szemerényi - sprachtypologie, funktionelle belastung, und die entwicklung indogermanischer...

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  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    1/56

    TEXTES ET M EMOIRES

    DIFFUSION

    E.J. BRILL

    LEJDEN

    VOLUME V

    v RI 976

    EXTR IT

    ACTA IRANICA 1

    1

    ] 3S ~ q

    .

    I

    977

    toJTJON

    BIBLIOTHEQUE P HL VI

    TEHERAN LIEGE

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    2/56

    OSWALD SZLMLRf:NYI

    SPRACHTYPOLOGIE,

    FUNKTIONELLE

    BELASTUNG

    UNO

    DIE ENTWICKLUNG INDOGERMANISCHER

    LAUTSYSTEME

    0.

    \Vie schon bei friiheren Gelegcnhciten (Szemerenyi 1962, 1964,

    1967). mochte der Verfasser auch diesmal die Ergebnisse der synchronen

    Sprachwissenschaft den Problemen

    der

    Diachronic

    nutzbar

    machcn.

    Von den in dem Titel dieses Vortrags angcsprochenen drei Bereichen

    diirfte

    der Zusammenhang

    zwischen den heiden letzten bzw. die

    Relevanz des zweiten fiir den dritten ohne weiteres klar sein. Weniger

    zuversichtlich

    kann das

    vielleicht von

    dem

    ersten

    und

    dem dritten

    Bereich behauptet werden. Deshalb soli auch diese Frage

    an

    erster .

    Stelle behandelt werden.

    I

    Sprachtypologie

    /./.

    Zunachst diirfte eine kurze historische Bemerkung von Interesse

    sein. \Vir aile haben uns so sehr an den Terminus Typologie und die

    Zusammensetzung Sprachtypologie gcwohnt, daB wir uns wohl kaum.

    mehrdie Frage stellen, seit wann sie eigentlich

    in

    det sprachwissenschaft

    lichen

    Nomenklatur

    zuhause sind.

    Nach

    Greenbergs Feststellung kommt 'Typologie' in einem sprach

    wissenschaftlichen Sinne zum ersten Mal im Jahre

    1928

    vor

    1

    Nicht

    daB das Wort vorher nicht existiert hiitte. Das grol3e Oxford English

    Dictionary bezeugt es fiir 1845 im theologischen Sinne, niimlich the

    typology of scripture fiir 1867 im biologischen Sinne, z.B. typology of

    plan1s

    und

    fiir 1882 im typographischen Sinne. Erst das Supplement von

    1933 bucht auch die Verwendung im archaeologischcn Sinne seit

    Die folgenden Ausfi.ihrungen wurden in gekiirztcr Form zuerst auf die freundliche

    Einladung von Professor Dr. Bernfricd Schlerath im Rahmen de Linguistischen

    Coiloquiums

    der

    Fre.ien Universitat Rerlin

    am

    8 Jan. 1976 und kurz darauf (12. Jan 1976)

    im Linguistenkreis der Universitat Freihurg i Br. vorgetragen.

    1

    Vgl. Greenberg 1973:

    151

    mit Fn. 6, 167,

    182

    Fiir die einsch agigen Aussagen

    vgl.

    Jakobsons

    Aufsatz von 1929 (geschricben 1927-28, siehe SW I 21 : ))typologie des

    changements) sowie auch das Zitat

    aus

    Nov;j ef 1928, siehe SW I 654. Vgl. auch

    SW I

    232

    (aus

    dem

    Jahre 1932 .- (z.B. Fn. 4.) verweist auf die Nachtrage.

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    3/56

    340

    0. SZI.\JI:Ric JYI

    1 \ : ~ 6 , aher a u ~ : h da wirJ von dcm linguistischcn Sinnc noch keinc

    Kcnntni;, gcnllllmcn.

    Die Rc1ept ion schcint auf Jcrn deutschcn Sprachgebiet noch jiingeren

    Datums

    zu

    :'cin. Dcr .\;Jrach-Brockluws von

    193X

    (3. Autl.) hat Z\var

    Typologie,

    dcfiniert als ))Lchrc von den Typcn, abcr nicht

    Sprach

    typoloxie.

    i\nch im J 1950

    kann

    :\len:::erath

    den noch spatcr zu

    bcsprcchcndcn Aufsatz mit den Wortcn croffncn: >>Die folgendcn

    Sciten sollcn cine Anlcitung zur Erforschung cines neucn Gehietes,

    cler

    Sprachryp(lf,,::tc , gcben

    2

    . Und sogar noch 1967-1968 kennt das

    GroBe (achtb{indigc) Dude11 Ll:':rikon wcder das Stichwort Sprachtypo

    logie, noch hdwndclt es untcr Typologie die linguistische Vcrwendung.

    Erst die ncuc-;tc Brockhaus-En:::yklopddie

    (17.

    Autl.) bringt

    1973-1974

    griindliche Artikel unter Sprachtypologie und Typologie.

    1 2 Es

    wiirc

    sichcrlich cine lohncnde Aufgabe, dieser ganz neuen

    Entwicklung. der Aneignung cines bcstehenclen Terminus fiir die

    Zwecke der Sprachwisscnschaft, in allen ihren Einzelheiten nach

    zugchcn

    3

    .

    Es

    dilrftc sich wohl heraustcllen, d a ~ -

    ~ i e

    neu gewonnene

    Wichtigkcit des Terminus der Prager Schule Wesentliches zu verdanken

    . hatte. Abcr nicht nur tlas. Die Prager Schule hat auch den Dualismus in

    der Ven\endung dieses Terminus herheigefiihrt, der noch heute qa_ist,

    Einmal bezcichnct die Ty-pologie die Untersuchung und Feststellung

    gewisser sprachlichcr. Typcn,

    auf

    deren Grund die Sprachen

    Q e r _ E r d ~

    als

    t y p o l o g i ~ c h

    mehr oder weniger eng zusammengehorig klassifiziert

    werden

    ki:innen.

    Zum Z \ ~ e i t c n hezcichnet dieTypologie die_Feststellupg

    gewisser typisch.;r Bezichungenund Veriinderu Jgen{beachte Jakobsons

    typologie

    des

    chrmgemt:nts. siehe Fn. I , die von der Klassifikation

    dcr Sprachen losgdc1st. aher nnti.irlich auch fiir diesen_lweck verv;endet

    \ \ , e t ~ d e n

    kann. . - . - . .

    1.3.

    Typologie im ersten Sinne ist seit dem Anfang des 19. Jahr

    hunderts prakti?iert worden, auch wenn sie nicht unter dicsem Namen

    bekannt war.

    E,

    wird-

    vidkicht

    n(it;lich sein, die Hauptetappen

    dcrartiger Bem(ihungen kurz in Erinnerung zu rufen

    4

    :

    2

    J.

    Lohmann

    (J'Li osophische

    Rundschau

    I, 1953, 152)

    spricht schon

    fn1h

    von

    eincr

    > > Y e ~ g k i c h e n d c n S i r a c h t y p o o ~ ; i e .

    3

    Fur

    Ja< Fnri 'J.;.,r,,;n

    tvpo

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    INDOGERMANISCIIE LAUTSYSTEME

    341

    1808: Friedrich l;o , ) d i l e ~ c l

    (Obcr die Sprache und Weisheit der

    lndicr,

    45):

    zwd Klassen

    ----

    affigiercnd, flckticrcnd;

    8 8:

    u ~ u s t

    Wilhelm

    l fm

    Schlcxel Observations

    sur

    Ia langue ct

    Ia

    littcrature

    p r o v c n ~ a l c s

    14-15): tlrei Klassen ohne gram

    matische Struktur, a f f i g i c r c n d ~ llckticrend

    5

    ;

    1822: Wilhelm wm 1/umholdt 0ber das Entstehen der grammatischcn

    Formen und ihren EinfluB auf die ldeenentwicklung. 46):

    l ier Klassen - isoliercnd. agglutinativ, einverleibcnd, llck

    ticrend

    6

    :

    848 : August Sdzleicher Zur verglcichcnden Sprachengeschich te 9-10) :

    drei Klassen- einsilbig. agglutiniercnd, tlckticrend, die Klassen

    stellen immer vollkommnere Stufcn der Entwicklung

    dar;

    development. and origin.

    1922.

    76-80; Greenberg 1954:

    181 f.;

    M. Leroy, Les langues du

    monde et Ia typologie linguistique,

    in

    : Memoires et Publications de Ia Societe des

    Sciences. des Arts et des Lettres du Hainaut, vol.

    74, 1960,

    169-204;

    R. H.

    Robins,

    General Linguistics. 1964. 325-350;

    _ \f

    Horne 1966: 11-41; M. Leroy, Les grands

    courantsdc Ia linguistique moderne,

    6

    1967, 149-163; Dressler 1967; C. F. F. M. Voegelin,

    in:

    To honor R. Jakobson 3, 1967, 2170f.:

    W.

    H. Veith, Die Themakartierung der

    Sprachen der Welt (in : Sprachatlanten

    I.

    1969. 1-26 ), bes. II f.; Anti lla

    1972

    : 310-318;

    Robins 1973, bes. 14f.; Greenberg 1973: 166f.; Lehfeldt-Altmann 1975:

    57f .VI.

    Ober allgemeine Probleme der Sprachtypologie siehe jetz t iiber die von D. Hymes,

    Language in culture and society, N.Y. 1966, 661, gegebenen Hinweise hinaus die

    folgenden: L Hjelmslev, Le langage, Paris 1966, 123f.;

    B.

    Pottier 1968; M. Leroy,

    Sur Ia caracterisatKm morphologique, Word 23, 1969, 362-368; H. Birnbaum 1970;

    N. Holmer, The principal linguistic types. Sonderdruck aus der Zeitschrift Fontes

    Linguae Vasconum

    -Studia

    et Documenta, Nr. 4, Pamplona 1970. 41-47;

    R.

    Ruzicka,

    Some remarks on linguistic typology,

    TLP 4, 1971, 89-96; P. Sgall, On the notion

    type

    of

    language , ebda. 75-87; A no te on typology and development of languages,

    Linguistics 85, 1972, 67-71; G. Jucquois, La typologie aujourd hui, Cahiers de

    I Institut de linguistique, Universite Catholique de Louvain, l/1, 1972, 7-26; Anttila

    1972: 310-318; W. Dressler 1973;

    Altmann-Lehfeldt

    1975. N2

    5

    Ober die Abweichung_ von

    A.

    W.

    v.

    Schlegels Ansichten von denen seines Bruders

    Friedrich siehe Coseriu 1972: 115

    6

    =

    1973, 244

    6

    ,

    gegen Ramat, Lingua e stile 8,

    1973, 53.

    6

    Ober Humboldt siehe E. Coseriu 1972 (oder italienische Obers.: 1973). lch mochte

    aber daran festhalten,

    daO

    Spatere die bekannte Vierteilung

    W.

    v. Humboldt nicht

    ganz unberechtigt zugeschrieben haben, denn

    in Entstehen S.

    46) sagt

    er:

    Es kommt

    aber zur Agglutination und Flexion auch noch cine dritte, sehr haufige Bilc.lungsart

    hinzu ... Da er natiirlich den isolierenden Typ ebenfalls kennt, sind das vier Klassen,

    und in

    Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaus

    S. 653) wcrden aile vier gcnannt,

    die letzte unter dem Namen

    einverleibend

    (vgl. Coseriu 1972: 123). Ich wiirc.le aber

    nicht behaupten wollen,

    daO

    Humboldt in dieser Frage

    in

    allen seinen Werken immer

    konsequent blieb oder sich ganz klar ausriickte.

    Vgl.

    noch Jespersen, Language [siehe

    Fn. 4]58f.

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    342 0 SZEMERLNYI

    1850: 1 eymmm . -itl inthal (Die Classification der Sprachen, 2. Aufl.:

    Charak terist ik dcr hauptsiichlichstcn Typcn de$ Sprachbaues,

    IH60, 327):

    rier

    Klassen ---A. formlose Sprachen: (1) neben

    setzcnde,

    2)

    al'l\.vanddnde; B.

    Formsprachen:

    (I) nebensetzende,

    (2) abwandclndc;

    1893: Franz Afistcli (revidicrte Ausgabe von Steinthal 1860):

    sechs

    Klassen - cinverleibcnd, wurzel-isolierend, stamm-isolicrend,

    anrcihcnd, agglutiniercnd, flektierend;

    1910 : Franz Nikolaus Finck (Die Haupttypen des Sprachbaus 6,

    154-5) :

    acht

    Klassen - - w u r z e l ~ i s o l i c r e n d stamm-isolierend,

    flekticrcnd (drci), bezichungsandeutend (drei)

    7

    ;

    192 I : Ethmrd

    S apir

    (Language, Ch. VI): durch die Kombination

    von drei Gcsichtspunk lcn (konzeptueller Typus, Technik,

    Grad der

    Synthese) konnen, nach

    Homes

    Berechnung (1966:

    32, 38-9), thcorctisch 2.640 bis 2.870 Sprachtypen aufgestellt

    werden; in der Praxis bcgniigt sich Sapir mit einer Skizze von

    einund:::Hmz:::ig

    Klassen

    8

    1945: Vladimir Skalicka (1945: 96, aber vgl. 1966, wie auch 1968

    und

    1964

    :jedc S p r a ~ : h e ist cine

    Kombination

    vonfunf run -

    typen-isolierend (z. B. Englisch), polysynthetisch (z.B. Deutsch),

    agglutinierend, flcktierend, introflexiv

    (:

    bes.

    das

    Semitische);

    1962: Tadeusz Milewski (1962 = 1963 = 1970): vier Grundtypen

    werden beibehalten (98) - isolierend, agglutinierend, flektiv,

    alternierend (z.B. Semitisch) - aber die Typeneinteilung wird

    durch eine ganze Anzahl von wciteren (phonologischen, syntak

    tischen, semantischen) Gesichtspunkten verfeinert,

    aber

    dadurch

    auch

    komplizierter

    9

    7

    Ober die Mangel

    dcr Finckschen

    Klassifikation siehe Benveniste 1966:

    Il l aber

    >gl.

    auch J. LJhmann, Lcxis I, 1948, 49 f., bes. R9 f.; W.

    Dressler

    1973: 470f.

    8

    Obcr S

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    6/56

    '

    I

    INDOGERMANISCHE LAUTSYSTEME

    343

    / 4

    Auch aus diescr kurzcn Obersicht diirfte es klar geworden scin,

    daB._ Typologie in dicscm Sinnc im 19. Jahrhundert ganz, aber aucb

    noch im 20. Jahrhundcrt vorwicgcnd den morphologischen, viel seltencr

    ,

    ( ~ u c h )

    den syntaktischen Bau

    a n ~ i s i c r t .

    _Dcr Diachronist, der Sprachgcschichtler ist nun

    in

    erster Linie an

    der Fragc interessiert, ob dcrartige morphologische Vergleichc fiir ihn

    iiberhaupt eine Bedeutung habcn konncn. Dcnn das Wescntliche an

    _Qieser Mcthode.ist ja daB nur Form, und nicht Inhalt, Form, und

    .nicht Substanz, zur Debatte stchen, wogegen es fiir ihn fcststeht, dafl

    Jiiueinc

    Zweck,e_sowohl

    form wic

    auch lnhalt i.ibercinstimmen lliissen.

    Wenn der Indogermanist nicht wiiflte. dafl die indogcrmanischen

    Sprachen in der Bildung etwa der Singularformen des. athematischen.

    Prasens Indikativ Aktiv nicht nur in der Form i.ibereinstimmen, d.h.

    iiberall das gemeinsame Prinzip cines Affixes aufweisen, sondern diese

    Affixe auch in der Substanz zusammenfallen (: iiberall

    -mi -si -ti ,

    dann

    ware er nicht in der Lage, tiber diesen Punkt irgend etwas auszusagen.

    Ein eklatantes Beispiel fiir die Richtigkeit diescr Auffassung bietet

    sich in

    Trubetzkoys letztem, posthum verOffentlichten

    u f s a t ~

    Ge

    _ d a n ~ c n ~ i i b e r da;; lndogermanenproblem (l939) .Da wurde der Versuch

    gemacht, denindogermanischen Sprachtypus aufgrund von sechs Merk

    niafen. gegeniiber den angrenzenden Sprachtypen abzugrenzen. Solche

    :Merk niale

    sind z.B.: (3) Das Wort mufl nicht unbedingt mit der

    Wuriefbeginnen; (4) Die Formbildung geschieht nicht nur durch

    Affixe, _ o n e r n auch durch vokalische Alternationen innerhalb der

    Stamm-Morpheme. B.e.nveniste hat

    in

    dem schon erwiihnten Vortrag

    {19(K:-l07 f. darauf hingewiesen, dafl aile sechs MerkmaJe in einer

    aufs Geratewohl herangezogenen amerikanischen Indianersprache,

    dem Takelma von Siidoregon, vorhanden sind, wie ja s c h o n ~ ~ p _ i r in _

    seinem Language (1921 : 141) die Meinung geiiuflert hatte, daB a most

    i n t e r e ~ i ' i n g parallercould be drawn on structural lines between

    Takelma and Greek, languages that are as geographically remote

    from each other

    and

    as unconnected in a historical sense as two

    languages selected

    at

    random can well be, wobei er noch hervorhob,

    daB nicht Griechisch selbst gemeint sei, sondern Griechisch als ein

    typischer Vertreter des Indogermanischen (Fn. 23

    10

    1.5.

    Natiirlich war dies nicht der einzige Mangel an der morpho

    logischen oder morphologisch-syntaktischen_Typologie. Eben so bedenk-

    . 1 - ~ ~ h ~ _ ~ \ i ~ _ ~ h e

    _

    ~ p ~ e ; _ d s i o n , die sich aus

    den

    i m p r e s s i o ~ i s t i s c h e n Auf-

    10

    Vgl. auch Greenberg 1973: 184.

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    7/56

    344

    0. SZEMERtNYI

    stcllungcn crgab, sowic das Bestrchen, die ungeheure Mannigfalt des

    sprachlichcn

    Km,mos

    in

    cine klcinc Zahl von Sprachtypcn

    h i n c i n ~

    _ z u 1 w ~ i u g c n .

    cin Vcrfahrcn, bci dcm nur ein Entweder-Oder moglich

    war, ein nur gradw.:ller Untcrschicd dagegcn ausgeschlossen blieb.

    Dicscn Miingcln suchtc Anfang dcr

    5.0-er

    Jahre (Jrecnberg

    dadun:h abzuhclfen,

    daf3 cr

    fiir cine Anzahl von Merkmalcn, die im

    Wescntlichcn auf Sapirs Konzeptioncn beruhten, eine mathematisierte

    F a s ~ m n g

    gab (

    1954

    : I R)

    r.

    1

    1

    :

    Anstcllc des fri.iheren Merkmals Agglu

    tination sctzte Greenberg das Verhiiltnis der agglutinativen Konstruk

    tioncn

    zu

    den Morphjunkturen (A/J), wobei in einem Wort immer

    cine l\lorphjunktur weniger ist als Morphe da sind. iir die morpho

    Jogischc Struktur wurdcn jetzt als bedeutsam betrachtet die Indizes

    P;

    W (Prafix-InJex), das Vcrhiiltnis der Zahl der Priifixe zu der Zahl

    der

    \Vortcr, und

    S,iW

    (Suffix-Index), das Verhaltnis der Zahl der

    SuiTixe

    zu der Zahl der Worter. lnsgesamt wurden

    10

    Indizes aufge

    stellt unci die Kalkulationen aufgrund von jeweils 100 Worier um

    fascnden Textstiickcn durchgcfi.ihrt. Die obcn erwiihnten Iodizes waren

    fi.ir das Sanskrit 0.09,

    0.16, l.l8;

    fiir das Altenglische O.JI,

    0.06, 1.03;

    fiir das Ncuenglische 0.30, 0.40, 0.64

    12

    Leider ist die Prazision, die durch die mathematischen Forrneln

    gesichert schcint, nicht so

    grof3,

    wic es

    auf

    den ersten Blick scheinen

    mochte. Besonders einJrucksvoll hat das m.E. Werner Winter {1970)

    gezcigt

    13

    . In Expcrimenten, die iiber mehrere Jahre hinweg mit

    gr6f3eren Gruppcn von Studenten an verschiedenen UniversiUiten

    unternommen wurden, stcllte

    es

    sich hera us,

    dal3 I)

    auch Studenten

    mit dcrselben Ausbildung bci der Ausziihlung von Morphen in einem

    100 Wortcr Iangen englischcn Tcxtstiick zu vcrschiedenen Ergebnissen

    kommen (zwischen

    134-165

    schwankcnd); (2) auch dieselbe Person bei

    wiederholtcr Auszi:ihlung desselben Textstiickes nicht konsequent

    immer dassclbc Ergebnis erzielen wird. Auch die Lange des Text

    stiickes

    mus:-.c

    bcdeutt:nd erhoht wcrden,

    fi.irs

    Englische sci ein Stuck

    von 500 Wi1rtern das Minimum. Das bedcutsamste Ergebnis scheint

    11

    Vgl. K r o ~ b c r .

    On

    typnlngltal indice;, JJAL 26, 1960, 171-177.

    kh mull

    f. estchen, daB

    Jic Dcfinitnen der v e r ~ c h i e d e n e n Indices m.M.n. nicht

    so klar

    >ind wie sil hiHlen scicJ

    kiinnen, wcnn fiir

    jedcs

    von ihnen ein unmiBverstiind

    liches p r a k t i > c J ~ ; D ~ i : . p i c l

    a n ~ c f i j h r t

    worJen ware.

    13

    Die Einw:i.m c sind zum rdt

    schon friJher von Pierce

    (196"6)

    vorgebracht worden;

    \gl. auch

    Krup.t

    1'165

    und

    Kn1r:1 ---Aitma'ln 1966. - Es soli bier noch erwahnt wcrden,

    dal\ Cr,,,gill (1%3) d.:n V e r ~ " ' } ;

    u n t e r n o m . - . : ~ n

    hal,

    Jic

    Grecnbergsche Methode

    auf

    die

    idg

    d i ~ K h r o n e : \ C ' ; p l 0 ( 1 ~ i c ::n1 u

    cnJcn

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    8/56

    INDOGERMANISCHE LAUTSYSTEME

    345

    mir aber zu scin.

    dal3

    nach Winter die Grecnhergschc Methode inncr

    halb einer Sprachc fiir >tilistischc Untersuchungen niitzlich sci, nicht

    _aber fiir den Verglcid1 von vcrschiedenen Sprachen ~ ~ ~ -

    / 6

    Wenn also typologische Untersuchungen

    der

    o r p h o l m ~ i c (und

    -

    _Syntax) der Diachronic k c i n c ~ Nutzcn hringen konnen, fragt es sich,

    ob solche Unter sudumgen im Bereich

    dcr

    Phonologic cher zwcck-

    dienlich sein konnten.

    Da mu13 nun zuerst vermerkt werden. dal3 typologischc Unter

    suchungen

    auf

    dicscm Gebiet ~ ~ h o n

    in

    den friihesten Zcitcn der Prager

    J ~ h o n o l o g i c unternommcn wurdcn. Trubctzkoys 1929 erschienencr Auf

    satz HZur.allgcmeincn Theorie der phonologischen Vokalsysteme ist

    eigentlich eine typologische Systcmatisierung der Vokalsystcme nach

    drei Grundtypen; danach gibt es lineare Systeme, Vierecksysteme

    und Dreiecksysteme

    15

    . In dem

    1931

    erschiencnen Aufsatz Die phono

    l o g i s c h _ e ~

    Systeme_

    1931

    : 1 3

    f.

    werden dann auch die Grundlagen

    fiir die Typologie der konsonantischen Systeme geschaffen

    16

    Auch

    der quantitative Aspekt der Frage

    kommt

    bei ihm schon zu Worte,

    aber merkwiirdigemeise nur

    auf

    der Ebcne der Syntagmatik, nam

    lich als Frequenz in einem Text, oder aber als Ausdruck der funk

    tionellen Belastung, d.h. Frequenz im Worterbuch (1939

    a:

    230f_)l

    7

    I

    .7. Eigentiimlicherweise wird aber der quantitative Aspekt

    auf

    der

    _ P ~ a d i g m a t i s c h e n Ebene nicht einmal"erwahnt. piese Frage .scheint

    zuerst 1940 von Isacenko

    auf dem Gebiet

    des Slavischen bearbeitet

    ~ ( ) d e l l ~ ~ ? u

    sein. In seinem Aufsatz Versuch einer Typologie der

    ~ a v i s _ c h e n Sprachen hat

    cr

    als erster die Verhaltniszahl von Vokalen

    und Konsonanten innerhalb des Lautsystems festzustellen gesucht

    (70 Fn. 22) und gefunden, daB diese Zahl, d.h. der Prozentsatz der

    ' Fiir die morphologischen Probleme der Typologieforschung siehe

    auc_h

    Altmann

    Lehfeldt 1973: 108f.

    B

    V g i : T ~ b e t : U - ; ; y

    .t9J9 a: 86f. und fiir eine gedrangte Obersicht Szemerenyi 1971:

    64f.

    16

    Vgl. auch Trubetzkoy 1939

    a:

    114 f. und fiir Jakobsons Ansichten Szemen nyi

    1971: 82f. Fiir Vokal- und Konsonantensysteme siehe auch Hockett 1954: 82-91,

    91-126.

    11

    Vgl.

    auch Sumerenyi

    1971

    : 70f. - Zu vermerken ist, daB Zahlen fiir die

    Textfrequenz unabhiingig von der Prager Schute schon 1929 von G. K. Zipf fiir zehn

    modeme europiiische und drei tote Sprachen geboten wurden, ~ i e h e seine Unter

    suchung Relative frequency as a determinant of phonetic change(( (HSCP 40.

    1929, 1-95)

    42f. und seinen Beitrag in PICL

    6, 1949,

    391-408. Ahnliche Berechnungen sind in

    jiingercr Zeit von Greenberg 1966: 64f. durchgefiihrt worden.- N

    .

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    9/56

    346

    S Z F ~ E R E N Y I

    Kon

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    10/56

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    11/56

    0. SZE \l FH f:NYI

    1 12

    Ehcnsowcnig kann abcr die Auffassung gebilligt werden, daB

    >>aile

    allgcmein und ahsolut verbrcitctcn Phiinomene von dem Bereich

    dcr Unin:rsalicn au,.,geschlosscn scicn

    21

    . Es ist wirklich unverstand

    lich, warmn Siit1c w ~ t : : '>Das Phoncminveritar aller Sprachen liegt unter

    90 odcr: >>/\lie Sprachcn habcn wcnigstcns cinen Nasal, falls sic

    richtig sind, nicht al:;

    s p r : ~ c h l i c h c

    Universalien gclten sollen. Es handclt

    sich hicr um cine vcrhiingnisvolle Vermcngung von

    BegrifTen, wic

    aus

    dcr fo gentkn

    AtJ:>sage

    hervorgcht: Absolute univcrsclle Eigenschaften

    schafkn

    noch kcinc Typologie, da dcr BegrifT der allgemeinen Univer

    salitiit sclbst den B c ~ r i l T dcr Typenvariabilitiit ausschlieBt. Die

    Be

    hauptung:

    In

    jeJcr Sprache gibt es Vokale und Konsonanten' erlaubt

    nicht, irzcndwelche Typcn auszusondern (ebda.,

    S. 16).

    Offenbar

    wird hier das Univerjak als ein klassifikatorisches Prinzip angesehen,

    wiihrend e: ; an und fi.ir 5ich eben nur cine Feststellung einer allge

    mcinen J i n g u i ~ t i s c h e n

    \\

    ahrheit ist.

    22

    1 13 Man hat : . ~ b e r das Gcbiet der Universalien auch anders teilen

    wollen, indcm nwn niimlich Generalisierungen von Universalien schied.

    Universalien

    ~ c i e n

    ehen nicht ein Kiassenprodukt der allen Sprachen

    gemcinsamen Eigenschaftcn, sondern als universell giiltig zu

    vcrstchen, und in diesem Sinnc gingcn sic iiber die Feststellung von

    Gesct;:miH3igkcitcn hinausdie Frage nach dem Warum? nach

    dem zugrunde licgenden universell giiltigen Prinzip fiihrt mit Not

    wendifkeit tiber die Grenzcn der Linguistik hinaus in die Nachbarge

    biete

    3

    Aber gerade die letzte Bemerkung zeigt,

    daf3

    wir uns bei

    S y n t ~ x unJ Plwnolllgie griinc. , hnn nicht zugestimmt werden. Halle er weiter zitiert

    ha:tc dcr

    Lc,er

    cine: b e s ~ e r e Ch::ncc

    gchabt,

    sich cin sclbstandiges Urteil zu bilden.

    Dcnn

    L c ~ n c b a g

    (Hr,g.: :--;ew

    Glrcctions in the

    study of

    language.

    Cambridge,

    Mass.,

    196-1,

    u'.;

    f:t:

    >>All

    i . : n g u ~ g c s lnve

    words for

    relations. objects, feelings, and qualities,

    and the .:rr:antic ,ii:ferences :wmccn these denotala arc minimal from a biological

    puint cf :cw. Accwding to :11mbcr of modern grammarians

    ... syntax

    of every

    lC:

    ba;ic,

    fr.>: 11a

    propel

    ties, or, in other

    words,

    is

    always of

    a

    pecubr :: . ~ c b r ~ i c type.

    Phonolo;;i,aily,

    all

    bnguages

    are

    based common principle

    of phon::.

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    12/56

    INDOGERMANISCIIE LAUTSYSTEME

    349

    eincr solchen Auffassung nicht mchr mit einem linguistischcn, sondern

    mit einem intcrdiszipliniiren odcr auch philosophischen Problem bc

    schaftigcn. Besonders klar gcht das aus dcm ofters ziticrtcn Beispiel

    hcrvor, niimlich daB: Die crstc und zwcite Person Singular sind

    universal. Als sprachliches Universalc sagt dicscr Satz m.E. nur

    soviel a us,

    daf3

    dicse sprachlichcn Katcgoricn

    in

    jcder Sprache, oder

    wenn man will in dcr Sprache, vorhanden sind und vorhanden sein

    miissen. Warum dies so sci, ist cine hochst interessante Frage

    die

    wir

    vielleicht einfach durch cincn Hinwcis auf die sozialc Situation bcant

    worten konnen

    -

    aber kcin linguistisches Problem mehr, Wie Coseriu

    gesagt hat (1974a: 72): La justification des universaux pourra, elle,

    etre extralinguistique, aber das bcdeutet nicht, daB wir sic

    auf

    das

    Auf3erlinguistische beschrankcn sollten. Hier scheinen mir also die

    Grenzen zwischen dem, was sprachwissenschaftlich ist, und was nicht

    mehr sprachwissenschaftlich ist, nicht bcachtet ;U sein.

    1 14 Abcr auch so bleiben noch einige strittige Fragen iiber die

    Natur der Universalien, die wir kurz bcriihren

    miiss-en.

    ~ o m s k y

    hat 1965 in seinem Aspects Buch 27 f.) zwischen formalen

    und substantiellen Universalien unterseheiden wollen. Seiler hat gegen

    diese Ans Cht -m:E. richtig gel tend gemacht (1972: 376 f.),

    daB

    keine

    K r i t e r i e ~ ~ ~ i ~ ~ t . ~ a r

    seien,

    auf

    deren Grund man ein Universale der einen

    -oder der anderen Klasse zuweisen konnte; man konne, wenn . iibcr-

    ~ h - a u p t

    iii

    ~ ~ c l i e n t

    principle

    of

    greater

    or

    lesser abstractness

    erkennen

    Coscriu hat des ofteren darauf hingewiesen, daB man unter Uni

    versale sehr Verschiedenartiges versteht. Er selbst hatte einmal das

    Universelle definiert als das, was zum Eidetischen der Sprache (bzw.

    der Einzelsprache) gehort und das, was durcb den Begriff der Sprache

    selbst (bzw. der Einzelspracbe) begriindet ist, d.h. das, was sich aus

    diesem Begriff selbst ableiten laBt, oder aber das, was gemiiB diescm

    Be

    grifT moglich istH. Diese Definition scheint wiederum allzu eng

    gefaBt worden zu sein und von der iiblicben allzu sehr abzuweichen;

    1973: 6

    f.,

    bes. 12

    f.;

    1974:

    76f.;

    1975:9 Vgl. jetzt auch R. W. Langacker P. Munro,

    Lg. Sl, 1975, 790.

    24

    Vgl. dafiir auc:h Coserius gmerel/e und spe: fische Universalien (1974: 55) sowie

    auch die Dreiteilung der Typologie

    in generali:ing classifying

    indMduali:ing Aspekte

    bei Greenberg 1973: 161.

    H Coscriu, Ober Leistung und Grcnzen der kontrastivcn Grammatik (in : Probleme

    der

    kontrastiven Grammatik, Dusseldorf 1970. 9-30),

    29.

    So auch Martinet. FLing I,

    1969, 132.

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    13/56

    350

    0. SZEI\IEHENYI

    sic Jiirfte ah(T durch die ungcmein griindlicheri Ausfiihrungen auf

    dem

    KongrcB in Bologna in das richtigc Licht geruckt worden sein

    26

    1.15. Einc andere

    fragc

    betrifft den Geltungsbereich

    dcr

    Univcrsa

    lien. die ja auch schon durch die Untcrschcidung von Gencralisicrungen

    und Univcrsalien anvisicrt wurde. II: Pilch

    hat

    vor einigcn Jahren die

    Ansicht vcr trctcn, daB cin cmpirischcs Universalc (das er nach E. Zwirner

    nebcn thcorctischcn Universalc

    ansctzt)

    ctwas aussagt, was wir in

    Yic cn

    Srrachcn f e s t g c ~ t c l l t haben und vermutlich in noch weitcren

    Sprachcn feststdlen

    wcrden1 caber

    g

    > di >) t

    50

    2 5

    Vicllcicht noch bcsscr

    bckannt

    als das Prinzip der funktioncllcn

    Belastung sind Martinets andere Thcscn, die aile den Grundgcdanken

    zum

    Ausdruck bringcn,

    da13

    Lautwandcl im Wcsentlichcn cine sprach

    interne, vom phonologischen System bcdingtc Angclegenheit ist, wobei

    auch die Asymmetric der Mundhohlc als ein intcrner Faktor ange

    sehen wird. Wenn aber nur systcminterne Kriifte und die Tragheit der

    Sprechorgane als

    Faktoren

    tatig waren, ware es nicht zu verstehen.

    wieso Sprachen, die von einem gcmeinsamen Vorfahren abstammen,

    also mit denselbcn Gegebenheiten starteten (wie z.B. die romanischen

    Sprachen), sich so verschiedenartig habcn entwickeln konnen. Wenn

    also aile innersprachlichen Erkliirungsmoglichkeiten erschOpft sind,

    wird man sich doch den aul3crsprachlichen Faktoren zuwenden, die

    gewohnlich von einem

    Substratum

    oder Adstratum dqrgestellt werden

    51

    Die indogermanische Friihgeschichte liefert auch dafiir ein hochst

    bedeutsames Beispiel.

    2 6

    Das

    lndogermanische besal3 ein Vokalsystem, in dem neben

    den fiinf Vokalen des klassischen Vokaldreiecks noch ein zentraler

    Murmelvokal auftrat,

    das

    Schwa,

    das

    iiberall

    mit

    a zusammenfiel,

    9

    Manczak. Evolution phonetique et rendement fonctionnel RRL I

    5, 1970,

    531-537) 533-534.

    50

    Von neueren Beitragcn mochte ich nur auf die folgenden hinweisen: A. Avram,

    Some thoughts on the functional yield

    of

    phonemic oppositions, Linguistics

    5, 1964,

    40-47; G. P. Clivio. Two oppositions of Standard Italian with a low functional yield.

    Studies R. Jakobson. 196l . 70-75; Ferran Palau Marti, Sur

    Ia

    notion de rendement

    fonctionnel des oppositions phonologiques, SL 22, 1969. 15-31 (fiir Martinet);

    R. S. Meyerstein. Functional load. Den Haag 1970 (ziemlich negativ), und

    vgl.

    die

    Rezensionen von Vachek. Lingua 28, 1971, 137-143 (141: funktionelle Belastung kann

    nicht ohne weiteres ignoriert werden, aber niedrige Belastung fiihrt nicht zwangs

    laufig

    zu

    einer Ausmerzung. andere Faktoren spiclen auch eine Rolle), und Kucera,

    Lg. 50. 1974. 169-175. Fiir die allgemeinen Fragcn siehe auch Coseriu 1974 b: 104f.,

    112f., 175f. .

    51

    Uber auBere Faktoren siehe auch Vachek, BPTJ 23, 1965, 49-57; Campbell.

    Lg. 47,

    1971, 204

    f.--

    Andersen, Lg. 48, 1972,

    12

    Fn.; 49, 1973, 778. 780, hat fiir diese An

    Wandel den Terminuo;

    aclaptile

    change vorgcschlagen (im Gegensatz zu elolutil't

    change erkliirbar durch systemintcrne Faktoren).

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    25/56

    362

    0 S/TMI R:NYI

    ausgcnormncn

    das

    Ari:;chc, wo es zu

    i

    wurdc.

    Im

    Griechischen

    und

    Latcinischcn ist dicscs Funfvokalsystem unvcrandert crhalten. In den

    nordlichen Sprachcn ist mit zusammcngcfallcn, so daB im Ger

    rnanischcn

    und

    Ualtoslavischcn z u n ~ i c h s t cin zwcistufigcs, .zweiklassigcs

    Vicrecksystcm cntslcht

    5

    :

    u

    e a.

    lrn

    Gotischcn

    ficlcn des Wcitercn i und e in i

    zusammen,

    so daB diese

    indogermanischc Sprachc, cinzig in Europa, cin Dreivokalsystem auf

    wcist:

    u

    a

    Ein

    auf

    den erst en Blick iJcntisches, minimales Vokalsystem

    entstand

    abcr

    auch

    in Asicn, im Arischen, d.h. in

    den

    indischen und iranischcn

    Dialckten. Gcnetisch sind

    abcr

    die heiden Systeme ganz verschieden

    artig, niimlich

    go tisch

    arisch

    i(

    +c)

    u

    u

    a +

    o)

    a( +e+

    o).

    Und

    wilhrend cs im gotischcn System neben dem Kollaps

    von und

    o

    nur den Ko laps von i und e gab, was die funktionell hochst wichtige

    idg. Alternanz

    e:

    o zwar in i venvandelte, aber dem Wesen nach

    unberlihrt lief3 fiihrte

    der

    Kollaps der idg. Vokale a e

    o

    in arisch

    nicht nur zu einem

    von der

    funktionc lcn Belastung

    her

    unverstiind

    lichen Wandel, sondern auch zum Umsturz des idg. Ablautsystems.

    Es fragt sich also, ob ;o ein gewaltiger Wandel iiberhaupt als

    allein von interncn Faktorcn bewirkt

    dcnkbar

    ist. Mir schien das

    im schon erwahuten Aufsatz (1964: 5

    f.)

    nicht

    der

    Fall zu sein. Wenn

    trotz dcr Wichti2,keit

    da

    besprochenen Umstii.nde

    e

    und

    o

    mit

    zusammenfielcn,

    dann kann man

    interne,

    strukturelle Griinde mit

    Sicherheit aussc wlten.

    Vc

    can go even further - meinte ich -

    and

    state that structural pressures would have been firmly against the

    merger. Its occurrence m u ~ t therefore be ascribed to an overwhelming

    extemal pressure- coming, in all i -.clihood, from a substratum.

    Sobald man dicsen Ged:mkcn

    w

    Endc denkt, drangt sich auch

    die Lbsung von sclbst auf. Die Arier kbtcn spatestens seit 2000

    v.

    Chr.

    5

    ' Vgl. SzcntcreJJ)i 1964: 9 Fn. 21;

    Ant"'''cn,

    in: T

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    26/56

    INDOGERMANISCHE L U T S Y S T F ~ l E

    363

    am Rai1dc, zum Tcil sogar inncrhalb

    dcr

    Sphiirc

    dcr

    scmitischen Welt

    Vordcrasicns. Die herrschendc Klassc des syrischcn Mitanni-Staatcs

    in

    dcr

    erstcn Halftc des

    2.

    Jahrtauscnds war arisch, sogar vorindisch,

    und manche der Stadtstaaten von Paliistina warcn untcr arischcn

    Herrschern. Nun ist bekanntlich das f r i i h ~ m i t i s h Vokalsystcm das

    einfachste

    Dreieck

    53

    :

    a.

    Es schcint deshalb off cnkundig zu scin, daf3 die arische Rcduktion des

    idg. Fiinfvokalsystcms

    auf

    das mit dcm scmitischen identische Drei

    vokalsystcm nicht von dcm lctzteren unabhangig war, sondern eben der

    semitischen Umwelt zu verdankcn war, mit der die Arier im friihen

    2.

    Jahrtausend

    v.

    Chr.

    oder

    noch friiher in Beriihrung gekommen

    waren. Wir haben es also mit einem Sprachbundphanomen zu tun, das

    von den Semiten ausgelost von

    der

    arischen Vorhut

    an

    das arische

    Hinterland weitergegeben wurde. Die einzigartige arische Entwicklung

    wurde durch das einzigartige Schicksal dieses Teils des Indogermanen

    tums hervorgerufen,

    dadurch

    namlich, daf3 er allein unter allen indo

    germanischen Stammen

    auf

    einer friihen Stufe seiner Einzelentwicklung

    in lebhafte Wechselbeziehungen mit der iiberlegenen semitischen Welt

    trat

    5

    .

    53

    Vgl. v. Soden 1952, 8 b, mit und trotz den Bcmerkungen von Hirsch,

    Orientalia 44, 1975. 268.

    54

    Noch im Jahre 1968 hat Sommerfelt die Ansicht. die zuerst von Grammont

    vorgebracht wurde

    MSL 19

    1916, 246-250), wicdcrho lt vgl. Malmberg 1968: 500),

    daB der Zusammenfall

    der

    drei Vokale im Arischen eine Folge

    der

    Tendenz

    war

    to push

    certain articulations towards the middle

    of

    the palate. abcr er fiigte

    dazu

    noch

    folgenden

    Gedanken

    hinzu: As the language had

    no

    vowel of the type /;J/the vowels

    [e, o] were pushed towards the

    /a/

    which was the nearest to the rest position

    of

    the tongue

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    27/56

    364

    0 SZEMERtNYI

    3.

    J: ntuil k/ung indo-iranischer Konsonantcnsy.steme.

    3.1.

    ,\hnlichc Problcmc crgcbcn sich

    bci

    einer niiheren Betrachtung

    des a ric hen Konsonantcnsystcms. Das indogermanische System kann

    wic f o l ~ l

    rckonstruicrt wcrden (Szemen nyi

    1970: 142):

    p

    b

    hh

    ph

    m

    w

    t d

    dh th n y s r h

    kw gw

    gwh

    kwh

    k

    g

    gh kh

    k g gh k h

    Dem cntspricht (a)

    im

    Indischen und

    h) im

    Iranischen

    55

    :

    (a) p b bh ph m (h) p b

    f

    t

    d

    dh th

    t

    d "

    (t Q

    < lh th J. )

    k g gh kh Q k g

    X

    c

    j

    Jh ch c

    j/i.

    s j

    h (' ) s z

    w } wr

    h

    y

    I

    r n y

    Fiir uns

    ist

    bier

    zuniil.:hst

    bemerkenswert,

    daf3 im

    Indischen aile vier

    Artikulationsarten (p, b, bh, ph) bewahrt sind, wahrend im Iranischen

    der stimmhafte aspirierte Verschluf31aut mit dem nicht-aspirierten

    zusammenfiel und dcr stimmlose aspirierte

    Verschluf31aut

    in den ent

    sprechenden stimmlosen Spir::mten verwandelt wurde (ph >

    f,

    etc.).

    Sowohl die Neuerungcn des Iranischen, die in anderen idg. Sprachen

    Parallelen haben,

    wic

    auch der Konservativismus des lndischen sind

    unproblematisch.

    3.2. Eine hOchst mcrkwiirdige Eigentihnlichkeit des Indischen zeigt

    sich aber in dem Auftreten eincr ganz neuen, und in der lndogermania

    so ganz einzigartigcn, Artikulationsstelle, die

    fUr

    die sog. Zerebral

    oder Kakuminalserie charaktcristisch ist. Da die indogermanische

    dcntale Reihe intakt erhaltcn blieb, sind die Zerebrale offensichtlich

    55

    Fur d-ie indischen- Entwicklungcn

    iehe

    z.B. A.

    Thumb &

    R. Hauschild, Handbuch

    des Sanskrit I I (Heidelberg 1958 , 271) f.

    232 f.,

    wozu jetzt noch Pinnow (siehe Fn. 38]

    286 f. verglichen werden kann.

    Fiir das Jranische vgl. MacKenzie, BSOAS JO, 1967,

    19;

    und Benveniste, BSL 63, 1969,

    53-64, bes. 62. Benveniste setzt zwci Phoneme,

    j

    und

    i,

    an, nber sie sind eigentlich

    nur

    Allophone dessclben

    P h m ~ m s

    bier als ] i b e . : c i ~ ; h n e t . Weiler ist zu bemerken, daB

    die im Text gcgebenen stimmhaftcn Vcr>chlufihtll C im Wortinnern auch Spiranten als

    Allophone hatten. so daB o

    y

    nicht phonemisch scin konnen (MacKenzie 19 .

    Zu

    dem im Text gegebencu lnventar t das Altpcr,ische noch zwei Phoneme hinzu

    gcfi:igt:

    J

    (a us pr und das ~ l t e n e

    /.

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    28/56

    INDOGERMANISCIIE LAUTSYSTEME

    365

    cine Innovation und nicht aus systemintcrncn Grunden erklarhar.

    Da nun Zerchrale in den Substratsprachen Jndicns, und zwar sowohl

    in

    den dravidischcn

    wic in

    den austroasiatischen Sprachen, ublich sind,

    muB es sich

    bci

    dieser indischcn Neucrung

    um

    cinen Einflul3 eben diescr

    Substratsprachen,

    in

    der Hauptsache wahrscheinlich dcr dravidischen,

    handeln

    56

    .

    3.3. Eine weitere bcmcrkenswerte Divergenz zwischen Indisch und

    Iranisch zeigt sich

    in

    der Phonotaktik

    auf

    Seiten des Iranischen.

    Wahrend

    im

    Indischen die Verschlu131autc auch in Konsonanten

    gruppen ihren VerschluBcharaktcr beibehalten, werden sic im Ira

    nischen vor Konsonanten

    zu

    den homorganen Spiranten.

    Vgl.

    z.B.

    57

    :

    Ind.

    tapta

    ril,lakti

    priya

    mitra

    krilra

    svapna

    cyautna

    satya-

    tv am

    dabh-

    'erwiirmt'

    taBt'

    'lieb'

    'Vertrag. Freundschaft'

    'blutig,

    roh

    Schtar

    'Unternehmen, Tat'

    'seiend, wahr'

    'dich'

    Wort

    'betriigen'

    Iran.

    tafta- 'fieberkrank'

    irinaxti

    friya-

    mipra-

    xrilra-

    xvafna-

    syaupna-

    hapya-

    pvam

    vayzbis

    diwzadyai 'zu betriigen'

    3 4

    Auf den ersten Blick kann es nun den Anschein haben, als

    waren derartige Veranderungen auch aus anderen indogcrmantschen

    Sprachen bekannt.

    Im

    Altirischen entsprechen z.B. den lateinischen Wortern octo

    captus die Formen oc/zt caclzt 'Knecht', d.h.

    kt

    wurde

    zu

    xt

    und auch

    pt tiber jt

    zu

    xt Ebenso wurde

    ks

    zu

    xs

    und ps iiber fs gleichfalls zu

    56

    Vgl.

    die Hinweise bei

    Wackernagei-Debrunner,

    Altindischc Grammatik I Nach

    trage, 1957, 88f. ad T65,

    3 1; und

    insbesondere Thumb----Hauschild [siehe Fn.

    55),

    124;

    Kuiper, IIJ

    10,

    1967,

    81

    f.; Serebrennikov 1973:

    186.

    Einige Forscher ziehen cine

    spontane Zerebralisation vor, besonders bei den Nasalen (siehe Burrow,

    CfL 5

    1970,

    6f.;

    BSOAS 34, 1971. 538-559;

    35,

    1972, 543), aber spontan ist natiirlich keine

    Erkliirung: solange nicht gczeigt werden kann, daB die neue Artikulation allgemein

    oder

    auf

    gewisse genau bestimmte allophonische Stellungen beschrankt ist, mull sic als

    von aul3en eingedrungen gelten; ihre unregelma13ige Distribution spricht auch

    fiir

    einen fremden Brauch. nicht fiir eine interne Entwicklung.

    57

    Vgl.

    A. V. W.

    Jackson, An Avesta

    Grammar,

    1892,

    28f.: H.

    Reichelt, Awestisches

    Elementarbuch, 909, 34 f

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    29/56

    . 361)

    0

    SZEMERf:NYI

    xs

    Octztlich

    l l

    ss ;

    vgl.

    lat. coxa: air. coss

    leg,

    foot';

    Gallisch

    Uxellodwwm 'Highhury', air. uasal, kymr. uchl l high (aus -ps- . Aber

    darin zcigt sich dwn der gro13c Unterschicd. Wahrcnd im lranischcn

    der Wandel

    \or

    alll:rlci Konsonantcn cintritt, ist er im Kcltischen auf

    die gcnannll:ll

    Gruppcn,

    d.h. kt,

    pi,

    ks,

    ps,

    heschrankl, und laBt die

    VerschluBiautc \or allen andcrcn Konsonanten unberiihrt. Das ist

    besondas klar in Anlautsgruppcn wic tr kr- hr dr gr- usw., in dcncn

    allen dcr VerschiuLilaut scincn VerschluB hehielt.

    Dersdbe

    Wa:;dcl, mit dcnsclben Bcschrankungen, findet sich auch

    in den oskisrh-wnhri.schcn Dialekten ltaliens; vgl. umbr. rehte recte ,

    osk. scnjta.1 scriptae , usw.

    Das NeufiriedJisdze

    hat

    etwas Ahnliches. aber in einem noch be

    grcnztcren Umfang (siehe

    Thumb

    1912:

    15,

    26):

    die altgriechischen

    nr. 1

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    30/56

    INDOGERMANISCHE

    LAUTSYSTEME

    367

    crschcint (1968: 218); daB im Spiitbabylonischcn und Aramaischen

    bisweilcn I (d.h. fo fUr

    s

    stcht, vgl. hat/ujretu Apfclfarhc ncbcn h a ~ h i i r u

    Apfel , aram. pii[iirti Tisch aus pa.UfJru (1968: 219). Bcispiele wic

    dihmennu luMu

    wiircn fur unscr Problem von Interesse, aber die

    meistcn Alternationen (besondcrs h fiir k) linden sich im Anlaut,

    und die Altcrnanz ist nicht in irgcndciner klaren Formcl erfal3bar.

    Das geht noch klarer aus dcr dctaillierten Untcrsuchung von Knudsen

    (1969) hcrvor. Unter diescn Umstiinden wcrdcn wir wohl dcr Auf-

    fassung von Kaufman (1974: 116f., 151 f.) zustimmen miissen, daJ3

    diese vereinzelten Faile nicht die besser bekannte und regclmaJ3ige

    Spirantisierung im Aramaischen haben verursachen konnen.

    Es handelt sich hicr urn das sog. hegadkefat (bgd kpt)

    58

    Diese vox

    memoria/is deutet an, daJ3 die in ihr enthaltenen sechs Verschluf31aute

    in nachvokalischer Position zu den entsprechenden Spiranten werden;

    vgl. (Hebr.)

    para

    niederreif3en , impf. y i ~ j r o 1

    kiis f

    sich sehnen :

    yi-xsof kiipav schreiben : yi-xtov

    usw. Streng unterschieden werden

    also Anlautsstellung und postkonsonantische Stellung gegeniiber der

    postvokalischen. die wiederum intervokalisch oder priikonsonantisch

    sein kann

    59

    Nur

    in der postvokalischen Stellung tritt die Spirantisierung

    ein.

    Diese Entwicklung findet sich im Aramiiischen und sicher unter

    seinem Einflul3 im Hebriiischen. Fiir unseren Bereich

    kommt nur

    das

    Aramiiische in Frage, das ja als lingua franca in ganz Vorderasien

    schon seit Anfang des

    l.

    Jahrtausends

    v.

    Chr. im

    Gebrauch

    war und

    im persischen Reich als das sog. Reichsaramiiisch (oder Official

    Aramaic) die Kanzleisprache wurde Die Spirantisierung scheint nun

    heute mit wachsender Zuversicht in das 6. Jhdt.

    v.

    Chr. datiert zu

    werden

    61

    Da

    aber die Schrift einen Wandel immer erst mit einer

    58

    Fiir

    das

    Folgcndc vgl. W. Gesenius E. Kautzsch, Hebriiische

    Grammatik,

    leipzig

    25

    1889, 29,

    52

    f., 70f.; F. Rosenthal. A

    grammar

    of Biblical Aramaic ,

    3

    1968, 13;

    S. Moscati (Hrsg.). An introduction to the Comparative Grammar

    of

    the Semitic

    languages.

    2

    1969, 26f

    57;

    E.

    Y. Kutscher

    1970: 374, 386.403.

    5

    Q Es ist also nicht ganz richtig, wenn gesagt wird (vgl. v. Soden 1968: 214). dal3 die

    fraglichen Verschlit131aute intervokalisch

    und

    im Wortauslaut als Spiranten gesprochen

    werden; y fdJs usw. zeigen eben, dal3 ui.:sclbe Aussprache postvokalisch auch vor

    einem Konsonanten gilt.

    6

    Fiir das Reichsaramiiische vgl.

    Markwart.

    Ungar. Jb. 7, 1927, 91

    1

    ; Schaeder 1930:

    225f.

    = 27f.);

    Henning 1958:

    21f.

    Fiir Oflicial

    Aramaic

    siehe

    Kutscher

    1970:

    361 f

    61

    Siehe Kutscher 1970: 374. der sich auf Eilers Result ate stiitzt. Vgl. auch R. Meyer.

    Hebriiische Grammatik (Sammlung Goschen)

    I

    3

    1966, 22, 2; und schon ganz friih

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    31/56

    368

    0.

    SZI'\1FI

    SC). Im Aramiiischen wird cin

    Verschluf31aut nachvokalisch ganz allgemcin zu einem Spiranten, d.h.

    nicht nur vor eincm Konsonantcn, sondern auch vor einem Vokal.

    Die aramiiischc Regel ist also umfassender als die iranische. Wir

    konncn dicsc Bcobachtung umkchrcn und sagen: die iranische Regel

    stcllt cine Vercinfachung (simplification)

    der

    aramiiischen Regel dar.

    Abcr es ist auch wichtig zu vermerken, daB diese Vereinfachung einen

    besondcren Grund hat : im lranischen hiitte cine der aramiiischen

    glciche Regel zu eincr Kollision gefiihrt; denn wiihrend

    im

    Aramiiischen

    nach

    der

    Durchfi.ihrung dcr Regel intervokalisch nur die Spiranten

    existierten, gab cs

    im

    Iranischen sowohl die stimmlosen VerschluBiaute

    wic auch die stimmlosen Spiranten. alsop :f :p). Es ist also verstiindlich,

    daB zweisprachige Pcrsonen, mit Iranisch als ihrer Muttersprache,

    Wert darauf legten, die iranische intervokalische Opposition p:j)

    zu erhalten, und die Spirantisierung nur vor einem folgenden Konso-

    nan ten einzufiihren

    Da, wie schon festgestellt, die aramaische Spirantisierung urn 600

    v.

    Chr. stattfand, ist es begrciflich, daB die Obertragung

    auf

    das

    lranische

    zur

    selbcn Zeit durchgefiihrt werden muBte. Wahrscheinlich

    wurde die Neuerung zunachst in der fiihrenden Sprache des Reiches,

    im Altpcrsischcn. rczipiert und erst von dort auch in die anderen

    Provinzen verbn:itet.

    3.7. Zuletzt soli uns noch ein nicht so bedeutsamer, aber doch

    Schacder 1930: 244. Kaufman (1974: 117) m.:int, die Spirantisierung sei ,,a feature

    o

    lmpt. fi

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    32/56

    INOOGERMANISCHE LAUT.SYSTEME

    J69

    charakteristischcr Lautwandcl des Sudwcstcns bcschiiftigcn. lm Gcgen

    satz zu dem allgcmein-iranischen Zustand. dcr in dcr Tabclle (3./.)

    gczcigt wurde, nach dcm die idg. Palatalc als s und = rschcincn, findcn

    sich imAltpersischcn die Spiranten

    p

    und ) (oder

    d/()).

    Vgl. avcst. sar;xi- Jahr apcrs. t>arad-

    masgta- gro13tcr mapista-

    zasta- Hand dasta-

    az:lm ich adam.

    Dicse Vertrctungcn; die zum grof3tcn Tcil bis heutc weitcrlcbcn, sind

    aber nicht durchgrcifend :

    in

    vielcn Lcxemcn treten a ~ c h

    im

    Alt

    persischen

    s und =auf. Aufgrund cines streng lautgesctzlichen Be-

    kenntnisses meinten nun viele Forscher,

    in

    der Schicht mit p/d ein

    Echtaltpersisch erkennen zu konnen, wahrend die Schicht mit

    sf

    Lehn

    worter aus anderen Dialektcn, insbesondere aus dem Medischen,

    darstellen wiirde. Andere dagcgen mochten

    in

    der Abweichung nur

    eine mogliche Alternativaussprache erblicken

    63

    Die letztere Annahme

    scheint aber bei einer autochthonen Entwicklung nicht gut moglich zu

    sein. Dagegen ist die Beschrankung des Wandels auf einen Teil des

    Vokabulars wohl verstandlich, wenn der Wandel aus einer anderen

    Sprache hereingetragen worden ist. lch habe nun vor Jahren darauf

    hingewiesen

    64

    ,

    daB ahnliche Erscheinungen viel fruher auch im Ara

    maischen auftreten, und zwar zunachst im Westaramaischen, WO also

    keine umgekehrte StoBrichtung von Iran her angenommen werden

    kann. Die Fakten konnen etwa wic folgt skizziert werden.

    3 8 Nach der heutigen Lehre hatte das P r o t ~ S e m i t i s c h e (PS) vier

    interdentale Spiranten: zwei einfache p, )) und zwei Emphatica ( , if).

    Die einfachen sind

    in

    den verschiedenen semitischen Sprachen entweder

    erhalten (Arabisch; Ugaritisch zum Tcil) oder in S(ch)ibilanten ver

    wandelt (Akkadisch, Hebriiisch, Athiopisch) oder zu den entspre

    chenden VerschluBiauten erhartet (Syrisch, eine Spatform des Ost

    aramaischen). Die Emphatica sind iibcrall als Emphatica erhalten,

    obwohl die Typen sehr variabcl sind. Die Vertretungen sind aus der

    folgcnden Tabelle ersichtlich

    65

    :

    63

    Siebe Szemerenyi 1964:

    21

    f.; Lecoq, Acta lranica

    2.

    1975 55-62; Windfuhr,

    Monumentum Nyberg 2 1975, 466f.

    64

    Szemerenyi 1964: 22f. Die neti hinzugekommenen Tatsachen und: Behand

    lungen machen die folgenden Ausfiihrungen notwendig.

    65

    Fiir diese Aufstellungen siehe

    S.

    Moscati (ed.), An introduction to the comparative

    grammar

    of

    the Semitic languages, Wiesbaden 1969 27f.;

    J.

    Friedrich

    W.

    Riillig,

    Phonizisch-punische Grammatik, Rom

    2

    1970,

    7f.

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    33/56

    370

    0.

    SZf. vii.Jd

    S Akkad.

    llg.

    lkbr.

    Syr.

    Ar:.lb.

    Alhiop.

    s s

    t

    s

    ()

    l Vd

    z

    d

    ()

    z

    ) {:

    '

    )

    Q

    Q

    Die folgcndcn Bcisriclc mcigcn zur Veranschaulichung dicncn

    p

    Akk.

    (iim

    Bulk , Ut .

    pr.

    llehr

    'iir,

    Syr.

    tmrrii,

    Arab.

    pawr, Ath. Jor.

    1)

    Akk.

    '{ ::

    'rwhmcn',

    Lt' 'br) Cbd),

    Hchr.

    )1z, Syr. /Jd,

    Arab.

    'brJ. Ath. {1:..

    Akk ..

    1/ /u

    sch-28) meint K. A. Kitchen (S. 27),

    daB

    u i ~ s Z l b e z,,,, durch dcn in tkiDt>J:,che-r SchriCt aufgezeichneten aramiiischen. Text

    . \gL

    Kut-:i'Kr

    1'170: .1/ i) ~ r w 1 e s c n

    -';rd.

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    34/56

    INDOGERMANISCHE LAUTSYSTEME

    37

    des phonizischcn Atrhabcts - das kcine Zeichcn fiir dicse Lautc

    hatte die

    Aramiicr dazu zwang, untcr den vorhandenen phonizischcn

    Duchstabcn diejcnigcn zu wahlen, dcren Lautung dcr Lautung dcr

    jenigen Phoneme, die man bczcichncn wollte, am nachstcn kam

    68

    Nach diescr AufTassung verlicf also die Entwicklung wic folgt

    9

    :

    PS

    yph

    sitzcn > altaram. yph (gcschricben y ih) > yth

    PS tlhh Gold >

    altaram.

    tlhh

    (gcschricoen

    ::hh > tlhh.

    3.8.2.'2. Eine cntgcgengesetzte Ansicht, die cine Friihentwicklung ver

    tritt, meint, daf3 die fiir das Aramaische so charakteristischc Ent

    wicklung zu

    t,

    schon zu der altaramaischen Zeit abgeschlossen war

    und daB die Schrcibung s : einfach einen graphischen Kanaanismus

    darstellt

    70

    3.8.2.3. Zuletzt wurdc auch die Ansicht geauf3ert - sic konnte viel

    leicht als die schrijigetreue bezeichnet werden - dal3 die Schreibungen

    mit

    s

    = und

    .y

    gesprochene Kanaanismen darstellen, neben denen

    aber auch die eigentlichen aramaischen Vertretungen schon von allem

    Anfang an

    da

    sind; die Jetzteren gewinnen dann allmahlich die Ober

    hand

    71

    3.8.2.4.

    Nun

    ist es

    auf

    den ersten Blick klar,

    dal3

    cine schriftgetreue

    Aussprache

    72

    nur in dem Sinne verstanden werden kann, daB sie in

    der Schriftsprache, besser gesagt in der

    Schreiberpraxis,

    verwendet

    wurde. Das bedeutet, daB diejenigen, die die Aufzeichnung von zu

    verewigenden Aussagen auf aramaischem Sprachgebiet bewerkstelligen

    muBten, diese Aufgabe natiirlich im Besitz einer bestehenden Schrift

    iibung, eben der kanaanaischen, ausfiihren muBten; sole he Person en

    wuBten

    aber

    auch sehr wohl Bescheid iiber die lautlichen Ent

    sprechungen zwischen Kanaanaisch und Aramaisch

    73

    Es handelt sich

    aber eben urn Schreibpraxis, nicht urn die einheirnische Aussprache.

    68

    Vgl. Garbini, I.e.; Degen 1969: 32f. (das Zitat von

    S.

    34), auch schon friiher in:

    Degen 1967: 59; Kitchen, o.c.,

    27.

    - Eine Variante dieser Ansicht wird eigentlich

    auch durch Schaeder (1930:

    244

    vertreten.

    69

    Siebe Moscati, o.c., 29.

    70

    Vgl. Moscati, o.c., 29; Degen 1969:32.

    71

    Siehe R. Stiehl

    in:

    Altheim--Stiehl, Die Araber in der Alten Welt I (Berlin 1963 ,

    213-236, bes. 230, 232.

    72

    Diese Ansicht wird von Kutscher (1970: 360) m.E. nicht rkhtig verstanden

    und ohne Argumente abgclehnt - ich weiB allerdings nicht, ob die versprochene

    Behandlung je crschienen ist.

    7

    Deshalb ist auch cine Argumentation nach phonemsystematischen Gesichts

    punkten (Degen 1969:

    33

    bier fehl am Platze.

    ----------------

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    35/56

    372

    0 SZEMHd:NYI

    Ein verglcichbarcr Fall wiire die Praxis der attischen Prosaschrift

    stcllcr des 5

    Jahrhundcrts

    v.

    Chr.,

    dcrcn Jetzte charakteristische

    Rcprihentantcn, Antiphon t411) und Thukydides, bewu6t an den

    schriftsprachlil:hen ( = jonischen) Charakteristika, namlich pa und

    statt attisch pp und H festhicltcn

    74

    Es diirl'tc also klar scin, daB cine solche Interpretation des Laut

    standcs dcr altaramiiischcn Dcnkmaler an dem wesentlichsten

    Punkt

    vorbeigeht, namlich was die Aussprache des Aramaischen selbst war.

    Die kann sic naliirlid1 auch gar nicht aufklaren. Abcr ebcnso unzu

    reichend schcint mir die Begrundung fiir die Verwendung von s z bei

    der konservativen

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    36/56

    INDOGERMANISCIIE LAUTSYSTEME

    . 373

    auch analogische Schfusse aus dcm phonologischcn System sclbst

    (3.8.3.2.)

    und zulctzt Indizien aus frcmden Sprachcn

    (3.8.3.3.).

    3.8.3.1. In den altaramiiischen Inschriftcn bis ca. 600 v. Chr. finden

    sich mehrcrc mchr oder wenigcr sichcrc Beispicle eincr Abwcichung

    (t, d

    von dcm allgcrncincrcn Usus

    U z .

    3.8.3.1.1.

    In den von Degen (

    1969

    bchandelten lnschriften aus dem

    IOAS.

    Jh.

    v.

    Chr. wird die aramiiische Entsprcchung zu PS

    p

    und

    f

    allgemcin mit

    s

    und

    z

    wicdcrgegeben. Nur in den

    Insclmften aus Sjire

    bei Aleppo (ca. 750

    v.

    Chr.) scheint cine Abweichung bcobachtbar zu

    sein

    75

    In

    8

    sicheren Fallen wird die Entsprechung zu PS

    p

    mit s

    geschrieben, viellcicht sogar

    in 3

    weitcren, die aber nicht ganz gesichert

    sind. Dagegcn erscheint die Entsprechnung

    1

    in einem sichcren Fall:

    yrt

    cr

    moge erben' (Sfire I C 24), vgl. hebr.

    yrJ,

    syr.

    yrt.

    Unsicher ist die

    von Fitzmyer vorgeschlagene Segmentierung

    btn

    (Sfire I A 32)

    'Schlange'

    (?).

    vgl. ugarit. pz (vgl. aber Fn. 83). Ein drittes, vielleicht

    etwas besser gesichertes Beispiel wurde die Entsprechung d fiir PS

    o

    erweisen, falls die durch

    hid

    (Sfire I C IR lies

    uhalid)

    und weitere

    Formen repriisentierte Wurzel llrd von den meisten Forschern richtig

    mit hebr.

    lll z

    weichen' identifiziert wird

    76

    Wie ersichtlich, ist von den drei Beispielen

    nur

    cines ganz sicher :

    yrt.

    Aber Degen hat auch dieses zu entkraften versucht 1969:

    43):

    da die Form vor cinem folgenden Spiranten auftri tt (yirat sudih),

    mochte

    er

    das

    1

    von

    yiral

    als aus

    p

    vor

    s

    durch Dissimilation im

    Sandhi entstanden erklaren.

    Das

    ist natiirlich nur moglich, wenn die

    PS Interdentale p o noch erhalten waren. was eben wiederum erst

    bewiesen werden mii.l3te. Und in jedem Fall crscheint nicht das nach

    seiner Theorie zu erwartende s In seiner ersten Behandlung ( 1967 : 59)

    fragtc sich Degen noch,

    ob t

    in yirat ararnaisches

    1

    oder schon Spiranti

    sierung des postvokalischen t, also p (nach dem bgdkft-Gesetz ),

    reprasentieren konnte; das letztere ware wahl zu friih angesetzt, aber

    das erstere ist noch immer cine Moglichkeit. Jedenfalls liegt aber

    auch dann nicht das erwartete s vor.

    5

    Fiir das Folgende

    vgl.

    Fitzmyer 1967: 49, 76,

    129

    Fn. 42. 150; Degen 1967:

    57f.; 1969: 35f.; Kutscher 1970:.360 (mit einem Druckfehler in dem Hinweis

    auf

    Fitzmyer)

    .

    '

    6

    Degens Argumentation (1969: 32 Fn. fO: >>Eine gemeinsame etymologische

    Herkunft ist aber ausgeschlossen. da ein hebr. : nur auf ursem. /llf oder /:1 7Uriickgehen

    kann. ein al aram. dagegcn nur auf

    ,'di.")

    ist natiirlich unannehmbar: sic sctzl

    voraus, was bewicsen werden solltc. - Ober die Verbalform siehe auch l\lilik 1967:

    570 Fn. 3.

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    37/56

    74

    0. SZEMERi=.NYI

    3.8.3.1.2. D

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    38/56

    INDOGERMANISCiiE LAUTSYSTEME 375

    Interpretation der c r ~ i i s c h e n Namensform

    durch

    die

    Form

    r . ~ y n

    in der

    Jcsajarolle von Qumran

    bcstatigt wurdc.

    Das

    bcdeutet, daB

    q

    in

    dcr

    Form rqy des Rcichsaramiiischen (spiitaram.

    r y)

    schon cine historische

    Schrcibung ist, die gcsprochene

    Form

    hattc schon im 8 Jh. cin ayin

    80

    Wenn also die stimmhaftc Emphatica schon im 8 Jh. sich zu der

    klassischcn

    Form

    cntwickclt hattc,

    dann

    kann angcnommcn werdcn,

    daf3 auch der

    stimmlosc

    Partner

    sich schon

    ZU

    cntwickelt hattc. Wir

    wcrden auch

    kaum

    fehlgchen, wenn wir wcitcr schlicf3cn, dal3 auch die

    einfachen Interdcntalc urn diese Zeit oder nicht vic spiiter ihrc

    klassische

    Form

    1,

    d)

    erreichten

    81

    3.8.3.3.

    Eine weitere Stiitze erhiilt dieser Schlul3 von

    den

    Nachbar

    sprachen.

    3.8.3.3.1.

    Schaeder

    hat schon vor fast einem halben

    Jahrhundert

    darauf hingewiesen (1930: 244 46).

    daf3

    der Obergang von ) zu d

    auch

    durch

    zahlreiche mit -idri komponiertc Namensformcn in Keil

    schrifturkundcn schon fiir das 8./7. Jh. fiir Assyrien und Babylonien

    bezeugt ist. Dieses Element repriisentiert aramiiisch dr Hilfe ( hebr.

    zr);

    vgl. auch den biblischen

    Namen Hdd::r Hadad

    ist (meine)

    Hilfe'

    8

    Unabhiingig von Schaeders Ansichten iiber die friihe Spiran

    tisierung bleibt die Tatsache,

    daJ3

    im

    Akkadischen d,

    und nicht

    ::

    verwendet wird, womit ein aramiiisches d nicht

    ::

    crwiesen ist.

    3.8.3.3.2. Ein weiteres interessantes Beweisstiick findet sich im Jesa

    jabuch.

    Als Bezeichnung fiir

    die Viper

    erschcint

    da p ten (II

    ,8,

    auch

    Psalm. 58,5; 91, 13), das, wie allgemein

    anerkannt,

    identisch ist mit

    syrisch

    patnii,

    ugar.

    bjm, arab. bajwn, akkad. basmu

    '(mythische)

    Giftschlange'. Hier interessiert uns

    nur

    der mediale Dental. Es ist klar,

    dal3 als ursemit isch

    der

    stimmlose interdcntale S pirant

    p

    anzusetzen ist.

    Dann

    aber

    miiJ3te die hebriiische

    Form

    ein

    s

    nicht t haben.

    Das

    letztere kann

    nur

    als ein aramiiischer Zug erkliirt werden

    83

    ,

    d.h. das

    8

    Fiir dieses Argument siehe Kutscher 1970: 353.

    81

    Vgl. dazu auch Kutschers Argument (1970: 390): The Old Aramaic inscriptions

    reveal an excess

    of

    four phonemes, i.e. PS

    /p,

    o

    f, rJ/

    over the Ofl'icial Aramaic. In our

    period { Official Aramaic, 700-300 B.C.), as the spelling

    of

    Biblical Aramaic clearly

    proves, these phonemes no longer exist. This also applies to Elephantine ... i.e. the

    fifth century

    B

    C..

    8

    Vgl. auch

    Altheim-Stiehl,

    Die

    r a ~ r

    in der Allen Welt I, Berlin 1963, 216f., 225

    83

    Garbini

    (1960: 34) meint, dal3 die ErkHirung des Wortes als aramiiisches Lehn

    wort schwierig sei, da der aramaische Wandel im

    8

    Jh. noch nicht vollzogen worden

    -

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    39/56

    376

    S/.L:\1f RLNYI

    Wurt

    ist em ararniiisdJcs Lchnwort, und

    damit

    ist

    der aramaische

    Cibcrgang p > t fiir das sptitc 8. Jh.

    auch

    von dicser Seite besHitigt.

    3.8.3.4. Aufgrund all dicscr Bcobachtungcn ist

    der

    SchluB unver

    mcidlich, daf3 trotz dcr aile Ncucrungcn lange vcrschleicrnden Tradi

    tionsgcbundcnhcit

    dcr Orthographic

    die gesprochcne

    Sprachc

    die

    scmitischcn

    Spirantcn

    p (und

    auch

    die Fmphatica ) schon im 7. Jh.

    wcnigstcns zum Tcil zu

    V n ~ ; c h l u ~ ~ l a u t c n

    vcrwandcltc, so dass von

    da an

    cinigc Zeit

    p

    a und

    t

    d

    als frcie Variantcn ncbcneinander lcbten.

    3.9. Scit dcm 7. Jh. warcn also in den akkadischen Staaten neben

    akkadi'>chcn

    Formcn

    (mit

    .S ::- auch

    etwas abweichende aramaische

    Formcn

    (mit

    p r

    hi:irbar,

    und

    zwar

    in d c n ~ e l b e n

    \Votern.

    Voter

    diesen

    Umstandcn

    i:,t

    es kein

    Wunder,

    daf3

    in den

    angrenzenden Gebieten

    der

    lranier.

    insbesondere in der

    zur

    herrschendcn Macht aufsteigenden

    Persis. schon im fri.ihen 6. Jh. dicsc Mode wahlweise adoptiert wurde

    und neben den

    bodenstandigen

    Formcn mit s z

    modische Formcn

    mit

    p und

    d/rl

    aufkamen, die: in

    vielen Hillen die urspriinglichen

    endgtiltig v e r d r i i n g t e n H ~ .

    3.10.

    Es ergibt sich also als wichtigstes Resultat unserer diachronen

    Betrachtungcn,

    daf3 im indo-iraui:.chen Sprachgebiet in mehreren Fallen

    Erscheinungen faHbar werden, die am besten durch Trubetzkoys

    Terminus

    Sprachbund

    8

    charah.:risiert

    werc en

    konnen.

    Am schonsten

    scheint

    mir aber

    dieser Begriff von Sapir (1921: 198f.) veranschaulicht

    worden

    zu sein :

    >>One of

    the most

    curious

    facts

    that

    linguistics has

    to

    note is the

    occurrence of striking phonetic parallels in totally

    unrelated

    or

    very remotely relat,;d languages

    of

    a restricted geographical area.

    Die

    amerikanischen

    Indianersprachen, die von Si.idalaska bis

    nach

    Zentralkalifornien

    hin gesprochen werden - und zu mindestens vier

    g:1nzlich unverwandten a m i l i ~ n

    gehoren

    -- ,

    haben

    fast aile gewisse

    wichtige

    phonetischc

    f\,fcrkmak

    gcmein; das Hauptmerkmal

    ist eine ,

    glottalisiertc Verschlul\lautrdht:. )>We cannot avoid

    the

    inference

    sagt

    ap i r that

    there

    i:.

    a tendency for speech

    sounds

    or

    certain

    distinctive

    manners of

    articuLiliun

    to spread

    over a continuous area

    sci. Er halt t's

    seltsamcn,chc fUr

    ,., ''zcr schwicrig, aufg1und dicses

    Wortes eine

    Dialcktvariation inncrhalb dcr h e b r a i ~ c - L c n Literatun:prache

    anzunehmen

    - Obrigens

    isr

    es

    intercssant.

    dall,

    falls

    i t z m y ~ r

    1 ~ 1 h t

    hat

    19117:

    49,

    siehe

    oben

    3.8.3.1.1. ,

    gcrade

    d i ~ o c s

    Wort

    'chon im Aram:iischen i\lilt

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    40/56

    INOOGERMANISCHE LAUTSYSTEME 377

    in

    somewhat the same-way that elements of culture ray out from a

    geographical center, und zwar am wahrscheinlichstcn uber zwci

    sprachige Personen. Jakobson (SW I 244)

    fi.igte

    noch die Sprachcn

    der Kaukasusregion hinzu, die ihrerseits klarc Ahnlichkciten

    im

    Konsonantismus aufweisen, auch wenn sic genetisch so wenig

    zusammengehoren wie das Nord- und Sudkaukasische, das Armcnische,

    das Ossetische, das Zigeunerische und das Tiirkische. Und Serebrcn

    nikov hat jungst (1973: 186 mit Recht

    auf

    den reduzicrten Vokal

    hingewiesen, den aile sog. Balkansprachen besitzen,

    vgl.

    ruman.

    i,

    bulgar. b alban.

    e

    3.ll.

    Diese Art des Zusammengehens genetisch nicht verwandter

    Sprachen in gewissen Teilen des phonologischen Systems ist auf dem

    indo-iranischen Gebiet am klarsten im Vokalismus erkennbar. Die

    anderen heiden Konvergenzerscheinungen betreffen entweder

    nur

    einen

    Teilaspekt, die Phonotaktik, oder sogar

    nur

    einen Teil des Wort

    schatzes. Die Anfangsphase der letzteren Entwicklung, das Zusammen

    leben von Varianten, findet cine schone Parallele

    im

    Neupersischen,

    wo altes p unter dem EinfluB des Arabischen (oder in arabischem

    Munde) oft mit f abwechselt, vgl. Fiirs

    Piirs

    jiruz peroz siegreich ,

    gosfand gospand Kieinvieh , safet5 : sipet5 weiB usw.

    86

    Es ist offenbar, daB aile drei ModaliHiten von groBer Wichtigkeit

    sind fiir die allgemeine

    S p r ~ c h w i s s e n s c h a f t hier die Prinzipienlehre der

    Diachronic. Sie scheinen im schOnsten Einklang zu stehen mit Bhats

    new hypothesis on language change, nach der regelmiil3ige Lautent

    wicklungen durch transmission to a new generation

    of

    children

    entstehen, sporadische dagegen from language contact affecting

    adult behaviour. Besonders die dritte Moglichkeit ist aber auch mit

    der wieder starker in den Vordergrund tretenden Auffassung im Ein

    klang, nach der Lautwandel nicht global und im Handumdrehen voll

    zogen wird, sondern sich von

    Wort

    zu Wort iiber eine liingere Zeit

    hinweg verbreitend

    nur

    im Endeffekt das statistisch richtige Resultat

    der (fast vollstiindigen) Ausnahmslosigkeit ergibt

    3 12 Das groBe Obergewicht, das bier den Kontaktphiinomenen

    auf

    86

    Siehe Horn 1898-1901 78.

    87

    Vgl.

    insbesondere Wang 1969; Chen

    .

    Hsieh 1971; Chen 1972; Hsieh 1972;

    Labov 1972: 100; Vennemann

    .

    Wilbur 1972: 149; Bailey 1973 (bes. 77f.); Labov 1973:

    243; Ohala 1974: 356, 369; Washabaugh 1974: 29f.; Labov 1975 (bes. 829f., 834);

    Chen

    .

    Wang 1975; Johnson 1975; Sherman 1975. - Eine ausgezcichnete Obersicht

    und Stellungnahme bictet Hock 1975, bes. 5,

    4f

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    41/56

    378

    0 . SZEMUd:NYI

    dem

    (iebict des

    Lautlichcn

    zuteil

    wurdc,

    darf

    nicht

    den

    Eindruck

    cr'.':cckcn, als k('lnnten Sprachbundcrscheinungen

    auf

    das Lautliche

    b c s c h r ~ i n k t blcibcn. Ncin,

    nebcn den phonetischen

    Ahnlichkeitcn

    kon

    nen immcr auch Par;dlclcn in der Morphologic, Syntax und im Lexikon

    fcstgestcllt wcrdcn ss. A uch in unsercm Faile i s ~ cs

    so

    - wie ich es

    bei eincr andcren Gdq:enhcit hoffe nachwciscn zu

    konnen

    ---.

    da 3

    das

    l ranischc auch auf dicsen

    Gebieten

    bcdeutcnde Impulse von dcr

    Umwclt

    c r n r t ~ m g c n

    hat.

    3.13.

    Im

    Zusammcnliang

    mit diescr Umwelt

    mu 3

    noch

    kurz

    auf

    die

    Frage dcr

    o k a l i ~ i c n m g dieser

    Kontakte

    eingegangen werden.

    3.13.1.

    Obcn wurdc

    fcstgcstellt

    2.6.

    s

    fin. ,

    da 3 die

    Aricr

    spatestens

    seit 2000

    v.

    Chr.

    am Rancle,

    zum

    Tei

    sogar innerhalb

    der

    Sphare

    der

    scmitischen Welt Vorderasiens lebten

    und sogar

    die herrschende Klasse

    im syrischcn

    Mitanni-Staat und

    in

    manchen

    Stadtstaaten

    Palastinas

    stellten.

    \Venn

    nun angenommcn wird, dal3 die indogermanische

    Urheimat

    im 3.

    Jahrtausend

    in Europa war und die

    Arier

    damals in Siidru 31and

    salkn. dann scheint es

    doch am einfachsten

    zu scin,

    die Arier iiber den

    Kaukasus nach Vorclcrasicn gclangen zu lassen, so wie rund anderthalb

    Jahrtausende

    s p ~ i t e r , im 8.

    Jh.

    v.

    Chr.

    (c. 720), die

    Kimmerier,

    von

    den

    Skythen aus ihrcr Heimat in Siidruf3land vertricbcn, iiber den Kaukasus

    zuniichst in

    das Land Urartu

    zogen zwischen Van-See

    und Urmia

    See.

    Wir

    wissen auch, daB sich. von den Assyrcrn zuriickgeschlagen, die

    Kimmerier

    im 7

    ..

    I;

    nach Westen wandten, wo

    sic vielleicht

    schon

    696 v.

    Chr.

    (oder erst 07t,?) das Pltryger-Reich zerstorten und urn 650 Lydien

    und Konig

    Gyg:> angritTen; kleinercn

    Gruppen gelang

    es, sich in siid

    licher Rich tung n

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    42/56

    INDOGERMANISCHE LAUTSYSTEME

    379

    Dicse historisch gcsichcrten Vorgiinge bicten cine Parallelc

    9

    ,

    die

    zeigt, daB cs auch schon fri.iher ohne weiteres moglich war, daB Arier

    tiber den Kaukasus nach Vorderasicn eindrangcn. Da aber die

    Mitanni-Arier wohl Vorindcr warcn - das Schibholeth ist das

    Zahlwort

    aika

    eins

    91

    - miiBten dicse Vorindcr sich schon

    in

    Sudrul31and odcr auf ihrcn Wandcrungcn von den Voriranicrn abgc

    sondert haben, odcr sic muBten sich von den nach Indicn gewandcrtcn

    Vorindcrn (ctwa

    am

    Arai-Sec?) gctrcnnt habcn und

    dann

    iibcr Nord

    iran nach Mitanni gczogen scin. Die lctztcre Auffassung schcint so wcit

    her geholt zu scin,

    dal3

    sic wohl

    ohnc

    weiteres abgelehnt werden kann.

    Also: wenn die Arier kurz vor dem in Frage stehenden Zeitpunkt

    (: Ende des

    3.

    Jahrtausends) in Siidru131and sal3cn,

    dann

    werden sic

    iiber den Kaukasus nach Vorderasien gekommen sein.

    Aber

    ihre

    Kontakte

    mit dem europaischen Hinterland waren (wie auch spater

    im Faile

    der

    Kimmerier und Skythen) nicht abgerissen, so daB vorder

    asiatische linguistische Impulse weitergeleitet werden konnten.

    Das

    trifft auch dann noch zu, wenn die Vorinder schon auf einer nordlichen

    Route in die Aral-Gegend gelangt waren,

    da

    die Verbindungen auch

    hier sicher nie abrissen.

    3.13.2. Wie steht es aber, wenn die Jndogermanen nie cine Urheimat

    in Siidrul3land oder in irgendeinem anderen Teil

    Europas

    hatten?

    Wie bekannt, wurde im letzten

    Jahrhundert

    anfanglich allgemein cine

    asiatische Urheimat angenommen,

    und

    nach einem, wie man sagen

    konnte, europaischen Intermezzo haben sich in neuerer Zeit wieder

    mehrere Forscher zu dieser Auffassung bekehrt

    9

    Dabei gibt es im

    Einzelncn mehrere Moglichkeiten fiir die Interpretation der spateren

    Entwicklung.

    3.13.2.1.

    Nach einer Auffassung, die heute besonders von

    der Archao-

    9

    Wie bckannt, wurde von Sommer ein gleich gerichteter Vorstol3 auch fiir die

    Hethiter angenommen, aber r wird weithin bezweifelt, vgl. Otten in : Fischer

    Wcltgeschichte, Bd. 3

    Frankfurt/M.

    1966 107.

    91

    Vgl. zuletzt Mayrhofer, Die Vorderasiatischen Arier, Asiatische Studien 23.

    1969,

    139-154, bes. 150; Die arischen Sprachreste

    in

    Vorderasicn Eine Abwehr

    er

    Hyperkritik, Acta Antiqua Acad. Hung.

    20, 1974, 271-282;

    Gindin, Nckotoryje are

    al nyje xarakteristiki hettskogo I,

    in:

    Etimologija

    (1970),

    Moskau

    1972, 272-321;

    Kikkuli, -wartanna et le probleme de l appartenan.ce indo-ary enne des Aryens, du

    Proche-Orient, Orbis 21, 1972. 227-233; Burrow 1973: 123.

    9

    Obcr

    die

    fUr

    cine Lokalisierung

    der

    idg.

    Urheimat

    verwendeten Argumente siehe

    1\ lallory, JIES

    l,

    1973, 21-65.

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    43/56

    380

    0.

    SZEMERENYI

    login Marija Gimbutas vcrtretcn wird

    93

    , sind die Urindogcrmanen

    in den Tragern

    dcr

    Kurgan-Kultur fal3bar, die sich von der unteren

    Volga his nach Kazakhstan erstreckt. Wesentliche Unterschiede gibt

    es in ihren Zeitansiitzcn. In

    dcr

    fruhen Arbeit (siehe bcs.

    die

    Zusammen

    fassung,

    S.

    567 f.) wird die Expansion nach

    Europa

    in die zweite Hiilfte

    des

    3. Jt.

    verlcgt, abcr unser Problem wird erst im 2. Jt.

    aktuell:

    >>Die Verbreitung der lndoiranier nach Persien und Indien vor oder

    nach der Mittc des

    2.

    Jahrtausends scheint mit der Ausbreitung der

    bronzczeitlichen Andronovo-Gruppe nordlich und ostlich vom Kas

    pischen Mcer und Aralsee in Verbindung zu stehen. Ihr Ausliiufer, die

    Tazabag jab-Kultur, zeigt eine stiindige Expansion in siidlicher und

    ostlicher Richtung um das

    15.

    und 14. Jh. v. Chr.. In den spliteren

    Arbciten wird dcr Beginn der Expansion schon

    in

    das

    5.

    Jt. versetzt;

    expansion to Transcaucasia, Iran, and parts of Anatolia during the

    second

    half

    of

    Lhe

    fourth millennium B.C. und raids

    and/or

    ex

    pansion ... to Syro-Palestine and possibly Egypt around 2500-2200 B.C.

    (2, 191, und Fig. 27). Diese nicht ganz klaren Aussagen werden a her

    prazisiert: during the Kurgan III phase [= 3500-3000 B.C.] ... the

    Kurgan peoples must have crossed the Caucasus mountains and

    dispersed to Azerbaidzhan, eastern

    and

    northern central Anatolia,

    and northern Iran (2, 181 ), und vielleicht noch wichtiger: We can

    surmise that at about the middle of the third millennium B.C. most of the

    lands in the Caucasus. Anatolia, and Iran which in later periods are

    known to have been under the control of IE kings had already been

    invaded by the Kurgan people (2, 182).

    Die linguistische Seite

    Jer

    spiitercn Auffassung (iiber den Kaukasus)

    wurde schon oben 3./3.1.) beriicksichtigt. Bei

    der

    friiheren Auffassung

    . ist der Zeitansatz in jedem Fall zu spat. Der geographische Aspekt

    wurde ohne Schwierigkcitcn sein, denn wie die Anwesenheit

    der

    Mitanni-Arier zcigt, war cine Abschwenkung nach Vorderasien und

    von da cine Riickkoppelung

    an

    das Hinterland ohne weiteres gegeberi.

    01

    l r weis;:- nm

    auf

    drei /\ufsiitze hin : (I)

    The

    Indo-Eur-opeans.: ArcheoJ.ogical

    Problems, American

    Anthroroloeist

    65, 1 163, 815-836, in

    deutscher

    Obersetzung

    (wonach hier ziticrt wird)

    in:

    S..:hercr I IM: 538-571. -

    2) Proto-Indo-European

    Culture:

    The Kurgan Cul ure

    during

    the Fifth,

    Fourth.

    and Third Millennia B.C., in:

    Indo-European and Indo-Europeans,

    1971. 155-197 (vgl. Szemerenyi,

    JL

    10, 1974, 184).

    (3) Old

    Europe

    c. 7000-3500 B.C. :

    The

    Earliest

    European

    Civilization before the

    Infiltration of the

    IE peoples.

    JIFS

    I, 1973, 1-20;

    The

    beginning

    of

    the

    Bronze

    Age

    in

    Europe and

    the

    J n d t - E u r o p c : m ~ :

    3500-2500 B.C., ibid. 163-214. - Von Interesse ist

    vielleicht noch

    der

    polemis..:he Austausch zwischen R. Schmidt und M.

    Gimbutas,

    JIES 2. 1974, 279-307.

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    44/56

    INDOGERMANISC IE Li\UTSYSTFME

    381

    Es soli

    abcr

    rticht vcrschwicgcn werdcn, daB nach dcm cmincnten

    spanischcn Archaologen Bosch-Gimpcra

    94

    cine Einwanderung aus

    dem

    Norden

    (d.h.

    Andronovo-Kultur

    beim Aral-Sec) unmoglich ist,

    da there is nothing

    in

    fran in the 2nd millennium that

    is

    related to

    Andronovo

    (515);

    der

    Einzug von franiern nach

    Turkestan

    (bis

    Chwarczm)

    muf3

    a us Iran erfo lgt scin, und zwar urn I 000

    v

    Chr. Die

    Vorfahren

    der lndo-Iranier

    kamen von

    der

    untercn Volga tiber den

    Kaukasus nach Asien und nicht tiber den Oxus. Die Vori11doarier sind

    aus

    Nordiran

    Ende des

    2 Jahrtausends

    wcitergewandert.

    3.13.2.2. Wenn Bosch-Gimperas Einwande gcgen eine nord-sudliche

    Einwanderung

    nach Iran zu Recht bestehen, dann ist dadurch auch die

    Auffassung derjenigen Indogermanisten widerlegt, nach denen die

    indogermanische Urheimat in Asien lag und die (Vorfahren der) Indo

    Iranier Asien nie vcrlief3en.

    Nach Charpentier und

    Brandenstcin wird

    diese

    Theorie

    in neuerer Zeit von G. Ivanescu und besonders eingchcnd

    von

    T

    Burrow begrundet

    95

    . Bcide setzen

    Kazakhstan

    als die eigent

    liche Urheimat an, aber in Burrows neuerer Arbeit wird es nicht klar,

    ob er

    dieses Gebiet als die

    primare Urheimat der Indo-Iranier

    ansieht

    oder, wie friiher (1955: 9, 12), als sckundar gegeniiber der primiiren

    .

    Heimat der

    Indogermanen in Sudruf31and betrachtet. cine Ansicht,

    die auch von T. Milewski vertreten worden ist

    96

    Da Burrow versucht,

    die. von (russischen) Archiiologen iibernommene Urheimat-These

    linguistisch zu untermauern, sei hier vermerkt, daJ3 die meisten

    Argumente

    auJ3erordentlich schwach sind. Zwei Beispiele sollen dies

    veranschaulichen.

    Burrow

    meint ( 1973 : 126 f.),

    daJ3

    der Name des Ox us, Sanskrit

    Vak.yu

    von ind. vah- flieJ3en mit Suffix -su- gebildet sein

    kann

    und

    dann

    wegcn aus

    h ~ s

    indisch sein

    muJ3 Da aber das Wort auch in

    Khotan.

    b a ~ y i i

    Fliisse auftritt, kommt cine Entlehnung nicht in Frage.

    Dagegen

    ist

    cine befriedigende Herleitung von

    der

    idg. Wurzel

    bheg,.-

    94

    Bosch-Gimpera. The migration route

    of

    the lndo-Aryans, JIES I 1974, 513-517.

    B-G.

    glaubt

    natiirlich an eine europiiische Urheimat der lndogermanen.

    95

    J Charpentier,

    The

    original homeland

    of

    the Indo-Europeans, BSOS 4, 1926,

    147-170, esp. 164 (: Turkestan); W. Brandenstein, Die erste idg.

    Wanderung,

    1936,

    vgl.

    aber

    dagcgen den Aufsatz von 1962, nachgedruckt in: Scherer 1968: 523-537, wo

    der

    Siidful3 des

    Urals

    angegeben wird (533);

    G

    Ivanescu, Verite et

    erreur

    dans

    a

    recherche des dialectes proto-indo-europeens, Philologica (Bukarest) I, 1970, 9-35,

    bes. 26 f.; T. Burrow 1955, 1973.

    9

    Milewski, Die DiiTerenzierung

    der

    indoeuropiiischen Sprachen,

    LPosn

    12-13,

    1968, 37-54, bes. 42, 44.

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    45/56

    3X

    'laufen,

    flidkn

    mii).dich. die in

    dcr

    crweiterten

    Form

    *hhcg -su-,

    iran.

    hax.i:u- in dem Nomen (und Namcn) *Baxiiu erscheint. Wie im

    Ost

    iranischen Liblich,

    wurdc h-

    schon fri.ih zu v-,

    und

    Va:du

    wurde

    als

    (hos in Jas Griechischc, als Vak.yu in

    das

    Indischc iibernommen. Die

    Wurzel hhef?

    -

    die a s Variantc von *bheug- (vgl. lat.

    (l1gio,.

    gr.

    ti

  • 8/9/2019 Szemernyi - Sprachtypologie, Funktionelle Belastung, Und Die Entwicklung Indogermanischer Lautsysteme (1977)

    46/56

    INDOGERMANISCIIE

    LAUTSYSTEME

    383

    daeva ma.fya n o ~ den alten Gegensatz Gott Mensch be

    zcichneten

    tot .

    Damit ist aber erwicscn,

    dal3

    dcr Ohcrgang von

    'Gott'

    zu 'Damon, Teufel' im lranischen selbst crfolgt ist; die ErkUirung

    dafi.ir wurde schon lange von Lommel geboten

    to

    2

    3. I 3 2 3

    Aufgrund sprachgeographischcr Untersuchungen hat vor

    kurzcm Windfuhr das Dialektbild

    der

    alten Zeit ncu gcdcutet. Das

    Wesentlichste an der neucn Auffassung ist, daf3 die Vorperser noch

    im

    9.

    Jh. v. Chr. aus dem Nordosten (

    =

    Parthia) nach Siiden und

    Westen zogcn (1975: 467). lch muB gcstehcn,

    da/3

    mir das neue Bild

    nicht als erwiesen erscheint : die 7 phonologischcn und 5 morpholo

    gischen Merkmale werden gewaltsam hin- und hergezerrt. Das Merk

    wiirdigste ist wohl die Behandlung des Wandels y > (465-466).

    Windfuhr meint, daB dies ein typischer ostiranischer Wandel sci, der

    im nordostlichen Iran vollzogen wurde; da

    er

    aber im Altpersischen

    nicht vorhanden ist, d.h. von den_Yorpersern nicht mitgebracht wurde,

    it must have been introduced into the older Persian of Fars by a

    superstrate, by one of various groups from the NE, perhaps the Pre

    Sasanians, who established themselves in Fars. Das Interessanteste

    dabei ist, daB das Parthische den Wandel iibcrhaupt nicht aufweist,

    und man muB sich auch fragen, warum ein Superstratum - von dem

    iibrigens sonst gar keine Spur aufzufinden ist - fiir einen Lautwandel

    bemiiht werden muB, der als einer der natiirlichsten gelten kann und

    deshalb auch auf den verschiedensten Gebieten der Indogermania

    (z.B. in den meisten mittelindischen Dialekten, im Griechischen

    - zum Teil - n den allermeisten romanischen Sprachen) auftritt.

    3 13 2 4 An diesem neg