studien über das respiratorische nervensystem bei den wirbeltieren

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Studien nber das respiratorische Nervensystem bei den Wirbeltieren. 1 Von Holger Mollgaard, Professor der Physiologie an der konigl, tierarztliehen und landwirtschaftlichen Hochschule Kopanhagen. (lIIerzu Tar. I-Xl.) Das Verhaltnis zwischen den Respirationsorganen und dem N erven- system ist eine Frage, die im letzten Jahrhundert die physiologische Welt stark beschaftigt hat, und die bis auf unsere Tage bestandig Gegenstand erneuter Untersuchungen gewesen ist. Da die Frage auBerdem zu der Kategorie von Problem en gehort, die in den Grenz- gebieten zwischen mehreren verschiedenen Fachwissenschaften ruht, sind von vielen verschiedenen Beiten die groBten Anstrengungen ge- macht worden, um bald auf eine, bald auf andere Weise zur Losung des schwierigen Problems beizutragen; und ist die Anzahl der Unter- suchungen, die diese Frage betreffen, auch recht groB. Eine erschOpfende Darstellung der hierher gehOrenden Literatur wird deshalb allein mit Riicksicht auf die Platzverhaltnlsse in einem Artikel wie diesem nicht zweckmiiBig sein. Da ich auBerdem in meiner Abhandlung uber das respiratorische Nervensystem bei den Wirbeltieren in "Det kgl. Danske Videnskabernes Selskabs Skrifter 1910" eine historische Darstellung der Literatur, die dieses Nervensystem be- .trifft, und eine Darlegung des Standpunktes un seres gegenwiirtigen Wissens gegeben habe, solI ich mich hier, indem ich auf diese Ab- handlung verweise, damit begnugen, die Ergebnisse kurz zu prlizisieren, die meiner Meinung nach aus den stattgefundenen Untersuchungen gezogen werden konnen, und auf welchen die von mir ausgefiihrte experimentelle Arbeit ruht. I Der Redaktion am 28. November 1910 zugegangcn.

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Page 1: Studien über das respiratorische Nervensystem bei den Wirbeltieren

Studien nber das respiratorische Nervensystembei den Wirbeltieren. 1

Von

Holger Mollgaard,Professor der Physiologie an der konigl, tierarztliehen und landwirtschaftlichen Hochschule

Kopanhagen.

(lIIerzu Tar. I-Xl.)

Das Verhaltnis zwischen den Respirationsorganen und dem Nerven­system ist eine Frage, die im letzten Jahrhundert die physiologischeWelt stark beschaftigt hat, und die bis auf unsere Tage bestandigGegenstand erneuter Untersuchungen gewesen ist. Da die FrageauBerdem zu der Kategorie von Problem en gehort, die in den Grenz­gebieten zwischen mehreren verschiedenen Fachwissenschaften ruht,sind von vielen verschiedenen Beiten die groBten Anstrengungen ge­macht worden, um bald auf eine, bald auf andere Weise zur Losungdes schwierigen Problems beizutragen; und ist die Anzahl der Unter­suchungen, die diese Frage betreffen, auch recht groB.

Eine erschOpfende Darstellung der hierher gehOrenden Literaturwird deshalb allein mit Riicksicht auf die Platzverhaltnlsse in einemArtikel wie diesem nicht zweckmiiBig sein. Da ich auBerdem inmeiner Abhandlung uber das respiratorische Nervensystem bei denWirbeltieren in "Det kgl. Danske Videnskabernes Selskabs Skrifter 1910"eine historische Darstellung der Literatur, die dieses Nervensystem be­.trifft, und eine Darlegung des Standpunktes unseres gegenwiirtigenWissens gegeben habe, solI ich mich hier, indem ich auf diese Ab­handlung verweise, damit begnugen, die Ergebnisse kurz zu prlizisieren,die meiner Meinung nach aus den stattgefundenen Untersuchungengezogen werden konnen, und auf welchen die von mir ausgefiihrteexperimentelle Arbeit ruht.

I Der Redaktion am 28. November 1910 zugegangcn.

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316 HOLGER MOLLGAARD:

Nach dem augenblicklichen Stande kann man unser Wissen uberdas respiratoriscue Nervensystem in folgenden Satzen kurz und gutresiimieren:

1. Das Atmungszentrum stellt eine physiolcgische, nicht einehistologische Einheit dar. Darin haben die sensiblen Vaguskerne alsEndpunkte der zentripetalen Lungennerren sowie die Formatio reticu­laris als Assoziationsgebiet eine besonders herrorragende Stellung.

2. Die zentralen Kerne des Vago-glossopbaryngeo-acces-sorius konnen in drei Hauptgruppen geteilt werden:

a) Die ventrale Kerngruppe;b) die dorsale Kerngruppe ;c) Tractus solitarius.

3. Die ventrale Ker n g r u pp e ist motorisch und besteht aus:a) Nucleus ambbiguus = der Kern des Recurrens;11) Nucleus accessorii spinalis.

Die dorsale Kerngruppe: Bei den hoheren Tieren haupt­sachlich Kern des Vagus; zerfallt in einen sensiblen und einen moto­rischen Teil (der kraniale Teil gehOrt moglicherweise dem Glosso­pharyngeus). Ibre phyaiologische Aufgabe ist nicht bekannt.

Tractus solitarius: sensibel; bei den hOberen Tieren wesent­lich Kern der Gescbmacksnerren. Bei den niedrigeren Tieren hangter mit dem dorsalen Kern zusammen und gehOrt sowohl zu dem Vagusals dem Glossopharyngeus,

4. -aber die Lage der b u l baren Kerne der Lungen­n er ven liegen nur Hypothesen vor; sicher weiB man davon nichts.

5. Il ber die intrabulbiiren und intraspinalen Respi­rationsbahnen wissen wir nichts. Man nimmt an, daf die For­matio reticularis eine groBe Bedeutung fur die koordinierten Atem­bewegungen hat.

Der Vorderstrang und der Vorderseitenstrang beanspruchen naherberiicksichtigt zu werden.

6. Vago-glossopbaryngeo-accessorius wird in seinem Wurzel­gebiet in drei Hauptbiindel geteilt, von deren physiologischer Aufgabcetwas bekannt ist.

Die Hering-Breuerschen Fasern finden sich in dem oberstenBundel (a).

7. Die sensiblen Lungennerven im Vagus entstehen wahr­scheinlich im Ganglion nodosum.

Hier entspringt auch der Depressor und der Laryngeus superior.

8. Der Vagus fuhrt brancho-motorische Fasern fur die Lunge.

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RESl'IHATOmSCHES NERVENSYSTEl\I BEl DEN "~IRBELTIEREN. 317

9. Man hat versucht, Lungenvasomotoren i m Vagus nach­zuweisen. Die Resultate sind unzweifelhaft von Veriinderungen imKontraktionsvolumen des Herzens bedingt.

10. Wenn die Lunge Vasomotoren empfiingt, entstammendiese unzweifelhaft dem Brustsympathicus.

11. Theoretisch konnen sekretorische Lung-ennerven voraus­gesetzt werden; fiir diese Annahme sprechen einige physiologische Er­fahrungen; bewiesen ist sie indessen nicht,

12. Die Lungennerven sind markhaltig und marklos, Im Ver­lauf aller beiden finden sich Ganglien. Uher ihren letzten End­verzweigungen sind die Angaben noch zu schwankend , urn einen be­stimmten Standpunkt zu gestatten.

Die bier gegebene Darstellung des Status praesens ist den folgendenUntersuchungen zugrunde gelegt worden. Diese sind rein a n a­tomisch-h istc log ischer Art im Gegensatz zu den friiheren Unter­suchungen, die wesentlich physiologische Experimente gewesen sind.Da diese, trotz groBer Anstrengungen, nioht vermochten, die Frageiiber das respiratorische Nervensystem zu losen , habe ich versucht,durch eine rein anatomisch-histologische Analyse jedenfalls zur Losungdes Problemes beizutragen.

Erste Hauptabteilung.

Zellendegenerationsversuche.

Wenn man einen Blick auf den angefiihrten StatusabschluB wirft,so ist klar zu ersehen, daB, will man mit del' Innervation del' Lungenhistologisch arbeiten, das Problem allererst eine Untersuchung er­fordert: ob sich in del' Medulla oblongata oder im RiickenmarkNervenkerne finden , die den Ursprung zu Nerven geben, die direktohne Unterbrechungen nach den Lungen gehen.

Die Losung diesel' Frage entscheidet die Stellung des Zentral­nervensystenis zu den Lungen, und muB so bestimmt wie moglichbeantwortet werden, da sie notwendigerweise einen Grundpfeiler furdie weitere Einsicht in die Sache bilden wird. Ich habe deshalb suchallererst diese Frage zur Untersuchung aufgenommen, und da ieh diegroBe Resistance del' Vaguskerne einem Achsenzylinderdurehschneidengegeniiber nicht nur durch Erwiihnung, sondern auoh aus eigener Er­fahrung kannte, habe ich, um mich infolge dieses Umstandes gegenIrrtum zu sichern , melne einleitenden Versuche an ganz jungen'I'ieren ausgefiihrt, von welchen man weiB, daB eine Vagotomie amRaise totale Degeneration allerVaguskerne auf derselben Seite hervorruft.

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318 HOLGER MOLLGAARD:

Um die eventuell sekundiire Degeneration so groB, ausgeprugtund deutlich wie mi:iglich zu machen, begnugte ich mich nichtdamit, einen einzelnen Lungenlappen zu entfernen, sondern machteTotalexstirpation del' einen Lunge an zwei, funf Tage alten, jungenHunden,

lch wahlte die linke Lunge zu exstirpieren, weil ich erwartete,was sich auch zeigte del' Fall zu sein [.aIOllgaard (51)J, daB sich diezuruckgebliebene Lunge erweitern wird und das Mediastinum in dieleere Pleurabi:ihle sehiebt. Falls dies gesehah, wiirde das Herz nureinen ganz kurzen Weg gegen die linke Seite zu passieren habenund also aus seinem naturlichen Lager nicht weitel' verruckt undallen den damit verbundenen Gefahren ausgesetzt werden. Diesel'Gedanke ist um so naturlicher, da, wie icb in obenerwahnter Ab­handlung (51) gezeigt habe, die Prognose fill' die totale Lungen­exstirpation an gesunden Tieren einzig und allein von del' Starke undLeistungstabigkeit des Herzens abhangig ist.

Was die Form fill' den Degenerationsversucb betrifft, benutzte ichin diesen einleitenden Versuchen nicbt die sonst allgemein verwendeteNisslsche Methode, wo man die Tiere nur in kurzer Zeit leben HiBtund die chromatolytischen Veranderungen in den hetreffenden Zellenuntersucht, Ich babe im Gegenteil meine Versucbstiere 2 bis 2 1/ 2

Mona t am Leben gelassen, also recht lange nach del' Operation. Del'Grund hierzu ist, daB man nach ubereinstimmenden Erfahrungen tiberden sekundaren Verlauf del' Degeneration in ein paar Monaten er­warten darf, beinabe totale Resorption del' Zellengruppen zu erhalten,deren Achsenzylinder durchscbnitten sind, wenn die Versuche an neu­geborenen Tieren ausgefUhrt werden. Durcb Anwendung diesel' Metbodeist man desbalb gegen negative Ergebnisse infolge erbi:ihter Resistancedel' betreffenden Zellen so gesicbert wie moglich, und da nun auBerdemdie Lungenkerne in Medulla oblongata oder im Ruckenmark, wenn siedie Lungen direkt innervieren, eine recht bedeutende Ausdehnunghaben muBten, ware es ja berechtigt zu erwarten, daB sicb eine Total­resorption. mit aller erwnnschten Deutlicbkeit reprasentiere, und ebensoberechtigt muBte man sein, das negative Ergebnis in so groBer Aus­dehnung als sicher zu betrachten, wie es bei derartigen Versuchenuberhaupt moglich ist.

Es ist eine selbstverstaudliche Sache, daB solche Operationen,wovon bier die Rede ist, ohne Beobachtung del' strengsten Aseptik,nicht mit Erfolg ausgefuhrt werden konnen. Fiir die Lungenopera­tionen ist dies um so notwendiger, als die leere Pleurahohle sebrleicbt mit Adhlirenzen gefUllt wird, falls deren serose Bekleidung die

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geringste Art von Entziindung bekommt. Die Durchfuhrung desDegenerationsversuches erfordert nun indessen, daB sicb die Pleura­hohle frei offen halten soll, Adhariert das Mediastinum an Pleuracostalis, ist der Versueh , falls dessen Ergebnisse positiv sind, in derTat ganz unbraucbbar, da es zu entscbeiden nicbt moglich ist, wievielvon der Zellendegeneration dem Zug und Druck der Adharenzen ver­dankt und uberbaupt dem EinfluB des Entziindungsprozesses auf dieim Mediastinum laufenden Nerren (Vagus, Pbrenicus). Beobaohtetman seine Aseptik, kommen in der Regel niemals Adharenzen in diePleurahohle, Ein einzelnes Mal geschieht es, daB die unterbundeneLungenwurzel oder das Pericardium an Pleura costalis adhariert, Eshildet sicb dann immer ein diinnes Gekrose, das vielleicht zum Fixierendes Herzens hilft, ubrigens aber keinen AniaB fur irgend welcbe Be­denklichkeiten iiber die Schatzung des Degenerationsversuches gibt,Urn ganz sicher zu sein, babe icb an allen Tieren, wo ich Lungen­exstirpation vornabm, bei der Sektion den Verlauf des N. vagus, phre­nicus und sympatbicus im Verbalten zur unterbundenen Lungenwurzelnnd Tboraxwunde (speziell die Kallusbildung zwischen den beiden zu­sammengenahten Rippen), genau untersueht, und verliefen bei allenangefiibrten Versucben die betreffenden Nerven vollig frei und in nor­malen Umgebungen.

Kapitel 1.

Exstirpationsversuche nach Guddens Methode.

Hun d I a un d I b.

Geboren 30./11. 07. 6./12.07. Totalexstirpation der linken Lunge.

Athernarkose, Oberdruckrespiration. M0l1ga ar d (51).Operationstechnik. Man macht einen Lappenschnitt in die Haut

von Angulus scapulae bis zur Pleuragrenze hinunter schwingend. DieBasis der Lappen wendet 'gegen Columna. Die darunter liegenden Mus­keln werden mit einem einzelnen Schnitt lll.ngsdes 4. Interli:ostalraumesgespalten. Man macht nun durch die Muskulatur in diesem Interkostal­raum einen Schnitt, der sich von einem Punkt ca. 1 em lateral von Columnalangs des Interkostalranms ganz vorn auf der Brust bis ungefll.hr 1 em

von Mammario. interne streckt. Hierbei arbeitet man sich vorsichtig biszur Pleura hinein und spaltet diese nun in derselben Ausdehnung. Diebeiden begrenzenden Rippen (4 und 5) zieht man mit ein paar Wund·haken auseinander, und mittels einer Hakenpinzette zieht man die ganzelinke Lunge durch die derart hervergebrachte Offnung in der Thorax-

. wand. Man zieht die Lunge so weit hervor, daB die Lungenwurzel ganz

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320 HOLGER MOLLGAARll:

auBerhalb des Tieres liegt und das Herz vorn in der Thoraxoffnung.Darauf wird die W'unel in toto mit starker Seide unterbunden. DieLunge wird abgeschnitten und der Stumpf zusammen mit dem Herzenversenkt.

Durch dieses Verfahren vermeidet man alle moglichen unnotwendigenJf anipulationen mit den Fingern in der Pleurahohle und verringert dieInfektionsgefahr ganz bedeutend. Nach beendigter Lungenexstirpationwerden die beiden Rippen mit einer starken, urn beide laufenden Selden­oder Metalldrahtsutur zusammengenaht, Darauf schlieBt man dieMuskelwunde in 'lwei ELagen mit Seide- oder Metalldraht, wonach dieHautwunde in der Regel mit einer Aluminiumbronzesutur vereinigt wird.Als Verband wird nur ein Wattenkolliodiumverband angeweudet,der ganz mit allgemeiner hygroskopischer Watte und Collodium elasti­cum angeIegt wird, worauf man auswendig einen neuen Verband vonhydrophobischer Watte und Collodium elasticum anlegt. Ein solcherVerband, sorgfaltig angelegt, halt gut und geniert die Tiere nicht.

Eine halbe Stunde nach der Operation, als die Tiere von der Nar­kose erwachten, legte man sie sofort wieder zur Mutter, und war esiibrigens erstaunlich zu sehen, wie wenig die jungen Tiere von der Ope­ration beeinflu6t wurden. Fiir das eine heilte die Wunde reaktionslos.Das andere erhielt, nachdem die Suturen am 14. Tage entfernt waren,einen subkutanen Absze6, der aufgespaltet und austamponiert, schnellheilte,

Am 7./2. 08 wiI'd Hund I a get6tet; am 17./2. 08 totet manHund 10.

Beide Tiers werden durch Verblutung getotet, Zur Praparationund Untersuchung werden ausgenommen: Medulla oblongata vonDecussatio pyramidum bis Striae acusticae und Medulla spinalis vom4. Zervikalsegment bis 10. Thorakalsegment. Ferner an beiden SeitenG. nodosum und G. cervicale sup., Ganglion cervicale medium undG. stellatum.

Fur Hund I a wird alles in 96 Proz. Alkohol fixiert.Fur Hund I b wird alles in 20 Proz. Formol fixiert.

Medulla oblongata wird nach kurzem Aufenthalt in del' Fixations­flussigkeit in ca. 1/2em dicke Stucke geschnitten. Medulla spinalis wirdnach Segmenten geteilt. Die Stucke werden in numerierten Glas­schalen angebracht (fur Medulla spinalis an den ausgenommenen Seg­menten mit Nummern verseheo) und in diesel' Stellung in einen groBenGlasbehalter mit 400 em Fixationsflussigkeit versenkt, Es wird 24 bis48 Stunden fixiert, alles nach del' GroBe del' Objekte. Darauf ent­wassert man schnell in absolutem Alkohol und bettet in Zelloidin ein, .indem man die Behandlung mit Athel'-Alkohol. ausliiBt.

Die Ganglien werden in Serienschnitte von 10 bis 15!1 ge-

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RESPInATORISCHES KERVENSYSTEM BEl DEN WIRBELTlEREN. 321

schnitten und jeder zweite Schnitt eingelagert. Medulla spinalisschneidet man unter Wegschneiden von 100!-'' fur jeden 4. Schnitt auf.

Auf diesel be Weise behandelt man Medulla oblongata und dieentsprechenden Ganglien und Ruckenmarkssegmente an einem Ko n­trolltier desselben Alters und Wurfes.

Zur Fiirbung ist die Heldsche Modifikation del' Nissl-Methodeangewendet. Die Chromatinkorner werden mit Methylenblauseife ge­farbt (nicht mit Thionin oder Toluidinblau), Ein einzelnes Mal istzugleich Hamatoxylin-Pikrofuchsin zur Farbung vielleicht gegenwartigerSklerosen verwendet,

Als ubereinstimmende Ergebnisse diesel' belden Versuchsreihenergibt sich nun folgendes:

Medulla oblongata (Taf. I, Fig. 1 und 2): Die Zellen des linkendorsalen Vaguskernes sind scharf g efar b t, Die kleinen spindelformigenZellen zeigen difIus stark gefarbtes Protoplasma ohne deutIiche Chromatin­korner, Wie aus del' Abbildung ersichtlich, ist dies indessen auch aufdel' rechten Seite del' Fall, und geben Farbungen an dem ganz nor­malen KontroIItier dasselbe Resultat. Dagegen zeigen die groBenZellen im linken Kern deutIiche Nisslkorner wie auf del' rechten Seite.Del' Kern bildet sowohl auf del' linken als rechten Seite eine kon­tinuierliche Zel lensaul e. An keiner Stelle sind groBere Zellen­defekte, und entspricht die Anzahl del' Zellen in Schnitten vollig der­jenigen in Schnitten von dem ganz normalen KontroIItier desselbenAlters und Wurfes.

Nucleus ambiguus zeigt in allen Schnitten vollstandig n or maleVerhaltnisse, sowohl auf del' rechten als auf del' linken Seite. DessengroBe Zellen sind distinkt chromatingefarbt, und die Anzahl und Lagedieselbe wie beim KontroIItier.

Tractus solitarius ist an beiden Seiten gleich. Er scheint,soweit die angewandte Farbmethode zu urteilen erlaubt, auf keiner del'Seiten armer an Nervenfasern zu sein als bei normalen Tieren.

Medulla spinalis: Die untersuchten Segmente weisen durchauskeine Abn orm itaten auf, weder auf del' rechten noch linken Seite.Es sind keine Zellendefekte in den Vorder- oder Seitenh6rnern, nnddie Zellen sind uberall wie beim Kontrolltier gefarbt, die groBen Zellenmit distinkten Chromatinkornern.

Das linke Ganglion nodosum scheint in seiner Mittelpartie zellen­armer als das Ganglion auf del' rechten Seite und das entsprechendeGanglion des Kontrolltieres. Durch Farbung mit Hamatoxylin undPikrofuchsin zeigt es sich, daf quer durch die Mitte eine Zone lauft,die recht reichliches Bindegewebe enthalt, beinahe abel' keine Zellen.

Skandln. Archl... XXVI. 21

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322 HOLGER MOLLGAARD:

In einzelnen Schnitten tritt dies durch Vergleichung mit dem Gangliondes Kontrolltieres deutlich hervor , in anderen dagegen scheint del'Defekt weniger groB.

Ganglion cervicale superius zeigt sowohl auf del' linken, als aufdel' rechten Selte normale Verhaltnisse.

Das linke Ganglion cervicale medium: Del' unterste Teil diesesGanglions besteht aus vollig normalen Zellen. Diesel' Teil entsprichtindes an GroBe nicht mehr als ca. 2/3 del' entsprechenden Gangliebeim Kontrolltier. Das ganze oberste Drittel del' Ganglie nimmteine Gewebemasse ein, die aus Zellendetritus, Rundzellen undBindegewebe besteht. An einigen Stellen scheinen die Zellen volligverschwunden und sind dem Platz fur neugebildetes Bindegewebegewichen. Doch sieht man an nicht wenigen Stellen noch die Kon­turen del' vollig chromatinlosen und so gut wie ungefiirbten Zellen.In del' Regel liegen sie in einem Haufen, wo die Rundzelleninfiltrationstarker ist, und zwischen ihnen liegen Bindegewebefasern, die nament­lich stark hervortreten, wenn die Schnitte mit Hamatoxylin-Pikrofuchsingefarbt worden. Dann und wann sieht man noch in del' einen Eckeeiner solchen Zelle einen eingeschrumpften unregelmafsig, schwach ge­farbten Kern.

Ganglion stellatum zeigt sowohl auf del' linken als auf del' rechtenSeite vollig normale Verhaltnisse,

Ganglion nodosum dextr. und Ganglion cervicale medium dextr.bieten keine sichtbaren Zellendefekte dar.

. Aus diesen Untersuchungen sind folgende Schliisse zu ziehen:

1. Da Medulla oblongata nach Exstirpation del' linken Lunge aneinem neugeborenen Tier, nach Verlaufe so langer Zeit, daB Total­resorption einer sekundar degenerierten Zellengruppe gerechterweiseerwartet werden konnte, weder totale ZeBendefekte oder Gruppensklerotischer ZeBen in den zum Vagus gehiirenden Nervenkernen dar­bietet, so enthli.lt del' Lungenvagus keine Nervenfasern, dieohne Unterbrechung von Medulla oblongata direkt zur Lungegehen.

Ffihrt del' Vagus motorische Fasern zur Lunge, mussen diesealso unterwegs von Ganglien unterbrochen werden.

2. Da das Rfickenmark vom 4. Zervikal- bis 10. Thorakal­segment uberall normale Verhaltnisse zeigt, findet man in dem Teildes Organes, das annehmlich del' Ursprung zum Hals- und oberstenBrustsympathikus ist, we d er in den Vorder- noch Sei tenh dr n em

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RESPIRATORISCHES l'ERVENSYSTEl\1 BEl DEN \rIRBELTIEREN. 323

XerVl'nkerne, deren Ze l l en don Ursp rung zu dirckt nachden Lu n ge n gehe nd en A chsenzy lindern a bge ben.

3. Ganglion nodosum auf derselben Seite scheint Zellen zu«nthalten , die zur Lungeninnervation geh6ren. Dies stimmt mit denvon Ikegami und Yagita gefundenen Verhaltnisssn iiberein. Daabel' del' Zellendefekt und die darauf folgonde Sklerose nicht so deut­lich war wic man hatte wunschen k6nnen, so ist eine nahere Unter­suchung des Verhaltens del' Ganglie zur Lunge notwendig.

4. Ganglion cervicale medium auf dcrselbcn Seite weist anseinem obersten Ende einen sehr groBen und deutlichen Zellendefektauf. Hieraus geht hervor, daB das oberste Drittel diesel' Gangliejedenfalls wesentlich aus Zellen besteht, die zur Lunge geh6ren. Inwelcbem Vel'halten sie zu dieser stehen, und welche physiologischeFunktion man ihr zuschreiben kann, liiBt sich vorlaufig noch nichtbestimmen.

5. Da die Ganglien auf del' rechten Seite keine groBeren Zellen­defekte darbieten, so ist die Innervation del' Lunge von G. nodosumund cervicale medium in allen Fallen h aup tsachl ich gleich­seitig. Ob ein geringer Teil del' betreffenden Nerven von del' ent­gegengesetzten Seite del' Ganglien kommt, kann auf Grund diesel' Ver­suche nicht entschieden werden, da sich ein geringer Zellendefektunmoglich entdecken laBt, wenn die Totalresorption vorgegangen ist.

6. Da Ganglion cervicale superius auf beiden Seiten ganz normalist, hat es mit den Lungen nichts zu tun.

Die wichtigsten Aufschliisse, die wir durch diese Versuche erhaltenbaben, sind zweifellos diejenigen libel' die Medulla oblongata und dasRuckenmark, Diese mussen als vollauf sicher betrachtet werden, undwenn wir auch, wie spater zu seben ist, aller Sicherheit wegen siedurch Kontrollversuche zu bekraftigen suchen, so werden sie trotzdemeine Grundlage fiir weitere Untersuchungen bilden.

Man darf nun die prim areu Zentren del' Lungennerven nichtim Zentralnervensystem suchen, sondern in den peripherischen Ganglien,in casu allererst Ganglion nodosum, Ganglion cervicale medium undGanglion stellatum. Von diesen Ganglien baben die angefuhrten Ex­perimente ja schon einige Aufklarungen gegeben, Da diese indes, wieerwahnt, gerade infolge del' Art des Versuches auf mehreren Gebieten,und namentlicb fur Ganglion nodosum etwas unsicber sind, habe ichVersuche nach del' Nisslschen Methode angestellt, die nun, da wirauf einem festen Grund arbeiten kotmen, die schonsten Ergebnisse er­warten lassen.

21*

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324 HOLGER MOLLGAARD:

Kapitel II.

Exstirpationsversuche nach Nissls Methode.

Diese Methode ist nun in del' folgenden Uutersuobungsreiheiiberall da verwendet worden, wo von ZelIendegenerationsversuchendie Rede ist.

Da die Methode mittlerweile Verhiiltnisse darbietet, mit welchenes wegen Verstandnis des nachstehenden notwendig ist im reinen zusein, ist es naturlich, daB wir ihr in diesem Punkte unsrer Darstellungin Kurze die notwendigsten Bemerkungen widmen. Das Prinzip del'Methode ist wohlbekannt: Durchschneiden des Achsenzylinders einerZelle erzeugt "akute" Chromatolyse in del' Zelle. Dies gilt furfast alle groBen Zellen mit deutlichen Chromatinkornern.

Die Chromatolyse beginnt mit einer "Verstaubung" des Chromatins.Nach und nach verliert sich dies vom Zentrum del' Zelle nach auBen.Langs del' Peripherie halt sich ein Teil Chromatinkorner langere Zeit.In del' Regel ruckt del' Kern gegen die Peripherie hinaus; wir er­halten dann ein Bild wie das del' Photographie auf Tafel II, Fig. 4dargestelIte. Wenn eine Zelle ein Aussehen hat wie die Zellen aufTafel II, Fig. 4, nennen wir sie "degenerierte, chromatolytische Zellen-,und werden diese Bilder del' Beurteilung del' Ergebnisse nachfolgenderUntersuchungen zugrunde gelegt.

Was die Frage des weiteren Schicksals del' Zellen betrifft, werdeich hier nicht naher darauf eingehen; erstens fallt sie nicht direktinnerhalb unsrer Interessensphare, und besonders weiI unsre Auf­klarungen uber diese Verhaltnisse zum Teil noch unsicher sind. Denhochsten Grad del' Chromatolyse erreicht man in der Regel im Laufevon ca. 14 Tagen nach del' Operation. Bei jungen Tieren etwasfruher, bei alteren mitunter etwas spater. Meine Versuchstiere wurden,was die alteren betrifft, ca. 15 Tage nach der Operation getotet, furdie jungeren ist die Lebensdauer durchschnittlich ca. 12 Tage gewesen.Um gegen Einfuhrung yon Kunstprodukten sicher zu sein, habe ichbei del' Darstellung der Praparate eine so schonende Methode wiemoglich benutzt. Die zu untersuchenden Tiere werden durch Ver­blutung getotet (es werden niemals Narkotika verwendet). Ganglien,Ruekenmark usw. werden so schnell wie moglich nach dem Tode aus­genommen und ca. 4 Tage in 96 prozent. Alkohol unter taglichemWechseln des Alkohols fixiert. Darauf entwassert man kurz in ab­solutem Alkohol (ca. 2 Stunden) und bettet in Zelloidin ein, indemman die Behandlung mit A.ther-Alkohol auslabt, da diese erfahrungs-

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RESPIRATORISCHES NERVENSYSTEM BEl DEN \VIRBELTIEREN. 325

gemilB den Zellen am meisten scbadet. Das Einbetten selbst gescbiebtim Eisscbrank. Das Zelloidin wird in 96 prozent, Alkobol gehartetund die Scbnitte, die eine Dicke ron ca. 20 bis 25 f.l baben, werdenebenfalls in 96 prozent. Alkobol iiberfiibrt.

Die Scbnitte sind immer mit Metbylenblauseife ohne Kontra­farbung gefarbt, Es wird mit Anilinalkohol differenziert und in neu­tralem Kanadabalsam nach Durchfiihrung der Scbnitte durch Cajeputol,Benzin und Xylol eingeschlossen.

Behandelt man normale Ganglien auf diese Weise, zeigen sie nachmeiner Erfabrung in der Regel so gut wie keine cbromatolytischenZellen, und bei den nun folgenden Untersuchungen bat es sich auchbestandig gezeigt, dab sich die degenerierten immer deutlich ron denumgebenden normalen trennen.

Hund XXVI (erwacbsenes Tier).

Totalexstirpation der linken Lunge.

Athernarkose, Operation ohne Uberdruckrespiration.Operationstechnik: Die Technik ist dieselbe wie bei Ia und lb,

nul' ist bei diesen und allen spateren Versuchen die Anderung eingefiihrt,daB del' Hautschnitt nicht lappenformig ist, sondern ein einzelner geraderSchnitt unter Angulus scapulae.

Die Wunde heilte primal' im Laufe von 8 Tagen, nach welchemZeitraum die Suturen entfernt wurden.

15 Tage nach der Operation wird das Tier durch Verblutunggetiitet.

Zur Untersuchung werden auf der rechten und linken Seite aus­genommen: G. nodosum mit G. cervicale superius, G. cervicale mediumund G. stellatum.Es wird in 96 prozent. Alkohol fixiert und inZelloidin eingebettet.

Die Untersuchung der ausgenommenen Ganglien zeigt folgendes:Ganglion nodosum sinistrum bietet eine Menge degenerierte Zellen

dar. Sie strecken sich wie ein Giirtel quer durch die Mitte derGanglie, sind aber namentlich am un tersten Ende zusammen. Hiervonist das Bild der Photographie auf Tafel III, Fig, 5 genommen. Rechtssieht man eine Gruppe stark chromatolytischer Zellen. Links sindeinige wenige, ebenfalls chromatolytische Zellen zu sehen, die in einerReibe liegen. Die ubrigen groBen Zellen links auf der Photographiesind normal. Die Anzabl der degenerierten Zellen im Verhaltnis zuallen Zellen der Ganglie wird auf ca. l/s (Durchschnittszahl) jugiert.

Ganglion nodosum dextrum zeigt verstreut durch die Mittelpartie

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326 HOLGER .MOLLGAARD:

einen Teil cbromatolytische Zellen, namentlicb unter den graBen.Ihre Anzahl wird im Verhaltnis zu allen Zellen der Ganglie auf 1/25

jugiert.Ganglion cervicale medium sinistrum: Diese Ganglie hat eine

ganz kolossale Reaktion gegeben, Wie spater naher entwickelt werdensoli, besteht die Ganglie wesentlicb aus recht graBen Zellen. Vondiesen Zellen gibt es in jedem Scbnitt ca. 300 degenerierte. Diedegenerierten Zellen liegen in der Regel in griiBeren Gruppen zu­sammen am obersten Ende der Ganglie. Die Chromatolyse ist starkvorgeschritten, Was die Anzabl der graBen chromatolytischen Zellenin der Ganglie betrifft, so ist, wie fruher erwahnt, ein Zahlen, be­sanders wenn die Chromatolyse so ausgepragt ist wie bier, mit einiger­maben Genauigkeit unmoglich auszufuhren; icb will aber jugieren, daBdie grollen degenerierten Zellen ca. 1/3 (vielmehr darii.ber) alle groBenZellen der Ganglien ausmachen.

AuBer den groBen Zellen gibt es im G. cervicale medium kleineZellen an GroBe und Typus wie die Ganglienzellen im G. stellatumund andren sympathischen Ganglien. Von diesen Zellen ist eine recbtbedeutende Anzahl chromatolytisch. Die kleinen Zellen sind indes ingeringerer Anzahl gegenwartig als die groBen, wesbalb die Degenerationim Schnitt nicht so sehr imponiert. Ich jugiere die Anzahl derdegenerierten k1einen Zellen auf ca. 1/4 (vielleicht ein wenig darunter)alier k1einen Zellen der Ganglie. Sie liegen zerstreuter in del' Ganglieals die groBen, so daB die Vermutung entstehen konnte, ein Tei1 seiKunstprodukte. Da indessen die Farbung technisch geseben sowoh1fur diese Ganglie, als auch die iibrigen, auf gleiche Weise behandelten,Ganglien sehr gut ge1ungen ist, und der Unterschied zwischen dennorma1en und den veranderten Elementen scharf hervortritt, kann einesolche Annahme als ausgeschlossen betrachtet werden, Ubrigens istja auch kein absoluter Grund vorhanden, daB funktionell zusammen­gehiirende Zellen immer dicht beieinander 1iegen sollen.

Ganglion cervicale medium dextrum zeigt keine Phanomene, dieals sekundare Degeneration seiner Zellen gedeutet werden konnen.

Ganglion stellatum sinistrum zeigt vollstandig norma1e Verhalt­nisse. Die Schnitte sind schon gefarbt , und alle Zellen haben sozu­sagen scharf gezeichnete Chromatinkorner und zentra1gestellte Kerne.

Ganglion cervicale superius: zeigt keine Chromato1yse.

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HESPIRATORISCHES XERVENSYSTEM BEl DEX WIRBELTIEREN. 327

Hund XXXIV (alteres Tier).

Totalexstirpation del' rechten Lunge.

Athernarkose, Uberdruckrespiretion. Operationstechnik siehe vorn.Die Wunde heilte primal'.

3 Monate nach del' Operation durch Verblutung getotet,Zur Untersuchung werden ausgenommen und in 20 Proz. Formol

fixiert: Ganglia stellata und Ganglia cervicalia media dextra et sinistra.Medulla oblongata von Calamus scriptorius bis Striae acusticae wird

in 4 Proz. Kaliumbichromat fixiert, um nach Marchi zu behandeln.Aus del' Untersuchung gehen folgende Ergebnisse hervor:Ganglion cervicale medium dextrum: Del' ganze oberste Pol

(Tafel II, Fig. 3), d. h. ca. 1/4 del' Ganglie, besteht aus degeneriertenZellen, Diese finden sich auch in groBer Anzahl in del' ganzenobersten Halfte del' Ganglie, zwischen normalen Zellen zerstreut. Da­gegen gibt es in del' untersten Halfte durchgehends wenig degenerierteZellen, ganz unten an del' Spitze abel' wieder einen groBeren Haufen,wo die Degeneration stark hervortritt.

Die Anzahl del' degenerierten Zellen kann auf ca. 1/3 aller Zellendel' Ganglie veranschlagt werden. Das Degenerationsstadium ist sehrweit vorgeschritten. An mehreren Stellen sind die Zellen totalnekrotisch. Die Degeneration hat besonders die groBen Zellen ge­troffen, doch sind auch viele kleine in den ProzeB mit eingezogen.

Ganglion cervicale medium sinistrum: Im obersten Pol gibt eseinen bedeutenden Haufen degenerierte groBe Zellen (Tafel II, Fig. 4).In del' Ganglie zerstreut findet man in kleinen Raufen einen TeilgroBe und kleine ZeBen, die Degeneration aufweisen. Im untersten Polist wieder ein groBerer Haufen, Die gesamte Anzahl ist schwierigzu veranschlagen. Sie ist nicht bedeutend: da die Farbung aber ganzvortrefflich gelungen ist, und der Unterschied zwischen den normalenund den veranderten ZeBen deshalb grell hervortritt, darf ich wohldavon ausgehen, daB es sich um keine Kunstprodukte handelt.

Medulla oblongata zeigt nach Behandlung mit Marchis Methodekein Zeichen zu Fettdegeneration der Nervenfasern.

Ganglion stellatum sinistrum: An Schnitten gefarbt nach N isslzeigen aIle Zellen gut gefarbte Chromatinkorner, Keine Degenera­tionen.

Die angestellten Untersuchungen stimmen in Wirklichkeit also,wie man sieht, in der Hauptsache mit den Aufklarungen iiberein, die

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328 HOLGER MOLLGAARD:

uns die beiden ersten Versuche I a und I b ii bel' das Verhalten del'Lunge zu den erwahnten Ganglien gaben, Die Ergebnisse sehen dannso aus:

1. Ungefiihr l/Saller Zellen des gleichseitigen Ganglion nodosuminnervieren die Lunge beim Hunde. Die Zahl stimmt recht hubsehmit del' von Ikegami und Yagita (63) berechneten (l/S'3 und 1/7' 6)'und konnen wir auf Grund ihrer und meiner iibereinstimmendenUntersuchungen mit so groBer Sicherheit, wie derartige Versuche uber­haupt zu geben vermogen, annehmen:

"daB im gleichseitigen Ganglion nodosum und wesent­lich VOIl ZeIlen in del' Mitte und am untersten Ende del'Ganglie Lungennerven entspringen".

Da wir auBerdem von physiologischen Versuchen wissen, daBVagus sensible Lungennerven enthalt, und histologische Untersuchungendes G. nodosum gezeigt haben, daB es auf aIle Falle hauptsachlichwie eine Spinalganglie mit uberwiegend uni- und bipolaren Zellen ge­baut ist, so sind wir auch berechtigt anzunehmen:

"daB del' sensible Lungenvagus im Ganglion nodosumentspringt".

Ob aIle die zur Lunge gehorenden Zellen in del' Ganglie sensibelsind oder nicht, la8t del' Versuch naturlich nicht erkennen. Die Ent­scheidung hieruber wird nul' durch weitere histologische Untersuchungengetroffen werden. Wir kommen indessen spater auf <lie Frage wiederzuruck. Vorlaufig mussen wir es aufschieben,

2. Im Gegensatz zu Ikegami und Yagita muB ich behaupten,daB ein 'I'eil del' Zellen des entgegengesetzten Ganglion nodosum auchdie Lunge innerviert. Die Anzahl ist nicht groB (ca. 1/26), da es abel'groBe Zellen sind, die in normalen Ganglien sonst niemals .A.nderungenerleiden, die sich hier chromatolytisch zeigen, muB ich das Ergebnisals reell behaupten. Wie spater zu sehen ist, wird meine Anschauungauch durch weitere Untersuchungen bekraftigt, Fur die sensiblenLungennerven von derselben obigen Erwagung ausgehend, stellen wirda als zweites Hauptergebnis auf:

"Die sensible Vagusinnervation auf die Lunge ist beimHunde wesentIich gleichseitig, zum nicht geringen 'I'eilabel' gekreuzt."

3. Dem groBen Zellendefekt in Versuchen I a und I b entsprechend,enthiilt Ganglion cervicale medium auf derselben Seite eine groBe An­zahl Zellen, die del' Lunge angehoren, Sie werden groBtenteils vongroBen Zellen reprasentiert, die hauptsachlich in del' obersten Halftedel' Ganglie liegen (vgI. Versuche I a und I b). Auch ein groBer 'I'eil

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RESPIRATORISCHES NERVENSYSTEl\I BEl DEN WIRBELTIEREN. 329

kleine Zellen (ca. I!4) innervieren die Lunge. Sie liegen im Gegensatzzu den groBen in del' Ganglie mehr zerstreut. Aber, wie oben erwahnt,andert dieses Verhalten nichts in unsrer Auffassung.

Als 3. Hauptergelmis geht dann hervor:"Das gleichseitige Ganglion cervicale medium beimHunde bildet einen pr im aren Zentralpunkt fur Lungen­nerven; diese kommen wesentlich von Zellen des oberstenDrittels der Ganglie."

Von del' physiologischen Funktion diesel' Zellen sagen die be­sprochenen Versuche naturlich nichts, auch nicht, ob sie motorischoder sensibel sind. Von vornherein spricht doch die Wahrscheinlich­keit dafur, daB wir es jedenfalls wesentlich mit motorischen, sym­pathischen Zellen zu tun haben, Die Frage wird spater erortertwerden.

4. Sofern man gerechterweise eine Annahme auf einen einzelnen,wenn auch deutlichen Versuch, griinden kann, muB man annehmen,daB Ganglion cervicale medium der linken Seite Zellen enthalt, diezur Lunge del' rechten Seite gehoren, DaB dieses Verhalten nichtbeim ersten kurzdauernden Versuch entdeckt wurde, stammt sicherdavon, daB die degenerierten Zellen in geringer Anzahl gegenwartigsind und deshalb auf fruheren Stadien leicht iibersehen werden, wiihrendsie bei einem so spaten Stadium, wie im letzten Versuch, leicht zuentdecken sind, weil der Unterschied zwischen normalen und ver­anderten Zellen hier so grell hervortritt, wie uberhaupt moglich. DaBes sich um Kunstprodukte drehe, betrachte ich fiir ausgeschlossen.Wie erwahnt liegen die degenerierten Zellen in Gruppen und ist dieReaktion sehr ausgesprochen - peripherisch gestellte atrophische Kerneund fast total verschwundene Chromatinkorner -. Dagegen zeigendie normalen Zellen aUe deutlich schon gefarbte Nisslkorner,

Unter voller Rucksicht auf die einzige Art des Versuchs, diirfenwir deshalb wohl als 4. Hauptresultat aufstellen:

"Die sympathische Lungeninnervation iiber Ganglioncervicale medium ist beim Hunde hauptsachlioh gIe ich­seitig, zum Teil aber gekreuzt."

5. Da Ganglion cervicale sup. und steUatum in keinem der vierVersuche Veranderungen darbieten, miissen wir als 5. Ergebnis an­nehmen, daB diese Ganglien beim Hunde mit der Lunge such nichtszu tun haben.

Die vier zitierten Versuche stimmen also in der Hauptsacheuberein, Fiir die gekreuzte Innervation bedarf es doch weiterer Unter­suchungen. Ehe wir indessen die gewonnenen Ergebnisse iiberhaupt

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330 HOLGER MOLLGAARD:

festlegen, mussen wir, del' Sicherheit wegen, besonders was diepositiven Ergebnisse anbelangt, den umgekehrten Versuch machen:die Zellengruppen, die wir fr uher naeh del' Lungenexstirpationdegeneriert fanden, zu exstirpieren und die zur Lunge gehendenNerven fur Markscheidendegenerationen nach March is Methodezu untersuchen.

Diese Kontraversuche lassen sich indes beim Runde nul' furG. nodosum ausfuhren. G. cervicale medium kann man bei diesem Tiernicht exstirpieren, ohne den Vagusstamm zu beschadigen , wodurch del'Versuch selbstverstandlioh unbrauchbar wird. Zu diesem Versuch istdeshalb ein Tier zu wahlen, dessen Sympathikus sich vom Vagus trennt,ehe die Ganglie auftritt. So ist das Verhaltnis bei del' Katze.

Wie man indes von del' anatomischen Beschreibung del' Thorax­ganglien del' Katze weiB, ist Ganglion cervicale medium bei diesemTiere eine recht inkonstante GroBe und, selbst wenn es gegenwartigist, sehr wenig entwickelt. Deshalb lag del' Gedanke ganz naturlichnahe, daB ein Teil del' Zellen (oder mitunter alle), die degeneneren,wenn man die Lunge exstirpiert, bei del' Katze im Ganglion stellatumliegen. Diese Frage muBte ja indes erst beantwortet werden, eheman die Kontrollversuche ausfuhren konnte, und da es zugleich vongroBem Interesse sein wurde, das Verhalten del' Ganglien auch beidiesem Tier zu untersuchen, weil es von den physiologischen Experi­mentatoren so viel angewendet worden ist, so habe ich eine ReiheLungenexstirpationen an Katzen angestellt, ganz analog den zuletztbesohriebenen Versuchen an Runden, nul' daB bei einem Teil diesel'Versuche auBer del' genannten Ganglien Segmente in Medulla spinalisund ein Teil Spinalganglien untersucht sind.

Diese Untersuchungen wollen wir, ehe wir die angestellten Kon­trollversuche besprechen, zuerst diskutieren. Das Material zu diesenVersuchen umfaBt 5 Tiere. An zwei von diesen sind nul' die oberstenbeiden Lappen exstirpiert. Bei den ubrigen drei ist Totalexstirpationdel' linken Lunge vorgenommen worden.

Katze IX und X (erwachsene·Tiere).

Exstirpation del' beiden obersten Lappen del' linken Lunge.

.A.thernarkose, Uberdruckrespiration. Technik wie gewohnlicb (siehevorn). Die Wunde heilte primll.r am 7. Tage.

14 Tage nach del' Operation wurden die Tiere durch Verblutunggetotet,

Zur Untersuchung wurden ausgenommen: Gangl. stellatum sinistr.

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RESl'IRATORISCHES 1\ERVENSYSTEM BEl DEN ,VIRBELTIEREN. 331

et dextr. (Gangl. cerv. med. fehlt total). Medulla spinalis rom4. Zervikalsegment bis zum 4. Thorakalsegment.

Fixation in 96 prozent. Alkohol, Einbettung in Zelloidin.

Die Untersuchung des ausgenommenen Materials gibt folgendesResulat:

Ganglion stellatum sinistrum (Tafel III, Fig. 6) besteht aus zweiKategorien von Zellen. Die eine wird von groBen Zellen mit rechtkleinkiirnigem Protoplasma gebildet, die andere von kleinen Zellenmit recht graBen Chromatinkornern. Die groBen Zellen liegen, wiedie Photographie zeigt, in einer groben Gruppe zusammen, die denuntersten Teil der Ganglie einnimmt (siehe rechts auf der Photographie).Sie sind in diesem Fall, dem Bilde nach, von den kleinen Zellen (linksauf der Photographie), die den ubrigen Teil der Ganglia einnehmen,recht scharf getrennt.

In del' groBzelligen Gruppe finden sich nun eine Menge groBechromatolytische Zellen.

Auf Tafel IV zeigt das oberste Bild eine Photographie von derMittelpartie dieser Zellengruppe. Die Photographie ist sehr scharfund schon, und wie man sieht, trennen sich die chromatolytischenZellen sehr deutlich von den umgebenden normalen Ganglienzellen.Sie stellen aIle das typische voll ausgebildete Degenerationsstadium darmit randgestelltem, atrophischem Kern und beinahe totalem Schwundvon Chromatinkornern des Protoplasmas. Solche degenerierte Zellenfinden sich in dem groBzelligen Teil der Ganglie zwischen 50 bis 80in jedem Sehnitt, Als Durchschnittszahl von mehreren Zahlungenkann die Anzahl der chromatolytischen Zellen in der Ganglie auf ca.1/10 alIer Zellen der Ganglie jugiert werden.

Da die beiden obersten Lappen ungefahr die Halfte der Lungeausmachen, konnen wir, ohne groBere Fehler zu begehen, beurteilen,daB ungefahr 1/, oder vielleicht 1/4 aller groBen Zellen der Gangliedel' Lunge auf derselben Seite gehoren.

In dem kleinzelligen Teil del' Ganglie finden sich wohl chromate­lytische Zellen, abel' sehr wenige. Da wir nul' ca. die Halfte derLunge exstirpiert haben, wollen wir jedoch damit warten, unser Urteillibel' diesen Fund auszusprechen, biswir gesehen haben, was dieanderen Versuche geben werden.

Ganglion stellatum dextrum ist wie die Ganglie del' linken Seite(Tafel IV, Fig. 8) gebaut, zeigt aber weder in ihrem groBzelligennoch kleinzelligen Teil degenerierte Zellen, Wie die Photographiezeigt, sind die Zellen uberall scharf gefarbt, Nur zwei oder drei

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332 HOLGER MOLLGAARD:

Zellen in jedem Schnitt konnen eine leichte Zerstaubung des Proto­plasmas aufweisen.

Medulla spinalis: Die ausgenommenen Segmente bieten weder andel' rechten noch linken Seite in irgend einer Zellengruppe del' Ventral­horner degenerierte Zellen dar. Sowohl im Vorderhorn, Seitenhorn alsPhrenikusgebiet sind die Zellen normal. Tafel V (Fig. 9 u. 10) zeigt einenSchnitt vom 1. Thorakalsegment und 4. Zervikalsegment an del' linkenSeite, Das Bild ist vom Processus lateralis genom men , wo man vielmehr degenerierte Zellen erwarten miiBte, falls diese iiberhaupt vor­handen sein sollten. Wie zu ersehen ist, sind in beiden Segmentendie betreffenden Zellen scharf gefarbt und von normalom Aussehen.

Katzen XIII und XVII (junge Tiere),

Totalexstirpation del' linken Lunge.

Athernarkose, Uberdruckrespiration.Technik siehe vorn. Es ist jedoch zu bemerken, daB bei Katzen del'

unterste Lungenlappen adharent zum Mediastinum posterius ist und zwardurch ein diinnes, abel' recht starkes Gekrose, Dieses muB erst gesprengtwerden, ehe man den Lappen aus dem Thorax herausziehen kann. Hierbeisind mehrere Manipulationen in del' Pleurahohle notwendig, weshalb dieAseptik sehr streng eingehalten werden muB. Tut man dies, gelingt esindessen auch immer, Infektion zu vermeiden.

Die Wunden heilen primal' im Laufe von 6 bis 8 Tagen.

15 Tage nach del' Operation wurden beide Tiere durch Verblutunggetotet,

Von beiden Tieren wurden wegen Untersuchungen ausgenommen:G. nodosum und cervicale sup. dextr. et sinistr.; G. stellatum

dextr. et sinistr.Fiir XIII nahm man zugleich das hier vorhandene, abel' sehr kleine

G. cervicale mit. (Bei XVII fehlte es.)Von Katze XIII wurden die 7. und 8. Zervikalspinalganglie und

die 1. und 2. Thorakalspinalganglie ausgenommen.Von XVII: 1., 2. und 3. Thorakalspinalganglie.Fixation und weitere Behandlung wurde wie gewohnlich vor­

genommen.Die Untersuchung del' gewonnenen Praparate ergibt folgendes:Ganglion nodosum sinistrum zeigt am Langenschnitt eine Menge

groBe chromatolytische Zellen. Die Chromatolyse ist sehr stark vor­geschritten, und die Zellen nehmen eine Zone ein, die sich del' Langenach durch die Mitte del' Ganglie von dem einen Ende zum andernerstreckt. Sie sind in den Zonen ungefiihr gleichmiiBig verteilt; viel-

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HESl'lRATORISCHES KERVENSYSTEl\l BEl DEN 'VlRBELTIEREN. 330

leicht etwas zahlreicher am untersten Ende der Ganglie. Die Anzahlder degenerierten Zellen wird nach mehreren Zahlungen auf ca. 1/9aller Zellen der Ganglien jugiert.

Ganglion nodosum dextrum: Gleich in der Mitte del' Ganglie siehtman chromatolytische ZeUen von del' kleineren Kategorie. AuBerdemlinden sich groBe degenerierte Zellen in del' Ganglie zerstreut. Dagegensind alle ubrigen Zellen del' Ganglie normal mit deutlicher Chromatin­farbung,

Ganglion cervicale medium sinistrum (XIII) ist sehr klein; es ent­halt auBer kIeinen Zellen wenige ziemlich groBe Zellen desselben Typuswie die groBen Zellen im Ganglion stellutum. In del' Ganglie ist einerecht verbreitete Degeneration vorhanden , besonders un tel' den groBenZellen. Die AnzahI del' degenerierten Zellen ist ungefahr 1/15 allerZellen der GangIie.

Ganglion stellatum sinistrum: Wie bei Tier IX besteht dieseGanglie auch bei diesen beiden Tieren aus zwei Kategorien von ZeIlen,die sich durch Aussehen und GroBe bedeutend voneinander unter­scheiden. Wahrend indessen bei Tier IX die groBen Zellen wie einerecht scharf abgegrenzte Gruppe fill' sich am untersten Ende del'Ganglie Iagen, ist del' "groBzelIige" und "kIeinzellige" Teil del' Gangliebei diesen beiden Tieren nicht so gut getrennt. Das unterste spitzeEnde del' GangIien wird fast ausschlieBIich von groBen Zellen ein­genommen. Diese strecken sieh zugIeich ein Stuck dem Truncus sym­pathicus entlang. Nach aufwarts streckt sich das groBzelIige Gebiet ineiner schragen Linie gegen die mediale Seite del' Ganglie hinuber undsetzt besonders bei XVII als eine Verbramung ein Stuck del' medialenSeite entlang fort bis ungefahr ganz gegen das oberste Ende del'Ganglie hinauf. Die Grenze gegen den kleinzelligen Teil del' Gangliewird von einem gemischten Gebiet gebildet, wo es sowohl groBe alskleine Zellen durcheinander gibt.

Von del' Reaktion diesel' Ganglie geben nun die Praparate fol­gendes Bild. In del' Ganglie von XIII findet sich eine sehr aus­gebreitete Degeneration im ganzen untersten Drittel. Die groBenZellen bieten ein noch vorgeschritteneres Degenerationsstadium dar,als die Zellen im Ganglion eervicale medium bei Hund XXVI. Diezahlreichsten degenerierten Zellen sind im obersten Teil der groBzelligenRegion vorhanden. In einer Partie inmitten dieser Region sind dieZellen total destruiert und del' Ort ist mit Detritusmassen angefiillt. Indel' anstoBenden Partie del' kleinzelligen Region gibt es recht zahlreichechromatoIytische kleine Zellen. Die degenerierten Zellen sind in groBerAnzahl gegenwartig, die Chromatolyse ist abel' nicht so vorgesehritten

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334 HOLGER llloLLGAARD:

wie unter den groben Zellen. Infolge diesel' vorgeruckten Degenerationist es in diesem Falle ganz unmoglich Zahlungen vorzunehmen.

Fur XVII sind die Verhaltnisse ungefahr dieselben. Die Cbroma­tolyse del' einzelnen Zellen ist nicbt so vorgesehritten, und die degene­rierten groBen Zellen sind hier langst del' medial en Seite der Gangliein kleineren Gruppen mit Zwischenriiumen von normalen Zellen zu­sammen und nicbt wie in XIIIwesentlich am untersten Ende del'Ganglie. Auch die degenerierten Zellen der kleineren Art liegen beidiesem Tier weitschweifiger in der Ganglie als bei XIII.

Tafel VI (Fig. 11) stammt von dieser Ganglie und illustriert dieVerhaltnisse besser als Worte. Das Bild gibt eine Vorstellung von del'Verbreitung der Chromatolyse, die namentlich beim Vergleich mit demBild der rechten Ganglie auf Tafel VII (Fig. 12) imponiert.

Ganglion stellatum dextrum ist auf dieselbe Weise wie das linkegebildet. Bei keinem der belden Versucbstiere ist Reaktion in derGanglie. Die Zellen sind sebr schon gefarbt und zeigen uberall deut­liche Chromationkiirner und zentral gestellte Kerne. Tafel VII (Fig. 12)ist von dieser Ganglie bei Tier XVII genommen und illustriert einnormales G. stellatum.

Ganglion cervicale superius zeigt sowohl auf der rechten wielinken Seite normale Verhaltnisse,

Spinalganglien: Die 7. und 8. Zervikal- und 1. 'I'horakalspinal­ganglie weisen ganz einzelne cbromatiscbe Zellen auf. Der Fund istauf beiden Seiten eins, und die Chromatolyse nicht stark. Er muBdeshalb als ein Kunstprodukt betrachtet werden.

Die 2. Thorakalspinalganglie auf der linken Seite zeigt bei beidenTieren eine recht verbreitete Degeneration. Sie nimmt besonderskleine Zellen und Zellen von MittelgriiBe ein. Nur einzelne groBeZellen sind chromatolytiscb. Die Anzahl der degenerierten Zellen wirdauf 1/15 aller Zellen der Ganglie veranschlagt.

Die 2. Thorakalspinalganglie auf der rechten Seite zeigt auchchromatolytische Zellen, sowobl kleine als mittelgroBe. Nach mehrerenZahlungen erhalt man recht konstant das Verhaltnis 1: 32.

Die 3.Thorakalspinalganglie auf der linken Seite zeigt eine Mengechromatolytische Zellen desselben Typus wie die erwahnten Spinal­ganglien. Die Anzahl ist auf ungefahr 1/12 der Zellen der Ganglie jugiert.

Die 3. Thorakalspinalganglie auf der rechten Seite weist nichtwenige chromatolytische Zellen auf. Das Verhaltnis ist ungefahr 1: 25,also ca. halb soviel degenerierte Zellen als in der Ganglie auf der linkenSette. Die Zellen gehiiren zu demselben Typus wie die in fruher er­wahnten Spinalganglien.

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RESl'IRATORISCHES NERVENSYSTEM BEl DENWIRBELTIEREN. 335

Katze XIV (alteres Tier).

Totalexstirpation del' linken Lu n ge.

Athernarkose, Uberdruckrespiration.Technik siehe vorn. Die Wunde heilte primar, 15 Tage nach der

Operation durch Verblutung getotet.

Zur Untersuchung wurden ausgenommen: Gangl. nodosum. sinist.et dextr.; Gangl. stellatum sinist. et dextr.; Gangl. cervicale med.sinistrum,

Fixation und Behandlung wie gewohnlich. Die Untersuchunggibt folgendes:

Ganglion cervicale medium, das gut ausgebildet auf del' linkenSeite vorhanden ist, auf del' rechten abel' fehlt, enthalt recht zahl­reiche groBe Zellen und mehrere kleine. In del' Ganglie sind zahl­reiche chromatolytische Zellen, del' ProzeB ist abel' in den einzelnenZellen nicht besonders vorgeschritten. Die Anzahl del' degeneriertenZellen ist zwischen 1/9 nnd 1/10 aller Zellen del' Ganglie. Hieraufkommt ca. die Halfte auf die groBen Zellen. Del' Rest besteht ausZellen des kleineren Typus.

Ganglion stellatum sinistrum: Diese Ganglie scheint auf dieselbeWeise wie bei XIII gebaut zu sein. Durch ein Ungluck ist dieunterste Spitze verloren gegangen, so daB man die Verhaltnisse in demTeil del' Ganglie in diesem Fall nicht kennt. Indessen ist die ganzeoberste Halfte del' groBzelligen Region ubrig, und finden sich hierwie gewohnlich groBe chromatolytische Zellen. Die kleinen Zellenverhalten sich wie die Ganglien in XIII und XVII.

Wenn man indessen diese Ganglie mit den entsprechenden Ganglienbei XIII und XVII vergleicht, zeigt es sich, daB, wahrend Ganglionstellatum bei Tier XVII, dem Ganglion cervicale medium vollstandigfehlt, sehr groB ist und besonders viele groBe Zellen enthalt, die sichganz bis in das oberste Ende del' Ganglia erstrecken, sind bei XIII undbesonders bei XIV, wo Gangl. cervicale medium entwickelt ist (bei XIVsogar recht stark) weniger groBe Zellen im G. stellatum, das auchmakroskopisch bei diesen beiden Tieren mindel' scheint. Deshalb istdie Annahme am naturliehsten, daB ein Teil diesel' Zellen im Ganglionstellatum bei XIII und XIV langst Sympathikus vorgernckt ist, nachdemsie sich von G. stellatum getrennt haben, urn in del' Nahe del' Ver­schmelzungssteBe zwischen Vagus und Sympathikns ein Ganglion cervi­cale medium zu bilden, das dann wie bei Hunden degenerierte Zellennach einer Lungenexstirpation darbietet.

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336 ROLGEH l\IOLLGAAHD:

Ganglion stellatum dextrum zeigt denselben Bau, wie die fruhersrwahnten Ganglien. Keine Reaktiun.

Ganglion nodosum sinistrum et dextrum enthalt wie in den. beidenvorhergehenden Versuchen chromatolytische Zellen. Die Degenerationbraucht nieht naher besehrieben zu werden, da sie fur beide Ganglienden Verhiiltnissen bei XIII und XVII durchaus ahnlich ist; nur istdie Reaktion in diesem Fall nieht so weit vorgesehritten wie in denentspreehenden Ganglien von den Tieren XIII und XVII.

K a pit e I III.

Abschlu6 del' Ergebnisse.

\Vie aus den angefuhrten Versuchen hervorgeht , sind die Ver­haltnisse bei del' Katze, wie man erwarten konnte, hauptsaohlich die­selben wie beim Runde:

1. Ganglion nodosum enthalt Zellen, die zur Lunge gehoren,Diese Iiegen wesentlieh auf derselben Seite, ein Teil befindet sieh abel'auf del' entgegengesetzten Seite. Doch ist hier die Anzahl kleiner,als beim Hunde, Die "Lungenzellen" liegen wie ein Gurtel durehdie Mitte del' Ganglie und nicht wie beim Runde hauptsachlich inderen untersten Ende. Ihre Anzahl ist ca. 1/9 alIer Zellen del'Ganglie.

Infolge derselben Anschauung, die wir wahrend unsrer Schatzungdes Fundes im G. nodosum beim Versuchstier XXVI anlegten, nehmenwir an:

"daB del' sensible Lungenvagus auch bei del' Katze imG. nodosum entspringt, und daB die Faden wesentlieh vondel' Ganghe auf derselben Seite kommen, zum Teil abel'auch von del' entgegengesetzten Ganglie."

Ob aIle Lungenzellen in del' Ganglie sensibel sind oder nicht,kann dagegen auf Grund diesel' Versuche ebensowenig wie fur XXVIentschieden werden.

2. Ganglion stellatum ist eine recht groBe Ganglie, die in del'Regel sowohl dem G. stellatum und G. cervicale medium beim Rundeentspricht, In gewissen Fallen scheidet sieh ein Teil diesel' Zellenvon del' gesamten Zellenmasse aus und Iagert sieh etwas oben amRaissympathikus ais ein Ganglion cervicale medium.'

1 Eine sehr schdne Illustration zu diesem Verbalten wurde in eiuemspater besprocbencn Versucb XV gefunden. Bier war Sympatbikus iiberG. stellatum gerade von der Stelle, wo er sich von Vagus trennt, bis .ganz in die

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HES1'IHATUHISCHES :\ERVEl>SY::;TElII BEl DEN \\"mBELTIEREN. 337

Beide Ganglien bestehen aus groBen und kleinen Zellen, die imStellatum in del' Regel in recht abgesonderten Regionen liegen, imG. cervicale medium (wenn ein solches existiert) dagegen mehr unter­einander gemischt.

Ganglion stellatum auf derselben Seite fuhrt zahlreiche Zellen,die die Lunge innervieren, Die meisten von diesen werden von dengroBen Zellen in del' Ganglie reprasentiert, Ein recht ansehnlicherTeil ist doch kleine Zellen.

Wenn sich Gangl. cerv. medium vorfindet, gehiiren zwischen 1/10

und 1/15 von dessen Zellen zur Lunge auf derselben Seite. Ist keinselbstandig entwickeItes G. cervieale medium vorhanden, werden dessenLungenzellen von Zellen am untersten Ende oder Hingst del' Medial­seite von Ganglion stellatum vertreten, - Bei del' Katze bilden also

Ganglion stellatum und Ganglion cer vical e medium pri­mare Zentralpunkte fur Nerven zur Lunge auf derselben Seite.

Gleichwie beim Hund nehmen wir als das wahrscheinlichste an,daB jedenfalls eiu wesentlicher 'I'eil diesel' Zellen motorisch ist.

Ob die beiden Ganglion auch Nerren zur Lunge auf del' anderenSeite senden, weiB man nicht. Die Versuche sprechen dagegen, dadie rechte Ganglie in allen Fallen normal ist. Leugnen darf ich nicht,daf eine geringe gekreuzte Innervation gegenwartig sein karin, ohne sichan den Degenerationspraparaten deutlich zu erkennen zu geben. Jeden­falls ist sie sicher gering. DaB die Innervation dagegen in einemandren Sinne gekreuzt sein konnte, die beiden Lungen auf eine andreWeise verbunden waren , ist moglich, muB abel' durch direkie histo­logische Untersuchungen del' betreffenden Ganglien entschieden werden.

3. Fur die Untersuchung der Spinalganglien konnen auf Grunddes vorliegenden Materials, selbst wenn die Untersuchungen sehr sorg­fiiltig vorgenommen sind, gerechterweise keine bestimmten Schlussegezogen werden. Dazu sind die Versuche zu klein, ist die Kontrollezu gering. Doch kann man mit groBer Wahrscheinlichkeit folgendesaussprechen:

In del' 7. und 8. Zervikal- und 1. Thorakalspinalgangliebefinden sich keine Zellen, die zu den Lungen geh6ren, weder aufderselben noch auf del' entgegengesetzten Seite, und mit etwas Wahr­scheinlichkeit kann man annehmen, daB:

Ganglie herunter, uberall mit Ganglienzellen durchwebt, die in direkter Fort­setzung der Zellen im obersten Pol von G. stella tum lsgen. Bier batten sichalso die Zellen aus der Ganglie abgetrennt, hatten sich aber nicht zu einemgut abgegrenzten G. cervicale medium gesammelt, wesbalb sie dieht ausgesatlangs des untersten Teils des Balssympathikus lagen.

Skandin. Archiv. XXVI. 22

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338 HOLGER MOLLGAAIW:

die 2. und 3. Thorakalganglie sen si hl e Faden nach del'Lunge sendet. Die Innervation ist hauptsachlicli gleichseitig, mug­licherweise abel' auch zum Teil gekreuzt.

4. Die Untersuchuug del' l\Iedulla spinalis bekraftigt die Ergeb­nisse von den Hundeversuchen. Auch nicht bei del' Katze findensich Lungennerven , die ihren direkten Ursprung in Medulla spinalishaben,

Wir haben nun Klarheit uber die Verhaltnisse del' untersuchtenZellengruppen bei del' Katze , soweit es sich auf Grund del' zitiertenVersuche machen HiBt. Deshalb konnen wir nun dazu ubergehen dieKontrollversuche zu betrachten und zu sehen, ob sie Resultate geben

die mit den bereits gewonnenen ubereinstimmen.

Zweite Hauptabtetlung,

]Ial'kscheidendegeneration (]Iarchi).Prazision del' Forderungen fUr die Kontrollversuche.

Die Kontrollversuche drehen sich ausschlieBlich urn Zellengruppenauf derselbe Seite, also in casu auf del' linken Seite. Fiir die ent­sprechenden Zellengruppen auf del' entgegengesetzten Seite habe ichinfolge Mangel an Zeit und Material noch keine Kontrollversuche aus­fiihren konnen, Dies muB selbstverstandlioh gemacht werden und wirdbei einer spateren Wiederaufnahme und Fortsetzung diesel' Unter­suchungen auch gescbehen. Dasselbe gilt fiir die Spinalganglien, furwelche ich auch noch keine Gelegenheit hatte die, namentlich bierso notwendigen Kontrollversuche auszufiihren.

Die nun folgenden Untersuchungen drehen sich dafiir ausschlief­lich urn die beiden groBen Ganglien auf derselben Seite, Ganglion

. stellatum und Ganglion nodosum,: auBerdem urn l\Iedulla oblongata;und schlieBlich ist einer del' Versuche dazu benutzt worden, mittelsdel' Nissl-Methode die Leitung uber G. stellatum noch einen Schrittweiter zu fiihren.

Zugleich ist fast bei allen Versuchen, die G. nodosum betreffen,Nervus vago-sympathicus sorgfaltlg untersucht mit einem Gedanken VOl'Augen, mit dessen Darstellung wir doch bis spater warten mussen,urn die Entwicklung nicht zu antezipieren.

Von del' Praparations- und Farbetechnik, die bei diesen Versuchenverwendet ist, ist es nul' notig zu sagen, daB ioh die woblbekannte

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RESl'IHATOHISCHES NERVEKSYSTEM BEl DEN WIHTIELTIEREK. 339

lUarchimethode zum Schwarzen del' degenerierten Markscheiden mitOsmiumobersaure nach del' Fixation und langerem Steben (mindestens8 Tage) in del' Mul l erschen Flussigkeit oder 4 Proz. Kaliumbichromatverwendet habe, Die untersuchten Nerren und Ganglien sind schnellin Zelloidin eingebettet, ohne Bebandlung mit Ather-Alkohol. Die Ein­bettung machte sicb notwendig , da es sonst nicht moglich war, diedunnen Ner-ren zu schneiden.

Von denselben Nerven werden sowohl Langen- als Querschnittcgeschnitten, durcbgehends von einer Dicke von 20 bis 30 (.1. DieSchnitte werden in ncutralem Kanadabalsam auf gewohnliche Weiseeingelagert.

Wir gehen nun dazu tiber, unsre Untersuchungen mit diesel'Methode zu betrachten. Ehe wir die Versuche zitieren , wird es docham naturliohsten sein uns klar zu machen, was wir nach Exstirpationdel' erwahnten Zellengruppen zu finden erwarten mussen, falls die Er­gebnisse ricbtig sind, die wir durch die schon beschriebenen Versucheerhielten.

Wir mussen dann folgendes erwarten:1. Exstirpation des Ganglion stellatum muB, wenn dessen

Zellen Achsenzylinder nach den Lungen auf derselben Seite entsenden,Degenerationen in den Nerren erzeugen, die in diese Lunge gehen.Diese Degeneration kann indessen nur durch die Marchi-Methodenachgewiesen werden, sofern die Achsenzylinder von del' Ganglie mitMarkscheiden versehen sind. Soviel man weiB, ist nun del' groBteTeil del' efferenten Strange del' Ganglie, wie die meisten efferentensympathischen Strange mark lose Aehsenzylinder. Die meisten sym­pathischen Ganglien pflegen indessen zum Teil markhaltig zu sein. Wirmussen dann als das Wahrscheinlicbste erwarten, daB wir naeh Exstir­pation diesel' Ganglie eine geringe Markscheidendegeneration in denLungenzweigen finden. Da del' allergrobte Teil del' von del' Gangliekommenden Nerven auf ihrem Weg dureh die Brusthohle hinunterdurch den Vagusstamm gehen, habe ieh hauptsaohlich die vom Vagusin die Lunge gehenden Nerven untersucht,

2. Exstirpation des G. nodosum solI Markscheidendegeneratlonin den Lungennerven des Vagus ergeben.

Naeh derselben Operation soll Vagus total nber G. stellatumdegenerieren, wahrend del' Nerv un tel' diesel' Ganglie normaleNervenstrange enthalten soll (Aehsenzylinder von der Ganglie zumVagus).

Nach derselben Operation durfen die Lungenzweige des Vagusnul' partiell degenerieren.

22*

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340 HOWER :MOLLGAARD:

3. Falls man Medulla 0 blongata vom Vagus trennt, ohne G.nodosum zu beschadigen, durfen in die Lungenzweige des Vaguskeine Markscheidendegenerationen kommen (da Medulla oblongata nachExstirpation der linken Lunge bei neugeborenen Tieren keine Zellen­defekte zeigt),

Kapitel I.

Ganglion stellatum.

Katze XV und XX (junge Tiere).

Exs tirpa ti on des Gan g l i 0 n stella t um sin is trums.

Xthernarkose.Operationstechnik. Man macht einen Schnitt Iangs der Basis

scapulae. Die Muskulatur, die die Skapula an den Trunus bindet, wirddurchschnitten. Nun wird die Skapula tiber die Seite des Thorax YOl"­geschoben, so daB der oberste Interkostalraum im Operationsfeld frei liegt.Darauf macht man die subperiostale Resektion des hintersten Teilesder e r s ten Rip P e. Man arbeitet sich nun stumpf in die Tiefe,schiebt die Pleurakuppel vor sich, indem man bestandig aufpaBt, denersten Interkostalnerv nicht zu beschadigen, Die Ganglie ist gleichkaudal YOm Plexus brachialis zu finden und streckt sich mit ihrerSpitze ein Stu ck unter Costa II. Man zieht die Ganglie mit einemHaken hervor und disseziert alle deren Zweige sorgfaltig heraus. Zuerstdurchschneidet man den Dorsalsympathikus. Datauf wird die Ganglie ex­stirpiert, indem man jeden ihrer einzelnen Zweige durchschneidet, be­standig darauf achtend, die anderen Nerven nicht zu beschadigen, ManschlieBt nun die Wunde, indem man die Muskulatur mit Seide in dreiEtagen suturiert , worauf die Hautwunde mit Motalldraht vereinigt undauf gewohnliche Weise mit KoHodium und Watte bedeckt wird.

Die Wunde heilt primar ohne Reaktion.

Nach Verlauf von beziehungsweise 20 und 17 Tagen wird dasTier durch Verblutung getotet,

Zur Untersuchung wurden ausgenommen:Fur beide Tiere: Die Lungenzweige zu den beiden obersten Lappen.

(Diese Nerren gehen namlich in der Regel als ein ziemlich dickerStamm vom Vagus langs der Lungenwurzel, um erst, wenn sie in dieLunge selbst eintreten, sich in mehrere kleine Zweige zu teilen.) Manprapariert nach der Marchimethode.

Fur XV: Das Riickenmark vom 6. Cervikalsegment bis zum3. Thorakalsegment. Diese Segmente werden, wie fruher erwahnt, nachder Nisslmethode behandelt. Man farbt sie mit Methylenblauseife ohneKontrafarbung,

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RESI'JRATOIlISCHES KERVENSYSTEM BEl DEN ,rIRBEL'l'IEREN. 341

Die Ergebnisse del' Versuche sind dann folgende:Die Lungenzweige zeigen am Langenschnitt groBtenteils gelbe

ungeschwarzte, anscheinend normale Nervenfasern, Zwischen diesenliegen Reihen von schwarzen Kornern, die bei genauerer Untersuchunginnerhalb del' noch, obwohl schwach, hervortretenden Konturendel' markhaltigen Achsenzylinder liegen. Die Kornerreihen liegen beiXX besonders in del' einen Seite des betreffenden Lungenzweiges ge­sammelt. In Nerven von XV liegen die Kornerreihen zwischen denungeschwarzten Nervenfasern mehr diffus zerstreut. In so groBer An­zahl wie bei XX sind sie nicht gegenwartig. Das Tier ist wahrschein­lich etwas zu lange gegangen. Die Praparate zeigen namlich anmehreren Stellen Bilder, die als Totalresorption von Markscheidsndegenerierter Nervenfasern gedeutet werden miissen, Ware es zueinem fruheren Zeitpunkt getutet worden, wiirde es dafur wahr­scheinlich ein ebenso deutliches Bild wie XX gezeigt haben , wo keinZweifel daruber herrschen kann, daB wir es mit degenerierten Mark­scheid en zu tun haben,

Es konnen moglioherweise auch individuelle Unterschiede in del'Verteilung del' markhaltigen und marklosen sympathischen Fasern inden Lungennerven sein.

Das Riickenmark (XV) zeigt fiir die Halssegmente in seinenZellen keine Veranderungen.

In den drei Thorakalsegmenten ist im Processus lateralisein Teil del' groBen Zellen chromatolytisch. Die Anzahl solcher Zellenist nicht groB. Da sie abel' in allen Schnitten durch alle drei Seg­mente zu finden sind, muB man annehmen, daB die Degeneration vondel' Ganglieexstirpation herriihrt. Wie erwartet, zeigen die kleinenZellen im Processus lateralis keine Veranderungen, was doch , wie be­kannt, nichts von ihrem Verhalten zur Ganglie sagt. Auf del' rechtenSeite war in einigen Schnitten hier und da eine einzelne groBereZelle mit etwas periphischer Zerstaubung im Protoplasma zu finden,sonst nichts Abnormes, Die Vorderhornzellen auf beiden Seiten warennormal.

Die Ergebnisse, die von diesen Funden abgeleitet werden konnen,sehen so aus:

1. Da die Lungenzweige nach Resektion des Ganglion stellatuml\Iarkscheidendegenerationen zeigen, wodurch also die erste unsererForderung erfiillt wird, mussen wir bei diesel' Operation markhaltigeAchsenzylinder durchschnitten haben, die von del' Ganglie znr Lungegehen,

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342 HOLGER )IOLLGAARD:

Vielleicht will man nun einwenden, daB die degenerierten Fasernnul' quer durch die Ganglie gehen und mit deren Zellen nichts zuschaffen haben, Dies konnen die zitierten Versuche selbstverstandlichnicht widerlegen. Mil' scheint indessen die Wahrscheinlichkeit daftirnicht groB zu sein. Vom Ru cken m ar k konnen diese Fasern namliehnicht kommen, da wir wissen, daB dieses keine direkten Ken-en zurLunge sendet. Es konnte dann die Rede von aberrierenden sensiblenVagusfasern sein, die sich vom Vagus trennen, durch die Ganglielaufen, urn sich weiter unten mit dem Vagus zu vereinigen. DieshiBt sich indessen recht schwierig denken, da ich, wie spater zu sehenist, beim Durehschneiden des Vagus am Halse oder bei Resektion desG. nodosum uiemals Markscheidendegenerationen im Ganglion stellatumgefunden habe, obwohl ich aus andren Griinden mit groBer Energiedanach gesucht hatte.

Eine andere Sache dagegen ist es, daB Markscheidendegenerationenvon sensiblen Fasern von del' II. und III. Spinalganglie in del' Dorsal­region stammen konnen. Falls diese Ganglien namlich die Lungewirklich innervieren, was ich , wie gesagt, noch nicht festlegen darf,ist es schwierig zu denken, wie die betreffenden sensiblen Nerren zuden Lungen kommen sollten, ohne auf dem Weg G. stellatum zupassieren. Wenn sie dies tun, werden sie selbstverstandlich bei del'Exstirpation del' Ganglie durchschnitten. Diese Frage mussen wir in­dessen offen stehen lassen, bis erneuerte Untersuchungen das Ver­halten del' erwahnten Spinalganglien zu den Lungen klargelegt haben.

Die Auffassung, daB G. stellatum Nerven zu den Lungen sender,wird indessen auch von einem andren bisher noch nicht erwahntenFund unterstutzt, Bei mehreren teils von mil' selbst, teils von Assl­stenten ausgefUhrten Dissektionen del' Lungennerven del' Katze hat essioh gezeigt, daB ganz konstant ein Nerv von Ansa Vieussenii inden obersten Lungenlappen geht. Diesel' Nerv laBt sich his ganzins Ganglion stellatum verfolgen und besteht fast ausschlieBlich ausmarklosen Pasern. Diese konnen nicht anderswoher kommen als vonden Zellen des Ganglion stellatum. Jede andre Annahme wird nichtallein durch aIle meine Versuche widerlegt, sondern durch alles, waswir bis heute uber den histologischen Bau des Sympathikus wissen, EsmuB dufur diesel' Fund als eine wesentliche Stutze fur die Richtigkeitdel' Ergebnisse betrachtet werden, die wir bei del' Untersuchung desG. stellatum nach Lungenexstirpationen gewonnen haben.

2. Irn Processus lateralis im obersten Thorakalmark gibtes, wie zu erwarten war, groBe Zellen, die degenerieren, wenn Ganglionstellatum exstirpiert wird. Ein Teil davon gehi.irt jedenfalls zu diesel'

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RESPIRATORISCHES XERVENSYSTEM BEL DEN 'VIHBELTIEREN. 343

Ganglie, Ein Teil dagegen gibt den Ursprung zu Nervenfaden, dieim Halssympathikus verlaufen. Doch sind bei diesen Versuchen be­stimmte Ursprungskerne fur Nerren vom Riickenmark bis zum Ganglionstella tum nicht gefunden worden. In diesel' Hinsicht sind wir deshalbnicbt weiter als fruher: wir wissen nur so viel , daB die prazellularenFasern , die im Hals- und obersten Dorsalsympathikus verlaufen, vonZellen im Processus lateralis der obersten 'l'horakalsegmente kommen,woraus ja ubrigens gerecbterweise zu scblieBen ist, daB sympathischepriiz el lu lare Fasern zu den Iungenzellen im Ganglionstella tum von Processus lateralis in einigen der erwahntenThorakalsegmente kommen. Auf diese Frage kommen wir spater wiederzuriick und werden dann eine bessere Grundlage haben, uns einenStandpunkt zu bilden.

Wir kommen nun zu den Kontrollversuchen uber Ganglionnodosum,

Ka pi tel II.

Ganglion nodosum.

Katze XIX (junges Tier).

Durcbschneiden des Vagus un ter Ganglion nodosum.

Athernarkose.

Operationstechnik. Man macht einen Schnitt vom Unterkiefer­winkel aufwarts schwingend Htngs des hintersten Randes des Pro­cessus mastoideus. Der dabei gebildete Hautlappen wird nach obengeklappt ; der unterste Teil der Parotis emporgeschoben. Glandulasubmaxillaris wird, nachdem deren Hinterflache von den Umgebungenge16st ist, hervorgezogen. Man geht nun gleich hinter Glandulathy reo ide a hinein , entbloBt Processus mastoideus und suchtGanglion nodosum gleich vor der Mitte desselben. Die Ganglie wirdfrei prapariert und an ihrem untersten Ende vom Sympathikus getrennt,was recht leicht geht. Darauf wird Vagus unter der Ganglie durch­schnitten und ca. 11/ 2 em des Nervs exstirpiert.

Es wird in 3 Etagen suturiert. Verband wie gewohnlich. Am10. Tage entfernt man die Suturen in der Haut. In einem Teil del'Hautwunde war leichte Suppuration. Die Muskelsutur aber war intakt.Die Wunde wurde gereinigt und heilte schnell.

20 Tage nach der Operation wurde das Tier durch Verblutungget6tet. Zur Untersuchung behandelte Dian naoh Marchi:

1. Die Lungenzweige des Vagus; 2. eiu Stuck von Vagosympa­thikus aus dem Halse; 3. ein Stuck von Vagus unter G. stellatum;

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344 HOLGEH l\IOI,I,GAAIW:

4. Sympathikus unter del'Teilungsstelle fur Vagosympathikus; 5. Medullaoblongata von Calamus scriptorius bis Striae acusticae.

Die Untersuchung zeigt:1. Die Lungerzweige auf del' linken Seite sind an Langenschnitten

mit Zonen von schwarzen, in Reihen liegenden Kornern durchlaufen.Sie liegen in del' Regel in Giirteln in del' Mitte oder am oftestenlangs des Randes der einzelnen Nerven zusammen. Einzelne del'feinsten Zweiga scheinen zur Degeneration total verfallen zu sein,indem sie iiberall mit kleinen schwarzen Kornern angefiillt sind, undihre Struktur fast ganz verwischt ist.

2. Das ausgenommene Stiick von Vagosympathikus zeigt denSympathikus un besch ad ig t, Vagus selbst wird von einem fasts t I' U k t u I' los e n Strang (Laugenschnitt) gebildet, del' iiberall mitschwarzen Kornem angefiillt ist, die mitunter in groberen KugelnzusammenflieBen.

3. Vagus unter Ganglion stella tum (gleich iiber Plexus pul­monalis) ist gruBtenteils del' Degeneration verfallen. Del' Langenschnittdurch den Nerv zeigt abel', daB er Biindel von anscheinend gamnormalen Nervenfasern enthalt (gelb gefiirbt, ohne Marchikorner),Ob alle diese marklos sind oder nicht, ist an solchen Praparaten sehrschwer zu sehen, Die meisten von ihnen scheinen doch ganz diinneNervenfasern ohne Markscheide zu sein.

4. Sym pathikus un tel' del' Teilungsstelle zeigt wenige feineschwarze Korner, kein es kann abel' als Markscheidendegeneration ge­deutet werden.

5. Medulla oblongata zeigt kein abnormales Verhalten. Wedel'im Tractus solitarius noch in den eintretenden Vaguswurzeln findensich Markscheidendegenerationen.

Katze XXVII (junges Tier).

Durchschneiden des Vagosympathikus unter Ganglionnodosum.

Athernarkose.Operationstechnik wie gewohnlich, Sowohl Vagus als Sympa­

thikus sind hier ein Stiick weiter unten am Halse durchschnitten.

Die Wunde heilte primal'.14 Tage nach del' Operation wird das Tier durch Verblutung

getotet,Fiir Marchifarbung werden prapariert: 1. V. Vagosympathikus

(ein Stuck vom Halsteil; 2. V. Sympathikus nnter del' Teilungs-

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RESPIRATORISCHES NERVENSYSTEl\1 BEl DEN 'VIRBELTIEREN. 345

stelle j nebst diesem Stuck wird G. stellatum prapariert, 3. Die Lungen­zweige; 4. H. Vagosympathikus (zur Kontrolle).

Untersuehung:

1. Im Quersehnitt des Vagosympathikus zeigt sieh Vagus inein groBeres und kleineres Bundel gespalten. Beide sind sowohlim Quersehnitt und Langenschnitt uberall mit Marehikiirnern angefiillt.In keinem del' beiden Bundel sieht man normale Nervenfasern. Sym­pathikus ist dagegen vollstandig normal. Enthalt keine Marchikomer.

2. Sympathikus unter del' Teilungsstelle ist in zwei Nerven ge­spalten, die beide im G. stellatum endigen. Keine davon zeigt degene­rierte Markscheiden, weder im Quer- noeh Langenschnitt,

3. Del' Hauptzweig zu den obersten Lungenlappen zeigtsowohl im Quer- als Langenschnitt eine ausgebreitete Markscheiden­degeneration. Auf Tafel VIII gibt die oberste Photographie ein Bildvon diesem Verhaltnis. Wie man sieht, nimmt die Degenerationwesentlieh einen breiten Gurtel langs des einen Randes des Nervesein. AuBerdem finden sieh (siehe die Photographie) aueh zerstreuteMarkseheidendegenerationen in del' Mitte des Nerves. Die degeneriertenPartien konnen zusammen auf ein wenig un tel' die Halfte des Nervesveransehlagt werden. Diesel' teilt sieh, ehe er in die Lunge eintritt,in zwei Zweige. Von diesen ist del' eine total degeneriert, del' andreim geringeren Grade.

4. Del' reehte Vagosympathikus zeigt nlehts,. das als Mark­seheidendegeneration gedeutet werden kann, aueh nieht nach Behand­lung del' osmierten Schnitte mit Gerbsaure,

Sammeln wir nun die Ergebnisse, die wir durch die heiden letztenVersuche XIX und XXVII gefunden haben, so sieht man sehr leicht,daB diese Versuche in. del' Tat sowohl den 1., 2. als 3. Teil del'Forderung 2 sehr hubsch erfiillen. Die Ergebnisse entsprechen genaudenen, die wir zu finden verlangten. "Wenn man Ganglion nodosumexstirpiert, entstehen Markscheidendegenerationen in den Lungen­zweigen des Vagus. Ehe wir indessen definitiv folgern, daB diedegenerierten Lungennerven im G. nodosum entspringen, miissen wirnaturlich die 3. Forderung zufrieden stell en und den Kontrollbeweisfur die Richtigkeit unserer Auffassung vom Verhalten der Medullaoblongata zu den Lungen fiihren.

Ferner haben wir gefunden: Wenn man Ganglion nodosum ex­stirpiert, degeneriert Vagus to tal iiber G. stellatum, abel' nur

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346 HOLGER ~I6LLGAARD:

partiell un tel' diesel' Ganglie. Auch die Lungenzweige degene­rieren nul' partiell.

Dies bedeutet, daB Vagus unter G. stellatum Nervenfasern fremdenUrsprunges empfangt, und daB ein groBer Teil davon in den Lungen­nerven des Vag-us verliiuft, Da jedenfalls ein groBer Teil davonmarklos ist, konnen sie nul' teilweise von den erwiihnten Spinal­ganglien herriihren, und gibt dafiir die Erfullung del' Forderung II bund c einen wertvollen Beitrag zum Beweismaterial fur die Richtigkeitunserer Anschauung uber das Verhalten des Ganglion stellatum zurLunge, indem wir recht haben zu folgern, "daB in allen Fallen eingroBer Teil del' Nervenfasern in den Lungennerven, die sich trotzdel' totalen Degeneration des Vagusstammes libel' Ganglion stellatumnormal halten, ihren Ursprung von Zellen in diesel' Ganglie haben."

Wir gehen nun dazu libel', uns mit del' dritten unserer Forderungzu beschaftigen und zu untersuchen, wie sich die Lungennerven ver­halten, wenn man Medulla oblongata vom Vagus ohne Verletzung desGanglion nodosums trennt.

Ka pit el III.

Medulla oblongata.

Katze XVIII und XXIX.

Durchschneiden des Vagosympathikus libel' Ganglionnodosum.

Athernarkose.

Operstionstechnik wie in XIX. NUl" wird hier Vagus libel'G. nodosum durchschnitten statt unterhalb diesel' Ganglie. Dies machteine groBere EntblOBung des Processus mastoideus notwendig, da dasoberste Ende del' Ganglie ganz oben unter diesem Prozef liegt. Sonstist die Operation wie vorn beschrieben. Die Wunde heilte primal'.

Beziehungsweise 20 und 14 Tage naeh del' Operation wird dasTier durch Verblutung getotet, Zur Untersuchung mit del' Marchi­methode werden prapariert: 1. V. Vagosympathlkus (vom Halsteil);2. V. Lungenzweige; 3. V. Sympathikus unter del' Teilungsstelle desVagosympathikus j 4. Medulla oblongata von Calamus scriptorius bisStriae acusticae. Nach Nissl wird, was XIX betrifft, G. nodosumsinistrum behandelt,

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RE:';PIRATORISCHES XERVEKSYSTEM DEI DEN ",VIRBELTIEREN. 347

Die heiden Versuehe erg-eben folgende Resultate:

1. Vag u s i m H a I s e ist yon Zonen degenerierter Mark­seheiden durehlaufen. Sie liegen in Gurteln , die mit normalen un­beschiidigten Xervenfasern abwechseln. Sympathikus ist normal, ohnel1arehik0rner.

2. Die L un g e n z wei g e sind ganz normal. Das Bild aufTafel VIn (Fig. 14) zeigt einen Lungenzweig von XVIII. 'Vie auf del'Photographie sind die Lungennerven iiberall frei yon gesehwiirztenKornern,

3. Sympathikus unter del' Teilungsstelle, zeigt fur XVIII sogut wie iiberall normale Verhiiltnisse. Er enthalt wenige geschwarzteKorner zerstreut, die indessen zum gr6Bten Teil fUr Kunstprodukteanzusehen sind. Doeh liegen sie an einzelnen Stellen in Reihen undreprasentieren vielleicht einzelne degenerierte Markscheiden.

Fur XXIX ist das Verhiiltnis folgendes: Sympathikus fiihrt etwasunter del' Teilungsstelle ein wohl entwickeltes Ganglion cervicale medium.-abel' diesel' Ganglie ist eine typische Markscheidendegeneration, die ca. 1/3des Nerves einnimmt. Ein Stiick tiber Ganglion eervicale mediumhalt sie indessen auf. Gleieh kaudal rom untersten Pol diesel' Ganglieist wieder eine neue degenerierte Partie. Diese hart abel' sofort wiederauf, und obwohl del' Nerv in zahlreiche Liingenschnitte geschnittenist, so ist es an keinem diesel' moglich, degenerierte Markscheiden biszum Ganglion stellatum zu verfolgen. Sie horen ein weites Stucktiber diesem auf, und auch nieht in del' Ganglie selbst ist irgend­welehe Andeutung von Markscheidendegeneration zu sehen.

4. Medulla oblongata: Im Quersehnitt sieht man, besonders immittelsten Segment des verlangerten Marks, Reihen von Marchik6rnern,die langs del' eintretenden Vaguswurzeln quer dureh den Trige­minus kern folgen. Es gibt also Mar.kscheidendegenerationen imWurzelgebiet des Vagus. Besonders ist Tractus solitarius in seinemkranialen Ende mit recht zahlreiehen schwarzen K6rnern durchsat,und hiervon gehen (siehe TafelIX, Fig. 15) strahlenformige Reihen feinerKi)rner aus, die ganz in den dorsalen Vaguskern hineinreichen..Ein Teil del' Reihen erreicht Raphe, wo sie im dorsalen Langenbtmdelauf derselben Seite verschwinden. Ein anderer· Teil kreuzt Rapheund versehwindet auf del' entgegengesetzten Seite.

5. Das von Tier XXIX ausgenommene G. nodosum zeigt beiNisslpraparaten einzelne chromatolytische Zellen in der Ganglie zer­streut. Sonst uberall normale Verhiiltnisse mit scharf chromatin­gefiirbten Zellen.

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348 HOLGER MOLLGAARD:

Rund XXXI.

Durchschneiden des Vag osy m pat.h iku s u ber Ganglionno dosurn.

Athernarkose. Prophylaktische Tracheotomie und Tamponadedes Larynx.

Operationstechnik: Die Operation wird wie im vorhergehendenausgefiihrt. Man beginnt nul' mit den beiden angegebenen Hilfsoperationenzur Sicherstellung gegen Aspirationspneumonie, Unter meinen Versuchenmit Hunden habe ich namlich mebrere diesel' unangenehmen zeitraubendenFalle gehabt; bei nltherer Untersuchung zeigte es sich, daB dies daraufberuhte, daB die Hunde die ersten Tage nach diesel' Operation eine groBeNeigung zu Erbrechungen hatten, und da man bei Operationen eine Paresedel' Pharynxkonstriktoren auf derselben Seite hervorbringt, bekommt dasTier den Mageninhalt sehr leicht in die Lungen hinunter. Urn mich da­gegen zu schiitzen, habe ich splrter alle meine derartigen Versuche stetsmit einer Larynxtamponade angefangen. Diese laBt man 3 Tage Iiegen.Dann muB man sie entfernen, urn das Tier nicht zu infizieren. Gleich­zeitig entfernt man auch die Trachealkaniile. - Die Wunden heiltenprimal'.

11 Tage nach del' Operation ist das Tier durch Verblutung ge­tiitet worden.

Zur Marchifarbung wiI'd in 4 Proz. K2Cr207-lijsung fixiert:1. Ganglion cervicale medium, nebst einem Stuck des Vagosympathikusuber und unter del' Ganglie. 2. Lungenzweige vom Vagus bis zu denobersten Lappen. 3. G. nodosum wiI'd in 96 Proz. Alkohol zur Nissl­farbung fixiert,

Die Untersuchung del' praparierten Teile ergibt folgendes:1. Schnitte durch Ganglion cervicale medium mit dazugehiirendem

Vagosympathikus zeigen im Vagus einen breiten, scharf begrenztenGurtel von degenerierten Markscheiden. Er liegt langs des Randesdes Nerves in del' Seite, die sich von dem Sympathikus und del'Ganglie abwendet. Bei zwei del' zahlreichen Langenschnitte, worin dieGanglie nebst den Nerven geschnitten werden, sieht man einen kleinenStrich degenerierter Markscheiden, die in den obersten Pol des G.cervicale medium zu gehen scheinen. Sympathikus ist vollig normal,und ist es bei keinem del' Schnitte moglich, unbeschadigte Vagus­fasern in die Ganglie oder bloB in den Sympathikus hinunter zu ver­folgen. Die heiden Nerven scheinen ganz getrennt voneinander zuliegen.

2. Die Lungenzweige bis zu den obersten ~appen sind vollig'

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RESPIRATORlSCHES XEHVENSYSTElIl BEl DEN 'VIRBELTIEHEN. 349

normal, auBer einem. In diesem gibt es ganz geringe Striche degene­rierter Markscheiden.

3. Ganglion nodosum sinistrum zeigt sich am obersten Ende etwasbeschadigt, wo Zellen zugrunde gegangen sind. Dies erklart die iso­lierte geringe Degeneration in dem einen Lungenzweig: eine Folge del'Beschadigung del' Ganglie wahrend del' Operation. DaB die Degene­ration so gering ist, stimmt auch damit uberein , daB wir nul' wenigLungenzellen im obersten Ende del' Ganglie fanden,

Die angestellten Kontrollversuche erfiilJen also in del' Tat unsre3. Forderung, In beiden Versuchen zeigen sich die Lungenzweige,nachdem Vagus uber G. nodosum durchschnitten ist, durchaus normal.Im 3. Versuch sind alle Zweige normal auBer einem, wo es eine ge­ringe Degeneration gibt; bei diesem Versuch wurde abel' auch dasoberste Ende des G. nodosum durch Unvorsichtigkeit wahrend del'Operation leicht verletzt,

Alles in allem konnen wir also festlegen: "daB bei einem Durch­schneiden u bel' Ganglion nodosum direkt zur Lunge gehende Nerrennicht durchschnitten werden".

Kapitel IV.

Zusammenfassen der Ergebnisse.

Wir sind nun in unserer Darstellung zu einem Punkt gelangt,wo es sich notwendig macht, unsere Ergebnisse zu sammeln; wirmussen dann erst dariiber klar werden, wieviel wir als Grundlage fiirweitere Betrachtungen festlegen konnen.

Da sich die Ergebnisse del' angestellten Kontrollversuche mit dendurch die Zellendegenerationsversuche gewonnenen Aufklarungen alsv6llig iibereinstimmend gezeigt haben, indem sie gerade die Phano­mene aufwiesen, die wir auf Grund del' Zellenversuche forderten gegen­wiirtig zu sein, konnen wir folgende 8 Hanptsatze aufstellen,

I. Keine Zellen in Medulla oblongata senden Achsenzylinderdirekt nach den Lungen.

II. Keine Zellen in Medulla spinalis senden Achsenzylinderlirekt nach den Lungen.

III. Motorische Lungennerven, sowohl bulbare als spinale,mussen yon Zellen unterwegs unterbrochen werden.

IV. Ganglion cervicale medium beim Runde und Ganglionstella tum bei del' Katze bilden einen primare n Zentralpunkt furNerven zur Lunge auf derselben Seite.

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350 ROLGER MOLLGAARD:

V. Sensible Lungennerven entspringen im mittelsten und un­tersten Teil des gleichseitigen Ganglion n od osu m.

Wir konnen zugleich mit groBer Wahrscheiulichkeit annehmen:

VI. Ein Teil del' sensiblen Lungeninnervation ist gekreuzt(beim Runde ein recht groBer Teil ; bei del' Katze ein geringer),

VII. Ein Teil del' sympathischen Lungeninnervation ist b e i mRunde gekreuzt, - bei del' Katze ist wahrscheinlich del' ganz uber­wiegende Teil gleichseitig,

VIII. Da die Degeneration im Tractus solitarius nach Durch­schneiden des Vagus uber G. nodosum wesentlich dessen oberstenTeil einnimmt, und wir zahlreichen degenerierten Markscheiden in dendorsalen Kernen haben folgen konnen , endigt del' allergrobte Teildel' sensiblen Lungennerven in dorsalen Vaguskernen oderkran ial en Teile n d es Trac tus so l i t ar i us.

Die 7 Satze bilden die Arbeitsgrundlage, die durch die bisherbesprochenen Versuche geschaffen ist, und auf welcher wir nun amliebsten weitel' arbeiten sollten.

Es dreht sich da wesentlich darum, den histo-architektonischenBau del' Leitungsbahnen herauszufinden, worin die gefundenen primarenZentralpunkte eingehen.

Dies ist fur den sensiblen Lungenvagus sozusagen schon gemacht,insofern diese Babn libel' Ganglion nodosum hinaus bis zum nachstenZentralpunkt gefiihrt ist, und aller Wahrscheinlichkeit nach haupt­sachlioh von dorsalen Kernen reprasentiert wird (mcglicherweiseauch del' oberste Teil des Tractus solitarius). Wir lassen deshalb dieseLeitungsbahn vorlaufig ruhen, und wenden UDS zum Ganglion cervicalemedium bzw. stellatum, urn das weitere Verhalten diesel' Ganglien zuuntersuchen.

Es dreht sich hier wesentlich urn zwei Dinge.

1. In welche Leitungssysteme gehen die Lungenzellen del'Ganglien ein?

2. W 0 liegen die sekundaren Zentralpunkte fur diese?

Im StatusabschluB schlugen wir auf Grund zahlreicher zusammen­stimmender physiologischer Versuche fest:

"daB Vagus bronchomotorische Ner ve n nach derLunge fuhr tv,

Dies ist auch wirklich als eine Tatsache zu betrachten, um welcheman nicht herumkommen kann, und die dafur als ein Glied in dieGrundlage fur un sere Erwagungen eingehen muB.

Wenn wir nun festgeschlagen haben: Erstens, daB Medulla

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HESI)IRATORISCHES XEHVENSYSTEl\I BEL DEN WIRBELTIEREN. 351

oblongata motorische :Kerven n ich t dire kt nach del' Lunge sendet,und zweitens, duB Ganglion cervicale medium bzw. stellatum zahI­reiche Zellen enthalt, deren Achsenzylinder die Lunge innervieren,lag die Annahme ja sebr nahe , duB Vagus die Broncbien iiber diesel'Ganglie innervieren konnte.

Um in dieser Frage Auf'klarungen zu schaffen, untersucbten wirgerade deshalb so snrgfaltig bei vier der zitierten Versuche Sympathikusunter der Teilungsstelle bei del' Katze und das Verhalten des Vaguszum G. cervicale medium beim Runde. Falls namlich die angefuhrteAnnahme richtig sein sollte, miiBte man nach Durcbschneiden desVagus iiber G. nodosum Markscbeidendegenerationen finden, die sicbbis zu den erwahnten Ganglien binunter fortsetzen.

:Knn sind indessen in den scbon erwahnten Versucben, wo Sym­pathikus untersucht ist, die Ergebnisse in dieser Hinsicht vollstandignegativ. In Versucben XVIII und XXIX, die beide von Katzenstammen, ist Vagus iiber G. nodosum durcbscbnitten. Bei XVIIIsind nur ganz einzelne Spuren einer Degeneration im Sympathikus.Bei XXIX fand sicb eine Markscbeidendegeneration iiber und unterdem bier recht gut entwickelten G. cervicale medium; trotz aller An­strengungen war es abel' nicht moglich, irgend welcber DegenerationbloB hinunter in die Nahe weder des G. cervicale medium nocbG. stellatum zu folgen,

Im Versucb XXVII ist Vagosympatbikus unter Ganglion nodosumdurcbscbnitten; hier ist der Fund durcbaus negativ. Sympatbikus unterder Teilungsstelle ist sowobl im Langen- als Querschuitt vollig normal.SchlieBlicb gab Versucb XXXI, der bei einem Hund angestellt wurde,nicht nur ein ganz negatives Ergebnis, sondern es gelang nicbt einmalden fur die Tbeorie notwendigenUbergang vonVagusfasern im Sympatbi­kus oder G. cervicale medium zu finden. Wir fanden allerdings in einpaar Scbnitten einen kleinen Stricb degenerierter Markscbeiden, die inden obersten Pol der Ganglia einzugeben schienen, Dies bedeutet in­dessen selbstverstandlich gar nicbts. Wenn Vagus die Broncbien tiberG. cervicale medium beim Runde innervieren soUte, mliBte er einrecbt groBes und einigermaBen konstantes Biindel in die Gangliesenden, und gerade dies baben wir nicbt entdecken konnen.

Da die Frage fur unser Verstandnis der VerbiHtnisse von sehrgroBer Wichtigkeit ist, habe ich ihr eingehendere Untersuchungen ge­widmet, die allererst darauf ausgehen festzuschlagen, ob liberhaupt dieRede davon sein kann, daB Vagus irgend welches Organ liberGanglion cervicale medium beim Runde und Ganglion stel­latum bei der Katze innerviert?

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352 HOLGER MOLLGAARD:

Wird diese Frage negativ beantwortet, ist das Problem ja auchfur die Lungen entschieden,

Ich bin da zwei verschiedene Wege gegangen. Erstens habe ichauBerdem zwei experimentelle Versuche gemacht; zweiteus habe ichGanglion cervicale medium beim Hunde und dessen Verhalten zuVagus direkt histologisch untersucht. Letzteres laBt sich ausfiihren,weil sowohl die Ganglie als Sympathikus beim Hunde, wie fruher er­wahnt, mit Vagus fest zusammengelotet sind. Scbnitte durch dieGanglie konnen deshalb alle Aufsehlusse geben, wenn sie auf zweck­mabige Weise behandelt werden (Weigertfarbung).

Besprechen wir zuerst die experimental-histologischen Versuche.Sie sind beide an Katzen ausgefiihrt, und dreht es sich urn ein Durch­schneiden beziehungsweise un tel' und libel' G. nodosum.

Die Meinung hiermit war, daB ich mir die Moglichkeit dachte,einige leichte Markscheidendegenerationen, die bei einzelnen Versuchenan Katzen vorgekommeu waren, konnten von sensiblen, aberrierendenVagusfasern herruhren, die ibren Ursprung oben libel' del' Durch­schneidungsstelle hatten. Es ist namlich nicht ganz ungewohnlich,daB Zellen im Vagusstamm ein wenig libel' G. nodosum eingewebtliegen; und da man in der Regel nicht dicht tiber del' Ganglie durch­schneiden kann, sei es moglich, daB Zellen libel' del' Durchschneidungs­stelle liegen konnten. Ihre Achsenzylinder wurden dann durchscbnittenwerden. Urn deshalb eine Vorstellung davon zu bekommen, inwiefernund in welchem Grade sich solche aberierende Vagusfasern uberhauptfinden konnen, resezierte ich Ganglion nodosum bei dem einen Tierund zerschnitt Vagus ziemlich hoch oben uber der Ganglie bei demanderen.

Kapitel V.

Vagus und Ganglion cervicale medium und stellatum.

Katze XXII (alteres Tier).

Resektion des linken Ganglion nodosum und G. cervicalesuperius (= Durchschneiden des Vagosympathikus unter G. nodosum),

Athernarkose.Operationstechnik wie bei XIX. - Die Wunde primsr geheilt.

14 Tage nach del' Operation wurde das Tier durch Verblutunggetotet,

Zur Untersuchung wird nach Marchi prapariert:1. V. Vagosympathikus (ein Stuck vom Halse),

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RESPIRATORISCHES NEHVE:KSYSTEM BEl DEN "~IRm:LTIEREN. 353

2. Sympathikus untel' del' Teilungsstelle nebst G. stellatum.3. Rechter Vagusstamm (zur Koutrolle),Die Ergebnisse diesel' Untersuchung sind nun folgende:1. Auf dem Querschnitt vom Vagosympatlnkus sieht man drei

Querschnitte. Zwei yon diesen gehoren zum Vagus. Der eine groBeQuerschnitt gehort zum Sympathikus. Die beiden Querschnitte, diezusammen den Vagus ausmachen, sind ungefahr strukturlos unduberall mit Degenerationskornern angefullt, Sympathikus ist voll­stiindig normal.

2. Auf einem Querschnitt rom Sympathikus un tel' del' Teilungs­stelle ist iiberall ein scharf begrenztes Feld zu sehen, das im Arealganz dem kleinen Querschnitt im Vagosympathikus entspricht. Das Feldist stark mit Degenerationskornern angefullt. Ein Schnitt del' Langenach durch den Nerv (Tafel IX, Fig. 16) zeigt das degenerierte Nerven­bimdel langs der einen Seite des Nerves. Keinem del' degeneriertenStriche kann man bloB hinunter in die Nahe des G. stellatum folgen,geschweige denn in diese Ganglie,

3. Rechter Vagosympathikus ist normal (Kontrolle),

Ka tze XXXIII (junges Tier).

Durchschneiden des Vagosympathikus uber Ganglionnodosum.

Atbernarkose.Operationstechnik: Siehe vorn. Es wird so hoch wie moglich

tiber Ganglion nodosum durchscbnitten. - Die Wunde heilte primar,

10 Tage nach del' Operation ist das Tier durch Verblutung ge-totet worden.

Nach Marchi wird prapariert:1. V. Vagosympathikus (vom Halse).2. Sympathikus unter del' Teilungsstelle.

Die Untersuchung zeigt:1. Langenschnitt des Vagosympathikus weist Degenerationen

im Vagus auf, die ca. l/s des Nerves einnehmen. Del' Sympathikuszeigt feine schwarze Korner, aber nichts, das auf Markscheidendegene­rationen deuten kann.

2. Sympathikus unter del' Teilungsstelle zeigt keine Mark­scheidendegenerationen weder im Langen- noch im Querschnitt.

Skandio. Archiv. XXVI. 23

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354 HOLGER .MOLLGAARD:

Wie man siebt, weist del' letzte del' belden Versuche wieder einvollstandig negatives Ergebnis auf.

Was den, ersten betrifft, so konnte es ja nach einer oberfiach­lichen Betrachtung scheinen , als ob man hie I' ein positives Ergebniserworben hatte, Die Degeneration ist hier starker ausgesprochen, alsbei einem del' anderen Versuche. Was aber gegenuber del' Natur undUrsache del' Degeneration sofort verdachtig erscheint, ist, daB es auchbei diesem Versuch nicht moglich gewesen ist, den degenerierten Bun­deln hinunter zum G. stellatum zu folgen.

Wie schon bemerkt, ist es jetzt das Wahrscheinlichste, daB dasdegenerierte Bundel in N. sympathicus un tel' del' Teilungsstelle, demdunn en Buudel entspricht, das ub er del' Teilungsstelle zusammen mitVagus verlauft. Diesel' Querschnitt reprasentiert indessen ganz zweifellosN er vus depressor (Cyon-Lud wig). Es entspricht einem dunnenNervenbundel , das in dem gemeinsamen Stamm verlauft, von Vagusund Sympathikus abel' leicht ausdisseziert werden kann, sobald dieScheide geoffnet ist. Da wir von Kosters und Tschermaks Unter­suchungen wissen, daB del' Depressor am obersten Pol des G. nodosumentspringt, ist 'es ja ganz selbstverstiindlich, daB er nach Resektiondiesel' Ganglie degeneriert. Da auBerdem del' Verlauf des Depressorsgenau dem Verlauf des degenerierten Bundels entspricht, indem sichdel' Nerv oft vom Vagus trennt, um ein Stuck auf seinem Wege indie Brustorgane hinunter mit Sympathikus zusammenzulaufen, so istes doch am wahrscheinlichsten, anzunehmen, daB das degenerierteBundel im Sympathikus wirklich del' Cyon-Lu dwigsche Depressorist, und mit G. stellatum nichts zu schaffen hat, besonders, da es mil',wie gesagt, nicht moglich gewesen ist, del' Degeneration in die Nahediesel' Ganglie hinunter zu folgen.

In del' Wirklichkeit hort er ein Stuck uber del' Ganglie auf, umaus dem Sympathikus zu verschwinden.

Diesel' letzte Umstand ist entscheidend. Beide Versuche gebenin del' Tat, gleichwie aIle vorhergehenden, negatives Resultat.

Es liegt nichts VOl', das auf eine histologische Verbindung zwischenVagus und Ganglion stellatum deuten kann.

Hiermit stirnmen nun auch die Untersuchungen, die ich mitGanglion cervicale medium beim Hunde angestellt habe, Ich habein zahlreichen Fallen, teils mittels del' Weigertschen Methode, tellsmittels del' Metallimpraguation, das Verhalten diesel' Ganglie zu demvorbeilaufenden Vagusstamm untersucht. Niemals ist es mil', trotzgenauer und sorgfaltiger Untersuchungen, gelungen, einen Ubergangdel' Vagusfasern zum G. cervicale medium oder zu dem Stuck des

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HESPIRATOHISCHES ~ERVENSYSTEl\I BEl DEN "'IRBELTIEREN. 355

Sympathikus zu konstatieren, clas iiber del' Ganglie am nachsten liegt.DaB ein Lbergang hoher oben im Stamme geschehen solle, ist sehrunwahrscheinlich, weil sich cliese beiden Nerven , wenn die Scheidegeoffnet wird, sehr leicht ganz bis zum Ganglion nodosum hinauftrennen lassen; auberdem sprechen auch alle Degenerationsversuchegegen eine solche Annahme. Ein Durchschneiden iiber G. nodosummiiBte in solchem Falle Degenerationen im Sympathikus am Halsegeben; dies ist niemals, weder bei Hund noch Katze gesehen worden.

Es bleibt dafur nichts anderes iibrig, als jeden Gedanken aufzu­geben, Ganglion cervicale medium bzw. stellatum ins Lungen­vagussystern einzurangieren. Die vorliegenden Untersuchungen zwingenuns, festzulegen, "daB Vagus kein Organ dureh G. cervicale mediumoder stella tum iunerviert, indem diesel' Nerv mit Zellen in den erwahn­ten Ganglien iiberhaupt nicht in histologische Verbindung tritt",

Hiermit ist in del' Tat auch das Schicksal aller motorischenLungenvagusnerven entschieden, jedenfalls was den peripheren Ver­lauf betrifft.

Von allen vorhergehenden Untersuchungen, sowohl von meineneigenen als Ikegamis und Yagitas, wissen wir, daB motorischeLungennerven im Vagus von Ganglien unterwegs naeh del' Lungeunterbrochen sein mussen, und haben nun gesehen, daB keine del'sympathischen Ganglien in die Lungenleitung eingeschoben sein kann.!Da die Ganglien in del' Lunge selbst und um dessen Hilus herumwahrend del' Totalexstirpation gleichzeitig mit del' Lunge selbst ent­fernt worden, konnen auch diese nicht in Betracht kommen. AuBer­dem sprechen ja aIle Degenerationsversuche gegen ein Einrangierendel' Hilusganglien aUein in den motorischen Lungenvagus. Wennnach Durchschneiden nber G. nodosum die Lungenzweigedes Vagus nicht degenerieren, muB selbstverstandlich eineUnterbrechung del' Lei tu n g h oher oben als del' Hilus del'Lunge vorhanden sein.

Diese Unterhrechung kann nul' im Ganglion nodosum liegen, undhaben wir auf dem Wege del' Exklusion die primaren Zentral-

1 Im vorhergehenden ist vielleicht nicht geniigend hervorgehoben, daBauch Gangl. cervicale superius nicht in die Lungenleitung eingehen kann. Diesfolgt ja indessen geradezu aus allen gewonnenen Versuchsresultaten. Teilshaben wir in dieser GangUe niemals Degeneration nach Lungenexstirpation ge­sehen, und teils muBte ein Durchschneiden unter der GangUe Degeneration imSympathikusstamm im Hals hervorrufen, da sozusagen aUe postzellularen Fasernder GangUe markhaltig sind. Wie mehrmals erwAhnt, istdies niemals ge­sehen worden.

2~*

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356 HOLGER MOLLGAARD:

punkte fur alle b u l b ar en motorischen Lungennerven zuGanglion nodosum Vagi reduziert.

Es gilt nun, einen positi ven Beweis fur die Richtigkeit des aufdem Wege der Negation erreichten Ergebnisses zu liefern, DieserBeweis kann auf zwei verschiedenen Wegen gefuhrt werden: teilsdurch Untersuchungen, die den eventuellen sekundaren Zentralpunktangreifen, teils durch histologische Untersuchungen des Gangl. nodo­sum selbst,

Wir formulieren also unsere Forderungen zur positiven Beweis­fuhrung in folgenden Siitzen:

1. Falls wir annehmen sollen, daB Gangl. nodosum in die zentri­fugale Vagusleitung zur Lunge eingeht, muB Exstirpation des sekun­d a re n Zentralpunktes Degenerationen geben, die sich nur im Vagus­stamm ub er Ganglion nodosum zeigen, aber in diese Gangliehinein verfolgt werden konnen,

2. Falls Ganglion nodosum eine motorische Vagusleitung unter­bricht, muB man durch direkte histologische 1]"ntersuchungen teilsZellen finden, von welchen angenommen werden kann, daB sie zentri­fugal leiten konnen , namentlich aber Kontaktkiirbe oder perizellularesFlechtwerk, das von Achsenzylindern ausgeht, die in die Ganglie durchderen kraniales Ende laufen.

Kapitel VI.

Dersale Vaguskerne.

'Vir beginnen mit dem ersten Punkt. Den sekun d aren Zentral­pun k t, der den eventuellen motorischen Zellen des Ganglion nodosumentspricht, muss en wir in Medulla oblongata und, naher bestimmt,allererst unter den Kerngruppen suchen, die die zentralen Vagus­kern e reprasentieren,

Hier gibts in der Tat keine groBe Wahl. Tractus solitarius istdurch und durch sensibel, also ausgeschlossen, und wegen nucleusambiguus wurden WiT schon in der historisehen Ubersicht einig, daBalles darauf deutet, er sei hauptsachlich Rekurrenskern. Es bleibtda nur der motorische Teil des dorsalen Kernes ubrig, dessen physic­logische Funktion auch, wie erwiihnt, ganz unbekannt ist, die aberauf Grund von Irritationsversuchen annehmlich etwas mit der Respi­ration zu tun haben.

Die leichteste Weise, sich Aufschlusse uber das Verhalten diesesKernes zu G. nodosum zu verschaffen, wiirde ja sein, dessen Zellenwegen sekundarer Degeneration nach Durchschneiden uber und unter

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RESPIRATORISCHES XERVENSYSTEl\I REI DEN \VIRBELTIEREN. 357

der Ganglie zu untersuchen. Wie mehrmals erwahnt, HiBt sich in­dessen die Nisslsche Methode gegenuber den zentralen Vaguskerneninfolge ihrer groBen Resistance fur Achsenzylinderdurchschneidungensehr schlecht anwenden. Deshalb ist nichts anderes zu tun, als dieMarchimethode anzuwenden, die ja auBerdem den Vorteil hat, beieinigermaBen kundiger Behandlung bedeutend sichere Ergebnisse alsdie Nisslmethode zu geben,

Unsre Aufgabe ist also:Den dorsalen Vaguskern auf der linken Seite der Medulla oblon­

gata zu exstirpieren und zu untersuchen, ob diese Operation Degene­rationen im Vagusstamm hervorruft, und ob die Verhaltnisse dieserDegenerationen die unter Punkt 1 aufgestellten Forderungen erfullen.

DaB diese Operation sehr bedeutende Schwierigkeiten darbietet,sagt sich indessen ja von selbst. Ganz abgesehen davon, daB es immerein kolossaler Eingriff ist, Kerne der Medulla oblongata auszuschalen,fuhrt diese Operation, selbst wenn das akute Stadium uberstanden ist,so viele fur das Leben des Tieres gefiihrliche St6rungen mit sich, daBes nicht merkwurdig ist, daB ich diese Eingriffe an einer ganzen Reihevon Tieren ausfiihren muBte, ehe es mir gelang, die schlimmstenSchwierigkeiten zu uberwinden, Es ist mir bis jetzt noch nicht ge­lungen, uber alle Schwierigkeiten hinwegzukommen, und muB esvielmehr als ein groBes Gluck betrachtet werden, daB eines der Tieregenugend lange lebte.

Die schlimmste Gefahr, mit welcher ich zu kiimpfen hatte, ist dienach der Operation beinahe unvermeidlich eintretende Aspi r ati 0 ns­pneumonie. Diese tritt durchgangig 3 bis 4 Tage nach der Operationein, wenn das Tier sich schon zu erholen begonnen hat. Soviel ichbeurteilen kann, ruft die Exstirpation des Kernes eine halbseitigeParese der Pharynxkonstriktoren horvor, und da die Tiere (be­sonders Hunde) konstant eine Reihe starke Erbrechungen naeh derOperation erhalten, selbst wenn sie die letzten 24 Stunden vor dieserhungerten, lauft sehr leicht der Mageninhalt in den Larynx hinunter,woven er urn so leiehter aspiriert wird, da die Tiere die ersten Tagenaeh der Operation halb komatos daliegen und auf Irritation sehr tragreagieren. Diese Gefahr habe ich abzuwehren versucht dadurch, daBich wie im Versueh XXXI 'I'rachealkanu le und Larynxtamponadevor der wirklichen Operation anzulegen versnchte.

Diese MaBregel, die beim Durcbsehneiden des Vagus so gut be­friedigte, hat sich doeh in diesem Falle als ungenugend erwiesen,indem die Erbrechungen bis 4 oder 5 Tage nach der Operation ein­treten konnen und so lange kann man selbst die aseptiscb angelegte

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358 HOLGER MiJrJLGAARD:

Larynxtampouade nicht ohnc Gefahr fur die lnfektion liegen lassen.Dafur ist wohl nichts andores zu machen als prophylaktisch in del'ersten Seance Trachea quer zu durchschneidcn, das oberste Ende indel' Wunde vorzulegen und p c r m an en te 'I'r ach eal kan u l e an­zubringen.

Leider habe ich infolge Mangel an Zeit und Material es aufgebenmussen, nach diesem Plan weiter zu arbeiten. Ich kann deshalb nureinen Versuoh bringcn. Da or aber rccht bedeutcnde Aufschlusse ge­geben hat, soll er trotz seiner einzigen SteUung angefuhrt werden,indem ich mil' selbstvcrstandlich bewuBt bin, daB ihn weiter« Unter­suchungen bckraftigen mussen.

Bever ich dazu uborgehe, erwahnten Versuch zu zitieren, muBicb mit wenigen Worton die topograpbiscben Verhaltnisse des d 01'­

salen Kernes repctieren, da diese zu guter Letzt dafur entscheidendsind, ob die Operation uberhaupt ausgefuhrt werden kann oder nicht.

Del' Kern beginnt kranial von dem unterstenEnde des Hypoglossus­kernes und streckt sich aufwarts bis gerade unter Striae aeusticae.Am untersten Ende del' Medulla oblongata (mit geschlossenem Zentral­kanal) liegt del' Kern dorso-Iateral vom Hypoglossuskern, nul' von demEpendym durch eine dunne Schicht grauer Substanz getrennt (del'Kern fur Tractus Burdachi). Am Anfang des 4. Yentrikels liegt erlateral vom Hypoglossuskern, ganz oberflachlich Alae cinereae ent­sprechend. Welter oben, wenn del' Hypoglossuskern verschwunden ist,liegt er dicht an del' Mittellinie teilweise von del' medialen Partie desdorsalen Vestibulariskernes uberlagert (akustisches Hoblengrau),Ein wenig kaudal von Striae acusticae verschwindet cr. Hierliegt ventral von ihm das dorsale Langenb und el. Die eigneventrale Grenze des Kernes liegt 2 mm unter dem Ependym.

Man sieht also, daB eine Exstirpation des Kernes in demmittelsten Drittel ohne Lasion andrsr Kerne moglich ist, imuntersten mit Lasion des einen Hinterstrangkernes und schliefs­lich im obersten Drittel unter Lasion del' medialsten Partiedes dorsalen Vestibulariskernes. Die Histologie del' heidenKerne ist nun recht gut bekannt, jedenfalls hat keiner von ihnenetwas mit dem Vagus zu tun. Die Lasion kann wegen del' Ursachezu einer eventuellen Markscheidendegeneration im Vagus deshalbkeinen AnlaB zu MiBdeutung geben.

Von histologischer Seite kann dafur mit unserer gegen wartigenKenntnis zum Bau del' Medulla oblongata keine reeUe Einwendunggegen die Anwendung diesel' Methode zur Losung des schwierigenProblems, mit welchem wir uns beschaftigen, gemacht werden.

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HE~pmATORISCHES XERVEKSYSTEM BEl DEN 'VIRBELTlEREK. 359

Katzu XXIV (alteres Tier).

Exstirpation der dorsal en Yaguskerne an der linken Seite.

Athernarkose.

Operationstechnik: Man macht iiber dem Nacken des Tieres indie Haut einen groben Lappenschnitt, dessen oberster konvexer RandLinea nuchae suprema folgt und dessen untersten (hintersten) Wundenwinkelca. 4 em kaudal von del' hintersten Spitze des Processus mastoideus liegen.

Die Nackenmuskulatur wird genau in del' Mittellinie mit Paquelinbis . zur tiefsten Schicht gespalten , die man stumpf weiter spaltet, bisman den Knochen und Membrana occipitoatlantis erreicht. Daraufschneidet man die oberflachlichen Nackenmuskeln ca. 1/4em von del' Be­festigung zur Linea nuchae superior quer durch und, von del' Mittelliniebeginnend , ruginiert man zu beiden Seiten alle Muskulatur snbperiostalyon Os occipitis und Membrana occipita - atlantis nebst dem vorderstenRande des Atlasbogens.

Del' diinne zentrale Teil vom Os occipitis (del' Vermis cerebelli deckt)wird nun weggemeibelt, und das Loch im Kraninm mit einer LuersschenHohlmeiBelzange erweitert. Auf diese Weise wird ein birnenformigerDefekt im Kranium gebildet, del' nach oben bis zu 3 mm vom Sinustransversus reicht und nach unten nul' durch eine schmale KnochenbriickeYOm Foramen magnum getrennt ist. Man lOst nun Membrana occipito­atlantis vorsichtig (obne Lasion del' Dura) von ihrer Anheftung zumobersten Rand des Foramen magnum, schiebt sie iiber die Dura zuriickund entfernt sie in ihrer ganzen Ausdebnung. Die Knochenbriicke, die dasForamen magnum vom Defekte im Os occipitis trennt, wird iiber die DuraweggemeiBelt (ohne Lasion! sonst leicht starke Blutung). Darauf wirddie ganze Offnung' im Kranium nach unten erweitert, indem man abbeiBt,bis del' Sinus transversus am untersten Teile seines Verlaufes bloB liegt.(Diese Ausweitung ist notwendig, urn spater Platz zu bekommen, dasCerebellum zu heben.) AIle Blutung vom Knochen (oft stark) wird durchAnwendung von sterilem Wachs gestillt.

Man spaltet nun die Dura in del' Mittellinie und entfernt sie totalin derselben Ansdehnung, wie sie durch den Kraniumdefekt entbl1lBt ist(totales Entfernen ist not wendig , da man sonst Adhnrenzen , Entziindung,Nekrose und Status epilepticus nicht vermeiden kann).

Am untersten Ende del' Vermis cerebelli reiBt man die Pia miteiner feinen Pinzette entzwei. Man geht mit einem stumpfen Haken unterdas Cerebellum, hebt diesen Gehirnteil in die Hohe und erweitert nunvorsichtig das Loch in del' Pia durch ein stumpfes Debridement nach denSeiten. Wenn man nach den Seiten geniigend gelost hat, kann man dasCerebellum nach oben und vorn schieben, und indem man den Plexuschorioideus vorsicbtig wegschiebt, entbloBt man den Boden des viertenVentrikels in del' Ho h e des Tuberculum acusticum.

(Wahrend dieses Losens des Plexus chorioideus kommt es von dessengroBen Venen gem zu einer starken Blutung, Die Blutung ist leicht

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360 HOLGER MOLLGAARD:

durch vorsichtige Tamponade des 4. Ventrikels zum Stocken zubringen. Man wartet 5 Minuten, die Blutung hart dann stets auf.)

Die Exstirpation des Kernes selbst wird nun auf folgende Weiseausgefiihrt: Die Narkose hart auf. Ein Assistent ist bereit, dem Tierek ti n s t l i ch e Respiration zu geben.

Mit einem sehr scharfen kleinen Dieffenbachschen Tenotom machtman einen 2 mm tiefen Schnitt gerade lateral von del' Mittellinie del'Medulla oblongata, und 2 mm lateral von diesem Schnitt macht maneinen anderen Schnitt von gleicher Tiefe. Beide Schnitte erstrecken sichvon einem Punkt ca. 1 bis 1 1/ 2 mm kaudal von den Striae acusticae bisca. 3 mm unter Calamus scriptorius, Die obersten und untersten Winkeldel' Schnitte werden durch eine kleine 2 mm tiefe Querinzision verbunden,und das so abgegrenzte rektangulare Stuck del' Medulla oblongata schaltman mit einer scharfen Recamierschen Kurette, deren Ringmessergerade 2 mm im Querdiameter ist, heraus.

Diese ganze Prozedur muB sehr schnell Val' sich gehen, da das Tiergleich mit Atmen aufhort, Sobald del' Kern entfernt ist , bedeckt mandie Wunde und gibt sofort ktinstliche Respiration, womit man fort­fabrt, bis das Tier wieder allein, obne Hilfe, atmet. Ist dies eingetreten,wird die Wunde sorgfaltig gereinigt, die Muskeln werden in drei Etagentiber dem Defekt im Kranium genaht und nach oben mit ihrer Anheftungan Linea nuchae superior mittels Metalldraht sorgf'altig vereinigt. DieHautwunde wird mit Aluminiumbronze vereinigt.

Die Wunde heilte primal' im Laufe von ca. 8 Tagen.

Es versteht sich von selbst, daB wahrend der ganzen Operation diepeinlichste Aseptik beobachtet ist. Dies ist unter diesen Verhalt­nissen durchaus notwendig. Die geringste Infektion in der Gehirn­wunde wird in der Umgegend Emollition ergeben und damit denVersuch total unbrauchbar machen. In welch hohem Grad es wirk­lich gelungen ist, in diesem Fall aseptisch zu operieren, davon gibtTafel X (Fig. 17), bessere AufkHirung als Worte. Das Bild (Nissl­praparat) ruhrt, wie man sieht, vom untersten Drittel der Medullaoblongata her (geschlossener Zentralkanal). Man sieht den Defekt,sieht, daB der dorsale Kern auf der einen Seite total fehlt. \Vie manaber deutlich sieht, zeigt der Wundenrand eine Demarkationslinie, diehochstens 1/2mm von der Oberflache liegt (das Bild ist mit ca. 40-facberVergroberung genommen). Das heiBt, daB tatsachlich kein anderesGewebe zugrunde gegangen ist als das durch die Operation ent­fern te, ein Moment, der, wie gesagt, die Bedeutung des Versucbesim boben Grade vergroBert. Von dem dorsalen Kerne auf der linkenSeite ist auf der Photograpbie nichts zu sehen. In hoher liegendenPlanen ist der Kern doch nicht iiberall total entfernt worden. Anmehreren Stellen restieren Teile von ibm; iiber die Halfte des Kernes

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RESPIRATllRISCHES ~ERVENSYSTEl\! BEl DEN \VIRBELTIEREN. 361

ist abel' doch entfernt worden. Fur die Anwendung des Versuchesspielt es nun, wie wir spater sehen werden, keine Rolle, ob etwas vomKern restierte oder nieht,

Zur Untersuchung werden ausgenommen:1. Medulla oblongata del' Ausstreckung del' Lasion entsprechend

(Fixation in 96 Proz. Alkohol),2. V. N. vagosympathicus und G. nodosum und cervicale sup.

(Behandlung nach Marchi).3. Y. vagosympathicus am Halse (Marchi).Die praparierten Schnitte geben folgende Aufkliirungen:1. :\1 edull a 0 bIon gata: Dem schon Gesagten ist hinzuzufUgen,

daB bei del' Operation keine anderen zum Vagus gehiirenden Kemeheschiidigt sind als del' dorsale. Sowohl Tractus solitarius als dieausgehenden Wurzeln sind frei.

2. An Langenschnitten durch Vagosympathikus und die beidendazu gehorenden Ganglien sieht man im Vag u sst a m m ti bel'Ganglion nodosum Striche degenerierter Markscheiden, Sie nehmenzum gri.iBten Teil ein Bundel langs del' einen Seite des Nerven ein(hinterste von G. cervicale superius abgewendete Seite), Dies ist aufFig. 18 (Tafel X) zu sehen. Aus del' Photographie geht abel' zugleichhervor, daB sieh drinnen im Vagusstamm Striche und Reihen schwarzerMyelinkorner vorfinden. Die Degeneration befindet sich auf einemetwas spiiteren Stadium als in den fruher angefiihrten Fallen, so daBdie feinen Korner Zeit fanden, sich zu groBeren, in Reihen liegendenKugelo, zu sammeln. An einem Teil del' gewonnenen Praparate siehtman Reihen kleiner schwarzer Korner, die in das G. nodosum laufen,um sich zwischen dessen Zellen zu verlieren. Un tel' del' Gangliesieht man an keinen Praparaten irgend welche Spur von Mark­scheidendegeneration, weder im Vagus noch Sympathikus. Nervusjugularis ist ganz normal und man sieht im G. cervlcale superiuskeine Degeneration.

3. Weiter unten im Halsvorderlauf zeigt del' Querschnitt durchVagosympathikus nichts Abnormes, gleichwie Sympathikus unter del'Teilungsstelle normal ist; ohne Schwiirzungen.

Halt man nun diese Ergebnisse mit den Forderungen zusammen,die wir aufstellten, ehe wir zum Versuch gingen, sieht man ja sofort,daf die erste Forderung vollig erfiillt ist. Wir verlangten Degenerationub er und nul' libel' Ganglion nodosnm, Gerade dieses haben wirgefunden und uberdies haben wir den Degenerationen bis in dieGanglie selbst folgen konnen, niemals abel' quer durch diese; und

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del' Vagus unter Ganglion nodosum ist vollig f rei von Degene­rationskornern .

Dies bedeutet, daB aUe die Achsenzylinder, deren Markscheidennaeh del' Operation degeneriert sind, nicht welter als bis zum Gangl.nodosum reichen , hier aufh oren , und wahrscheinlich ringsum dieZellen del' Ganglie aufgebrochen werden. Es ist nun zugleich leichtzu sehen, daB es ohne Bedeutung ist, ob del' Kern total exstirpiertworden ist oder nicht. Fill' uns galt es, daf von dorsalen KernenAchsenzy lindel' ausgehen sollen, die im Ganglion nodosum aufhoren.Gerade dies mussen wir aus dem zitierten Versuche folgern, unci obvon dem restierenden Teil des Kernes Achsenzylinder ausgehen, dieurn oder quer durch die Ganglie gehen, ist in diesem Zusammenhangeganz gleichgultig, da wir wissen, daB solche Achsenzylinder jedenfallsnicht bis zur Lunge gehen konnen.

Wohl wissend, daB del' erwahnte Versuch einzig ist und deshalbweitere Untersuchungen erfordert, konnen wir also folgern: "daB del'motorisehe Teil des Vaguskernes einen sekun daren Ze n tral­punkt fur eine zentrifugale Leitung bildet, die ub er Ganglionnodosum g eht",

Kapitel VII.

Ganglion nodosum; feinerer Bau,

Ist obengenannter SehluB indessen richtig, so muB die histologiseheUntersuehung des Ganglion nodosum unsere zweite Forderung erfullenund uns erstens Ko n taktkdr be zeigen, die von bulbiiren Achsen­zylindern ausgehen, zweitens Zellen, deren Funktionen als motorisehangenommen werden konnen.

Ieh muB nun sofort gestehen, daB meine Untersuchungen libel'diesen Punkt nieh t genugend weit gefiihrt sind. Im untersten Teildes Ganglion nodosum, dem Areal entsprechend, das die Lungenzellendel' Ganglie einnimmt, sieht man an silberimpragnierten Schnitten eineunzahlige Menge feiner perizelluHirer Netzwerke; wovon diese aberausgehen, daruber kann ieh mieh auf Grund der bis jetzt gewonnenenPraparate nieht naher ausspreehen.

Den Zellen dagegen habe ieh bei del' Katze eingehendere Unter­suchungen gewidmet. Rein a priori konnte man ja gut annehmen,daB ein Teil del' uni- und bipolaren Zellen in del' Ganglie in einezentrifugale Leitung eingingen. DaB eine Zelle unipolar ist, sagtselbstverstandlich nicht mit Bestimmtheit, daB sie immer zentripetalleitet. Doeh ist dies wie bekannt so allgemein, daB man gezwungen

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RESPIRATORISCHES NERVENSYSTEl\1 BEl DEN WIRBELTIEREN. 363

ist , die Verhaltnisse eingehender zu untersuchen, ehe man sich einersolchen Annahme hingibt. Die vorlaufigen Ergebnisse meiner Unter­suchungen libel' diese Frage liegen in Fig. 1 VOl'. Die abgebildetenXervenzellen und Achsenzylinder sind mit Ab bes Zeichenapparat nach

Fig. 1.Zellentypen vom Ganglion nodosum vagi.

Priiparaten gezeichnet, die nach del' Caj alschen Methode mit Silberimpragniert sind. Die Praparate stammen alle von Katzen.

Die ZeIlen des Typus II zeigen verschiedene Varianten des all­gemeinen unipolaren Zellentypus, del' in allen Spinalganglien vor­hand en ist (Dogiel, "Zellen des ersten Typus", 65 und 66).

Typus III zeigt Achsenzylinderverzweigungen von Zellen, dieaugenscheinlich Dogiels bekannten Assoziationszellen in den Spinal-

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ganglien entsprechen ("Zellen des zweiten Typus", 66). J edenfalls sindes in trag an g lion are Achsenzylinderverzweigungen.

AuBer diesen bekannten Zellentypen gibt es indessen einen dritten'Iypus, der yon den beiden Zellen reprasentiert wird, die auf derFig. 1 I a gezeichnet sind. Sie sind beide dadurch eharakterisiert, dafsie auBer dem gewohnlichen T-geteilten Aehsenzylinder im Besitzeeines Zellenauslaufers sind, der oft sehr lang ist und der, soviel ichsehen kann, immer gegen das peripherisehe Ende der Ganglie auslauft.Wie dieser dritte Typus, der in der Ganglie nieht so ganz selten ist,erklart werden soIl, daruber weiB ich vorlaufig nichts Bestimmtes. Vonanderen Untersuehern (8 p i rlas 67) wurden ahnliche Bildungen obser­viert und fur Zellen angenommen, die noeh nieht unipolar gewordensind, die aber auf dem bipolaren Stadium stehen blieben, und yon denenein Aehsenzylinder da in zwei Zweige gespalten ist. Ob dies riehtig istoder nieht, will ieh vorlaufig ungesagt lassen. Da indessen der einzelneungeteilte Zellenauslaufer (I a, a) immer uach der Ganglie hinaus zusuehen seheint und ieh niemals Ilbergangsformen gesehen habe, dieandeuten konnten, daB die beiden Hauptauslaufer dieser Zellen zueinem zusammensehmelzen, seheint mir eine andere ErkHirung moglichzu sein.

Morphologiseh gesehen ist nichts im Wege, die erwahnten Bil­dungen als unipolare Zellen zu deuten, die einen Extraauslaufer er­halten haben. Die beiden Zweige des geteilten Auslaufers (I a, (J und 1')reprasentieren den zentripetalen ({J) und zentrifugalen (I') Aehsenzylinder.Die Zelle hat dann einen dritten Ausliiufer (a), der mit dem zentri­fugalen Aehsenzylinder (I') zentrifugal verlauft, Wir erhalten da einenZellentypus, der dem von Dogiel in den sympathisehen Ganglien ge­fundenen "zweiten Typus" (sympathisehe Zellen des zweiten Typus 65)nieht so wenig gleieht. Dogiel betraehtet diese als sensible sym­pathisehe Zellen. Dies ist doeh hier kaum der Fall. Indes ist esm6glieh, daB diese Zellen in eine zentrifugale Leitung eingehen. Sovielieh beurteilen kann, kommen sie namlich in dem untersten Teil derGanglie, wo zahlreiehe Kontaktk6rbe vorhanden sind, am zahlreiehstenvor, Leiten die Zellen indes zentrifugal, wird der zentripetale Zweig (fJ),der fast immer ziemlieh dunn ist, wahrseheinlieh in die Ganglie hinaufzersplittert, und das ganz entwiekelte Stadium konnte von Typus I b,der nur zwei Zellenauslaufer hat, die beide naeh der Ganglie hinausgehen, gebildet werden.

Vorlaufig ist es unmoglich, zu entseheiden, ob diese gauze Deu­tung riebtig ist, Ich habe sie nur angefuhrt, weil sie mir wahrschein­lieh vorkommt und manehes dafur sprieht. Ich bin mir selbstver-

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RESPIRATORISCHES NERVENSYSTEM BEl DEN ,VIRBELTIEREN. 365

standlich vollig LewuBt, daB sie mit sehr sorgfaltigen untersuchungenzu unterbauen ist, ehe sie Anspruch darauf machen kann, als einewahrscheinliche Erklarung angenommen zu werden.

Wir wenden uns nun zu unserem Ausgangspunkt zuruck undmussen ja dann leider einraumen, daB es uns nich t gelungen ist, diezweite unserer Forderungen zu erfiillen. Wir haben keine Kontakt­korbe nachgewiesen, die von bulbaren Achsenzylindern ausgehen, undwir haben keine Zellen gefunden, deren morphologisches Verhalten zufolgern erlaubte, daB sie zentrifugal leiteten.

Da wir mittlerweile auf dem Wege del' Exklusion durch zahlreicheund sorgfaltigeUntersuchungen die motorischen Lungennerven im Vaguszum Gangl. nodosum zuruckgefuhrt haben und auBerdem eine zentri­fugale Leitung von dem dorsalen Kern bis zu diesel' Ganglie fanden,durfen wir wohl folgern:

"daB Ganglion nodosum die motorische, physiologisch nachogewiesene Leitung von Medulla oblongata nach den Lungenunterbricht, oder spezieller die bronchomotorische Leitungvon dem dorsalen Kern".

Moglicherweise kiinnen die erwahnten Zellen mit drei Auslaufernin die Leitung eingehen. Doch muB bemerkt werden, daB derenAnzahl sehr gering ist und daB die Degeneration libel' Ganglion nodo­sum nach Exstirpation del' dorsalen Kerne nicht so groB ist, wie manerwartet. Letzteres beruht naturlich tellweise darauf, daB del' Kernnicht ganz exstirpiert worden ist, Es ist abel' ein so bedeutender Teildavon entfernt, daB man eine graBere Degeneration hatte erwartenmussen, wenn die bronchomotorische Leitung bei del' Katze allein libel'multipolare Zellen im Ganglion nodosum gehen sollte.

Abel' gerade hier liegt sicher die Losung des Problems. Wiebekannt, fanden Dixon und Brodie, daB del' Vagus Broncho­dilatatoren mitfuhrte, daB diese gerade bei del' Katze besondersentwickelt waren, wahrend sich beim Runde die Bronchokonstriktorenliberwiegend fanden.

Die Histologie del' Bronchodilatatoren ist uns ganz gewiB voll­standig unbekannt. Dagegen kennen wir etwas vom Verlauf einigeranderer dilatierender Nerven, namlich del' Vasodilatatoren. Vondiesen wird bekannterweise allgemein angenommen, daB die Leitung•"antidrom" libel' unipolare Spinalganglienzellen lauft, ImGegensatz hierzu geht die Leitnng in allen bis jetzt bekannten Nerven,die glatte Muskulatur kontrahieren, libel' multipolare sym­pathische Zellen.

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366 HOLGER MOLLGAARD:

Von del' bronchomotorischen Leitung bei del' Katze weiB man jetzt:1. daB sie tiber Gangl. nodosum gehen muB, yon welcher Qualitat

sie auch sei;2. daB sie in ihrer Leitung nicht eine groBe Anzahl mul t i polar e

Zellen einschlieBen kann, teils, weil uberhaupt nicht viele derartigeZellen in del' Ganglie gefunden werden, und teils, wei! die Degenerationtiber Gangl. nodosum, quantitativ gesehen, nicht besonders hervortrat;

3. daB deren physiologische Funktion wahrscheinlich wesentlicheine dilatierende ist, ohne del' kontrahierenden Wirkung doch ganz zuermangeln.

Vergleicht man diese drei Punkte, so sieht man ja leicht, daBsie in del' Tat im hohen Grade wahrscheinlich machen, daB die broncho­motorische Leitung ganz analog mit den vasomotorischen Bahneugebaut ist.

Wir wissen, daB die Leitung tiber Gangl. nodosum gehen soll,und bei dem Tier, wo sie aller Wahrscheinlichkeit nach wesentlichDilatoren fuhrt, finden wir gerade sehr wenige multipolare Zellenim Gangl. nodosum. Dies besteht bier durchaus uberwiegend aus uni­polaren Zellen des Spinalganglientypus. Allein aus diesem Grundesind wir gezwungen anzunebmen, daB ein Teil del' Leitung wirklichtiber unipolare Zellen geht. Wenn dies dann zugleich mit den phy­siologiscben Untersuchungen stimmen kann, und es doch fur das Wahr­scheinlichste angesehen werden muB, daB die dilatierende und ken­trahierende Leitung von derselben Stelle in Medulla oblongata ent­springt, so durfen wir schon annehmen,

"daB die bronchomotorische Leitung von dem dorsalenKern via Ganglion nodosum aus zwei physiologisch undhistologisch rerschiedenen Bahnen besteht, einer broncho­konstriktoriscben Bahn, die von multipolaren Zellen unter­brochen wird (Zellen mit drei Aualautern), und einer broncho­dilatabo rfschen Bahn, die antidrom tiber unipolare Zellenleitet und die bei der Katze dominiert",

Hiermit ist da auch die Erklarung gegeben fur die verhaltnis­maBig geringe Degeneration tiber Gangl. nodosum nach Exstirpationdel' dorsalen Kerne. Nach dieser Operation degenerieren naturlicher­weise nur die Bronchokonstriktoren, wahrend die dilatatorischen Nerrenunverandert bleiben, jedenfalls innerhalb so kurzen Zeitraumes, worinich gearbeitet habe.

VorHiufig konnen wir dem Problem indes auch nicht naherkommen, und weitere Spekulationen miissen verschoben .werden, bisfesterer Grund vorliegt,

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HEspmATORISCHES KERVENSYSTEl\l BEl DEN WIRUELTIEREN. 367

Kapitel VIII.

AbschluB der gesamten Ergebnisse der Versuchsreihe.Schema des Lungennervensystems.

~Iit letztgenannten Untersuchungen ist die vorliegende Versuchs­reihe erschopft, und, um alles kurz zu rekapitulieren, liegt folgendesals deren Ergebnisse VOl':

I. In Medulla oblongata gibt es k e i n e Nervenkerne, derenAchsenzylinder direkt ohne Unterbrechung zu den Lungen gehen.

II. In Medulla spinalis gibt es keine Nervenkerne, die Achsen­zylinder direkt ohne Unterbrechung nach den Lungen senden.

Die Lungen stehen also nicht in direkter Verbindung mit demZentralnervensystem.

III. Motorische Lungennerven, sowohl bulbare als spinale,miissen von Ganglien unterbrochen werden, ehe sie die Lungenerreichen.

IV. Ganglion stellatum (bei del' Katze) und Ganglion cervicalemedium (beim Runde) bilden einen primaren Zentralpunkt fiir Nervenzur Lunge auf derselben Seite (beim __ Hunde auch fill' Nerven zurentgegengesetzten Lunge).

V. Derden Lungenzellen im Ganglion stellatum und cervicall'medium entsprechende sekun dar e Zentralpunkt liegt im Processuslateralis thoracalis.

VI. Die zweite und dritte Thorakalspinalganglie sendet wahr­scheinlich sensi ble Fasern nach den Lungen. Die Innervation istteils gleichseitig, teils gekreuzt.

VII. Ganglion nodosum bildet einen pr imaren Zentralpunkthauptsachlich fUr Nerven nach del' Lunge auf derselben Seite, teil­weise abel' auch fUr Nerren zur entgegengesetzten Lunge.

VIII. Ganglion nodosum geht als primarer Zentralpunkt in zweiSystemen von Lungennerven ein:

a) als zentripetaler Lungenvagus;b) als zentrifugaler Lungenvagus.IX. Der sekundare Zentralpunkt fur den sensiblen Lungenvagus

liegt in dorsalen Kernen (oder moglicherweise im oberstenTeil desTractus solitarius).

X. Einen sakun dar en Zentralpunkt fUr eine zentrifugaleLeitung uber Ganglion nodosum gibt es im motorischen Teile desdorsalen Kernes.

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368 ROLGEH .MOLLGAAHD:

XI. Die zentrifugale Le i tu n g von dem d orsu.l e n Kernvia Ganglion nodosum muB in allen Fallen teilweise eine br on c h o­motorisehe sein (ob die Leitung motorisehe Nerven anderer Art ein­sehlieBt, weiB man vorlaufig noeh nicht),

XII. Die bronchomotorische Leitung iiber Ganglion nodosum be­steht aller Wabrseheinliebkeit naeb aus zwei physiologisch verschiedenenBabnen: eine br on oh okonstriktorisebe Babn uber multi p olareZellen und eine bronehodilatatorisehe Bahn iiber u n i p ol ar eS pin algan glie n zelle n.

Kombiniert man nun diese zwolf Satze , so sieht man, daB dasLungennervensystem bei warmblutigen Tieren in zwei natiirlicb yon­einander woblabgegrenzte Gebiete zerfallt:

Das spinal-sympathische System und das Vagussystem.Das spinal-sympathiscbe System bat seinen sekundiiren

Zentralpunkt im Processus lateralis , seinen primaren im Ganglionstellatum (beim Runde G. cervicale medium). In diesel' Ganglie gibtes offenbar ein sebr groBes Zentrum fur Luugennerven. Welcher Artdiese Nerren sind, welche pbysiologischen Funktionen dieses Zentrumreprasentiert, kann vorlaufig nicbt bestimmt gesagt werden,

Wie bekannt, kamen indes Bradford und Dean und besondersPr a n e o i s -Er a n k bei ihren Versucben zu Ergebnissen, die del'Existenz von LungengefaBen. im hohen Grade das Wort reden.Naeh F r a n k s Angaben solIten diese Vasomotoren gerade iiberGanglion stellatum gehen und weiter durch Ansa subelavia zur Lunge,Dies wiirde ja mit den Ergebnissen meiner histologischen Unter­suchungen iiber Ganglion stellatum ausgezeichnet ubereinstimmenHierzu kommt auBerdem, daB ich eine Leitung yon del' Lunge iiberdie zweite und dritte Spinalganglie gefunden habe, d. h. geradezu den Segmenten des Dorsalmarks gehend, wovon nach Eran cois­Franks Angaben die Lungenvasomotoren im besonderen Grade ihrenUrsprung nehmen sollen. Desbalb ist die Annahme trotz Brodis undDixons Untersuchungen sehr natiirlich, daB die Lunge Vasomotorenhabe, die von einer sympathischen Leitung iiber Ganglion stellatum(bzw. cervicale medium) gebildet werden. Die Leitung iiber die Spinal­ganglien konnte in solcbem Falle eine zentripetale Bahn von den Ge­fiiBen in del' Lunge sein (oder vielleicbt eine vasodilatatorische Bahnl),

Ob nun diese Deutung riehtig ist oder nicht, muB selbstverstand­lich dureh spatere pbysiologisehe Untersuchungen entschieden werden.Eins ist doch sicher: wir sind durch die Entdeckung dieses Zentrumsund dessen Unabhangigkeit vom Vagussystem del' Frage libel' dieExistenz del' Lungenvasomotoren in del' Tat gerade auf den Leib ge-

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RESl'IRATORISCHES XERYENSYSTE:.II BEl DEN WIRBELTIEREN. 369

ruckr, Da Ganglion stellatum (cerv, med.) in die bronchomotorischeLeitung nicht eingehen kann , so muB eine zentrifugale Bahn uberdiese Ganglie entweder eine vasomotorische oder auch eine spezifische(sekretorische?) Innervation reprasentieren, Eine dritte Miiglichkeitkann nur als eine Kombination von beiden gedacht werden. Ilbereine spezifische Innervation der Lungen durch Sympathikus weiB mannichts, Dagegen sprechen Pran co is-Eranks Versuche der Existenzvon Lungenvasomotoren stark das Wort. Vorlaufig ist es deshalb dasWahrscheinlichste, anzunehmen, daB die Lungengefabe wirklich vondem sympathischen System, dessen primarer Zentralpunkt Ganglionstellatum ist (bzw. G. cervicale medium), innerviert werden. Ob dieseLeitung andere physiologische Werte haben sollte , ist vorlaufig un­moglich zu diskutieren.

Das zweite System, das Vag ussystem, besteht aus zwei entgegen­gesetzten Bahnsystemen, die beide Ganglion nodosum zum primar enZentralpunkt haben.

Die zentripetale Leitung geht uber die unipolaren Zellen desGanglion nodosum zu dem dorsalen Kern (oder zum obersten 'I'eildes Tractus solitarius). Die Leitung reprasentiert in jedem FaIle dieHering-Breuerscben Fasern; ob sie auch andere zentripetale Lungen­nerven fiihrt, ist vorlaufig ungewiB.

Die zen trifugale Leitung hat ihren sekundaren Zentralpunkt immotorischen Teil des dorsalen Kernes. Wie mehrmals fruhererwahnt, muB man es auf Grund der vorliegenden physiologischenUntersuchungen als bewiesen betrachten, daB Vagus bronchomotorischeNerven zur Lunge fuhren, Da es direkte zentrifugale Innervation derLungen uberhaupt nicht gibt und Vagus mit Ganglion stellatum nichtszu schaffen hat, so muB die bronchomotorische Leitung, wie allemotorischen Leitungen im Lungenvagus, von ZeBen im Ganglion nodo­sum unterbrochen werden, mit anderen Worten von einer "sympathi­schen" Leitung tiber diese Ganglie (welchen physiologischen Wert dieLeitung auch habe) reprasentiert sein. Ob das gauze System ausBronchomotoren besteht, oder ob auch Leitungen anderer physiologi­scher Qualitat eingehen, kann vorlaufig nicht entschieden werden. Soviel kann man aber doch sagen: Da es scheint, daB Vagus gar nichtsmit den LungengeiaBen zu schaffen hat, konnen diese Leitungen nichtvasomotorisch sein. Es bleibt nun die Moglichkeit librig, daB es imzentrifugalen Lungenvagus spezifische Nerven gabe. Flir diese An­nahme sprechen ganz gewiB die erwahnten Versuche von Maar undHenriques (49 u. 50). Die Ergebnisse dieser Versuche sind indes sokomplizierter Natur, daB es schwierig ist, ihren Wert zu entscheiden.

Skandin. Archiv. XXVI. 24

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370 HOLGl-at MOr,LGAARD:

Es liiBt sich nur sagen, daB sie vorlaufig unverstandlich sind, und nachunserem gegenwartigen Wissen tiber diese Verhaltnisse nicht erklartwerden konnen, Die exakte Entscheidung diesel' Frage muf del' Zu­kunft uherlassen werden.

Als Hauptsumme unserer Untersuchungen kann somit folgendesgeIten:

"Das Lungennervensystem besteht aus zwei getrenntenSystemen, die beide sowohl zentripetale als zentrifugaleLeitungen enthalten, und die al le r m og lichen Wahrschein­lichkeit nach jede ihre bestimmten, fur d as einzelne Systemcharakteristischen physiologischen Funktionen hat."

Ein Plan fiber den Bau diesel' beiden Systeme, del' auf Grunddel' histologischen Data, die durch die fruheren und durch meineeigenen Versuche gewonnen sind, ausgearbeitet ist, wird im unten­stehenden Schema angegeben und durch Tafel XI veranschaulicht,

Das aufgestellte Schema kann selbstverstandlich nul' einige del'Grundzuge des Lungennervensystems geben, soweit diese, wie gesagt,durch meine Untersuchungen erlautert sind.

Schema des Lungennervensystems.

1. Spinal-sympathisches System.

1. Zentrifugale Leitung: Processus lateralis via Rami com­municantes albae zu G. stellatum; davon via Ansa sub­clavia-via Vagus zur Lunge auf derselben und entgegen­gesetzten Seite.

Vasomotoren.

2. Zentripetale Leitung: Gleichseitige und entgegengesetzteLunge - via Vagus - via Ansa subclaviu - via G. stel­latum - via Rami communicantes zur II. und III. Thorakal­spinalganglie; davon via hinterste Wurzeln zum Hinterhorndes Ruckenmarkes (Reflexbogen zu Processus lateralis!).

II. Das Vagussystem.

1. Zentrifugale Leitung: Dorsale Kerne - via Vagus zuGanglion nodosum. Davon via Vagus zur Lunge derselbenSeite (vielleicht gekreuzt).

Bronchomotoren:a) Konstriktoren uber multipolare Zellen;b) Dilatatoren uber unipolare Zellen.

Sekretorische Nerven?

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HEbPIRATORISCHES ~ERVENSYSTE:\1 BEL DEN 'VIRBEI,TIFRE~. 371

2. Zentripetale Leitung: Gleichseitige und gekreuzte Lunge- via Vagus zu Gangl. nodosum. Davon via eintretendeWurzeln zu dem dorsalen Kern (und oberster Teil desTractus solitarius).

Hering-Breuersche Fasern.Andere sensible Lungennerven?

Dritte Hauptabtellung.

~Iorphologie.

Mit oben angefiihrter Skizze des Lungennervensystems konnte ichnun aufh6ren und weitere Erwagungen anstellen, bis sich mil' spatererneuerte Gelegenheit bietet, meine Studien tiber das respiratorischeNervensystem wieder aufzunehmen. Doch kann ich nicht unterlassen,in meinen Entwicklungen etwas weiter zu gehen, selbst wenn ichdabei auf Gebiete komme, wo ich vorlaufig nicht imstande bin, uberalleinen genauen Beweis del' Richtigkeit meiner Anschauungen zu fuhren,

Ich wunsche bloB darauf aufmerksam zu machen, daB die An­schauung, die wir tiber das Lungennervensystem gewonnen haben,ganz sicher etwas weitel' fuhrt, als man sofort denken sollte.

Sie fuhrt uns in del' Tat del' Morphologie del' Respirationsorganenaher, und falls meine Vorstellungen daruber richtig sind, geben sieein besseres Verstandnis uber das Verhalten zwischen den Respirations­organen und dem Nervensystem, als man sich bis jetzt habe bildenkonnen. Da es mil' auBerdem gelungen ist, einen Teil del' hier be­handel ten Yerhaltnisse nachzuweisen, sehe ich es als berechtigt an,eine Skizze meiner Vorstellungen ubel' die Morphogenese des Lungen­nervensystems zu entwerfen, so wie sie sich auf Grund del' Ergebnisseformen, die ich fUr die warmbltitigen Tiere gewonnen habe.

Kapitel T.

Die Morphogenese des Lungennervensystems.

Das Vagussystem.

Fur das Vagussystem kamen wir durch die vorhergehende Ent­wicklung zu dem Ergebnis, daB die bronchomotorische Leitung imVagus uber Ganglion nodosum ging, daB diese Ganglie also Zellenenthalt, die zentrifugal leiten, deren zentrifugale Achsenzylinder die

24*

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372 HOLGER :MOLLGAARD:

Muskulatur in den Wanden del' Bronchien innervieren, und die ihrenzentralen Impuls ron Medulla oblongata, speziell dorsalem Kern,empfangen.

Wie bekannt, ist nun Ganglion nodosum mit den Epibranchial­g a n g li e n bei den niedrigsten Wirbeltieren zu homologisieren.

Bei Zyklostomen (Petromyzon, Ammocoetes ...) sind die Epi­branchialganglien getrennt und jede fur sich dorsokaudal fur die ent­sprechende Kiemenspalte gelagert. Die erste postorale Ganglie gehortzu Fazialis, die zweite zu Glossopharyngeus, die ubrigen gehoren zuVagus und liegen als eine Reihe Verdickungen langs dessen Ramusbranchiogastricus hinunter in einer Anzahl, die del' del' Kiemen­spalten entspricht.

Bei den Notidaniden sind sechs Vagusganglien, bei Heptanchusund Hexanchus bzw. vier und drei, Schon bei den pentabranchenSelacbiern (Squalida) findet ein Zusammenschieben del' Epibranchial­ganglien statt. Bei den Teleostien ist das Verhaltnis etwas vari­ierend, Un tel' den lungenatmenden Wirbeltieren hat z. B. Tropi­donotus getrennte Ganglien, die dem 3., 4. und 5. Branchialbogenentsprechend liegen. Bei Lacerta sind die Ganglien im Vagusstammzu einem "Ganglion nodosum" vereinigt, das VOl' dem letztenBranchialbogen liegt, Dasselbe ist bei den Vogeln der Fall. BeiLurchen und Saugetieren liegt die gemeinsame Ganglie hoher obengegen den Kopf und bildet das wohlbekannte Ganglion n od o­sum vagi.

Morphologiscb geseben muf die Ganglie als zusammengescbobeneEpibranchialganglien betracbtet werden.

Falls dieser Gesicbtspunkt indes bindend sein soll, muf einegewisse Ubereinstimmung zwischen Ganglion nodosum und den Epi­branchialganglien del' niederen Tiere sein, auch in dem feineren Bau,jedenfalls in den Grundprinzipien.

Bei den hiiberen Tieren haben wir nun, wie erwahnt, zwei histo­logisch verschiedene Leitungen tiber Ganglion nodosum: eine zentri­petaIe und eine sympathisch zentrifugale Leitung. Diese beidensollten, wenn unser morpbologischer Gesicbtspunkt richtig ist, ihreAnaIoga in den Epibrancbialganglien haben. Die erste gibt es ganzsicher, Die von den Ganglien ausgehende Rami praetrematici istwesentlich sensibel.

Gibt es aber in den Epibranchialganglien eine zentrifugal sym­pathische Leitung, deren sekundiirer ZentraIpunkt in Medullaoblongata liegt?

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HESPIRATORISCHES NERVENSYSTmI mer DEK \\'IRBELTIEREN. 373

Hier haben wir eine sehr umstrittene Frage in del' Morphologic,namlich das Verhalten des Sympathikus zu Branchiogastrikus.

Johannes Muller meinte, daB Potromyzon im Grunde keinenSympathikus habe, daB diesel' abel' durch Branchiogastrikus reprasen­tiert war.

Schon Born (1827) behauptete indessen, daB Vagus mit Spinal­nerven anastomosierte. A h l b 0 rn (71) zitiert Born und meint zu derAnnabme berechtigt zu sein, daB es bei Petromyzon eine Verbindungzwiscben Spinalnerven und Gebirnnerven gibt, und daB diese Ver­bindung dem Sympatbikus bei den hoheren Tieren entspricht, BeiUbergangsstellen finden sicb GanglienzeBenbaufen im Branchiogastrikus.Ransom und Thompson (70) geben noch einen Scbritt weiter, indemsie die Epibrancbialganglien im Brancbiogastrikus als sympatbiscbeGanglien betracbten und Anastomosen mit den Spinalnerven als Ramicommunicantes.

Nacb diesen beiden Verfassern anastomosieren sowobl die vorderstenals bintersten Wurzeln mit Branohiogastrikus. Nacb Ransom undThompson bestebt diesel' Nerv aus drei Arten Fasern:

1. Sebr dicke Fasern, die mit den von den ventralen Spinalwurzelnkommenden Nerren identiscb sind. Sie treten mit den Ganglienzellennicht in Verbindung, verlassen vielmehr den Branchiogastrikus, kurznacbdem sie in ihn eingetreten sind, und geben zur Muskulatur andel' Seite des Kopfes.

2. Ein dickesBundel dunnerer Fasern, die den Fasern in einerhintersten Spinalwurzel gleicben. Sie kommen von bipolaren ZeBen,hauptsachlich im Vagusstamm. Einige jedocb nehmen ibren Ursprungvon Zellen in Spinalganglien.

3. Sebr dunne, scheidenlose Nervenfasern. Sie kommen teils vonden hintersten Spinalwurzeln, teils von Zellen im Brancbiogastrikusselbst, Die Zellen sind klein, es fehlt ibn en die Kapsel und sie werdenvon beiden Forscbern fur sympathische Zellen angesehen, die vonSpinalganglien deriviert und mit den erwahnten Anastomosen in denBranchiogastrikus eingefiibrt sind. Diese Zellen liegen den Epibranchial­ganglien entsprecbend und nebmen eine segmentale Ordnung ein. Del'Sympathikus des 'Kopfes soBOO also von den Spinalnerven deriviertsein, liegt abel' im Brancbiogastrikus total eingeschlossen.

Julin (74) verwirft diese.Anschauung. Er verneint, daB die dor­salen Wurzeln mit Branobiogastrikuaunastomosieren und meint, daBdiesel' Nerv keine sympathischen Fasern in seinen Zweigen fuhrt,Doch ist nach v. Kupffer (69) von einem anatomischen Gesichtspunkt

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nichts im Wege, daf die ill tern en Zweige der Branchialnerveu syrn­pathische Fasern fuhren kounten, und die Tatsache, daB diese Zweigezum Unterschied von anderen sehr feine Faseru enthalten und Ganglien­zellen fuhren, spricht vielmehr fur als gegen eine solche Anuahme.AuBerdem fuhrt v. Kupffer 'l'atsachen an, die darauf zu deuten scheinen,JaB es im Kopfe besondere intestinale :Nerven gibt.

Erstens gibt es bei ganz jungen Ammozoeten einen ~en, dergerade in der Nahe des Okulomotorins eutspringt und zu dem pr a­oral en Darm geht, und demuachst sieht man an jungen Larven (6 I1lm)

im Vagoglossophar.'ngeus-Gebiet zwischen dern Myo t om desSegments auf der einen Seite und Chorda und Aorta auf der anderenZellenhaufen, zu welchen spinale Strange kommen und von welchenNerven ausgeheu, die teils mit den entsprechenden Branchialnerveuanastomosieren und teils Zweige abgeben, die sich zum AortabogenschlieBen und mit den groBen Kiemeugefaben hinansfolgen.

Bei einem etwas alteren Tier konnen diese Zellenhaufen nichtmehr nachgewiesen werden. Aber diesen entsprechend findet man daauf jeder Seite laugs des ganzen Kiemendarmes einen Nerren­stamm ohue gesammelte Ganglien im Stamm, aber mit vielen kleinenGanglienzellen in seinen Zweigen. Der Nerv endigt nach oben in derzur Fa;'ialis gehorenden sechsten Epibrauchialganglie und wird vonY. Kupffer Nervus branchialis profundus genannt. Dessen Zweigeverhalten sich durchaus wie die yon den erwiihnten Zellenhaufen aus­gehenden Nerven und v, Kupffer betrachtet diese als sympathischeund sieht Nervus branchial is profundus als wesentlich vas om oto­rischen Nerv fur die Kiemengefabe an.

Der Nerv ist vorlaufig nur bei Ammocoetes konstatiert; nachA. Do hr n (75) aber gibt es bei Selachiern auf der medialen Seitemehrere der Somiten des Kopfes, zwischen diesen und Chorda Zellen­strange, die deutliche Spinalganglien bilden und ihrer Herkunft nachzur Ganglienleiste gerechnet werden muss en. Von den Zellen­strangen gehen Nerven aus, die zum mediulen Lamel des entsprechen­den Somit laufen. Tiefer hinunter reichen sie nicht. Die meistendiesel' Vagusspinalganglien verschwinden spater, Ein Teil bildet sichzu typischen Nerven aus. Sie mussen sicher mit v. Kupffers Spinal­ganglien bei Ammocoetes und mit Nervus branchialis profundus furhomolog angesehen werden.

Wie man sieht, ist die Diskussion, noch standig, Doch sprichtviel dafur, daB Petromyzon einen selbstandigen Sympathikus hat. DaBdieser mit den Branchialnerven anastomosiert, ist ja an und fUr sichrecht naturlich. Indessen dreht sich die Frage darum, inwiefern Branchio-

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REi3PIRATORISCHES KEHVENSYSTEl\1 BEl DEN \VIRBELTIEHEN. 375

gastrikus selbst eine sy m p a.th iscb e Leitung enthalt , oder ob seinganzer sympatbischer Bestandteil von Spinalganglien deriviert ist.

Dieses Problem kann am beaten durch eine histologiscbe Unter­suchung der Branchialganglien bei ausgewachsenen Tieren gelnst werden.Man miiBte da erwarten , im Vagusstamm Achsenzylinder zu finden.die von Medulla oblongata kommen und in den Branchialganglien urneine oder mehrere Zellen Ko n tak tk orbe hilden, auf ahnliche Weise,wie wir es von den spinalsympathischen Ganglien hei hoheren Wirbel­tieren kennen.

Eine solche histologische Untersuchung habe ich nun libel' dieBranchialganglien bei den Selachiern angefangen. Die T;ntersuchungen

A

c

Fig. 2.Kontaktkorbe und perizellularee Flechtwerk im Branchiogastrikus (Acanthlas

vulgaris).

sind noch nicht vollendet, aber die bis jetzt gewonnenen Resultate sindin Fig. 2 wiedergegeben. Die Abbildungen sind mit Abbes Zeichen­apparat nach Praparaten gezeichnet, die durch Silberimpragnation derGanglien im Branchiogastrikus bei Acanthias vulgaris gewonnen sind.Abb, A zeigt dicke Achsenzylinder, die von Medulla oblongata kommen.'Auf ihrem Wege durch Branchiogastrikus hinunter teilen sich dieseAchsenzylinder allgemein in mehrere Zweige (Abb. C). Jeder dieserZweige endet mit einem feinen Flechtwerk (Abb. B), das gewisse kleineZellen in der Ganglie umspinnt. Ein solches perizellulares Flecht-

1 Beim Herausnehmen ist Vagus ganz drinnen im Kranium zerschnitten,so daB nicht davon die Rede sein kann, diese Achsenzylinder sind durchAnastomosen mit Spinalnerven zugefiihrt.

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376 HOLGER MOLLGAARD:

werk, ein Kontaktkorb, wird nicht selten von mehreren, von verschie­denen Seiten kommenden Achsenzylindern gebildet (Abb. A, A ee).Zwischen den kleinen Zellen gibt es ein feines in terzell u lar es Flecht­werk (Abb. A, A fJ). Dies mit den Kontaktkorben der Zellen zusammenbewirkt, daB die ganze Region der Ganglie, die von kleinen Zelleneingenommen wird, gegen den ubrigen Teil der Ganglie, der ausgroBen, blasenfi:irmigen Zellen ohne wirkliche Kontaktki:irbe besteht undVOl' allem ohne Spnr von interzellularem Flechtwerk ist, scharf ab­sticht. Diese groBen Zellen gleichen in Wirklichkeit vollig den groBenunipolaren Zellen im Ganglion nodosum und liegen in derselben Weisezerstreut zwischen langlaufenden Nervenfasern gelagert,

Wie man sieht, stimmen diese Beobachtungen recht gut damituberein, was wir erwartet hatten. Es gibt also gerade in der del'Rami branchiales entsprechenden gemeinsamen Ganglie im Branchio­gastrikus bei Acanthias vulgaris eine Leitung, die von Medulla oblon­gata kommt und aus Achsenzylindern besteht, die in der Ganglie auf­horen, um dort innerhalb diesel' Kontaktki:irbe bestimmte charakte­ristische Zellen zu bilden.

Mit anderen Worten:"Es gibt in den Branchialganglien bei Acanthiasvulgaris eine histologisch echte, sympathische Lei­tung, deren sekundar er Zentralpunkt in der Medullaoblongata lieg t,"

Dieses aber gerade suchten wir. Die Homologie zwischen Ganglionnodosum und den Branchialganglien findet da also auch ihren Aus­druck in einer Ahnlichkeit im feineren Bau.

Indes wissen wir nun seit Gegenbaur (76). daB der primar eLarynx und das Luftri:ihrensystem bei den Amphibien auf Grund derCartilago lateralis gebildet ist, und man nimmt allgemein an, daB diesesKnorpelstiick vom 5. Branchialknorpel (moglicherweise 5. und 6.)gebildet ist.

Es geschieht eine anfwartssteigende Reduktion der Viszeralbogenvon den Notidaniden durch die niederen Haiformen zu den penta­branchen Selachiern und hiervon eine weitere Reduktion durch 'I'ele­ostien bis zu den Amphibien, wo wir nur vier Kiemenbogen haben.Der fiinfte Bogen ist eingliederig, ohne Verbindung mit dem iibrigenKiemenskelett, und ist ganz in den Dienst der Respirationsorgane uber­gegangen, indem er als Cartilage lateralis die erste Anlage zu einemLarynx bildet. Von Cartilago lateralis differenziert man nach aufwartsCartilago arytaenoidea aus und nach unten Cartilage cricoidea unddie iibrigen Trachealringe, die, nachdem Bronchien ausgebildet sind

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mit diesen in die Lungen hinausfolgen und alle ihre Verzweigungenmit Knorpelstiicken ausstatten, so daB wir zuletzt die von den Sauge­tierlungen wohlbekannten anatomischen Verhaltnisse erbalten.

Dies ist in Kiirze Gege n b aurs Theorie. Uber weitere Einzel­beiten kann auf die zitierte Abbandlung und Gegenbaurs Hand­bucb (77) verwiesen werden.

Nun ist es ja inzwischen klar, daB mit der Annahme, der knorpeligeTeil des ganzen Luftrohrensystems deriviere vom 5. Brancbialbogen,sich recbt natiirlicb denken lieBe, auch andere zu diesem Kiemenbogengehorende Bestandteile und Organe (Muskeln, Nerven) seien bei denneuen Respirationsorganen in den Dienst getreten. Gegen ba ur selbstweist die Homologie zwischen Museu!' byotrachealis (Dilatator laryngis)bei den Ampbibien und Constrictores arcuum nach, Sind abel' Mus­keln in dem primaren Larynx auf Grund eines vom 4. bis 5. Bogengehenden Konstriktors gebildet, stebt dem Gedanken nichts im\Vege,daB nicbt nur die Larynx-, sondern aucb die Tracheal- undBronchienmuskulatur von der zum 5. Bogen gehorenden Muskulaturderiviert wird, gleicbwie der knorpelige Bestandteil des Luftrohren­systems vom 5. Branchialknorpel gebildet ist. Der Gedanke liegt sehrnahe , daB auch die Ner ve n zum Luftrohrensystem Deri vate n del'den untersten Kiemenbogen entsprechenden Nerven undGanglien sind.

Als eine natiirliche Folge ihrer morphologiscben Entwicklungsollte also das Luftrohrensystem bei den lungenatmenden Wirbeltierendurcb Ganglien und Nerven innerviert werden, die nachweislich Deri­vaten der Epibrancbialganglien und Rami brancbiales bei den kiemen­atmenden Wirbeltieren sind.

Dies gerade baben wir ja konstatiert: Die Bronchialmuskeln in derSaugetierlunge werden von Zellen im Ganglion nodosum innerviert; dies ist,wie erwahnt, einHomologon fiir dieEpibranchialganglien der niederen Tiere.

Es ist nun bloB noch zu verlangen, daB der histologische Bauder Epibranchialganglien der Art sein soli, daB er sie nicht wesen­versch ieden vom Ganglion nodosum macht.

Auch iiber diese Forderung sind wir hinausgekommen durch denNacbweis, daB in den Epibranchialganglien der Selachier eine vonMedulla oblongata kommende sympatbische Leitung vorbanden ist,die ganz das Bild wiedergiebt, das uns die experimentelle Untersuchungder bronchokonstriktorischen Leitung zur Saugetierlunge gegeben hat.Sensible Bronchialnerven und Bronchodilatatoren finden ihre Homologabei den Selachiern in bipolaren Nervenzellen der Vagusganglien undihren Auslaufern.

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Zweite Abteilung.

Spinal-sympathisches System.

Durch unsere experimentellen Untersuchungen fanden wir, daBdieses System vom Vagussystem getrennt war und eine Einheit fursich bildete. AuBerdem sahen wir es als das Wahrsoheinliohste an,daB es seine eigne, vom Vagus verschiedene, physiologische Funktionhat, und betrachteten diese hauptsachlich als vasomotorisch , indemwir annahmen, daB die GefaBe der Lunge der Einwirkung des Nerven­systems unterworfen waren und gerade durch das sympathische Systeminnerviert wurden.

Wie bekannt, ist nun dus Gefafssystem in den Lungen vom altenKiemengefabsystem deriviert, Arteria pulmonaliswird von der 4. Kiemen­rene gebildet. Legen wir dieselbe Betrachtungsweise wie oben an,konnte man sich ja denken, daB die Innervation des neuen Gefaf­gebietes ein Derivat der nervosen Organe sei, das zu dem alten GefaB·system gehorte, welches seinen Ursprung bildete; mit anderen Worten,daB die Nerven fur die Lungengefafe einem System entsprangen, dasmit dem Nerren und Gangliensystem, das die KiemengefliBe inner­vierte, homolog war.

Die Innervation der KiemengefaBe ist ja weit entfernt schon auf­geklart, Indes erwahnten wir im vorgehenden, daB es v. KupffersUntersuchungen an Ammocoetes wahrscheinlich gemacht hatten, daBim Kopfe ein besonderes viszerales Nervensystem existierte, das inseinem Ursprung vom Branchialnervensystem unabhangig war, unddessen wesentlichste Bestimmung darin bestand, den Kiemengefabenvasomotorische Nerren zuzufuhren, Y. Kupffer nennt dieses SystemN. branchialis profundus und sieht es fur ein sympathisches, vonder Ganglienleiste deriviertes, System an.

Dohrns Untersuchungen an Selachiern bekraftigen diese An­schauung (Vagusspinalganglien), Von der Innervation der Kiemen­gefaBe bei anderen Fischen wissen wir vorlautig' nichts.

Ist es indessen richtig, daB N. branchialis prufundus vasomotorischerNerv fur die Kiemen bei Ammocoetes ist, so ist es wahrscheinlich eindurchgehendes Prinzip, daB die KiemengefaBe vom Spinalsympathikusund nicht vom Branchiogastrikus innerviert werden. Dies ist urn sowahrscheinlicher, als ein spinalartig sympathisches System, dessenGanglien zwischen Chorda und demMyotom liegen, im Kopfe jaeigentlich nicht zu erwarten war. Falls also bei Petromyzon einsolches System zu finden ist, und hier eine bestimmte physiologischeFunktion hat, ist sehr wenig Wahrscheinlichkeit dafur, daB es ein

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einziger Fall, eine Sorte Artzeichen, sein sollte. In solchem Fall istes sicher ein durchgehendes Prinzip, und wo es nicht selbstandig ist,konnte es wohl von den fruher erwahnten Anastomosen zwischenBranchiogastrikus und Spinalganglien reprasentiert sein (B0 I'll, Ran­som und Thompson).

Wie man sieht, spricht manches dafur, daB die KiemengefaBewirklich vom Spinalsympathikus innerviert werden. Solchenfalls wii.rdenwir genau dasselbe Bild del' Verhaltnisse erhalten, wie fur das Luft­rohrensystem, und die sympathische, und nul' die sympathische, lnner­ration del' LungengefaBe wiirde dann als eine naturliche Folge del'morphologischen Entwicklung des LungengefiiBsystems hervorgehen.

Hiermit soll nicht gesagt sein, daB ich N. branchialis profundusabsolut mit Halssympathikns bei den hoheren Tieren homologisierenwill. lch meine nur, daB das Lungengefabsystem von Nerven inner­viert wird, die einem System angehoren , das morpholisch homologmit dem Nervensystem ist, wovon die KiemengefiiBe innerviert werden,die den Ursprung zu Arteria pulmonalis, und damit zu dem neuenrespiratoriscben GefiiBsystem gegeben haben.

Dritte Abteilnng.

Grun driB del' Phy logenese.

FaBt man nun aUes zusammen, so sieht die phylogenetische Ent­wicklung derart aus:

Die Lungen werden als eine Ausbucbtung vom Vorderdarm, undzwar an dessen Ventralseite, gebildet. Als ventralliegende Organehaben sie die Moglicbkeit mit dem Kiemenbogenapparat in Verbindungzu kommen (Gegenbaur 77). Dies ist zu dem Zeitpunkt, da dieLungen gebildet werden, bedeutend reduziert. Es findet sich nurder 5. Kiemenbogen VOl', und ist das Skelett des letzteren durcb einenKnorpelstab repriisentiert, der eingliedrig ist, und ganz ohne jede festeVerbindung mit dem iibrigen Kiemenknorpelskelett. Diesel' Knorpel­stab tritt als Cartilago lateralis in den Dienst des neuen Respirations­organs (Gegenbaur) und stattet dies nach und nacb mit dem fur dieLungen so notwendigen knorpeligen Luftrohrensystem aus.

Gleichzeitig tritt auch die Muskulatur des fiinften Bogens in denDienst des Luftrohrensystems. Constrictores arcuum bilden Muskelnim primiiren Larynx (Hyotracbealis); auch wird von der Muskulaturdes Bogens die Muskulatur in Trachea und Broncbier deriviert.

Die dem untersten Bogen (vielleicht sowobl 5. als 6.) entsprecbendeEpibranchialganglie, die ja eine kranial-sympatbiscbe Leitung ent-

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halt, uberfuhrt deren Nerven auf das von demselben Bogen gebildeteLuftr6hrensystem und folgen dann die Nerren mit diesem, wie es sichnach und nach entwickelt, in die Lunge, bestandig Nervenzweige nachderen Muskulatur fuhrend. Bei Saugetieren werden die Epibranchial­ganglien von Ganglion nodosum reprasentiert, wo wir auch die kran ial­sympathische, bronchomotorische Leitung finden.

Mit der gleichzeitigen Entwicklung des Luftr6hrensystems wirddas Gefabsystem in der Lunge auf Grund der Verbindung mit der4. Kiemenvene entwickelt, und die spinal-sympathische Inner­vation der Kiemengefabe auf das neue GefiiBsystem iiberfiihrt. Dementspricht eine sympathische Innervation der Lungengefabe bei denh6heren 'I'ieren, so wie es Bradford und Deans und besondersFruncois-Eranks Versuche wahrscheinlich machen.

Um alles kurz zu rekapitulieren: Die Morphogenese des Lungen­nervensystems spiegelt sich deutlich in der doppelten Herkunft derLungen abo Gleichwie die Lunge von zwei morphologisch verschiedenenOrganen zusammengesetzt ist: Das Luftr oh rensystern und die Aus­buchtung vom Vorderarm, so fallt auch ihr Nervensystem in zweivoneinander anatomisch und morphologisch verschiedene Systeme, diejedenfalls auBer der Lunge vollig voneinander getrennt sind, und vondenen jedes einen der beiden Hauptbestandteile der Lunge innerviert:Vagus das Luftr6hrensystem, Sympathikus das GefaBsystem.

Wir haben dann noch den 3. Faktor ubrig, das Lungenparenchymselbst. Ob es eine Innervation hat, welcher Art sie in solchem Fallist und in welchem der beiden Systeme sie sich findet, davon wissenwir vorlaufig sehr wenig. Ein paar Versuche deuten auf das Vagus­system als Trager dieser Funktion. Ob dies der Fall ist oder nicht,muB die Zukunft entscheiden. Unser gegenwiirtiges Wissen erlaubtuns nicht, einen Standpunkt in dieser Sache zu nehmen.

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Literatur.

Dieses Literaturverzeicbnis macht keinen Anspruch auf Vollstaudigkeit,Die Platzverhiiltnisse erlauben nul' die wichtigsten del' Arbeiten anzufiibren,die den Stoff betreffen, den ich in diesel' Abhandlung behandelt babe.

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