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Kommunikation 352 Dipl.-Kfm. Tobias Bernecker ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Organisation an der Universität Stuttgart Professor Dr. Michael Reiß ist Inhaber des Lehrstuhls für Organisation an der Universität Stuttgart Tobias Bernecker/Michael Reiß Kommunikation als Instrument des Change Managements im Urteil von Change Agents Kommunikation im Wandel zfo 71. Jg. (2002), Heft 6, Seite 352 – 359 Die Kommunikationspolitik stellt einen kritischen Erfolgs- faktor für jedes Change-Vorha- ben dar. Aktuelle empirische Erkenntnisse über die einge- setzten Instrumente sowie deren Effektivität und Effizienz sind nur lückenhaft vorhanden. Eine hier vorgestellte Befragung von Change Agents verdeutlicht, dass die Kommunikationspolitik im Wandel offenbar selbst einem Wandel unterliegt. Dafür sind nicht primär die neuen elektronischen Medien wie E- Mail und Intranet verantwort- lich. Vielmehr zeichnet sich ein Übergang auf die interaktive Zweiweg-Kommunikation auf der Basis von change-spezifi- schen Kommunikationsinstru- menten ab. Werkzeuge der Implementierung Change Management ist im Zeit- alter der Net-Economy zur Regel geworden. 1 Der richtige Umgang damit gehört zum täglichen Ge- schäft. Dies gilt sowohl für die damit konfrontierten Führungs- kräfte als auch für die Betroffe- nen. Beide sind nahezu ständig in Prozesse der bewussten Verände- rung von Strukturen, Vorgängen und Verhaltensweisen eingebun- den. Der Veränderungsprozess läuft in typischen Phasen ab. 2 Als Bin- deglied zwischen der Planung eines Change-Vorhabens und sei- ner Realisation kommt der Imple- mentierung im Phasenschema be- sondere Bedeutung zu: Sie ist für die Herstellung von Harmonie zwischen dem Veränderungskon- zept und dem betroffenem Kon- text (z.B. Mitarbeiter, Systeme, Strukturen, Prozesse) verantwort- lich. Zur Beherrschung dieser Aufgabe steht ein Spektrum von akzeptanzfördernden Instrumen- ten zur Verfügung: Neben den primär für das Kennen einer Ver- änderung zuständigen Kommuni- kationsinstrumenten umfasst die- ses die Qualifikationsinstrumente, die Motivationsinstrumente und die Organisationsinstrumente zur Gestaltung der Übergangsorgani- sation (vgl. Abb. 1). 3 Aus diesem Handwerkszeug Änderungs- fähigkeit Akzeptanz der Änderung Änderungs- bereitschaft Kennen Wollen Sollen • Information • Kommunikation • Nutzung der Regelwege • Sonderaktivititäten • ... • Intrinsische Anreize • Extrinsische Anreize • Gegengeschäfte • Transparenz • ... • Projektorganisation • Promotoren • Partizipation • Begleitung • ... Kommunikations- instrumente Qualifikations- instrumente Motivations- instrumente Organisations- instrumente Können • Fachkompetenz • Methodenkompetenz • Sozialkompetenz • ... Abb. 1: Instrumente der Implementierung

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Kommunikation

352

Dipl.-Kfm. Tobias Bernecker ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Organisation an der Universität Stuttgart

Professor Dr. Michael Reißist Inhaber des Lehrstuhls für Organisation an der UniversitätStuttgart

Tobias Bernecker/Michael Reiß

Kommunikation als Instrument des Change Managementsim Urteil von Change Agents

Kommunikation im Wandel

zfo 71. Jg. (2002), Heft 6, Seite 352 – 359

Die Kommunikationspolitikstellt einen kritischen Erfolgs-faktor für jedes Change-Vorha-ben dar. Aktuelle empirischeErkenntnisse über die einge-setzten Instrumente sowie derenEffektivität und Effizienz sindnur lückenhaft vorhanden. Einehier vorgestellte Befragung vonChange Agents verdeutlicht,dass die Kommunikationspolitikim Wandel offenbar selbsteinem Wandel unterliegt. Dafürsind nicht primär die neuenelektronischen Medien wie E-Mail und Intranet verantwort-lich. Vielmehr zeichnet sich einÜbergang auf die interaktiveZweiweg-Kommunikation aufder Basis von change-spezifi-schen Kommunikationsinstru-menten ab.

Werkzeuge der Implementierung

Change Management ist im Zeit-alter der Net-Economy zur Regelgeworden.1 Der richtige Umgangdamit gehört zum täglichen Ge-schäft. Dies gilt sowohl für diedamit konfrontierten Führungs-kräfte als auch für die Betroffe-nen. Beide sind nahezu ständig in

Prozesse der bewussten Verände-rung von Strukturen, Vorgängenund Verhaltensweisen eingebun-den.

Der Veränderungsprozess läuftin typischen Phasen ab.2 Als Bin-deglied zwischen der Planungeines Change-Vorhabens und sei-ner Realisation kommt der Imple-mentierung im Phasenschema be-sondere Bedeutung zu: Sie ist fürdie Herstellung von Harmoniezwischen dem Veränderungskon-zept und dem betroffenem Kon-text (z.B. Mitarbeiter, Systeme,Strukturen, Prozesse) verantwort-lich. Zur Beherrschung dieserAufgabe steht ein Spektrum vonakzeptanzfördernden Instrumen-ten zur Verfügung: Neben denprimär für das Kennen einer Ver-änderung zuständigen Kommuni-kationsinstrumenten umfasst die-ses die Qualifikationsinstrumente,die Motivationsinstrumente unddie Organisationsinstrumente zurGestaltung der Übergangsorgani-sation (vgl. Abb. 1).3

Aus diesem Handwerkszeug

Änderungs-fähigkeit

Akzeptanz derÄnderung

Änderungs-bereitschaft

Kennen Wollen Sollen

• Information• Kommunikation• Nutzung der Regelwege• Sonderaktivititäten• ...

• Intrinsische Anreize• Extrinsische Anreize• Gegengeschäfte• Transparenz• ...

• Projektorganisation• Promotoren• Partizipation• Begleitung• ...

Kommunikations-instrumente

Qualifikations-instrumente

Motivations-instrumente

Organisations-instrumente

Können

• Fachkompetenz• Methodenkompetenz• Sozialkompetenz• ...

Abb. 1: Instrumente der Implementierung

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der Implementierung sollen hierschwerpunktmäßig die Kommu-nikationsinstrumente herausge-griffen werden. Innerhalb derUmsetzungskompetenz kommtihnen zentrale Bedeutung für dieInitiierung, Konzipierung undStabilisierung einer Veränderungzu.4 Empirische Studien belegennämlich, dass Kommunikations-defizite regelmäßig den Haupt-grund für das Scheitern von Ver-änderungsvorhaben darstellen.5

Um eine empirisch fundierteEinschätzung der regelmäßig inVeränderungsvorhaben zum Ein-satz kommenden Kommunika-tionsinstrumente geben zu kön-nen, wurde im November 2001eine Reihe Führungskräfte, Pro-jektmanager und Berater gebeten,ihre Einschätzungen einer moder-nen Kommunikationspolitik dar-zulegen. Die Befragten tragen re-gelmäßig für strukturelle Verän-derungsprozesse Verantwortung,die zwischen zehn und mehr als250 Mitarbeiter betreffen. SolcheVeränderungen von Prozessen,IT-Systemen oder Organisations-strukturen machen zumeist denHauptteil der zu leistenden Imple-mentierungsarbeit aus.6 Es wur-den 25 ausgewählte ChangeAgents persönlich zum Ausfüllendes Fragebogens motiviert, 23vollständig ausgefüllte Fragebö-gen konnten ausgewertet werden.Der Fragebogen wurde teilweisestandardisiert, um Tendenzaussa-gen zu den Zielen des ChangeManagements sowie zu Häufig-keit und Wirksamkeit der zumEinsatz kommenden Kommuni-kationsinstrumente zu ermög-lichen. Teilweise wurden die Fra-gen auch offen formuliert, um ge-nügend Raum für persönlicheEinschätzungen und Anmerkun-gen zu lassen. Abgefragt wurdencharakteristische Aspekte derKommunikation wie ihre Bedeu-tung, die Qualität, das Maß derInteraktivität oder die vertrauens-bildende Wirkung. Diese Aspektestellt beispielsweise auch der

gen Sparten des Change Manage-ments, da ohne wechselseitigenInformationsaustausch weder dieQualifikation der Betroffenen,noch eine vollständige Motiva-tion oder die Organisation einerVeränderung möglich ist.10

Ein internes Implementie-rungsmarketing rückt die relevan-ten Zielgruppen in den Mittel-punkt einer stimmigen Kommuni-kationspolitik, insbesondere wennein Veränderungskonzept durchwenige Träger einer Veränderungverhältnismäßig vielen Beteiligtenzu verkaufen ist.11 Maßnahmenwirken nur dann, wenn sie bei denrichtigen Personen auf Interessestoßen. Diese Aufgabe wird imMarketing unter anderem auf demWeg einer Personalisierung vonInstrumenten gelöst, d.h. durchderen individuelle Ausgestaltung.Während Individualisierung ten-denziell der Effektivität (»richti-gen Wandel gestalten«) und dortinsbesondere der Akzeptanzförde-rung zuträglich ist, verursacht sieandererseits hohe Kosten und istsomit unter Effizienzgesichts-punkten (»Wandel richtig gestal-ten«) kritisch zu sehen.

Erkennbar ist, dass nach Mei-nung der befragten ChangeAgents die Effektivitätsziele imVordergrund der Change-Vorha-ben stehen (vgl. Abb. 2). Diesmacht die Bedeutung der Akzep-tanz und der Partizipation deut-lich. Eine geringere Rolle wird hin-

standardisierte Fragebogen Kom-minO zur Kommunikation in Or-ganisationen in den Vorder-grund,7 der seinerseits auf einemenglischsprachigen »Organizatio-nal Communication Questionnai-re«8 aufbaut. Allerdings habensich zwischenzeitlich durch ak-tuelle Entwicklungen, insbeson-dere durch die zunehmende Ver-breitung elektronischer Kommu-nikationsinstrumente wie E-Mail,Intranet oder Diskussionsforen,einige neue Aspekte für die Kom-munikation ergeben.9 Dies giltauch bzw. besonders im Manage-ment des Wandels, weshalb eineerneute Beschäftigung mit dieserThematik erforderlich scheint.

Kommunikation im ChangeManagement

Kommunikation im Change Ma-nagement unterscheidet sich ineiner Reihe von Parametern vonder Regelkommunikation inner-halb der Unternehmung. Als In-strument des Veränderungsmana-gements soll sie Aufmerksamkeiterzeugen, gleichzeitig zur Diag-nose dienen und auch Träger derVeränderungsbotschaft sein. Mit-unter verursacht die Summe die-ser Anforderungen, dass die Son-derkommunikation die Bedeu-tung der Regelkommunikationdeutlich übersteigt. Erst intensiveKommunikationsprozesse erlau-ben die Vermittlung der drei übri-

Abb. 2: Ziele des Change Managements

4,3%

95,7%

65,2%

26,1%

8,7%

30,4%

60,4%

8,7%

13,0%

60,9%

26,1%

30,5%

39,1%

4,3%

26,1%

22,7%

72,7%

4,6% als Ziel unbedeutend

als Ziel von geringerBedeutung

als Ziel wichtig

als Ziel sehr wichtig

Dosierung derInformationen

Dauer derMaßnahme

Kosten derMaßnahme

Personali-sierung der

Maßnahmen

Partizipationder

Betroffenen

Akzeptanz beiden Betroffenen

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gegen den effizienzfokussiertenParametern Zeit und Kosten beige-messen. Diesen kommt in wenigerals einem Drittel der Fälle eine sehrhohe Bedeutung zu. Währenddann allerdings fast alle Befragtender Meinung sind, dass die Dauereiner Veränderungsmaßnahme zu-mindest wichtig ist, sind dies beiden Kosten immer noch wenigerals drei von vier Befragten. DieErgebnisse bestätigen hier andereUntersuchungen, die zu ähnlichenResultaten gelangen.12 Allerdingsist zu beachten, dass nicht schondie isolierte Fokussierung auf ein-zelne Ziele, sondern vielmehr erstein stimmiger »Kriterienmix«13 denErfolg eines Implementierungs-vorhabens sicherstellt.

Erfolg und Misserfolg einerVeränderung hängen aber nichtnur vom Zielsystem, sondernauch von der Vermittlung derrichtigen Informationen im Ver-lauf des Veränderungsprozessesab. Dort haben sich insbesonderedrei Komplexe herauskristallisiert:

Gründe einer Veränderung: Wich-tig ist, alle Betroffenen darüberaufzuklären, weshalb eine Verän-derung erforderlich wird. Häufigkommen hier geänderte Umsys-tem- und Wettbewerbsbedingun-gen (z.B. Euro-Einführung, euro-päischer Binnenmarkt, Globalisie-rung), eine veränderte Unter-nehmenssituation (zB. M&A-Akti-vitäten, strategische Neupositio-nierung) oder auch eine proaktiveVermeidung von Stillstand imUnternehmen in Betracht.14

Inhalte einer Veränderung: Umeine umfassende Akzeptanz füreine Veränderung schaffen zukönnen, muss diese in ihrem Um-fang klar umrissen werden. Hierzuzählt, ob es sich um globale, un-ternehmensweite oder lokale, aufden einzelnen Arbeitsplatz oderdie Abteilung bezogene Verände-rungen handelt, ob die Einfüh-rung Pilotfunktion übernehmensoll, welche Strukturen oder Pro-

tion von den Mitarbeitern an dieVorgesetzten dar.

Für das erfolgreiche Manage-ment von Veränderungen reichteine solche Einweg-Informations-politik allerdings nicht aus.15 Viel-mehr ist ein gegenseitiger Wis-sens- und Erfahrungsaustauscherforderlich, der von der damitverbundenen Datenrückkopplungprofitiert. So kommen auch Diag-nose- und Motivationseffekte zumTragen.16 Um ein effizientes Chan-ge Management zu gewährleisten,darf Interaktion zudem nicht nurauf den bereits im Unternehmenvorhandenen Kommunikationsin-strumenten beruhen. Vielmehr istdie Einbeziehung von Sonderakti-vitäten und neuen Techniken er-forderlich (vgl. Abb. 3).

Allerdings werden durch einederartige Entwicklung speziel-ler Kommunikationsinstrumenteauch zusätzliche Akzeptanzbar-rieren aufgebaut, da nicht nur dieVeränderung selbst, sondern auchdie Methode ihrer Vermittlung fürdie Betroffenen unbekannt ist.Eine besondere Gefahr bergenhier die elektronischen Kommu-nikationsinstrumente. Beziehtsich ein Change-Vorhaben bei-spielsweise auf ein IT-Redesignoder die Einführung von E-Servi-ces, wird rasch die Gefahr einerFrühstart-Falle heraufbeschwo-ren: Die Veränderung wird durchsie selbst einzuführen versucht.17

Die Gefahr eines Scheiterns zeigtsich hier besonders deutlich beiälteren Arbeitnehmern.18

Beim Abbau von Akzeptanz-barrieren ist insbesondere eineVorreiterrolle des Managementsgefragt, indem dort aktiv von derneuen Technik Gebrauch ge-macht wird.19 Zu beachten istaber, dass Regelkommunikationoftmals glaubwürdiger ist alsspeziell initiierte Sonderaktivitä-ten. Diesem Vorteil muss jedochdie schwache Aufmerksamkeits-wirkung der Regelkommunika-tion als Effektivitätsnachteil ent-gegengesetzt werden.

zesse betroffen sind, und in wel-cher Weise diese verändert werdensollen, z.B. in einem inkrementel-len Prozess oder aber gestuft.

Folgen einer Veränderung: Fürden einzelnen Betroffenen stehtim Vordergrund, wie sich eineVeränderung auf ihn persönlichund sein unmittelbares Arbeits-umfeld auswirkt. Von Interessesind hier z.B. Veränderungen derBelegschaftsgröße, Umsetzungeninnerhalb des Betriebs oder eineNeuverteilung von Aufgabendurch ein Change-Vorhaben.

Die Teilnehmer der Befragungbeziehen alle drei Punkte gleich-ermaßen und nahezu lückenlos inden Kommunikationsprozess mitein. Während allerdings in nahezujedem Veränderungsprozess aus-führlich über die erzielten Erfolgeberichtet wird, stehen die Verant-wortlichen der Offenlegung vonProblemen und Misserfolgen weitskeptischer gegenüber. Nur jederzweite Misserfolg wird den betrof-fenen Personen auch mitgeteilt.Zur Kommunikation von Erfolgenwird hingegen auch die regelmä-ßige Information darüber gezählt,wie sich der laufende Verände-rungsprozess im Verhältnis zu deneinschlägigen Benchmarks posi-tioniert.

Kommunikations-Infrastrukturen

Der einfachste im nachrichten-technischen Kommunikationsmo-dell beschriebene Kommunika-tionsprozess kennt nur die Ein-weg-Übertragung von Botschaf-ten. In Unternehmen finden sol-che Vorgänge täglich statt. ImChange Management kommt einesolche einfache Information derMitarbeiter meist durch Broadcas-ting, z.B. in Form von Artikeln inder Mitarbeiterzeitschrift, durchAushänge oder über E-Mail-Newsletter zum Einsatz. Ein realeroder virtueller »Change-Kummer-kasten« stellt ebenfalls eine Mög-lichkeit der Einweg-Kommunika-

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zunehmend angezweifelt. Keinerder befragten Führungskräftewollte ihnen noch eine sehr guteWirkung attestieren. Auf deranderen Seite beurteilen aberauch weniger als fünf Prozentden Einsatz moderner, per E-Mailversendeter Newsletter bereits alssehr gut. Diese noch etwas ver-haltene Einstellung gegenüber E-Mails bei Veränderungsprojektenzeigt sich auch in der Einschät-zung ihrer Wirksamkeit. Dennochwerden sie zunehmend versandt,was auf die Bequemlichkeit, denKomfort und die Geschwindigkeitzurückgeführt werden kann. Ge-schwindigkeit sichert nicht zu-letzt die Aktualität des Inhalts, diedie meisten Print-Medien nichtgarantieren können. Kein Zu-sammenhang konnte zwischender Größe des Veränderungspro-

jekts und dem Einsatz von E-Mails festgestellt werden. Insge-samt kommt aber nur noch einesvon zehn Projekten heute voll-ständig ohne diese elektronischeForm der Unterstützung aus.

Hingegen verzichtet jeweilsnahezu ein Drittel der Führungs-kräfte bereits auf den Einsatz vonAushängen und die Mitarbeiter-zeitschrift für das Change Mana-gement. Ausgedient hat die Mit-arbeiterzeitschrift dennoch nicht.Sie kommt aber nahezu aus-schließlich in größeren Unterneh-men und für Berichte über größe-re Veränderungsvorhaben zumEinsatz. Nach wie vor wird an ihrdie physische Verfügbarkeit ge-schätzt, die die Möglichkeit desdirekten »in den Händen Haltens«der Veränderungsbotschaft bie-tet.

Nutzung der vorhandenenKommunikations-Infrastruktur

Zweiweg-Kommunikation

Einweg-Information

Entwicklung speziellerKommunikationsinstrumente

Geschäftsbericht

Mitarbeiterzeitschrift

AushängeNewsletter per E-Mail

KummerkastenPressemitteilungen

SonderausgabeMitarbeiterzeitschrift

Kongressbesuche

Business-TV

Mitarbeiter-befragungen

Broschüren

Videos

Flugblätter

Songs

Intranet

Abteilungsbesprechungen

Offene Türen

Regel-Betriebsversammlung

Mitarbeitergespräche

Gremiensitzungen

Sprechstunden vonFührungskräften

Sonder-Betriebsversammlung

WorkshopsBetriebsbesichtigung

Infobörsen/-märkte/-tage

Kick-Off-VeranstaltungenRoadshows

Survey-feedback

Abb. 3: Kommunikations-instrumente für dasChange Management

Abb. 4: Einsatz und Wirkung vorhandenerEinweg-Information

27,3%

36,4%

22,7%

gering

durchschnittlich

gut

sehr gut

Newsletter perE-Mail

9,1%

4,5%

4,8%

38,1%

38,1%

4,8%

14,2%

8,7%

34,8%

8,7%

Aushänge an»Schwarzen Brettern«

30,4%

17,4%

14,3%

23,8%

4,8%

57,1%

18,2%

27,3%

13,6%

Veröffentlichung inder Mitarbeiterzeitschrift

27,3%

13,6%

10,0%

20,0%

40,0%

15,0%

15,0%

selten

manchmal

oft

immer

sehr geringnie

Häufigkeitdes Einsatzes

Wirksamkeit imChange Management

Vorhandene Einweg-Informationsinstrumente

Aufgrund ihrer Verankerung inden ordentlichen Kommunika-tionswegen zeichnen sich dievorhandenen Informationskanäledurch einen hohen Verbreitungs-grad in den Unternehmen aus. Siestellen kostengünstige, weit ver-breitete Instrumente der Kommu-nikation dar, die regelmäßig zurImplementierung von Verände-rungen herangezogen werden.Allerdings wird ihnen durch diebefragten Change Agents nureine durchschnittliche Wirksam-keit zugesprochen (vgl. Abb. 4).

Besonders schlecht schneidendie klassischen Aushänge(»schwarze Bretter«) ab. Zwar fin-den sie noch regelmäßig Verwen-dung, doch wird ihre Wirksamkeit

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tausch zwischen Promotoren einerVeränderung und Rezipienten fin-det unmittelbar statt. Entspre-chend stehen die Kommunika-tionsinstrumente, obwohl teurerund aufwändiger als eine reineInformationspolitik, bei den Be-fragten hoch im Kurs (vgl. Abb. 6).

Einzelgespräche über Verände-rungen können entweder in dieregulär vorgeschriebenen Mitar-beitergespräche integriert seinoder aber als spezifische Sonder-aktivität im Rahmen eines Ver-änderungsvorhabens angebotenwerden. Nirgendwo sonst, dashaben die Ergebnisse gezeigt,kommen die Sorgen und Ängste,die von den betroffenen Mitarbei-tern mit einer Veränderung asso-ziiert werden, besser zum Vor-schein. Der vertrauliche Aus-tausch schafft einen idealen Rah-men. Ziel aus Sicht der Vorgesetz-ten muss es sein, in dieser Atmo-

sphäre dem Betroffenen die Ver-änderung plastisch und verständ-lich aufzuzeigen, Gefühle zuwecken und die Werte der Verän-derung zu vermitteln. Auch kön-nen kritische neue Kernprozessein realitätsnahen Situationen er-probt und durchgespielt werden.Dieser hohen Wirksamkeit stehtaber ein beträchtlicher Zeitauf-wand insbesondere bei großenProjekten gegenüber. Zeit stelltoftmals den entscheidenden Eng-pass eines Veränderungsprojektsdar. Dennoch müssen gerade dieverantwortlichen Top-Managerpersönlich zur Verfügung stehen,um die Glaubwürdigkeit des Vor-habens zu erhalten. Je wichtigerdie Akzeptanz der Betroffenen,umso unabdingbarer sind solcheEinzelgespräche.

Regelmäßige Abteilungsmeet-ings eignen sich insbesondere beilokalen Veränderungen ebenfalls

Abb 5: Einsatz und Wirkung spezieller Einweg-Information

30,4%

gering

durchschnittlich

gut

sehr gut

Einzelgespräche

73,9%

21,8%

4,3%

36,4%

54,5%

9,1%

Abteilungs-meetings

34,8%27,3%

31,8%

18,2%

Kommunkationüber Intranet

9,1%

13,6%

9,5%

28,6%

38,1%

4,8%

19,0%

selten

manchmal

oft

immer

sehr geringnie

Häufigkeitdes Einsatzes

Wirksamkeit imChange Management

52,2%

13,0%

47,8%

4,3%

4,3%

13,2%

30,4%

Abb. 6: Einsatz und Wirkung vorhandener Zweiweg-Kommunikation

4,5%

9,1%

36,4%

gering

durchschnittlich

gut

sehr gut

Mitarbeiter-befragungen

9,1%

40,9%

9,1%

27,3%

36,4%

4,5%

22,7%

41,0%

13,6%

Informations-broschüren

22,7%

22,7%

23,8%

38,1%

4,8%

33,3%

4,5%4,5%4,5%

Videos

68,2%

18,3%

5,6%

11,0%

16,7%

66,7%

selten

manchmal

oft

immer

sehr geringnie

Häufigkeitdes Einsatzes

Wirksamkeit imChange Management

Vorhabensspezifische Einweg-Informationsinstrumente

Im Gegensatz zu den angeführtenInstrumenten der Einweg-Infor-mation handelt es sich bei denvorhabensspezifischen Instrumen-ten um Kommunikationswerkzeu-ge, die speziell für ein bestimmtesVeränderungsprojekt entworfenwerden, auf dieses zugeschnittensind und daher im Anschluss andas Veränderungsprojekt auch nureingeschränkt weiter verwendetwerden können. Auf diese Kost-spieligkeit, verbunden mit demFehlen einer bilateralen Interak-tionsmöglichkeit, lässt sich wahr-scheinlich auch die überwiegendskeptische Beurteilung zurückfüh-ren (vgl. Abb. 5).

Besonders deutlich wird dieeingeschränkte Weiterverwend-barkeit am Beispiel speziellerVideos, die ein Veränderungsvor-haben darstellen und erläuternsollen. Sie werden kaum einge-setzt und weitgehend für unwirk-sam gehalten. Ursächlich hierfürsind hohe Kosten für Produktionund Vertrieb.20 Auch sind zuneh-mend Substitutionsmöglichkeitendurch animierte Darstellungen imIntranet gegeben. Allerdings wer-den auch spezielle Mitarbeiterbe-fragungen und die Verteilung vonInformationsbroschüren nur alsmittelmäßig beurteilt, wobei Bro-schüren – möglicherweise ausTradition – dennoch regelmäßigeingesetzt werden. Insbesonderegroße Industrieunternehmen set-zen zur Darstellung von Verände-rungen auch heute auf spezielleOrdner mit Informationspaketenfür alle Betroffenen.

Vorhandene Zweiweg-Kommunikationsinstrumente

Im Gegensatz zu Einweg-Informa-tionsinstrumenten bauen Zwei-weg-Kommunikationsinstrumenteauf der Bilateralität von Beziehun-gen auf. Der als extrem wichtigempfundene unmittelbare Aus-

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sönlichen Anwesenheit von Pro-jektverantwortlichen und Macht-promotoren (z.B. Vorstandsmit-gliedern). Auch ermöglichenWorkshops, verstanden als ge-meinsame Arbeitstreffen, die Dis-kussion der von den Vorhabens-verantwortlichen formuliertenAnforderungen, aber auch eingezieltes Eingehen auf die Wün-sche der Mitarbeiter. Schließlichliegen sie für alle Beteiligten ineinem überschaubaren – und beiVorliegen einer Agenda schon imVoraus genau definierten – Zeit-rahmen. Weiterhin steht die Häu-figkeit der Durchführung vonWorkshops in einem engen Ver-hältnis zu den Kommunikations-kosten: Je wichtiger die Kostenals Ziel der Implementierungsind, umso eher wird auf kosten-intensive Workshops verzichtet.

Ein gemeinsamer Start in einneues Projekt sorgt für großeOffenheit diesem Vorhaben ge-genüber. Die Beteiligten werdeninsbesondere über die zeitlicheDimension informiert und nichtdurch eine unangekündigte Ver-änderung überrascht. Zudemkann einer Diffusion von inoffi-ziellen Informationen vorgebeugtwerden.22 Kick-Off-Veranstaltun-gen eignen sich hervorragend, zuBeginn das Interesse aller auf eineVeränderung zu lenken. Gleich-zeitig ist es aber wichtigste Auf-gabe der Veranstalter eines sol-chen Kick-Offs, das gezeigteInteresse möglichst noch auf der

dazu, Vorgaben und Meinungenzu einer Veränderung auszutau-schen. Hinsichtlich der Bedeu-tung des zweiseitigen Austauschszwischen persönlichen Einzelge-sprächen und Kick-Off-Großver-anstaltungen angesiedelt, ergibtsich ein breites Einsatzgebiet.Nicht zuletzt wird eine simultaneoder knapp zeitlich versetzte Ver-mittlung der Veränderungsbot-schaft an mehrere Gruppen er-möglicht.

Vorhabensspezifische Zweiweg-Kommunikationsinstrumente

Wie das Beispiel der Einzelge-spräche illustriert, ist der Über-gang von den vorhandenen zuden spezifischen Kommunika-tionsinstrumenten fließend. Beiletzteren handelt es sich um dieaufwendigste und auch kostenin-tensivste Form der Kommunika-tion im Change Managementüberhaupt. Es sind aber insbeson-dere die hier angesiedelten Ge-meinschaftsaktivitäten zu Beginneiner Veränderung, die für daserfolgreiche Gelingen unabding-bar sind und auf deren Einsatzkaum verzichtet werden kann(vgl. Abb. 7).

Die Vorzüge von Workshopsliegen insbesondere in der direk-ten Beteiligung der Mitarbeiter,die zu Beteiligten bzw. zu Part-nern in einer »Koalition des Wan-dels«"21 werden. Hinzu kommt diemotivierende Wirkung einer per-

Abb. 7: Einsatz und Wirkung spezieller Zweiweg-Kommunikation

39,2%

26,1%

13,0%

gering

durchschnittlich

gut

sehr gut

Kick-Off-Veranstaltungen

17,4%

4,3%

42,8%

28,6%

23,8%

4,8%

30,4%

34,8%

26,1%

Workshops

8,7%

65,2%

26,1%

8,7%

13,6%

9,1%

Infobörsen undInfotage

40,9%

36,4%

27,8%

44,4%

11,1%

16,7%

selten

manchmal

oft

immer

sehr geringnie

Häufigkeitdes Einsatzes

Wirksamkeit imChange Management

Veranstaltung selbst in Akzep-tanz zu überführen. Die ersteKonfrontation mit der Verände-rung sollte überzeugen. Das Auf-kommen einer negativen Grund-stimmung ist unbedingt zu ver-meiden. Vielmehr ist anzustreben,die Betroffenen als Beteiligte auseinem Kick-Off zu entlassen.

Gerne wird auch eine »ge-mischte« Lösung praktiziert: FürFührungskräfte und Promotoreneiner Veränderung werden zu-nächst Workshops und Schulun-gen zum Kennenlernen der Grün-de und der konkreten Ausgestal-tung des Projekts veranstaltet.Dort werden z.B. die Mitarbeiter-Unterweisung, der Umgang mitdem zur Verfügung stehendenInformationsmaterial oder der of-fizielle Sprachgebrauch innerhalbdes Change-Projekts trainiert.Anschließend erfolgt die gezielteInteraktion mit den Mitarbeiternauf einer zentralen oder mehrerendezentralen Kick-Off-Veranstal-tungen.23 Durch dezentrale Lö-sungen werden die Mitarbeiterdem Veränderungsprozess dop-pelt verpflichtet. Einmal über di-rekte Informationen durch denunmittelbaren Vorgesetzten imRahmen eines abteilungsinternenKick-Offs und zusätzlich »offi-ziell« durch ein Statement dasTop-Managements z.B. in Formeiner Road-Show. Dies steigertGlaubwürdigkeit und Akzeptanzdes Vorhabens. Es ermöglicht zu-dem jedem Einzelnen, die Art undWeise der Durchführung in dereigenen Abteilung oder dem eige-nen Center mit den Absichten desTop-Managements abzugleichen.

Rolle elektronischer Medien

Ein direkter Zusammenhang zwi-schen der für einen Verände-rungsprozess zur Verfügung ste-henden Zeit und dem Einsatzelektronischer Kommunikations-instrumente ist – anders als beiden vorwiegend bei zeitkritischenVorhaben eingesetzten Road-

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attraktiv, intranet-basierte Com-munities zu den Change-Vorha-ben installieren zu können. Wirt-schaftlich ist insbesondere dieSchonung von Betriebsmittelndurch die einmalige zentrale Be-reitstellung. Probleme mit hohenHerstellungs- und Druckkosten,mit falsch dimensionierten Aufla-gen von Broschüren oder mit derVernichtung von (ungelesenem)Papier entfallen. Gleichzeitig wer-den die Mitarbeiter nicht durchzahlreiche Rundmails belästigt.Obwohl verbreitet dem Intranetder Vorzug vor Informationsme-dien wie Mitarbeiterzeitschriften,Infobriefen oder Aushängen ge-geben wird, wird es als Zweiweg-Kommunikationsinstrument den-noch skeptisch gesehen. Es istunpersönlich und kann daher Ak-zeptanzprobleme nach sich zie-hen. Daher wird es insbesonderebei kleineren Vorhaben oft abge-lehnt. Andererseits handelt es sichgerade bei Netz-Lösungen um denEinsatz eines sehr aktuellen undlebendigen Mediums, das ein na-türliches Interesse weckt, welchesgezielt zur Kommunikation ge-nutzt werden kann. Die definitiveBedeutung des Einsatzes von In-tranet-Lösungen im Change Ma-

Shows – nicht zu erkennen. Hin-gegen lässt sich schon heute einZusammenhang zwischen einerabnehmenden Zahl an Aushän-gen bzw. Rundschreiben bei zu-nehmendem Einsatz von elektro-nischen Medien feststellen, wobeibislang der Einsatz von E-Maildie Häufigkeit von Intranet-Lö-sungen übertrifft.

Der Versand von Nachrichtenbzw. Newslettern per E-Mail hatden Vorteil, schnell und kosten-günstig und selbst bei einer gro-ßen Zahl von Empfängern gutpersonalisierbar zu sein. Aus Mit-arbeiterdatenbanken lassen sichautomatisch E-Mails erzeugen,die eine persönliche Ansprache,die Abteilung des Betroffenensowie nach Bedarf weitere mitar-beiterbezogene Daten enthalten.In Verbindung mit einer Intranet-Lösung lassen sich E-Mails zu-dem nicht nur als »direktes« In-strument einsetzen. Vielmehrkönnen durch integrierte Linksauch Hinweise auf Zusatzinfor-mationen oder verfügbare Servi-ces wie ein Forum gegeben wer-den. Für das Change Manage-ment gelten allerdings Bedingun-gen, die sich von der Regelkom-munikation unterscheiden. Sosind die Möglichkeiten einer Per-sonalisierung von Nachrichtenaufgrund der Innovativität oft-mals beschränkt. Auch ist über E-Mail die Wichtigkeit einer Nach-richt nicht so leicht vermittelbar.Vielmehr besteht die Gefahr, dassdie Veränderungsbotschaft in derMasse der täglich empfangenenE-Mails untergeht. Mit diesen Ar-gumenten wurde auch von denbefragten Führungskräften über-wiegend ihre verhaltene Begeiste-rung für den Einsatz von E-Mailsbei Veränderungsvorhaben be-gründet.

Intranet-Lösungen verkörpernein modernes asynchrones Kom-munikationsmedium, das signifi-kante Vorteile in Veränderungs-prozessen aufweist. Unter Effekti-vitätsaspekten erscheint vor allem Abb. 8: Ranking der untersuchten Kommunikationsinstrumente

Einzelgespräche

Abteilungsmeetings

Kick-Off-Veranstaltungen

Workshops

Newsletter per E-Mail

Aushänge an»Schwarzen Brettern«

Kommunikation über Intranet

Mitarbeiterbefragungen

Veröffentlichung in der Mitarbeiterzeitschrift

Infobörsen und Infotage

Informationsbroschüren

Videos

1

2

3

4

5

6

6

8

9

10

11

12

95,7

87,0

71,5

65,2

42,9

38,1

38,1

36,4

30,0

27,8

23,8

5,6

2

1

3

3

5

9

6

10

8

10

7

12

78,2

90,9

65,2

65,2

63,3

43,5

59,1

13,6

45,5

13,6

54,5

9,0

»kommt oft oderimmer zum Einsatz«

»hat mindestens eine gute Wirkung«

Kommunikationsinstrument Einsatz-HäufigkeitWirksamkeit

Rang Prozent Rang Prozent

nagement ist somit zum Teil im-mer noch nicht abschätzbar.24

Elektronische Lösungen scheineneinerseits bisher weder Substitu-tionsfunktion übernehmen zukönnen, noch wollen die ChangeAgents andererseits länger auf sieverzichten.25

Fazit

Die befragten Change Agentssehen die Zukunft von exzellen-ten, d.h. sowohl effizienten alsauch effektiven Kommunikati-onsprozessen im Change Mana-gement überwiegend in der Zwei-weg-Interaktion zwischen Initia-toren und Betroffenen bzw. Betei-ligten. Noch dominieren hier aberdie konventionellen Face-to-Face-Instrumente, insbesondere Kick-Off-Meetings, Gespräche undWorkshops (vgl. Abb. 8).

Die Kommunikation selbst istim Wandel begriffen. Dabei gehtes aber gemäß der Einschätzungder befragten Experten wenigerdarum, möglichst rasch einendirekten Weg von den konventio-nellen zu den elektronischenInstrumenten zu finden. Vielmehrführt der Pfad weg von der Nut-zung vorhandener Infrastruktu-

Page 8: Tobias Bernecker/Michael Reiß Kommunikation im …orgportal.org/fileadmin/media/legacy/zfo_6_2002_Bernecker_Rei_.pdf · Kommunikation 353 zfo 6/2002 der Implementierung sollen hier

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organisatorischer Wandel: ein Ansatzfür ein effizientes Kommunikations-management im Veränderungspro-zess, Wiesbaden 1997 sowie Mohr,N./Woehe, J.M.: Widerstand erfolg-reich managen. Professionelle Kom-munikation in Veränderungsprojek-ten, Frankfurt 1998.

13 Nippa, M.: Erfolgsfaktoren organisa-torischer Veränderungsprozesse. In:Nippa, M./Scharfenberg, H. (Hrsg.):Implementierungsmanagement, Wies-baden 1997, S. 21-58.

14 Vgl. Doppler, K./Lauterburg, C.: ChangeManagement, 9. Aufl., Frankfurt 2000.

15 Vgl. beispielweise Wohlgemuth, A.:Erfolgreich eine neue Struktur einfüh-ren. In: io management 58. Jg., 1989,Nr. 7/8, S. 39-44; Bitzer, B.: DieDatenrückkopplung. In: Personal 45.Jg., 1993, Nr. 12, S. 579-581 oderGrasse, R.: Kommunikation stattInformation. In: Personalwirtschaft26. Jg., 1999, Nr. 5, S. 68-70.

16 Vgl. Benz, M.: Partizipation undKommunikation als Motivatoren. In:Zeitschrift Führung und Organisation69. Jg., 2000, Nr. 1, S. 92-96 sowiePicot, A./Reichwald, R./Wigand, R.:Die grenzenlose Unternehmung, 4. Aufl., Wiesbaden 2001, S. 77ff.

17 Die Idee der Frühstart-Falle gehtzurück auf Scott-Morgan, P.: Theunwritten rules of the game, NewYork et al. 1994.

18 Vgl. Brink, H.-J./Pfau, W.: Führungs-struktur und multimediale Techniken.In: Wirtschaftswissenschaftliches Stu-dium 25. Jg., 1996, Nr. 1, S. 2-7 sowieReiß, M.: Instrumente der Implemen-tierung. In: Reiß, M./Rosenstiel, L.v./Lanz, A. (Hrsg.): Change Manage-ment, Stuttgart 1997, S. 91-108.

19 Vgl. Schuppli, U.N.: Change Manage-ment – die Vorgesetzten in einerSchlüsselrolle. In: io-management 67. Jg., 1998, Nr. 4, S. 46-53.

20 Eine andere Ansicht als die befragtenExperten vertritt beispielweise Cour-voisier, F.: Bewegte Bilder für deninternen Wandel. In: new manage-ment 71. Jg., 2002, Nr. 1-2, S. 58-63.

21 Schirmer, F.: Reorganisationsmanage-ment, Wiesbaden 2000.

22 Vgl. Picot, A./Freudenberg, H./Gaß-ner, W.: Management von Reorgani-sationen, Wiesbaden 1999.

23 Vgl. Anwander, A.: a.a.O.24 Vgl. auch Straub, R./Jäger, W.: Neue

Plattform der Personalarbeit. In: Per-sonalwirtschaft 25. Jg., 1998, Nr. 6, S. 22-25.

25 So auch das Ergebnis einer umfassen-den Benchmarking-Studie des HumanResources Learning Center: FutureRole of IT in Business Process Reengi-neering – Benchmarking Report,Loveland 1999.

26 Vgl. Wyatt Comp.: Best Practices inCorporate Restructuring. Wyatt’s 1993Survey of Corporate Restructuring,Chicago 1993.

27 Dieser Artikel entstand in Kooperationmit der Iltis GmbH, Rottenburg/Neckar.

Anmerkungen

1 Habbel, R.W.: Faktor Menschlichkeit:Führungskultur im Zeichen der Net-Economy, Wien/Frankfurt 2001, S. 53.

2 Vgl. Kanter, R.M./Stein, B.A./Jick,T.D.: The Challenge of OrganizationalChange, New York 1992; Kobi, J.-M.:Management des Wandels, 2. Aufl.,Bern 1996; Gaßner, W.: Implementie-rung organisatorischer Veränderun-gen, Wiesbaden 1999 oder Hammer,M./Champy, J.: Reengineering theCorporation, New York 2001.

3 Vgl. Reiß, M.: Implementierung. In:Corsten, H./Reiß, M. (Hrsg.): Hand-buch Unternehmungsführung, Wies-baden 1995, S. 291-301; Reiß, M.:Instrumente der Implementierung. In: Reiß, M./Rosenstiel, L.v./Lanz, A.(Hrsg.): Change Management, Stutt-gart 1997, S. 91-108 sowie Spalink,H.: Werkzeuge für das ChangeManagement, Frankfurt 1998.

4 Vgl. Kieser, A./Hegele, C./Klimmer,M.: Kommunikation im organisatori-schen Wandel, Stuttgart 1998; Wun-derer, R./Bruch, H.: Umsetzungskom-petenz, München 2000 sowie Anwan-der, A.: Strategien erfolgreich ver-wirklichen. Wie aus Strategien echteWettbewerbsvorteile werden, 2. Aufl.,Berlin/Heidelberg 2002.

5 So z.B. Studie der Akademie für Füh-rungskräfte der Wirtschaft GmbH:Warum Veränderungsprozesse schei-tern: Ergebnisse der Akademie-Studie1999, Bad Harzburg 1999; vgl. auchWatzlawick, P./Beavin, J.H./Jackson,D.D.: Menschliche Kommunikation, 8. Aufl., Bern 1990.

6 Dieses Ergebnis zeigen u.a. die Erhe-bungen des ODR: Meeting the Chal-lenge of Change, Atlanta 1997 unddie Untersuchung des Human Resour-ces Learning Center (HRLC): BestPractices in Business Process Reengi-neering – Benchmarking Report,Loveland 1999.

7 Vgl. Sperka, M.: Zur Entwicklungeines »Fragebogens zur Erfassung derKommunikation in Organisationen«(KomminO). In: Zeitschrift für Ar-beits- und Organisationspsychologie4. Jg., 1997, S. 182-190.

8 Roberts, K.H./O’Reilly, C.A.: Measu-ring organizational communication.In: Journal of Applied Psychology 59. Jg.,1974, S. 321-326.

9 Vgl. Bruhn, M.: Multimedia-Kommu-nikation, München 1997; Frey, H.: E-Mail: Revolution im Unternehmen,Neuwied 1999 sowie Hoffmann, C.:Das Intranet: Ein Medium der Mitar-beiterkommunikation, Konstanz 2001.

10 Vgl. Kieser et al.: a.a.O.11 Vgl. Jüsche, M./Steinle, C.: Verwirk-

lichung partizipativer Führung. In:Personalwirtschaft 9. Jg., 1982, Nr. 6,S. 21-28; Bruhn, M.: Internes Marke-ting, 2. Aufl., Wiesbaden 1999 sowieBoenigk, M.: Umsetzung der integrier-ten Kommunikation, Wiesbaden 2001.

12 Vgl. Mohr, N.: Kommunikation und

ren zur Regelkommunikation hinzu speziellen Sonderaktivitätenund gleichzeitig weg von reinenBroadcasting-Medien hin zu ei-nem interaktiven Informations-austausch. Dies unterstreichtauch ein Vergleich mit Ergebnis-sen einer vor acht Jahren durchdie Wyatt Company durchgeführ-ten vergleichbaren Untersuchungaus den USA, die den Versandvon Informationsbriefen als diehäufigste Form der Kommunika-tion in Change-Vorhaben be-nennt, wohingegen die Wirksam-keit z.B. von Meetings und Kick-Offs noch verhalten beurteiltwird.26 Abgelehnt wird von denExperten außerdem eine Reiz-überflutung durch eine Überdosisan Einzelinformationen. Viel-mehr werden komplexe und teureKommunikationsinstrumente be-vorzugt, die schon aufgrund ihrerKosten eine sorgfältige Arbeit derChange Agents nahe legen. Dieswiederum fördert die Qualität derKommunikation insgesamt undleistet so einen entscheidendenBeitrag zur erfolgsförderlichenAkzeptanz des Change Manage-ments.27

Summary

Communication politics repre-sents a critical success factor foreach change project. Currentempirical research on the assig-ned instruments as well as ontheir effectiveness and efficien-cy is only incompletely availa-ble. A questioning of changeagents, presented here, clarifiesthat communication politics inchange management obviouslychanges itself. But not primarilythe new electronic media areresponsible, such as E-Mail andIntranet. Rather a transition tointeractive two-way communica-tion on the basis of change spe-cific communication instrumentsemerges.