täbris, persiens tor die ausschaltung baraks in prag

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Satnsta-rj, 24. Februar 196t Blatt 3lette<;3ürdjcr Leitung Morgenausgabe Nr. 716 Täbris, Persiens geschlossenes Tor A. H. Täbris ist eine jener Ortschaften, von denen man sich ein Bild macht, noch bevor man sie gesellen hat. Der Name hat einen romantischen Klang. Man hat vielleicht von der Blauen Moschee von Täbris gehört; man hat Bilder der großen Ziegelsteinbastionen der Zitadelle gesehen, oder man hat von der Dyna- stie der «Schwarzen Schafe» gelesen, die einst Asien von Täbris aus regierten. So erwartet man etwas zu finden wie Alcppo, eine alte Handelsstadt mit großen Basaren, vielleicht baufälligen, aber doch mächtigen Gebäuden, Karawansarais. Palästen, Moscheen, Khans, einem Stadtwall. Vergangener Glanz Wenn man ankommt, ist es ganz andere. Zuerst fallen die AVeite und die Leere der Stadt auf: nicht enden wollende breite, gerade Alleen, mit schmächtigen Bäumchen bepflanzt und an unendlichen Mauern vorbeiführend, hinter denen sich verwilderte Gärten, weite Höfe oder einfach leere Bauplätze verstecken; ein- und zweistöckige Ziegelsteinhäuser, nicht alt und nicht neu, begleiten den Reisenden vom Bahnhof, weit draußen am Stadtrand, bis in ein Zentrum hinein, das wenig Beson- deres an sich hat, weder monumentale Ge- bäude noch enge Altstadtgassen, noch öffent- liche Gärten und Anlagen. Nur mit Mühe kann man erkennen, daß man im Stadtmittel- punkt angekommen sein muß. Man geht auf die Suche nach einer Altstadt und findet sie nicht; zahlreiche Erdbeben haben Täbris immer wieder von neuem zerstört. Nur mit Hilfe des Stadtplans kann man schließlich die Zitadelle auftreiben. Von einer der Durchgangsstraßen mit Backsteinhäusern und bescheidenen, ländlich wirkenden Läden führt eine enge Passage zwischen zwei solchen gewöhnlichen Häusern hindurch in einen weit offenen, sandigen Hinterhof, in dem man ein paar dürftige Blumenbeete angelegt hat. Da- hinter erheben sich die Ziegelsteinmassen der früheren Zitadelle. Nicht mehr als eine Längs- wand ist stehen geblieben, aus gewaltigen, fünf- und sechs Meter dicken Backsteinwällen und Stützmauern zusammengefügt. Vor einem Gedenkmal für die Gefallenen der letzten Be- freiung von Täbris, als im Dezember 1946 die persische Armee das Satellitenregimc Pische- varis austrieb, das die Russen eingesetzt hat- ten, werfen ein paar Schulknaben ihren Ball hin und her. Die berühmte Blaue Moschee, zwei Storn- chen im Baedeker, erweist sich als eine noch größere Enttäuschung. Nachdem man sie hinter ihrer Mauer im Hinterhof einer andern Dui'chgangsstraßc aufgespürt hat, stellt man fest, daß offenbar irgendwelche religiösen Be- hörden Restaurations- und Wiederaufbauver- suche mit ihr angestellt haben und daß ihnen über der Arbeit das Geld ausgegangen sein muß. Man findet die alten Mauer- und Deko- rationsreste von einer Betonkuppel überdeckt lind umgeben von einer bauplatzartigen An- sammlung halbfertig gegossener Bogengänge aus Zement und rotgestriebenen Eisenbalken, das Ganze totenstill, verriegelt und unzugäng- lich. Ein Portal aus der alten Zeit mit Kachel- verzierungen, die einst blau gewesen sein müs- sen, kann man von der Hintergasse aus durch ein grüngestrichenes Eisengitter hindurch be- trachten. Im Basar Basare enttäuschen nie so sehr; das Leben darin, die Menschen in ihren verschiedenen Kleidungen und mit all ihren Waren, entschä- digen bis zu einem gewissen Grad für den Mangel an monumentaler Baukunst, und die Buntheit der angebotenen Waren hilft dar- über hinweg, daß doch sehr viele davon billige Fabrikerzeugnissc sind. In Innenhöfen mit barocken Verzierungen aus der Kajarenzeit lagern die Täbris-Teppiohe, gewaltige Knüpf- werke mit Rankenmotiven und zentralem Me- daillon, oft mehr prachtvoll als künstlerisch vollendet, haltbar, dichtwollig, buntgefärbt und beliebt in den Empfangshallen und Staatsräumen persischer Villen. Sie sind zu groß, um in den Büdchen ihrer Verkäufer Platz zu finden und werden deshalb in gewal- tigen Rollen in besondern Innenhöfen ge- lagert, während ihre Besitzer und Verkäufer sie durch die Glasscheiben ihrer Verkaufsbüd- chen, eines neben dem andern in die Seiten- wändc des Khans eingelassen, im Auge behal- ten. Ein jeder sitzt mit seinem Zählrahmen, auf dem die Perser mit blitzschnellen Hand- bewegungen die kompliziertesten Rechnungen durchführen können, und mit seinem Teeglas und Rechnungsbuch vor seinem Schreibtisch und schaut, von allerhand Freunden und Be- suchern umgeben, nach Kunden aus. In keiner andern persischen Stadt sind so wenig Frauen zu sehen; man kann einen Tag auf den Straßen herumgehen und bloß ein Dutzend Frauen zu Gesicht bekommen, und auch sie nur in der Form von tiefversch leier- ten schwarzen Bündeln, während man in der gleichen Zeit mit vielen Hunderten von Män- nern den Weg gekreuzt hat. Dies, so wird einem erklärt, hat mit dem besonders engen religiösen Puritanertum der Täbriser zu tun. Ihr leidenschaftlicher Schiismus trennt sie von ihren sunnitischen Nachbarn in der Tür- kei, während ihre Sprache, ein türkischer Dia- lekt, sie von den 'Persern unterscheidet. Iso- liert, so erklärt man mir, haben sie sich hinter einer etwas bigotten Religion konservativer Färbung in die engen Bereiche des traditio- nellen Lebens zurückgezogen. Wer Kapital hat oder Unternelumingslust, wer etwas werden will, wandert nach Teheran aus. In Täbris hat es sich sogar als unmöglich erwiesen, eine kooperative Bank der Basarhändlcr zu grün- den; nicht weil es an Geld gefehlt hätte es »ibt ein paar schwerreiche Basarfamilien , sondern weil ein Geschäftsmann dem andern mißtraut und seine Gewinne am liebsten in Geld, in Landbesitz und in Teppichen anlegt. Geschichtliche Wechselfälle So ist esallcrdings nicht immer gewesen; m vergangenen Jahrhundert war Täbris die größte Stadt Persiens und der Ausstrahlungs- tmnkt aller Modernisierungsbestrebungen. Im Spätmittelalter hatte es jeweilen dem persi- schen oder dem türkischen Großreich zuge- liört, wenn eines der beiden Imperien die Uebermacht über das andere besaß. Es war persisch unter Ismail, dem Gründer der Safa- vidcn-Macht, türkisch unter Selim dem Wil- len und Sulaiman dorn Prächtigen, als das Ottomanenreich seine größte Ausdehnung er- reichte, wiederum persisch unter Abbas dem Großen, dann einer ersten russischen Invasion msgesetzt, die von den Türken zurückgeschla- gen wurde, und noch einmal persisch unter \Tadir Schah, dem letzten asiatischen Eroberer, der bis Delhi vordringen sollte. Zu Beginn des 19. Jährhunderts wurde Täbris zum Zentrum des persischen Widerstandes gegen den russi- schen Drang nach Süden. Der Kajarcnkvon- prinz und Heerführer Abbas Mirza erhob die Stadt zu seinem Regierungssitz und zur Gar- nisonsstadt, in der das erste moderne Heer Persiens mit der Tlilfe von napoleonischen Offizieren und später von englischen Instruk- toren ausgebildet und eine Zeitlang durch englische «Auslandshilfe» finanziert wurde. Täbris erhielt Festungswerke, Kanonen- gießereien und Rüstungsmanufakturen euro- päischen Musters. Doch konnte Abbas Mirza. trotz großer persönlicher Tapferkeit, auf die Dauer das Vordringen der Russen nicht aufhalten. Nach Georgien (1800) fiel die Westküste des Kaspi- schen Meeres mit Baku in die Hand der zari- stischen Generäle (1812). Eine persische Gegenoffensive drang noch einmal über den Araxes bis nach Erivan vor; doch sie kam zum Stillstand, und der russische Gegenstoß führte nach zweijährigem Krieg zur Erobe- rung von Erivan und zum Fall von Täbris (1827). Um Aserbcidschan wieder freizukau- fen, mußte Persien einen demütigenden Frie- den mit Rußland schließen, in dem zunj erstenmal Ausländern, eben den Russen, ex"' territoriale Rechte in Persien zuerkannt wur- den (Turkomanchai 1828). Durch rücksichtsloses Ausnützen der in diesem Vertrag erlangten Vorteile und Vor- recht e wurde Rußland die einflußreichste Großmacht in Nordpersien, und Beunruhi- gung in London über die russische «Infiltra- tion» bewirkte Gegenmaßnahmen der briti- schen Diplomatie, die das Ziel verfolgten, Rußland von Indien und von den warmen Meeren fern zu halten. Die Aktionen der bri- tischen Ambassadoren wurden hie und da von bewaffneten Expeditionen unterstützt: 1837 Kampf um die Kontrolle von Herat, 1838 eine britische Landung auf der Golfinsel Kharg, 1839 der Erste Afghanische Krieg, 1857 eine britische Expedition gegen Bushire und Chu- sistan usw.- Schließlich kam es zwischen den Russen und Großbritannien zum Ausgleich in dem berühmten Vertrag von ] 907, der Persien in eine südliche, britische und eine nördliche, russische «Interessensphäre» aufteilte. Die Pforte nach Persien Während dieses ganzen Jahrhunderts war Täbris die Pforte nach Persien. Europäische Reisende und moderne Ideen drange n auf dem Weg über Rußland nach Persien vor. In Täb- ris selbst residierte der jeweilige Kajaren- kronprinz und, in der ersten Hälfte des Jahr- hunderts, die britischen und die russischen Ambassadoren. Nomaden und Halbscßhafte überquerten jahraus jahrein die Grenze; im Winter suchten die Täbriser in der Hafenstadt Baku Beschäftigung. Die Bewegung von Ideen und Menschen wurde dadurch erleichtert, daß auf beiden Seiten der Grenze die gleiche Sprache gesprochen wird und die gleiche isla- mische Sekte vorherrscht. So ist es denn auch nicht erstaunlich, daß Täbris als Stadt und Täbriser Abgeordnete im Parlament von Tehe- ran entscheidend an der konstitutionellen Bewegung und an der persischen Revolution beteiligt waren. (Im den Täbriser Taqizadch scharten sich die besten Köpfe und die weit- sichtigsten Politiker des ersten persischen Parlaments, und 1908, als der Schah das neu- eingerichtete Parlament von seiner Kosaken- brigade beschießen und schließen ließ , war es Täbris, das sich erhob, eine Art Volkstribunen- regime einführte und die Leute das Schahs austrieb. Mißbrauche konnten nicht ausbleiben; im nächsten Jahr besetzten russische Truppen, mit Zustimmung der europäischen Mächte, die Stadt, und die Russen verließen sie nicht mehr, obwohl sie 1 911 versprochen hatten, ab- zuziehen, bis, zu Beginn des Ersten Weltkrie ges, die Türken sie austrieben (1915). Später sind die russischen Truppen zurückgekehrt und haben die Stadt bis zur Oktoberrevolution gehalten. Während des Kriegs haben die Rus- sen Persiens erste Eisenbahnlinie gebaut; sie verlängert das russische Netz von der Grenz- station Julfa bis nach Täbris. Das kommunistische Regime, mit innen- politischen Fragen beschäftigt, gab Täbris und ganzAserbeidsohan bis zum Araxes an Persicn zurück und verzichtete auf alle Ansprüche und Vorrechte des zaristischen Rußlands (1021). Ki"st nach dem Zweiten Weltkrieg machten die Sowjets einen neuen Versuch, die Stadt und ihre Provinz in die Hand zu bekommen. Sie weigerten sich, ihre Truppen aus Nordpersien abzuziehen, das sie während des Krieges be- setzt hatten, während die Engländer ihre Ar- mee vertragsgemäß von Südpersien abzogen. Erst unter dem Druck der Vereinigten Natio- nen und naehdem in Teheran eine Regierung unter Qawam as-Saltaneh gebildet wor- den war, die sich den Anschein gab, komimi- nistcnfreundlich zu sein und die dazu Moskau noch Erdölkonzessionen versprach, zog Mos- kau die Truppen zurück, doch ließ es zwei Satellitenregime, in Täbris und in Mahabad, zurück. Im Dezember 1946 vertrieben per- sische Truppen die beiden Satelliienregime; der Tag ihres Vormarsches nach Aserbei- dschan, der 12. Dezember, wird heute in Per- sien als «Tag der Armee» mit Paraden, Reden und Empfängen gefeiert. Autonomistische Strömungen Täbris bleibt persisch, doch die Stadt stagniert. Ihre natürlichen Verbindungslinien nach Norden hin werden durch die sowjetische Grenze abgeschnitten. Die Universität Täbris und alle Schulen des Landes müssen zum per- sischen Unterricht zurückkehren. Aseri, die Turksprache der Gegend, die im sowjetischen Teil Aserbeidschans mit zyrillisehon Lettern geschrieben und gedruckt wird und die als Landessprache der Sowjetrepublik Aserbai- dschan gilt, darf auf der persischen Seite weder gedruckt noch bei offiziellen Anlässen gespro- chen werden. Doch die Landesbewohner halten zäh an ihr fest, so sehr, daß nur die Gebilde- ten und die Staatsangestellten Persisch ver- stehen; sogar im Hotel begreift der Portier die persischen Zahlen nicht, und man muß sie ihm auf türkisch wiederholen. Ein schweres Mißtrauen gegenüber Tehe- ran schwelt weiter. Die Landesbewohner be- klagen sich, daß die Provinz und ihre Haupt- stadt so gut wie keine Entwicklungshilfe er- halte, und manche Leute gehen so weit, daß sie vorgeben, den Grund zu kennen, weshalb dies so sei; in Teheran lasse man immer noch die Möglichkeit einer Versöhnung mit Ruß- land nicht aus den Augen, und man frage sich dabei, ob nicht Täbris mit seiner Provinz ge#en die Wiederherstellung guter Beziehun- gen mit dem nördlichen. Nachbarn eingehan- delt *R*rden solle . Unter diesen Umständen wolle man natürlich kein Gold dort anlegen. Solche Gerüchte sind natürlich völlig unsin- nig; es dürfte sich wohl sogar um Zweck- gerüchte handeln, die von Kreisen, die Tehe- ran dazu veranlassen wollen, sich mehr um Täbris zu kümmern, absichtlich lanciert wer- den. Sie worden aber von vielen Leuten ge- glaubt, und dies gibt einen Maßstab für das Mißtrauen, mit \>;m man in Täbris auf Teiio- ran blickt. Leute, die einen Anschluß nach Norden suchen, scheint es noch immer zu geben; sie sind nicht notwendigerweise Kommunisten. Die Bande, die das sowjetische Aserbeidschan und Persisch-Aserbeidschan zusammenhalten, bestehen nun einmal; ähnlich wie bei den Kurden und gewissen Parteien der Armenier in der Emigration hält es schwer, Autonom ie- bestrebungon und Anlehnen an die vermeint- lichen sowjetischen Schutzherrcn säuberlich voneinander zu trennen. Ein gewisses Verlan- gen nach Autonomie besteht ohne Frage. Als ein deutliches Anzeichen dafür darf man die Tatsache werten, daß an der Universität Täbris die Nationale Front, die in Teheran übermächtig ist, eine bloß geringe Rolle spielt; nationalistisch-oppositionelle Studen- ten in Täbris sind mehr aserbeidsehanisch ge- sinnt als national-persisch. Der persische Staat hat bis heute alle Autonomiobostrebungen als des Kommunismus verdächtig resolut erstickt. Im Augenblick sieht es s*o aus, als ob er damit erfolgreich gewesen wäre, damit gleichzeitig aber auch zur Stagnation der Stadt, zum allgemein herrsehenden sauren Ton und zum Mißtrauen gegen die Hauptstadt sowie zur Abwanderung der initiativen und finanz- kräftigen Elemente beigetragen hätte. Verkehrsprojekte Es besteht ein Plan, von dem man erhofft, daß er Täbris neues Leben bringe. Die Eisen- bahnlinie aus Teheran ist, nachdem sie jahre- lang auf halbem Weg stecken geblieben war, endlich bis nach Täbris verlängert worden. Oestlich von Teheran geht die Linie heute bis Neschhed. Nun spricht man im Rahmen der Kommunikationsplanung, auf die die CENTO großes Gewicht legt, davon, daß die türkische Bahn, die heute bis Erzerum führt, bis nach Täbris verlängert worden solle . Die ersten Prospektoren sind in dem außerordentlich schwieligen Berggeländo, das die Bahn durch- queren muß, an der Arbeit. Sollte die Linie würde Täbris, statt auf das fast tote Geleise eines Nord-Süd-Vcrkehrs zwi- schen Rußland, Teheran und dem Golf ange- wiesen zu sein, in die Linie eines West-Ost- Verkehrs eingeschaltet, der vom Bosporus über Erzerum, Täbris bis nach Teheran und Mesehhed geführt werden könnte. Was dies für Persien bedeutete, kann man aus der Tat- sache ersehen, daß heute Warentransporte zwischen Europa und Persien, die zu schwer Die Ausschaltung Baraks in Prag C. K. Wien, 23. Februar Die sowjetische Pipeline bis Preßburg In Preßburg fand gestern die Eröffnung eines Tcilstücks der großen Erdöl-Pipeline statt, die in Zukunft Oel aus den sowjetischen Feldern von Kuibischow nach der Tschecho- slowakei und Ungarn und in einem südlichen Ast auch nach Polen und der DDR bringen wird. Die Feier betraf die rund (iOO Kilometer lange Strecke von liroilij in der Westukraine bis zu der slowakischen Landeshauptstadt Preßburg, von der 420 Kilometer auf slowaki- schem Boden liegen. Bis zu dem gegenwärti- gen östlichen Ende der Pipeline wird das Oel vorläufig noch in Zisternenwagen transpor- tiert. Die Fertigstellung des Baues ist eine bedeutende technische Leistung, da der slowa- kische Abschnitt durch gebirgiges Gelände führt. NovninvN Entstalinisicrung Zu der Feier in Preßburg war der Präsi- dent der Republik und Parteivorsitzende Novotny persönlich zusammen mit einer Reihe von Ministern erschienen. Dagegen fehlte der aas der Slowakei stammende Ministerpräsi- dent Siroky. Die Gäste wurden vom slowa- kischen Parteisekretär Bacilek begrüßt. An- schließend an den feierlichen Eröffnungsakt im Freien sprach Präsident Novotny in einer Festversammlung, wobei er zum erstenmal .seit der ersten offiziellen Bekanntgabe der Ab- setzung auf den Fall des früheren Innenmini- sters Barak zu sprechen kam. Novotny ließ seine Zuhörer wissen, daß das Zentralkomitee schon im November «Maßnahmen zur Ver- besserung der Tätigkeit der leitenden Organe» beschlossen habe, um alle Elemente auszu- merzen, die nicht, in die Leitung hinein- gehören. Damit stellt er die Ausschaltung Baraks äußerlich in den Zusammenhang der EntstalinisierunK hinein, ohne ihr aber primär einen politischen Anstrich zu geben: man scheint es vielmehr vorzuziehen, den Fall als kriminell zu behandeln. Entsprechend den veränderten politischen Verhältnissen im Ost- block steht nicht mehr Spionage und Agenten- tätigkeit für fremde Mächte im Vordergrund, sondern ein Wirtschaftsverbrechen: Diebstahl sozialistischen Eigentums. Novotny kündigte an, das Innenministerium und die Staats- anwaltschaft würden zu gegebener Zeit die Oeffentlichkeit unterrichten. Der Parteichef bestätigte die vor kurzem erstmals in der albanischen Regierungszeitung «Zcri i Popullit* aufgetauchte Nachricht, wo- nach Barak fievisenvergehen zur Last gelegt würden, mit der Bemerkung. Barak habe bei der Verwendung gewisser Mittel in tschecho- slowakischem und ausländischem Geld das in ihn als Innenminister gesetzte Vertrauen miß- braucht. Während das albanische Regierungs- organ mit stalinistischer Logik feststellte, wenn Barak fähig sei, sich an den Devisen- beständen des Landes zu vergreifen, dann müsse auch zu beweisen sein, daß er für den Imperialismus Spionagedienste leistete, be- schränkte sich Novotny darauf, Barak als poli- tischen Abenteurer zu qualifizieren, der auf die Eroberung der Macht, ausgegangen sei. Der Partciehef ging den ominösen Suggestio- nen Tiranas aus dem Wege, gab aber faktisch zu, daß er seine Stellung durch Barak ge- fährdet sah. Noch ein weiteres Element in Novotnys Mitteilungen bestätigt, daß es um einen Machtkampf zwischen Rivalen geht: der Parteiehef sprach erstmals von einem Kreis von Helfern, die an den Vergehen des Gestürzten beteiligt gewesen sein sollen. An- gaben über die Zahl der Verhafteten machte er nicht. für Lastwagen sind, entweder durch Sowjet- rußland hindurch oder zu Schiff durch den Suezkanal, um Arabien herum und den Per- sischen Golf hinauf bis zu Persiens Haupt- hafen, Chorramschahr, und von dort mit der Eisenbahn durch ganz Porsion hindurch nach Norden geleitet werden müssen. Den gleichen langen Weg worden auch die Transporte zwischen Europa und Afghanistan zurücklegen müssen, die nach der Schließung der pakistanisch-afghanischen Grenze und nach dem Abschluß eines Transitabkommens zwischen Persien und Afghanistan (vom 1. Februar 1962) zu Schiff bis nach Chor- ramschahr, von dort mit der persischen Bahn über Teheran nach Moschhed und dann mit dorn Lastwagen nach Herat und Kabul wan- dern sollen. Bestünde das Bindeglied zwischen Erzerum und Täbris, ließe sich dieser Zick- zackweg gewaltig verkürzen. Der völkerrechtliche Status Libanons Beirut, 22. Febr. äff (AFP) Der libanesische Ministerrat lehnte am Mittwoch den Vorschlag des .Ministers für öffentliche Arbeiten, Pierre Gemaycl, ab, wonneh die internationale Neutralität Libanons proklamiert werden sollte. In pinem Kommentar schreibt die Zeitung: «Orient» Ministerpräsident Raschid Karame hab e vor dem Ministerrat, auf die Folgen hingewiesen, 'die die Proklamiorunjr der Neutralität, auf die Beziehungen des Libanons zur UN, zur Arabischen Liga und zu Israel haben könnte. Die Neutralität wäre schwierig zu verwirklichen, weil das Land sie nicht einmütig wünsche. Neue Zürcher Zeitung vom 24.02.1962

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Satnsta-rj, 24. Februar 196t Blatt 3lette<;3ürdjcr Leitung Morgenausgabe Nr. 716

Täbris, Persiens geschlossenes TorA. H. Täbris ist eine jener Ortschaften, von

denen man sich ein Bild macht, noch bevorman sie gesellen hat. Der Name hat einenromantischen Klang. Man hat vielleicht vonder Blauen Moschee von Täbris gehört; manhat Bilder der großen Ziegelsteinbastionen derZitadelle gesehen, oder man hat von der Dyna-stie der «Schwarzen Schafe» gelesen, die einstAsien von Täbris aus regierten. So erwartetman etwas zu finden wie Alcppo, eine alteHandelsstadt mit großen Basaren, vielleichtbaufälligen, aber doch mächtigen Gebäuden,Karawansarais. Palästen, Moscheen, Khans,einem Stadtwall.

Vergangener GlanzWenn man ankommt, ist es ganz andere.

Zuerst fallen die AVeite und die Leere derStadt auf: nicht enden wollende breite, geradeAlleen, mit schmächtigen Bäumchen bepflanztund an unendlichen Mauern vorbeiführend,hinter denen sich verwilderte Gärten, weiteHöfe oder einfach leere Bauplätze verstecken;ein- und zweistöckige Ziegelsteinhäuser, nichtalt und nicht neu, begleiten den Reisendenvom Bahnhof, weit draußen am Stadtrand,bis in ein Zentrum hinein, das wenig Beson-deres an sich hat, weder monumentale Ge-bäude noch enge Altstadtgassen, noch öffent-liche Gärten und Anlagen. Nur mit Mühekann man erkennen, daß man im Stadtmittel-punkt angekommen sein muß. Man geht aufdie Suche nach einer Altstadt und findet sienicht; zahlreiche Erdbeben haben Täbrisimmer wieder von neuem zerstört.

Nur mit Hilfe des Stadtplans kann manschließlich die Zitadelle auftreiben. Von einerder Durchgangsstraßen mit Backsteinhäusernund bescheidenen, ländlich wirkenden Lädenführt eine enge Passage zwischen zwei solchengewöhnlichen Häusern hindurch in einen weitoffenen, sandigen Hinterhof, in dem man einpaar dürftige Blumenbeete angelegt hat. Da-hinter erheben sich die Ziegelsteinmassen derfrüheren Zitadelle. Nicht mehr als eine Längs-wand ist stehen geblieben, aus gewaltigen,fünf- und sechs Meter dicken Backsteinwällenund Stützmauern zusammengefügt. Vor einemGedenkmal für die Gefallenen der letzten Be-freiung von Täbris, als im Dezember 1946 diepersische Armee das Satellitenregimc Pische-varis austrieb, das die Russen eingesetzt hat-ten, werfen ein paar Schulknaben ihren Ballhin und her.

Die berühmte Blaue Moschee, zwei Storn-chen im Baedeker, erweist sich als eine nochgrößere Enttäuschung. Nachdem man siehinter ihrer Mauer im Hinterhof einer andernDui'chgangsstraßc aufgespürt hat, stellt manfest, daß offenbar irgendwelche religiösen Be-hörden Restaurations- und Wiederaufbauver-suche mit ihr angestellt haben und daß ihnenüber der Arbeit das Geld ausgegangen seinmuß. Man findet die alten Mauer- und Deko-rationsreste von einer Betonkuppel überdecktlind umgeben von einer bauplatzartigen An-sammlung halbfertig gegossener Bogengängeaus Zement und rotgestriebenen Eisenbalken,das Ganze totenstill, verriegelt und unzugäng-lich. Ein Portal aus der alten Zeit mit Kachel-verzierungen, die einst blau gewesen sein müs-sen, kann man von der Hintergasse aus durchein grüngestrichenes Eisengitter hindurch be-trachten.

Im BasarBasare enttäuschen nie so sehr; das Leben

darin, die Menschen in ihren verschiedenenKleidungen und mit all ihren Waren, entschä-digen bis zu einem gewissen Grad für denMangel an monumentaler Baukunst, und dieBuntheit der angebotenen Waren hilft dar-über hinweg, daß doch sehr viele davon billigeFabrikerzeugnissc sind. In Innenhöfen mitbarocken Verzierungen aus der Kajarenzeitlagern die Täbris-Teppiohe, gewaltige Knüpf-werke mit Rankenmotiven und zentralem Me-daillon, oft mehr prachtvoll als künstlerischvollendet, haltbar, dichtwollig, buntgefärbtund beliebt in den Empfangshallen undStaatsräumen persischer Villen. Sie sind zugroß, um in den Büdchen ihrer VerkäuferPlatz zu finden und werden deshalb in gewal-tigen Rollen in besondern Innenhöfen ge-lagert, während ihre Besitzer und Verkäufersie durch die Glasscheiben ihrer Verkaufsbüd-chen, eines neben dem andern in die Seiten-wändc des Khans eingelassen, im Auge behal-ten. Ein jeder sitzt mit seinem Zählrahmen,auf dem die Perser mit blitzschnellen Hand-bewegungen die kompliziertesten Rechnungendurchführen können, und mit seinem Teeglasund Rechnungsbuch vor seinem Schreibtischund schaut, von allerhand Freunden und Be-suchern umgeben, nach Kunden aus.

In keiner andern persischen Stadt sind sowenig Frauen zu sehen; man kann einen Tagauf den Straßen herumgehen und bloß einDutzend Frauen zu Gesicht bekommen, undauch sie nur in der Form von tiefversch leier-ten schwarzen Bündeln, während man in dergleichen Zeit mit vielen Hunderten von Män-nern den Weg gekreuzt hat. Dies, so wirdeinem erklärt, hat mit dem besonders engenreligiösen Puritanertum der Täbriser zu tun.Ihr leidenschaftlicher Schiismus trennt sievon ihren sunnitischen Nachbarn in der Tür-kei, während ihre Sprache, ein türkischer Dia-lekt, sie von den 'Persern unterscheidet. Iso-liert, so erklärt man mir, haben sie sich hintereiner etwas bigotten Religion konservativerFärbung in die engen Bereiche des traditio-

nellen Lebens zurückgezogen. Wer Kapital hatoder Unternelumingslust, wer etwas werdenwill, wandert nach Teheran aus. In Täbrishat es sich sogar als unmöglich erwiesen, einekooperative Bank der Basarhändlcr zu grün-den; nicht weil es an Geld gefehlt hätte es»ibt ein paar schwerreiche Basarfamilien ,

sondern weil ein Geschäftsmann dem andernmißtraut und seine Gewinne am liebsten inGeld, in Landbesitz und in Teppichen anlegt.

Geschichtliche WechselfälleSo ist esallcrdings nicht immer gewesen;

m vergangenen Jahrhundert war Täbris diegrößte Stadt Persiens und der Ausstrahlungs-tmnkt aller Modernisierungsbestrebungen. ImSpätmittelalter hatte es jeweilen dem persi-schen oder dem türkischen Großreich zuge-liört, wenn eines der beiden Imperien dieUebermacht über das andere besaß. Es warpersisch unter Ismail, dem Gründer der Safa-vidcn-Macht, türkisch unter Selim dem Wil-len und Sulaiman dorn Prächtigen, als dasOttomanenreich seine größte Ausdehnung er-reichte, wiederum persisch unter Abbas demGroßen, dann einer ersten russischen Invasionmsgesetzt, die von den Türken zurückgeschla-gen wurde, und noch einmal persisch unter\Tadir Schah, dem letzten asiatischen Eroberer,der bis Delhi vordringen sollte. Zu Beginn des19. Jährhunderts wurde Täbris zum Zentrumdes persischen Widerstandes gegen den russi-schen Drang nach Süden. Der Kajarcnkvon-prinz und Heerführer Abbas Mirza erhob dieStadt zu seinem Regierungssitz und zur Gar-nisonsstadt, in der das erste moderne HeerPersiens mit der Tlilfe von napoleonischenOffizieren und später von englischen Instruk-toren ausgebildet und eine Zeitlang durchenglische «Auslandshilfe» finanziert wurde.Täbris erhielt Festungswerke, Kanonen-gießereien und Rüstungsmanufakturen euro-päischen Musters.

Doch konnte Abbas Mirza. trotz großerpersönlicher Tapferkeit, auf die Dauer dasVordringen der Russen nicht aufhalten. NachGeorgien (1800) fiel die Westküste des Kaspi-schen Meeres mit Baku in die Hand der zari-stischen Generäle (1812). Eine persischeGegenoffensive drang noch einmal über denAraxes bis nach Erivan vor; doch sie kamzum Stillstand, und der russische Gegenstoßführte nach zweijährigem Krieg zur Erobe-rung von Erivan und zum Fall von Täbris(1827). Um Aserbcidschan wieder freizukau-fen, mußte Persien einen demütigenden Frie-den mit Rußland schließen, in dem zunjerstenmal Ausländern, eben den Russen, ex"'territoriale Rechte in Persien zuerkannt wur-den (Turkomanchai 1828).

Durch rücksichtsloses Ausnützen der indiesem Vertrag erlangten Vorteile und Vor-r e c h te wurde Rußland die einflußreichsteGroßmacht in Nordpersien, und Beunruhi-gung in London über die russische «Infiltra-tion» bewirkte Gegenmaßnahmen der briti-schen Diplomatie, die das Ziel verfolgten,Rußland von Indien und von den warmenMeeren fern zu halten. Die Aktionen der bri-tischen Ambassadoren wurden hie und da vonbewaffneten Expeditionen unterstützt: 1837Kampf um die Kontrolle von Herat, 1838 einebritische Landung auf der Golfinsel Kharg,1839 der Erste Afghanische Krieg, 1857 einebritische Expedition gegen Bushire und Chu-sistan usw.- Schließlich kam es zwischen denRussen und Großbritannien zum Ausgleich indem berühmten Vertrag von ] 907, der Persienin eine südliche, britische und eine nördliche,russische «Interessensphäre» aufteilte.

Die Pforte nach PersienWährend dieses ganzen Jahrhunderts war

Täbris die Pforte nach Persien. EuropäischeReisende und moderne Ideen drangen auf demWeg über Rußland nach Persien vor. In Täb-ris selbst residierte der jeweilige Kajaren-kronprinz und, in der ersten Hälfte des Jahr-hunderts, die britischen und die russischenAmbassadoren. Nomaden und Halbscßhafteüberquerten jahraus jahrein die Grenze; imWinter suchten die Täbriser in der HafenstadtBaku Beschäftigung. Die Bewegung von Ideenund Menschen wurde dadurch erleichtert,daß auf beiden Seiten der Grenze die gleicheSprache gesprochen wird und die gleiche isla-mische Sekte vorherrscht. So ist es denn auchnicht erstaunlich, daß Täbris als Stadt undTäbriser Abgeordnete im Parlament von Tehe-ran entscheidend an der konstitutionellenBewegung und an der persischen Revolutionbeteiligt waren. (Im den Täbriser Taqizadchscharten sich die besten Köpfe und die weit-sichtigsten Politiker des ersten persischenParlaments, und 1908, als der Schah das neu-eingerichtete Parlament von seiner Kosaken-brigade beschießen und schließen l ieß, war esTäbris, das sich erhob, eine Art Volkstribunen-regime einführte und die Leute das Schahsaustrieb.

Mißbrauche konnten nicht ausbleiben; imnächsten Jahr besetzten russische Truppen,mit Zustimmung der europäischen Mächte, dieStadt, und die Russen verließen sie nichtmehr, obwohl sie 1 911 versprochen hatten, ab-zuziehen, bis, zu Beginn des Ersten Weltkrieges, die Türken sie austrieben (1915). Spätersind die russischen Truppen zurückgekehrtund haben die Stadt bis zur Oktoberrevolutiongehalten. Während des Kriegs haben die Rus-sen Persiens erste Eisenbahnlinie gebaut; sie

verlängert das russische Netz von der Grenz-station Julfa bis nach Täbris.

Das kommunistische Regime, mit innen-politischen Fragen beschäftigt, gab Täbris undganzAserbeidsohan bis zum Araxes an Persicnzurück und verzichtete auf alle Ansprüche undVorrechte des zaristischen Rußlands (1021).Ki"st nach dem Zweiten Weltkrieg machten dieSowjets einen neuen Versuch, die Stadt undihre Provinz in die Hand zu bekommen. Sieweigerten sich, ihre Truppen aus Nordpersienabzuziehen, das sie während des Krieges be-setzt hatten, während die Engländer ihre Ar-mee vertragsgemäß von Südpersien abzogen.

Erst unter dem Druck der Vereinigten Natio-nen und naehdem in Teheran eine Regierung

unter Qawam as-Saltaneh gebildet wor-den war, die sich den Anschein gab, komimi-nistcnfreundlich zu sein und die dazu Moskaunoch Erdölkonzessionen versprach, zog Mos-kau die Truppen zurück, doch ließ es zweiSatellitenregime, in Täbris und in Mahabad,zurück. Im Dezember 1946 vertrieben per-sische Truppen die beiden Satelliienregime;der Tag ihres Vormarsches nach Aserbei-dschan, der 12. Dezember, wird heute in Per-sien als «Tag der Armee» mit Paraden, Redenund Empfängen gefeiert.

Autonomistische Strömungen

Täbris bleibt persisch, doch die Stadtstagniert. Ihre natürlichen Verbindungsliniennach Norden hin werden durch die sowjetischeGrenze abgeschnitten. Die Universität Täbrisund alle Schulen des Landes müssen zum per-sischen Unterricht zurückkehren. Aseri, dieTurksprache der Gegend, die im sowjetischenTeil Aserbeidschans mit zyrillisehon Letterngeschrieben und gedruckt wird und die alsLandessprache der Sowjetrepublik Aserbai-dschan gilt, darf auf der persischen Seite wedergedruckt noch bei offiziellen Anlässen gespro-chen werden. Doch die Landesbewohner haltenzäh an ihr fest, so sehr, daß nur die Gebilde-ten und die Staatsangestellten Persisch ver-stehen; sogar im Hotel begreift der Portierdie persischen Zahlen nicht, und man muß sieihm auf türkisch wiederholen.

Ein schweres Mißtrauen gegenüber Tehe-ran schwelt weiter. Die Landesbewohner be-klagen sich, daß die Provinz und ihre Haupt-stadt so gut wie keine Entwicklungshilfe er-halte, und manche Leute gehen so weit, daßsie vorgeben, den Grund zu kennen, weshalbdies so sei; in Teheran lasse man immer nochdie Möglichkeit einer Versöhnung mit Ruß-land nicht aus den Augen, und man frage sichdabei, ob nicht Täbris mit seiner Provinzge#en die Wiederherstellung guter Beziehun-gen mit dem nördlichen. Nachbarn eingehan-delt *R*rden solle. Unter diesen Umständenwolle man natürlich kein Gold dort anlegen.Solche Gerüchte sind natürlich völlig unsin-nig; es dürfte sich wohl sogar um Zweck-gerüchte handeln, die von Kreisen, die Tehe-ran dazu veranlassen wollen, sich mehr umTäbris zu kümmern, absichtlich lanciert wer-den. Sie worden aber von vielen Leuten ge-glaubt, und dies gibt einen Maßstab für dasMißtrauen, mit \>;m man in Täbris auf Teiio-ran blickt.

Leute, die einen Anschluß nach Nordensuchen, scheint es noch immer zu geben; siesind nicht notwendigerweise Kommunisten.Die Bande, die das sowjetische Aserbeidschanund Persisch-Aserbeidschan zusammenhalten,bestehen nun einmal; ähnlich wie bei denKurden und gewissen Parteien der Armenierin der Emigration hält es schwer, Autonom ie-bestrebungon und Anlehnen an die vermeint-lichen sowjetischen Schutzherrcn säuberlichvoneinander zu trennen. Ein gewisses Verlan-gen nach Autonomie besteht ohne Frage. Alsein deutliches Anzeichen dafür darf man dieTatsache werten, daß an der UniversitätTäbris die Nationale Front, die in Teheranübermächtig ist, eine bloß geringe Rollespielt; nationalistisch-oppositionelle Studen-ten in Täbris sind mehr aserbeidsehanisch ge-sinnt als national-persisch. Der persische Staathat bis heute alle Autonomiobostrebungen alsdes Kommunismus verdächtig resolut erstickt.Im Augenblick sieht es s*o aus, als ob er damiterfolgreich gewesen wäre, damit gleichzeitigaber auch zur Stagnation der Stadt, zumallgemein herrsehenden sauren Ton und zumMißtrauen gegen die Hauptstadt sowie zurAbwanderung der initiativen und finanz-kräftigen Elemente beigetragen hätte.

Verkehrsprojekte

Es besteht ein Plan, von dem man erhofft,daß er Täbris neues Leben bringe. Die Eisen-bahnlinie aus Teheran ist, nachdem sie jahre-lang auf halbem Weg stecken geblieben war,endlich bis nach Täbris verlängert worden.Oestlich von Teheran geht die Linie heute bisNeschhed. Nun spricht man im Rahmen derKommunikationsplanung, auf die die CENTOgroßes Gewicht legt, davon, daß die türkischeBahn, die heute bis Erzerum führt, bis nachTäbris verlängert worden solle. Die erstenProspektoren sind in dem außerordentlichschwieligen Berggeländo, das die Bahn durch-queren muß, an der Arbeit. Sollte die Linie

würde Täbris, statt auf dasfast tote Geleise eines Nord-Süd-Vcrkehrs zwi-schen Rußland, Teheran und dem Golf ange-wiesen zu sein, in die Linie eines West-Ost-Verkehrs eingeschaltet, der vom Bosporusüber Erzerum, Täbris bis nach Teheran undMesehhed geführt werden könnte. Was diesfür Persien bedeutete, kann man aus der Tat-sache ersehen, daß heute Warentransportezwischen Europa und Persien, die zu schwer

Die Ausschaltung Baraksin Prag

C. K. Wien, 23. Februar

Die sowjetische Pipeline bis Preßburg

In Preßburg fand gestern die Eröffnungeines Tcilstücks der großen Erdöl-Pipelinestatt, die in Zukunft Oel aus den sowjetischenFeldern von Kuibischow nach der Tschecho-slowakei und Ungarn und in einem südlichenAst auch nach Polen und der DDR bringenwird. Die Feier betraf die rund (iOO Kilometerlange Strecke von liroilij in der Westukrainebis zu der slowakischen LandeshauptstadtPreßburg, von der 420 Kilometer auf slowaki-schem Boden liegen. Bis zu dem gegenwärti-gen östlichen Ende der Pipeline wird das Oelvorläufig noch in Zisternenwagen transpor-tiert. Die Fertigstellung des Baues ist einebedeutende technische Leistung, da der slowa-kische Abschnitt durch gebirgiges Geländeführt.

NovninvN Entstalinisicrung

Zu der Feier in Preßburg war der Präsi-dent der Republik und ParteivorsitzendeNovotny persönlich zusammen mit einer Reihevon Ministern erschienen. Dagegen fehlte deraas der Slowakei stammende Ministerpräsi-dent Siroky. Die Gäste wurden vom slowa-kischen Parteisekretär Bacilek begrüßt. An-schließend an den feierlichen Eröffnungsaktim Freien sprach Präsident Novotny in einerFestversammlung, wobei er zum erstenmal.seit der ersten offiziellen Bekanntgabe der Ab-setzung auf den Fall des früheren Innenmini-sters Barak zu sprechen kam. Novotny ließseine Zuhörer wissen, daß das Zentralkomiteeschon im November «Maßnahmen zur Ver-besserung der Tätigkeit der leitenden Organe»beschlossen habe, um alle Elemente auszu-merzen, die nicht, in die Leitung hinein-gehören. Damit stellt er die AusschaltungBaraks äußerlich in den Zusammenhang derEntstalinisierunK hinein, ohne ihr aber primäreinen politischen Anstrich zu geben: manscheint es vielmehr vorzuziehen, den Fall alskriminell zu behandeln. Entsprechend denveränderten politischen Verhältnissen im Ost-block steht nicht mehr Spionage und Agenten-tätigkeit für fremde Mächte im Vordergrund,sondern ein Wirtschaftsverbrechen: Diebstahlsozialistischen Eigentums. Novotny kündigtean, das Innenministerium und die Staats-anwaltschaft würden zu gegebener Zeit dieOeffentlichkeit unterrichten.

Der Parteichef bestätigte die vor kurzemerstmals in der albanischen Regierungszeitung«Zcri i Popullit* aufgetauchte Nachricht, wo-nach Barak fievisenvergehen zur Last gelegtwürden, mit der Bemerkung. Barak habe beider Verwendung gewisser Mittel in tschecho-slowakischem und ausländischem Geld das inihn als Innenminister gesetzte Vertrauen miß-braucht. Während das albanische Regierungs-organ mit stalinistischer Logik feststellte,wenn Barak fähig sei, sich an den Devisen-beständen des Landes zu vergreifen, dannmüsse auch zu beweisen sein, daß er für denImperialismus Spionagedienste leistete, be-schränkte sich Novotny darauf, Barak als poli-tischen Abenteurer zu qualifizieren, der aufdie Eroberung der Macht, ausgegangen sei.Der Partciehef ging den ominösen Suggestio-nen Tiranas aus dem Wege, gab aber faktischzu, daß er seine Stellung durch Barak ge-fährdet sah. Noch ein weiteres Element inNovotnys Mitteilungen bestätigt, daß es umeinen Machtkampf zwischen Rivalen geht:der Parteiehef sprach erstmals von einemKreis von Helfern, die an den Vergehen desGestürzten beteiligt gewesen sein sollen. An-gaben über die Zahl der Verhafteten machteer nicht.

für Lastwagen sind, entweder durch Sowjet-rußland hindurch oder zu Schiff durch denSuezkanal, um Arabien herum und den Per-sischen Golf hinauf bis zu Persiens Haupt-hafen, Chorramschahr, und von dort mit derEisenbahn durch ganz Porsion hindurch nachNorden geleitet werden müssen.

Den gleichen langen Weg worden auch dieTransporte zwischen Europa und Afghanistanzurücklegen müssen, die nach der Schließungder pakistanisch-afghanischen Grenze undnach dem Abschluß eines Transitabkommenszwischen Persien und Afghanistan (vom1. Februar 1962) zu Schiff bis nach Chor-ramschahr, von dort mit der persischen Bahnüber Teheran nach Moschhed und dann mitdorn Lastwagen nach Herat und Kabul wan-dern sollen. Bestünde das Bindeglied zwischenErzerum und Täbris, ließe sich dieser Zick-zackweg gewaltig verkürzen.

Der völkerrechtliche StatusLibanons

Beirut, 22. Febr. äff (AFP) Der libanesischeMinisterrat lehnte am Mittwoch den Vorschlag des.Ministers für öffentliche Arbeiten, Pierre Gemaycl,ab, wonneh die internationale Neutralität Libanonsproklamiert werden sollte.

In pinem Kommentar schreibt die Zeitung: «Orient»Ministerpräsident Raschid Karame h a be vor demMinisterrat, auf die Folgen hingewiesen, 'die dieProklamiorunjr der Neutralität, auf die Beziehungendes Libanons zur UN, zur Arabischen Liga und zuIsrael haben könnte. Die Neutralität wäre schwierigzu verwirklichen, weil das Land sie nicht einmütigwünsche.

Neue Zürcher Zeitung vom 24.02.1962