tagung der deutschen statistischen gesellschaft in bremen

4
Berichte und Schrifttumsschau Tagung der Deutschen Statistischen Gesellschaft in Bremen Im Rahmen der ,,Statistischen Woche 1960" in Bremen hielt die Deutsche Statistische Gesellschaft am 24. November 1960 ihre 31. Jahreshauptversammlung ab, die mit mehr- fiigigen Sitzungen der bei der Gesellschaft bestehenden Ausschiisse verbunden war. Wie iiblich war dieser Veranstaltung die Hauptversammlung des Verbandes Deutscher St~idte- statistiker vorausgegangen. Die Tagung der Deutschen Statistischen Gesellschaft begann mit der Sitzung des Unter- ausschusses I ,,Marktbeobachtung und Marktanalyse", bei der drei Referate gehahen wurden. Anderson jr., Mannheim, sprach iiber ,,Trendberechnung und -Projektion; Metho- den und ihre Anwendung in der Marktforschung". Bei der DarsteUung der haupts~idrlichen Methoden fiir die Trendbestimmung wies er auf die wachsende Bedeutung der logistischen Kurve als Trendform hin; sie wiire nicht nur fiir die Bev~lkerungsentwicklung geeignet, sondem auch fiir die Beschickung des Marktes mit neuen Produkten. Die Auseinander- setzung mit der Projektionstechnik ergab die Fragwiirdigkeit einer Methode, welche an- nimmt, dab das Zusammenspiel der verschiedenen Ursachenkomplexe in der w~ihrend der Vergangenheit beobachteten Form auch weiterhin bestehenbleibe. Es w~ire daher zweck- m~iBig, Ursachengruppen zu bilden und deren verschiedenen Verlauf fiir die Zukunft zu beachten. Da Prognosen, welche der breiten Offentlichkeit bekanntwerden, das Verhalten der Wirtschaftenden beeinflussen, k~nne die Reaktion des Publikums eine Voraussage unrichtig machen. Frau Schmucker, Miinchen, hielt einen Vortrag fiber ,,Die Verwendung yon Haushalts- rechnungen zum Zwecke der Marktforschung" mit dem Untertitel ,Wie reagiert der Ver- braucher auf Einkommens~inderungen?". Frau Sch. ging davon aus, dab man bei der statistischen Betrachtung eine Vorstellung iiber die Rangordnung der Bediirfnisse haben und eine Abschiitzung der Veriinderung der die Nachfrage bestimmenden Einfliisse in dyna- mischer Betrachtung vornehmen miisse. Dabei sei nicht nur die Richtung der Reaktion, sondern auch ihre Quantifizierung erforderlich. An verschiedenen Schaubildern erliiuterte die Vortragende das Problem der Nachfrageelastizit~it in bezug auf Preis und Einkommen sowie das Phiinomen der S~ittigung. Die Haushaltsrechnungen werden m~glichst zu homo- genen Gruppen zusammengefagt. Schichtungsmerkmale sind z. B. neben der H~he des Ein- kommens die Gr~ge der Familien, das Alter des Haushaltungsvorstandes und das der Kin- der, die soziale Schicht. Seiden/us, KiSln, eriSrterte die Frage ,,Der Verkehr als Gegenstand der Marktforschung" und ging damit bereits auf das der Hauptversammlung gestellte Thema ein. Er wies darauf hin, dab es sich bei den Verkehrsbediirfnissen iiberwiegend um ,,abgeleitete Bediirfnisse" handelt. Das Ziel der Verkehrspolitik miisse die giinstigste Befriedigung der Verkehrs- bediirfnisse sein, und zwar nicht nut in betriebswirtschaftlicher, sondern auch in volkswirt- schaftlicher Hinsicht. Zwischen dem zu erwartenden Umfang der Produktion und dem Verkehrsausmaf~ bestehe keine strenge Korrelation. Die Marktforschung ste&e in dieser Beziehung noch in den Anf~ngen. Die bisher beste Untersuchung sei veto IFO-Institut im Jahre 1960 hierzu erstattet worden; doch sei die verfiihrerische Exaktheit der Zahlen bei den Prognosen iiber kiinftige Verkehrsanlagen zu beanstanden und eine bessere Begriin- dung der Schiitzungen zu fordern. Am Nachmittag des 23. November fand die Sitzung des Arbeitskreises ,,Regionalstatistik" staR. Das yon Horstmann, Wiesbaden, hierbei er~rterte Thema ,,Das regionale Preisgefiille und seine statistische Messung" hatte viele Zuh~rer angezogen, obwohl gleichzeitig eine Rundfahrt dutch Stadt und Hafen angesetzt worden war. Nach Behandlung yon Vorfragen 253

Upload: paula-schweiger

Post on 14-Aug-2016

217 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Tagung der Deutschen Statistischen Gesellschaft in Bremen

Berichte und Schrifttumsschau

Tagung der Deutschen Statistischen Gesellschaft in Bremen

Im Rahmen der ,,Statistischen Woche 1960" in Bremen hielt die Deutsche Statistische Gesellschaft am 24. November 1960 ihre 31. Jahreshauptversammlung ab, die mit mehr- fiigigen Sitzungen der bei der Gesellschaft bestehenden Ausschiisse verbunden war. Wie iiblich war dieser Veranstaltung die Hauptversammlung des Verbandes Deutscher St~idte- statistiker vorausgegangen. Die Tagung der Deutschen Statistischen Gesellschaft begann mit der Sitzung des Unter- ausschusses I ,,Marktbeobachtung und Marktanalyse", bei der drei Referate gehahen wurden. Anderson jr., Mannheim, sprach iiber ,,Trendberechnung und -Projektion; Metho- den und ihre Anwendung in der Marktforschung". Bei der DarsteUung der haupts~idrlichen Methoden fiir die Trendbestimmung wies er auf die wachsende Bedeutung der logistischen Kurve als Trendform hin; sie wiire nicht nur fiir die Bev~lkerungsentwicklung geeignet, sondem auch fiir die Beschickung des Marktes mit neuen Produkten. Die Auseinander- setzung mit der Projektionstechnik ergab die Fragwiirdigkeit einer Methode, welche an- nimmt, dab das Zusammenspiel der verschiedenen Ursachenkomplexe in der w~ihrend der Vergangenheit beobachteten Form auch weiterhin bestehenbleibe. Es w~ire daher zweck- m~iBig, Ursachengruppen zu bilden und deren verschiedenen Verlauf fiir die Zukunft zu beachten. Da Prognosen, welche der breiten Offentlichkeit bekanntwerden, das Verhalten der Wirtschaftenden beeinflussen, k~nne die Reaktion des Publikums eine Voraussage unrichtig machen. Frau Schmucker, Miinchen, hielt einen Vortrag fiber ,,Die Verwendung yon Haushalts- rechnungen zum Zwecke der Marktforschung" mit dem Untertitel ,Wie reagiert der Ver- braucher auf Einkommens~inderungen?". Frau Sch. ging davon aus, dab man bei der statistischen Betrachtung eine Vorstellung iiber die Rangordnung der Bediirfnisse haben und eine Abschiitzung der Veriinderung der die Nachfrage bestimmenden Einfliisse in dyna- mischer Betrachtung vornehmen miisse. Dabei sei nicht nur die Richtung der Reaktion, sondern auch ihre Quantifizierung erforderlich. An verschiedenen Schaubildern erliiuterte die Vortragende das Problem der Nachfrageelastizit~it in bezug auf Preis und Einkommen sowie das Phiinomen der S~ittigung. Die Haushaltsrechnungen werden m~glichst zu homo- genen Gruppen zusammengefagt. Schichtungsmerkmale sind z. B. neben der H~he des Ein- kommens die Gr~ge der Familien, das Alter des Haushaltungsvorstandes und das der Kin- der, die soziale Schicht. Seiden/us, KiSln, eriSrterte die Frage ,,Der Verkehr als Gegenstand der Marktforschung" und ging damit bereits auf das der Hauptversammlung gestellte Thema ein. Er wies darauf hin, dab es sich bei den Verkehrsbediirfnissen iiberwiegend um ,,abgeleitete Bediirfnisse" handelt. Das Ziel der Verkehrspolitik miisse die giinstigste Befriedigung der Verkehrs- bediirfnisse sein, und zwar nicht nut in betriebswirtschaftlicher, sondern auch in volkswirt- schaftlicher Hinsicht. Zwischen dem zu erwartenden Umfang der Produktion und dem Verkehrsausmaf~ bestehe keine strenge Korrelation. Die Marktforschung ste&e in dieser Beziehung noch in den Anf~ngen. Die bisher beste Untersuchung sei veto IFO-Institut im Jahre 1960 hierzu erstattet worden; doch sei die verfiihrerische Exaktheit der Zahlen bei den Prognosen iiber kiinftige Verkehrsanlagen zu beanstanden und eine bessere Begriin- dung der Schiitzungen zu fordern. Am Nachmittag des 23. November fand die Sitzung des Arbeitskreises ,,Regionalstatistik" staR. Das yon Horstmann, Wiesbaden, hierbei er~rterte Thema ,,Das regionale Preisgefiille und seine statistische Messung" hatte viele Zuh~rer angezogen, obwohl gleichzeitig eine Rundfahrt dutch Stadt und Hafen angesetzt worden war. Nach Behandlung yon Vorfragen

253

Page 2: Tagung der Deutschen Statistischen Gesellschaft in Bremen

fiber Regionen, Preise, Preisgefiille ging Horstmann auf die methodischen Grundfragen der regionalen Preisstatistik ein. Die Darstellung der Preisunterschiede mfisse sich auf gleiche Mengen und gleiche Qualitiiten beziehen. Daher w~ire z. B. bei der Betrachtung des regio- nalen Mietgefiilles der Einflu$ der verschiedenen Wohnungsgr~f~en und Ausstattungen auszuschalten. Eine entsprechende tabellarische Darstellung fiir die durchsdanittlichen Monatsmieten je qm wurde ffir die einzelnen Bundesl~inder und nada Gemeindegr6Ben- klassen gebracht. Es k~ime weniger darauf an, das regionale Preisgef~ille als vielmehr die regionalen Untersdaiede der Lebenshaltungskosten festzustellen. Mit diesem Problem beschMtigt sida das Institut fiir Raumforschung und hat dabei auf die auBerordentlichen Schwierigkeiten der Feststellung gleicher Qualit~iten hingewiesen. Das Problem spielt auch eine wichtige Rolle bei der Ortsklasseneinteilung. Die Hauptversammlung hatte sich als Thema ,,Verkehr und Statistik" gestellt, woraus sich in den BegrfiBungsreden der Hinweis auf den Zusammenhang yon Tagungsort und Tagungs- thema ergab. Die Versammlung wurde yon President Dr. Fiirst erifffnet, der die zahlreichen G~iste des Aus- und Inlandes, die Vertreter yon Wissensehaft, Wirtschaft und yon inter- nationalen Organisationen begrfiBte. Als erster Referent sprach P. Schmidt, Bonn, fiber ,,Der Verkehr als Objekt der statisti- schen Beobachtung". Wesentlich sei, dall der Verkehr einer statistischen Beobachtung sowohl als Funktion als auch als Institution zu unterwerfen ist; der Vorzug gebfihre der funktio- nellen Betrachtung. Es sind bei den statistischen Aufstellungen alle wichtigen Verkehrs- zweige zu untersuchen, wobei zu trennen ist nach Verkehrswegen, Verkehrsmitteln sowie nach befSrderten Gfitern und Personen. Bei der Bef6rderungsstatistik stoBen zwei Bedfirf- nisse aufeinander: Das Verkehrsmittel und die Person, die den Verkehr in Anspruch nimmt. Die Investitionen, die der Verkehr erzwingt, bedfirfen besonderer Uberlegung, da sie beziiglida der Verkehrswege nicht mehr rfiekgiingig zu madaen sind. Es w~iren dyna- mische Vorstellungen heranzuziehen. In dem Makrozensus yon 1961 sind auch Unterlagen fiber eine Verkehrsz~ihlung enthalten. Das 2. Referat der Hauptversammlung erstattete Kellerer, Miinchen, fiber ,,Verkehrs- statistik und Stichprobenverfahren". Einleitend wies K. auf die umfangreiche Literatur iiber das Stichprobenverfahren bin, die z. Z. fiber 900 Titel aufweist und die Einrichtung einer einheitlichen Sammelstelle zweckmiiBig erscheinen lasse. Als neueste Literatur sei das vom Statistischen Bundesamt herausgegebene Werk ,,Stidaproben in der amtlichen Statistik" zu nennen. Das Problem der Verkehrsstatistik ist fiir Stidaprobenverfahren be- sonders geeignet, da die hier vorkommenden statistisdaen Massen sehr umfangreich sind. Neben der bisher fiblichen Verkehrsstatistik sollen in den Mikrozensus verkehrsstatistische Fragen eingeffigt werden, z. B. fiber den Urlaubsverkehr. K. eri~rterte welter die wichtigsten Auswahlverfahren. Die zufallgesteuerte Auswahl ist der bewullten Auswahl vorzuziehen. Bei der Aufstetlung des Tabellenprogramms darf die Gliederung nicht zu tief sein, da sonst zu viele Gruppen entstehen und schwach bzw. unbesetzte Felder die Folge sind, so dab das Stichprobenverfahren nicht durchfiihrbar ist. Eine besondere Rolle spielt die Poisson-Ver- teilung z. B. bei Feststellung der Dauer der Ferngespriiche. Das 3. Referat im Rahmen der Hauptversammlung wurde yon E. Meyer, Mfinchen, ge- halten ,,Wfinsche und Anforderungen an die Verkehrsunfallstatistik ffir die Zwecke einer Unfallursachen-Forschung". M. ging aus von den bei seiner Gesellschaft, der Allianz Ver- sicherungs-Aktiengesellsdaaft, durchgefiihrten Untersuchungen, die ergeben haben, dab die Hauptursachen der Verkehrsunfiille sich bei der amtlichen Statistik und Versicherungs- statistik in etwa gleiehen Prozents~itzen verteilen, obwohl die Unterlagen versehieden sind (amtliche Statistik: polizeiliche Meldung; Versicherungsstatistik: Schadenmeldung). Zu beachten ist, dab ein Unfall immer auf sehr vielen Ursachen beruht. Man kann aber bei der Unfallstatistik nur die Hauptursadaen zugrunde legen, z.B. ist das mensda- lidae Versagen auf eine Kausalkette in mediziniseher, psychologischer und soziologi- scher Sicht zuriickzuffihren; die menschlidae Verantwortung ffir diese Verhaltensweise ist aber sauber abzugrenzen. Der Vortragende schl~igt vor, dab sich die Totalerhebung auf eine Mindestzahl objektiver Merkmale der Verkehrsunf~ille erstrecken soll, dab aber daneben eine Repr~isentativerhebung an Hand yon Gerichtsakten durchgeffihrt wird. Aufgabe der

254

Page 3: Tagung der Deutschen Statistischen Gesellschaft in Bremen

Statistik ist es, den Vorgang, der zuIn Unfall geffihrt hat, m~glichst eingehend zu erfassen. Bei der tabellarischen Auswertung w/ire eine Erweiterung zu wiinschen, insbesondere in bezug auf die ~rtlich tiefere Aufschlfisselung. Hierbei sollten miSglichst technische Mallst/ibe angewendet werden. Der Vortragende wies noch darauf hin, dab wir in einer 2. Welle der Motorisierung stehen. Die Zahl der Unfalltypen wfirde neben der Zahl der Unf~ille noch steigen. Die diesj~ihrige Mitgliederversammlung hatte durch die Neuwahl des Vorstandes besondere Bedeutung. Als 1. Vorsitzender ging aus der Wahl Pr~isident Dr. Fiirst fervor. Der bis- herige 1. Vorsitzende, Pr~tsident Dr. Wagner, hatte eine Wiederwahl aus Gesundheitsgrfin- den abgelehnt. Ffirst betonte nach seiner Wahl, dab er wisse, dal~ die Deutsche Statistische Gesellschaft nicht nur die Interessen der amtlichen Statistik, sondern alle statistischen Be- lange zu vertreten habe. Nach einem kurzen •berblick fiber das abgelaufene Gesch/iftsjahr durch Ffirst folgte der Bericht der einzelnen Ausschul]vorsitzenden fiber die T/itigkeit der Ausschiisse und Unteraussehfisse sowie fiber die Teilnahme der Gesellschaft an internatio- nalen Statistikertagungen. Nach der Erledigung der Regularien wurde die Herausgabe der Zeitschrift der Gesellschaft ,,Allgemeines Statistisches Archiv" eri~rtert. W/ihrend bisher Wagner als alleiniger Herausgeber benannt war, wird nunmehr die Herausgabe durch einen Kreis yon Vorstandsmitgliedern der Gesellschaft erfolgen. Die n/ichste Jahreshaupt- versammlung der Gesellschaft soll in Saarbriicken w~ihrend der dritten Oktoberwoche 1961 stattfinden. Als Hauptthema ist vorgesehen: ,,Das Zusammenfiihren volkswirtschaftlicher und betriebswirtschaftlicher Aspekte in der Wirtschaftsstatistik", Referent Gleitze. In der Nachmittagsitzung soll ,,Die Ausbildung und Weiterbildung yon Statistikern" in sechs Kurzreferaten er~rtert werden. Am Vormittag des 25. November trat der AusschuB ,,Anwendung statistischer Methoden in der Industrie" und ,,AusschuB ffir neue statistische Methoden" zusammen. SagoroIL Wien, sprach fiber das Thema ,,Theoretische und organisatorische Grundlagen einer Energie- statistik". Er unterschied drei Formen der Energie: Rohenergie, veredelte Energie und Nutzenergie. Die beiden ersten Formen umfassen die Energiewirtschaft, die letzte Form die volkswirtschaftliche Energiewandlung. Besondere Probleme ergeben sich auf dieser dritten Stufe. Nach ErSrterung der verschiedenen Arten der volkswirtschaftlichen Energiebilanzen wurden die in diesen erscheinenden statistischen Gr~illen dargestellt. Als Ziel des Vortrages wurde die Schaffung einer Statistik tier Nutzenergie bezeichnet. Sie soll durch eine neue spezielle Erhebung in Form von dreij~ihrigen Energie-Enqueten erreicht werden. Kniidel, Wien, referierte fiber ,,Verkehrsplanung, Mathematik und Statistik". Er erI/iuterte seine Darlegungen an dem Beispiel der Stadt Wien und brachte hierzu auch instruktive Lichtbilder. Entscheidungen fiber Verkehrsplanung k[innten nicht auf Grund yon einfachen Z/ihIungen getroffen werden. Es mfillten Erhebungen auf naturwissenschaftlicher Grundlage stattfinden. Sog. Gebietsmodelle h~itten sich als sehr geeignet erwiesen. Die Modellunter- suchung wird auf Grund der Erfahrungen geprlift. Hierbei hat sich z.B. im Falle der Stadt Wien ergeben, dab der geplante Autobahnring n/iher zur Stadt herangezogen werden mul]. Stange, Berlin, hatte als Thema ,,Die zeichnerische Ermittlung der besten Schichtung einer Gesamtheit bei proportionaler Aufteitung der Probe mit Hilfe der Lorenzkurve" gew~ihlt. Aufgabe ist, eine Gesamtheit von Merkmaltr~igern vor Entnahme der Stichproben m~iglichst gfinstig zu schichten. Die bisher angewendete Methode, welche auf Darlenius zuriickgeht, erfordert umfangreiche Rechnungen. Es 1/il]t sich durch Umgestaltung ein viel einfacheres Verfahren anwenden, bei dem man die Schichtgrenzen auf zeichnerischem Wege findet unter der Voraussetzung, dab man die Summenlinie und die Lorenzkurve (Konzentrationskurve) der Merkmalverteilung kennt, die ohnehin in anderem Zusammenhang oft gebraucht werden. In den F/illen, in denen das graphische Verfahren zu umst/indlich erscheint, l~iBt es sich auch relativ einfach mit der Rechenmaschine durchffihren. Die formelm/il]igen Dar- legungen wurden durch Lichtbilder und Beispiele erl/iutert. Rusch, Mfinchen, hielt einen Vortrag fiber ,,Neuere MSglichkeiten von statistischen Kontroll- karten in der Massenfertigung". Auch dieser Vortrag wurde durch Lichtbilder wirksam unterstiitzt. Der Referent ging yon den Grundlagen der Kontrollkarten aus. Diese geben

255

Page 4: Tagung der Deutschen Statistischen Gesellschaft in Bremen

im allgemeinen yon den Beobachtungswerten den Mittelwert und die Spannweite wieder. Die Zonenteste iiberwachen diese statistischen Kenngr~Ben, indem sie deren Ereignisfolge in definierten Zonen beurteilen. Voraussetzung fiir die Betrachtung ist, dab die Verteilungs- funktion bekannt ist. Die Zonenteste gestatten es, yon der zeichnerischen Darstellung auf tabellarische Darstellung tiberzugehen. Die Gesetzm~if~igkeiten der Ereignisfolgen liefern die Grundlagen fiir die Zonentests bei kleinen Ereigniszahlen. Am Nachmittag des 25. November land die Sitzung des Unterausschusses II ,,Innerbetrieb- liche Statistik" statt. Grotius, Briissel, sprach in Vertretung yon Prof. Wagenfiihr fiber des Theme ,,Statistische Probleme und Aufgaben der industriewirtschaftlichen Integration". Er wies einleitend darauf hin, dab dem Statistischen Amt der Europ~iischen Gemeinschaft vor kurzem yon der Industrie die Frage gestellt worden sei, welches die Auswirkungen der EWG auf die industrielle Produktion sind. Aus dieser Frage und ganz allgemein w~ire ein besonders grol3es Bediirfnis nach statistischen Informationen vorhanden. Fiir die statistische Messung industriewirtschaftlicher Tatbesfiinde ergeben sich als Aufgaben die Erfassung der Entwicklung der industriellen Erzeugung, der Marktverflechtung im Hinblick auf Beziige und Absatz, der Wirts&aftsverflechtung als Ausdruck fiir die Abhiingigkeiten yon der Struktur und der Entwicklung der vor- und nachgeordneten Erzeugungsbereiche und schlieB- lich die Erforschung der charakteristischen Elemente der wirtschaftlichen Struktur. Diese Aufgaben k~nnten nur schrittweise einer L~sung zugefiihrt werden. Besonders schwierig sei der internationale Vergleich, da die einzelnen Mitgliedstaaten der EWG mit verschie- denen statistischen Methoden arbeiten. Zur Durchfiihrung des statistischen Weltprogramms der UNO yon 1963 miisse eine Koordinierung zwischen den EWG-Staaten erfolgen. Dieses Programm hat zum Ziele die Aufstellung volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen und Ge- winnung der wesentlichen Elemente einer branchenmiiBigen input-output-Grobrechnung so- wie die Kennzeichnung der Industriezweige nach Struktur, Gr~f~enklassen und regionaler Verteilung. Fundamentale Voraussetzung fiir den Aufbau der gemeinsamen Statistik der EWG-Staaten ist die gleichf~rmige Abgrenzung der Industriezweige. Den erweiterten Auf- gaben der EWG entsprechend, wird neben der Industrie des Handwerk mit einbezogen. Doch wiirden auch hier Schwierigkeiten auftreten, da die Abgrenzung zwischen Industrie und Handwerk in den einzelnen Mitgliedstaaten ebenfaUs nicht gleich sei.

Das letzte Referat der Tagung besch~iftigte sich mit dem Thema ,,Ergebnisse der Kosten- strukturerhebung in betrieblicher und verbandlicher Sicht". Der Vortragende, W. Endres, Bonn, beschr~nkte sich auf die Industrie und erl~iuterte seine Darlegungen an dem Beispiel der Papier- und Zellstoffindustrie. Er ging yon dem Programm der amtlichen Kostenstruktur- erhebung yon 1958 aus, das fiir die Aufstellung volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen durchgefiihrt worden ist. Wiihrend die absoluten Zahlen fiir die Einzelbetrachtung wenig Bedeutung hiitten, wiirden Mittelwerte und statistis&e Verh~iltniszahlen gute Einblicke in die durchschnittlichen Unternehmensgr~13en und auch Vergleichsunterlagen fiir das eigene Unternehmen geben. Verschiedene Betriebe wiirden yon sich aus Zusatzerhebungen zu der amtlichen Statistik machen. Der Referent schliigt Verbesserungen, abet nicht wesent- liche Erweiterungen dieser amtlichen Statistik vor. AuBerdem wiire eine miSglichste Be- schleunigung bei den Ver~ffentlichungen anzustreben. Die Sitzung des Unterausschusses ,,Innerbetriebliche Statistik" wurde am Vormittag des 26. November fortgesetzt, wobei besonders die herauszugebenden Schriften er~rtert wurden.

Nach den verschiedenen Vortr~igen fanden angeregte Diskussionen statt. Die Referate werden im Allgemeinen Statistischen Archiv ver~ffentlicht werden mit Ausnahme des Vor- trages yon Stange, der in der Zeitschrift fiir Unternehmensforschung erscheint. Den eindrucksvollen Rahmen fiir die Veranstaltung gaben die Tagungssiile im Schiitting und im Rathaus, wobei der Wandspruch im neuen Festsaal des Rathauses der statistischen Woche zum Leitspruch werden konnte:

,,Des Gestern sei Dir unverloren - Im Heute werde neu geboren - Steh aufrecht in des Morgens Toren."

Im alten Festsaal des Rathauses fend ein abendlicher Empfang der Tagungsteilnehmer durch den Senat der Freien Hansestadt Bremen statt. Paula Schweiger (Karlsruhe)

256