(1959) 7 . - - S c h u l t e , W . , u n d W. S c h 6 n l e b e r , Dtsch. zahn~rztl. Z. 14 (1959) 1749. -- S c h u l t e , W., Zahn~rztl . 3[itt. ~ (1964) 1102. -- Ders . , Dtsch. zahn~rztl . Z. 12 (1957) 8. -- S c h w a r z e , C.W., Fortsehr. Kieferorthop. 29 (1968) 2. -- S t a h l , A., Fortschr. Kieferorthop. 19 1958. -- S t e i n , G., und

2 5 * �9

Page 14: Über den Parodontalzustand nach Prämolarenextraktion im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung mit Berücksichtigung des Extraktionszeitpunktes

388 Fortschri t te der Kieferorthop~die Bd. 30 (1969) Heft 3

J . W e i n m a n n , Z. Stomat . 23 (1925) 733. - - T h e i l a d e , J., J . Per iodont . 31 (1960) 143. -- W a n n e n m a c h e r , E., Dtsch. zahn~rztl . Z. 14 (1959) 3. -- W i l l i a m s , S. W., J . Amer. Dent. Ass. 43 (1951) 419. - - W i t t , E., und E. S c h m i d t m a n n , Fortsehr . Kieferorthop. 29 (1968) 2.

Anschrif t d. Verf.: Prof. Dr. Dr. J . E s c h l e r , Dr. Riidiger ) I a u s h a r d t , Doz. Dr. E. W i t t , Oberarzt, Kieferorthop~dische Abtei lung der Univ. Zahn- und Kieferklinik 78 Freiburg i. Brsg., Hugste t ters t r . 55