Über das atomgewicht des von a. miethe und h. stammreich aus quecksilber gewonnenen goldes

3
262 0. Honigschmid ulzd E. Zilztl. Uber das Atomgewicht des von A. Miethe und H. Stamm- reich aus Quecksilber gewonnenen Goldes, Von 0. HONIGSCHMID und E. ZINTL. Wir berichten iiber die Untersuchung einer uns von Prof. A. MIETHE ubersandten Goldprobe, die aus der Fiillung stark belasteter Queck- silberlampen isoliert worden war.l) Die Bestimmung des Atomgewichts sollte fur die Frage nach der Herkunft des Goldes bzw. dem Mecha- nismus der Umwandlung des Quecksilberatoms Anhaltspunkte liefern. Das Atomgewicht des Goldes ist noch nicht mit der wunschens- werten Genauigkeit bestimmt worden. Der Grund hierfur liegt hauptsachlich in der Schwierigkeit, Goldverbindungen herzustellen, die den Anforderungen der modernen Prazisionsanalyse in bezug auf Definiertheit der Zusammensetzung genugen. Die Resultate der bis jetzt ausgefuhrten Bestimmungen2) rechtfertigen es, wenn man die Unsicherheit des in der Atomgewichtstabelle genannten Wertes Au = 197,2 rnit einigen Einheiten der ersten Dezimale ansetzt. Fiir kleine Goldmengen sind die Schwierigkeiten einer Absolut- bestimmung naturgemaB noch vie1 grol3er. Auch die kathodische Abscheidung des Goldes verlauft bei den in Frage kommenden kleinen Goldkonzentrationen langst nicht mehr mit quantitativer Stromausbeute, so daB eine elektrolytische Bestimmung des Aqui- valentgewichtes nicht moglich ist. Wir fiihrten deshalb eineRelativbestimmung aus mit Hilfe einer von ZINTL und RAuCH~) ausgearbeiteten potentiometrischen Titrations- methode. Auf diese Weise lieBen sich die Atomgewichte von ,,kiinst- lichem" und naturlichem Gold mit einer Genauigkeit von 1 o/oovergleichen. GewogeneMengen von gewohnlichem und kunstlichem Gold wurden in Aurisalz iibergefuhrt und mit entsprechend verdunnten Losungen von Titantrichlorid potentiometrisch titriert. Sind fur a g des ersteren vccm TiC1, erforderlich, fur bg des letzteren 5 ccm der gleichen Losung, so berechnet sich das Atomgewicht des kunstlichen Goldes zu b v A= 197,2.--.--. ax l) Vgl. Nuturwiss. 12 (1924), 597; ibidem 12 (1924), 744, 1211; 2. anorg. 2, I'gl. CL~XE, A Recalculation of the Btomic Weights, Washington 1920. 3, Siehe die vorangehende Mitteilung. u. allg. Chem. 140 (1924), 368.

Upload: o-hoenigschmid

Post on 06-Jul-2016

214 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

262 0. Honigschmid ulzd E. Zilztl.

Uber das Atomgewicht des von A. Miethe und H. Stamm- reich aus Quecksilber gewonnenen Goldes,

Von 0. HONIGSCHMID und E. ZINTL. Wir berichten iiber die Untersuchung einer uns von Prof. A. MIETHE

ubersandten Goldprobe, die aus der Fiillung stark belasteter Queck- silberlampen isoliert worden war.l) Die Bestimmung des Atomgewichts sollte fur die Frage nach der Herkunft des Goldes bzw. dem Mecha- nismus der Umwandlung des Quecksilberatoms Anhaltspunkte liefern.

Das Atomgewicht des Goldes ist noch nicht mit der wunschens- werten Genauigkeit bestimmt worden. Der Grund hierfur liegt hauptsachlich in der Schwierigkeit, Goldverbindungen herzustellen, die den Anforderungen der modernen Prazisionsanalyse in bezug auf Definiertheit der Zusammensetzung genugen. Die Resultate der bis jetzt ausgefuhrten Bestimmungen2) rechtfertigen es, wenn man die Unsicherheit des in der Atomgewichtstabelle genannten Wertes Au = 197,2 rnit einigen Einheiten der ersten Dezimale ansetzt.

Fiir kleine Goldmengen sind die Schwierigkeiten einer Absolut- bestimmung naturgemaB noch vie1 grol3er. Auch die kathodische Abscheidung des Goldes verlauft bei den in Frage kommenden kleinen Goldkonzentrationen langst nicht mehr mit quantitativer Stromausbeute, so daB eine elektrolytische Bestimmung des Aqui- valentgewichtes nicht moglich ist.

Wir fiihrten deshalb eineRelativbestimmung aus mit Hilfe einer von ZINTL und RAuCH~) ausgearbeiteten potentiometrischen Titrations- methode. Auf diese Weise lieBen sich die Atomgewichte von ,,kiinst- lichem" und naturlichem Gold mit einer Genauigkeit von 1 o/oovergleichen.

GewogeneMengen von gewohnlichem und kunstlichem Gold wurden in Aurisalz iibergefuhrt und mit entsprechend verdunnten Losungen von Titantrichlorid potentiometrisch titriert. Sind fur a g des ersteren vccm TiC1, erforderlich, fur bg des letzteren 5 ccm der gleichen Losung, so berechnet sich das Atomgewicht des kunstlichen Goldes zu

b v A = 197,2.-- . - - . a x

l) Vgl. Nuturwiss. 12 (1924), 597; ibidem 12 (1924), 744, 1211; 2. anorg.

2, I'gl. C L ~ X E , A Recalculation of the Btomic Weights, Washington 1920. 3, Siehe die vorangehende Mitteilung.

u. allg. Chem. 140 (1924), 368.

Das Atonigewickt des aus Queckdber gewonnaenen Gotdes. 263

Als Standard diente besonders gereinigtes Feingold der Deut- schen Gold- und Silberscheideanstalt, das nach Angabe der Her- steller bei einer Einwage von 50 g keine Verunreinigungen in analy- tisch nachweisbarer Menge enthielt. Die mit der Schere abgeschnittenen Stiicke wurden mit heiBer Salzsaure behandelt, mit Wasser und destilliertem Alkohol gewmchen, getrocknet und gewogen.

Der Regulus von ,,ki.instlichem" Gold war auf Quarz erschmolzen worden; dem erkalteten Metall haften dann beim Lostrennen von der Unterlage kleine Quarzteilchen an, die rnit heiaer FluBsaure ent fernt wur den.

Die Wagungen wurden nach der Substitutionsmethode auf einer sehr zuverlassigen Wage von KAISER und SIEVERS, Hamburg, bis auf 0,OI mg mit Hilfe eines geeichten Platingewichtsatzes ausgefuhrt. Die Standardproben von gewohnlichem Gold wichen im Gewicht hochstens um 0,2 mg von dem zu untersuchenden Regulus ab.

Die gewogenen Goldproben wurden in bedeckten Schalchen in 10 ccm destillierter Salzsaure unter Zusetz einiger Tropfen destillierter Salpetersaure durch schwaches Erwarmen gelost. Zur Entfernung der Salpetersaure wurde funfmal mit chlorhaltiger Salzsawe zur Trockne eingedampft ; dabei bilden sich jedesmal geringe Mengen metallischen Goldes, die sich jedoch leicht wieder in Chlor-SalzsSure auflosen. Zum SchluB wurde mit Chlor-Salzsaure aufgenommen, einige Zeit auf dem Wasserbad erwarmt bis zur vollstandigen Losung des Goldes, dann in das zur Titration benutzte Becherglas uber- gespult, mit 50 ccm 20°/, iger Salzsaure versetzt, auf etwa 200 ccm aufgefullt und in der beschriebenen Weise titriert.

Es erwies sich als notwendig, gegen den Endpunkt der Gold- fallung die MaBlosung nur langsam zuzugeben, damit sich das aus- gefallte Metall zu groBeren Teilchen zusammenballt. Das Metall zeigt namlich besonders in der Niihe des Endpunktes ein positiveres Potential als der Platindraht, und wenn es in der Losung fein ver- teilt ist, so depolarisiert es die Indicatorelektrode; der Potential- sprung tritt unter diesen Umstanden bei Verwendung sehr ver- diinnter Titantrichloridlosungen etwas zu spat auf. Die verwendete Biirette war durch Auswagen mit Wasser kontrolliert wordm.

Nach jeder Bestimmung wurde das gefallte ,,kijmstliche" Gold auf einem Porzellangoochtiegel mit porosem Boden gesammelt, gewaschen, getrocknet und zum groBten Teil durch einen Tropfen Quecksilber aufgenommen. Das Quecksilber war durch zweimalige langsame Destillation im Vakuum gereinigt worden. Der Amalgam-

264 0. Honigschmid und E. Zintl. Das Atomgewicht usw.

tropfen wurde dann in einem Quarzschiffchen im Luftstrom auf 300° erhitzt und das zuruckbleibende Gold zu einem Regulus zu- sammengeschmolzen.

Drei Bestimmungen ergaben folgende Resultate:

,,Kunstliches" Gold Nr* /I Gramm 1 ccm TiCl, 11 1 I/ 0,09106 I 44.84 / /

37,75 0,08226 37,85 197,29 I/ 0,08205 1 37,75 )I 197,27 3 ( ( 0,04909 1 33,44 0,04904 33,43 197,34 11 0,04890 I 33,34 I( 197,37 ___

Mittel: 1 9 7 , 2 F Das Atomgewich t des v o n MIETHE u n d STAMMREICH aus

Quecks i lber gewonnenen Goldes s t i n i m t d e m n a c h i n n e r - h a l b de r Feh le rg renze unse re r Methode von lo/oo m i t d e m des gewohnl ichen Goldes ubere in . Fur Au = 197,2 betragt es also

197,2 & 0,2. Eine genauere Bestimmung wird erst moglich sein, wenn groBere

Mengen zur Verfiigung stehen. Wenn demnach tatsachlich eine Uniwandlung des Quecksilbers

in Gold stattfinden und nach SODDYS Theoriel) unter Aufnahme eines Elektrons in den Quecksilberkern verlaufen sollte, so mul3te hauptsachlich das Quecksilberisotop 197 eine solche erfahren; anderer- seits diirfte das ,,kunstliche" Gold aber auch keine Isotopen unter 197, dem niedrigsten Quecksilberisotopen, enthalten. Es ware daher sehr erwiinscht, wenn die Massenspektren von gewohnlichem und ,,kunstlichem" Gold aufgenornrnen wiirden. Dal3 alle Queeksilber- isotopen sich gleichmal3ig an der Goldbildung beteiligen sollten, ware immer unwahrscheinlich ; die zitierte Umwandlungstheorie liefie beispielsweise voraussehen, da13 ans Hg2,0 nnd Hg,,, kein Gold ent- stande, wed Au,,, und Au,,, nach dem Iristabilitatssatz von FAJANS~) kurzlebige p-Strahler sein muBten.

Herrn G. RIENACKER danken wir fur eifrige und geschickte Hilfe.

l) Nature 114 (1924), 244. 2, Radioaktivitat, Braunschweig 1922, S. 93.

Mumchen,, Cheniisches Laboyatorium der Bayerischen Akademie der Wissenschaftert.

Bei der Redaktion eingegangen am 16. Juni 1925.