serologie der lipoide in ihrer beziehung zur syphilis und metasyphilis

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(Aus der Deutschen Forschungsanstalt ftir Psychiatrie [Kaiser Wilhelm-Institut]in Miinchen.) Serologie der Lipoide in ihrer Beziehung zur Syphilis und Metasyphilis. Von F. Plaut. (Eingegangen am 18. September 1929.) Als Wassermann daran ging, eine Serodiagnostik der Syphilis zu schaffen, rechnete er mit der M6glichkeit, es k6nnten sich im Serum yon Syphilitikern Antik6rper gegen PallidaeiweiB nachweisen lassen. Die Schwierigkeit ffir Versuche in dieser Richtung bestand zu jener Zeit darin, da[3 man wohl die Spirochete pallida als Erreger der Syphilis kannte, es jedoch noch nicht gelungen war, sie in Reinkultur zu zfichten. Man wiirde es damals ffir aussichtsreicher gehalten haben, dutch Zu- sammengeben yon Syphilisspiroch~ten mit dem Serum auf spezifische Bindungen zu fahnden. Wassermann fand nun einen Ausweg, indem er spiroch~tenreiche Organe mit Wasser auszog in der Hoffnung, es k6nnten Spiroch~tenbestandteile in ausreichender Menge in den w~Brigen Auszug iibergehen, um bei dem Zusammentreffen mit Antik6rpern des Serums in vitro zu rcagieren. Man wuBte, dab innere Organe syphili- tischer Feten einen groi3en Reichtum an Spiroch~ten enthalten, und so wurden solche Organe, besonders Leber, Milz und Knochenmark, yon Wassermann herangezogen. Als Methode ffir die Priifung auf Antigen-AntikSrperbindung kam in erster Linie die sog. Komplement- bindungsmethode in Betracht, die einige Jahre zuvor yon Border an- gegeben worden war. Diese Methode erm6glicht es, spezifische Bin- dungen zwischen geliisten Substanzen zu erkennen. Bei der w~Brigen Extraktion luetischer Fetalorgane konnte naturgem~B nicht damit ge- rechnet werden, dab gut erhaltene Spiroch~ten in geniigender Menge gewonnen wfirden, hingegen war die MSglichkeit gegeben, dab reichlich gel6ste Spiroch~itensubstanzen in den Extrakt fibergehen. Deshalb bot die Besonderheit der Bordetschen Versuchsanordnung in dieser Hinsicht gfinstige Aussichten. Es ist bekannt, dab dieses Vorgehen Wassermanm zu einem positiven Ergebnis ffihrte und dab damit die Serodiagnostik der Syphilis begrfindet wurde. Man hatte zun~ichst keinen AnlaB, daran zu

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Page 1: Serologie der Lipoide in ihrer Beziehung zur Syphilis und Metasyphilis

(Aus der Deutschen Forschungsanstalt ftir Psychiatrie [Kaiser Wilhelm-Institut] in Miinchen.)

Serologie der Lipoide in ihrer Beziehung zur Syphilis und Metasyphilis.

Von F. Plaut.

(Eingegangen am 18. September 1929.)

Als Wassermann daran ging, eine Serodiagnostik der Syphilis zu schaffen, rechnete er mit der M6glichkeit, es k6nnten sich im Serum yon Syphilitikern Antik6rper gegen PallidaeiweiB nachweisen lassen. Die Schwierigkeit ffir Versuche in dieser Richtung bestand zu jener Zeit darin, da[3 man wohl die Spirochete pallida als Erreger der Syphilis kannte, es jedoch noch nicht gelungen war, sie in Reinkultur zu zfichten. Man wiirde es damals ffir aussichtsreicher gehalten haben, dutch Zu- sammengeben yon Syphilisspiroch~ten mit dem Serum auf spezifische Bindungen zu fahnden. Wassermann fand nun einen Ausweg, indem er spiroch~tenreiche Organe mit Wasser auszog in der Hoffnung, es k6nnten Spiroch~tenbestandteile in ausreichender Menge in den w~Brigen Auszug iibergehen, um bei dem Zusammentreffen mit Antik6rpern des Serums in vitro zu rcagieren. Man wuBte, dab innere Organe syphili- tischer Feten einen groi3en Reichtum an Spiroch~ten enthalten, und so wurden solche Organe, besonders Leber, Milz und Knochenmark, yon Wassermann herangezogen. Als Methode ffir die Priifung auf Antigen-AntikSrperbindung kam in erster Linie die sog. Komplement- bindungsmethode in Betracht, die einige Jahre zuvor yon Border an- gegeben worden war. Diese Methode erm6glicht es, spezifische Bin- dungen zwischen geliisten Substanzen zu erkennen. Bei der w~Brigen Extraktion luetischer Fetalorgane konnte naturgem~B nicht damit ge- rechnet werden, dab gut erhaltene Spiroch~ten in geniigender Menge gewonnen wfirden, hingegen war die MSglichkeit gegeben, dab reichlich gel6ste Spiroch~itensubstanzen in den Extrakt fibergehen. Deshalb bot die Besonderheit der Bordetschen Versuchsanordnung in dieser Hinsicht gfinstige Aussichten. Es ist bekannt, dab dieses Vorgehen Wassermanm zu einem positiven Ergebnis ffihrte und dab damit die Serodiagnostik der Syphilis begrfindet wurde. Man hatte zun~ichst keinen AnlaB, daran zu

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zweifeln, da$ es sich bei der WaR. um eine Bindung zwischen Pallida- antigen und PallidaantikSrper handele, analog anderen Immunitiitsreak- tionen zwischen Infektionserregern bzw. deren Leibesbestandteilen und zugeh6rigen Antik6rpern im Serum, die zu jener Zeit schon bekannt waren. Vergleichende Untersuchungen fiber den Antigengehalt des einzelnen Organs und seinen Gehalt an Spiroch/tten unterstfitzten diese Auffassung. Je reieher z. B. eine luetische Leber an Spiroehi~ten war, einen um so sti~rkeren und wirksameren Extrakt lieferte sie (Bab und Citron, Plaut und Miihlens). Einige Zeit nachher wurden Beob- achtungen gemacht, die geeignet waren, einigen Zweifel in die Auffassung zu tragen, die WaR. sei ein biologisch-spezifiseher Vorgang. Bei der w/~l~rigen Extraktion normaler Organe wurden gelegentlich Extrakte gewonnen, die ebenfalls mit Syphilitikersera reagierten (Marie und Levaditi, Weygandt, Plaut, Weil). Die l~eakfionen waren jedoeh un- regelmi~$iger Art, gingen nicht immer den Reaktionen mit spezifischen Extrakten parallel und waren, soweit sie fiberhaupt auftraten, nur in geringem Grade und gegenfiber hohen Extraktkonzentrationen (Plaut) ausgepr/~gt. Sehr bald danach wurde jedoch eine Feststellung gemacht, die in hohem Grade geeignet war, die bisherige Auffassung yon dem Wesen der WaR. zu ersehfittern. Es wurde n/tmlich gezeigt, da$ auch durch Alkoholextraktion aus luetischen Fetalorganen sich wirksame Ex- trakte gewinnen lassen. Diese Beobachtung brachte die Annahme ins Wanken, dal~ die WaR. eine Antigen-Antik6rperreaktion sei. Es galt n/~mlieh als Gesetz, da$ nur EiweiSkSrper die Fi~higkeit, als Antigen zu wirken, besitzen. Da Eiweil~k6rper durch Alkohol gefMlt werden, konnten sie in den Alkoholextrakten keine Rolle spielen, und man muSte daher die reagierenden Substanzen der Alkoholextrakte als Lipoide ansehen, denen man jedoeh eine antigene Wirkung nieht zu- sehreiben konnte. Kurz darauf kam eine weitere Entdeckung, die mit den bisherigen Vorstellungen vollst/~ndig aufr/tumte. Es wurde n~imlich gleichzeitig im Landsteinerschen Laboratorium in Wien (Landsteiner, Miiller und P6tzl), im Wassermannschen Laboratorium (Porges und Meier) und im Institut Pasteur (Levaditi und Jamanuchi) ermittelt, dal~ man ffir die Herstellung wirksamer alkoholischer Extrakte keine syphilitischen Organe brauche, sondern dab Organe gesunder Tiere hochwirksame Extrakte zu liefern verm6gen. Als besonders geeignet stellten sieh Alkoholextrakte aus Herzmuskelfleiseh heraus, die dann spitterhin bei der Anstellung der WaR. ausschlieBlich Verwendung fanden. Die Lage war also folgende: Man sah, da$ bei Syphilis die Sera und bei Paralyse auch die Liquores gegeniiber Lipoiden reagierten. Da Lipoide nicht als Antigene galten, konnte es sich somit flieht um eine Antigen-AntikSrperreaktion handeln. Ferner waren die reagierenden Lipoide aus jedem beliebigen normalen Organ zu gewinnen, standen

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somit in keiner Beziehung zur Syphilisspiroch~te, so dab die WaR. fiberhaupt nicht als ein Ph~nomen angesehen werden konnte, das bio- logisch mit der Syphilis in Zusammenhang stfinde. W~hrend so die theoretische Auffassung ihre anf~ngliche scheinbare Klarheit immer mehr einbiigte, gewann die WaR. als charakteristisches Diagnostikum Ifir Syphilis immer mehr an Boden. Eine Reihe von technischen Verbesse- rungen ermSglichte es, unspezifisehe Ausschl~ge, die in der ersten Zeit yon verschiedenen Seiten beobachtet worden waren, so bei multipler Sklerose, Epilepsie, Tumoren und anderen Krankheitsprozessen, aus- zuschalten, so da~ die WAR., die theoretisch jeder Spezifit~t entkleidet sehien, praktisch eine groI~e Bedeutung gewann. Gewisse EinschrKn- kungen (positive Ausschl~ge bei Scharlach, Malaria, Lepra, Trypano- somenkrankheiten), die sp~ter notwendig wurden, konnten der WaR. als diagnostischer Methode ffir den Naehweis der Syphilis keinen Ab- bruch tun.

Gerade weil die WaR. sich nun die Welt eroberte und zur ver- breitetsten und klinisch wertvollsten serologischen Reaktion wurde, erschien es in hohem Grade unbefriedigend, da$ man sich keine Vor- stellung darfiber machen konnte, worauf sie beruhe. Die Haupt- schwierigkeit, zu einem Verst~tndnis zu gelangen, lag darin, da$ es trotz vielfacher Versuche nicht gelingen wollte, antigene Eigenschaften der Lipoide in eindeutiger Weise zu ermitteln. Es tauchten nun eine grol~e Anzahl verschiedenartiger Erkl~rungsversuche auf, und die Lite- ratur fiber das Wesen der WaR. nahm einen gewaltigen Umfang an. An dieser Stelle kann ich nur einige wenige Konstruktionen erw~hnen, die im Laufe der Jahre gemacht wurden. Wassermann selbst Knderte mehrfach seine Vorstellungen. So dachte er daran, es kSnnten spezi- fische und unspezifische Reaktionen bei der WaR. nebeneinander her- laufen. Dann wieder neigte er der Meinung zu, im Serum der Syphili- tiker bef~nden sich Toxine mit einem besonderen BindungsvermSgen gegenfiber Lipoiden, etwa derart, wic sie yon der Affinit~t des Kobra- giftcs zum Lecithin bekannt waren. Citron ~u~erte die auch schon yon Well und Braun vorher er6rterte MSglichkeit, da~ Eiwei~lipoid- verbindungen ffir die AuslSsung eines AntikSrpers in Betracht k~men, und dab der auf diese Weise gebildete Antik6rper die F~higkeit besitze, sich in vitro mit Lipoiden allein zu binden. Jedoch waren alle diese Hypothesen und noch viele andere, die aufgestellt wurden, nicht durch das Experiment beweisbar. Citron schlug dann vor, die reagierende Substanz des Syphilitikerserums einfach als ,,Reagin" zu bezeichnen, womit zum Ausdruck gebracht werden sollte, es handle sich um eine durch die Syphilis reaktiv erzeugte Substanz unbestimmten Charakters. Durch diese etwas farblose Bezeichnung wurde wenigstens nicht viel pr~judiziert, was bei der Unklarheit, in der man sich fiber das, was

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wirklich vorging, befand, wiinschenswert erschien. Es war nicht zu verwundern, dab man immer mehr bei der Deutung der WaR. von den Vorstellungen abrfickte, die man yon den eindeutigeren Immunit~ts- vorg~ngen bei anderen Infektionskrankheiten hatte. Physikaliseh- ehemische Betraehtungsweisen kamen auf. So neigte Hans Sachs der Auffassung zu, die WaR. beruhe auf einer symptomatischen Ver~nderung der Serumstruktur. Beim Zusammentreten yon Lipoiden des Syphili- tikerserums, ffir die besondere Mischungsverh~ltnisse anzunehmen seien, mit den Lipoiden des Extraktes werde sekund~r eine ~nderung des kolloidalen Zustandes der Seruinglobuline herbeigeffihrt, die nun ihrer- seits eine antikomplementare Wirkung ausfiben.

Obwohl so das Problem der WaR. von den verschiedensten Seiten zu 16sen versucht wurde und zahlreiche Forscher sich um seine L6sung bemfihten, blieb man doeh in Erkl~rungsversuchen stecken, die eine geringere oder grSBere Wahrscheinlichkeit fiir sich in Anspruch nehmen konnten, ohne dab es gelang, eine einheitliche und fiberzeugende LSsung zu finden. Man blieb sozusagen im Gedanklichen verstrickt, da eindeu- tige experimentelle Beweise fiir keine der aufgestellten Hypothesen beigebracht werden konnten. Nachdem man so w~hrend etwa 16 Jahren trotz aller aufgewendeten Arbeit nicht reeht vom Fleck gekommen war, maehte die Forschung au/ diesem Gebiet im Jahre 1923 au/ einmal einen RucIc nach vorwiirts. Dieser Ruck wurde von Landsteiner und Simms in New York gebracht. Landsteiner arbeitete damals fiber das sog. Forss- mannsehe heterogenetische Antigen, eine Substanz lipoiden Charakters, das die Besonderheit hat, dab es sich bei gewissen Tierarten finder, w~hrend es bei anderen Tierarten fehlt. Die Gruppierung der Tier- arten nach dem Vorhandensein oder Fehlen dieser Substanz steht in keiner Beziehung zur zoologischen Reihe. Nahe beieinander stehende Arten verhalten sieh zum Teil hinsichtlich des Besitzes dieser Substanz verschiedenartig, weit entfenl t stehende Tierarten gleichartig. Repr~- sentanten der den Forssmannschen KSrper besitzenden Tierarten sind z. B. das Meerschweinchen und das Pferd. Im Gegensatz zu w~Brigen Organsuspensionen iibt das heterogenetische Antigen in alkoholischer LSsung keine immunisierende, Antik6rper bildende Wirkung aus, ist aber im Reagensglas reaktionsf~hig gegenfiber dem heterogenetisehen AntikSrper.

Als Landsteiner in Gemeinschaft mit Simms alkoholische Nieren- extrakte des Pferdes intravenSs bzw. intraperitoneal Kaninchen ein- verleibte, erhielt auch er nur negative Ergebnisse, es bildeten sich keine AntikSrper gegenfiber dem heterogenetischen Antigen im Serum. Ffig- ten die Autoren aber, bevor sie die l~erdelipoide injizierten, etwas artfremdes Serum zu - - besonders geeignet hierffir erwies sich Schweine- serum - - und spritzten sie nun dieses Gemenge ein, so entstanden

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AntikSrper, die in vitro mit Pferdeorganextrakten im Rahmen des Komplementbindungsversuchs reagierten. Da die Bindung in vitro auch ohne die Anwesenheit von artfremdem Serum erfolgte, war zu folgern, dab der AntikSrper gegen das Lipoid gerichtet war. Um der Eigenscha/t des Lipoids eine immunisatorische, d. h. Antik6rper erzeugende Wirkung zu geben, bedur/te es also einer Komplettierung durch art/remde8 Serum, wdhrend /iir die Bindung in vitro, /iir die passive Rolle des bin. denden Antigens das Lipoid allein ausreichte. Landsteiner bezeichnete das in vitro wirksame Bindungsantigen als , ,Hapten", das durch art- fremdes Eiwei~ zum produktiven Antigen erg~nzte Antigen als ,,Voll- antigen". Die Hinzug/i~gung des als ,,Schlepper" dienenden art]remden Serums zu den Lipoiden war also der entscheidende Laboratoriumstric.

Es lag nahe, die L5sung des R~tsels der WaR. mit der 1VIethodik yon Landsteiner zu versuchen, denn auch bei der WaR. stand man vor dem bisher nicht erkl~rbarem Tatbestande, da~ die Sera mit lipoiden Stoffen in vitro reagieren, die nicht als antigene Faktoren bei der Syphilis funktionieren und die Produktion der Wassermann-Reagine veranlassen konnten. In ausgedehnten Versuchen wurde diese Frage- stellung yon H. Sachs und seinen Mitarbeitern bearbeitet.

Sachs, Klopstoe]~ und Weil gelang der Nachweis, dab die Entdeckung yon Landsteiner und Simms keinen Spezialfall bedeute, sondern da~ hier ein Gesetz yon allgemeiner Giiltigkeit aufgefunden worden war. Es lie{~ sich nachweisen, dal~ Organlipoide 1 verschiedenster Herkunft antigene Funktionen in vivo auszufiben vermSgen, vorausgesetzt, da~ man das Landsteinersche Kombinationsverfahren anwandte, d .h . die Lipoide vor der Injektion mit artfremdem Serum kombinierte. So vermochten Sacl~s, Klopstock und Weil beim Kaninchen kiinstlich eine positive WaR. durch intraven6se Inje]ctionen yon beliebigen Organ- lipoiden und Schweineserum zu erzeugen. Selbst wenn man anstat t Alkoholextrakten aus Organen artfremder Tiere homologe Organ- extrakte, d. h. Organextrakte aus Kaninchenorganen verwandte, konnte die WaR. beim Kaninchen erzeugt werden. So war es also gelungen, beim Kaninchen experimentell gegen die gleiche Art gerichtete Lipoidanti. kSrper, somit AutolipoidantilcSrper, zu erzeugen.

Sachs und seine Mitarbeiter legten sich nun die Frage vor, welche Stoffe wohl bei der syphilitischen Infektion das Auftreten der die WaR. vermittelnden Serum- bzw. Liquorbestandteile bewirken. Sie sagten sich, wie bei der kiinstlichen Immunisierung werde in dem pathologi-

1 Die Bezeichnungen ,,Organlipoide" anstatt ,,alkoholischer Organextrakte" und ,,LipoidantikSrper" anstatt ,:AntikSrper gegen alkoholisehe Organextrakte" sind nieht ganz einwandfrei. Wenn wir diese Bezeichnungen im folgenden viel- fach anwenden, so bedienen wir uns der derzeit ziemlich allgemein iiblichen Nomenklatur, verweisen jedoch auf unsere Ausfiihrungen auf S. 384ff.

Z. f. d. ges. Neut. u. Psych. 123. 24

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schen ProzeS ein EiweiSk6rper zusammen mit einem Lipoid die antigene Rolle spielen. Da das Experiment gelehrt hatte, daS der Eiweiflk6rper die Bedingung erfiillen muSte, art]remd zu sein, gelangten die Heidel- berger Forscher zu der Auffassung, dab der Eiweiflk6rper yon der Syphilis- spirochdite geliefert werde. Da andererseits das Lipoid nicht artfremd zu sein brauchte - - war es doch gelungen, beim Kaninchen mittels Kaninchenlipoid im Verein mit artfremden Serum die WaR. zu er- zeugen - - sehlossen sie, daS das Lipoid von dem Organismus des Menschen bzw. des Wirtstieres gelie]ert werde. Die Auffassung war somit kurz ge- sagt folgende: Die WaR. ist eine Antigen-AntikSrperreaktion. Als immunisierendes Antigen wirkt die Kombination Pallidaeiweifl ~- Organ- lipoid des in]izierten Organismus, als Bindungsantigen in vitro k6nnen beliebige Organlipoide der eigenen oder ]remder Tierarten dienen. Wie Sachs und A. Klopstock zeigten, konnte man im Experiment anstat t mit Organextrakten auch mit isolierten Lipoiden bei Anwendung des Landsteinerschen Kombinationsverfahrens immunisieren, und auf diesem Wege auch mehr oder weniger lipoidspezifische Antik6rper, solche gegen Lecithin und Cholesterin gewinnen.

Gegeniiber der Auffassung von Sachs und seiner Schule, bei der syphilitischen Infektion treten arteigene Lipoide, die der Organismus liefere, in Funktion, lies sich der Einwand erheben, es miisse zuni~chst die MSgliehkeit ausgeschlossen werden, daS die Spiroch/s pallida ebenso wie sie die EiweiSkomponente liefere, nicht auch die Lipoid- komponente liefere. Hier setzen die Arbeiten yon F. Klopstock ein, die zu dem Ergebnis fiihrten, dab tats/i.chlich die SyphilisspirocMiten Lipoide enthalten, also d4ese Vorbedingung erftillten. Immunisierte F. Klopstock mit gewaschenen Vollspiroch/~ten, die also Spiroch/~ten- eiweiS -4- Spiroch/itenlipoid enthielten, so traten im Serum der Kanin- chen LipoidantikSrper auf, die mit Pallidahpoid reagierten, gleichzeitig aber auch mit beliebigen, nichtdifferenzierten Organlipoiden, z. B. mit alkoholischen Rinderherzextrakten. Also schien hierdurch bewiesen, daft die Spirochaete pallida allein geniige, Wassermann-Antik6rper zu er- zeugen. Auch Landsteiner und van der Scheer vermochten durch Immu- nisierung mit abgetSteten Trypanosomen (Trypanosoma equiperdum) Kaninchen Wassermann-positiv zu machen.

Damit war man zu der ursprtinglichen Anschauung Wassermanns zuriickgekehrt, von der er ausging, als er eine Serodiagnostik der Sy- philis schaffen wollte, n/~mlich im Serum der Syphilitiker nach einem dureh die Spirochaete pallida erzeugten Antik6rper zu suchen. Es stand nun diese Auffassung von F. Klopstock der Auffassung der Sachs- schen Schule, die die WaR. als eine Autoantik6rperreaktion ansah, gegeniiber. Die Ergebnisse der Versuehe von F. Klopstork sprachen jedoch eine eindeutigere Sprache, und allm~hlich konzedierte die

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Sachssche Schule, die Dinge kSnnten sich auch so verhalten wie F. Klop- 8rock meine, wenn sie aueh ihre Auffassung v o n d e r Entstehung der WaR. hierdureh nicht als widerlegt ansahen. Landsteiner und van der Scheer ~uBerten sich dahin, die Auffassung von F. Klopstock, die die Entstehung der WaR. den Spiroch~ten allein zuschrieb, sei die nat/ir- lichere, zumal die Auffassung, die Spiroeh~ten h~tten eine besondere F~higkeit, Lipoide disponibel zu machen, nieht experimentell gesttitzt sei.

Aber nicht lange freute man sich dieses scheinbar gesicherten Be- sitzes. Der Berliner Spiroch~tenforscher Kro6 priifte die Versuche F. Klopstocks nach, erweiterte sie naeh versehiedenen Richtungen und kam zu anderen Ergebnissen. Zun~chst beobaehtete Kro6, der mit einem anderen Spiroch~tenstamm als F. Klopstoclc arbeitete, dab bei der Immunisierung yon Kaninehen mit gewasehenen Vollspiroch~ten spezifische LipoidantikSrper gegen Pallidalipoid auftraten, dab jedoch nur ein Teil der Kaninchen gleichzeitig Wassermann-positiv wurde. Als Kro6 dann nichtsyphilitische, Wassermann-negative Menschen mit abget6teten Pallidakulturen immunisierte, erhielt er spezi[ische Lipoid- antik6rper, ohne daft eine positive WAR., d. h. eine Reaktion der Sera mit cholesteriniertem l~inderherzextrakt sich entwiclcelte. Bei der Im- munisierung von Paralytikern mit abgetSteten Spiroch~ten traten gleichfalls spezifische Pallidalipoidreaktionen auf, ohne dab gleich- zeitig die zuvor schon positiv gewesene WaR. eine Steigerung erfuhr. Weiterhin machte Kro5 die interessante Beobaehtung, dab bei jenen Kaninchen, die nach Immunisierung mit Pallida Wassermann-positiv geworden waren, die WaR. durch Erhitzen der Sera auf 63 o versehwand, w~hrend die Pallidareaktion erhalten blieb. SchlieBlich stimmten die Ergebnisse von F. Klopstoclc und Kro6 aueh insofern nicht fiberein, als Klopstoc]c den al]coholischen Pallidaextrakt als ein ausgezeichnetes Wassermann-Antigen bei der Untersuchung von Syphilitikersera be- zeichnete, das sogar besonders bei der Frfihlues dem /ibliehen Rinder- herzantigen tiberlegen war, w~hrend der Pallidaextrakt von Kro5 im Wassermann-Versuch 8ich wenig bew~ihrte und nur bei einem Teil der F~lle positive l~eaktionen herausbraehte.

Naeh den Feststellungen von Kro5 declcte sich somit die Pallida- realction nicht mit der WAR., und Kro6 gab der Meinung Ausdruck, die beiden Reaktionen seien nicht identisch, die Pallidareaktion zeige einen anderen Serumzustand an als die WaR.

In eigenen Versuchen, die wir mit einer von Prof. Reiter uns freund- lichst /iberlassenen Spiroch~tenkultur R. 36 anstellten, kamen wir zu Ergebnissen, die mit den Er]ahrungen yon Kro5 i~bereinstimmten. Der Stamm wurde uns von Reiter in einem halbstarren Kaninchenserum- n~hrboden, dem Leberst/ickehen zugesetzt waren, iiberlassen. Es ge- lang uns dann aber, diesen Stamm auf einen vSllig fliissigen, von Gewebs-

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stiickchen [reien Ndhrboden zu fibertragen, ihn in Passagen fortzuzfichten und zu iippigem Wachstum zu bringen. Auch Kro6 hatte seine Spiro- ch~iten flit Immunisierungszwecke meist aus einem fliissigen N~hrboden gewonnen, der allerdings auf andere Weise hergestellt war wie der unsrige. Wenn es darauf ankommt, mit einem Kultursediment zu immunisieren, das ausschliefllieh aus Spiroch~ten besteht, kann man sich keiner N~hr- bSden bedienen, in denen sich Organstfickchen, besonders solche heterologer Art, befinden. Denn wenn man auch die grSBeren Partikel entfernt, enth~lt doch schliel~lieh das abzentrifugierte Sediment ein Gemisch yon Spiroch~iten und Gewebsbestandteilen, wodurch es erschwert wird, die Besehaffenheit der gewonnenen Antisera lediglich auf den Ein- fluB der Spiroch~ten zu beziehen. F. Klopstock hatte mit den fiblichen Kulturen, denen Organsttickchen zugesetzt waren, gearbeitet. Aller- dings hat er sich gegen den Einwand, daB seine Resultate durch N~hr- bodenbestandteile beeinflul~t sein kSnnten, dadurch zu sehiitzen ver- sucht, dab er Kaninchen mit nicht beimpften N~hrb5den spritzte. Die Sera solcher Kaninchen gaben keine Lipoidantisera. Immerhin w~re es trotz dieses negativen Ausfalls der Kontrollen denkbar, dab in beimpften N~hrbSden die Pallid~ - - die, wovon wit uns fiberzeugten, in die Gewebsstiiekchen einwachsen - - eine Ver~nderung der Organsubstrate herbeiffihren, die ihnen antigene Eigenschaften verleihen kSnnte.

Kaninchen, die wir intravenSs mit absolut reinen Vollspiroch~ten vom Stamm R. 36 injizierten, lieferten fast regelm~gig hochwirksame Antisera, die mit wenigen Ausnahmen ausschliefllich mit alkoholischen Pallidaextralcten reagierten, w~hrend sie sich gegeni~ber Wassermann- Antigen, auch gegeniiber cholesteriniertem Rinderherzextrakt, in der Regel negativ verhielten. Auch die Immunisierung von Ratten und Meerschweinchen mit dem gleichen Spiroch~tenstamm fiihrte zu reinen Pallidaantisera ohne ~]bergrei/en au[ Wassermann-Antigen.

Mit Pallidaextrakt als Antigen im Wassermannversuch maehten wir keine guten Erfahrungen. Je nach der Art der Extraktion, die wir anwandten, ergaben sich Extrakte verschiedener Wirksamkeit. Aber auch mit den wirksamsten Extrakten erhielten wit in einem nicht un- erheblichen Prozentsatz bei der Untersuchung yon Sera und Spinal- flfissigkeiten yon Syphilitikern bzw. Paralytikern negative Aussehl~ge, wo mit cholesterinierten Herzextrakten starke positive Reaktionen ein- traten. Daneben lieB aueh die Spezifit~t der Reaktionen gegeniiber den PaUidaextrakten h~ufig zu wiinschen iibrig. Somit kann wenigstens nach unseren Erfahrungen der Pallidaextrakt als brauchbares Wasser- mann-Antigen nieht mit einem geeigneten cholesterinierten t terzextrakt konkurrieren.

Es ergab sich also ein grunds(~tzlich gleichartiges Verhalten unseres Stammes und des Stammes, mit dem Kro6 zuniichst gearbeitet hatte. Da

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immerhin mit der M6glichkeit zu rechnen war, dab die Differenz zwischen den Ergebnissen yon F. Klopstock nicht auf technische Besonderbeiten bei der Preparation des Spiroch~tenmaterials zu beziehen sei, sondern mit Stammeseigentiimliehkeiten der von Klopstoclc verwendeten Kultur im Zusammenhang stehen kSnnte, wandten wir uns an F. Klopstock mit der Bitte, uns seinen Stamm ftir eigene Versuehe zu fiberlassen. Es stellte sich nun heraus, daft F. Klopstoclc mit dem n~mlichen Stamm R. 36 wie wir seine Versuehe angestellt hatte. Aus der jiingsten Ver6ffentlichung von Kro6 geht hervor, daft dieser Autor nunmehr neben seinem eigenen Stamm ebenfalls mit dem Stamm R. 36 Versuche anstellte und aueh mit diesem Stamm zu den gleicben Resultaten gelangte wie mit seinem eigenen Stamm, also zu l%esultaten, die mit den unsrigen tibereinstimmten. Beim Vergleich der beiden St~mme ergab sich Kro6 die beachtenswerte Erscheinung, daft die Antisera, die mit dem einen Stamm gewonnen wurden, nur mit der homologen Spiroch~tenart in Reaktion traten, daft aber weder das eine noch das andere Antiserum im Sinne der WaR. reagierte.

Bei dem gegenw~rtigen Stand der Forschung erscheint es also yon neuem zwei]elha/t, daft die WaR. als eine Pallidarea/ction au]zu]assen ist; zum mindesten zeigt sie nicht d ie Serumver~nderung an, die dureh die experimentelle Immunisierung mit Pallidae hervorgerufen wird. Dieser Zweifel scheint um so berechtigter auf Grund des Ergebnisses weiterer Versuehe, die wir anstellten. Wir versuehten bei syphili- tisehen Kaninchen und bei syphilitisehen Menschen, die sich gegen- fiber Pallidaextrakten negativ verhielten, eine Pallidareaktion hervor- zulocken. Wir gaben den Mensehen bzw. den Kaninchen, groI~e Dosen Salvarsan, um ein akutes Freiwerden gr6fterer Massen von Leibesbestand- teilen der Spiroch~ten zu bewirken in der ttoffnung, man wfirde viel- leicht wenigstens als vorfibergehendes Symptom Pallidareaktionen er- zielen kSnnen. Diese Versuche schlugen jedoeh ebenfalls fehl, die Pallidarealction blieb aus.

Kennzeichnend ffir die Vorg~nge bei der WaR. sind Bindungen, welche die als Antik6rper geltenden Serumbestandteile mit nicht diffe- renzierten Lipoiden eingehen, d .h . mit Lipoiden, die in pflanzlichen und tierischen Zellen und Geweben allgemein verbreitet sind und sich demgem~ft aus beliebigen Zellsubstraten durch Alkoholdxtraktion ge- winnen lassen. Der nieht differenzierte Charakter der WaR. findet besonders deutlich darin seinen Ausdruck, daft man durch Zusatz yon Cholesterin (H. Sachs) zu dem Wassermann-Extrakt, dessen antigene Wirkung in vitro erheblich steigern kann. Die verschiedenen, zur Gewinnung von Wassermann-Extrakten herangezogenen Organe diffe- rieren weitgehend in ihrer Eignung, brauchbare Wassermann-Extrakte zu liefern. Dies mag teils auf qualitativen und quantitat iven Besonder-

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heiten in der Gruppierung der lipoiden, nicht differenzierten Gewebs- anteile beruhen, teils in der Verschiedenheit der LSslichkeit der Zell- lipoide zu suchen sein, in Abh~ngigkeit vonder jeweiligen chemisehen Gesamtstruktur des zu extrahierenden Materials.

Wie erheblich auch die Alkoholextrakte verschiedener Herkunft in ihrem Gehalt an Bindungsantigen variieren, ist doch wohl nicht zu bezweifeln, dab grundsdtzlich jede Art von Zellmaterial, wenn die Alkohol- extraktion wirklich ersch6p/end durchge/iihrt wird, das nicht di//erenzierte Wassermann-Antigen zu lie/ern vermag. So ist gerade der serologisch unspezi/ische Charakter der WaR. die besondere Eigentiimlichkeit dieser klinisch in so hohem Grade fiir Syphilis charakteristischen Reaktion.

Die im Sinne der WaR. reagierenden Serumbestandteile scheinen Bindungen gegeniiber Lipoiden von organ- und artspezi/ischer Be- sonderheit nicht einzugehen.

So verhielten sich Wassermann-positive Syphilitiker gegenfiber Bandwurmlipoiden, mit denen die Bandwurmtr~iger spezifisch rea- gierten, negativ (Kurt Meyer). Mit Pallidalipoiden kSnnen Syphilitiker trotz starker WaR. negativ reagieren (Kro6).

Bei kiinstlicher Immunisierung mit Bandwurmextrakten (K. Meyer, H. Sachs und A. Klopstock), mit Pallidakulturen {Kro6), mit Hirn- suspensionen (Witebsky) entstehen mit den Lipoiden des Vorbehand- lungsmaterials spezifisch reagierende Antisera, die mit den ubiquit~r verbreiteten Lipoiden meist keine Bindung eingehen, also Wassermann- negativ erscheinen

Reagiert ein Serum, das Wassermann-positiv ist, indem es mit dem Lipoid des cholesterinierten Rinderherzextrakts Komplement bindet bzw. ausflockt, ebenfalls positiv mit einem Extrakt, der differenzierte Lipoide enth~lt, so wird man die Reaktionsf~higkeit gegeniiber einem solchen Extrakt in erster Linie auf dessen gleichzeitigen Gehalt an nicht differenziertem Lipoid beziehen diirfen. Gibt also eine gegentiber Herzextrakt positive K6rperfliissigkeit (Serum oder Liquor) auch einen positiven Aussehlag gegeniiber einem Extrakt aus Pallidakulturen, so braueht das keine Reaktion mit spezifischem 'Pallidalipoid zu sein, sondern ist wohl meist eine Reaktion mit den ubiquit~r verbreiteten und darum auch in dem Pallidaextrakt vorhandenen Lipoiden. Der Pallidaextrakt spielt in diesem Falle die serologisch unspezi/ische Rolle eines beliebigen Wassermann-Extrakts, und ebenso wie wir nicht annehmen kSnnen, dal~ mit einem Herzextrakt reagierende Serumsubstanzen ihre Existenz auf reaktive Vorg~nge zuriickfiihren kSnnen, die im Organismus durch Herzbestandteile antigenen Charakters ausgelSst werden, ebenso wird man eine gleichzeitige Reaktionsf~higkeit solcher Serumbestandteile gegeniiber Pallidaextrakt nicht als Folge einer serologischen Auseinander- setzung des Organismus mit Pallidalipoiden bezeichnen kSnnen.

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Serologie der Lipoide in ihrer Beziehung zur Syphilis und Metasyphilis. 375

Die weitere Forschung richtete sich nun darauf, festzustellen, ob auBer den Lipoiden aUgcmeiner Art, die sich mehr oder weniger in allen pflanzlichen und tierischen Geweben finden, auch Lipoide von organ- 8pezilischer Eigenart existieren, die nur gewissen Organen eigcn sind 1. Die ersten Untersuchungen in dieser Richtung wurden von den Wiener Autoren Brandt, Guth u n d MiiUer angestellt. Diese Autoren ge- wannen durch Alkoholextraktion Lipoide aus verschiedenen tierischen Organen, immunisierten, unter Anwendung des Landsteinerschen Kom- binationsverfahrens, indem sie also die durch die Alkoholextraktion gewonnenen Stoffe mit Schweineserum vor der Injektion zusammen- gaben, Kaninehen intravenSs und priiften die so gewonnenen Antisera im Komplementbindungsversuch gegeniiber verschiedenen alkoholischen Organextrakten. Es stellte sich heraus, dal~ eine deutliche Spezifit/it nur bei den mit H i m gespritzten Kaninchen gegeniiber H i m hervortrat , w/~hrend bei den mit Ext rak ten aus anderen Organen gespritzten Kanin- chen ein /~hnliches spezifisches Verhalten der Antisera nicht oder nur in sehr schwach angedeutetem Grade hervortrat . Aus diesem Befunde schlossen die Autoren, dal~ im Gegensatz zu anderen Organen das Gehirn durch das Vorhandensein organspezi/ischer lipoider Strukturen ausgezeichnet sei. Durch eine Reihe von Arbeiten aus dem Sachsschen Ins t i tu t wurde diese Feststellung eingehend untersucht und in verschie- dener Weise methodisch ausgebaut.

Es sind hier in erster Linie die Untersuchungsergebnisse von Weil, Heimann und Stein/eld, sowie Witebsky und Stein/eld zu nennen. Be- sonders eingehende und die Fragestellung von verschiedenen Seiten anfassende Untersuchungen wurden von Witebsky und Stein/eld vor- genommen. Die Forschungen der Sachsschen Schule ergaben im wesent- lichen folgendes: Dutch Immunisierung mit alkoholischen Gehirnex. trakten + art/remdem Serum lassen sich beim Kaninchen Antisera ge- winnen, die mit Hirnextrakten im Rahmen des Komplementbindungs- versuchs und mit den Flockungsmethoden in elektiver Weise reagieren. Wurde die Immunisierung mit Rinderhirn vorgenommen, so zeigten die Antisera gegeniiber Alkoholextrakten anderer Organe des Rindes, z .B . Leber, Niere usf. im allgemeinen ein negatives Verhalten, oder soweit auch mit solchen Organen sich ein positiver Ausschlag ergab, so war er doch quant i ta t iv so erheblich schw/~cher als der Ausschlag gegeniiber Hirnextrakten, dab an einem fiir das Gehirn spezifischen

1 Das yon K. Meyer studierte Bandwurmantigen sowie das Forssmannsche heterogenetische Antigen batten schon Hinweise auf das Vorkommen differen- zierter Antigene lipoiden Charakters gegeben, bevor die im engeren Sinne organ- spezifischen Lipoide, yon denen hier die Rede ist, aufgefunden und bevor tiber die Sonderstellung der Pallidalipoide die bereits erw/ihnten Feststellungen gemacht waren.

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Verhalten solcher I4irnantisera nicht gezweifelt werden konnte. Der in dem tIirnantiserum auf diese Art nachweisbare AntikSrper erwies seine Besonderheit als ein gegen Lipoid gerichteter AntikSrper durch seine Reaktionsf~higkeit in vitro gegenfiber alkoholischen Hirnextrakten Weiterhin ergab sich, dal~ nicht nur eine Reaktion bei Verwendung alkoholischer Extrakte der Tierarten, die fiir die Immunisierung heran- gezogen worden waren, also z. B. gegeniiber Rinderhirnextrakten nach der Immunisierung mit Rinderhirn zustande kam, sondern da[~ die mit Rinderhirn immunisierten Kaninchen in gleicher Weise wie mit Rinderhirnextrakten, mi$ Hirnextrakten jeder beliebigen Tierart, sowie mit Extrakten aus menschlichem Gehirn positiv reagierten. Es handelte sich somit um einen organspezi/ischen und nicht artspezi/ischen Hirn- antik6rper. Ja, es lieI~ sich sogar demonstrieren, dab die Reaktion mit deIn arteigenen Gehirn, also mit Kaninchengehirn, in gleicher Weise und meist in gleicher St~rke in Erscheinung trat, sei es, dal~ man bei der Immunisierung Kaninchenhirnextrakt oder irgendeinen anderen Hirnextrakt in Kombination mit artfremdem Serum in Anwendung brachte. Man konnte somit von dem Auftreten von Hirnautoanti- k6rpern sprechen. Witebsky und Stein]eld fiihrten auch Immunisierungen aus, indem sie anstatt alkoholischer Hirnextrakte wd/3rige Hirnsuspen- 8ionen anwandten, die sie vor der Einspritzung nicht mit artfremdem Serum kombinierten, in der Annahme, dal~ bei der Immunisierung yon Kaninchen mit einer heterologen w~iflrigen Hirnsuspension, z. B. einer solchen des Rindes, der artfremde EiweiBkSrper bereits mitgegeben wiirde. Auch bei dieser Methodilc wurden organ- und nicht artspezi/ische Hirnantisera gebildet, die in vitro sowohl gegentiber alkoholischen Hirn- extrakten wie gegentiber w~l~rigen Hirnsuspensionen in elektiver Weise reagierten. Die Reaktionsf~higkeit dieser Antisera gegentiber alkoho- lischen Hirnextrakten liel~ erkennen, daft auch hier LipoidantikSrper wahrscheinlicherweise neben EiweiBantikSrpern aufgetreten waren. Ebenso wie bei der Immunisierung mit dem Kombinationsprodukt Hirnlipoid ~ artfremdem Serum gewannen auch bei der Immunisierung mit w~l~rigen Hirnsuspensionen die Antisera die Eigenschaft, auch mit dem arteigenen Hirnlipoid, d. h. mit Kaninchenhirnlipoid, in Reaktion zu treten, vorausgesetzt, da~ die Immunisierung mit dem Gehirn einer heterologen Tierart vorgenommen worden war. Bei der Immunisierung yon Kaninchen mit w~rigen Kaninchenhirnsuspensionen blieb eine Antik6rperbildung aus, was nur so gedeutet werden konnte, da$ in dem Kaninchenhirn das fiir den Immunisierungseffekt notwendige art- fremde Eiweil~ nicht enthalten war.

In eigenen, gemeinsam mit Kassowitz durchgefiihrten Untersuchungen, habe ich die Versuche von Witebsky und Stein]eld nachgepriift und ihre Ergebnisse im wesentlichen bestdtigen kSnnen. Von 24 Kaninchen,

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die wir teils mit Rinderhirn, teils mit Rattenhirnsuspensionen intra- ven5s vorbehandelten, lieferten 17 den gegeniiber Him spezifischen und nicht artspezifischen LipoidantikSrper, der in gleicher Weise wie mit Rinder- bzw. Rattenhirn aueh quantitativ meist in ~hnlicher St~rke mit Kaninchenhirn reagierte. Auch unsere Kaninehen wurden dureh diese Vorbehandlung im allgemeinen nicht Wassermann-positiv, d.h. sie zeigten ein negatives Verhalten gegeniiber alkoholischen Rinder- herzextrakten und auch gegeniiber solchen, die durch Cholesterinzusatz verst~rkt waren.

Wir fiihrten diese Versuche auch aus bei einer Gruppe von Kanin- ehen, bei denen die Voraussetzungen fiir das Auftreten einer WaR. als besonders gfinstige angesehen werden mul~ten. Es waren syphilitische Kaninchen, die sieh im Stadium der Syphilislatenz befanden, bei denen die Syphilisimpfung 51/2--7 Monate zuriick lag und die bereits wieder negative WaR. darboten. Bei solchen Kaninchen besteht naturgem~l~ die Tendenz, durch Immunisierung mit Lipoiden einen Umschlag der WaR. ins Positive zu erfahren, wie denn auch bereits Stein/eld gezeigt hatte, dab syphilitisehe, Wassermann-negativ gewordene Kaninehen durch Immunisierung mit Lipoiden ubiquit~ren Charakters bei Ver- wendung des Landsteinersehen Kombinationsverfahrens rasch und in- tensiv wieder Wassermann-positiv wurden. Bei 6 syphilitischen, Wasser- mann-negativen Kaninchen, die wir in der iiblichen Weise intraven6s mit Hirnsuspensionen des Rindes bzw. der Ratte immunisierten, traten in gleicher Intensit~t wie bei normalen Kaninehen organspezi/ische HirnlipoidantilcSrper auf, ohne daft gleichzeitig eine positive WaR. sich wieder einstellte. So erwiesen also die spezifisehen Hirnlipoide auch unter solchen erschwerten Bedingungen ihre antigene Eigenart und ihre Dominanz gegeniiber nicht differenzierten Lipoiden, die natiirlich in den injizierten Hirnsuspensionen gleiehfalls vorhanden gewesen waren.

Bei der Immunisierung yon Kaninchen mit Gehirn bildeten sich also LipoidantikSrper aus, die die F~higleit hatten, mit spezifischen lipoiden Hirnstrukturen, aueh mit solchen der eigenen Art, Bindungen einzugehen, und somit auch den Charakter yon AutolipoidantikSrpern trugen.

Diese sehr interessante Feststellung, da{~ immunisatorisch beim Ka- ninchen organspezi/isehe Autohirnantik6rper ausgel6st werden kSnnen, fiihrte dazu, dal~ die Hypothese yon Weil und Braun yon der Ent- stehung der Paralyse dutch AutohirnantilcSrper wiederum yon neuem zur Diskussion gestellt wurde. Die Sachssche Sehule, insbesondere Witebsky, zeigte eine gewisse Geneigtheit, die ~tiologie der Paralyse bzw. den fortschreitenden Gewebszerfall bei der Paralyse in dem ge- dachten Sinne zu interpretieren, und auch Georgi hat neuerdings hierzu Stellung genommen, wenn auch in zuriiekhaltender Form.

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Es dtirfte nicht uninteressant sein, die Gedankeng/inge yon Well und Braun und deren Wandlungen kurz in Erinnerung zu rufen. Bereits im Jahre 1907, nachdem erst ein gahr nach der Bekanntgabe der Wassermannschen Reaktion verflossen war, iiullerten sich Well und Braun fiber die Rolle, die Autoantik6rper bei der Syphilis ftir das Zustandekommen der Wassermannschen Reaktion spielen. Es war das zu einer Zeit, als einige Feststellungen darauf hinwiesen, dab gelegent- lich in w/~Brige Extrakte aus normalen Organen, z. B. aus der Leber, Stoffe tiber- gingen, die, wenn auch in schw/~cherem Grade und in weniger spezifischen Weise, als es die w/~Brigen Extrakte aus kongenital-syphilitischen Organen zeigten, mit Syphihtikerseris reagierten. Zu jener Zeit wurde noch nicht an die M6glichkeit gedaeht, dab die Syphilitikersera ihre Reaktionsf/~higkeit im Sinne der Wasser- mannschen Reaktion Lipoidantik6rpern zu danken h/itten, sondern es kam fiir damalige Auffassung nur das Vorliegen yon EiweiBantik6rpern in l~rage. Oa Syphilitikersera nun gelegentlich auch mit EiweiBk6rpern aus nichtsyphilitischen Organen reagierten, also die Vorstellung, dab es sich um die Bindung eines mit der Syphilis in Beziehung stehenden EiweiBantigens mit seinem zugeh6rigen Anti- k6rper handle, zweifelhaft zu werden begann, wurde yon Well und Braun die Hypo- these aufgestellt, die Wassermann-Reagine seien Autoantik6rper, entstanden infolge yon bei dem syphilitischen Gewebszerfall frei werdenden, in die Zirkulation ge- langenden und dort antigene Wirkungen austibenden k6rpereigenen EiweiBk6rpern. Es sei somit eine durchaus unspezifische Reaktion, die nur als sekund/~re Folge syphilitischer Prozesse aufzufassen sei. Die Antik6rperproduktion k6nne lange Zeit im Gang gehalten werden, auch wenn die Syphilisspiroch/~ten den K6rper verlassen h/itten. Wie - - so argumentierten Well und Braun - - nach Ablauf eines Seharlachs eine chronische Nephritis jahrzehntelang fortdauern k6nne, so k6nnen auch nach Heilung der Syphilis Gewebsl/~sionen bestehen bleiben, die zur Abgabe von EiweiBk6rpern in das zirkulierende Blut fiihren. Diese EiweiBk6rper iiben antigene Wirkungen aus, erzeugen Antik6rper, die nun ihrerseits yon neuem EiweiBk6rper im Gewebe angreifen und zu erneutem Austritt antigener Substanzen ftihren, die nun darauf wiederum Antik6rper erzeugen usf. So wtirde ein Circulus vitiosus geschaffen, beruhend auf einer immer sich erneuernden Produktion yon Autoantik6rpern. Diese Vorstellung wurde yon den Autoren anfangs nicht ftir die Entstehung der Paralyse verwertet, vielmehr wurde ausdriicklich betont, der paralytische ProzeB sttinde nicht in Beziehung zu solchen Vorg/~ngen, was die Autoren mit der spgter rektifizierten Meinung begrtindeten, die Wassermann- K6rper im Liquor bei der Paralyse entstammten nicht dem Nervensystem, sondern treten aus dem Blut tiber. Nach 2 Jahren, im Jahre 1909, ~uBerten sich die Autoren noeh einmal tiber diesen Gegenstand. Inzwischen war der lipoide Charakter der in den Wassermann-Extrakten reagierenden Substanzen naehgewiesen worden sowie die Eignung beliebiger nieht syphilitiseher Organe, reagierende Stoffe in alkoho- lische Ausziige iibergehenzulassen. Nunmehr wurde ausdriicklich, im Gegensatz zu der ersten Publikation, von Well und Braun die Genese der Paralyse auf die Wirkung von Autoantik6rpern zuriickgeftihrt. Aus dem Gehirn treten antigene Substanzen, vielleicht EiweiBlipoidverbindungen aus, die zur Produktion von Antik6rpern ftihren. Die sieh immer wieder neu bildenden Antik6rper unterhalten eine St6rung des Lipoidstoffwechsels im Gehirn, die die Mobilisierung von Antigen fortdauernd aufrecht erhalte. Die Progredienz der Paralyse stehe mit diesem progredienten Gewebszerfall in Beziehung, dieser sei der im Vordergrund stehende krankhafte ProzeB. Spirochgten spielen, naeh Ansicht yon Well und Braun, zu jenem Zeitpunkt keine Rolle mehr ftir das pathologisehe Geschehen. Im Jahre 1921 hat Well noch einmal seine Auffassung gegentiber Wassermann betont, von dem er irrigerweise annahm, er sei zu der gleichen Auffassung gelangt, ohne die Priorit/it yon Well und Braun deutlieh genug betont zu haben.

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In Wirkliehkeit hat Wassermann immer an dem Standpunkt fest- gehalten, dab bei der Entstehung der im Wassermannschen Versuch reagierenden Blut- und Liquorstoffe Spirochiitenbestandteile in irgend- einer Form beteiligt seien. Auch eine AutoantikSrperproduktion bei der Paralyse kSnne nicht in Betracht gezogen werden, ohne dab man Spiroch~tenbestandteile im Aufbau des Antigens in Rechnung stelle.

Es war nun schon Witebslcy und Stein]eld aufgefallen, dab mit Hirn- immunisierte Kaninehen, in deren Blut gegen arteigene Hirnlipoide ge- richtete AntikSrper zirkulierten, hiervon keinen Schaden zu erleiden schienen. Sie erkl~rten sich das in der Weise, dab infolge der Blut- Liquor-Schranke den HirnantilcSrpern der Zutritt zu dem Gehirn versperrt sei, und dab die AntikSrper infolgedessen keine Gelegenheit h~tten, mit Hirnlipoiden in Verbindung zu treten und den Lipoidstoffwechsel des Nervensystems zu beeintr~chtigen.

Mit hochwirksamen, yon uns hergestellten Hirnantiseris, deren Reaktion auch mit Kaninchenhirnlipoid eine sehr weitgehende war, versuchten wir festzustellen, ob bei Umgehung der Blut-Liquor-Schranke durch subdurale InjeIction eine Reaktion seitens des Nervensystems aus- zulSsen ware. Zu einem giinstigen Immunisierungstermin, als der Titer eine genfigende HShe erreicht hatte, wurden die Antisera entnommen und inaktiviert. Da damit gerechnet werden konnte, dab vielleicht die injizierten HirnantikSrper von Lipoiden des lebenden Gehirns ge- bunden wfirden, dab aber eine klinisch erkennbare Wirkung ausbliebe, wenn nicht nach erfolgter Bindung Komplement mit seinen ferment- artigen Wirkungen sich an den Komplex verankere, wurde gleichzeitig Komplement suboccipital einverleibt. Teils wurde aktives Kaninchen- serum zu diesem Zwecke verwendet, teils aktives Meerschweinchen- serum, wobei man im letzteren Falle noch die Bedingung des Vor- handenseins eines artfremden EiweiBkSrpers erfiillte. Etwa durch die Antik5rperwirkung frei gewordenen Lipoide h~tten also die MSglichkeit gehabt, Verbindungen mit einem artfremden EiweiBantikSrper einzu- gehen und dadurch die Bedingung im Sinne Landsteiners, sich zu einem Vollantigen zu komplettieren, zu erffillen.

Die Tiere wurden im Abstand von 3--4 Tagen suboceipital injiziert und ihnen jeweils 10 Injektionen verabreicht. Durch den meningealen Reiz entwickelten sich, besonders bei der Kaninchengruppe, die in Form von Meerschweinchenserum gleichzeitig artfremdes Material er- halten hatte, Liquorver~nderungen in Gestalt von zum Teil erheblicher Zell- und EiweiBvermehrung. Die Tiere erschienen abet wiihrend der Injelctionsperiode und auch bei der Nachbeobachtung nicht lcranlcha]t ver- iindert. Einzelne Tiere fraBen zeitweise nicht, fingen aber sehr bald wieder an zu fressen, so dab auch kein nennenswerter Gewichtsverlust eintrat. Nur ein Kaninchen zeigte nach der 8. Injektion, nachdem die

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vorhergehenden Injektionen anstandslos vertragen worden waren, kurzdauernde KrEmpfe, die sich bei der 9. und 10. Injektion wieder. holten, aber keine Folgeerseheinungen zurficklieBen. Bei mehrmonatiger Nachkontrolle wiederholten sich die An/iille nicht, und es traten weder bei diesem Tiere noch bei den symptomlos gebliebenen Kaninchen irgend welche Reiz- oder Aus]aUserscheinungen au/, die au/ eine Beein]lussung des Nervensystems herren hinweisen kSnnen.

Wenn die Voraussetzung zutraf, dab die injizierten Hirnlipoid- antik6rper Bindungen mit Hirnlipoiden eingehen und bei diesem Vor- gange Hirnlipoide mobilisiert wtirden und in die Zirkulation gerieten, were es zu erwarten gewesen, dab Hirnlipoide im Liquor oder im Serum oder in beiden K6rperflfissigkeiten serologisch nachweisbar wfirden. Demgem~B priiften wir im Komplementbindungsversueh Blut und Liquor der Kaninchen gegenfiber Hirnantiseris. Das Ergebnis war ein vSllig negatives. In gleicher Weise negativ verliefen die Versuche, im Blut und Liquor der suboceipital immunisierten Kaninchen Lipoid- antikSrper nachzuweisen.

Es ergab sieh somit weder klinisch noch serologisch ein Anhaltspunkt /i~r die Annahme, daft die in ndchster N~he des Gehirns deponierten Hirn- antik6rper mit dem lebenden Hirngewebe in Reaktion getreten wdren. Das Ergebnis unserer Versuche gibt zum mindesten keine Stfitze ffir die Annahme, da~ sich beim paralytischen KrankheitsprozeI~ VorgEnge abspielen, bei denen durch die Wirkung von HirnantikSrpern der paralytische Krankheitsprozel3 in Gang gebracht bzw. unterhalten wtirde.

Bei der yon uns gewEhlten Versuchsanordnung war die erste Voraus- setzung, die ffir eine MSglichkeit yon HirnantikSrperwirkungen zu fordern war, erfiillt, indem wirklich nachweisbaren, mit dem Kaninchen- him in vitro reagierenden HirnantikSrpern durch Einbringen in den Liquorraum Gelegenheit gegeben wurde, mit dem Kaninchengehirn in Beziehung zu treten.

Vergleichen wir demgegenfiber die yon Weil und Braun aufgestellte AntikSrperhypothese ffir die Entstehung der Paralyse, so werden wir in erster Linie zu prfifen haben, ob bei der Paralyse i~berhaupt ein Beweis da/i~r erbracht ist, daft Hirnantik6rper entstehen.

Georgi und Fischer haben den Nachweis fiir das Vorhandensein yon HirnantikSrpern im Blut und Liquor bei Neurolues zu fiihren versucht. Ihre Beweisffihrung grfindet sich in erster Linie auf die ReaktionsfEhig- keit der KSrperflfissigkeiten der Neuroluetiker mit alkoholoschen Hirn- extrakten. Wie bereits mehrfach erw~hnt, kann man durch Alkohol- extraktion aus beliebigen Organen des Menschen und der Tierreihe Lipoide gewinnen, die als Antigen im Wassermann-Versuch Verwen- dung finden und mit Syphilitikersera positive Reaktion geben kSnnen.

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Unterschiede bestehen jedoch in der Richtung, dal] gewisse Organe solche Lipoide leicht an den Alkohol abgeben, andere schwerer, und dab infolgedessen gewisse Gewebe, z .B. Herzmuskelfieisch, zur Ge- ~dnnung yon Wassermann-Antigen geeigneter sind als andere Organe. Als eine wenig wirksame Antigenquelle wurde schon friihzeitig das Gehirn erkannt.

Durch ein besonderes Extraktionsverfahren ist es dann Georgi und Fischer gelungen, aus dem Gehirn reichliche Mengen von Lipoiden frei zu machen, so dab solcherart hergestellte Hirnextrakte als Wassermann- Antigen brauchbar wurden. Es sind das die von Georgi und Fischer als Acetonrestextrakte bezeichneten Hirnextrakte. Bei ihrer Gewinnung wird das Gehirn zuerst mit Aeeton extrahiert und der ungel6st gebliebene Rest weiterhin mit Alkohol ausgezogen. Es muB nun als wenig wahrscheinlich angesehen werden, dab eine positive WaR. gegeniiber solchen Hirnextrakten etwas anderes bedeutet als eine WAR., die man bei der Benutzung yon anderen Organextrakten, z.B. yon Rinderherz- extrakt, als Antigen erh~ilt. Wir wissen aus den Untersuchungen von Sachs und seinen Mitarbeitern, dab gerade die spezi/ischen Hirnlipoide sehr leicht extrahierbar sind und dab sie bereits ohne Alkoholextraktion in w~Briger Suspension ihre antigenen Wirkungen sowohl in vivo wie in vitro entfalten. Wenn also die Extraktion des Gehirns durch Alkohol keine geniigende Menge yon reaktionsfi~higen Lipoiden liefert und erst ein versch/irftes Extraktionsverfahren in ausreichendem Mal]e Lipoide frei macht, so dab brauchbares Wassermann-Antigen entsteht, so scheint mir gerade dieses Verhalten dafiir zu sprechen, dab die Lipoide, die dann im Wassermann-Versueh bzw. im Flockungsversuch reagieren, keine spezifische Pr/~gung tragen, sondern zu den ubiquit~r verbreiteten Wassermannlipoiden zu rechnen sind. Diese Anschauung wird gestiitzt durch die Erfahrung Georgis, dab die Aceton-Alkoholextraktion auch aus anderen Organen - - Herz und Leber - - , verglichen mit den einfachen Alkoholextrakten, erh6ht wirksame Wassermann-Extrakte liefert. Mit anderen Worten, das Gehirn geh6rt zu den Organen, die undifferen- zierte Lipoide nur durch besondere MaBnahmen beim Extraktionsver- fahren in ausreichendem MaBe abgeben. Wenn somit der spezi/ische Charakter der au/ diese Art reaktions/dhig gewordenen Lipoide des Hirn- extrakts so wenig wahrscheinlich ist, so wird man nicht schlieflen k6nnen, daft eine positive Reaktion, die ein solcher Extrakt mit dem Blut bzw. Liquor eines Neuroluetikers zeigt, etwas /iir das Vorhandensein yon Ge- hirnantik6rpern besagt. Auch das Absorptionsveffahren, das Georgi in Anwendung brachte, um Organlipoidantik6rper verschiedener Pro- venienz voneinander abzutrennen, kann bei der Versuchsanordnung, auf die man hierbei angewiesen ist, nur schwer zu eindeutigen Ergeb- nissen ftihren.

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Unsere eigenen Untersuchungen mit Acetonrestextrakten aus mensehlicher I-Iirnrinde bei Paralyse und Hirnsyphilis konnten uns nicht yon einer ~berlegenheit dieser Extrakte im Vergleich zu cholesteri- nierten Rinderherzextrakten iiberzeugen. Sowohl im Serum wie im Liquor hatten wir sogar bei der Paralyse einen nicht unerheblichen Prozentsatz yon Versagern. Nicht einmal davon konnten wir uns iiber- zeugen, dab ttirnextrakte dieser Art vergleiehsweise starker mit dem Liquor als mit dem Serum reagierten. Wohl sahen auch wir bisweilen ein derartiges Verhalten, wie es zuerst von Stein/eld beobachtet wurde, dab etwa ein Paralytikerliquor mit Hirnextrakt ausgesprochen positiv reagierte, w~hrend das zugehSrige Serum negativ herauskam. Aber wir sahen aueh das Umgekehrte, stark positive Serumreaktion bci negativem Verhalten des Liquors des gleiehen Kranken, w~hrend die gleiehzeitige Prtifung mit cholesterinierten Herzextrakten in beiden Medien stark positive Reaktion ergab. Wenn eine positive Reaktiou gegeniiber Hinrextrakten den RiickschluB auf das Vorhandensein von I-Iirnantik6rpern und weiterhin auf das Vorliegen einer Gehirnerkran- kung gestatten sollte, dann miiBten bei gr6Beren Untersuchungsreihen sehr erhebliehe Differenzen zwisehen dem Verhalten der Luetiker mit Beteiligung und denen ohne Beteiligung des Zentralnervensystems hervortreten. Nach den eigenen Untersuchungen yon Georgi haben sieh solche Unterschiede jedoch nur in bescheidenem MaBe ergeben. Die Sera yon F~llen der Breslauer Hautklinik, die keine Kompli. kation seitens des Zentralnervensystems boten, verhielten sich nach den Mitteilungen yon Georgi ebenfalls in einem groBen Prozentsatz gehirnpositiv, so daB sich nur eine Differenz yon 10% zugunsten der h;euroluesf~lle ergab. Diese Differenz ist so gering, daB man sieh schwer wird entschlieflen kSnnen, einen hirnspezi/ischen Charakter der gegen- iiber Gehirnextrakten eintretenden WaR. anzuerkennen.

Abad]e//, der die Extraktion von Gehirnen noch erseh6pfender ge- staltete - - aufeinanderfolgende Extraktion des getrockneten Organs mittels Aeeton, ~ther, Alkohol - - erhielt mit seinen Hirnextrakten bei Paralyse im Liquor und Serum mit der WaR. meist iibereinstimmende Resultate, aber es reagierten auch von 47 Luetikersera, die keine An- zeiehen eines nerv6sen luetischen Prozesses darboten, 29 mit Hirnex- trakten positiv. Abadje//lehnt die Reaktion gegeniiber Hirnextrakten als eine auf HirnantikSrpern beruhende Reaktion ab.

H~tten sich wenigstens quantitative Untersehiede derart ergeben, dab Wassermann-positive Liquores und Sera bei ausgesprochener Neuro- lues h~ufig noch in Verdiinnungen mit Hirnextrakten reagierten, bei denen sie gegeniiber Herzextrakten versagten, so h~ttte ein solches Ver- halten schlieBlich noch einen Hinweis auf eine hirnspezifische Reaktions- weise geben kSnnen. Unsere eigenen Untersuchungen bei hirnpositiven

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Liquores haben in keinem Falle ein solehes Verhalten erkennen lassen. Da auch Georgi niehts Gegenteiliges erw/s daft man wohl annehmen, daft er selbst bei seinen gleichzeitig Wassermann-positiven und hirn- positiven Luetikern im allgemeinen solche Beobachtungen nicht hat machen kSnnen. Eine positive WaR. wird eben dadurch, daft sie auch mit Hirnextrakten eintritt, nicht zu einer hirnspezi]ischen Reaktion. Weit beweisender wiirden positive Ausschli~ge gegeniiber Hirnextrakten mit Wassermann-negativen Sera und Liquores von Hirnkranken nicht- syphilitischer ~4"tiologie sein. Georgi beriehtet fiber einige Beobach- tungen dieser Art. Unter einem Material von 1242 Sera fanden sich 7 Sera, unter einem Material von 634 Liquores 5 Liquores, bei denen eine Komplikation mit Syphilis nicht vorzuliegen sehien, die WaR. im engeren Sinne negativ war, mit Hirnextrakten ]edoch positiv ausfiel. Es handelte sieh um F~lle von Encephalitis, Meningitis und Spindelzellensarkom des Rfickenmarks. Leider wird nicht mit- geteilt, wie groft gegenfiber dieser kleinen Zahl mit positivem Ver- halten die Gesamtzahl der organischen, nichtluetischen ~%rvenkranken war, die mit Hirnextrakten untersucht ein negatives Verhalten boten. Wit haben bei verschiedenartigen nerv~sen Prozessen, Meningitis, Hirn- tumoren, Encephalitis, multipler Sklerose und anderen niemals eine positive Reaktion seitens eines Serums oder eines Liquors gegeni~ber Him. extrakten eintreten sehen. Die kleine Zahl positiver Befunde stellt wohl aueh in dem Georgisehen Material eine Ausnahme von der Regel dar, die zun~chst weitgehende Schluftfolgerungen nicht erl~uben diirfte. Weitere Untersuchungen in dieser Richtung w~ren von grofter Wiehtigkeit.

Wie wenig es angezeigt ist, aus einer mit Hirnextrakten eintretenden positiven Serumreaktion einen Hirnabbau abzuleiten, zeigten uns noch folgende Beobachtungen: Fdlle yon GonorrhSe, die mit Malaria therapiert wurden und vor der Impfung mit Herz- und mit Gehirnextrakten negativ reagierten, gewannen wi~hrend des Fieberverlau]s ein sowohl gegeniiber Herzextrakten als auch gegeniiber Hirnextrakten positives Ver- halten, das naeh Coupierung der Malaria wieder verschwand. Es w/~re absurd, anzunehmen, daft hier der positive Ausschlag gegenfiber Hirn- extrakten auf eine infolge eines transitorischen Hirnprozesses ent- standene Produktion von GehirnantikSrpern zurfiekzuffibren ist.

Das gleiehe Ph/~nomen vorfibergehender positiver Bindungsreaktion wurde von uns einige Male bei Malaria-Gonorrhgikern gegenfiber Pallida- extrakten beobachtet. Hier wie dort kann die Reaktion nicht auf die in den Extrakten vorhandenen spezifischen Lipoidquoten bezogen werden, denn die Impfmalaria kann weder HirnantikSrper bei hirngesunden GonorrhSikern noch PallidaantikSrper bei syphilisfreien GonorrhOikern. hervorrufen. Beiderlei Extrakte ]ungieren bier als banales Wassermann-

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Antigen auf Grund ihres Gehaltes an nicht differenzierten Lipoiden, die sie neben den spezifischen Lipoiden aufweisen.

Au/ diese Weise Id[3t sich das Vorhandensein von Gehirnantilc6rpern bei Gehirnkranken, deren Existenzm6glichlceit nicht bestritten werden soil, nicht is beweisen.

In diesem Zusammenhang sei erws dal~ WitebsIcy die Ansicht vertritt, Him und Spirochs hs ein gemeinsames materielles Substrat, das vielleicht in die Gruppe der Cholesterine gehSre. Er schlie6t dies u.a. daraus, dab Spirochs auch mit Hirn- extrakten, Hirnantisera auch mit Spiroch~tenextrakten reagierten, dab im Spirochs Cholesterinantik6rper nachweisbar wurden und dab die Reaktionsf~higkeit yon Hirnantisera gegenfiber Spiroch~ten- extrakten hs parallel mit ihrer Reaktionsf~higkeit gegeniiber cholesteriniertem Rinderherzextrakten ging. Witebslcy beobachtete weiterhin, dab Zusatz yon Cholesterin zu Hirnextrakten bei gleich- zeitiger Anwendung der Ks die Reaktionsf~higkeit yon Liquores steigerte, und dab die K~ltetechnik auch die Reaktions- f~higkeit yon Liquores gegeniiber cholesterinierten Herzextrakten gtinstig beeinflu6te. Es sind dies Feststellungen, die wohl einer ver- schiedenen Erkl~rung zug~nglich sind, nicht nur der, dab sie ffir das Vorhandensein yon HirnantikSrpern im Liquor der Neuroluetiker sprechen. Man lcann sonach wohl sagen, daft kein schliissiger Beweis da/iir erbracht wurde, daft bei der Paralyse oder der Lues cerebrospinalis Gehirn- antik6rper entstehen und in den K6rper/liissigkeiten nachzuweisen sind.

Es hat sich zu einer Gepflogenheit herausgebildet, Alkoholextrakte aus Organen mit Organlipoiden gleichzusetzen und in entsprechender Weise Serumvers die bei der Immunisierung mit Organ- extrakten zutage treten und Bindungsphs gegeniiber Organ- extrakten in vitro erkennen lassen, auf Lipoidantik6rper zurfickzu- ffihren. Man mu6 sich jedoch dessen bewuBt bleiben, dab diese Be- zeichnungen nur mit gewissen Einschrdnlcungen zu Recht bestehen. Ein alkoholiseher Extrakt aus einem Organ stellt Iceines/alls eine reine Lipoid. 16sung dar, da in den Alkohol au{~er den eigentlichen Lipoiden, auch Fette, Fettss organische Basen und ein Tell der Kohlehydrate iibergehen. AuBerdem kann ein alkoholischer Organextrakt, selbst wenn er aus vSllig trockenem Ausgangsmaterial mit absolutem Alkohol ge- wonnen wurde, noch geringe Mengen yon EiweiBkSrpern enthalten. Die bekannten EiweiBkSrper sind zwar alle in absoluten Alkohol un- 15slich, abet hier handelt es sich nicht um die LSslichkeit in reinem Alkohol, sondern in einer alkoholischen LSsung yon Fetten, Lipoiden, Salzen usw., und wir wissen, dab die LSslichkeit yon Proteinen in Alkohol und anderen LSsungsmitteln durch die Gegenwart yon Salzen

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Serologic der Lipoide in ihrer Beziehung zur Syphilis und Metasyphilis. 385

Basen usw. stark beeinfluf~t wird. f~ber den Einfluf~ von Lipoiden auf die L6sliehkeit yon Eiweil~k6rpern liegen keine genaucn Untersuehungen vor, es ist jedoch wahrscheinlich, da[~ auch Lipoide die L6slichkeit von Proteinen erh6hen kSnnen. Die Menge der EiweiBkSrper, die in einen alkoholischen Extrakt mSglicherweise iibergehen k6nnen, diirfte unserer Erfahrung nach allerdings /~ul~erst gering sein, da alkoholisehe Organ extrakte die gebr/mchlichen Eiweif3reaktionen nicht geben. Die Be. zeichnung ,,LipoidantikSrper" ist gewifl nicht einwand]rei. Wenn man abet darunter AntikSrper gegen alkoholische Extrakte im Gegensatz zu Eiwei6antikSrpern versteht, so erseheint das gerechtfertigt, zumal es quantitativ kaum vorstellbar ist, dal~ geringe Spuren yon Eiweil] im Extrakt die starken ,,Lipoidantik6rperreaktionen" bedingen kSnnen.

Zwischen den aus Organen gewonnenen Alkoholextrakten und solchen aus Mikroorganismen haben sich ira Tierexperiment Unter- schiede ergeben. W/~hrend es bisher nicht gelungen ist, ohne Anwendung des Landsteinerschen Kombinationsverfahrens, d .h. ohne Zusatz von artfremdem Serum, mit Organextraktcn bei Kaninchen Lipoidanti- kSrper zu gewinnen, liegen eine Anzahl von Beobaehtungen vor, aus denen hervorgeht, dal~ Bakterienextrakte allein ohne Eiwei[3schlepper zu LipoidantikSrperbildung /iihren k6nnen. K. Meyer hat dies zuerst mit Tuberkelbacillenlipoiden, Bouquet und Ndgre haben es ebenfalls mit alkoholischen Extrakten aus Tuberkelbacillen und auf~erdem mit solchen aus Diphtheriebacillen, s~urefesten Saprophyten und Subtilis- bacillen erreicht. Neuerdings sind aueh Dienes und seine Mitarbeiter, F. Klopstock sowie A. Klopstock und Witebsky zu/ihnlichen Ergebnissen gekommen. Aus den Versuchen yon A. Klopstock und Witebsky geht hervor, daf~ Kaninchenantisera, die mit Tuberkelbaeillenextrakten ohne Schlepper gewonnen wurden, auf~er mit Tuberkelbacillenextrakten auch mit Herz- bzw. cholcsterinierten Herzextrakten und auch mit Lecithin. 15sungen reagieren. Weiterhin fiihrten Injektionen von alkoholischen Extrakten yon X 19 Bacillen bei Kaninchen zu Antisera, die mit X 19 Extrakten sowie mit cholesterinierten Herzextrakten reagierten. Die Immunisierung mit Bakterien erzeugte somit bei Kaninchen positive WaR.

Mit Pallidaextrakten ohne Eiwei[3schlepper konnte im Gegensatz zu Bakterienextrakten F. Klopstoek keine eindeutige LipoidantikSrper. bitdung erzielen, w/~hrend Witebsky auf diesem Wege spezifische Pallida- lipoidantisera erhielt, die jedoch keinen hohen Titer erreichten, ver- glichen mit den Antiseris, die dieser Autor bei der Immunisierung mittels Pallidalipoid q- artfremdem Serum gewann. Nach Witebsky steht der alkoholische Spiroch/itenextrakt in Beziehung auf seine im- munisatorisehe Funktion zwischen den alkoholischen Bakterienextrak- ten und den alkoholischen Organextrakten. Die Ergebnisse yon Witebsky sind allerdings mit den Pallidakultursedimenten yon F. Klopstoclr

Z, f. d, g. Neur. u. Psych. 123. 25

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gewonnen, die sich in ihrem immunisatorischen Verhalten von den Kultur- sedimenten unterscheiden, mit denen Kro6 und auch wir selbst ge- arbeitet haben.

Die Verschiedenheit in der antigenen Funktion yon Organextrakten einerseits und Bakterienextrakten andererseits legt die Annahme nahe, dab in letzteren sich Stoffe unbekannter Art finden, die die antigene Funktion der Lipoide unterstiitzen, w~hrend sie in den ersteren F~llen fehlen.

Am ehesten w~re es denkbar, zu einem Verst~ndnis fiber die anti- genen Faktoren in den Extrakten aus tierischem und pflanzlichem Zellmaterial zu gelangen, wenn man aul~er mit Lipoiden in Form yon Alkoholextrakten Erfahrungen mit reinen Lipoiden sammeln wfirde. Versuche in dieser Richtung sind gemacht worden, haben aber bislang noeh zu keinem vSllig befriedigenden Ergebnis geffihrt.

Sachs und A. Klopstock immunisierten Kaninchen mit Lecithin der Firma Merck, mit Lecithin der Firma Boehringer und mit Cholesterin der Firma Kahlbaum in Kombination mit Schweineserum. Die Sera der mit Lecithin Merck behandelten Tiere reagierten positiv sowohl mit dem Lecithin Merck als mit dem Lecithin Boehringer wie auch mit dem Cholesterinprgparat. Die Autoren schlieBen aus diescm Ergebnis, da~ das Lecithin Merck gleiehzeitig Cholesterin enthalten habc. Die mit dem Boehringerschen Lecithin immunisiertcn Tiere reagierten mit beiden Lecithinpr~paraten positiv, jedoch negativ mit Cholesterin. Die mit Cholesterin behandelten Kaninchen reagierten positiv mit Chole- sterin, hingegen negativ mit beiden Lecithinarten. Die Versuche wurden so gedeutet, dab sowohl Lecithin wie Cholesterin mit einer Schlepper- substanz imstande ist, spezifische, gegen die Ausgangssubstanz gerichtete Lipoidantik6rper zu erzeugen.

Levene, Landsteiner und van der Scheer vermochten jedoch mit selbst hergestelltem Lecithin aus Ei, Gehirn und mit Hydrolecithin aus Ei, kombiniert mit Schweineserum beim Kaninchen keine Lipoid- antikSrper zu erzeugen. Ein einziges Eilecithinantiserum reagierte mit dem Merckschen Lecithin, aber auch mit Cholesterin, obwohl in dem injizierten Lecithin kein Cholesterin vorhanden gewesen war. Die Autoren erSrterten im Hinblick auf ihre Resultate verschiedene Er- kl~rungsmSglichkeiten: entweder sei die Propuktion yon AntikSrpern gegen Lecithin yon besonderen physikalisch-chemischen Bedingungen der injizierten Emulsion oder yon der Anwcsenheit yon Hilfsstoffen in den Lecithinpr~paraten abh~ngig. Man miisse auch daran denken, da{~ die antigene Substanz gar nieht das Lecithin sei, sondern eine andere Substanz, die sich in den Lecithinpr~paraten findet.

F. Klopstock hat untersucht, inwiewcit Lipoide an und /iir sich ohne art]remdes Eiweifl beim Kaninchen zu Antik6rpern fiihren. Mit einem synthetischen Lecithin erhielt er keine positiven Resultate. Die Vor-

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behandlung mit einem synthetischen Kephalin fiihrte zu Lipoidanti- kSrpern, die jedoch nicht vornehmlich gegen das Kephalin gerichtet waren; die Kaninchen wurden vielmehr Wassermann-positiv und ihre Sera reagierten starker mit Wassermann-Antigen als mit Kephalin. Mit bestrahltem und unbestrahltem Ergosterin ]iel3en sieh keine Anti- k6rper erzielen. Intraven6se Milchinjektionen machten die Kaninchen Wassermann-positiv, ohne dai] eine iiberlegene Reaktionsf~higkeit gegen Milchlipoide eintrat. Von besonderem Interesse ist es, dal~ es F. Klop- stock gelang, mit Eiweil3spaltprodukten, und zwar mit Polypeptiden sowie mit Casein und Edestin nach tryptischer Verdauung bei Ka- ninchen eine positive WaR. zu erzielen. F. Klopstock folgert aus seinen Ergebnissen: ,,Lipoidverbindungen fiihren bei ihrer parenteralen Ein- verleibung, soweit sie nicht als Aufbausubstanzen Verwendung finden oder unzerlegt den K6rper wieder verlassen, zur Bildung yon Reaktions- produkten, welehe dem Serum eine Affinit~t zu Lipoiden geben. Die M6glichkeit der Ausl6sung einer derartigen Serumalteration auch dureh Injektion yon Eiweil~spaltprodukten spricht dafiir, dal3 jene ehemi- schen Gruppen, die an die Fetts~ureradikalen und hSheren Alkohole gekettet sind, bei ihrer Bildung die mal~gebliche Rolle spielen. Diese Reaktionsprodukte stellen wahrscheinlieh mit den Serumeiweil3teilchen in Reaktion tretende und ihren Umbau bedingende Verbindungen dar."

Die vieldeutigen und einer einheitlichen Erkl~rung vorl~ufig nicht zug~nglichen Versuchsergebnisse sind nicht geeignet, ein klares Bild von den Bedingungen zu geben, die fiir die antigene Funktion yon Lipoiden mal3gebend sind.

Eine besondere Schwierigkeit liegt in dem Umstand, dal3 alle ex- perimentellen Ergebnisse, die mit Organextrakten erzielt wurden und im Sinne einer Lipoidantik6rpererzeugung sprechen, an einer einzigen Tierart, ngmlich dem Kaninchen, erhoben worden sind. Das Kaninchen neigt nun schon normalerweise zu ,,lipophilen" Reaktionen. Man weiB seit langem, dal3 ein gewisser Prozentsatz normaler Kaninehen Wasser- mann-positiv reagiert. Man w~hlt natiirlieh fiir die Versuche zum Studium der Lipoidantik6rperbildung Wassermann-negative Kaninchen aus, aber auch solche Kaninchen sind durch Eingriffe der verschieden- sten Art umstimmbar, so dal3 sie wenigstens mit den ubiquit~r verbrei- teten Lipoiden in Reaktion zu treten vermSgen. Versuche, die darauf abzielen, beim Kaninchen spezifisch eingestellte LipoidantikSrper zu erzielen, haben nur dann eine Beweiskraft, wenn spezifische positive Resultate nicht gleichzeitig mit einer allgemeinen Lipoidreaktion im Sinne der WaR. einhergehen. Mit Linsenextrakten, ttirnextrakten und Pallidaextrakten liel3en sich h~ufig spezifische Lipoidantisera erzielen, ohne da[t eine WaR. auftrat. Im tibrigen haben die Kaninchenversuehe widerspruchsvolle Ergebnisse gebraeht, bei denen sine klare Beurteilung,

25*

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ob die Ergebnisse fiber die allgemeine~,,lipophile" Umstimmung hinaus- gehen, ungemein schwierig ist.

Das MiBtrauen dem Kaninchen gegenfiber als Versuchstier zum Studium der antigenen Eigenschaften der Organlipoide ist zum Teil berechtigt. Denn es ist bisher nicht gelungen - - wenigstens nicht mit Organextrakten - - bei einem anderen Versuchstier und auch nicht beim Menschen Lipoidantisera zu gewinnen.

Versuche mittels der kombinierten Organextrakt-Serum-Immuni- sierung (wie es Sachs, Klopstoclc und Weil beim Kaninchen gelungen war), beim Menschen positive WaR. hervorzurufen, ffihrten zu negativen Resultaten (Hecht und Schubert, Martin, Frei und Griinmandel, 2'Srtig). Auch mit parenteraler Einverleibung von Milch gelang es beim Menschen nicht, Lipoidantik5rper zu erzeugen, w~hrend Kaninchen nach Vor- behandlung mit Milch positive WaR. gewinnen (~'. Klopstoclc).

Auch bei Meerschweinchen und Ratten vermochten wir nicht, Lipoid- antilc6rper zu erzeugen, und zwar weder mit w~l~rigen Hirnsuspensionen noch mit Hirnextrakten bzw. Rinderherzextrakten kombiniert mit Schweineserum 1. Allerdings sind die Immunisierungsversuche am Menschen intramuskul~r, unsere Immunisierungen an Meerschweinchen und Ratten, wenn auch nicht intravenSs, so doch intraperitoneal ge- macht worden. Sachs, Klopstoclc und Well haben gegenfiber dem Mil~- lingen der Lipoidantik6rpererzeugung beim Menschen darauf hin- gewiesen, dab neben der Dosierung die intramuskul~re Applikation, die hier angewandt wurde, an dem Ausbleiben yon Lipoidantik6rpern Sehuld sein kSnnte, und da~ diese Versuche deshalb nieht in Parallele gesetzt werden k6nnten zu ihren intravenSs ausgefiihrten Lipoidimmuni- sierungen beim Kaninehen. Der Einwand, dab nur die Resultate intra- ven6ser Injektionen bei mensehlichen Individuen oder solehen anderer Tierarten in Vergleich zu den Resultaten intravenSser Immunisierung bei Kaninchen gesetzt werden kSnnen, w~re somit auch gegenfiber unseren Meerschweinchen und Rattenversuchen geltend zu maehen. Jedoch hat Henning intrakardial Meerschweinchen mit Meersehwein- chennierenlipoid H-Schweineserum gespritzt, ebenfalls mit negativem Resultat. Andererseits scheint es beim Kaninchen keinen grunds~tz- lichen Unterschied zu maehen, ob man intravenSs oder intraperitoneal injiziert, wie bereits aus den Untersuehungen yon Landsteiner und Simms hervorgeht, die bei Kaninehen sowohl intravenSs wie intra- peritoneal gegen heterogenetisches Antigen (Extrakte aus Pferdeniere mit Zusatz yon Schweineserum) Lipoidantik6rper zu erzeugen ver-

1 Auch Benoit und Aurich gelang es nicht, Ratten durch intraperitoneale Injektionen mit Rattennierenextrakt + Schweineserum Wassermann-positiv zu machen, wahrend sie den heterogenetischen AntikSrper bei Ratten zu erzeugen vermochten (Z. Immun.forschg 53, 541, 1927).

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Serologie der Lipoide in ihrer Beziehung zur Syphilis und Metasyphilis. 389

mochten. Auch konnte van der Scheer mit Schweineherzsuspensionen intraperitoneal bei Kaninchen Antisera hervorrufen, die Flockungs- reaktionen mit Organextrakten gaben. Danach scheint die Applikations- weise - - intravenSs oder intraperitoneal - - doeh wohl nicht yon aus- schlaggebender Bedeutung /iir den lmmunisierungse//ekt zu sein.

Der Einwand, das Mil~lingen der Lipoidimmunisierung mittels Organ- extrakten beim Menschen sei auf eine Unterdosierung zurtickzufiihren, mag zu Recht bestehen, da bei der Immunisierung yon Kaninchen im allgemeinen weit grSi~ere Antigenmengen im Verh~ltnis zum KSrper- gewicht einverleibt wurden. Jedoch ist es nicht ang~ngig, das Aus- bleiben von LipoidantikSrpern bei der Immunisierung von Rat ten und Meersehweinchen mit einer Unterdosierung in Beziehung zu bringen, denn wit injizierten den Meerschweinchen intraperitoneal die doppelten Mengen yon Organsuspensionen bzw. die gleichen Mengen von Organ- extrakten wie den Kaninchen (3 ccm Suspension [gegeniiber 1,5 ccm Suspension bei Kaninchen], 3 ccm eingedampften Herz- bzw. Hirn- extrakt zusammen mit je 3 ccm 10proz. Schweineserum). Die Anzahl der Injektionen betrug 10--12. Es wurde also - - absolut genommen - - die gleiche bis doppelte Gesamtdosis Antigen in der gleichen Zahl von Wiederholungen Meerschweinchen eingespritzt wie bei unseren Ka- ninchenversuehen. Obwohl also bei Meerschweinchen, auf das KSrper- gewicht berechnet, mit weir hgheren Antigendosen gearbeitet wurde, t raten niemals Lipoidantik6rper auf, w~hrend diese Dosen bei Kanin- chen eine so ausgesprochene immunisatorische Wirkung ausiibten. Das gleiche gilt /iir die Ratten, die 1 cem Hirnsuspension bzw. 0,5 ccm ein- gedampften Ext rak t kombiniert mit Schweineserum als Einzeldosis in Serien von 12 Injektionen erhielten.

W~hrend also Meerschweinchen und Rat ten durch Behandlung mit Organextrakten nicht zur LipoidantikSrperbildung anzuregen sind, fiihren bei diesen Tieren, wie wir feststellen konnten, Injektioneu mit Pallidakulturen zu Antisera, die mit alkoholischen Palhdaextrakten spezifisch reagieren. Der PallidaimmunkSrper dokumentiert sich sonach durch Bindung an Pallidalipoid in vitro als LipoidantikSrper. Auch der Mensch ist, wie schon zuvor Kro6 und seine Mitarbeiter zeigten, f~hig, durch Pallidaimmunisierung im Serum Eigenschaften im Sinne einer Reaktionsf~higkeit gegeniiber Pallidaextrakten zu entwickeln. Man kann daher nicht sagen, daft die Kaninchen die einzige Lipoidantik6rperbildende Tierart sind ; die Sonderstellung des Kaninchens bezieht sich anscheinend vor allem auf sein Verhalten bei der Immunisierung mit Organextrakten.

Wir sind damit beschitftigt, gemeinsam mit unserer chemischen Abteilung (Dr. Irvine Page), die die Lipoidforschung des Hirns zur Zeit als Hauptaufgabe betreibt, zu untersuehen, welehe Lipoidgruppen fiir die Erzeugung der positiven WaR. geeignet sind und weiterhin ob

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390 F. Plaut: Serologic der Lipoide in ihrer Beziehung zur Syphilis.

s ich b e s o a d e r e aus d e m G e h i r n g e w o n n e n e G r u p p e n als A n t i g e n e f i i r

die P r o d u k t i o n des spez i f i schen H i r n a n t i k 5 r p e r s i m T i e r v e r s u c h er-

m i t t e l n lassen. G le i chze i t ig l au fen U n t e r s u c h u n g e n an Syphi l i s sp i ro -

c h a t e n u m das spezi f i sche a lkohol lSs l iche P a l l i d a a n t i g e n h e r a u s z u f i n d e n .

Es i s t d e n k b a r , dad es bei e i n e m so lchen a n a l y t i s c h e n V o r g e h e n

ge l ing t , in i r g e n d e i n e r R i c h t u n g die Verh~I tn i s se zu k l~ren , die gegen-

w ~ r t i g n o c h so sehr u n d u r c h s i c h t i g s ind.

Das l e t z t e Ziel i s t na t i i r l i ch , das W e s e n de r W a R . bei de r m e n s c h -

l i chen Syphi l i s a u f z u k l ~ r e n u n d au f die F r a g e d c r G e h i r n a n t i k S r p e r -

b i l d u n g b e i m M e n s c h e n e ine e i n d e u t i g e A n t w o r t zu f inden .

E s he iBt gewil~ n i c h t , die F o r t s c h r i t t e , die die F o r s c h u n g in d e r

t ~ i c h t u n g auf diese Zie le in d e n l e t z t e n J a h r e n g e m a c h t ha t , u n t e r -

sch~ tzen , w e n n m a n auf die U n v o l l k o m m e n h e i t des b i she r E r r e i c h t e n

h inwe i s t . Die b io log i schen Vorg~inge, m i t d e n e n w i r e s h ie r zu t u n

h a b e n , s ind ~ul]ers t k o m p l i z i e r t u n d im g a n z e n n o c h zu u n g e k l ~ r t , als

da{~ sie uns schon in die P a t h o l o g i c de r m e n s c h l i c h e n Syph i l i s u n d ins-

be sonde re in die m e n s c h l i c h e G e h i r n p a t h o l o g i e E i n b l i c k g e w ~ h r e n kSnnen .

L i t e r a t u r v e r z e i c h n i s .

Abadje//, Z. Immun.forschg 54, 507 (1927/28). - - Boquet, A. et N~gre, C. r. Soc. Biol. Paris 80, 581, 653 u. 717 (1922) - - Ann. Inst. Pasteur 38, 787 (1924). - - Brandt, R., H. Guth und R. Mi~ller, Klin. Wschr. 1926, Nr 15, 655; Nr 49, 2311.

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