schwineköper, berent _ der handschuh im recht, amterwesen, brauch und volksglauben

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NEUE DEUTSCHE FORSCHUNGEN ABT. TV IITTELALTERL IC HE GESC HICHTE IN VERBINDUNG MIT ALBERT BRACKMANN, HERl\B.NN HEIMPEL, ROBERT HOLTZMANN, THEODOR MAYER, FRITZ RORIG, PERCY ERNST SCHRAMM HERAUSGEGEBEN VON FRIEDRICH BAETHGEN B AN D 5 J UNK E RUN DD ü NN HAU PT VER LA G / B E R LI N n, DER HANDSCHUH IM RECHT ,ÄMTERWESE N ,BRAUCH UND VOLI(SGLAUBEN VON BERENT SCHWI NEIZÖPER EI NER EIN F üHRU NG, DIE ERFORSCHUNG DER MITTELALTERLICHEN svxnor.s, WEGE UND METHODEN VON PERC Y ERNST S CHRAr.lM 1938 JUNKER UND DüNNHAUPT VERLAG / / " '?- c -..; (' ,.... \'

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Page 1: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

NEUEDEUTSCHE FORSCHUNGENABT. TVIITTELALTERLICHE GESCHICHTE

IN VERBINDUNG MIT

ALBERT BRACKMANN, HERl\B.NN HEIMPEL,

ROBERT HOLTZMANN, THEODOR MAYER, FRITZ RORIG,

PERCY ERNST SCHRAMM

HERAUSGEGEBEN VON

FRIEDRICH BAETHGEN

B AN D 5

J UNK E RUN D D ü N N HAU PT VER LA G / B E R LI N

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DER HANDSCHUHIM RECHT,ÄMTERWESEN,BRAUCH

UND VOLI(SGLAUBEN

VON

BERENT SCHWINEIZÖPER

~IIT EI NER EINFüHRU NG,

DIE ERFORSCHUNG DER MITTELALTERLICHEN svxnor.s,WEGE UND METHODEN

VON

PERC Y ERNST S CHRAr.lM

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Page 2: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

NEUE DEUTSCHE FORSCHUNGENHERAUSGEGEBEN VON HANS R. G. GÜNTHER UND ERl e H ROTHACKER

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Page 3: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

ALLE RECHTE VORBEHALTEN

COPYRIGHT 1938 BY JUNKER UND DüN NE AUPT VERLAG, BERLIN

PRI NTED IN GER l\fA~':'

D 7

DRUCK: TRILTSCH & HUTEER, BERLIN 0 17

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E in f ~ h r ung :

DIE E RF ORSC HUNG DER MI TTELALTERLICHEN SY1iBOLE,

WE GE UND METHODEN

von

P crcy Erns t Schramm

Di e f olgend e St ud ie will eine n Beitrag lief ern zur Geschich ted er Symh ole im Mitte la lte r . Sie wen de t <ich also eine m Ge bie tezu , das im Laufe der let;)ten Men sch enalt er unt er sehr ve rschi e­den en Gesich tspunk te n betra chtet wor de n ist .

Da is t zu nä chst einmal - um nur di e wichtigs ten Mögli chkei.t en zu n en nen - eine Gr upp e vo n F orschern, di e die Urs prüngeder mitt elaI terli chen Symbo le üb er die Antik e bi s in die Kosmol ogieund Mythen des alte n Orients zur ückzuve rf olge n su ch te : di e s to ff ­re ichen , alle rd ings locker gef ügte n und von verschied enen Sei tenau s angreifbaren Schrif te n des vers tor be ne n F ra n z K am p er ssin d für sie bez eichnend.

Eine Sonde rstellung nimmt n eb en ihm K 0 n r a d Bur d a c hein. de nn seine Richtung wa r wenige r einseit ig, sei n Ge sichtskreiswei t er, se in Spürsinn für Zusammenhänge sich erer. Seine F or­schungen find en ihre Grenz e je doch darin, daß die Scheide zwi sch enLit er atur und ges chicht lich em Leb en sich zu seh r ver wischt e.

Von diesen Forschern hebt sich scharf K ar I v o n Ami ra ab,von dessen Arb eit en h ier vor all em di e b er ühmte Abhandlung überdas St ab symbol zu nennen ist; denn sie zeichnet sich nicht nur durchdi e s tr a ffe Ver arb eil ang eines ersta u nlich reich en Ma t er ials aus,so n dern verm ag tro1;S einzeln er Ergän zungen , de re n sie h eute be­d arf, durch die methodische Behandlung des Th emas DOch immerstar ke Anregung aus zus t rahlen . Di eser große K enner des germa­ni sch en und bes onders de s deutschen Rechts suchte in sei ner Studied arzul egen , daß viel e Sonderformen des Stabes sich ers t im Laufeder J ahrhunderte ausgeb ildet hätten, ab er do ch als Abl eitungen

Page 4: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

VI E inführuo g E in füb ru ng VII

:JU S äl te ren Gru n df ormen zu ver st eh en seien. Diese füh rt e er wi e­de r u m auf n och äl tere zunick, so daß er mi t seine n Schlussen bisin di e vorsch rif t ii che Zeit zuru ckgelang t e. D u rch das ge r m anisch eAlt ertu m hindurch gla llh te er sogar noch ä lt ere St u fen der Eut­w ickluu g e r k ennen zu k önn en . Dabei kam ihm zu H ilfe, dnß e rse in Probl em verk n i.i pft mit R cligiollsgesdlidlt l' lind V olk sk uu tlesah; denn vo n di esen Gebie ten aus ersch lo ß sidl ihm das Ver­

ständnis der früh esten Ph asen in der Ges chidlt e de s Sta bes, inden en der Zauber seine R olle spielt.

Es war die Tradition Ja c ob Grimm s , die Amir a for tbil ­det e. Sie gi lt auch h eut e jen en al s Verpflichtung, den en dara n liegt.an der Geschich t e der Sym bole di e Kontinuität der germ ani sclicn

Kultu r aufzu de cken. Auf das organ isciie R eifen also, da s sicli aud en Srh icks a len der Symb ole abl esen läßt, ist ihr Blick ger ichtc t ;was sich im Laufe der Jah r hn n der te an ihnen gewan delt hat ode r

aus and eren Kulturb er eirh cn entlehnt word en ist , rückt dah interin den Sch at te n . Mit solch er Sicht hab en z. B . H er be r t 1\'1 e y e r

die F ahn e, das Rol andsbil d, den H ochstuhl und 0 t t 0 H ö f I e r diebiindischen Bräu che sowie den Spe er unt ersu cht .

Dam it ist die C eschich te der Symbol e, di e bei F. Kam p e r 5

unter da s Motto "ex oricn te symliolum" gestellt war, wi eder zuunserem eigen en Anli egen gernadlt. Während er ge zwungen wa r,immer wi ede r von Mä r und Traum zu sp r echen, weil sich se in eFestst cllungeu nicht zu gr eifbare m L eben verdichten wollten , sp ü­r en wir wi e einst sch on J accb G r i m m hint er den Symbolen di eendlo sen Ge schle ch te rre ihen un serer Vorfo h r en, di e sie durch di e

Geschich te weiterreichten.

Wir dürfen dabei nicht stehen bl eiben. Unter demselben Ge­

f>ichtswink elmuß auch di e Symbolik der anderen Völker gemustertwerd en. Auch hier wird sieh hinter allem Wandel , hinter all en

Entlehnungen eine Kontinuität zeige n, die in d er ge istigen Ei gen ­art der einze lne n Völker bedingt ist - idl b erufe mich dafiir a ufden VI)ß mir untersuchten Unterschied zwi schen der deutscher; unrl

der fra nzösischen H errs ...haftssymbolik, der tro~ all er Verwand t­schaften und Entspremungen b esteht. Was d ie Kunst- und Lit era­turgeschichte mit 80 gr oß em Erfolg versucht, wird auch di e Symbol­

geschichte vermögen: di e geistige, im tiefsten Grunde unveränder­lich ~ E igen art der verschiedenen Völker, aufzudeck en. Ja sie wird

sch lie ß lich jenen Gebieten DOch üb erlegen sein, weil sie in no chältere Ge schi chtspe r iode n wird zurückdringen und so schließ lieh

~

:f

1

A u f' sclih issc für di e Gcist es;:cschichte der ei uze lnen Rass en wirf!

b ie ten k önnen.

Ein Gebie t li egt also vor um offen , das neu durchack er t

werde n mu ß. De n n die Zeu gnisse un d Überres te sind noch lange

uimt au sreichen d gesam mclt ; und eine Fü lle vo n neu en Fr Rgc:­s te ll ungen tau cht auf. Mi t Recht r uft da her O. H o e f I e r d azu

auf, di e einz elnen Symbole in Son ders tuu ien zu b eha nd eln .' )

All erdings mu ß m an sich darü ber k ls r sei n, daß es ~ ich lHU

eine müh sel ige Arbeit hand elt , denn n ur aus einer umfass end enK enntnis der Üh er rest e und d er Qu ell en zeugni sse heraus k an n di c

F orschun g zu neu en Ergebnissen ge la ng en. Di e ja au ch au f and erenG ebieten ;e [lflegt e, ab er au f dem de r Sym bo lf orschu ng ansch ei­

n en d lJeson der :; beli cbte Meth od e, die vo n den Vorgängern ansLi cht gezog ene n Bcl r- ge n eu zu verbräm en , rriityt n icht vi el. N oehwe ni jn-r hr ing t das vorschn ell e Verknüpfen der Zeu gn isse und ihregew altsame A usde u tung ein _ . sch ou sei t dem Mitt el alter ist es

Ja so, ,bß Phantast en und Sp in tisiere r sich ge r n mit dem A us legendcr Symbo le abg f'.he n . Ge rad e weil es auf die sem Ge bie te so lei chtis t zu k om b in ie re n und m eist so schwer, die Unr ichti gk eit n achzu­

wei sen, ist Kr itik und m eth od isch es Arb eit en hie r noch m ehr VOll

N öt en als so ns t.

Versuch e ieb. das Erforrlerlich e in R egeln zu f ass en , so k ornme

ich auf folgende 5 e c 11 s F 0 r d e r u n g en: S o n d e r u n g d erZ eu gn i ss e n a ch ih r er H erkunft , s t r e nge S ch e i­

dung d er Läncle~ s owi e d er Jahrhund erte, B e­achtung d es Wand els n eb en d er K o n t inuit ät,

Trennung d er Symbol e v o n G ebild en ä h n l ic he r ,

aber d o ch a n d e re r Art, k e in e isoli er cnd e B e-

I) S. 19 Aum . 1 in sein em Vortrag : D as germ an ische K ontinuitätsproblem.

i ll Hist or. Zeit schrift 157, 1937 S. 1-26 (au ch ge so n de r t in den Sch r if ten des

R eichsin;t it lllS für Gesch icht e des neuen D eutsclli a nds; Ha rnbu rg 193 7) _ Di eser

Aufsa\l leidet d ar an , daß d er V erf asser d as Schrifttum außerba lb se in es Fa eh­geb ie ts , d er ge rma n ische n Altertumsk und e, nur unzu rei chend k ennt und dah er

e in falsch es B ild V O ll der geltend en M ein ung ze ich ne t. Au ch en tsp ri ch t sei ne

Methode ni cht d cn Ford erun gen, di e im F ol gen d en a u fge s te lt t wer de n ; d a durch

tritt u . 3. ni cht h er aus , w as d ie V er sclim el zun g vo n Spe er symb ol und Reli qu ie.

auf d ie ich d eshalb noch zu r ückko m me, bed eut et. Ga nz überseh en ist es auch.. a u f

"W el chem We ge die Hl. L au zc wiede r I nvestitu rsYlI'bol d es Deutsch en Kö ni gs

gewo rd e n ist . s. P . E. S e h r a m m, Di e K röllun g in Deutschland. in der Z ei t ·

sch r i f t für R echlS geschicht e 55 Ka no n. Ab t. 24 , 19 3:> S . 285 ff.

Page 5: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

VIII Ei" fü [, ru []g E in füh r u ng IX

t r a c h tun f;, k I a r c B c g r i f f s bi 1dun g. Idl muß gc n<l uc:rau sfi ihren , wa s ich d amit im ei nze lnen m c i nc :

1. D ie e r ste Forderullg wie derho lt ei ne Allt agsr egel jeder so li d cu

F orschun g", aher sie m uß er ne u t vorgeb ra cht werden; d en n es li egt

nur nll zu n ah e, m öglich st a lle gesammel te n B el c ~ e dUSZ \lu uße n uu d

darül'fT aus dem Au~e zu ver li ereu, Ja ß sie ei ne g3112 ver schieden e

Aussagek ra ft besin cn. K ein R echt shist oriker wird die C eschiehr e

einer R edltsinstitution all ein auf Grund d er Geseß e sch re i be n,

son d ern sich b emüh en, m öglichst vie le e inschlä~ige Ur ku nde n zu

ver einigen , um an ihnen zu st udieren , ob und wi e sie im prakti­

sch en L eben geh andh abt word en ist. Keiu Kirdl euhistoriker wird

K on zilsh f'sdd usse, k an onistisclie Sammlungen un d th co logi sch­scholastische Traktate auf eine Ebene rü cken , und k ein em p oliri­

schen H istoriker wir d es ank ommen, die B eridlte der E pen um!

R oman e ohn e weit eres für di e Schilderung etwa der Ritterzeit aus­

zu n i i t}Cll . Alle diese ve rschie de nen Arten cl er Aufz ei chnungen eu t­

halten nun ab er au ch Angab en üb er Symbole, und dah er tril'fr.

man si e in buntem Dur chein an up.r, da s alle l.:nt ers chiede der Zeu g­

niskraft aus lösch t, in den Alllllerkun~en sym bolgesch id ü liche r

Studi en vereimgt. Phantastisch e Erfindungen ei ne s Dichters, d ie

ein er üb erh öhenden Sch einwelt angehö re n. hergesucht e D eutungeIl

ein es vorn praktiscilen L eb en abgeso n de r te n lIIöndlcs oUer eines

mit WIssen überlad enen Gelehrt en, ;; c lc~r n t l i che E infälle ein es

Gcscllichtsschreib crs oder auch n ur die ve r worrene Kunu e, die zu

ihm dr ang, - s ie all e finde :t man Le~üUt, als ob es sich in jedem

Fall e um vollwertige Belege h and elt . N atürlich haben auch di e

Zeu gmsse, di e nicht ohn e weiteres zu bcn ug en sind, ihren Wert,

und wie sie zu b eh andeln sin d, ge h ör t zum Handwerk der Erfor ­

sch ung des i'llitt elalt ns und nat ür lich auch der Studien auf dem

Gebiet d er Sym!J 0lfors d1ung, die ihre B el ege unter diesen G e­

sichtspunkten garn icht scharf ge n ug sondern kann. Denn sonst

wird sie ni e zu sch arfen Bildern komm en : die Ausübung und ers t

recht di e Ausdeutung ein es sy m bolischen Brauches ist - was d ic

luristen- IeidH vergessen - ja ni e kanonisiert worden, und d eshalb

hat es neb en de m üblichen Brauch und der üblichen Sinngehun g

immer no di Sonderpraktiken und Sondermeinungen gege ben , dieerst in zweiter R eih e zn berücksichtigen sind. Den Vorr ang muß

di e Symbolik d er K änigshalle, der Volksversammlung , des Marktes .der Gerichtsstub e h ab en, kurzum, die "vita sym bolica activa"w er si e f ass en will, muß eb en se ine Zeugnisse dan ach sich ten ,

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2. Daß man die Un te rs chie de der Zeit en und Länd er zu be ­

a m te n hat , kö nn te gle ichfa lls a ls eine selbst verständli che und des­

h alb nicht e r wähne nswer te F ord erun g e [-smeine n . Un d d och muß

sie auf d em Ge bie t d er Symb olforsel1Ung n eu ges te llt we r de n . D enn

in ihr wirkt noch imm er die vcrgl eidl end e Betr achtun g n ach, d ic

- vo r allem durch Ja m es Fra z er - ein ma l eine sta r k an t rei­

h end e und den Blick sch arf' end e Anregung ges pe nde t h at, ab er

d och die Gef ahr heran ffiih rte, d aß schließ lid l all es mit allem ve r­

w an d t schien. W er ge naue r zusie h t, wird imm er festst ell en musseu,

d aß ge r ade di e ange bl iche n " A nalog ie n" und .,Parall el en" wieder

U n ters m ie de au fdecke n, in d en en si ch vers ch ie de ne D enk- und

V er h al lungsw eisen abzeichn en - a lso ge r ade das, w as UD S h eute

wesentlich an d en Symbol en d ü nkt. Es ist deshalb im mer wi ed er

zu f ordern , d aß Lü cken n ur mit gr öß te r Behutsamkeit du r ch Belege

au s ei ne m N achb ar bereich ausge fü ll t w erd en . Eb enso kön ne n Ver­

bindungsl in ien zwischen zwei durch laugere Zeit ge t re nn te n Z eug­

nissen n i cht ohne w eiteres gezogen w er de n, da immer di e Mö ;l ich­

k ei t im Auge zu b ehalten ist, daß ein symbo lisclier Brauch üb er­

no mmen , d an n wie der fall en gel assen und schließ li ch no ch einmal

neu em pfa ng en wurd e.

Di e Zeiten d er vergleich enden Forschung im alten Sin ne sin d

ab gel aufen . V erglei chen, um das Ungle. iclie, das Besondere, da s

nur an eine m Volke Haftende aufzuspüren, bleibt uns ere Aufgab e.

D ab ei zeig t sich , daß von ei ner ganz ande re n Seite aus de r Blick

von den Untersmied en zw isch en d en Zeiten ab gelenkt wird : wer

von der Volkskunde si~:h der Symbolgeschichte n äh ert, muß ja unter

d em E indruck des Beh arre ns st eh en, d en ihm sein Mat erial immer

wied er aufd r ängt. Ab er so erstaunl ich es auch se in mag, wi e ur­

a ltes Kulturgut noch im Alltag unser er Zeit aufged eckt wer deu

k ann, ist doch bei all en Sy mbolen immer in Rechnung zu stell en,

d aß de r Wandel d es R echtslebens sie mitz errt und vi elfach dabei

ändert. Das gilt in ganz b esonderem M aß e für di e Herrschafts­

sym b o lik , di e st ändig d em Strome der Ce schiehre ausgesetzt ist

und d eshalb den Stemp el ihrer verschieden en Phasen trägt. Das

geschichtlich e Leb en erfaßt eben di e B ereich e d es m cnsch.licheu

Daseins in ga nz verschiedenem Maße: während die einen beharren,

durchmessen di e and eren eine schnelle Entwicklung. und während

das ei ne Symb ol n och Sp uren uralter H erkunft trägt, hat d as andere

scho n län gst Fo rm und B edeutung ah gewandel t - wer sich mit

Page 6: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

x Einfüh run g Ei nfü h rung XI

einem so lchen b es chäftigt, wir d dem in se ine r Method e R eclmun f!;

tr agen müssen.

,). Da du rch erg ib t sich di e dri t tc F orderung, di e bei syrnbo l­

gesch idl tlidle n F or schu ngen zu er he ben ist : die einze lne n \V3\1(1 ­

lunz sstuf cu mü ssen ge na u ges d l ieuen werd en. Gerade wer sein

Al:g;'llm erk au f di e K ontinu it ät r icht et , mu ß ers t einma l fest st ell en.

weid", Andc rung cn der F orm, der Aus legung , der Vcr we ndu ug

u sw. i,n Laufe ei er J ahrhund ert e vorgen ommen wo r dcn sin d - _.

Ami r a s Abh andlun g übe r d en Stab bl ei bt dafür ein mustergült iges

Beivpicl . Hi er ist an eine m B eispi el offengel egt , wa s berei ts in

] <I k 0 b G r i m m s Rechtsalterthüm ern im überw ältigend en R ei ch­

tum der Belege h eraustritt : das Mittelalt er ist ni cht nur Er be und

Vermittl er, son dern es h at im Ge is t der ihm üb erkomm en en Erb­

schaft sel bs t Sym bo le ges chaff en, h at sie umgewand elt und um ge­

de u te t, hat sie in S onclerformen zerl egt und zu neu en zus ammen­

gefügt. Di ese Sclraffenskraf t des Mittelalt er s muß man sich d eutlich

ge m acht hab en , b evor m an aus mi tte la lt er lich en Z eu gnissen au f

ä lte r e Ze i te n zurückschli eßt. Und wer sich in diesen Prozeß ein­

mal vertieft hat, wird in sich auch ei ne n Sinn geschult h ab en, um

Ererbt es u n d Neuges chaffenes zu sch eid en und dab ei in n e ge wo l·

den se in, ddß das Wesentl ime der K ontinuität ge r ade darin best eht,

d aß d ie Kraft, Symb ole zu schaffen und zu niityen , nicht er lischt ,

sondern b is in ein e W elt hin ein wach bl eibt, die si ch der Ren ai o·

sance, oem Humani smus, der mod ern en Wisscnsdlaft zuwend et.

4 . W t'[ sich mit tlt'm Mitt elalter liesch af t ic t. kann fern er nicht

an der Tatsa che vorüb erg eh en , daß jene Denkkraft, die neue Sym .

b ole schafft ode r alte umb ild et, sich mit and eren Versuchen b egcg­

n e t, Unsinnlimes sinn fä lli g zu mach en od er im Sin nfä ll ige n eine

ti ef ere B edeutung aufzud ecken.

Da sin d einmal als Erbteil der Antike di e P er S O ll i f i k a .

ti 0 ne n, hinter den en zum T eil Ges ta l te n der r örn isch-gr iechi­

seh en Mythologi e ste h en, di e zum Teil ab er nur di cht er rsclic r

Phantasie ihr Das ein verdanken. In der Zeit K arls des Großen

sind sie \' 0 11 kirchlicher Seite aus als h eidnisch gebrandmarkt wor­

den - - aber vergeblich. Durch M ac r 0 b i u s und F u I g e TI t i u s

b lieh en sie der Schul e vertrau t , und Pr u d e il t i u s , der sie be­

reits in der Spätantike d er christi ich en Gpdank enwelt angep aß t

hatte, sorgte dafü r , daß auch di e Kirche die Nüt1ichkeit solcher

Gestalt en wie der E ccl esia , der Tugenden , der Laster u. a. m. ein­

sah. J e breiter sich di e mit tei a lt er-liche Literatur entfalt et , um

i

I•

so l3n[!er wi rd die R eihe di eser P er sonifikat ionen - ni cht zum

m ind est en desh alb , w ei l die Dichte r und Künstl er sie dankb ar

als Ausdrucksmitt el bq, rü ß te n. W er sie ve rs te he n will , muß des ­

ha lb P ersonifik ation en zu deuten wiss en .Ahn das genüg t n och nicht : denn zum B egr ei fen der KU IlSt

ge hö r t , daß m an we iß. was ein F isch , ei n La mm, eine Taub e be­

sa gen, was V ö!!el, die den Schna bel in einen Krug tauchen o de r a lt

Wein r~ben picken, d em Be tr ach tc r vor sein geist iges A uge rufen

woll en, Die ch ris t liri ie Kunst ist dur chsetst mit solch en " Sinn­

bilrl ern", und oft ist es schwe r , die Gre nze zu ziehe n, da manch eihren Sin n ve rl iere n und dann als Ornament fort:;eführt wer d c n

o de r ers t im Lau fe der En twick lung zum Träger eine r ti ef e reu

B ed eutun g gemamt ",'erd en : ein Mann, der die W eink elt er tr itt ,kann ein Bild aus d~m Werkl eben. eine Monatsdarsr elluug od cr

ein Hi n wr-is auf Christus sein. Auch hier zpi~t das Mu te la l re c im

Ersinnen ,.in t?' ers t 2.u nli me Beg<lbunz" und si e dau ert ois in di eN euzeit, an deren Sch wel1e E mbleme, Impresen und P seud o-Hi er o·

glyphik d ie Mode gew ord en si nd,Di e besch \,'ingenu e Kraft, aus der all e di ese Schö p fungen h er­

,'orgeh en, ist die All eg o r e s e , d. h , jen e Meth od e der T ext­

au sl egung, die ber eits das Alt ertum auf das kl assisch e Schrif tturn

an wandte, d ie ihre Vorausset}ungen aber auch in der jüdisch en

Bih eldeutnng hat. Die Kirmen vätcr üb te n sie in r eich f-ro Maß e,trotd -:m sich anfangs Ge gens t rö m ungen b emerkbar macliten . Die

k arolingisch en Th ß,Jio,gen iib ernahm en di e M eth o de, ja we i te te nn och i h r en Verwendungsb ereich , und di e Seh ola stik brachte sie in

ein feste? Syst em , Wer di ese Deutungsart nicht k ennt, k ann k einen

the ologisch en Text de s Mittelalters b egr eifen, steh t auch r atlos vor

den Bildern und F en sterzyklen der Kunst. Erst Luther bahnt ein

n eu es Ve rhältnis zum Bib eltext an - noch GrünewaIds Bilder

sin d von der AJlegorc~e aus zu deut en .Unzählige Beziehungen hat dies e Ausl egungsart aufgecletkl

zwisch en den Gest alte n d es Alten und Neu en T estament es, zwischen

ei nz elne n Szen en der Bibel wie der Aufrichtung der eh ernen

Schlange und der des Kreuzes, zw isch en Tier en und Pfl anzen undTu gend en _ m an den k e an Einhorn und Lili e - , zwisch en Din­

gen, Orten, Zahlen , Himmelsrichtungen und aJJ dem, was den

Christ en e tw as zu b edeuten hatte.Es ist vie lle icht die sp ür bars te Lücke der mitt el alterlichen

Gei st e!'gesmichte, daß wir no eh k ein e C escbichte der Allegores e

Page 7: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

XII Eillführu ng Ein führun g XIII

b esitl en . K ein Zw eifel , d :lß sie s ich mit m anch em Ah stru sen . _

z. B. d er a llcgo ris ch ausce lcg t en G r:lm ma ti k - zu befassen hätt e:

ab e r a uch vi el Tiefsinni ges, Phant <l si er ei ches und za rt Em p f un­

de nes g ehö r t d azu . Vor a llem - <.l ic All et;or cse, oi e vo m Mittel­

alt er so h itt er e r ns t gen omm en w c r den ist , bl eibt n u n ei n ma l

ein e r d er wic h t ig s te n Sch luss e ! zu sein em Verstä ndn is .

D 1: s g i l t n i cht nur für di e Th eol ogi e u nd d en kir chli chen Be .

reicli . Vom 13. Jahrhund{,rl an wir d di e a lle~ o r isch e Di chtung,

di e das bihlisdl e Deutungsprinzip sä ku lar is ie rt und mit d em

H ilfsmitt el d er P e rs onifik ation en ve rbin d e t, d ie gro ß e .i\Iod t'. Der

Erfol g des H osenrom an s zei gt , wi e in ihm der Zeitgesdlmaek

getroffen w ar, un d di e Sch ,,-ie r igkei te n d er Dant e.lnterpretat ion

h ab en j a zum gu ten T eil ihren Grund in d er Frage, OU etwas und

wa s d enn hint er d em " v e b m en degli v e rsi s t r ani ' verb orgen sei .

Auch die Symb olfo r schung kann an der All eg or ese nicht vor­

b ei geh rl1. In d en G eb eten , di e seit d em 9 . Ja hrhundert fü r di~

Ü b er gabe d er H errschaftsinsignien festgel egt werd en , wird d iese n

ei ne a llegorische B cu eutun g unterlegt , und in den folgenden Jah r­

hund ert en k ann es dann ge schehe n, daß di e ursp r iin gl ich a ganz

dur ch di e n eu gefund en e verdunkelt wird. D er K önigsring ist ein

b esonders sinnfällige s B eispiel für ein ,. a llegor isi t:r te s Symbol " .

Ab er a uch dort w o Symbolik und All egorese sich ni cht UII­

mittelbar b erührt haben, is t ein \\(issen von alle n jenen anrI ereu

Mögli chkeit en d er Vertretung d es N icht .Sinn fiilli gen durch Din~ .

lich es od er Gestal tl ich es, d eren sich das MittrI al tc r b edi en t h a t,

notwendig ; denn es hand elt sich - wenn auch d er Ursprung e in

ganz verschi ed en er ist - um geistige Verwaudrsch ef te» . Und wie

h ätte es auch anders sein k önnen, da es di es elb en Menschen waren,

die in Symbolen, Bildern, P ersouifika tionen und all r gori~ ehe n Ver­

kn ilpfungen gl eichsam mehr ere Sprach en n eben ei na n de r sp r acli en

und d ab e i si cher sei n k onnten, ve rs tan de n zu werden . Nur wer

sicli u m sie alle bemüht, darf erwarten, daß er di e Symbolik mit

allen den üb er- und Untertönen v ers te h t, di e un sere Vo rfalu- cub ei Ihr herausgehört hab en.

S. Aus dem Gesagten sp r ingt eine n e u e Forderung heraus:

di e Geschichte d er Symbolik darf nicht isoli ert betrachtet werden .

Ja, si e g r t" ift über das Lish er Angeführte noch hinaus. Si e muß

ni ch t n u r vor d em H ip.tergrund e d er mit tel alter lieh en Gei st es­g eschich te gesehe n werden , sondern auch in ihrer engen Ver­

kn üpfung mit Volksglauben, Brauchtum, Etikett e, K onv enti on u n d

"3

:1

l\·Iod e. In de r f ol ~ cl1(l p[, St u die ist gczcig t. wie viel gestaltig Ji .~

Ver wen ounf; d es H ands chuh s in d en ei nze ln en Stä nde n gewese n

is t un d wie L egend e, Sa ge und Marelien ihn zum Obj ek t ihrer

Er find u nge n ge ma d l t h ab en . Au eh d as gehö r t mit hinzu, denn

m annigf ach ist di e \\iech sel wi rkun g. W eil der Ri n!; ,.0 o f t ein

Sym bo l ....va r, b estan d di e Neigu ll~ . ih n auch dort. wo er es nicht w ar ,

b es ond ers zu beh and eln ode r Sel tsam es von ih m zu berichten. W eil

Di chte r d es 11. J ahrhun clert s b ei d er Sch ild erung d er Ve rgangc u­

h eit vo n Drachenbann ern sp rache n , zogen di e R itt er des 12. Jahr­

hundert s wie d er mit ei ne m Drachen b :m ne r in s F eld; weil in d er

K arl ssage von ein em verk ü rz ten Schwer t des Grafen vo n Anj ou

di e Re de ist, lassen sid: ihre Na chk om men au f d em englischen

Thron bis h eut e d ie .:Cur tana " . e in . wie d er N am e scho n sagt ­

verkürztes Schwer t, v or-ant r agen. Di e G renze zwis che n de m Sym­

b oli sch e u und d em Ni chtsymb oli s chen ist als o - äh n li ch wie b ei

d en Si unb i ld e rn der Kunst - ' fli eß end, und n ur wer üb er si e hin­

au sg re if t, wi rd dem Probl em nä h erk omm en , d as in d er Bildung

v on Symbol en v erb orgen li egt .

6. Hint er d en au fgeze ig t en Schwierigk eiten. di e in d em

Prohl,:m selbst b egründet sind , erhebt sich n och eine andere, d ie

si ch die F orsch er selbs t be reit en , indem si e vo n Sy mb ole n r eden

und darunter etw as V erschieden es verst eh en. W er di es W ort ge ­

braucht, wird dah er nicht umh ink omruen . erst einm al zu sage n,

was e r d amit bezeichnet hab en will. All erdings kommt er d anu

gle ich in Schwierigkeiten : d enn - um n och einm al Ami ra s B ei­

sp iel an zuziehen - d as . S tabsymb ol d er v ors chr ift li che n Z eit ist so

weit v on d em d es sp äten Mittelalt ers ge t r en n t , daß es schw er fällt,

eine h eid e umfassend e B egriffsb estimmung aufzust ell en . Und selbs t

wenn das geling;t. d ann w erden b ei d em L eser Vorst ellung en mit ­

schwi ngeu, die ihm durdi d en Wortgebrauch des Alltags o d er d er

phil osop hischen Sprache - ganz zu sclrw eigen von dem k irchlich eu

T erminu s .,Sym b olu m" - vertr-aut sind. Man sehe sich einmal

an, was ceho n all es :115 Symbol gek en n ze ichne t worden ist, und man

wir d zu geb en , d aß mit diesem Wort nicht weiter zu kommen ist,

b evor ihm n icht eine feste , vom Gebraudl d er Philosophie abge­

löst e B edeutung 1urückgewonnen ist. Bis d ah in tut m au b esser

es zu umgeh en, ind em man ein fa ch von ,,5 i n n z e i c h e n" spricht.

Dies er Ausdruck ist farblos, und kann dah er jew eilig vom Stoffe

II(:r mit farbe geb end em Inhalt !jef üll t w erd en . Er sch eid et and er­sei t s ge n iig{'u d sebar f sowohl von W a h r z e ie h e n a ls au ch von

Page 8: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

E in führ ung xv

S i n 11 b i I d , Pe r 5 0 ni f i k a t i 0 n un d d em. wa s wir SO lls t

n och als ge is te s ve r wan d t aufzählten . Zum Au sdruck Si n nzeichen

wird man d eu weit eren d es "A m t s z e i c h ell s" r iicken m üssen ;

d amit v crm eid c t ma ll d as g le i chfa lls d ehnbar e W ort " I ns if!n ie "

und erh äl t zu gl ei ch e ine Sch eidung, d ie si ch b ei d er F orsdi ung a ls

nÜlJli dl erwe ise n wird . Denn v ieles, was a ls sy m b olisch b ezei chn et

w ir d , ist k ein Sio nze ich cn im e n zer en Si nne, so nd er n nur ein Amt s­

zeich en . Vo n selbs t e rgebe n s ich al s Ergänzung d ie \\'o r te ,.S 1 a n­

d e s-" b zw, " R a n g z e i c h e n" , und für d ie v ornehmst en der

Sym bo le " H e r r s c ha f t 5 Z e ie h e n" .

Di e " Sin nze ich en" im enge r en Sinn e la ssen sich a ls ..R e e h t s·

z e i c h e n" :1bt:r enz ell . Damit is t ihre Fäh i~keit zum Ausdruck

geb racht , d en Zus tan d oder W andel eines R echtsverh ältnis,;es si n n­

fällig zu m ach en. Doch is t g le ich zu bemerken, d aß b eid e Kreise

sich wohl b egriffli ch sch eiden lass en, sich aber prakti sch iib e r­

s ch n eiden k önn en : wä h ren d die k aiserliche " St o la" immer nur

Am tsze ich en geb lie be n is t, wurd e das Amtsze ich en " K ör.igs ha n d .

s chuh" - wie im F olgen d r n n a chzulesen ist - auch als R echts­

zeichen b en ug t . A u f d er anderen Seit e is t von Ami r a zu lernen,

wie da s R ech tsa e i di en "S ta b" in den vcrschied en en Sonderformen

zu m " Amtsstab" gew o r den ist.

B t.i der B eniilJunJ; dieser T ermin ol ogi e wir d m an nun bald

gew ah r w er de n , daß sich bestimmte Erscheinungen n icht m ehr mit

ihr ei n fa ng en lassen. M :lll d enk e au das H enk e rssch wer t und d ie

an deren W erkzeuge m ittela lt e rl i che r Hinrichtungen, di e sowohl

R echts- a ls auch Amts zeichen, ab er doch auch e twas and eres sind.

Wied erum köunen wir uns hi er auf Ami ra b erufen, d er in se ine r

Abh andlung üb er clie ger m an is chen Tod esstrafen di e Ge schichte

dieser " Sym bo le" bis in die Z e i t zurü ckv erfolgt hat, al s si e Ger ä t

b ei heidnischen Sühneopfern waren - daher im Mittel alter da s

" Tab u" , d as d en Henker und s ein Schwert ab sondert, dahe r der

" A be rg la ube", d er bis in die N euzeit Schwert, Rad UUd Galgen nicht

losl äßt. Bei and eren Objekten ist b ereits off en gel egt, daß ihre

ursprüngliche B estimmung war, den M enschen gegen magische Ein­

fliisse zu sch iig en oder s ie zu sein en Gunsten zu lenken . Wieder

and ere sp ielen wie der Sp eer Odins in der ge rm:.mis d le n Mythologie

ei ne RoU e. Man wird al so von k u I t i s e h e m , 01 a gis eh e m ,

m y t h i s e he m " G e rät" sp r eche n müssen und wird dadurch

auf die Frage gef üh r t, wie so lch es "Gerät", nachd em se in Urra u m

XIV Einführun e

~i ~ 1

d ur ch n eu e Schich ten üb erd eckt und ve r sch ü t te t w or den ist , zum

., Sin n zeiche n ' · wer den k an n .Verwi ckelt wird di e Sachlage da du r ch, daß es si cli ni cht nur

u m " Ger ä t" h andelt , d . h . ei n D in g, ge schaffe n zu ei ne r b est immte n

Funktion und für d ies e au fbewahr t, so n de rn d aß B eli ebi ges für

d en gegebe ne n F all gen um men wird und n ach se ine m Vo ll zu t; w ic­

d er in d ie " Wer tlos ig kci t" her ab sinkt : so e twa di e in d er Mitte

v orn Bod en ge lö ste Cr assod c, unt er der di e Blutsbrüder ihr Blut

zu samm en rinnen lassen, um m ag isch e ioe k ünstl ich e Verwandt .

sch aft , eine Blut,;gem cinsdlaft h erzustellen . Die Sch oll e k ann also

al s ,.T eil d i 11 ~" de r E rde (als Mutterschoß) gle ich e F u nk t ion en

ü bernehmen wi e ein "Gerä l". Dasselbe gilt au ch für d ie spätere

" Symb olik" , -vo n der ein gr oße r Teil als " T e i l z e i c h e n" für

si ch zu st ellen ist - man d enke an den Sp an b e i der 'Cber t raguo;;

e in es Haus es als b es olld er~ sinnfälliges B eispi el und ve rg eg enwä r­

ti ge sich an Han d v on 1 a c o b G r i m rn s Kapitel IV : " Sy m bo le"

den Reichtum an Mö glichkeiten, d en das mitt el alterlidl e R echts­

leb en auf dies er Gr un d lage en t fal te t h at.Dor t wird d er L eser zug le i ch sehen, d aß dasselbe auch von d en

G e s t e n gilt, di e wir nur am Rande er wäh ne n woll en, tr o13 ­

d e m a uch hier vie l es zu sage-u w äre: manch es, w as in di eselb e Rid:1·

tung weisen würd e wie das b ereits Ausgeführte, d enn a u ch di e

C ect cn lassen sich zum T eil bis in d eo m agischen u nd J en h eidni sch·

kultischen Bereich zurückverfolgen; manches ab er auch , w as di e

G es tik wi ederum al s ein eigene s, sta rk vom kirchlidlcn und f eu­

dalen Brauch mitb estimmtes und d er Konvention n ahverwandt es

Gebiet abzugrenzen hätte.Noch unter ei ne m ga nz anderen Gesichts wi nke l müss en die

vo n Jucob G r im m und seinen Nadlfolge-rn vereinigten Belege

gemust ert werden . Sieht m an niih er zu, d ann wir d m an inn e w er­

d en. daß die Bedeutung eine s " Sym b ols" auf v erschied enen Ent­

sp r echu n gen zwischen Gr eifbar em und Nicht-Greifbarem b eruht.

N eb en d er Möglichkeit "Teil und Ga n zes", auf di e wir e be u

sti eß en, find et si ch auch " Glied und Ganze s" (z . B . Hand u nrl

M ensch), " Z ubehö r un d B esityer" (Ring, Kl eid und se in Träger) ,

" Ab bild und D argestellter" (Konigsbild au f d em Siegel und H err­sch er) usw. - es wäre vergebliche Müh e, hier eine K asu istik a lle r

vorkommenden Entsprechungen aufstellen zu w oll en; denn d ie

Füll e mehr als eines Jahrt ausends läßt sich nicht in ei n e b estimmte

Zahl von Ausdrücken pressen. V or all em : di e Dicht e di eser E nt-

Page 9: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

s p rcdIlJll~ (' n ist ja .gleichfall s d em Wandel uut erworfen. Von d em

E ins sei n. l1:J S J as T eil mit d em Gan zen. Bild und Bes l!) mit de m

E ig en tü me r zu sa mmen schließt, führt de r W cg zur S tel lve r tre tun g,

di e in im me r m ehr h ergesumter. da he r auch lock erer W eise d as

"Symh ol" mit d em V er t re te ne n ver knü p ft. Ei n Hiu~ eis auf di r:

.Ku ~ cl d es K os m os in der Hand d es gö tt lid len \'\"c ltc nhe r rsche rs ,

dann d es vergo tt lichten K aisers, di e wir im I\lit tcl alt er _ vom

Kr eu ze üb erhöht - al s ,.,Re ichsap fe l" unter d en Insi gni en des

Imp erium mit n eu er, oft r echt ge wa lts ame r Au sl egu ng wi ed er­

End en , macht einen T eil di es er W egstreck e d eutlich. Ab er gleich

drängt sich da s Gegenb eispiel d er R eidlsla uz e auf. di e urtümliche,

m it H eilszeichcn geri ry re W affe, mythisch er Speer und H crrschafts­

zeichen d er K önige ge wesen w ar, da nn durch Krone u nd Stab iu

den Schatt en gedrän gt wurd e, ab er im 10. J ahrhun dert in D eutsch .

land - und zw ar nur in Deutsdlla nd - d en Weg in um gekehrter

Bahn durchmaß : n un ist sie di e " h eilige" Lanze, die H ei n ri ch 1.a ls Gesch enk vom K önig von Burgund er h ie lt, ausgezeichn er d u r ch

einen Na g el vom Kreuze Christi und dah er fortan H errschaftszeich en

sowie Sie g ver b iirgcn d e R eliquie in eins, wirksam er al s nur je ein

m agiscli ger ich te ter Sp eer. So zeig t sich auch hi er wie de r, daß es

llich t eine in bes tim m te Pha~en zerlegbare Entwicklung gib t, son­

d ern nur einen un geh eu er verwiekel ten Vorgang, in dem ganzverschiedene T endenzen ge~eneinan der wirken ,

Milg nun be im Eindrin gen in diese vie lgesta lti ge W elt da s

Augenmerk m ehr auf die Kont inuit ät od er auf den Waud el ge ­

r icht et sein, immer ist es nötig, sich Remenschaft darüb er abzu­

legen, was d enn b eharrt oder sich wandelt. Das Ding kanu be­

harren, aber seine F orm sidl wandeln; di e Form k ann beharr en,

aber d ie Bedeutung sich wandeln : di e Bedeutung kann beharren.

ab er das Ding kann auogewe d lsel t , d ie Form verändert w erden.

Auch hier w äre es wi ed erum müßig eine Kasuistik en t wer f en zu

wollen , Denn di e Wirklichkeit würde sie sprengen. Da wird d .er

Kosmos zum Gl obus oder zum Apfel, erhält ein Kreuz. um zu

zeigen, daß Gott, der wahre WeltC'nherrscher, den Kaiser mit der

Weltherrschaft betraut ha t. Da wird in Frankreich auf den

Königsstab die Schwurhand gesetyt, um ihn n eben d ern eig en tliclien

Szepter als königlichen Richterstab zu k ennzeichnen. Da werden

in England diese zwei HerrschaItszeichen, der Globus und der Stab.

verein igt, denn der König will auf keine der beid en Insignierl ver­

zi cht en und h ält sie nun in der F orm e i ner Kugel , aus d er ein

lan ger. in ei ne m Kr eu ze ende nde r Scha f t h eruuswaclis t, ll1 sern er

Link en . U nd so ließ e sich bel iebig fortfahren, ohne d aß do ch alle

i\Iögli dlkeit cn aufgezäh lt wären.

Ich will zu m Abschluß ko mme n, denn bess er al s alle m ethod o­

loe;ic; chen Ausfüh runge n ist p r akti sch e E rp ro bu ng .

W enn ich di e sechs F orde r unge n , di e ich aufst ellt e und d ie

A ndere n och e rganz cn m ögen , an d ie Sp ilJe der n achfolgendeu

Stu die des Dr. phil. B e r e n t S c h w in e k ö p e r rück e, so h at d as

seine inncr.e B er eeltt ig;ung. I ch hab e ihn zu diese r Unt ersuchung

ange r C'g t, un d er hat sich ange legen se in lassen , jen en Fo rder ungen

b ei de r Durchf or schung sein es Ge b ie tes zu en ts p reche n . Deshalb

h eißt der Tit el au ch n icht " Der H andschuh a ls Symb ol " , sondern

unt er "Cmgchung die ses m r- h r d eu t igen \'irortes " Der Han dscliuh im

R echt , Ämter wesen, Brau ch und Volksgl aub en " , womit zug le ich

d en Na d lbarge bie t el.1 Re chn u ng getrag en ist. Im T ext hat d er

Verf asse r gleich fall s versu cht, oh ne das W or t " Sym bol" au szu kom­

m en , un d es hat sich geze ig t, daß es n ich t nur ge h t, sontl e rn d aß

mit der vo n m ir vorgesch lagene n T erminol ogi e sich Unt er schied e

h erausarb eiten la ssen , die n och ni cht zu ihr em Recht k am en . L ehr­

r eich Fiir w eitere Un t e r su chungen sche in t mir vo r all em zu se in ,

daß mit d er str en gen So n der ung der Belege n ach Ort, Zeit und

Verfa sser Ernst ge rn a ch t ist ; d enn d adurch heb en sich n un Wan­

J erungsw ege und A b wan dlun gen herau s, di e sonst wohl o ft im

Dunk el bli eben .

D en H andschuh hab en wir mit B ed acht au sge wählt. D enn der

Fingerh andschuh ist d en germ :m ische n V ölkern ers t sei t Mitt e d es

ers ten christlichen J ahrtausends bek annt ge worden . W o er also

als Amts- und R eclitsz eiche n b eg egn et o de r im Ab erglaub en un d

Brauchtu m auf rauch t, kann er ni cht ä l te r se in . Dah er ist der

H andschuh das geeigne te " Le i tf ossii" , um einma l an einem Sonder­

f a ll d ie symbo lische Zeugungskraft des Mitt elalters zu unt ersuchen.

Und von ihr müssen wir - das werden di e vo r ausgeh ende n Aus­

f üh rungen deutlich ge ma cht haben - e ine klar e Vorst ellung ge ­

winn en , um Altes und N eu es, germ anisch es Erbt eil und eigen e

L eistung so nde rn zu können. Altes ist nun in di esem F alle ni cht

zu erwarten - und d och fin d et es sich: zwa r nicht im Sachlich en ,

ab er i u der Art, wi e in den versmicdenst en Leb ensbereich en d as

Bedürfnis sich ge l ten d macht, M enschen nach Stand und' Art vo n

eina nder abzuheb en und in e inem "Sym bo l" Rech ts yo rgän ge sin n­

fällig zu m ach en. Hi er ist in einer R eihe von Einzelfällen jen e

XVI E in fti h r un g III

~

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i.~.

.~:1~.;j

·cI

Einführun:; XVII

Page 10: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

XVIII E infü h r un &

Sei le

INHALTSVERZEICHNI S

1. T ei l: Gesdl icht c des H an d sehuhs bi s zum Be ginn d es H och rc i n e la lt e rs . 3

De r Ha ndschuh in d er F'r üb geschich t e S.3 - b ei den ger .

ma n ische n Vö lk e rn S. 4 - in der Mill elm eerw elt $.5 ­Ägyp te n S.6 - P er s ien 5.6 - G ri echi sch e W elt S.7 ­

n ömisch es R eich S.8 - Geschi chte des Hands chuhs ' im

früh en Mitte la lter an Han d sein er Beu en n ung eo S. 9 -

m an ica S.10 - , w an tus S. ll - chiro tbeea S. 13 - hand­

seu oh 5.14 .. .. Zus amm enfassun g S. 15.

K ontinui tät de r D enk- u n d E rnp lin d uugs we ise zu sp üre n, di e a ls

Postul at fj j r d ie Forschung leich t au fzust ell en , abe r mit wiss en­

sch af tli chen Mcth oJen so sd l \\"er wi rk lidi zu greifm ist.

D as Th em a bo t d en be sond ere» R ei z, daß es auch in di e " Sy m­bolik ' : der KirdI e hin einführt e. Si e hat au f di e mitte lalt erl idIen

Sin ozeich en eine s t a rke Einwirkun g ausgeiih r uu d in m an chen F ä l­

len ihren Sinn abgewa n de l t; ab er sie ließ s ich aud i - Ab t I [ d c ­

f o n s H er w e g e n h at in e ine r Studie über "Ger ma n ische Redlt .>.

symb olik in d er r ömisch en Liturgi e" d ieses Th em a an geschnitt en

- v on d er and eren Sei te b er eich ern. Zu di esem Pra zeß wechsel­

seitigen Geb ens und N ehmens liefert di e oa dlf olg cnde S tud iegle ichEalls e ine n B ei trag.

G ö t t i n g e D , Neujahr 193 8. I

I,II ,,,j '

Einfü bru ng " on Pue: E rns t Sd l r am m :

Die Erfo r>ch ung d er m i t t el a l t cr l i cheu Symb ol e. We ge und Meth od en v

18

35

2020

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I:.. ,

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II. Teil. Der Handachuh a ls Amt szeichen ( I riaig n ic]

W eg des Aufstie gs zum Arn tsze iehen S. 19.

I. Abschni tt : De r Han ds druh de r Cei s rl ichcn .

1. Kapit e l : Der B ischofsh andsch uh .

Armstauch en als frühest e liturgisch e Arm b ek leid u ug S.10

- H andsch uh e als Sch u \lk le id u ne von Ge is tl iche n S.22 ­

al s Luxusk l eirlun g 5.23 - . Ritus d er ve rhü ll te n H ände

S,24 - . früh est e Z eu gn isse für lit u rg ische Hand schuhe S.27

-_ . offiziell e, An e rk en n un g als I nsig ni e S. 29 - Gebe te zur

Anl cgung d es Handschuhs S.31 - . allegorisch e D eutung

S.31 _... Art de s Ge h r au chs b e im Go tt esdi enst S.33 - fo r­

ma le Be schaffenheit . und Farbe S.34.

2. Kapit el : D er Ha n dsdiuh d er Abt e , .

Ge meinsame W u rze l mit Bis clio f'sbno ds chu h S.35 - frühe

Zeu gn iss e für Verw endung S.35 - S t re be n nach Privi­

leg ien S.36 - Verbo te S. 37 - feierl iche An legung S . 37.

3. Kap it el : Sonst ig e Verwendung d es Han dsch u hs durch Ange hö r ige

d es ge is tl iche n Standes . . . . . . . . . . . . . . . 37

Zeugnisse S.37 - T eil der Ordenstrach t S. 38 .

11. Abschnit t: Der Hand .ch uh der we ltlich en Würd ent r äger . . . . . 40

1. Kap ite l: Der K önig sb andschuh , _ , . . 40

Vorbild d es l it urg isch en H and schu hs S. 40 _ . Kaiser und

d eut sch er K önig S. 4g.. _ . fra nzösisch er König S.44

eo glisd\er K önig S.47 - Arago n, Na varra. Kasti lien S.51

. - . Portug al S. 51 - ' Si zilien S.52 - U nga r n S,5 2

Page 11: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

II! . T ei l. Der Handschuh als Objec t vo n Rech tsformen 65Vorb em e rkunge n S.67.

1. Ka p i tel : Der Handschuh ab La uneg ilcl . . . . . . . . . . . . G8

Wesen der Lau neg i ld 5 .68 - La une gildga he Jl S . 70 - Hanu.

sch u h 5 .70 - Langobard ische Beleg e S.71.

2. Kapite l : Der Hao d schuh a13 Herrschaftfzeichen bei Eigen tums.

über tragungen . . . . " 72

Formalitäten b e i Eigen tums üb er tragung S.72 .- Tei lz eich en

S. 73 - - H e rrschaf ts zeichen S.73 - H an ds eiruh a ls Herr­

sch aftszeich e n S.73 - Ze ugnis se 5.73 - f r an ki sches Rech t

(It a lien, B re tagne , Fr ankrei ch, Deu rsch larul ) S .75 - a le ­

man nisch es Rech t (ItalieI! , eigentliches S tamm ge b ie t, E lsaß)

S.83 - h uyr is eh es Reell! S.85 - sa chs isch es R edl t S.8:;

thü r ingisd, .mei ßni.dles Gebiet S.87 - No ru~crmall en S.87

- E og ia nd S.87 - Niederlan de S.88 --:- go t isches Rech t

5.89 - Her rschaftssymbo l hei Verlob u n g S . 90 . . Ce sch idu ­l ich er übe rblick S.91.

3. K up i t e}: Der Handschu h a ls Herrsdlaftszeid,e n h ei d e r

W ad ia t ion . 92

Fo r m de r Ha ftung im german is dlCll Rech t S.9:2 - Se lbs t .

ve r g e ise luug S.93 - V er loh " ng S.9-1- Zwe ik amp l 5 .9:;

französische Zeugnisse 5.97 - Ita li en S .99 - D eu ts<hJan d

S. 10 0 - N ied erlau de S. 101 - En gf an d S. 101 - Pro -

ze ssu al pfand S.102 - :Wauia lio n bei Übergabe in Kriegs.

ge f angcnsd1aft S.10.!.

4. K ap itel : Der H andschuh als Abgabe zur Anerk ennun g von

L eh ns - und Hörigkei tsverh ä ltnissen . . . . . . . . . . . . .. . 105

Sach liefe r uog ode r ADerkenn u ngsgab~ S. 105 . - Herrsch afts.

zeichen S. 106 - fra nz. Z eu gn iss e S.106 - e ng lische S. 108

. - deu tsche (S dlwaben. F raoken, übrige Landschafte n) S. 109

. . V;ieitcrve rlei hunge n S.l11 - Salman n in Bayern S.l ll

Vere he l ich ung von Hö rigen S. 112 .

Se it e

- N o cd ischc Ko n ig rc ich c S.53Se i te

5. Kap it el : Der H andschuh al s Abgabe zur Anerk en nung e in er

Ge rich ts . ode r ande ren Ohri 6k eit s ~ c,,· a lt . . . . . . . . 113

Abg abe a n Rich ter S.113 - d eu tsche Zeu gn isse S. 11 3 -

e ng l ischc S.l l -1 - Ane rk ennun g e rne r s t aa t li chen Ho h ei t

S.114 .. . d eu tsche Zeu gnisse S . l1 -1 - An erkennu n g von

Zollr edi t cn S. 115 - d cuts dre Zc ug l1 i5Se S. 11 5 - H a ndsch uh­

gabe n an deu P fa r re r 5. 117 - an d eu Vorst eh er e ine r

Zun ft S . 117 .

119

1:20

129

1.%

143

151

162

160

XXI

Sonde rf all

Vc r wend ung

1nha lrs v er zcicbni s

6 . Kap it e l : D er Hand schu b a ls Sch eiubuß e

D eutsche Zeu gnisse S. 119 - nebemäch liche

iu Schweden S 1 20.

7. Kapi tel : De r Handsch uh be i Maßbes timmungen

Ho hl maß S. 120 . . H and sch uhwurf S. 121

S. 122.

3. Kap i te l: Der Handsch uh im Aberg lauben . , . . . . . . . .

A be rglauh e Le i h es on de r en Gel egen hei ten (Tau fe, Hochzeit ,

T a u ) 5. 137 - Geister u nd Elfen S.138 - Schurs gegen

magische Beein fl ussungen S . 139 - a b w eh r e nd e W ir ku ng

S.141 ..... Vertretung des Eigentümers S.142 .

4 . Kapitel : Der Handschu h im vo lkstüm l ichen und gei stlichen

E rz ,ih lgut .

Legend e nmo t ive : Raub eines Handschuhs S. 143 - Hand­

scliuh am Sonnens trahl a ufgehängt S.l44 - vere inzel te

111 Ol ive S.1·1.4 - Sage und Märchen S. 145 - Schi llers

Da lladenmotiv S.146 _ . Re ch tszeichen im E r zä h lgut : Am ts ­

zeichen S. 147 - . R ech tszeich en S . 148.

l V, Tei l : Vo lkskund liches VOm H an dsch u h 123

Yo rlr e rn e r k u n gen S.125 .

1. Kap it el: Der H an d sch u h in d e r Etike tt e . . . . ' . ' .. ... 125

Vo rschr i ften der E tike t te be i Feierlichkeiten S. 126 .. Hand ­

re idlUng 5.127 - Le hns leute S. 127 . . vo r Gerich t S . 128

- in der Ki r ehe S. 128 - . bei m Tan z S. 129 ~ beim Reiten

S.129.

2. K apite l: D er Handschuh im sonst i g an B rauchtum .

Cesdienk S'.129 - E n tl oh n un g S . 130 - an Dienstbo ten

S. 131 - an Mau rer S. 13 1 - an Förs te r u n d Zollseh reibe r

S.132 - un ve rbind liche Gabe 5.133 - merkwü rd ige

engli sche B räu che S.135 . - B e trugsm anöver v o n Be t t lern

5.136.

Verze ichn is de r Sonders tudie n über den H an ds chu b

Nach t räge

Zusa mmenfassung

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Bo hm cr, S .5 2 - Po len S. :>3. . ßy ,an z S. 53.

2. K a p n cl : De r Hand schu h d es deuts,u ell Kö n ,p al s R"cl l1szeid, en

d es Kcn igs ba nn es . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Am t s zei cire n w e r d e n He rr sdlaftS Zcl ch en S. 5 -1 _ Ha nd schuh

als Zeichen d e r k o u ig l i chen ßann gewa lt S. ,,'-1 _ miSSIO in

ban nurn S. 55 - lIlark tbann S. 56 - Halld sdlld , au I :Ilunzen

5 .58 - Mark tzeiroen in Engl a nd S.59.

3. :~ a p it el : D e r Il s ndsccuh a ls Bo tenzeichl' n .

Sinnzeichen d es Auft ra ge s S. 60 ·· ·· Abzeichen d e r Bo ten S . 60

- Franz. Belege S. 61 - de utsch e B e leg e S.61.

4. Kapi t e l : D e r H a n d schu h al s sonsti ge s Amtsze ichen u nd als Tci l

de s Heeq;ew ä t cs . . . . . . . .. ... . .

RidHer S.62 Gr enzftihrer S.63 - T eil d cs Hen.gewa res S.63.

111h a lt s v c r z c i drn isxx

Page 12: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

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Page 13: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

Wenn wir uns zunäch st der Gesch ichte des Kleidungsstückeszuwe nden, ist es nöti g, uns zu ve rgegenwä rt igen, daß es noch heu tezw ei stren g von eina nder geschied en e Ar te n des H andschuh s gibt.E s sind dies der Faust- und der Fingerh an dsch uh .

Der Fausthandschuh ist f ür die Un te rsuchung vo n kein er gr o­ßeu Bed eutung, denn er dient fast allein pra kt ischen Zwecken undist durch seine n kunstvolleren Bruder daran gehindert worden ,als Prun k- ode r Ausz eichnungsstück verw ende t zu werd en. Damitwar für ihn der Aufstieg zur Amt sin signie ver sper r t. Auch 0.1,;Rechtszei chen fand der F austh andschuh keine Aufn ahm e. Wi ed ertrug d er F ing erh andschuh, diesmal als Abbild der im Rechtsl eb enso wi chti gen Hand, den Sieg davon. '

Di e früh este Geschich te des H an dschuhs lie gt naturgem äß imDunkel. Doch ist anzune hme n, daß das Kl eidungsstück aus Um ­hüllungen der H and entstanden ist. di e den Zweck h atten, dies egege n Kälte oder bei gef ährlicher Arb eit zu scliiityen. Wie dieF äu stlinge sind also die ers te n H and schuh e als Schutykleidunganzuseh en. Man fand zum Beisp iel in den frühgesdlichtlich enMet all grub en bei J ekaterinburg einen Handschuh.') Kri egerstatuenaus Sardini en zeigen Handschuh e zum Sehug gegen die zurü ck­

schn ell enden Sehnen der Bogen.') Od ysseus trifft sei nen VaterLa ertes wieder, als Cl' mit dem Au sj ät en von Unkraut beschäftigtist. Er trägt gegen Stacheln und Dornen starke Handschuhe.")Eb enso wurde das Kleidungsstück bei der Flachsbearbeitung imalt en Orient ge tra gen.' ] Und in Ägypten wurde im Grab e Tut­Anch-Amons (t c. 1358 v. Chr.) unter an derm ein Handschuh zumH alten eines Bog ens entdeckt."), In den m eist en der gena nn tenF äll e werd en wir uns diese Handschuhe sich er als F austhandschuhevorzust ell en haben. Der ägyptische Fund besteht alle r dings aus

1) ~1. E be r i , Reall ex. d. Yorgesch . Bd. II [Ber lin ) 924 H .) S. 337.

') ehd, na. I S. 228.3) s, U. 5.7 Anm. 20.4) B e n r y F. Lu t z , T extiles an d Cos t umes amon g t he P eo pl es o f tb e

an c ien t !\ear-Ea st (Lei p zig 1923 ) S. 22.5) 6. u , S. 6 An m. 14 .

Page 14: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

4 1. To d ' Gc"d, id , lc d es Han dschuh s bis z. Bcg m n d. Hoclrmi t t elal ters

e inem Fi ngerh an ds cliu h, was b ei der hoh en Kultur ge ra de di esesL a ud es n ich t we it er m erkw ür di g ist.

Bei de n ge r m a n i 5 e he n V ö J k c ru, den en w rr vo ra lle m un sc r e Aufm erksam keit zuz uwen de n hab en, find en sidiZeu gnisse für den Ccbra uch einer Sch u!} bc k lPLdullS der H and e rs tSpä LG

) Weg en des r auhe n Klim as wird si e jedoch nicht gä nz lichunb ek ... nnt ge wese n se i n. Viell eicht halt e sie di e Form eine r mitd em Är m el des R ock es in Ve r bin dung st ehenden Hüll e.

Sp ärliru ist j ed enfalls di e Ausb eute, di e si ch au s den Götter­

und H eklensage n zu sammentragen läßt. Tn der so gen annten jün­geren Edda des Sn 0 r r iSt ur lu s 0 n (en tst ande n um 1220) w et­den die E isenhand schuh e ("iarngreipar") Thors erwähnt. ' ) Der As elegt si e an, we n n er eine n Hammer schwingt, um sich di e Hände

nicht zu ve r bre nn en . Di eses Kl eidungsstück Thors ist wieder nur alsFäustling zu denken. An ein er anderen Stelle des gleichen Mytho swir d f erner von eine m Fäustling erzählt , der einem Ri esen geh or t .")

In ihm n achtigeu der Dunnerer und seine Gefährteu au f der Fahrtzum Utgard-Loki , denn si e h alten ihn für ein groß es Haus ohneVorderwand. Al s in der Nacht di e Erde erb ebt, verkrieeheu si chdi e Wanderer in eine r Nebenkammer des vermeintlichen Hauses.Am fol gend en Morgen bemerken sie , daß ihr Obdach ein ri esigerHandschuh gewese n is t, in dessen Däumling sie sich verborge n

h at t en . Als Besitzer di eser merkwürdigen Behau sun g stellt si chein Riese h eraus, dess en Schn archen sie für Erdbeb en gehalt enhab en . Ganz klar ist aus dieser Erzählung zu erkennen, daß essich hi er um eine n F austhandschuh hand elt.

Di es wird noch er hä r tet durch den einzigen Fund, der aufgermanisch em Geb iet ge m ach t wurde. Unter den Beigab en imGrab 17 d es a lema nn ische n Gräb erfeldes Ob erflacht (7. Jahrh.)befand sich n ämlich auch ein Paar F austhandschuh e. Die R ücken

&) Auskunft vo u P r of. Ha n 8 Ha h n e- Hall e an eh. K ö h n •

B e h r e n 5 in 111. Beo ba chte r Jhg. 1934 S. 230: "In keinem einzigen d er viel enFunde Ist ein solch er Bew eis e rbradrt . Handschuh e hat man in der Vor zelt

scheinbar nicht geka nnt." vgl, Mo r i z, He y n e , F ünf Bücher Deutsch er H a us­

altertüm er Bd. IU (Le ipzig 1903 ) 5. 301; J 0 h a n n es Ho 0 p s , R eallex. d.germ. Alt ertumskund e Bd. Il (Straßburg 1913/15 ) 5. 445.

') Gylfaginn in g c. 21 ; ii bers, v. G u s t a v Ne c k e 1, Samml. Thul e TI, 20

(Je na 192 5) S. 7 l. - Äh nlich m ag auch die glüh end e "chirotheca ferr ea" be­

schaffen gew esen sei n, di e d er ~ l i s sion a r Poppo vor d en h eidnisch en Dänenanl egt e. s. S. 150 .

8) Gylfa gi nn in g c. 45; Ne c k e I a.a. O, S. 92 f.

I

,I.,'I.,;1I

1. Teil: Gesch idltc cl,'.• H an dschuh s bis 2 . Beg in n d. H ochmitt el alt er s 5

di eser ledern en Fundstücke sind sta r k gc fälre r, und innen sind sie

mit weich em Tu ch gefü ttcr t. 9)

W eiter e Anh altsp u nk t e ergeb en si ch aus der Wor tg esch ichtedes Kl eidungsstück es. Der F au s t h a nds chuli h eißt im Angelsa di­sis cheu " glö f" , im Al tno r d iscli cn "g la6", W ::lS v i elleich t mit go t." löfa" = fladle H and zusa mmenhä ng t.10) Da s W ort, das no ('h im

en gli schen "gia ve" erha lte n ist , find et sich zu er st arn Beginn des8. Jahrhunderts im Beowulfsli ed e. Es bezeichnet Fäustlinge, di e

mit T eufelskräften au s Dradieu fe llen ge ma cht sind und de m RiesenGr endel als Beu tet asclien di enen. " ) I m gle iche n Lit eraturd enkmal

begegn et auch zum ers te n Mal e da s Wort " H on dsc io( h)" al s Ei gen­

n am e ein es Geat en krieger s." )

Es ergib t sich aus di esem Ü her blick, daß der Handschuh , vo r

all em in der F orm des F äus tlings, b ei den ve rschie de ns ten Völkeru

als Schutykl eiduug der Hand eingeführ t wurd e. Für das F olg-end eist dabei ent scheidend , daß b ei den germanisch en Völkern derFingerhandschuh überhanpt k ein e Rolle gespielt h at .

Mit der 1\1 i t t el m e e r w e I t st eht es erheh lich a n de rs .Zwar läßt sich hi er ehe n fall s d ir V erwendung unseres Kleidungs­stückes zu se ine r schiityenden Ver r ichtung aufz eigen, ab er sein eäuß ere Form h at sich au ch in dies en F ällen schon zum Fingerhand­schuh gewand elt. Be i mehreren Völke rn dieses Kulturkrei ses tritt

sogar die ursprünglich e Aufgab e des Handschuhs zurück, und erwird zum Luxusg egen stand der Vornehmen. Das Kl eidungsstück

erreicht damit schon eine h öhere Stufe in seiner Verwendung. E9muß in solche m Fall e . als Schmuck- oder Prunkstück an ges eh enwerden.

0) Ge 0 r g Gi r k e , Di e Tr s cht der Ge rma ne n (Mannus Bihli othek 24;

Wür2hurg 1922) T eil II S. 97 f.

'0) 1\1 . He y n e 3.8.0. Bd. IIr S. 300 f ; G. C i r k e a.a.O , T eil Ir S. 97 ;

L. 5 t ro e be, Die alt en gl. Kl eid ernam en (Di ss. H ei delb er g 1904) S. 15, 30 ;

H j alm a r F 8 I k , Alt westnordische Kl eid er kun de (Vid ensca p tssel kape ts

Sk rif t er Ir Hist. Fi los . Klasse 1918 No. 3 ; K ristiania 1919) S. 87 ff ; Der Faus t­

han dsdiuh hehäll au di s p ä t er meist seine eigene Bezeichnung. 50 h eißt er mit.

•.m uff!a, rni t an a'" ; mhd . "fiu8teli ng, h eod eliag" ; lux em b. Mundart " mou l"; f rz.,

"m i t a i [)e~\ engl. "IDuffle':'4

" ) v, 208 6 ff : " Clö f h an god e s id on d syll ic, se aro-b eudum f~8t ; sio wres

orOo nc um eall geg yrw ed deo fles crsef t um on d rac an fell um . H e mec p rer on

iun an unsyrmign e, di or d rcd f rum a- gedo n wold e ma ni gea sumn e."

(2) v : 2077.

Page 15: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

G r. T ed : Ge,d,id,l e d es H an d schuh s bis z, Bcc in n d . Ho dlln it te la lr e rsl. T ei l : Ge sd riclu c d es Ha nd schuh s his z, Be~i ll ll d. Hochmi ttela l te rs 7

We n den wir UIl S zunä chs t Ä gy p t e n zu. D ort war der H and­

seh nh un s S d ,O ll a ls Schuß d er Bogen sdlü \3 en gege n zu r ückschnel­

lend e Se h nen b eg eg nc t. ' 3) D er zu di esem Zw eck dienende Finger­

h a nd scliuh aus dem Grabe T ut- A u cliAm o n, w ur de schon erwäh n t. " )

Im elcichen Gra be fa n d m au aber auch ein Paar Le in enha nds chuh e,ed ie ga nz un serer h eutigen F orm eu ts p r echen. !") Sie sind wi e eiue

R eih e and er e r Ge gens tänd e so k lein, daß sie nu r VOll e ine m Kinde

b enu gt w or den se in können . E in Re lie f aus dem Grabe des Ay in

E I Amarna, das al so e tw a d er gleichen Zeit en ts ta mm t, zeigt eioe

Szen e, di e d ie B escheukung des Ay mit ve rschied cnen Kostb ar­

keit en durch den K önig E chn aton darstellt. Un te r de u Ga be n be­

find et sich auch ein P aar r ot er H andschuh e. " ) Offeu ha r war der

Besche nk te gera de auf dieses C eschen k b esond er s st olz, denn auf

d er fol gen den Szene, die ihn beim. Verlassen des P al ast es ze ig t.

h at er di e Hands chuh e ber eit s ang eleg t. Di e Zu schau er , di e ihn

umringen, be wundern b esonders die Handschuh e, s tre ich eln sie

und ma chen so ga r Mi en e nie derzufall en.

Aus d ieser D arstellung kann man fol gern, daß Han ds ch uhe in

Ägy p te n n och se lt en und dah er wertvoll war en . Man trug sie

h auptsächlich als Schmuck, den n durch da s Klim a di eses Land es

wurd en sie ü berfl üssig gem acht. Die and ere Aufgab e des Kl ei­

dungsstückes, di e H ände d es Träger s zu schon en und sie rein­

zuh alten , ist sch on zurückgetreten .

Ein ähnl ich er Zu stand find et sich bei den P er s c r n . Zw ei

Pri ester auf einem R eli ef von D aseyl ium aus dem 5. Jahrhund ert

v . ehr. tragen Handschuh e zum Schu~ gegen m agis che Kräfte. ' 1) Und

13) L e 0 n und J a q u es H e n z e y , Hi sl o ir e du co s turo e da ns l'antiqu;t6

cl assi que Bd. I : L'Ori en t (P a r is 1935) Abb. XV .

" ) H . C a r t e run d A. C. i\[ a e e , Th e Tomh oF Tut -Ankh-Am eu (Lo n ­

d on 1923) Bd . I S. 171 A bb . LXXI X ,.a n ar d ie rs ga u n tl e t t ap es t ry wo ven iu

e olcured rh r ead" .15) ebd ,16) G. Da V i e 8, Tbe Rock T ombs of EI Amarna Bd , VI (Ar cba eol. Survey

o f E gypt Bd. 18 ; Lon don 1908) S. 22 T afel XXI X, XXX I. N ach d iesem Ve r ­

fas ser sin d di es d ie e rs ten D arst ellun gen von Handschuh en in Ägyp ten . Ohn e

w eit er en Bel eg t e ilt J. A. Km e n t (D e r Hand schuh und se ine Ges chi chte ; Wien

1890; S.4) mit, daß a u f i\Iauergem älden in Theben Ge sa nd te Fin gerhan dschuh e

a ls Tri bu t da r br in gen . vgl. auch ä h n l iche un genaue Angab en b ei S. W. Be e k,C toves , rh e i r Anna ls a o d Ass oci a t ion s ( Londo n 1883) S. 9 .

17) Fr a 0 <; 0 i 5 e uro 0 n t, L' ad oration des m ages [A t t i della P ontiliei a

A cad cm ia r om ana d i arche ologi a Serie III: i'vl emori c Bd , B I ; Ro m 1932(33)S. 9S und An rn. 91; eb enso De rs., Les r el igio ns or ien ta les (4. Aufl. P aris 1929)S. 135 Ab b . 10, S.275.

t:

i\.1

X e Da p h o n ber ich te t als nuff a llige Tatsach e, da ß im R ofzere­m onic il de r P erser d as Tragen VO ll H amlsdlllh en vorgesch r ie ben

wa r. ,a) D er gr iech isch e Schrif tste Jlcr si eh t d ~ ri \\ ein Zeichen derVerwel chl iehun g. Au ch hi er wi rd der H alHlschuh also nebe n se irier

Ver wen d ung als Sehutykl c id un g als Lu xu skl eidung benu ß l. All er­

dings b esteh en ge r ade b ei di esem Vo lk beson d cr c Bezle h ungen

zw ische n de n Ver wendun gsart en des Kl ei dun ess tucks. wo rauf

spä te r zurückzukom m en ist ." )

And er s liegen d ie Verh ält nisse bei den G r i e e h e n der

kl ass ischen Zei t. Zw ar k önute m an n ach de r ob en gen aun t eo Mit­

teilung X e n 0 p h 0 n s au neh m en, d ie Gr iedlen h ätten H andschuh e

n icht re schä~t. Doch ~prech en da gegen eine R eiht; von Quell en­s te llen . All er dings lass en d ies e e rke n n en, da ß unser Kl eidungs­

stü ck bei di esem Volk fa st aussch li eßli ch al s Schu ~ der Hand ver­

wende t wur dc . Die fr üh est e Erwäh n ung find et si ch bei H o m e r.

La ertes , der Vat er des Orlysscu s, schü~ t aich - wi e wi r sahe n ­mit H an dschuh en gegen Stacheln und D ornen, a ls er mit dem

Ausj ät en von Unkraut b eschaf tigt is t .") Wah rsdl ein li ch trugen aurh

die Bo genschüu en Hands chuh e zu m SchUß gegen die zurück­schnelle n den Sehn en. " ) H er 0 d 0 t erzählt fern er , daß der Spar­

taner Leyrichid es, als er in Th essali en w ar, sich mitt els einer gr oßen

Gelds um me best echen li eß . E r h abe damit einen Ha nds ch uh gef ülI:

lind sich auf ihn ge se ty t , um ih n zu verb ergen , a ls m an ihn gef an .

ge n nehm en wollte.") Da di e th essalische Kl eidun g der persischeu

ve rwa nd t war, ist das Vo rkommen d es Handschuhs hi er nicht be­

son ders auffäll ig." ) Gestü~t au f ein en Griechen gu te r Zeit be­

richtet endlich At h e ~ a e u s (Begin n d. 3. Jh dt. n , Chr .) in seinem

Gas tma h l der Geleh r te n von eine r V erwendung d es H andschuhs,

la) Xe noph on Cyrop adi e VIt I, 8, 1'7.

10) s. U . S. 25 rr.20) 0 d y s se e XXIV v , 230; vg!. hi erzu VI. z. Ag. A. P a u \ y • W. W iss o­

VI a , Reulcnc. d. k lass. Al te rt urn ; Vl isse ns ch a Ft Bd, III (S tu trg . 1899) Sp . 2217 f.

B d. X I V, 1 (eh J . 1928) Sp . 1113 f. ; eh. Da r e rn b e r g , E d 0\ . Sa g \ i 0, E d m,P o t t i e r , D ic t. J . a n t iqu i tes g r eques e t ro m ai nes Bd. IJI , 2 (P a r is 1904)S . 1578 ; F. C 3 1, r 0 1 lind H. L e c 1 e r e q , D ie t. da rcheo l . eh re t. Bd. VI. 1(P ari s 19H ) S. 6H Ff. ; 0 t 10 J a h n in Mit t . d. a n tiq . C es. Züridl Bd. XIV, 4

(Zü rich 1862) S. 9;; f.

tI ) P a u I y . W is s 0 w a a.a.O. Bd. III Sp. 22 17 r.Z') H er 0 d 0 t VI , 72 .

~ 3) Pa u 1 y . W i s s 0 VI a a.a .O. B d. Irr Sp . 2217 f.

Page 16: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

[) r. T cil: Gcs chid u e d es Hand schu hs Li, z. Beg inn d . Ho d Jm itle la l t ers

di e wohl als F ab C'1 angesehen werde n ml1ß.z,) An gebl ich henutytc

dan ach ein Schlemm er , der h eiß e Speise n li ebt e, F in gerl inge. umsich b ei m Essen nicht zu verbren n en .

Der gr ie chisch c A us dr uck , d er zweife llos H an dschuh bed eut et,

is t , bCtKTuAI' 8pa" . Ein an de res W or t " XElpic; " , ab gelei te t von " XEip "

h at in dcu meist en F äll en sei n es Vor ko mm ens die Bedeutun g'Är me l.

Wie d ie Gri ech en ver wcu deten au ch di e R ö m e r de n Ha ud ­

schuh vo r allem als Schutyk leidung. Da auch sie mi t ein em Aus­

d ru ck, nä ml ich dem Wort " ma ni c3", sowoh l den Ha nds chuh wi e

auch di e Ärmel und die Arm schienen bez eichn en , bl eibt es un ge·wi ß, ob C i e e r 0 in seiner 11. Phi lippiea au f di e H an ds chu he des

Antoniu s a nspielt ." ) Son st wä r e diese Ste lle der einzige Hinweis

daf ür, d aß die R öm er H andschuh e als Luxu skl eidu ng benutyth att en ,

Al s Ar beitsk lei dung la ssen sich Hand schuh e im Gebi et der

r ömi schen K ultu r me hrfa ch nachweisen . Va r r 0 erwä h n t sie, als

er vom Abn eh men von Ol ive u sp rich t : " m elior es t ea quae di gitisnudis legitur qu am i ll a qu ae cum digit alibus'"." ) C o lu m n e 11a

vergi ß t sie nicht b ei der Aufzähl ung der Kl eidu ngsstücke der La nd ­arb eit er au f den groß en Gütern : " Cnltam ves titam que familiam

h ab eat, m unitamqu e diligenter <I vcnt o, fr igore pluviaque, qua eeun eta prohibentur p el libu s m anicatis, eent onibus confectis ve lsagis cuc ullatis.t' '") Ein weit eres Zeu gn is find et sich bei Pali a .

d i u s (4. Jhdt. n. Chr. ), einem andere n Theoret iker der Lan d­

wirtsch aft : " E t ocreas m ani easqu e de p el1ibu s, quae vel in ~il vis,

v el in vep r ibus, rusti co oper i et vena torio p ossint esse com­munes."'8)

Anclere Beruf c machten gleich fa lls Handschuh e n ötig. So er ­

zählt Pl i n i u s der Jüngere, der Schr eiber se ine s Onkels habe siebder Handschuh e bedient , um au ch b ei Kälte arbeit en zu k önn en :

" ad latu s n o ta riu s eum libr o et p ugi llari bus, cu iu s m anus hi em em anicis munieb antu r, ut n e cac li qu idem asp eritas ullum studiis

H) A t h e n 8 e u s I. 6 d.

' 5) Xl. Ph ili p p ica c, 11 : ,.sol et ac cip e re i ps e m anicas, n ec di ul ius ob si-

d i o ni s m et um s u st in e r e,

2.) Va< r o , D e r e r us t ica I, c. 55.

:7) Co I u m n e I La , D e r e r us t ic a I. c. 8.

:8) P alI a d ; u s , D e r e r us t i ca I , c. 42, 43.

1. T ~ il , GCHl , id lle de s H an dscliuhs bis z, B eg in n d. H ommi ll e lalt e rs 9

t cm p us eripc re t.":9) Schli eß lich schr ei be n a uch di e Leh rbüch e r der

~Icd izin den Gebra uch vo n H andschuh en bei Ein r eib unge n vo r:O)

We iter hi n geh ör en " m anicae" zu r Ausr üst u ng der Glad iatoren.So sag t J u v e n a I sp ö tti sch von eine r F rau , di e glad iator isd i »

Übung en vor nimmt: "Q ua le decu s r er um, si eo niugis auc tio fiat,

Ba l te us et mani cae e t cr is tae cr ur isqu e si nist r i Dimi di umtegim en .":"] In diesen Z usamm en han g gehö r t vielleich t au ch ei ne

Gemm e der Berl iner Sammlung, au f der M i n e r v a dar ges t elltis t. Di e Gött in hält in der einen Han d einen H and schuh , wahr eurl

die and er e mi t eine m H und schuh be kleide t zu se in schei n t.") F erner

erwähn t F r 0 n t 0 :.m 3nicac" a ls Schu gwa ff « des B estiarius: "C ousu lpo pu li Ro man i. posit a p r actex t a, ma nicam in du it , leonem in teliuve n es quinqu a t ribus per cus sit popul o R om an o sp ecta nt e.Y' ")

E in e b ildl ich!' Darst ellung des Kl cidu ngss t iickes h at sich imn or dl ichen Grcnzgebir.t des I mp er iu m R omanu m e rh al te n . In Vi u­

do nissa hat man nämli ch ein Bronzer elief gefun den, das wo h l dem

2 . J a hrhuud ert n, Chr. en ts tamm t. D arauf is t ein gefe sselter Gal­lier , umgeben von W affen, darg est ellt. Au ßer 2 H elm en, 2 Lan­zen, 2 Schi lden sind au ch 2 Fingerh and schuh e abgcb ilde t.") DieWa ffe n sin d den en de r Röm er seh r äh nlich . Es mag also dahin­ges te ll t bl eiben , ob es si ch hi er um k eltische ode r um r-omische

Waffen han delt. Der H an dschuh wi r d in de n r auh en Gr enzgebie tensi che r v on den Kriegern b eid er Völker get r agen w or den sei n. Al s

wichtig ver dicn t noch di e T atsache hervorgehoben zu we r den, daßman hi er in n ächs te r Näh e des germanisch en Gebi e ts F inge rha nd ­schuhc b eu utyt e. Von ' h ier wir d das Kl eidungsstü ck auch bei deu

Ge rma n en, die, wie wir sch on geseh en h ab en , n ur den F au sth and ­schuh kannt en , Einga~g gef un den h ab en .

.An H and der ' G e s c h i c h t ed e r B e n e n nun ge n d e s

Ha n cl sc h u h s wollen wir versu chen, di ese n Vo rg ang au fzu­

h ell en und di e weitere Cesch iehr e unseres Kl eidungsstückes imAbendl and abzulesen .

29) Pli n i u s , Ep ist. llI , .5 n r , 15.

30) G a l ell 111, VI 5.187 ; O <e i b a s i o s [e d . ?>l alh . 288).31) J u v e n a I , 5 31. V I, v . 255 f.

. 3 ~ ) M itl. d. a n t , Ces . Z ü ri m a.3.0. S. 96 ; v gl. E. H. T ö l k e n . V en. d .

an t , gcsdm. Stein e (Ber li n 183 5) In, 2 326 S. 125 f.33) F r O ll 1 0 , ep . a d M. Caes , V, 22 p . 123.3' ) Mit t . d . an t , Ges. Zürich a.3.0. S. 96 .

ALJ b. b ei D ar C UI b C r g , D icti o nna ire a.3.0 . Bd . II I S . 1578 fig. 481 4.

Page 17: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

10 I. T ed , Ge sd,i d l le d cs Ha n J sdlUh s bis z, Begi nn J . H odHniltelalt er s

A ls lat eini sche B ez eichnu n g- für den H an dschuh wurd e dasWor t "m a ni e a' au fge zei p:t, das all erdi no-:s im k lassischen Lateinnoch }i. r m cl und Arm sch ien e b ed euten kan u.") Se ltene r k ommtdas ,Vur! " d i g i t al i a" vo r. I n das L at ein des früh en Mittel­a l ters ist all ein da s W ort " m a ni ca" eingegange n. Es hezeiclm etjett [n s t auss chli cß lich den H andschu h . Eine Ausna hme bi lde t

all erdings di e E rwäh nung in der sogen annt en Gallika nische n :ri eD·Erklä rung, wo unter " ma n icae", wie no ch zu zeigen se i n wird. eineArt von Mansch etr en zu verst eh en ist. :") In der Mö n chs r eg el deshl. I s i cl 0 r vo n Sevill a aber , di e vo r 636 anZUSCt\cn ist, werd en

"manic a e" ge nann t, di e sielre r al s Handsch uh e :Illzuse hen sind. DerH eilige ges t atte t d en Mön chen n ämli ch f olgende Kl eidu ngsstücke :,.Ternis autem tunicis, e t bini s p alliis, et sing ulis cu culli s con ten ti

eru n t servi Christi, quihus supera dicie tu r mel ot es p elli cca, ruap­pul a, manica e qu oque, p edul es e t ca lig ae . . ." 37) Um 690 zä hl t

Al cl u e l m , Bischof von Sh crb ur ne, " manie ae se ri cae clava t ac"

unter an deren Luxusgew ändern auf.") Di e k ostb are B eschaf Ie n­heit des Kl eidungsstückes deut e t darauf hin , daß es sich um F inge r.handschuh e geh and elt h aben muß . Di e gle iche F orm werd eu di eHandschuh e gehabt h ab en , d ie in d er um 730 entst anden en angel­sachsisch en Vita S. G uth la C' i erwähnt wc r den.") Im Frank ischc-n

Bereich erscheinen "manitia ) qu ae n os p cregrin a lin gu a want osvo eamus" zu B eginn des 8 . Jahrhu nd er ts in de r Vita des AbtesPhilib ert von Lu m i e g e s." ] Un d im J ahre 790 er te iltK ar 1 d er G roß e de n Möndlen vo n Sirhin (SI. Bertin) da sJa gdrecht, damit sie aus den F ellen der er leg t en Tiere Gürtel,B uche in bän de und "mani ei:t" m ach en k önnen.") In Itali en be­gegnen Handschuh e zu erst al s Launegilcl in Urkunden lan gob ar d i-

35) N och jett im f rz. "m andl e" .36) s. U. S. 20 Anm. 2.37} 5. Isidoris H i spale nis e p i s c., R egul a i\lo na chorum c. Xl I :

De habitu m on acho rum (Mign e Pat. Lat. Bd. 83 Sp. 882) .

3S} Al d h el m u s De Vir gi ni t a t o c. LVlII (M G. Au et. A nt. Bd. XV

S. 318 ) Er w arnt di e N on nen vo r Kl e i der lux us . "Na m cultu s ge min i sex us

huius cem od i co n s t a t su buc ula b iss in a , t o n i c a, c o cc in e a s ive ia cinti ua ca pitium

et ma nicae se ricis cl avata e.H

39) AA . S5. BolL 11 Apr. Bd. Ir S. 44: " Wilfridu s ver o ratis de prora

sallu terram p el en S, am bas m ani eRs suas puppi dimiail ."

'0) IIIG. 5 S. r er. Mer. Bd. V S. 592.

") Cha r t ula re d e I'ab ba ye d e SI. B ertio (ed. Guer ar d Coll. d. do c. il le J .8lH l'hi sl. d e Fran ee. Ser ie I Hisl . po l i t_ Paris 1870 ) B d.III S.64.

' 2) Co de x D ip !. Lan gob. (Mon . H isl. Pat ciae Bd. XIII; T urin 1873) S. 64 .

I

1

I

I,

i

I[I

1. Te il . Cescb ica t e d es H an dsdluhs bi s z . Beg in n d . Ho chrni t r el al t e r s 11

seh en R echts. Im J ahre 16 7 spri ch t eine solehe Urkund e vo n "ma·u ent e pa r un o ' '' ~) u nd im Jahre 807 eine ande re von "manc io n ip arum un um '"." ] Von da an hä ufe n sich in di esem Land e die B e­lege. In Deutscld an cl er scheine n ,.manieac" zum ers te n Mal e imInventar von Mil z" ) Weite r we rde n sie im In ventar des K los te r sStaff el see gena n n t." ) Bei dc Que llen sind unt er der R egi erun gKarls des Gro ßen en ts tanden . Auch ei n Ge diw t Wa l a f r i e d

S t r a h o s sche int sich auf H and schuh e zu hcaieh eu." ] In eine rbayr isch en Urkun de vo m J ahr e 819 wer de n Handschuh e scho n

als Re cht szeich en bei der Gr un dst ücksübereignung erwa hn t .") Seit ­dem läßt sich da s Wor t " maniea" häufig in Deutschland na chwei sen.

N eben der Bezei chnung ,.ma ni ca" ers che in t seit dem Beginndes 7. Jah rh und erts als we ite res Wo r t für den Han dschuh der Aus­druck "w an t u s·' . Es h andelt si ch hi er um ein Le hnw ort ausdem Ge rmanische n, Jas sich bis h eute im f r z. "gan t", it al , "gu an to" ,sp an. und port. .,gant e" erh alten hat. Es st am mt wohl aus demFränki schen un d bede u te te ursprüngli ch F au atling." ] Ba ld nahm

da s Wo r t au ch di e B edeu tung Fin gerhandschuh an , wi e noch zuzeigen sein wir d, In einzelne n Geb ie te n wurd e all erdi ngs au ch'n och weit erhin mit " wa n tus" de r Fausthandschuh b ezeiclmet . ZumBeispiel finde t sich in dem um 1000 in W o rrn s en ts ta nde ne n Sum­

mar ium H euri ei für "wan ti" die Üb ersetyun g "vustilinga".'P) Und

(3) G. F a I t e s c i , Memo rie isto r ico- d ip l. e t c. d eI D ucar e d i Spo le ro

(Cameriu o 1801) S. 285.

" ) s. u. S. 27 An m. 31.

' 5} s. u . S. 27 Anm , 32.

'6 ) i\lG. Poe t. m ed. aev. Bd. II ; S. 396 ; "In M an ie is.

E cce sumu s ge m in ae so cra pa r i ta t c soro r es

S ie tarnen un a vice vi t et ut al t erius.

47) s. U. S. 85 An rn. 63.

' S) z, Ag<!. vgl. J. u n d W. G t i m m , Deut sches Wö rte rb uch B d. XIII

(L eip zig 192 2) S. 1924 ; E. Ga m i I1 s e h e g, El yro. Wör te r buch d. f canz.

Sprache (He ide lbe rg 1928) S. 457; F. D i e z , E tym, Wö rterb uch d . Tom.

Sp ra che n (5 . Au O. Bo nn 18B7) S. 176 ; W . M e y e r - L üb k e , Rom. Elym. Wör­

t crhu ch (Heide lberg 1911 ) S. 950 ; Zfr omPhil. Bd. 13 (H alle 1890) S. 4 14 H. ­

Die ü bl iche E ly mo log ie " wlln l"-Umhüll ung ha l t E d w a r d S e b r ö de r fürsehr unwah rsch ein li ch.

' P) E . S t e i n m e y e rund E . 5 i e ve r s, Altbd . Gl oss en Bd. III (Berlin

lil8S) S. 150 Z. 56. - -- 'Wä hren d im llll gem einm io den alth ochd eutschen

Glossen " wa n tus" u nd " chicotheea" m il " h an dseuo h" ü ber sc!ll wird (Stei n­m eyer·Si ever s Dd . I H S. 618 Z. 20 fL, 619 Z. 32 L, 62 0 Z. 32, 35, 61), find et

. ich hi er die Scheid u ng: " eir oth eell" = "handseuoh " un d " wa n li" = "vustiling a".

Page 18: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

l~I. "le i l : Ge sd lL dl lC d es Hand sdlUhs bi s 7.. B egi nn d. Hoclun it t el al tc r s 1. T eil: Ge, chid lle d es Han dschuh s b is z. Beg in n d. Ho chm ille la lters 13

n orh hell te ist d er A us d r u ck .,wan t" im Os tf r ies ische n und Im

Hhc ill [r(in k is Jtc n wi e in de n Nie tlerlande u a ls Be zeichnung d es

[ ,lu sthalI dschuhs in GeLr audl.:·J

)

Verw andt mit " w antus" ist a ltn o r dis ch " vöttr". B eide Worte

dürften auf urgerm. ,,>va n tuz" zurü ckgeh en . Im norwegisch en

Dialekt h ei ßt de r Han ds ch uh " Yaa t·· , sch we d . ..v ant e" , dän .. .v an t e" .

Di e gerrn ani3 che Herkunft d es W ort es k ann al so damit al s e r wie se n

gelt en, trat ei ne r sch einb ar entge gen st eh end en Mitteilun g d er Vita

d es Hl. Columban. In di eser Vita, di e d er Abt J 0 n a s v o n

Bob b io um 641 gesch r ie b en hat, w erden nämlich "tegum ellt:l

m anuum, quos Galli want os vo cant" ge n a n n t . Es h andelt sich um

das frühe st e Z e ug nis f ür di eses W or t. 5' ) Nam entlich d ie f r an­

zösisch en Fo rs che r hab en nun w egen d er H ervorh ebung d er " G aUi'"

an diese r Stell e eine n keltischen Ursprung de s Wo r te s " w an t us"

angenommen.") "Galli" werden in d er gena n n te n Vita nur a n

dieser Stelle e r w äh n t. Das mehrfach vorkommend e Wort " G alli a"

dient ab er als B ez eichnung für d as f rankisclr e Gebiet. Man darf

w ohl d eshalb ann ehmen, daß di e "Gall i" mit den öfte r e rw äh n t e n

"Franci" gl eichbedeutend sind'") . Demnaro ist auch diese Qu ell e

m it d er ger m an ische n Herkunft von "wautus" vereinbar. Ein eähnliche Nadnidlt, d ie wahrsch einlich von d er Vita des Columban

abhängig is t, enthält d ie Vita S. Maimbodi, di e etwa am B eginn

d es 9. Jahrhun d erts an zuseten ist. 5')D3ß " w au t us" dasselb e m eint wi e "m:mica", lass en ein ige B e·

le ge mit Sich erheit e rk cnn en . Ein Ze ug n is bi etet die sch on e r­

wähnt e Vita S. Philib erti von Jum ie ges a us d em Beginn d es

8. Jahrhunderts, di e von der Vita S. Colum b ani abhängig zu

sein sd1 ein t. Hier heißt es in einer et w a g le ichze i tige n Variante:

"maniti a, qu a e nos p eregrina lingua wantos vocamus . . fur avit. ' '';)

Fa st glci d lla u ten d ist eine Stell e d er Vita S. B etharii aus der Z eit

Ludwigs des Frommen.") In heiden Fällen ist al so "wan-

SO) Gr i mm, W B 3.a.0. Bd. X II I 5.1924 : Want.51) MG . 55. re r . Mer. Bd. IV 5. 8I.S' ) vgl. Bull et in de la so c ie t e d es an t iqu a i r es d e France J g. 186 1 S. 46 H .;

kelti sch en Crsprung vo n ., wantus" nimmt gle ich fa ll s an M. He y n c , Haus­

ah ertümer a.a.D. Bd . III 5. 303.53) "gI. d as Glossar zu der A o m. 5 1 zi t ie r te n A usgabe .5' ) AA. 5 5. J au. Bd. II S. 543: "teg um enta rn anuurn, qu ae w au t os ap-

p el an t, pro car i t a t e suscep ir ."

55) s. O . S. 10 Anm. 40.5<1 ) MG . 55. re r- . ~ l e r. Bd. BI 5 . 61 7 : " m a ni eas, 'l uod vulgo w antos v oeant."

II

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!~11ii!:1

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tu s" d er Ausd ru ck de r " per eg r ina lingu a" fü r " m an ica " . Un d

d a ß bci rle W ort e wen igst ens in d en kulturell am mei st en fort­

geschritt enen T eil en des Re id les di e Bede u t ung- F in ge rha ndschu he

hab en , wird dur ch das zwa r 100 J ahr e j ün gere Cap itula r vo n

Aach en vom J ahre 81'] b ewi esen. D ie ses ges ta tte t d en M önch en

" man ic as, qu as v u lgo w an to s ap p cll arnus in acs t a t.e, e t in hicme ve r o

muffulas ve r v ic in as' "." ] Di e .unu f f ula " si n d , wie noch h eute fr z.

"moufl e", F austhand schuh e. Und di e Sclieidung zwisch en ihnen

und den " manicae" ode r " wa n los" hat nur d ann Sinn, wenn unter

d en beid en letyteren Ausdrücken etwa s an d eres al s Fäus t linge, n am­

l i ch Fingerh andschuh e, verst anden werden.

Etwa 130 J ahre ua ch d em Aaclien er Cap itul ar wird durch eiueSte lle d es Wa ltharilie de s k lar erw iesen, daß " wan t us" Fingerhand­

schu h b edeutet. D ort gi b t n äm li ch Hagen d em Wa lthe r scherz­

h aft den Rat, er m öge sich d en Handschuh de r ve rlo renen

r echt en H and a usst o p fen la ssen, um so di e F re m de n zu t auschen."}

Seit der K ar olinge rzeit find et sich auch das Wort " wan tus" r echt

h äufi g in der mitt elateinischen Lit er at u r, bis es eb enso wi e da s

'l,Vort " m a n ic a" im Hochmitt ela l ter durch eine neu e Bczeidmun g

für d en Handschuh zur iickgedr iin g t wird. Vor allem in d er latei­

nisch en Literatur D eutschlands v ersch windet es seitdem fast ga nz.

Die n eue Bezeichnung für UDSer Kleidun gsstück, di e im

10. J ahrhun d ert zum erst en Male au ftritt, i st " c h i rot h e c a' . .

Das W o r t ist zweif ell os aus dem Griechisch en abgelei te t , Es läßt

sich jedo ch eb ensowenig im kla ssisch en w ie im G riechisch e r. der

byzantinisch en Zeit nachweis en .") S chon in d er Vita S. W aldburgi s

find et si ch eilt erster bezeichnender V ersuch ein e r Ze i t, d ie es li ebt,

d u r ch seltsam e Au sdrücke ihre Bildung zu bew ei sen , auch der

Handb ekl eidung ei ne n gr äzisierende n Nam en beizul egen. In diesem

Werk, J as in d er Gege n d von Ei chstätt e tw a um 895 en ts ta n de n ist ,

57) M G. Capit u la r i a Bd. I S. 3-1,5 ; eine gleI che Bes t imm u ng enthalt en di e

St atuten Adelhards für Corbie vom Jahre 822 vgl. Mi g n e , Pa r. LaI. Bd. 105Sp. 538.

58) Wal t h a r i u s v. !iN H. :

" Inte r pocu la scu r ri l i ce r t a m in e ludunt

Franeu s a i t : i arn d eh in e cervo s agit abis ami ee,

Q uo rum d e co r io w an t is sin .e fin e fr uaris

At d ex t rurn mooe a t en e ra lanu gine cornple.

U t Causae ignoros p al m a e su b ima gine f all as. "

5.) F reundliche A uskunft v , H errn Pro f. D r. P . D öl ge r · i\1ü n che ll, d em

,ch sebr zu D ank ver pfl ichtc t b in.

Page 19: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

1 I J. Tcil: Ges d , icLle d cs H alld sd ' llh s his z. Bcg in « (I. H ochmitt e le l tu-; 1. T eil : Ges d .ich le d es Hand s chuh s b is z. Be~ lll u J. Ho c:h rn' ltelalte r.> 15

wer d e 11 nämli ch d ie " wa n ti " a n einer ande re n St elle wo h lk linge n d

uud ~ czie r t zug lei m "cyro rne t riea lia mu ne r a" gClw nn t.(,Ü) In (k r

Vi ta S. Maimbo di , d ie um 925 in der Umge b u ng V Oll Be sanco u gc ­

sch ri eb en w u r de, tau eh t d as Wo r t " mi ro th eca" zum ers ten Mal e

a u f. 6' ) W enig sp ä te r is t i n e ine r Urk u nde de s Kl ost ers Redo n vo m

J ahre 93 1 die Red e von einer .,cirot eca' ·." ) Auch di e i\l ir <l cu! a

S. .l\fa ximini, die vo r 966 in Trier ange fe r tig t wu r de n, nennen eine

"cirroteca, q uam r us tie i w an tu m vo ca n t"; " } So sind a lso di e f r üh e­

sten B el eg e für dieses Wort a us F r an kreich ode r dessen ös tl i chem

Grenzgebiet b eizub ringen . In By zan z b ez eichn ete man d en Hand­

sch uh mit d em Ausd r uck "X€lpÖpna" .6<) Man w ird also vo re rs t

b ei d er Ann ahm e bleib en müssen, daß d as W ort , . ch i ro th~ c a ' - im

10. J ahrhundert in F ran k re im n eu ge bi lde t wur d e." ] Es wurde

d ann bald vo n de r Kurie al s o ffizie lle Beze ich nung der liturgi­

sch en H andschuh e a u fge nom me n. Zwei U rk u nd en aus d em

10. J ahrhund t'rt , in de nen vorn Papst e der " usus chi ro th ecaru m'

verliehen wird , sin d zwar al s F äl schungen anz useh en ." ) Ab er seit

d em 11. J ahrh und e r t se '3t si ch " chiro theea" a ls B enenn un g: des

P ontifi calh andschuh es allgeme in durch. K ein Wund er, daß es von

d a an die and er en mittell at einischen Ausdrü cke f ür gewöh n liche

H an dschuhe b ei se it e dr än gt e u nd sch li eß lieh der ü bl ich e Ausdruck

für F in gerhandschuh e über h aup t w urde . Alle in in de n r omanischen

L ändern konnt e sidi d an eb en d as Wor t "w:mtm" a u ch in d er latei ­

nisch en Sch rif t sp r ache h alten, d a es schon a ls N ame de s H andschuhs

in di e Vul garsprache Aufn ahm e ge f un den hatte.

Im Althochdeutschen er sch eint se i t dem B eginn des 8. jahr­

hunderts al s verh ältn ismäßig junge W ortbildung der Ausdruck

,, 11 a n t s c u 0 h " Al s Lehnwort find et si ch diese B ezeichnung auch

GO) 111 i r a c. 5. Wa l d bur g i s Ltb. III,4 (MG. 5S. Bd. XV,l S. 5-!9) :

uwa n tos a man ibus eve ll e r e v olui t, ve r u m neut rum inv en i t • . . ce r n eu s n arn­

qu e cy r om e l ri ca l ia m une r a . .. ant e se p ntu le i ac er e cx p osit a."

61) s . O . S. 12 Anm.54.

6') d e Co U r S 0 n , Ch arlulaire d e R ed on (Co ll. d. D o c, in ed. a.a. Ö, 1.'Seri e

Hiat. po li I.) S . 258.

S3) MG. 55. Bd. IV S. 232.

6<) Duc a n g e , Glossa riu m m edia c Graeci ta li s (Lyon 1688 ) S. I N 7

") Di e Tal s ache SIeh t ni ch t all ei n, s ie en tsp r icht vielmeh r einer Zeit­

t e nd en z. " gI. P. E . Sc h r a m m , Kai ser, Bas ile us und P ap st (H is l. Zei ts ch r. 129;

192-!) S. 441 H . u n d die d ort 5 . 259 A. 2 ge nannte Lil .

a6) s, u . 5 . 36 An m.68.

im No n lw,sl) Neb enform en d es Wo r tes im Al t- und i\1i ttelho·ch.

d eutschen sind folgend e : ,.h anti 'iCtlOh, h entscliuoch, h in schu g, h an d ­

sch uch, h en dsclie, handsehe. ha nskell " : S) Anfän gl ich läßt si ch d as

W ort - --. abgese hen von einigen Ortsna men, di e uns gle i ch no cli b e­

schä f tigen we rden - _. ledigli ch in den G lossen na chweis en . Erst in

d er mittelh ochd eutschen Lit e r atur tritt es h au figer in Ersch einu ng,

u m sich schließlich im Ne u hoclHle uts cheu alle in d u rchz us etyen . Di e

Bezeichnu ng is t nun scho n f r üh zum E igennamen gewo r de n . Einen

,.Hondsci oh" fand en wir bereits um 730 im Beowu l f-E p os e r ­

wähnt, und auch in Dc u tsch lan d m uß d er Nam e (ibli ch ge wese u

sein , wie d ie Or tsnamen ,.H an tscoh ashe im , H antseuheslt eim, H ans­

co h esleve" b<:le~ (" n . '~ ) Denn de r Gen itiv vo r ,,-he im" ode r ".Iev e"

k ann - wi» mi ch E d w a r d S c h r ö de r Iieb cn swiir d ige rweise

b el ehr t - n ur a ls d er ei nes P ersonenn am en s ged eute t werd en.

D am it sind e1i e Mutma ßun gen J a c 0 b G r im m s , de r gla u b te,

viu e u n mittelbare Bezieh u ng zu m H an ds chuh anneh men zu so lle n,

ni ch t m eh r s til:h ha lrig.'0)

Wir hab en - so k önn en wir zusa m me nfa sse nd fest s te lle n, ­

k lären k önn en , daß die Mitt elm eerv dlk er den F in gerh ac ds chuh a ls

SdlUlJkl e idun.~ de r H an d, a be r auch schon als Luxuskl eidung ge·

br au ch t h ab en. Seit de m 7. J ahrhundert b r eitet sich d er la t einisch e

A us dr uck f ür den Fingerhandschuh, näm lich " rnanica" , in ge r ­

m anis ch b esi ed elten Geb ie te n a us. D as Wor t ."wan tus", d ie u r­

sp r iing li che gt> rma nis che Bezei chn u ng d es F äu st li n gs, nahm sog a r

di e Be J e utu ng Fin gerh andschuh an. Seit dem 8. Jahrhund ert tritt

al s n eu es W ort , wiede r um vo rnehm lich für den F ingerhand schuh,

.,h antscuoh" au f. D ur ch d ie so fes tgestell te n Z eit en läßt sich da ,

A u fko m men der Heuen Form unseres Kleidungsst ück es ungefähr

festlegen . Na t iir lich is t d er Z eitpunkt in d en einzelne n Ge b ie te n

se h r ve rsch ie den, wie d enn zu m B eispi el d er Nord en d en Finger­

h andschuh vi ellei cht e rs t im 11. Jahrhundert aufgen ommen hat.

61 ) •.han zk i " ; dies Wor t h at auch im No rde n dur chaus die Bedeu lun g

F inge rha nd schuh. vg l. H ja I m a r F a I k , Alt w est oor d isc:h e Kl eid erk un de

a.a.D, 5. 89.

68) A us den Gloss en ges am me l t b ei 1\1. H e y n e , H au slit e r turner a.8.0.

Rd . III S. 30l.

69) E r n s t F ö r s t e m a n n , Alt hoc:hdeu tsc:h es Nam eob u dJ B d. II,1

(Bo n n 191 3) Sp, 1230; d ie dorl an ge führ ten Bel"ge ge horcn z, T . schon demfrühen 8 . Jah rhunde rl an .

10) vgl. Kl cin e Sch rif te n B d . V S. 333 H. un d S. 4-4 2 ff.

Page 20: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

16 1. T eil: Gesd, icb tc des H and schuhs lns z, B e~ ill n d. H ochmitt clail er s

E s läßt si ch abe r doch sa gen , d aß se i t d cm 8 ., vi el leicht schon seit

d em 7. Jahrhundert, d er Fingerhandschuh bei den kultur ell f üh re n ­

den Schi cht en der aben dl än disch en W elt hekannt war und ve r ­

w en d et wurd e.

Di es es Ergebnis, 6 0 unw esentlich es zu n ächst sch einen ma g,

bildet nun do ch de n Au sgangspunkt zum Verständnis d er fol gen.

d en Entwicklung. Seh en wi r , w as di e ab endländisch e W el t, vor

a ll em de re n germanischer Teil , mit dem neu en K leidungsst ück. das

ursprüngl ich nur di e Hand schiig en sollt e, b egonn en hat.

I

I ;iI '1

'1..'

11. Te i 1

DER HANDSCH UH ALS AMTSZEICHEN

(INSIGNIE )

Page 21: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

Bish er haben wir den Handschuh haup tsad rlicli als S c h u t z >

k 1e i d u n g der H a n d kennen gel ernt. Nur ve rei nze lt ließ sichauch seine Ben ug ung als S c h m u c k· 0 d e r Pr unk s t ü c knachweisen. Im Mitt elalter werden wir nu n gerade diese Verwe n­dung unser es Kl eidungsstückes immer häufi ger finden . Auf einerweit er en Stufe werd en wir dem Handschuh dann als Au s z e i e h ­11 U 11 b s s t ü c k von Amtsp er son en ode r Würd enträgern - zu­meist bei feierl ichen Handlungen - begegn en . En dl ich wird eroffi ziell in de n Orna t der hohen Geistli chk eit und der Herrscheraufgen ommen. Damit ist der H an dschuh zum Amt s z e i c h e u(I n s i g ni e) geworde n . Er hat also eine wichtige Funkti on üb er­n omm en , denn für d en mittelalterli chen Menschen ist nur derr echtm äßi ger Herrscher oder r echtmäß iger Bischof , der an der rich­tig en St ell e mit den r ichtigen Insigni en nach h erg ebracht er Ord­nung geschmückt worden ist.

Den Insigni en ist geme insam, daß sie ihren Träger vertret enk önn en. Noch heute spr-ich t m an von der " K ro ne", meint abe r denHer rscher, der di ese trägt. Ähnlich ve rfä h r t m an mit dem Bischofs­st ab , dem " K rummsta b", wom it m an sich gewöhn t hat, die geist­li che H errscl13ft zu bezeichnen. Di e Insi gni en werden in soIchenFällen , wie sie h ier beisp ielh af't angefü hr t wurd en, zum Z e ie h ellcl e r He r r s c h a f t. Auch in di esem Sinne - .. all erdings nur ineinem Sonderfall - ist der Handschuh ben uty t worden. Es ha ndeltsich 11m die Verwendung des K ou igsh ands cliuh s als Hech tszeich endes Königsb ann es.') Ab er hi er ha t der Handschuh diese Be­deutung bald wied er verl oren . Si e wurde wied er vergessen , d enndi e all gem ein bekannten "Symb ole" des Herrschertums, Krone undSzep ter, ware n zu bedeutsam , als daß sich neben ihnen ein nc ueshätt e durchseg en können. Auß erd em fehlte dazu dem H andsdlUh.der ja auch noch ferner T eil der Alltagskl eidung bl ieb, die Vor aus­se ty ung des Einm alig-Weih evollell.

Im einzelne n zeigt der Aufstieg un seres Kl eidungsstückes zurInsigni e und zum R echtszeichen natürlich manche Abweichungen

' ) s. U . S. 54 rr.

Page 22: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

~ 2 I I. T e il : Der H and sdruh als Arnr sze ichcn (Tllsi gn ie ) Der Biscb ofsh an dschuh 23

..ant cm a uic ies" diirf t en wohl d en ,.llJa nu a lia ' · d er Meß er kl äruu g

e n t s p r eclicn . E s sind al so d cmu ach in der T at Ar mst auch eu im

Ga lli k •m ischen Ritus a ls liturgisch e Ornat stück e v erw end et wu rden.

Di e Armstaudl en verdi en en a us zwei Grünrl en n och weit er

unsere Aufm erksamkeit. Ein ma l b erühren sie si ch d u r ch ihre

Aufgab e, di e h ei ligen Gerät e vor d er Be rührung mit d cm Vn re i ne u

zu schü t.VrJ, en g mit dem sogenannten Ritus d cr verhüllt en H ände,

d er auch b ei de r Aufn ahm e des Hand schuhs un t e r d ie Iiturgiscli eu

Gewä n der v on B cdeutung ge wo r de n ist. ") W eiter ist das Kl eidungs­

stück sch on zum Trä ger e ine r all egocisch en B erl eutun g ge wo r de n .

Zwar ist der n ücht erne Zw eck , d er di e Einführung d es Ü r na ts t iicks

ver anlaßte , noch in der Erinn erung d es V erfass ers der Meß·

erklärung. Ab er im G ei st e d er g lei chzei tig ge üb te n Bib el all egore5e

wird d en Stauch en e in ti eferer Sinn b eig el egt. Der Autor e r k lä r t

nämli ch, die " ma n u a li a" berleuten , d aß die H änd e d es Priesters

ni cht mit we l t liche n Ehren be las te t, sond ern mit d er erha be n en

A usü bu ng d er Gebot e Go ttes umgeben wer den soll en. Ahulichc

all egorische D eutungsversuche werden wir später auch h eirn

Bi schofsh andschuh au fz uzeigen h aben.")

Von d er ers te n Iiturgi sch en Handb ekleidung er fah re n wir

außer de n genan n te n Zeugnissen nichts weiter. Mit d er Einführun g

d es r ömischen Ritus in Fra n zien s cheint ihr Gebrauch abgeko m men

zu sei n .

B ei diesem Ornatst ück bleibt vi el es sehr rätselh aft ; anders

li egen di e Dinge b eim Bischofshandschuh. In se ine Vorgeschichte

führen B el ege zurück, di e v on d er B enutjung von Haud scliuh eu

durch Angeh örige d es geistlichen Standes b ericht en. Di es e bedien­

t en sich seiner an fä n gli ch wi e die Laien als Sdmtkleidung gege n

die Witt erun g und b ei der Arbeit. D ah er gest atte t e die Mönchs­

regel d es BI. I s i d 0 r d en Mönchen Handschuhe.") H ingegen

warnte Bischof Al d h el m von S her bur n e die Nonnen vor

Kleiderlllxus und vergaß nicht, b esonders die "manicae scri cae cla-

dornni Ccrmani, quod ac eepit Vi nn eradus di acon us in t esa u r o, ann o XLII reg­

nante domn o Chlo t a rio : ho c est c asu la f'uscan a, ca su la r ene l en a I , eagia f usca r.caligas 31b~s IIII, sa g ia d e h ai r a I, c a lci as filtr in as p ar i a I, cal cia s r eu elena s

p ar ia I, p a ll as III , an te man i c i e 5 paria I, sup er cellio vcll on o 1. ca pse ll a

euro reliquii s de ips o domno C errnano, Reliqui e incogni t e, q u as nullus au d et

videre; und e quid am v o lens ea s v id ere amisit lumen oculor um."

8)~. U. S. 24 H.0) s. u . S. 34.10 ) s , O. S. 10 A nm . 37.

- II

I

I.,

varae' zu nenn en .") Erfahren wi r hi er d ie m er kw urd ig c T at sa che,

d aß u m 690 in En gl and lI andschuh e von k ostb ar er Besd ia f' Fcu h ei t

in d en K r eisen der Vo ru eh rncn ni cht unb ek an nt w ar en , so ist erst

r echt anz une h men . d aß die :Nonnen dort weniger k ostbare H an d ­

scliuh e ge trage n h ab en. :01it J en Bestim mungen der Regel des

H L 1 s i d 0 r s timmt es iiber ci n, wenn K ar I d er G ro ß e de n

Mön chen von St. B er tin das J agdrecht verli eh , da m it s ie au s d en

F ell en d er erbeu te te n T ier e H an dschuh e anferti gen ko nn t en ."} Auch

das schon e rwä h n te Cap i lu la r vo n Aach en ges ta tte te den J\Iön chen

im Sommer Finger. und im Win ter Fausthand schuh e." )

W enn hier im So m mer da s Tragen von Fingerh ands chuhen er ­

laubt wird , so s ind di es e scho u nicht mehr al s r ein e Schutyklei dung

anzu sehen . Yi elm ehr wird es j e~t b ei den Mönch en, Ji e ja von

Haus ,1US vie lf ach vo rne hm e H erren sind, Mod e, H andschuhe als

Luxusk leirlu ng' zu tragen.

Vor [I llern b cnu ty en natürl i ch di e h öheren Ge is tli che n ebe n so

wie d ie vorne h me n L ai en Handschuhe als Prunk- oder Schmuck­

st iicke. Schon in der um 641 en ts tan de n en Vit a S. Columb ani wird

erzä h l t, daß dem H eili gen die H andschuh e vo n einem H ub en ge­

stohlen wurden.") E ine ganz ähnliche Gesch ichte weiß die Vita

S. Guthl aci, di e hi erin wohl von der Vita S. Columbani ab hän gig

ist, um 740 von ein em Abt W i I f r i e rl zu ber ichren."] E in wei­

t eres B ei spiel d afür, daß Geistliche wert voll e H andschuh e b e­

nutyt en, en th ält di e eben fa lls sch on erwä h n te. Vita S. Philib erti von

Jumieges au s d em B eginn des 8 . l ahrhundc rt s.16) Der W ert und

di e k ostbare Beschaffenheit dieser Kleidun gsstück e wird hi er off en ­

h ar, d enn ein Strolch er d r eis te t s ich, dem H eil igen di e H andschuhe

zu r auL en.

Leider b ericht et nun keine der ge n an ll t f'n Quellen , ob m an sich

d er Ho nd schuh e auch in d er Kirch e und b ei go t tesd ie ns tli che n

Handlungen bedient e. Es bleibt also nur di e T atsache festzu st ellen,

daß di e G ei~t1i ('h ~n als Angehörige eine s vornehm en und durchseine Aufg.aben b esond er s au sg ez eichu e t en St and es im fr änkisch en

") cb tl. Anm. 38 .12) 8. O. S. 10 Anm. 41.13) 6. O. S. 13 Anm . 57 ; ä hn l. SIal. Y. Cor bi e s. eb d .

") s, o. S. 12 An01. 51.1» 6 . O. S. 10 Anm . 39.16) s. O. S.12 An ro. 55 : ,,18[ro w an t os ill i us i n cl i na ta p raesu rnp t io ne f u ra-

vit" .

Page 23: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

21 I!. T eil : Der H""dsd' \liJ a ls Amtsae i chen ( I nsign ie) De r Bi scho fs hall .Ischuh 25

Reidl uu d in Eugland se i t d em 8. J ahrhuudert Fingerhalld5chuh~

t r ugcn , d ic d am als siche r lieh scho n zur Tracht der vorn ehm en Laien

ge hör ten .

Der Beflutung d es H andschuhs b ei go t tesd ie ns tl ichEn Haml­

lungen k am n och ein alter Brauch ent gegen, auf de n wir des ­

h a lh kurz ein geh en müssen. Es han rlelr sich um d en ~ o genanntell

R i t u s J e r v er hüll t c n H ä n J e , der sc incn Ursprung aus

d em Orient herl eit et, im Zeitalt er des Hell en ismus im Ab end­

land einge fiih r t wurd e und schließlich durch das r öm ische Kais er­

tum auch in den kirchli ch en Kult ein d r-a ng .") Diescr Ritu s b est eht

darin , daß man sich vor unb ekannt en ma gisch en Wirkuu;en, cle n e u

man b ei der B erü hrung mit e ine m gö t t lichen We sen au sgesetyt ist,

durch V erhüllung der H ände schiityt. Mei st ge schah di ese Ver­

hüllung durch Tü cher, wodurch man gleichz eit ig dargebrachte

Opfergab en vor der Berührung und Beschmuljung durch die un­

r ein en Hände b ewahrte.

So lassen aich denn die Zeugnisse üb er den Ritus m zwei

Grupp en zusamm enfass en. Zur erst en Grupp e ge hö re n jene

Quell en, di e d ie Verhüllun g der H :iude vor einem Gott oder auch

d em Gott-K önig der orientalischen Völk er bez eugen. Das früheste

Beispi el für diesen Brauch findet sieh in einer N achricht de s grie­

chi schen Ges chichtsschreib ers Xe no p h 0 n .1S) Di eser Gerichtet,

Kyr os habe di e Kinder der Schw est er sein es V at ers hinri cht en

la ssen , we il sie vor sein Augesich t get reten se ie n , ohne ih re Hände

d er Sitt e gem äß in d er "KOprl" zu ver bc rgcn, eine H andlungsweis e,

di e ni cht nur als Verstoß gegen die gu t en Sitten, sondern auch als

Aufruhr aufgefaßt wurde. Auch am rcrnischen Kaiserhof schricb das

Zeremoniell di e Verhüllung der H änd e beim Erschein en v or dem

H errsch er vor. l" ) Dieser Brauch erh ielt sich unter den ehrist.liehen

Kaisern . In Byzanz trifft man ihn sogar no ch im Mittelalt~r.

Eb ens o hat er sich im Orient w eiter erhalten, wie e in Relief in der

Petcrsb urger Eremitage beweist . Es stellt den Sassanidenkönig

eh 0 s r 0 es An 0 s h i r w a n (531- 578 n. Chr.) umgeb en von

11) vgl . A l b r e c h t Di e t e r i ch , D er Ritus d er vcr h iil lt en H änd e (KL

S ch ri fte n ; Leipzig 1911) S. 440 f f.; F' r a n ~ 0 i s Cu m o n t , L'adorati on de s

mages a .a .0. s. o. S. 6 Anm. 7 ; An d r e a s Al f ö I d i , Die Ausgest al lung

d es m oo archisch en Zeremoni ells am r öm isch en Kai serh of e ( Mirr . d . d tsch .

Archa o l, I ns r. : R em. Abt. 49, 1934) S. 33 f ,

18) Hc ll eni k a H, 1, 8; Cyroped ie VIII, 3. 10.I.) Al f Ö 1d i a.3.0. S. 33 f.

( .

~jI

sein en Würd enträgern dar. Die An wesen den hab en w eg en der

Gegen war t d es Herrschers ihre H änd e in J en Arrnclu ihrer Gewä n­

der verbo rg en .")

Die zwe ite Grupp e umf aßt jen e Zeu gn i5se, di e di e D3 rlJringuu ~

von Op ferg aben oder , wa s sel te ner ist , di e di e E nt gegenn ah m c V Oll

gö tt lichen Gesdle nk en mit verh idl t en H änd en bezeu gen. Wi ed erum

steh t hi er ein ori entali scher Bel eg am A nfa ng , der um so bea d l tens­

w cr ter ist, als hi er zu m erste n Male Handschuh e zur Vcrh iiiluug be­

nuEt werd en . Es h and elt sich um da s b er eits er wä h nt e R('lie [ VOll

Da s e y I i um aus d em 5. Jahrhund ert v. Ch r ., das ein e Opfer­

sze ne der Ma gi er darst ellt.") Die O p fernden sind in persis ch er

Tracht abgebilde t , der Mund mit dem "padam" und di e H ände

o ff enbar mit Handschuh en verhüll t. Di eser Brauch sche int sich

übrigen s in Per si en bis h eute e rh al ten zu hab en, denn die F eu er­

an be ter nehmen noch jett ihre Opfer au f d ie gleid1 e We ise vo r ."]

In der abe n dlä n dische n W elt findet si ch der Ritus bei Darbrin gung

vo n Ga be n außerordentlich häufig auf Kunstwerken d es frühen

Mitt el alters abgebilde t. Es sei hier Dur auf di e Sarkophagr eli ef s

u nd i\Iosaik F:n der Kir-ch en in Ra venna und R om verwiesen .i ")

Zeitli ch gehen diese Zeu gnisse bi s in s 12 . Jahrhurider t hin ab . Auch

im g allikanischen Ritus finden sich scho n früh Spuren unseres

Brauches. Auf d em Konzil von Autun am Ende d es 6. Jahrhun­

d erts wird zum Beisp iel b estimmt: " N on Iicet muli eri nudam

m anurn cucharisti am acc ip e r e.Y' ") Es erschein t nicht ausgeschlossen,

daß m an sich hier an Au g u s tin u s an geschlossen hat, bei d em

es h eißt: "Omnes viri,> quando ad a lt ar e acc essuri surrt, Iav ant

m anus su as, et omnes rnuli er es n itida exhibe n t lint ea m enta.v") In

D eutschland hab en sich eb enfalls Hinweise auf d en Ritus erh alteu.

A uf der Erztür de s Bischofs B e r n w a r d im Hild esh eimer D oIr.

ist zum Be ispiel das Opfer Kains und Abels dargest ellt. Ab el

bringt ein Lämmchen dar, das er auf ei nem Tu eh trägt. Selbst bi s

in di e Neuz eit hab en sich im Brauchtum Deutschlands manch erl ei

~ O) J. H • c k i n , Rech er dies ar che.ologiques au Co l d e Kbair Kh an eh p r es

d e -Ka oul (Mem. de la d el ega t ion ardr eo l. fran ~ai s e en A fgbn n ist an Bd . VII ;Paris 1936) 5.18 fi g. G.

~l ) S . O. S.6.

22) C u m o n 1 , L'ador at io o d es m age s a,". 0 . S. 95 .23) Beispi ele b ei Di ere r ich a.a . Ü.

~ ') MG. Concilia Bd. I S. 182 c , an n ö 573-603."' ) M i g n e , Pal. L3l. 39 S p . 2168 ; App en d. Se rm , 229.

Page 24: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

2Ci Ir. T e il : Der H an d s cli u h :1Is A m tazc icli-:u ( I ns ign ie ) D er Discho fs ha n d sd . u h 27

R es te d es R i tu s d er ve r h ü ll t en H ände bcwa h r t." ) Au ch and e r­

w ci tig find en sich n och so lch e R C6tc. So empfan gen zum B eispi el

n od i j q~t d ie K ard in äl e d as A b zeicbe n ih rer Wünle , d en Hut, vo mP ap s t nur mit b ed eckt en H änJ en .' 7)

M all m uß s ich n uu ab er d av or hüt en, di e D u r ch f iih r ung d es

Bra u ches, in b es t im mten F äll en di e H iin d c u nt er Tü chern zu v e r ­

bergen, sich a llzu stren g und u m fassend vorzu stellen. \Vip jeder

B r a u cl: hat a u ch d ie se r im mer nur in ei n ze ln en G ebiet en und nicht

i rnm er i n m ehreren gle i ch zei tig G el tun g gehab t - lassen sich d och

b ei spielsweise in R om in d er g lei chen Zeit, in d e r der Ritus a u I

Bild werken arn h äufi gst en e rs chein t, ebe n d or t D a r ste ll nng en na ch­

w e ise n , a u f d en en Gab en mit un verhüllten H än d en d argebra cht

werd en.

W en n a lso hi er vi el es n otwendigerweis e in d er Sch webe bl eibt

un d g ena n e Nachweise schw er zu erbringen sind, so d a rf man doch

mit Sicherh eit an n ehmen, d aß d er Ritus auch bei d er Ei n fü h r u ng

d es H andsch uh s be i go t tes d ien st l iche n H andlungen V Oll Bedeutung

gewesen ist.' 9) E b ens o wird v ermu tlich d er Gebr au ch d es Mani pel s

v on h ier a us zu d eu ten sei n . Den n die gewöhn liche Erk lä ru ng, d ie

d arin ein Etikett estüd" ode r ein Schw eiß tu ch sieht, dürfte n icht aus ­

r e ich en, di e Aufn ahm e des Manip els unter die liturgi schen G ewän­

d er zu r cch tf'cr tigeu ."} Zusammenfassend läßt sich a lso "ag en : Die

Ab sich t d er Me nsch en, sich vor unb ek an nt en m agi sch en E inwir ku n­

gen zu sch iityen, verbunden mit d er, d as Heilige n ich t zu ve ru nreini­

ge n , hat n icht nur d en Ritus d e r verhüllten H ände bedingt, son­

d ern h at auch b ei de r Einführun g d es Man ip els lind d es liturgisch en

H an dschuhs e ine m aßgebliche Roll e gespielt.

V or di esem Hintergrund e wird v ers tänd li ch, w ieso sich d er

l3isch uf shalldschuh so sch ne ll dur chsetyte. Am B eginn d es 9. J ahr­

hun d er ts h at d e r H andschuh, d en wir in dies er Zeit bish er nur al s

Schmuck.- und Prunkst ück höh erer Gei stl icher k ennenge1emt haben,

di e n ächste Stufe sei nes Aufstiegs zur Insignie errei cht. J e \3 t w ird

e r bei liturgisch en Han d lungen a nge le g t, wie seine Au fz ählung zu­sa m men m it and eren liturgisch en Gew ändern u n d k irchlichen Ge-

~ 6 ) H a n n 5 B ä e h t 0 I d, Zum Ri tus d . v er h. H änd e (S ch we iz. A rch . f.Vo lks k . Jhg . 20; S tr a ß bu rg 1916) S. 6 f f. ; Eu g en F eh r I c , e bd . S. 120 rr.,vgl. B ä e h t 0 f d in H d wb . d. A bergla ub eos B d . IU (1930) S. 1387 Cf.

:') J . H a s ti n :;; s, En eyel. o f R e lig io n and Ethiks (Ed in h urg 1913)

Bd. V I. S. 499.09) so "ch on Di e I e r i ch a.a .O .

30 ) " gl. B r au 11 . Li t . Ce w. a.a ,O. S. S·U H.

I~ ~

r ät en in elen In ventar en v on K irch en un d Kl ost ern b cwei st. ::'ioch

is t nh l:r der Geb raud1 d es Kl e i dun~sstli ck e 5 ni ch t o ffizie ll ge billi gt

u n d ge r ege lt. So k ann d er H an dschuh au f di eser St uf e als Aus­

zeiclm u ng sstii ck d es am t ie r en den Gei s tlich en ang ese h en w erd en, d as

siche r li ch zu gleich n o ch die A ufgab e h a t te , di e M cßger a te vo r B e­

schrnu g u ng zu s clt ij ~e Jl .

Di e ers ten H an d schu h c, d ie J en Ums ta nd en d er Erwähnun g

n ach litu rgi sch e A u f'ga b en h atten, werden in ei ner Schenkungs­

urk un de der Äb tissin E rn h i I d vom Jah r€' 800 f lir d as Klo st er

Fulda ge nann t.") Hi er wir d d er ge sam te Sdlat d es F rau enk lost e rs

Milz b ei Römhi ld , d as d er H oh eit Fuldas u n terst ell t wi rd . aufge­

gezäh lt. Es b efin d en sich d arunt er vier mit Go lds t icke r ei ve rs ch eue

u n d zeh n p ur p u r farb en e H an dschuh e. A u ch d as w en ig jiinger e In­

v cn ta r de s K lo sters St aff e1see vo m Jah re 810 enth ä lt acht Se id en ­

h an d schu h e, v on den en vi er mit G oldsti cker ei u nd Edels te ine n ver­

zie r t sind." ) U nd im I n ventar v on St. Ri qu ier vom J ahre 83 1 'W er-

31) E. Fr. J. D r 0 n k c , Co d e x Dipl . F ul d e ns is (Cassel 1850) S. 38 no . [57

(n n no ~OO); "H aee s u n t o rn a m en t a ec cles ia e h u ius m o n as te r i i, id es t a l t ar e

p ri m u rn a uro p a r a tu m, c r uces lres a u r o p a r a tae , cap sae a u r a t ac u n d ecim , ca -

l ice s s rgen tc i IV, ro tid e m p a t e n a e, tr es a m p ull ac a rg e n t eae, ca lices eu p r in.i •

eu m p at enis t r ibu s, Ima gin es aur a t ae IX, eor o na una au r e a, casu la c p ur pu rea e

du ae, c e t e r ae d ivers i colo r is XII, dalm at iee 11, ee te r ae alb ae V I, g lo k ka e I V,

e t u n um t iut in ab ulucn , al t a r iu rn ve rs tim en ta purp u r ea IX, pall io la IY, re liqu a

v es t ime n t a a lta rium IX, rn a u icac VI, aur o p a r a tae , or a r io p u rp ur e a IV, f an ou es

a n r o a r g e n toq u c p a r a t i YII. c c t er a pu rpur at a l l l , ru a n icae p u rp u r e ae X,"3Z) »c. Capitulari a Bd . I S. 250 f.: " In ven im us ibi p l a n e t as cas t ane as 1,1.

d e la na fa c t arn ct i in c t a m I. D al m at ieam I, s i r i ca rn I. alb as V I I. Am ic ru s

I V. F an one s Iin eos seri eo p ara to s ad offe rendum ad a l t a r e XII I. . .. Pallia l in ea

t in c ta 11. Lint c a m iua ser ie o pä r a t a ad a l t a r ia ves lien'da 11. Ma ni e as ser i ce as

au r o e t ·m ar ge r i l is p a r a t as IV e t a lias se r i ce as IV. Co r p o r ale s I V et c." ­

l:l r a u n b em erkt zu d ies e m I nv ent ar (Li r. G e"' , a .3,0 . S . 363, A n m , 3) : " An

P on ti lle a lha nd sehu h e z u d r-n kc n v e r h ie te t d e r Um sl a lltI , daß es s ich um das

I n ven tar e in er e in f ache n Kl oster kirche han d e l r." Au ch di e ,.m a n icae·· Im In ­

v en ta r VO n lIl il z h ält d e r gleiche A u to r n ich t für Han d schuh e . Da ~l a n i p el

n icht dami t ~ eme i n t sein kö n n e n, d enn d ie se we r d e n in b e id e n V er ze ich ni sse n

ge so nder t auIgc f iih r t , ~ i b t B r a u n die E r kl ä ru n g, " d a ß d ie "oo a nie ae" a lle m An­sche in nach mit d en en d e r 200 ä l t e ren Gall ika n is che n ~Ieß e r k l äru n g i d eo t is dr

s ind" . D agegen ist e in m a l e inz uwenden . d aß zu r f r aglich en Ze i t das "Wor t

" m an iea" SdlO D a ll ge m e in d ie B ed e ut u ng H an d sch uh h at (s. o. S . 1(\ f. ) . Und

wa r u m so ll t cn hi er S ta uch cn ge m e in t se i n , w en n 20 J ahr e spa t cr im Iriv en t ar

v on S t. Riqui er unbes l r itt e n Hand schuh e na chzu w eise n s ind ? D aß es s ich n icht

um P o oli fiealb an d schu h c im streng en Sin ne h a ndelt , ist se lbs l ve rs tä n u l ich . D o ch

i S I h ier d as An fa n gsst ad iu m d er E n tw ick lung, di e zum P on tifi ea lhand schu b

fu h r t.

Page 25: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

28 11. T ci l: De r Hanelsdlu h als Amt saeichen (I nsip, ie) Der B ischo fsh andschu b 29

de n " wa n ti cas tanc i au r o p ar a t i' gena un t." } Auch ein P aar Leinen­h ands chuh e werd en aufge f ühr t. Abge seh en von diesen , sin d all eH and ~('huh e der Invcn taro von k ostbarer Beschaffen h eit. Es han­delt sich also in der Tat um Prunkst ücke, deren Aufgab e in derAu szeichnung der Pri ester b est an d. Denn daß da s Kl eidungsstück

ta tss ch lich in der ka ro lingis chen Z eit in de r Kirdl e ge tragen wurde,

er fa h re n wir aus de n Ges ta Aldri ci, der Bio gr aph ie eines Bisch oFsvon Le Mans. Die h i er in Frage kommenden T eil e di eses W erk esdurften wohl n och um 840 in der gleichen St adt en ts ta nde n se iu.:":Es wird hi er näml ich erz äh lt, ein Ge is tl icher h ab e b ei ei er Ein­

w eihung einer neueu Kirche seine H andschuh e verl oren : ,.Quidamen im sa ce r dos in ihi (se I. eccl esi a) suos want es p er d id i r, dum pra e­

di ctum sac rab utu r templum; qu os quidam cle r ic us in veni ens, fur­tim de ip sa ae cclesia no va exp ortare vo luit ... ex ire n on p otuit. " JO)

Di e Gegenprob e ergib t folgende F eststellung : I nventare an.derer Kirchen, di e aus dem 9. J ahrhundert sch on ziem lich zahlreichvorli egen, er wähne n ebensowe n ig wie di e sons tige n Quelle n Hand­

sch u he von Gei stli chtn. Es zei gt sich als o, daß im K arolingerrei dlH andschuhe in ein ige n Kirch en b eim Go ttesdiens t verwen de t wur­d en, bei ander en nicht, Der Gebraudl des Kl eidungsstuckes h attebidI ebenso we nig allgem ein durch gesetyt, wie er auch vo n der Kirch enoch nicht an erkannt und gebilligt war . Deshalb n ehm en natürlichauch di e Liturgi ker jener Zeit n och keine Notiz d avon. W eder

A m a I a r, H r a b an noch W al a f r i e d S t r a bo erwähnenH andschuhe.")

33) Ch ro n . Ce n t ulense III,3 (2\1 i g n e , Pat. LaI. B el. 1'j4 S p. 1258) : "In

sa cr a r i o ad t abulam co op e r ien d am vest im cnru m liu eurn pallio paralum 1,

t a p et a 6, eortin ae 3, b an cal es seri cae 6 et alii 6, c ussin i ser i ci 2, Cl' p nll io 4 .

ves t im en tum lin eurn d omini eale I, n astolac C" auro p ar a t a e 2, wan t i cas ta­

n e i au ro p arat; 2. li n e i 2, fanon es m a nu ales au ro p a r a t i 2, ca pe l lurn aurop araturn 1 et c,"

34) i\lG. SS. Bd . XV, 1 S. 310 ; Zur Da ti erun g vgl. d as Vor wo r r vo n

G. Wa i t z zu d i~s er Au sgab e ( ebd .) lind W. W a t t e n b a c h , De llt. d >l andsGe schschr. (7. Aufl age 1904) Bd. 1 S. 334 .

JS) D er Text h at "ma nt es", wa s nach \Vai\} ebd. S. 310 A n m. 4 als ,.wa n tes· ·zu lesen ist.

36) vgl. n rau n , Lit. Gew. a.a .O . 5 . 363. - TrO!l ' ~ em st cht d ie liturgische

Ve rw endung mi t ziem li che r Sich er h eit fest, wen n auch w enig d av on au szusag en

ist. Je <lcnhll s darf Inan ein e solche Verw endun g nicht d esh al b a ble hn e n, wei l

Handschuhe n ur in d en In ventaren VOn Ki ost er . und n icht in d en en von Kath e­

dralkirch en vork ommen. Wenn n ämlich spät er d en Abt en d er " u sus d,iro·

th eearum" verlieh en wur de , so ist sich er an <un elllnCIl, d aß h ier ein sch Oll be·stehender Brauel, an erka nn t wurd e.

Se it dem Beg inn des 10 . .Iah r hun dcr ts er sch ein en nun a uch inob erit ali enisclten I nve n ta re n Hands chuhe. W iede ru rn h audel t es

s ich nicht um Bi schofsk ir chen , In dessen sind hi er di e Gegens tände,

di e vo n der Hofkap elle K önig B e r e ri ga r s in den BesiBder uitb er iih mt cn K rouun gsk ir ch e St. Gio\"an ni in l\Io llza üb er­gehe n, vo u besond er er Wi chti gkr iLJ' ) Im T est ament des K oui gs

wi e in dem Ver zeich n is eine r kl ein eu Do r fk ir che werd en n ämlich

" ma nicae" ve rzeichn e t. 15)

Zur gleidl en Zeit e twa sche nkt ahe r audi im äuß ers ten Zip felvon Südfr ank reich der Bi schof R i e u I f y 0 n EIn e se i ner Kirche

" anllulum aureum unum curn gcm mis p r etio sis, e t wan tos pariaunuru" ." ) Ein wei tere r Bel eg für das f r anz os isch e Ge biet fin de t sichin d er Vit a des Abt es Ai e a d r u s vou Jumie ges, di e eben fa lls dem10 . Jab rh under t ang eh ör t. <0) Nach eine m hi er erz ähl t en IVuncl er

zo g der H eilige beim Gott esdicns t seine Handschuhe aus und hängt esie an ei ne m Sonne ns t ra h l a uf, auf dem sie während d er ganzen

Zeit der Messe schwe b te n." )E rs t in der Mitt e des 10 . J ah rh unde r ts wurde der en ts chei­

dend e Schritt ge ta n und der H an J schuh, den wir be r eits in Frank­reich , Deutsclil an d und Italien in liturgisch er Verwendung fand en,in di e offi zi ell an erkannten Bischof sinsigni en eing er eih 1. Undzwa r ge sch ah d ies durch Aufnahm e der feierl ich en Übe r re ichung

J1) Mo n . Hi st. P atr. Bd . XIII (T ur in 1B73) S . 570 f. Inv ent ariu m donorum

i egi s B~ren oarii b nsdica c m ocd oe ri euai 5 . J oh an ni s fa et oru m (zw . 8B8 u, 915) ;,.Ca pit u la ti o ecc lesi as t ice r ei d e ca p clla se ren issirni r egi s Bc re nga ri i ea .u-

c ulas nihil p a ra t as, m an i ea~ I p ar a t as, d alm a tica I d iac ono indu er e " ; ebd.

,.D e r a pel la do rnni Perenga ri i r eg is, qu au do ego Ad elb ertus ma gi stro meo

Egi lo lfo p rescn t avi . . . talm at ic as Irr , s ub ti les II. rnan icas H , s t olas II . . ."

J8) eb d. S. 724 : Invent ar ium omnium h on o rum roonas ter i i S. Juli ae

B r ixi ensis [Br esci a) anno 905; "ln cur t e in fra civit at e Pl ase n t ia es t cape lla

1. p er t inent e. casu la lin c a I , m anigas Ir . . .In curte Cinc tura es t ca p ella I . . . in q ua in ven imu s . . • p lan e t as Iineas

Ir , manigas II . . ." In a lle n F äll en h and elt es s ich si cher u m liturgisch e H and­

schuh e, w as d ur ch di e ü br ige n aufgezählt en liturgisch en Kleidungsstücke he­

wi es en wird . Au ch B r au D, Lit. Gew . a.a .O. S. 36~ be zw eifelt dies nicht,

JO) i\l i g n e, Pa t. LaI. Bd. 132 Sp. 468; anno 915.' 0) V ita S. Aicad ri i n AA . S5 . 15. Se pt. Bd. V S. 95 : "Qu i 1U 0 X wanlos

se u manie as ahs t r ae tos a manibus in solis radi o velut in ramu ro arb o ris sus­

p end ens, m ore sol it o eo ra ll D omino p op li t em flexum fe eit, el sa n ct as p r eee.

ad D om in um .. . Quo dum di gna p reee p er aet o . .. , w an t os, q ua s Deo eom·

m end averac, restitu it ..."

") über d as Motiv de s am Sonn en .t r ahl aufgeb ä ngt en Hands chuhs in derL egende s. u. 5. 144.

Page 26: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

30 11. T e il : D er Ha n dschuh als Am rsz eichcn (Insign ie) De r Bi scho fs h an d schuh 31

v on Ho n ds dm h cu in d ie Vorschrift en de r B iseh ofsweih e im Ord o

H omarl o-G crmanicum." ) D ieser Or d o wurtl e um 960 von d en i\löu ­di en von S t. Alban in iJb inz auf Grund u mf assencie u lIl at e rial s und

p m z beso n de r er Sa chk enntnis zu samm en gest ellt. Hi er wird nun

ge n au nnge or d ne t, wi e die Handschuh e dem Bi scllOf h c i d er IVe ih e

unt er Sprechen ei nes w örtlich an gegeben en Geb et es zu ü be rge ben

sind .

Das We rk d er Main zer W erkstatt kam nun n odi vo r End e d es

10. J ahrhun der t s nach R om , w o es sich bald infolge se ine r prak­

ti sch eu und sachkun d igen Art allgemein dur chseg an k onn t e . V on

hi er aus wi e a uch vo n Mainz trat es dann sein en Siegeszug durch

die ges 2m te ab endlän d isch e Kirch e a n . Damit w u r d e au ch der

Handschuh mi t eine m Schlage in d er ge sam te n aben d lä n d ische n

W el t zu r P on tifi ca lins ig n ie .

Freilich ist es, bev or d ie Forschungen a bgeschl ossen sind, n ochnicht zu üb erseh en, ob di e Aufn ahme der H andschuh e in de n

B isch of so rdo de s Pontifi cal e auf Grund l\1ainz er Br-auchs ges che h e n

ist, o de r ob man sich äl te r e O rdines , dere n m an sich in ve rs ch ie ­

d enen a nderen Fällen b edi ent h at, 21s V o rl age gewählt h a t. D enu

di e liturgisch e Entwicklung d es 9. J ahrhund erts li egt s trecke n we ise

n och im D u n ke ln . W o so lch e Vorbilder zu suche n w ären, . ergibt

sich für unser liturgis ches Kl eidun gsstück aus d en bereit s zu sam­

m eng est ellt en Q UI~ lIcn . So er wünsch t nun au ch di e B eantw ortun:;

d er zu le tyt angeschn i ttene n Frage wa r c, so ist di es le g t en End es für

die G es amtentwicklung vo n ge ri nf;e r e r B ed eutung. E n tscliei d cnd

für di e Geschid l te unser-es Kl ci d un gsstu cke s w ar eben die L ei stung

der Mönch e vo n St. Alb a n, d enn ihre V o rsehrif t nahm die gesamte

Kirche a n .

. ") z , f1 g. vgl. d as gr un d lege n d e W e r k von ~I i ch a e I An d r i e u, Les

O r d ines Roma ni (Spi c il egi um Sac r llDl Lova u i ens e 11 ; Lö we n 1931 ) B d. I: Les

m anuscr ipts ; da neben für d ie En ts rehungszei t und d en ge ist ig en und politis chen

H in l ergrun d P . E . 5 e h r a m m : Di e Krönung in D eut schl und b is zu m B eginn

d es se li schen H~ u s e s (ZR G Bd. SS Ka no n. AbI . 24 ; We im a r 1935) S. 216 f f. ­Vo n d en vorl ä ufi g n och zu benu tycnd en Ausgaben geht M. Hit I 0 r p (De d i­

vin is of 6e iis; Ant w erp en 1736, S. 109 ) auf d ie Köl n er H andsehr. 141 (vg l ,

An d r i e u a.a.O. S. 108 ) ; E . 111 a r I e 0 e (De a nt iq uis ecclcs iae r i tib us ; An t ­

w e rp en 176 3 ; B d. II S. 53) auf d e n Codex D . 5 der V alli eetl ana (vgl.

A n d r i e u a va,O S. 182) und J 0 h . Mo r in (De sa cr is ecel. or d in a tj oo i hus ;

P aris 1686 ; S. 392) auf Cod ex 173 der Bi bI. Al e6undrin a in Ro m zurü ck (vgl.

An d r i e u a.a .O. S. 232). D a sid, n un n ach d iesen Ausg ab en in allen 3 Hand­

schrift en die üb er crichuog de r H and6chuh e find et , muß sie a uch di e U r f as su ng

eies P onti fieale Rom .-Ger m. gekao n t hab eo.

,

!II';I! I1

1

D 3s Ge be t, das na ch dem P ont ifica lc Ro m ano -Ge rmil nie u m zur

Anleg urig d er H and sch uh e gesp rochen wird , laut et:

"Imrne n sam clem en tiam tuam r oga mus, om nipo ten s et p i issinieD eu s, u t m anu s is tius f amuli tui N., sci lice t f r a tr is n ostr i, sic ut

ex t er iu s obducuntur m ani cis isti s, sie int erius au sp ergantur rore

tu ae bene dic tion is, ut quaecumqu e p er eas sint b eu edi cend a vel

cousec r an da, p er te bcne di ca n t u r e t consecr en tu r ." :"]

Nebe n di eser Gn m d fo rrn gib t es n och Neben forme n. Das

Sakramen ta r R at 0 1d s von Co rb i e (I 986) ent h äl t be ispiels­

w eise eine n Messor do, d er eben fa lls ein G eb et zur Anl egun g derHandschuh e aufw eist . Di es es W erk is t u m 980 un ter Ben u g u ng

d es P unti fical c R omano-Germanieum in St. Vaast b ei A r r as an d er

dcu t sch -f r an zdsi sche n Gren ze an gefertigt w orde n. Hi er w erd en

fol gend e Wo r te vorges chrie ben : "Dig na m an u s n ostr as Christ i cus ­

t odi a servet, ut traetare quean t nostrae rn on umen ta salutis:' '' )

Nach de r Missa Illvrica, eine r wohl u m 1030 in Minden en ts t a n­

d en en K ompil ation , sp r icht d er Bi schof w ie der um ein ande res

G eb et. ' S) Er bittet, Gott m öge ihn mit de m Gewan de der Ger ech ­

ti gkeit und Freude umkl eiden, a u f da ß er v erdi en e, mit r einer

See le vo r sein Angesicht zu tret en.

In d en erwähnten G eb et en wird - wi e i n di eser Z ei t ni chtand ers zu e rwa r te n ist - de n Handschuh en ei ne allcgo r is che B e­

d euturi g z ugesproche n. Wir e ri n ne r n un s, daß uns derartiges scho n

im 7 . J ahrhund ert b ei d en Armst au ch en d er Gallikanisch en M eß­

e r k la r ung b eg egn et ist.' 6) Au ch hi er wird a lso ei n K le id u ngss tück,

das al s Insigni e ganz b esondere W ichti gk eit h at, zu m Träger eine r

<a) vgl. H it 10 r p a.a.O, S. 109; J 0 h. 1\1 ° r in 3.a. O. S. 322; 1\1 ar I e n ....

a , 3.0 . Li b. I , cap. V ll I, a r t , 11 o r do 8; B J . H S. 53. - eb d . Li b . I, ca p. IV,ar t. 12, Ür d o 16 (Bd. I S. 217) z e ig t, d aß n och im 13. J ahrhu nd e rt in lIfain z da s

gl e ich e Ge be t In Gebrauch war.

44) 111 a r 1 " n e 8.a. 0 . Li b . I, cap. IV, a r t. 12, O rdo 11 ; B d. I S. 203.

<' ) M a r I cn e ebd. Or d o 4 Bd. I S. 177 : " Ad in d u endas manus . Crea tor

t o t ius c r eat ur a e. di gna r e m e in d ignum fam ul um tuum i nd um e n t is j ust i t i ae Cl

l a e t i t i ae i n d u e re, u t p ur i s m e n t i h us a n t e c o ns p ec t u rn t uum ass is t e r-e m e r ea r

m u n d u s, "

über d as A lte r di ese s Wer ke6 er t ci l t e m ir H err Pri v.Do s. D r . K lau s e r ­

Bonn b er ': [w ill igs l Ausku nft, w ofür ich ihm zu g roßem D an k v e rpflichtel b in .

vg l. J. B rau n, A lte r u n d H erkunfl de.r sog. Miss a Illyrik a ( S l immen au s

M ar i a -Laad , B d . 69 ; F rei \' u rg 1905) S. 1-13 ff. so wie Ca b r 0 I in D ie \. d 'a rch.

ch ret. a .a .O . B d. 5, 2 S. 1629 f.

'6) S. O. S. 20 f.

Page 27: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

32 I!. Teil: Dcr Hand schuh als Am t sz e iclrcn ( I ns ig n ic) D er BisdlOfsh andschuh 33

dah intcrl iegcn den , tief eren Bedeutung. Zunädlst ist di e umhüll end e

u n d schmückend e Funktio n d es H anrlsci iuh s. di e wir schon bei

se ine m Aufstieg zu r Iu signi e wirksam fand en , n och nicht vergessen.

I m Pontifi eal e Homan o-Cer tnan icum wird dah er der Handschuh

für ein sich tba re s Zei chen d er G na de Gott es e r klä r t. A h n li ch ver­

h ält es sich im Sakram entar Rat 0 I d s v 0 11 Co r b i e und in der

Mi ssa l llyr i ka . Hi er e rsche ine n di e H andsdl\lh c a ls Sinnbild der

H erzensreinh eit, mit d er ih r Trä ger a usg es t a t te t sei n so ll. Auch

b ei B run 0 von S c g n i (+ 11 23) ge l te n di e H andschuhe als Zei­

chen der Rp inh eit. Auf di e Frage, wesh alb d em B isch of Handsdl\lhe

angelegt wer den , an two r te t e r, d amit seine H ände " re in, sauber

und von all em Schmute fr ei und lauter seien".") Im Laufe d er

Zeit vcrli er t sich d ie E r in ne ru ng an di e hist orisch e Entwicklung,

und di e Gründ e, die zu r Einführung d er Insi gni e ge füh r t haben.

werden vergess en . Di ese Wendung tritt etwa arn B eginn des

12. .Iahrh und erts e in. Zunächst äuße r t sie sich d a r in, daß man den

G ebrauch d er Insignie für e ine ü be rl ie fe r u ng aus der frühesten

Zeit des Christentums h ält . Di es e Meinung ersch ein t zum e rsten

Male bei H 0 n 0 r i usA u g u S tod un e n s i s am Beginn des

I 2. .Iahrhund er ts.") D ie spä te re n Liturgi k er n ahmen di ese Ansicht

ebenfalls auf, und so ga lt d enn d er Gebrau ch d es Handschuhs bei

d er Liturgie bis zum B egin n d er n euzeitlichen Forschung als eine

Üb erlieferung der Apostel ." ) F ür di e a llegor ische B edeutung d es

Kleidungsstück es wi rd nunmehr a u ch di e Bibel herangezogen.

I Co n o z e n z ur. sieh t n ämlich im Hand schuh ein Sinnbild der

Bockfellchen, mit d enen Rehekk a Jacohs H illd e verhüllte, als e r

sich den va ter lichcu Segr-n h olte.") Er fol gert daraus , daß das

Kl eidungsst ück Sin nbi ld d er siinclha f tcn Men scheunatur sei. mit.

der auch J esus zur Erde kern , um durch sein Opfer di e Memchheit

") De s acr. eccl. (~I i g n e , Pa t. Sa t. Bd . 165 Sr. n08) .48) Ho n 0 r i u 6 A u g u S I 0 d u n e n s i s, De gemm ~ anim ae Li1>. I, ca p.

CCXV (~Iigne Pat. L aI. B d. l 72 Sp . 609).

49) R 0 b e r t u s P a u 1 u 1 u s ( ? -'litt e 12. Jh d t.}, D e s acr. et off. eccI. 1,56

(J\I i g ne , Pal. La t. Bd . 177 Sp. 406); 5 i c c a r d II S (um 1200), Milrale II,5

( ~I i g n o , Pat . Lat. Bd. 2 13 Sr . 79) ; Dur a n cl u s (End e 13 . Jhdt.), Ralio­

n al e III.12 (L yon 16J 2) S. 75.S0) Genesis xxvn,16 ; In n 0 zen z U[.. D e sac ri fici is m isaae 1,41

(M i g n e . P ar . Lat. B d. 217 Sp , 789) ; vg l. dazu Au g u s t i n II S, D e mendacio

Note 24 zu K ap . 10 (~l i g n e , Pa r. Lat. Bd. 40 Sp. 534), wo sich die Aus ·

It"gung dcr Bocksfcllch en auf d ie s ünd enä h nli che 1'tlcn sd, ennalur zum e rs te Male

find et.

zu e rlöse n. 111 spä te r er Z eit wir cl de r liturci sche H andschuh als

Sinnhi icl der fO u te n ,Verk f" od er der Behutsamk eit a llsge leg t.5

' )

Au cli das Ge be t, d as no ch jeBt b ei d er Anle gun~ d er H ai .d­

sch ulte ges p roche n wird : betra cht et di ese a ls Sinnh ild der Re inhe i t,

v crb in de t jedoch damit di e Ausl egung d es P apstes In n 0 ze n z III.

Es laut et : "Umgib , 0 Herr, di es es d ein es Di en ers H änd e m it

d er R einh eit des n eu en Men sch en , de r vo m Himm el herab­

stieg, a u f d aß er rlu r cli di e heilsam e Ga be, welch e er mit se inen

H änden di r au fo p fe r t, so sich d ein en C nad ens ege n verdienen

m öge , w ie eins t Jac ob, d ein Li ebling. si eli den v äterli chen Sf'gen

er warb, weil er a n den H änden mit de r B öckl ein F ellchen bed eckt ,

de m Vat er gar willkommen e Sp eise sam t T rank d arb r ach te, durch

Ch ri s tu s, unsern Herrn, d er sich dir I iir uns in der Weise d es sün­

d igen Men schen selbst hingab." ~')

Ü be r di e Art des Gebrauchs der H andschuh e b eim Go ttes uie ns t

e rfa h re n wir ni cht vie l aus den Qu ellen . Di e Vo rschrift en sind au ch

ni ch t ein h ei tl ich . Erst in der Neuzeit wurden si e ge na u f es tgclegt.

Der P ontifi calhandschuh wurde hauptsachl ich b ei d er M esse ve r­

we n de t, ausge no m men di e Tot enm ess en und di e K arfrei tags fe ie r." )

Ab er au ch bei and eren Feierlichkeiten , bei d enen sich d er Bisdlof

im vollen Ornat zu zeigen hatte, wurden sie ge t r age n . Nach jenigem

Kirch enbrauch d ürfen di e Handschuh e jed och nur b ei d er F ei er d es

h eiligen Opfers angel egt werd en .") Auch der Zeitpunkt der An­

legung d er In signie stand anfangs ni cht allg emein fest. Nach

d em Sakramentar Rat 0 I d 5 von Co I' b i e trug d er Bischof di e

Handschuh e nur bi s zur ·H än d ewaschun g vor der eigentli chen Op fe­

rung. s~) Das gle id le bestimmt das Pontifi cale d es Dur a n d u 5 und

d er. sog. 14. Ordo M abi 11 0 n s , d er dem 14 . J ahrhundert an ge­

h iir t .") Di eser Brauch blieb bis zum geg enwä r t ige n Zeitpunkt

~l) v/!:l. J . B rau n , in Studien aus Mar ia Laach a.a. O. S. 87 f." ) üb e l " b. B rau n • Lit, G ew. 3.a.0 . S. 360. Das Geb el en t s t am tn t sch on

dem spä t en Mitt elalter und findet sich er stmalig a rn En de de s 13 . Jhdls. h ei

lJ u r a n d u s , der ja auch son st die sp a t er o Litu rgi e cn tsche id en d b eeinflußt

h at . (V at , Cod. lar. 1145 f. 35) , vgl. B rau n , ebd. S. 382.~3) Di e Entw icklung im einzelnen bei B rau n a.a .O. S. 380 H.

5' ) eb d , S. 359.55) 5 . O. S. 31 Anm. 44.~e ) M a r I e n e a.a .O . Lib. I c. 4 ar t . 12 o rdo 23 : Bd. I S. 221; O rdo 1·1

..... u rd e Anfang d es 14 . Jhdc von dem K ard in al Jacobus Stef an eschi ve r faß t :

"gI. r. 1. An d r i e u. L'o rd in a i re de la chapell e p apal e e t le Card inal ]aC4ues

G ae lan i S te r., in E p he me r ides Lilurgi cae (1935) S . 230 Ff.

Page 28: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

34 11. T ei l : Der IIallJsdlU J. al s Am tsxc ichc n (I nsi gni .; i D er Ha ndschuh d er Aute 35

gült i!!:. Hi er von ab w eiclicn d c Vo rs d ir ift en find en sich In ei n ern

Mai nz er P ont ifical e des sp a t en 1;:; . Lalirhuu dcrts und in einem Mis­

sa le, clas um 1400 in eine m Kl oster der Di öz ese Basel cn ts tan d .")

Eb enso wi e d ie Meßvorschrift en sin d auch die Ordines derBi schof sweih t' b ezü gl ich der H anrls chuh c im Mit tc la ltcr nicht ein­h e itli ch.'·')

Für uns hab en di ese Din ge. di e du rdi J ° s e p h B rau nsch on klarg estel lt sind , nur inso fern Bed eutung, als sie aber m als

er k en ne n lassen , daß die Aufnahme der H and schuhe unter d ieP ontific alinsignien nur di e Ane rkennung eines schon bcs t eh en de u

B rauches war . W är e das K leidungsstück vou obe n her einge füh r tworden, danu wären auch einheitlich e Vorschrift en üb er se in en

Geb r au ch zu e rw arten. So aber sehen wir, wi e ör tliche Sonder­bestimmungen noch jahrhundertelang besteh en bl eib en.

E bens owe n ig war di e formale Beschaffenheit der Po n tifica l­hnndschu h e im l\1itte la lter fest gel eg t. Wichtig ist - worauf schon

h ingewiesen wurd e - daß di e erst ell H andschuhe, di e zu l iturgi­schen Zw ecken verw end et wurden, du rchaus den Ch ar akter von

Schmuck od er Prunkstüek en hatten . K ostbare Aus statt un g bleib tnun das Mer kmal der litu rgischen Handschuh e bis zur Neuz eit.Durch zahlreich e erhaltene Stück e und durch vie le biltllich e Dar­

st ellungen sin d wi r se it dem h oh en Mitt elalt er über ihre Bescha f­

fenhei t gut unterrichtet. B rau n hat vi ele Nachw eise zusamm en ­

~et r agen . Auch fin den sich zah lre ich e gute Abbildun gen in seinemW erk.'·") Wi r brauchen also auf di ese Di nge nicht m ehr näher ein­

zu geh en . Lediglich ein ige Merkm .l1e des liturgisch en Handschuh s

sollen kurz er wä hn t werden, wei l di ese sp äter beim K önigshaud­schuh wiederkehren . Einma l werden im 12. und 13. Jaluhunder tdi e Bischofshandschuhe al s ,.inconsutiles" bez eichnc t. t") Die~ so ll

and euten, daß sie a us eine m n ah tlosen Gew eb e bestanden . Siewaren also meist ge st r ick t. Ferner trugen sie a uf ihrein Rilck ell

m eis t kl ein e Me t al lp lat tch en oder Sticke r ei en al s Schmuck. Die

Ruadplättd1en, d ie " circuli" gen ann t wurden, waren gewöhnlichmit bildl idi en Darstellungen verzier t. B esond ers beliebt warenBild er des H eilan ds, der Jungfrau Maria, des Lamm es Go ttes, de rs egnend en Hand Gottes und des Kreuzes. Oft spi elte n auch I n-

SI) Mart en e a.a.O. L. I c. '1 a r t. 12 or do 18 . Bd . I S. 2 17.58) cb d. ord o 32 : Bd. r S 235 .SO) Litu rg . Gew andun g a.3.0 ., b es . S. 359 H .

60) I:lel e ~ e h e i B r au n a ,u.0 . S. 369 f.

sclir if ten auf Zwe ck ode r allegor-isch e Becl et.ltun g des Kl eidu ugs­st iickes an: ') Wir wo lle n di ese Eigena r te n des P on t i fi calh and schuhs

für spä te r im Au ge b eh alt en .Ei n letyter Blick soll noch kurz der Farbe d es Orua tst ück ..s

gelt en . Auch hi er find e t sich cl as gle iche Bild , das un s schon bek annt

ist: im frühen Mitt el alt er besteht k eine einhei tli che Ret;elun g. Im

9. J ahrh und ert war Purpur di e b eli ebtest e Farhe. Im 12. uud

13. J ahrhundert war en di e H a ndschuh e meist w eiß.") R ot wurde

dan eb en n och immer Gern ge trnge n.6J) Am Beginn der Ne uz ci t

ee13ten sich dan n die so ns t übli chen lit ur gischen Farb~ll für d iesOrnatstück durch.

2. Kapitel

D er Hands chuh d er Ab t e

Bisch ofsh andschuh und H and schuh der Ab te habcu deu glc i­chen Ursp rung. Und nur au s praktischen Crün dell sol l der le ty tere

hi er Gesondert h eh an del t werd en.Erinnern wir uns d er Ergebnisse uns erer früheren Nachsuche,

bei der un s ber eits litur gische Handschuhe in kl öste rlich en Kirchen

be gegn et en . Es sei en n ochmals die Inventar e vo n Milz und Staffel ­see genann t.") Wenn nun H andschuhe zu liturgisch en Zwed,en iu

ein em Klost er vorhauden w ar en, so ist es Gewiß, d aß vor all em di eÄbte von ih n en Gebrauch machten . Wir h ab en außerdem schon ge ·

seh en , daß in f r iili e r Zeit di e Benugu ug des Kl eidungss tückes im

auß erkirchlichen Leben gerade be i m ehrer en Äb te n zu belegenist. ';') Und wen n im b eginnenden 10. J abrhund ert, zur Zeit also,

in der der H andschuh unter die offizie ll en P on tifica li nsigriien auf­genommen wur de, in den I nven tar en kle ine r lornhardischer Kirchen

Handschuh e auf geführ t werd en , so ist an zunehmen, daß minde­stens in der gleiclien Gegend auch in klö st erlich en Ki r ch en vo nihnen Gebrau ch ge ma cht wurde." )

~ ; ) cbd. S. 37 <1 [f.

.Z) c bd. S. 379 s.63) In der en glisd re n H ochkirch e tragcn au ch iC\lt n och di e B is ch bfc Ha nd ­

sch u he , m eist von r o t c r Far be ; vg l. H . J ob D F €' a s e y , Bis hops Clcv es, inT he Antiquar y ( Lo ndo n 1898) S. 245.

0 1) s. O. S. 27 f.65) s. O. S. 23 f.

SO) 6 . O. S. 29 Anrn. 38 .

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36 11. Teil : Ocr H nmlschuh a ls Am rszoichcu (In si gni e) Son stig e Verwendung durch GClsll id lc .,-':>1

Als n u n der H :Jlldschuh in d er Mitt e d es 10. Jahrhund erts 3U ­

e rk an n te Insiuni e d e~ Bi schöfe wurd c, wu ßt e seine Bellu~ung,

d ur cli Gci sl1idl c ni ed eren Han ges na t iir l icl: al s Mißbrauch auge­

se he n werd en. Es mußt e nunm ehr d as Bcs tr cb cn d er B etroffenen

sein , sich einen Rt>chtstit t'l für ihr eu gewo h nhc itsmii ßigcn Brauch

zu verschaffen." ] U n d zwar wa u d te m a n sich n a ch Iioru , um vorn

Pap st Privilegi en zu er ha l tcn . Be sond ers d ie Ä b te von widltig en

Kl os t er n hatt en Erf olg mit ihr en Bem ühun gen .

Char ak t er is ti sch für di e ob en ge sclrilder t e Lage ist es, daß die

Zahl di eser Pr-ivilegien mit m ehreren F äl schungen beginn t, d('ren

f ruhes t e zwei Urkunden angebli ch J 0 h a n n s XV. sind . D ie eine

soll im J ah r e 986 [u r da s Kloster Ciel d ' O ro in Pavi a und die

ander e im J ahr e 986 f ii r Braunau in Böhmen angefertigt se in .?")

Eigen ar tig ist es all erdings, daß zwe i so wei t voneinander en t­

fernte K löster glauht en, von dem gleichen Papste ihre Hech t e h er­

l eit en zu k önnen. Hat a lso J 0 h a n n XV. ta tsächlich schon d~'n

" us us eh i r o th eca r urn' an an de re Äbte verlieh en? WahrsdIeinli ~h

war dies n i cht dcr Fall , denn ein so bed eutendes K lost er wie Monte

Cassino besaß noch i\Iitte d es 11. Jahrhunderts di eses Recht nicht.

end die N achrich t d es L e 0 vo n 0 S t i a in seinem Chronikoll

Cas sinense vom J ah r e 1049, daß L e 0 IX. dem Abt das Recht ver­

liehen habe, trifft w ohl für di e an de re n d ort ge nan n te n Ornat­

stücke, nicht aber für die H andschuh e ZU. r.9) F erner sind auch die

Verleihungen des gleich en Papstes für Ciel d'Oro in P avia und fü r

San Giustina in Padua nicht e d l t.'O) Erst mi t eine m P rivil eg;

Ale x a n der s 11. vom Jahre 1070 für Cie l d'Oro be ginnt e ine

groß , Reihe echter Urkund en .") Man findet di ese bei B rau n auf-

6, ) "g I. d azu Lau r e n t i u s H:I 11 S e r , Da s ab teilich e Pontifi cal ienrecht

-ci ns t und jeUt, in Stud. 'I. :'>litt. Z. G ~s ch . d. Benedik ti ne rord ens N.F. Bd . 14

(Münch en 1927) S. 46; Hauser weist d a r au f h in , da ß bei de r übernahme der

Pontifieali en durch d ie Äbt e 3 Stuf en deu tl ich zu unt erscheide n sin d: I. Usus

..cp ro ba tus , 11. usu s tolera tu s, p roba t us , ap probatus, III. obligatio pe r legern

sc r ip t um.

5S) Ciel d' Oro: R. F. K e b r , R egest. Pont. Ro m .: I tal ia Po nt ifici a Bd . VI, 1

S. 193.

B raunau: P h . J a f rs , R eg. Pont. R om. Nr. 384 9.

69) MG. 55. BJ . VII S. 683; vgl . K ehr 3.a .0 . Bd . VIII S. 135 und B rau n

-a.3.0. S. 368 .

70) K ehr 3.3 . 0 . Bd . VI,l S. 194 ; ebd. VII , 1 S. 180 .

01) K ehr 3.a.0 . Bd. VI,1 S. 195.

ge fiih r t.") B esond er s die Bell edik tin er waren auf so lelie Priv ilegi en

erp icht. Die Zist erzienser d agegen ve r bo te n d eren Ann ahm e dur chei ne n B esch luß i hre s Generalkapit els, der durch I TI n 0 ze n z III .

noch bestätigt wurde."} Später ä ude r te si ch a lle r d ings auch di e Ei n­

stellun g di eses Ordens und zwi schen 1359 und 1375 e rh iel t de r

Abt vo n Ci t eaux da s Po ntificu licurech t fü r irn m er ." )

)lit d er V erl eihung de s " usus ch ir o th ecarum" an einze lne

Äb te gEht d as B estreb en p ar allel, di e B enu ßun,; d er Imign ie in d en

Klöstern zu ve r h inde rn, d er en Äb te k ein Pri vil eg erha l te n h a t t en.

Am B eginn des 12. Jah rhun derts verordnet di e Sy uude vo n P oi­ti e rs: ,. u t nu llus abba turn uta tur ch irot he cis, san d aliis , ann u l0, n isi

quibus fu eri t p er privilegium a Rom ana ec cle sia ccn ceesum" ;")

Gl eich e An ordnungen erließ en di e Synod en von Gran 11 1'1 und

von Sa lzburg 1274 .' 6)

In di e R it en der Abtsb enediktion wurde die fei erlich e üb er­

r eichung d er Hand schuhe in de n Kl öst ern, di e di e BerechtigunS

dazu besaß en , naturgemäß m it aufgenomm en . Das früh este Zeu g­

ni s find et si ch in einem B enediktionsformular, das dem T h e 0 d 0 r

v on Ca n te r bur y (t 6(0) zugeschr ie be n wird , in di esem T eil

j edoch erst d em 12 . J ahrhun der t an gehört.") W eitere B eispiel e

bi et en ei n Pon tifikale aus der Diözese Besan90n und ein e Ordi­

n a t i o Abbatis von SI. Hemi in Reims." )

3. Kapi tel

Son stig e Verwe nd ung von Hand schuhen du rc h

Angehörige d es g eist lich en St andes

Bisher haben wir ges ehen, wi e sich d er Kreis derjenigen Geist­

lichen , die d.is Recht h atten, sich d er liturgischen Handschuhe zu

bedien en , abschloß. Trog dem erfahren wir aus einigen Quell en mit

12) a.a.O, S. 368; zur Ve rvo llst aud igu ng DOm eine Urkund e für Set rimo in

Tusk ien vgl. K e h r a.a .0 . Bd. III S. 53.13 ) vg l. P h. Ho f me i 8 t er, Mitra un d St ab de r wi rk liehen Präla ten

(Stu t lgart 1927) S. 20 f.

. <) ebd.1$) G. D. M 3 n s i , Sa cr. Cone. Col!. Bd. 20 (V enedi g 1775) S. 1123 .

16) cbd. Bd . 21 S. 106 und ebd. Bd . 24 S. 137..7) B r 8 u n a.a.O. S. 369 Anm. l.18) M 8 r t e n e • .a.O, Lib . II c. 1 o rd o 3 : Bd. 1I S. 153 .

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38 Il. T eil : Der Il.llds JllIh 01$ Amt szc id ic u (Lnsign ic) Sonstige Verwen du ug d u r d r Ceis rl ichc 39

zi cm li clic r Sicherlieit, J aß auch cinf aclic Priester vereinzelt Hand­

s chuh c Dei liturgi schen Handlull;rll a n lcg tcu .

Den ersten Hinwe is au f di ese F r ;J gell findet man In em er

B estimmung d er Templerre;;el vom J ah r c 1] 2. 8, wo es heißt:

,.K ein Bruder s oll l erle r nc Hands chuh e (hi er im Gege ns an zu d en

E isenh an ds chuh cn der Rii stun g) tragen auße r dem Brucl e r Kaplan,

dem m all si e zu tragen er lauht zu Ehren d es Leibes un ser es H errn,

welch en er oft in den Händen halL" "J) Wei te re :r'i"achri eh teu, die

auf ein e liturgis che V erwendung unseres Kl eidungsstürkes hinzu­

d eu ten sche in en, finden sich se it dem 16. J ahrhund ert in Frank­

re ich und Ita li e n, So verb ot der hl. Kar IB o r rom a e u s de n

Priest ern seiner Mail änd er Diöz es e, während de r Mess e ihre Hand­

schuhe auf d en Alt ar zu legen .sO) In fr an zosi sch en Qu ell en wird

zweim al der Brauch er w äh n t, auch niecler e Geistlich e mi t H and­

schuhen in den H änd en zu bes ta tte.n . Du Sau s S a y (l'1. J ahrh .)

berichtet von einem solche n Begräbnis in Tours, wob ei der T ote

Jen Ke lch in b eh ands chu h ten Hauden hi elt .s1) Ein äh nliche r Fall

ist aus Abbcvill e bek ann t." ]

Wen n wir n u n weiter e r fah r en, Jaß die Träger VOll Reliquien

b ei Prozes si onen in Angers di ese T ätigk eit mi t H andschuh en ve i ­

r ichtet r-n, daß di e Di ener in B csa n co n am Altar nur mit H an d­

schuh en arb eiteten, so wird die gl eiche Ab sich t, sich vom H ciligen

a bzus en en, offenbar, di e uns scho n b ekannt iSLB3) Dies e g-leiche

Absicht dürfte bewußt oder unb ewußt au ch der Anlaß gew esen sein,

(laß si ch niedere Geis tli che in einzelnen F äll en der Handschuhe

bei der Litu r gie hedien ten. Zur gescg maßigen Einführung VOll

Handschu hen konn t e es abe r nicht m ehr kommen. Es bli eb viel,

mehr bei diesen Ansäten, denn die Verw endung d es Kl eidungs.

st iick es als Insignie der hoh en Ge istlichkeit machte di es unmöglich.

Ein letyt.e r Seitenb lick IDJg nun noch den Handsdmhen gelten,

die von d en Mönchen zu ihrer Ordenstrach t getra gen wurd en .

Handschuhe als Schugkleidung d er =Uönche waren uns scho n frühbegegnet. So woh l die R c:;el des Hl. I si d 0 r von Se v i 11 a , wi e

das Aachener Cap itu la r, die Statuten von Corb ie und von Fo nta-

19) Di e T e mp i e cr egel , hg , K. K Ö r n e r (J en a 19 D~) 5 . 76 § 268.

fO) A cta Eecl. ?lIed. Ed . IV S. 29, 143, 17 6 .

EI) F anopl. E pis. S. 35 3 .

8') CI a u d e d e V er t , Expl ie. des ce rcm . de l'Egl. B,!. II S. 325.83) H , J 0 h n F e a s c y a.a.O. 5. 243.

n ell e e:esta t te ten di ese." ] In elmgen d er g-c na n n te n Regeln w ur d cu

soz a r fo' in:;e r b allds cllUhe im Somme r erla ub t, w or a us m an schl ieße n

k ann , d aß da s Kleidungsstü ck a ls L ux ust ra ch t ge t r2.~e ll w u r d e. V ou

J en C J u niJZe (]~e r llJ ö n chen e rfa h re n wir, (l:J. ß sie mit H anusdJUh ct t

hcs t a tt ct wu r dc n."] Un e! a ls im l ~ . j ah r lur u d er t sich K lag-en iibe r

d en K leid erluxus d er :Jlönchc e rho be n , wett er te d er Mön ch I-I c l i ,n a n cl von KaI t e n b e r g- (l1 8-l) auch r;ege n d ie H and schuh e.")

Zur gle iche n Zeit e twa wi r d de n ;\l ölldlen au ch in e inze lueu f äll en

der Gebrauch des Kleidungs stückes un tersa gt. So h eiß t es in der

Re gel vo n Fontevrauld : " u t nunqu am induant gant os"."] Di e

" Re fo rma tio ni gri ordi riis", die 111 a t t h ä u s P a r i s ie n s i s

iih erliefer t, verbi et et eb enfalls di e Benu~ung vo n Fingerhand ­

schuh en." ] Gl ('i ehart i ~ e Bestimmungen ent halt en and ere Kl oster­

r egeln de rselben Ze it und ein Kap it elb esclrluß des Deu tsch en Or­

J ens von 1289.s, ) All erdings e rg ib t sich au s and eren Zeu gn isseu,

daß im sp at cn l\Iilt el alter in einze lne n K lös tern d ie l\Iönch e no ch

Handsrhuh c t ru geri ." ] Am Beginn der N euz eit w u r de n schließ lichH an dschuh e noch einmal zu m Bestan d tell eine r Ordenst r ach t. Im

J ahr e -1 SBO verlieh n ämlich G r eg o r XIII. durch ein Breve dem

O rd en v om heiligen Kreu z das R ech t, violettfarb ene Handschuhezu trag en. "}

S') s. o. S.1 3.

85) H . J 0 h n Fe. s e y a.a .0. S. 2-13.

e6) 1. A. Km e n t , a .a ,0 . S. 9.81) D uC a u ~ e , C toss air e B d. VIII ( P a ris 18 87 ) S. 401.

88) 1\1. t t h , Par i 6., hg . H. R. Luard (S5. r e r, Brit . m aed. aev. 51, Bd. VI;

L ood on 18 82 ) S . zro.80) vg I. Bar h i e rd C Mo n lau I t , in Bu H. mo o. a .a .O . 5 . Se r ie I3d. 4

S. 405 H. ; S Ia l. o rd. d e G ra od im onl; SIa l. (artus.; St.1. or d , 5, Ci lber ti ; St a t.

d . Deutsch en Ordens, "g . v . M. P er b a e h (Hall e 1890) 5 . 137: " D ie br üder

pfaffen sul n nicht h cu rscliuh e tr. ge n in dcm h us, sü n de r so SI us va r en t , üf dem

we ge ; clie lcgenbrnd er su ln ouch ir nicht tr a gen ez en si d ur ch a r be i te w il len

h ent seh uh e, die in fu gen, und e d o in wi n te r f u r d en f ros t a n e fin g er l in ; ~"

90) vg I. J a C 0 b i d e G u i s i a , Ann al es H anaoni ee (i\IG, 55. BJ. XX X IS. 256; K oni g vom O dcnwa !d, Yon dem Sch a Fc v . 6l.

01 ) Km e 0 I a .a . Ü. S. 9.

Page 31: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

40 1I. T ei l : De r H ands clru h als A m isze ich cn (l n sj ~ nj e )D er Koni gsha n dsd m l, 4 1

11. A bs ch ni tt

DEn H Ai\DSCH UH DER WELTLI CHEN WÜRDENTRÄGER

1. K apitel

De r K öni g shan d s chuh

A ls lit urgisches C ewa ndstü ck h at der H an dschu h zum ers t e n

Mal e in seiner Geschi chte den Rang einer Insignie e r- r e ich t. Zum

zwei ten Mal e voll zog sich der bleich e Vorgang beim Kö nigshan d ­

sch uh . A lle rdings is t hi er da s V orbild des litu rgisch en Hand schuh e

in viel en F ällen d ie t r eiben de Kraft gewe se n . Daneb en find en w ir

in ei nigen Lä nd ern die ver hü ll en de Funkt ion des Kl eidu ngsstü ckesals wir ksa m wi ed er.

Im ein ze lne n vo ll zog sich der Au fs ti eg des Han dsdlUhs

unter di e K önigsinsignien in jed em Land e ve r schiede n . Das Kai·

s e r turn un d das damit ve r bun de n e d e u t s e he K ö n i g t u m

schrei te t da b ei vo ran .

Scho n oben wurd e de r Hu nds chuh al s P runkstü ck der .G eis t­

lieh en im Frank is chen R eich vielfa ch aufgez ei gt. Sicher werden ih n

auch die w eltlichen Herrsche r h enu tj t h ab en. Abe r erst von den

Kar olingern wissen wir, daß sie H andschuh e ge t r agen h aben. Zwa r

erfahren wi r di es nich t aus den B eschr eibu ngen , di e Ein h a r d

un d ande re vo n der K ö nigstr acht j en er Zeit gegeben hab en. Dafür

sag t T h e 0 du I f von 0 r I e a n s im J ahre 796 in ei nem Gedi chtauf die Söhn e K arls des Groß en :

" P a ll ia d upla celer, ma n uu m seu t egrn in a bl alldaSuseip iat Ca r olus et glad ium Lud oidl." 92)

An gold ve rz ier te H an ds cliuh e wird m an wohl au ch zu denken

h ab en , w en n der gle id le Sch riftst ell er di e H änd e Karls selbst.,au r eolae" n ennt.n ) Weiß e H and schuh e fin den sich in der n ach st cu

Generation unter d en kö ni glich p. n Ge wänd ern, mit denen Lu d w i ;;

d er Fra m m e den K önig von Dän em ark b eschenkte : " Orna1l 1

turque m anus t egmine eallllidul o."·') Aus di esem Zusam m en h ang

9' ) A d Carolum regern v, 93 f. ( MG . Poet. Lat. Bd . I S. 485) .

03) c- bd . v, 18 (S. 4 8-!) Nach dem Herausgeb er wär e " au re olus" alj er d in gs

m it vo r n ef f lich z u iib e rs eg en

9 ' ) Er mo l d U 8 N i g e l l u s v , 364 (M G. P oe t. Lat . B d . II S. 68) Ein Z u ­

sammenh ang mit d er T a u fe bes teh t nicht , ü be r de r en Form im 9. JbdL vgl.

e rsehen wi r, da ß Han dsch uh e au ch zum K önigsorn at ge tr age n wur­

d en. Das u r sp r iing liche P r uuksr iiok b ez inn t also scha u A u szcich­nungsstü ck zu werde n.

Den gle irhr n Zu .,ta nd zeigen a uch n och di e Na chri chteu . die

:lUS de r sachs isclie n Zei t vorli egen . Naeh dem sagen hafte n B er icht e

V O ll der Öffn ung des Gr abes Karl s des Gro ße n d ur ch 0 t t Cl IIl .,

n a ch dem m an d e n K aiser f:ltHl ,.sce p t ru lll cu m wau to n ib us iu du t is

t en ens in m a n iLus" , m ag es sdi einen, als ob H andschuh e sclio n zum

offi ziell en Orn a t der Ot tone n ge hö r t hab en." ) D och wa r di es im

strenzen Si n ne ni ch t de r Fa ll. denn der K rönungsord o d es P on t i­ficale Rom ano -Ge rma niclllJl v on etwa 960, der den l'dant el und di e

A rmring e her iick sichti m c. ha t d ie H andschu he n icht unter die In­

sign ie n au fge noI1l lllc n.90) Au ch in de r folge nde n Zri t ände r te s ich

d aran ni chts, da der K ronun gsor do weiterhi n in Gebrauch bl ieb.

D och trugen na t ur lich die K ön ige Handschuhe als Au szeich nungs­

s tücke. So wc rrlc n H andschnh e H e i n r i e h s II . b el egt d u r ch die

n o ch ge n auc r zu beh ande lnd e Erzäh lung von d er Eins etjung Mein­

w erks a ls Bi sdlO f von P ad er born.9' )

Au s de r salis che n Ep och e sind nun die R est e der H and schuh e

H e i n r i ch s III. erh al te n geb lieben , die m an in seinem Sa rg e

b ei der öffnung der K aisergr äb er des Spey r er D om es fand. Di ese

H an dschuh e tragen auf dem R ück en jen e Zie rp lä ttch en , 'di e un ss chon vo n dem bischöf lichen H an dschuh be ka nn t s i nd .9~) Eb ens olme

"circul i" find en wir in dem n ach s ten Zeu gnis, eine r lit era ri sch enQu ell e, w ied er, der wir uns nu nm ehr zuw en den, da auf bil dlichen

Wi e g a nd , E rb , Odi lo v , Ma il an d iibe r d ie T aufe (Srud. z. Gesd,. d . Theo l.

u , Kirche Bd . IV, 1; Lpz, 1889) S. 33 r.OS) Ch r on. No va lic ic ns e III , 32 (M G. 55. B d. V II 5. 106) ; Zur V erb es ser u ng

v on " m anl on ibu s" vgl. G. W a i t z Drache. Ver f'ges ch. Bd . VI (Ber lin 1896)S . 293 Au ru. 7.

90) v;; l. P . E. 5 c h r a m m, Di e Krönung in D eu tschlan d 3.a.0 . S. 309 ff.

Nach H. L 0 r e n z (D ie Schick sale d es Q ued li n burge r Doms cha g es, in

S a d rse n IIl1 d A nhal t . h h ro . d. b is t. K orn . r. d. P ro vo Sachsen un d Anha l t Bd . 6

( i\la gde bu rg 1<)30 ) S. 236 , 217) s t amm t e au ch d er , im Ve rz eichn is d er d o r tig en

Stif tsk le in odien V On Geo rg Rauchba r au s d er Mi tt e d es 16. Jh~ ts . e r w ii h n t e,

, . guld en ~ H and schuh mi t s tein en und p e r len sarup t vi e r ange hä ngt en creug en'

aus d er sa chs ischc n K ai sc rxci r. E in Bew eis für d ies e Be h a up tu ng lä ßt s ich

j edo eh nich t e rb ri nge n, zum al d as St ück le id er nicht m ehr vorhan den ist.91 ) s, U . S. 86.9S ) J . B au man n , Di e Öffnu ng d er K ais er gr ä ber im Do m zu Spei e r (e b d.

1926) S. 24; D ie Kun std enk mä le r von Ba yern : Pfal z Bd. III: S t ad t u nd Be zirk s·

a m t Sp e j e e bea rb. v , B . H. Rö t I g e r (i\lündlCrl 193 4) S. 376 .

Page 32: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

4:2 11. T e il : Der Llau dscli u lr al s Amt szeichcn (Lnsigui e)Dcr K on igsh a ndsclruh .ß

Durs te lluuucu J a glei d le n Z eit di e H crr schcr nu r oh ne Hand·

s chuh c c r schc in cn . In de r Sta m Oi fa ssulI;; d e r C r ap h ia aur ea urb is

H oma c. j ener im Bannkrei s anti k ischer Vors te ll u ngen um 1030 iu

R OID en ts tan de nen Schri l t , wer de n n ämli ch a uch J i c Hundschuhe

JL' S Kais crs b eschr ieb en ." ] Si e sollen aus "a u r um p h r ygium ge­

f er t ig t sein und a u f clcm H andrü cken j e ei n aus Go ld, Perl eu und

S te in e n gemadlt es BilJ tragen . Auf de m ein en dieser B ilde r soll en

R omulus und Sc ipic, au f dem an deren Juliu s Caesar und

Gk tavi an abgeb ilde t sein. Aus den Namen der Dargestell­

ten geht di e G esinnung d es V erfasser s h ervor , Di e Art der Ver­

zi erung aber läßt verm u ten , d aß der P onti fiealh and schuh hi er wi e­

d erum als V orbild gedient h at. All erdings lassen sich solche V er­

zi erungen b eim liturgischen Handschuh e rs t sei t d em 12. J ah rliuu­

d ert nachwei sen. So kann m an also d em Bi scliof sh andscliuh nicht

unbedingt di e Priori t ät zuschreib en. Aber au ch di e folgenden

Nachrichten über den K önigsh andschuh lassen die Einwirkungen

d es ger stlichcn Ornats erkennen .

Dnß die Handschuh e a ls ei ne In signi e d er Kaiser angeseh eu

wu rden, obwohl d ie gül tige n Krönungsordnungen si e nicht berück­

sichtigten, b ew eist der "Salis che Kaisero rd o" von 1050.10°) Di eses

We-rk, das d er Graphi a nah e steht, wurde zwar von der Kirche

nich t anerkannt, spiegelt ab er die Wirk liclik eit wi eder. Es h eiß t

hier vom Kaiser: " h abe t in m anu duas eh iro theeas de lino bio

sino".'o,) Da die Pontific alh an ds chulie jener Ze it von weißer Farbe

waren, weit er der Ring hi er uls " alln u lus pontificalis" bezeichn e t

wird, w as offenbar zu b ed eut en h at, J aß d er Ring über den Hand­

schuh geschoben wird, so ist di e Beziehun g zum Bischofsornat w ie­

d erum ganz deutlich. Den glei clien Tatb estand gib t eine Umfor­

mung d es Ordo, di e B en z 0 von Alb a um ] 080 für H ein·

I' ich IV. angefertigt ha t.IO~)

Aus der salischen Zeit li egen nun auch die erst en Belege d a fii r

vor, daß der Königshand schuh nicht nur als Amts-, sondern auch

als Rech tsz eich en Verwendung fand . Da es sich hi erum eine deu t-

99) P . E . Sc h r n m m , Kai se r, R om und R enovati o (Berlin, L eipzig 1923)

T ext IV; Bd. II .5 . 102 : " cyr oth eee monocratoris sin t ex au ro frigio candidissime

f aete hahantes ex aur o e t ge mmis ac la p id ibus preciosis in un a cyrothe ca

Rornulum cum Scip ion e, in a li a lulium cum Octaviano."100) vgl. P . E. S c h r a m m, D er "Salische K ai ser - Ürdo" und Benzo von

Alba, in Deutsches Archiv I (1 937) 5. 397, da zu S. 398.101) hi ssic o B a tist.10:) Lib . I, c. 9 ; MG . 55 . Bd. XI 5. 602, auch 5 c h r a m m a.a.O. S. 400.

sche Sond cr en twick lung h an delt , so \l nun zun ach st di e Geschieh t c

d es H andschuh s als Am ts zcichcn zu E nd e b espr och en werden, und

d em n euen R ech ts ze i chen d as f 0 lgen d e K api tel einge rä um t

werd en .' :")

A us d em 12. .Iah rhund cr t sin d d ie k ost baren H an d schuh e au f

uns grkoffi Illt:u , di e eins t zum Ür n a t d er N or ruan ue u kd n ige gehö r i

h ab en . Sie bilden no ch hc u t c c in c Z ie rd e d er einz igar tige n Schag­

k amm er d er Wi en er Hofb urg. Si e b es teh en au s scha rla cliro tem

Se id en sto ff und sin d au f d as r eichst e mit R ank en aus P erl en und

E d el st ei nen ges chm ück t. Dazwisch en sin d Verzi erungen in d er

Fo rm von Lili en , Adlerköpfchen und kl ein en Schildeheu (ci rculil

angeh r a cht. Eine Platt e mit einer Sire n e mag ur spr iiu g lich für

an de r e Z weck e bestimmt ge wesen sei n . Ein Engel aus .:'lieUo bri n gt

e in k irchlich es E lemell t in diesen Ziera t von " abe n te ue r lichem

Prunk'". ? " ) I\Iit an de re n Gew änd ern a us d en a r a h is cl ie n u nd an d e­

r en W erkstatt en Palennos sind au ch d iese Pru uklr an dsclmh e i u

d en B esig Ka iser He in r ich s VI. geko mmen. Vo n da an ge­

h ören si c zu m d euts chen Krönungsornat uu d sind bis zu m Ausgan s

d es H c iligcn R ömis chen R eich es b ei den Krönungen henutyt w ord en .

N ebe n d en R eidlsh:welschuhen b es aß jeder H errsch er na tiir lich

noch an de r e, so fan d man auch die L eiche H einrichs VI. mit Seid en­

handschuh en b ekl eidet, als m all im 18. J ahrhund ert sein en Sark o­

ph ag im Dom zu P al ermo öffnete.!" ) Daß al so in di esem Zeitr aum

Handschuh e zu den kaiserlich en Insigni en ge r edr ne t wu rden , wird

hi erdurch n ochrn als bewi esen . D as gleiche ergib t ein e Ari ordnunc

o t t os IV. i.iber seine Bestattung. Er wollt e n am licli im voll en

Orna t " chi r o th ecae in manibus, a u n ul us in di gito" b eigcsetyt w er­

d cn .' 01) Di e " zwen e handschuh e m it edc le n st einen", di e K 0 n­

ra d IV. im Krcnungsscliatj mit üb ergeben wurd en , als e r diesen

auf d em Trifels in Empfang nahm, werd en woh l mit d en obe n e r -

103) S. H. S. 5·1 ff.10'} ] V . S c h l o s s e r , Di e Dcu tsdr en R e ichskl einodi en ("1\ ien 1920)

S. 56 f. auch D e r s., Die Sch a\jkammer de s all erh öchst en Kaiserh aus es in Wi e"

( ebd . 1918) S. 61. ToL XX, Fi g. 32 sow ie Fig . 5, 6 r -r. LXXI V; au ße rdem

A. W e j x l g är t n e r , Füh rer durch d ie wel tl iche Schagk asum er (6. Au f\.

W ien 1931; F ühre r d urch die Kunst h ist oei schen Sam mlunge n in Wi en I ) S. 88 f.IO;} TI 0 e k , Gesd t. d . li t. Gew ände r d . Mit t elal t. Bd. II (Bo rm 1866) S. 13 7.

tO" ) C h. L. S c h c i J, Or igiu es Guelfie ae (H an nov er 1752) Bd. 111 S. 84 0;

~g l. auch die T es tamcn tsurkund c, d ie alle rdi ngs d ie H and schuh e n i cht mit a u f­führt, wie sie üb er haupt die Gew änd er n u r k ur z s tr eif t. (i\IG. Co ns t , Bd. Il

5. SI L)

Page 33: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

101 ) J. 1. A. H u i 11 a r d . TI r ~ h 0 Ir es, HiH. Dip!. Frldcr ici Ir. BJ . VI, ~

[Puris 1861) S. 878 ; Bö h m e r > F i e k e r , Reg. Irn p . Bd. V,2 A bt. 2 S. 821

1'\r. 4515.l OB) Chron. dcu ts cher Städt e Bd. V: Au gsburg Bd . 11 (L eipzig 1866) S. 23 .

100 ) vg!. d . S tich v . Delsen b a cli b. 5 ch I 0 s s er, Reich skleinodi en 3.a. 0.

S . 26 mir ebd . S. 57 ; auch Sc h l os 5 er, Sch a\j kamm er a.3 .0 . Fi g. J4 .11 0) Di e bildlicheo Darslellungen verz icht en übri gens darauf, J en K ai ser

o de r Kö ni g m it H andschuh en a bz u b ild en , was allerdings nur so allszu le ge n is t,

'd aß d er Han dschuh als ei n e In sign i e von geringerer Wichtigk eit g alt. Al s Au s ­nahme se i hier d ie O lde n hu rge r Bild e rh an ds chrift d es Sachsen spi egels ge n a nn t,die d en H errscher mit la ng h era bh ängeoden Stulpenhandschuhen darstellt, wiesi e eb enfalls seit d em 13. Jh dt. d ie Bi schöfe trug en . vg!. K. v, Ami r a, D ie

Dresdencr B ild er hs. d . SBp. Tei l II ,l (Lpz . 1926) S. 45.

wähnten H JlldsdlUll ell aus dem uor ma un i scu en Kronungso r na t

id entisch se in .'" )

Vo n der Aufb ahrung der Leidi e Kn rls n-. e rf ah re n wir aus

J er Chro n ik des Bu r k h a r d Z i u k aus Au asb u rg , J aß der Lei ch­

n a m .:w ei ß h eu rls chu cli an d en heu d eu" hatt e. IV ' ) Ein P aar ahn li dr er

H ands chuh e ist im spä te re n :'tIittcIalter auch zum Kro nungso r ua t

ge ko m me n, im 18. Jahrhundert jedo ch wied er ve r lo rengegange n .l'")Auch hi er muß wi ederum darauf h in gewi esen werd en , daß di e Farbe

der des bi schöflichen Orua tstückes entspricht.

So en g abe r auch di e Beziehungen zwische n K önigs- und Bi­

scho fso r na t in diesem F all e w ar en, so sind sie do cli nie ::0 we i [

gegangen , daß di e H ands chuhe d em Kaiser od er K ön ig unt er litur­

gi sch en Formen wi e b ei d er Bisehofsweih e üb ergeb en wu r d eu . Die

Krönungsordnung stand ebe n fest, und deshalb wurde die se r Sdlritt

ni cht m ehr ge ta ll_

c ;n die Entwicklung bei d en N achbarn gauz sch ar f zu seh en ,

st ellen wir no ch ein ma l fest, daß bereits in k arol ingischer uud

otton ische r Zeit der Handschuh als Auszeichnungsstück der H err­

sch er getragen wurde. Do ch wurd e er nicht a ls an erkannt e Insigni e

in d en ~Iainzer Ordo vo n etw a 961 aufgen ommen. Ob gl eich dieser

Tatbestand auch später nicht ge änd ert wurd e, wirkt e das Vorbild

d es Bisroofsornats so , daß der Handschuh scb on in salisch er Z eit

als Insign ie des Königs anges ehen wur-de . Ge wohnhe its mä ß ig

wurde der H andschuh auch dur ch alle J ahrhund erte von den K ai ­

se rn und K önigen als I nsi gnie getragen."O)

Anders a ls in D eutschl and verlief die Ent wi cklun g in Fra n k­

re ich. In di esem Lande verdankt der Handschuh seinen Auf­

stieg zu r Insigni e der K ön igc n och ein deu t ige r dem Bischofshand-

111 ) Prop . We llgesch. B <1 . IV (B erl in 1932) S. 91.

112) G. P 3 P s t , Le Tc st am en t du roi H an le hon et c. (P ar is 1884) S. 4;;.

113) T h . Go d e f r 0)' , Le cer erno n i al F r an co i s nu. I (P ari s 16-!9) S. 41 .1I4) s. O. S. 33 I.

' ' ') Ausz. bei M. B I o e h , Les ro is thaumaturges (P uhl. d. la fae. d es

l e tt r es Fase . 19; Str. ß bllrg 1924 ) S. 4831.; Der gle iche Au t or h ebt mitne cht Gol eins Schw eig cn iib er di e bischöflich e P 3r all el e hervor (ebd. S. 204Aum, 2). - De r Ab schni tt schlie ßt mit einer An ekd ot e au s der Gefan gen schaftLu dwi gs d es H eili gen, d er s i ch n a ch d em Essen di e H änu e g ewaschen h abc und

lf30dschuhe ange lcg t hab" "cn r ecogn issant le sacre cr esm e . .. . "

schuh . Ja, er wurd e b ~i der Kr öl1ul1 e; unt e r den gleichen li turgi­

schen Fo rmen d em K önig üb errei cht wie Lei der Bi scli ofsweih e.

Di e früh est en Bel ege zeigc n den Ha ndschuh wied er u rn al s

Auszei chnungsstück d er Köoi~e . So ist P h i I i p p d er Sc h ö n e(, 131 4) auf ein er zei tgc uo ssischcn 1\lini alur mit d em Kl eidungs.

s t iick da rgcstcllt. :" ) Und in d em Te st am ent un d Inv entar de r K ost ­

b arkci ten J 0 h a n n s d e s G LI t e n (t l3 o-!) wir d a ufgefüh r t :

,,1. ga ns bl au e d e vair ou iI 3 un e p ie r re dssne." !"] ,i/ erd en wir

hi er sch on durch ui e w("i ß e F arb e an den P ontifi calhau d scliuh er­

innert, so wird b ei der fol gend en Quell e, e inem Kr önu ngsord o. d en

Kar I V. 136 ;:; anf er t ie cu ließ , di e Abhängigkeit gan z d eut lich.l '")No eh ist es in d iese m Or d o offen gelassen, ob der K orug Hand­

schuhe anlegen will od er n icht. Im erster en Fall spricht na ch de r

Hands albun;; de r E rz bisdlO f eine B en ediktion ü ber die "ch i r o the­

cae su btil es": Ji e dann mit We ih wasser be spr en gt und d em K öni ge

ange leg t wcr d en . Da zu sp ri ch t der Erzb ischof elie no cli heut e bei

der Bi scnofsweih e übliche Form el: " Circ um d a, D ominus, m anus

huiu s Famul i tui N. e rc." :") Di eses Geb et ist fa st ohn e sachliche

Änderun gen au s eine r " cons ecratio cp isc opi " - verrnut licl i aus

der des Dur a II d u s von M e u d e - übernommen. Die Ein­

führung der Handschuhe b e i der Krönung wird nun damit be grün­

d et , daß man dadurch das Salböl der Hän d e vor eine r Profanierung

schü t te. W enn der Kön ig keine Handschuhe anl egen will, so

sett d er Or d o von 1365 f est, soll man ihm die Ränel t: abreiben

und abwasche n, um so d en ge sch ilde r te n Zwe ck zu err ei chen . Es

ze ig t sich hier, daß die v erhüllend e und schüten de Funktion

unseres Kleidungsstückes für seinen Aufstie g zur Insign ie d er fran­

zö sischen Könige Bed eutung gewon ne n hat.

Der Ord o von 13 65 wurd e bald darauf von dem M önche J e a n

G o I ein für den König kommenti ert. Er sa gt : " on li m et les

gans sur les m ains en painture aleurs ymages."!" ) Erinnern wir

4SDer Konigsb an ds dr uh

I11i,,

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:\, I1 1! .

I!. Te i l : Ocr Llan rlschuh 3 1; Amt sze i di cn ( I nsign i e)4-1

Page 34: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

116) S. ö. S. 4 2.117) M. F e l i b i e n, Hist. d. labb ay e royale de Sa int D e oy s (Pari s 1706)

S. 357.118) Go d c fr 0 y a.8.0 . S. 201.II~) ebd. S. 260 H, 288, 369 .I ~ O ) e b d . S. 67. 41 2."') Go d e f r 0 y a. a .O . 5 . 47 : " et 6eiendum. quod eiu s eam is ia propt er

s an clam uncl; oneCl d eb el eomburi ."

' "~) ebd . S. 264.

uns der g:anz :iltn lich en B estimmungen der Gr npllia bezüglich d er

K ai scrlta[] c15dlUh e."6) Ebenso wi e dort zeigt sich au ch hi er wi ed er

di e B ezi ehun g zu dem mit Cir culi geschm ück te n B isdlOfshandschuh.

Die Na chf ol ger Karls V. m a cht en fa st al le vo n der u eu eu

I nsigo ie Gebrauch . So erfah ren wir von K ar! VII. (t 1461),d aß er b ei der Aufbahrung mit H and schuh en bekl eid et war. I1

' )

Kar I VIII. li eß sich di e Handschuhe bei sein er Krönung (1483)anlegen, nachd em er si e vorher auf der Brust ge fa lte t ge ha l ten

hatte, vermut iich, um nicht mit anderem in Berührung zu k om­

m en .lI3) Man wußte übrigens damals noch seh r ge nau, wel ehe n

Brauch man als Vo rb ild b en u ty t hatte, wi e der Zusa ~ zum gleiche n

Krönungsbericht zeig t : " com me on fait a un ev eque, quand o n le

sa cr e" . Fra n z 1. ließ sich eb enso mit Handschuhen bekl eid en

wi e H e i n r ich 11. und H e i n r ich IV., von dem dazu bem erkt

wird: ,,3. ce qu'il ne touchast ri en a nud, pour la rev eran ce de

la sacree Onction" .ll ~) Schli eß lieh wurden auch b ei der Krönung

Lu d w i ~ s XIII. H ands chuh e verwend et.'~O )

Obwohl nun also d er Handschuh in Frankreich zur Königs­

insignie geworden war, mit der im Gegensa~ zu D eutschland auch

f eierlich inv estiert wurde, so gab es dort m erkwürdigerweis e d ochk ein traditionell gebrauchtes Handschuhpaar. Di e Erklärung dafür

dürfte in dem ei genartig:en Bnmdl zu such en sein , Hemd und

Handschuhe des Königs nach der Krönung zu verbrennen . Man

tat dies, w eil dies e G egenständ e mit dem h eili gen Salböl in Be­

rührung gekommen waren. Di e Bel ege für den Brauch seBen all er­

dings ers t spä t e in . Zunächst e r fah ren wir nur, daß da s H emd ver­

brannt wurde, so beispielsweise nach der Krönung Kar I s V.

(1365) und der Karls VIII. (1484).'~') Von Fra n z 1., der sich

nachweislich Handschuhe hatte anl egen lassen, wird elas gle id w

mitgeteilt und auß erdem berichtet: "et luy frot a-t'on les mains

de cotto n, e t d e mie de p ain."''') N ach der Krönung H e i n ­

r ich 5 11. wurd en zum erste n lllale auch di e Handsch'ube

I~J ) cbd. S. 292 .

I ~') eh d . S. 379, 416.

1:5) hg. W. 5 tu b b s (55. re r, B ri l . 49 ; Loodo1l1367) ,Ed . II S. 71 Heinrich ll :

,.v esl ;tus re g io a p p a ra t u, ge 3l an s cor o o am au ream in ca p i tc, e l h abens chiro­

t h e cas {in] ru a u us, Cl annulum au re um i n d ig i to , e t secptrum i n man u, e t c al ­

c ea m en t a a uro t cx t a, e t ca lcar i a in p cd i b u s, cin ct us gladio iac eb a t ," Diese Sch il ­

d er ung h abcn Ho ge r vo n W endov er, R og er VO n Ho veden un d d an ach :\Iarlhaeus

Pa r is ii hc r-nom m cn .

lZ G) ] . W . N (\ r l 0 n - K y s h e , Th e La w and Custo rn s r elat in g to Cl ov e s

(Lcrido n 1901 ) S . 2 (i\litt . v. H errn Pro f. S c h r a rn m , de r 50 f rcu n d lich ..... ar,

die ses W l"rk . d as a u f d e ut schen Bib lio th e k e u ni cht vorh a nd en ist, im Brit , :.'>lu s,

fü r mich au szua i c h e u, so daß all e brauchbaren Nachri cht en di eses Autors im

f ol g end en b cc ü ck sid lti gl s in ti . - Das W e r k fehlt sog ar in d er Bo d lei a n Library

zu O:<ford. )

m ) ] . W l'! 0 r i O n - K y s h e c b d .

mit verb r a nn t.V") Bei el en Kr önun gen H e i n t: i ch s IV. und

Lu ,1 w i g s X I II. ge scha h es e be nso uncl zwar : " po ur se r vir des

ce ndr es au p reru icr rnercr e rly cl e Ca resmc, a Fu sage ordon e p arI, I ' " I"' )cg 15-;:.

In En g l a ll cl h at ller H and schuh als Insigni e ein e h eso nd ers

e igc n ar tige Geschich te ~d13 b t. Im Laufe der Zei t h ab en hier näm­

li ch zwei H andschullp aarc Lei d er Krönung E in la ß gefun d en. E;

ist dies ei nm al ein P ,lar r c ich ges d lm ückter H andschuh e, die ah n­

lich der deut schen K ön igsinsigni e ursprünglich Pru nkh andschuh e

waren. Dann wurd en ab er auch Leinenhands chuh e verwend et, die

äh nlich den f ra nzöslsch('n K onigsh un ds cliubeu zum S cIlU~ d es Salb ­

öl s a nge leg t wurden, Es konnte natürlich vorkommen, daß mau

si ch den Unt erschied zwiscli en di esen beiden Handschuhpaaren

ni cht deutli ch ma cht e. un d so traten manch erl ei Verwir r ungen ein.

A m weitest en zurückverfolgen läßt sich der Prunkhan ds cliuh.Er dürfte au ch J as höhere Alter h ab en. Sch on eine de r Ir iihe­

st e n 1\adlricht en , di e über die Einzelheiten des K önigsornats er ­

h alten ist, n cun t Handschuh e, di e mall schon als Auszuichnungs­

st iieke an seh en muß. In den Gest a Heinrici H . e t R ichardi I. wird

n ämlich b ericht et , daß H e in r i ch 11. b ei seinem T ode im Jahre

1189 "" estitus re gio ap p ar a tu" aufge ba h r t wurd e. Man hatt e unter

and erem der Leich e Handschuhe und Ring angel egt.' '') Dieser

B ericht wird bestätigt durch den Fund von R esten di es es Kl ei­

dungsst ück es im Gr abe d es Hcrrs chers .' ·~6) Auch in den Gräb ern

R ich a r d 5 1. (t 1199) , Ja h a n n S 011 n e L a nd (, 1216), so­

wi e dem E d w ar d s I. (t 1307) wurden gleiche Funde gem a ch t . ':")

Und die Grabmäl er H e in r i ch s II. und R ich a r d s 1. in Fo nt e-

..J..7D er K om gsh a ud sch oh.1I1

11. T c i l . Der Hand sdiuh a ls Am rs ze ichc n ( l ns i:;n ie )46

Page 35: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

4B ll. T eil : Der H ands diu h als Am taz e ich e u (Iosi gnie) Der Küni:; ,lt allu , chuh 49

vr auld zeig en ebenso wie das J 0 h a n n s in Worcest er die Toten

m i t Handschuhen an d en Händ en dargestellt.'~S) Die H an dsch uh c

di eser Hildw erk e sin d in Jen m eisten Fäll en mit Edel st einen ge­

sdrrnii ckt. Au ch de r Fund au s d em GraLe J 0 h Cl 11 n s trug Edl:J­

st ein c.!") D er Charakt er dieser Handschuhe wird dur cli solch e

Verzierungen d eu t li ch b ewiesen . Wahrscheinlidl h ab en si e als

Auszeiclmungsst ii cke au ch schon bei den Krönung en Ver-wenclu nt;

gefund en. Darauf seireine n j edenfalls di e "dua p ar ia dli rothe ca­

rum", die in eillern Inventar rlcr Regalien aus der Z eit H e i n­

r i e h s III . erwähnt werden, hinzud eut en.':") W eit er zeigt ein e

Miniatur aus der Z eit E d war d s 1. den König R ich a r d 1.mit Handschuhen Lekleidet. Ut

) Im Kronungsor do werden die

Handschuhe all erdings erst in d er Fassung genannt, di e der Abt

L y t I i n g ton von Wes tm ins t e r aufsetyte, und di e zu erst für

die Krönung R ich a r d s 11. (1377) henug t wurde.r") H ier wird

f es tgese ty t, daß d em neuen Her-rscher das Szepter übergeb en wird:

,.prius chir oth ecis app li ca t is a metropolitano vel episcopo cli­cen te . . ." Damit war nun d er Handschuh unter die Insigni en

en dgü lt ig au fgen o m men und anerkannt. Weiter erfahren wir, daß

die Handschuhe, di e R ich a r d 11. anlegte , von roter Farbe

waren.'33) Aus d em Berimt Wal si n g ha m s, der dies besagt,

geht allerdings nicht eindeutig h ervor, ob zwei oder nur e in ein­

zelner Hundschuh iib er r eich t wurden . Durch das gle iche Zeu gnis

[28) S. w. B e c k , Gloves, Th e i r Ann315 and Assoc i a t ions (Lond on ]883\

S.3S vgl. Archaeologia B d.IU (Lou dou 1715 ), S.395.m) H. J. Fe a 5 e y, Bi shop s gl ovcs a.a. Ü, S. 2-lS.130) L. G. Wie k ha m L e g g , En glish Cor on a t io n Re cor ds (W estminster

1901) S. 55.I J I ) J. S t r u I t, The regal an d eeelesiast ieal Antiquities of England

(2. Auf!. London )842) TaL X; vgl. S. 19.

13~) Leg g, Records a.a.O. S. 97 . Di e ange fü h r t en Wor te sin 1 in deu

Ordo von 1308 erst um di ese Zeit e in gef ügt. vgl. P. E. Sc h r a [0 m , Ge­

schichte d es en glisch en Köni glums im Li cht e der Krönu ng (Weimar 1937,S. 81 H., 235; Der s., Ord ines Studie ll III : Die Krb nu ng in England, im Archiv

f. Urkun d en f o rs chun g N.F. I , 1937, S.365.

15J) Chr ouik on Angli ae ) 328-1388 auct ore quodam mo n a cho san ct i Al ­

bani, hg . E d w. M. u d e T ho m ps 0 n (55 . r er. Brit , 64; London 187 ~

S 159: ann o 1377 : "Stat ini post haee accessi t dominus d e Furnaval e, ex

officio offeren s ei rubeam chiro t h ecam, qucm archiepiscopus benedixit, et im­

posuit maoo regiae, dans ei s eep!rum his verbis . . . Tuoe dedit ei arch icpis r o­

pus viq;:am io .l ia maou i . .. eonsurrexit de ro!und o globo aur eo, quem !elle­

b at io manu chirGlh ecato ."

wird zum ers ten Mal e b el egt , daß d er Inhaber des Manors F arn­

h a rn das R echt hat, den Hall c.schuh darzureichen und d en Arm

d es K önigs zu un te r st üt<' n. Au ch Lei d er " Cou r t of Cl aIms", der

Vor der Krönung des g leich cn H errsch ers abgeh alten wurde,

h atte William Furnival di t:ses Redlt be an sprucht. da s e r schon

von seine n V orfall r cn e re r b t ha bcn wo llt e.!"] E s ergib t sich aus

di eser Beg:ründung, die sich er auf Tatsa chen beruht, daß also scho u

früher bei Krönun b"en H andschuhe vom K önig auge le g t wurd en.

Vi ell eicht darf man au ch in e ine r Miniatur einer Cambri dger Hand­

schrift , die di e Krönung Harolds darstellt, e in en Hinweis auf

die Verri chtung des Inh ab ers des I\Ianors F arnh am und iib er ira up i

auf di e Verwendung' von Handschuh en b ei d er Krönuog se lten.[;].;)

D ie Handsdlrif t wurd e für di e Gemahlin Heinriros Irr . in d er Mitte

d es 13. J ahrhunderts angefe r t igt. I h re Werksta t t wi r d in W'e.;t­

m inster zu S Ud lC U sein, wo man ja üb er di e Kr önung gu t unt er­

r ich tct war. Die Darst ellung zeigt d en K önig auf d em Thron

sityen d. Er sent si ch gerad e die Kroue auf. Ein L aie ist im Begriff.

da s Szept er zu übergeb en, und ein an de r er hält ein Paar Hand­

schuh" in der Hand, wa s auf d as Amt der Furn ivals hinzudeuten

scheint. E ine weitere Miniatur aus einer Handschrif t des Corpus

Christi College in Cambridge aus d em 14. Jahrhundert , die eben­

falls eine Krönung d arstellt, enthält in d er linken Bildec:ke einen

rot gekl eid eten Edelmann, der in d er re chten Hand ein Paar Hand­

schuhe hält, auf die er mit der Linken hinweist.lJ6) In dieser Figu::­

haben wi r zw eifellos den Inhaber de s Maltors Far-nh arn zu seh en.

Das Recht dies es Manors wurd e übrigens unter H ein I' i ch VIII.

mit Bewilligung d es Königs auf das Manor Worksop übertragen,d essen Inhaber es noch jet\t ausubcn.'!')

Auch bei den Krönungen der Nadlfolger Richards H . wurden

d en H errs chern Handschuhe angelegt, wi e das Inventar von etwa

IJ 'l Leg s . Recurds 8.a.0. S. 136.

135) Ca [[) b r i d~ c Un ive rs i t y Libr. Nr, 1015 (E e UI, 59) Abb. bei Leg g,Records a .a.Ü, S. 96/9 7.

" ") Cor p us Ch ris li Coll ege N o. 20 ; Ab b. b ei L eg g, Rec ords a.a.I). Titel­hild .

]31) vgl. ub e r die spä te r e Geschicht e dieses Brauch es J. H . R 0 und . The

King ' s Serje an ts and Offi cees of State (L oo don 1911 ) 5. 373 r. zu leg t TheF orm and Ord er of t he Co ro na t io n of Th ei r MajesLies K ing Geoq;e VI snd

Qu een Elizabeth ... Ih e 12 Ih . day of May 1937 (L oodon 1937) S. 23. r The

glo ve presenled by th e Lord o f the Manor of Worbop bei " " put 0 0 e !e." ; " gI..,ud> NOIIZ in der Ti mes VO m 1. 12. 1937 S. 17 .

Page 36: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

50 [I. T eil : Der Hau dschuh als Aru tsze i chc n ( I nsign ie) De r Königsh an dscbuh 51

1150 und d as V erz ei chni s d er f ii r di e Krön uo g H c i u r i ch s VII.1·185 a ng escha ff t en Stoffe bew eisen .' :") Im lety tc r en F a lle w aren

si e r e ich v erzi ert, ein n o clim a lige r Hinwei s a u f ihren urspr ün glidl en

Ch arakter. D as g leiche läßt 110 Ch ei nm a l d as In vent a r von 164 9

erk en n e n , d as n ach de r R e vo lu ti on zu m Ve r kau f d er R egali en an ,

gel egt word en wa r. E s w u r d e in ih m "Olle pa ir o f g lo ves em br oide­

r ed wi th gold" m it eine m Schilling eingcschä t t.'3' )

E n de d es 14 . J ahrhund e r ts lä ßt s ich n u n zu m ers ten Male

auch d ie V er wendung ein es zw ei te n H a n dsdmhpaar es b ei d er Krö­

nun g n ach w eisen. W a h rsch ein li ch in A n glei ch u ng a n f r anz.c sisdi e

Bräu di e b edeckt e m an jett d as Sa lb öl a n d en H a nd eu m it weiß en

L e in enha ndschuh en .I IQ) D er er s te B el eg dafür fin det si cli in d eru

" F orm a e t M odus" gen an n ten Or do a us d em E n d e d es 1·L Fahr­hund ert s. H ie r wir d d em Ch amb erleyn, in d ies em F all e d em

Grafen von Ox ford , vo rges ch r ieb en : " il p ort era o ucs q u e lu y le

co iff e e t les gau n ts d e t oil e p ar la un cio n d e R oy al test e t a s

m cyn es."!" ) Di es e H and schuh e wurd en ang el egt , oh n e d a ß d ab ei

ei n G eh e t g esp r ochen wur de . So blieb di e S te ll u ng d er L ein euhand­

schuh e unter d en Insi gnien zie m lich b ed eutungsl os. U nd sie hli eb

es u m so m ehr, al s sowo h l na ch dem Ordo " F orru a e t Mo dus" w ie

au ch in de r F ol ge di o traditi on ell en Prun k h a n ds ch uh e gleichzei tig

al s Insi gn ie h enugt wu r d en. ' :") In d cr P raxi s wi ck el te si ch di es so

ab , da,3 d er Kö n ig na ch d er Sa l b un~ vo m Ch am b erla in di e L ein en­

ha n d schuh e b ek am. Er trug si e bi s zur Anlegun g des R ing es, v or

d er er si e w ied e r auszog.l<3) Dann er h i el t er di e r eich en H antl schuhe

v om I nhab er d es Man crs Fu r rii val bz w. W orksop . M ei st zog e r

Dur d en f ür di e recht e Hand an , in d er er d an u d as Sz epter hi elt.

B ei d en Kr önungen J a c o b 5 1. und Kar 1s 1. tr at ein e Ver­

wirrung in sofern ein, als di e Leinenhandschuh e a n Stell e de r r ei-

138) L e g g , Records 0. .8 .0 . S. 191 , 199, 203, 206 .

(39) eb d . S. 275.

140 ) ' v gl. o . S. 45.

H1 ) Le g s . R ccords a.a .O, S. I f>2 .

I") Leg g , Reeo rds 0. .3.0 . S. 176.

1<3) Daß d ie H and schuh e vor d er Rin güb er gabe o.bl;el cgt ..... urd en , er fahren

wir zwa r erst vo n d er K~önun g' ,V iIhelrns von Ora nie n (vgl. ]. W i e k h a mLe g g , Th r ee Co ro na ti on O rd ers (H . Bradshaw - Soci et y B d. 29 Lond on 1900)S. 104). Es ist aber a uz.u n cb m e n, d aß dies auf alt en Brauch zurück geht , dennm an wi r d kau m d ie rei chen Han dschuh e ü be r di e Leinen h andschu he gezog cu

h ab en.

eh en H and schuh e t r a t cn .' !") W en n da d u r cli d er Z ei tpu nk t d er An ­

leguri g d er Lcin en h an ds clm he a uch se hr un lo gi sch e rs che inen mußt e,

so hat t e m an di e B eziehung zu!' Salb ung d och ni ch t v erg essen, d enu

im K r önungsordo Karls 1. wi r d gesagt, d er K önig: ziehe di e H and­

sch uh e a n : " b ecause of th c an no yn t in g' r.!"] u n te r J a C 0 b Ir.wu r d e d er a l te Brau ch in ll er o be n gesch il cler te n Fo rm wi ed er auf­

genomme n , und d abei bli eb es bi s zu r N e uze it .!" )

D ie zahlr ei che n Orcl i lles und B erich te, d ie a us Ara (! 0 n ,

N il v a r r au n d K a s t i I i e n erh alten sin d, lassen d ie H and­

schuh c unerwähn t. ob wo h l sie öfte r b is ius einze ln e g eh e n de B e­

sch r ei b u n gen des K Öll j ~s o rn a ts geb en. Sie si n d d emnach a lso ni cht

al s T eil d es Orna ts anz u seh en, was um so au ffa ll ende r ist, a ls d ieser

d em geis t lichen seh r ,wgeglidl en ist. D a jed och in Span ien die H and­

sal bli n g n icli t iibl ich ist , f eh lte hi er d er Antrieb , d er b eispi e lsw eis e

b ei d em Ga n s d er En tw ick lung in Frankreich e n tsch eiden d w ar.

Ali er d in(!'s wurd en H andschuh e auch ge le ge n tl ich vo m K öni g a ls

Ausze i clm un jrsst iirk zu m Orn a t ang elegt. Di es w ird be w ies en durch

d as D enkm al d es K önigs E n r i q u e II. vo n Kasrili en in d er Capilla

d e los R eyes nu ev os i n d er K ath edral e vo n T ol ed o.' '') Hi er h ält

d er Kö nig Szepter und Schwer t mit w eich en Stulp enh andschuhen,

a n d er en Z ipfeln kl eine Qu ast en hän gen , Di es e F orm deu te t w ie­

d erum au f d as Vorbild d er bi sch öfli chen Chiroth ek en h in ." 3) Da

au f di esem G rabma l au ch di e an deren Orna ts tü cke d es K öni gs

z en a u ab g eb il det sin d , darf man dem Künstler au ch b ez üglich der

H andschuhe Ve r tra u en sch en k en . Ab geseh en von d ies er ein en Aus­

n ahm e bilden ah er di e sp a n ischen Kü nsticr ihre H errsch er o h neHandschuh e ab.

Eb en sow enig sche int es i n P 0 r tu g 3. 1 H and schuh e als In­

si gn i en des K önigs geg eben zu' h aben. Ein e Krönung f and h ier ga r

n icht s ta tt , und die königlichen Gewänder k onnten sicli schon d es­

h alb nicht in eine r f estgelegten Ordnung h er nu sb ild en.

" ') L e g g, R ecord s B.a .O . S. LI, 262.

"~) <- bd . S. 262.

' '' ) vgl. Leg g, Or ders a.a.O. S. ISO, wo d ie ei n zel n en H errsche r auf.gef üh r t we r den.

"ö ) Ab b. her A. Bai I es tor e 8 y B e r e l I 0. , Hi s t o r i a d e Esp efia Bd . III(Barcelon a 1922) S. 7-1 ; Das Mat eri al zu di esem un d den folg end en Ab schn itt enü ber Si ziiie n, Bö hm en und d en Nn rde n v er dan ke ich fa st a llsschli eßlidJ. H elTDPro f. Dr. S c h r 3 rn m.

" 8) , gI. B r 3 u u , Lir . Ccw. 3.3.0. S. 375 ; Abb . 182.

Page 37: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

52 lI. T e il : Oc r H and sdr uh uls Am rsze ich cn ( Ins i; l1 ie) Der K ön igsh anJ schn h 53

Ande rs der s i z i l i s c h c K ö nig , der bereit s im 12. J ahr .h und ert r e idl g('sd1mü ckt e H a nd scliuh c tr ug. Dies wis sen wi r, wei lsich ein Paar sol ch er H an dschuh e noch jetl t bei den dents chenHci ch sk lei no di en b efind et, wohi n es dur ch H e i n r ic h VI. gekom.ruen iöt. "") Das Vo rb ild vo n B yzan z k ann hi er n icht angen omme nwerden, d enn d er hyza n t isch c K ai se r n ahm das Kl eidungsst ück ers t

in sp äte s te r Zeit u nd dann au ch n ach w es t lichern B rau ch in se inemOrnat auf. A u ch ein aiz il isdrer Ordo d er norm auni schen Zei t läßtdi e H andschuhe un erw äh n t.P") Eb ens o zei gen d ie Dars tellu nge n

wie das h eka nnte Mosaik R 0 g e r s II . in Pal er mo un d das dan a cha ngefer ti gte W i I h el rn s II . k eine H an dsch uh e, den n d ie H e rr­sch er sin d im b yzan tinisdre n Kaise rorna t dargest ellt. So sin d denn

die zu erst genannten r eichen H an dschuh e, die sp ä ter Insignic d erdeu ts chen Kaiser w ur de n, anfan gs wohl nur ein Auszeichn uu gss tückder siz ilis che n K önige ge wesen.'!' )

Auch in sp äterer Zeit kam es nich t m ehr zu r E inf ührung Y OU

KÖDigsh an ds chuhen . Der Großk apl an Al fon s os II . h at zw ar nocheinm al versucht , a ls m an b ei der K rönung dies es H errscher s imJahr e 1494 au f älte r e Trad iti on en zurück g; r ei f en wollte, ein enOrna t zus am me n zustellen, wozu er di e alte n B ilder un d St atu en

eine r Untersu chung u nter zog. Da m an abe r hi er n icht auf H an d­schuh e s t ie ß u nd da s ie auch in Arago n n icht zu m Orna t geh ör ten,wurd en sie auf d iesem W ege ni cht m eh r in den sizi lische n Krö­nungsornat aufgenomm en .

D:t au s U n ga r D a nsch eine n d k ein e B el ege f ür un sere Insigni cb eizub ringen sind , geh en wir sog leich zu den slavische u König­r eich en üb er.

Die bö h m i s eh e D Krönungsvorsch rif t en sin d teil s von d eut­sch en, t eils VOD englisch en u nd Iran zc sisclie n Brä uch en abhä ng ig .Desh alb w äre es leicht mogl ich, daß' der H an clscliuh hier verwen det

wurde. Doch n en n t der Ord o des 14. Jhdts. dieses Ornatstück nicht.Er räumt ab er au ch d en üb rigen I nsi gnien weni g Pl an ein . Sie

sch ein en e ben h ier nicht di e Bedeu tung geh ab t zu h ab en , di e sie inW este uro p a b esaß en. Und doch hat a uch in Böhm en der Hand­schuh zum K ön igsorn at ge hö r t, ja b estimmte liturgi sche Formell!sin d mit di es em G eb rauch verknüpft. Und zwar e r fah r en wir di es

1<9) 5. O. S. 43.

I SO) Neues A r chi v B o. 23 (H a n no ve r 1898) S. 17 f.151) S. H . S t e i n b e r g , I r i t r a t t i de i r e nor rna n n iche di Sie ilia, in Bibl!o­

flli a Bd. 39 , 1937 S. 1-29.

a us einer Ord nung , die das A nl egen des K önigsornat s bei sons tige nfestl ichen Gdege nhe it en , also n icht bei der Krönung selbs t, fest .l egt .' S ~) D em König, de r also sch on län gst bei d er K rö nung gesalbt

ist, werden dan ach beim Anziehen der Han dschuh e f olgende W ort e,d ie e twas ve ran der t aus P sa lm 82, 21 f. e n tno mme n sin d, vorge­

sch ri eben : " Inveni t m e Domi nu s serv um su urn , oleo sane ta suo

u nx it m anus meas, rn anus aut em il lius aux ili ab it ur mihi". DieserT ext, der im 1-1. Jahrhu ndert, verm u t lich für K ar I IV., an gef ertigt

wo r de n ist, wurd e spä ter mit dem dazugeh örigen K ron ungso rdoauch' von P olen iibernomm en .n3) Es wird aus alle dem se hr wa hr.

schein li ch, daß der Han dschuh auch bei der K rönung ge trage nw ur de , wo vo n all erdi ngs die Orelines schwe ige n. Di e Bezi ehung

zwisch en Sal bung und Handschuh en, elie wir obe n aufgeze ig t h abe ll,sp ri ch t sehr dafü r, ebe nso wie sie au ch a uf w est lich e Vo rbi lde r hin ­zude u te n schein t.':") Ob ma n all erd ings un bedi ngt eine Abhä ngig ­

k eit annehmen muß , m ag off en bl eiben . Es wäre auch moglich, da ßd ie In sign ie des deu ts chen K ön ig3, der se it dem späte n Mittelalt erau ch K ön ig vo n Böhm en wa r, für den böhmischen un d den p ol.ni sch en K ön ig als V o r bi ld ge dien t hat.

Di e n 0 r d i s e h e n K ö n i g r e i e h e kannten kei ne K önigs.handschuh e. Zwar stan d auch hier die Kronu ng un ter deutsch em

Einfluß . Doch der deutsche Ord o, den ma n benutyt e, ließ bekannt ­lich die Handschuh e au ßer ach t. Der H an dschuh, mit d em K öni g

0 1a f T r y g g v i s s 0 h n sein e kö ni gliche Braut in d er H eim.skri ngsl a schlägt , a ls das Verl öbnis zerbr ich t, ist also als Kl eidungs­

stiick, hö chst en s als Prunkst iick aufzufasse n, das es im Nord en n a­türlich auch gibt. 155

)

Auch in B y z a D z , d em ein lent er Seit en blick gelt eu soll ,k annte man keine Kai scrh nnd schuhe. !" ) U n d die ..XElpOPTlcr.".

d ie N j k e ta s e h 0 n i a t e s im 12. Jahrhun dert an den H änd ender Kaiserin erwä hn t, wurden al s Mißbr au ch und fr änkische Na di -

I S~) L. Los e r t h , D ie Krönu o gso r d oun g de r K öni ge von Bö h m en (A rch .t . ös te r r . Gesd », na. 54; Wien 18 76) S. 21.

153) SI. K u I r z e b a , Or do coro nandi r egis P olo nia e, in Coll ec ta ne a exar chivo coll eg i i his tor ici X l (Kr akau 1909-13) S. 161- -74.

! 5') Um si e zu err ei chen is t d ie P sa lmsteIle ab geän d er t word en . Es h eißtdurt n ur "unxi euro".

155) 0 I a f T r )' g s " i s s 0 h n , c. 61 üb ers. F r . Ni e d n e r (T bu le Ir, 14 ;J en a 1922) S. 268 f.

156) F r eu n d liche Ausk un ft von H errn P rof. Dr. F. 0 ö I ge r - M ü n e he n ;

vgl. C. N e u m a n n , Die Wel ts te lluo g von B yz an z [Huid elbe r-g 1894) S. 29.

Page 38: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

2. Kapit el

Der Hands chuh des d eut schen K öni gs

als R e ehtsz eichen des Kön i ~sbann es

ahmu ng cm pfund en .l'"] Erst di e la t ci nis clie n Ka iser sche ine n da sOrn at st ück ihrer Heima~ im Osten eingebü r ge r t zu hab cn.l") Danu

b abcn es di e Pal aeol ogen a u fge n ornme n .v' ]

I S1) Ale x i 0 S UI4: 688,15.158) vgl. z, B. das Grabmal des Ph ilipp I. v , Courtenay in Neapel aus dem

B~ginn 0.14. Jhol. (G. Ger 0 1a , in Dedalo Jg. VIII; 1927 ; S. 67 H.): "Le m an is on o co p e r t i di lunghi guan ti".

m) P ach y m e r e s , Hist. Lib. VII. 12.HO) vgl. z , agd. R. Se h r ö d e r - E . Fr h . v. K ü n s s b e r g . Lehrbuch der

deutschen Rechtsg ;:sch ichte (7 . Auf Iag e Berl in Le ipzig 1932) 5 . 115 r., 403 t,

55D er Hand schuh als Rechtszeich ell d es Kon ig,uannes

1&1 ) J. F i c k er , Forschun gen zur Reichs- und Re ch tsgesch. It al ie ns (Inns­

ln uck 1368 H.) Bd. IV S. 83: "euro ip se dorn i nus e p isco p us e t rn;8 'US t a li t er

r c t ul issen t , tune p er fus tcm e t w an t on ern, que m s u a t eu eba t rnanu, misi t in

ba nno om n es r es ip sius Alber ti pro p r ict at i s.'

'"') Mon. Ht sr. PaIr. Ch a r t ae Bd. I 5. 533: " d omn u s Adalg ari us pe r

fi6tu cunl et u u an tc n ern qu em su a t en eb at m an u ornn es res pro prie tas eor um

• .. m is i t i t a u t s i annum ac di ern in b an num i acu ise nt et a p a r te pu bli ea

venisen r" , ~[ G . LL. Bd. IV S. 531 : ;,pe r istum fu st em et ist um wantonem

mitlo om n cs r es d e .\1a r t ino in ban n u m" - . ebd . bei Lösung de s Bannes die

gleiche F o rme l mit den Wort en " to llo d e b anno".

1&3) 0 t t on i s ?ll 0 ren a e Hj s t o r i a: MG. 55. r-e r, Ge rm Nova Ser ies Bd .

VII S. 210.

,.. ) über die Un zu verl ässi gk eit d ie ses Autors vgl. Her b e r 1 M e y e r . in

ZRG G er m . Abt. 37 (We ima r 1903) S. 309 ff. und der s., im Gött . Gelehrte

Anzeigen 1922 S. 11 3 ff.

wurde di e Irisigu ie uo ch h esonrl cr s b efähigt, w eil si e sich a ls Abbiid

der Hand d esj enigen, der den B ann au ssprechen li eß , h ie r zu al s bc­son ders gee ign e t er wies. Dab ei mö gen au ch no ch praktisch e Erw ä·

gun gen - ei n Hauds chuh war kl ein und leicht zu b esch aff en

mitgewirkt h ab en.

Di e B el ege setyen zu erst b ei der "ID is s i 0 in ban n um", also

der Be schlagnahm e vo n Güte rn Geä cht et er . ciu. U n d zwar läßt sich

di eser deutsche R edltsbralld \ arn frühesten au s Ur k un den, die von

Mi ssi deutseher Könige in Itali en ausgest ellt wurd en, nachwei sen.

Da s er ste Zeugni s bietet ein e U r k un de vom Jah r e 1041 au s Pa via.'&l)

Ein " m issus" d es deut sch en K önigs n ahm n am Iicli dort eine "missjo

in haunum" vermitt els Stab uu d H ands chuh vor. D en gle ichen

Tathestand zeig t eine Urkunde desselben hhres aus Asti und eine

Gl oss e zu Lib. Pap ien sis 16 ." 1) Etwas deutli che r b eschreibt eine

an der c Nachri cht deu V or gang, nach der di e lombardischen Städte

im Jah r e 11 67 geb an ut wurd en durch Fr i e d r ich 1.: " p roiec toeor am omn ib us l;uao t o."163) Aus Deutschland se lbs t li egt bish er

nur eine ei nzige Qu elle vo r. Diese beschreibt nun zwar den Gan g

der Handlung ziemlich genau, indessen wird sie von dem üb el be­

leumundeten Herausgeb er der Rheingauisch en Alt ert üme r, F. J.B 0 dm an n , iiberlief er t.l"] Ihre Echtheit könnte al so n och an­

I!ezwe if e lt werden . Es handcl t sich um das W eistum von Liit5elall

im Rheing au , in dem die Bannung folgend erm aß en gesch ildert

wird: " ein ~yalpocle der sal han zween wiß e h antschuwe und sal

tret en mit sirn rechten fuß uf den ste in . .. und sal ufw erf en der

hentschuwe einen und sal sprechen: ich sten hut etage hie und bc-

,I

I!

11. Teil : Der Han dschuh al s Arnl szeich en (Insignie)54

Die königlichen Insignien kennzeichnen di e P er son des Herr­

schers , denn nur ihm allein stehen si e zu. Der R egi erungsantrilt

wird durch die Anlegung der Insignien vollzogen . Bei den Fei er­

li ch en Amtshandlun gen werd en sie getragen, und ein Verzidlt auf

die Regierung wird durch Abl egen der Insignien verdeutlicht. Ein­

zeln e besonders bedeutend e Insignien k önnen sogar die Person des

Herrsch ers vertreten, se lbs t wenn dieser nicht anw esend ist. Sie

werd en so zum R echtsz eichen der Herrschaft. 1&O)

Der Handschuh war zu jung und im Vergleich zu den anderen

Insignien zu unbedeutend, a ls daß er sich allgemein zum Herr­

schaftszeichen en twickeln konnte. Vor allem stanel da im Weg e,

daß er als Kl eidungsstück auch zur biirgerl ichen Kleidung geh ör te .

Und doch h at der Handschuh in Deutschland eine Zeit lang ab

Rech tszei chen wenigstem eine s Teiles der herrschaf tlicli en Gewalt ,n ämlich der Banngewalt, Verwendung gefunden.

D er Königsbann k onnte auf eine Stätte gelegt werden, um sie

unter den besonderen Schug und Frieden des Königs zu stellen.

Besonders in zwei Fällen wurde nun d er Handschuh dazu benUlJ L,um di esen k öniglichen Bann zu versinnbil dlichen. Einmal gescllah

di es, wenn ei n Sonderfriede für die Abhaltung eiues Marktes an

einem Ort errichtet wurde. Weiter wurd e er bei der mit der Ach­

tung verbundenen Einzi ehung der Güter (F r on ung, missio in b an­

num) verwendet. In beid en F ällen vertrat der Handschuh die P er­

son des Königs, von der dieser Bann ausging, Zu dies er Vertretuug

Page 39: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

56 I!. T eil : Der H an d sclru h a ls A ui tsze iclre n ( I naig n ie ) D er H and schuh a ls R e chl szeid, ell lies K öni s s b aDll es 57

u ern e H einzen oder Kunz cn sin lan t r ecli t . . ." .es) Aus d en beid e u

zu letj t ge n on n tf' n Qu ellen e rg ib t sich , daß d er H anuschuh ge wo rf en

wurd e . R i e h a r d S c h r ö de r rleut et rlies al s Ent zi eh u nz des

Schuges, Es ist d emn ach w ohl m öglich, rlaß hi er frühcr e in ma l e in

Zusamm enhang mit rler Aufl assung von Gü te r n bes t and e n hat , ",'0

e he nf all s m an ch niul der Handschuhwurf n achzuwei sen is t.' ?") A u ch

J. G r i In m scheint hier B eziehungen vermutet zu h ab c n .' 6') E"steht d em indessen die Glosse zum Lib er P ap ien si s 16 en tgege n , d ic

b ei der Aufhebung d er B eschlagn ahm e d er Gü te r di e B annungs­

form el in c n t sp r e che nde r Anderung wiederh olt: " pe r istum Iu st em

et istum wantum toll o om n es r es eius de banno."16S) H ieraus er­

gibt si ch, daß Stab und Handschuh als Zeich en d er B eschl agnahme

anges ehen werd en m üss en. V ermitt el s dies er Gege ns tä n de wird der

Bann ve rs innbi ldl i ch t und im gegeb enen Fall e wi eder a ufge ho be n.

Offenbar wurden di e R echtsz eichen auch am ge b a nn ten Orte

ang eb r ach t. Die Qu ell en sagen all er-dings d arüb er Ieicler n ich ts aU5.

M an darf di es ab er b estimmt annehmen, d enn in jenen F ällen , in

den en d er Mark tf r i ed e UD t e r königlichem B ann err ich t e t wurde,

wurde d as Recli tsaeiche n immer an der ge ba n n te n Stätte au­gebradlt.

Di e Bannunq; b ei d er Vermögensbeschlagnahme e ines Ce äch­t e te n e rf ah r e n wir nur a us J en verhältnism äßig w enigen Zeug­

nissen, di e bisher ge na n n t wurden. Zahlrei cher ist das Mat erial , das

üb er di e Aufrichtung des königlich en r.r a r k t ball n s vermittels

des Handschuhs vorliegt. Zw ei auf Markt rechtsverl cih unge n sich

bezi ehende Urkund en K 0 n r a d s III. von 1138 la ssen n och d eut­

lich erkenn en, daß d CI' Handschuh auch hi er al s Symb ol d es K önigs­

bann es angesehen wu r d e . In d er ei ne n di eser für W i b ai d v 0 n

S tab I 0 ausgestellt en Urkund en h eißt es ganz deutlich: " accep ­

ti squ e pr o initiandis banno reg io in for a nundinis ad v endendum

suis dlirothe cis." ICC) W eniger eindeutig geht d er Sinn des Rechts-

16,) Rheing. Alt er t. S. 6 17 vgI. G r i CD m , R A (4. AuIl.) Bu . I S . 211­

166) S. U . S. 85 t.' 6') G r i m m , RA (4. Aufl.) Ud. I S. 211 : "wie mit d em h and schuh gu t

aufg e lasse n werden k onnte od er e in vc r br edr er all es sein es gu tes verlustig

erklärt w e rd en k onnte, so . .."

16S) S. O. S.55 Anm. 16 2.

IOQ) M art e n e , Amp lissim a Co ll ec ri o (Paris 1"124) Bd. II S. 104 ; die

zweit e Urkunde gle i ch fa ll s für Wibald e bd . S. 10-1: " in cu ius vall c m e rc at u m

e r publ icas nundio as d a t is ad vendend um chirotheci s n os t r is au c t o r it a te eegia

mst i tu imu s."

ze iclie ns a us einer and er en Quell e h ervor . Im J ah r e 113 0 er tei l te

n ämlich L ot li a r IH. de m D omkapitel zu Bamb erg ei n Pri vil eg

zu r Errichtuug ein es Markt es und eines dani i t ve r bu n d en en Zo lle s

in dem Orte Sta ffe ls t ein .17O) In di eser Urkunde wird k ein Rechts­

zeiclien erwa hn t. Im Jahr e 1165 k am es dann wege n di eses Privi­

legs m it d em gleich fa lls in Staff elstein b eg ü ter t en W ürzburg zu

einem Streit. Un d aus dern H of geridltsu rt eil , das d es h a lb gefällt

wurde, wird von Lothar bericht et : " tr ad iue ra t mo r e so lito p er

gua nton e:m publica donat ion e e t privilegii sui co n fir m a tio ne."lll )

D a die ers te e r ku n de L othars ganz d eutlich von d er Verleihung

d es K önigsbann es spr icht , ist der H an dscUuh a lso a uch hi er al s

R echLsz eid len des Bannes anzuseh en , und nicht, wi e es n ach demH ofgeridltsurteil zun ächst e rsche in t. als R echtszei ch en d er ü be r­

ga b e zu d eu ten . Festzuh alt en ist w eit er n och di e 'Mitteilung, d aß

d er Köni g: n ach ge w oh n t em Brauch ge h nn del t hab e.

Schon im nächst en J ahrhundert v erlor sich di e ursprüngli che

B edeutung des R echtsz ei d1cns. Es ga l t schli eßlich als Zeichen des

Marktrcdlt s üb erhau p t. Schon da s b ek annt e R eichsw eistum v om

J ahre 121 8 sp r i cht d avon, d aß d er K önig durch d en H andschuh da s

Marktrecht ve rleih t, w ob ei di es es all erdings im me r noch hauptsäch­

lich als ein Sonderfri ede a ufgef a ß t wi rd. 1 7~) Di e Unklarheit ist

sch on f o rtgeschr itten i n d em wenig sp at e r entstanden en Sach sen­

sp iegel, der sa gt, der K önig müsse zu Marktgründun gen seinen

H andschu h sende n : " t o b ewis en e da t it sin will e si. "! " ) "Der

Schwabenspi egel und d er D eutsch enspi egel enthalten die gl eiche

B estimmung."<) In d en Kreis d er gle iche n Vorst ellungen ge hö r t

w eiter d ie sage nh af t e E r zählung von d er ersten Stadtrechtsertei­

Jung , die d as Magdeburger Rechtsbuch von der G erichtsverfassung

iq d er Mitt e d es 13. J ahrhund erts mitteilt. löS) Di e aufgez ählten

170) MG. D iplomata Bd. VlI i S. 39 : " s i t id em m e r ca tum lib erum iudicuro

d uc um eo mi t u m om n ium qu e iudi ci a r iarum p ro tcst at um contr adi ction e s ecu r um ,

so l i t a n ru ru n " m bc r ge nsi cou gregario ni San c ti G eo rgi i sub d i tum e t proprium

euro banno t h c lo n e i s om n ibu sq uc [ o r ena is i u r is u t i l it a t ibu s."

171) Mon . Boi ca Bd . XXIX, 1 No . 510 (S I u m p f 40-l3) .

172 ) M G. Co ns t. Bd . I S. 75: " p e r ciroth ecam nos t r arn contu lerimu s forum

annu ale v el s e p t irn un a le in a liqu o Io co, qu od comes aut a li us iu d ex al iquis

illius prov inci e no n debeat illi e h ab ere iur-i sd iccioueru."

173) Sachsen s p iegel Ld r , II, 2 6 § 4 .

" ') Schw abensp iegel Ld r. 192 b.

D eutsch e nsp iegel Ldr. 132.

" 5) P . L 3 b 3 n d , :o.Ia gu euurger Rechtsqu ell en ( 18 69 ) S. 56 (V u lg a ra d es

Page 40: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

Que llcn zeige» , da ß J e r Ha n dscliuh im h oh en Mit tel alt e r aJ1gem ein

in Dcu tsclrlan d a ls Zeichc ll des i\l arkt r ed lt S ga lt u u d b ei Verl eihun­

gen vcrwcu dc t wu r d e, A us de n Sa dJsells p iegc1il lustra tio neu er­

f a h rcn wir a u ch m i t Bes timmt hei t, d aß J er H anclsdlUh arn Ma rk t­

kreu z au fg ch aug t w urcl e.!' ") D ieser Brau ch d ür ft e sr-Ii r a lt sein .

A usg angsp un k t d afür ist de r Da nns dl auh, d e r urspr iin g lich ei n

F eti sch war. !" ) Der Ha n Js d lUh a ls ve rlt ä Jtllismä ßi ~ j un ges Rech ts ­

zci chen hat wo h l di e äl te re n w ie d en St ro hwisdl ver dr än gt. Wenn

in sp.iter er Ze i t an d en IIlarktkreuz en aus Holz ges d tni\j te H änd e

angeb r acht wurd en, so so ll te n di ese wohl wiede r d en H and smuhersejjcn .!")

Da in de n m eist en F äll en mit d em Markt r echt auch d as Miiu z­

r ech t v erl ieh en wu r de, bes te h t au ch d ie Mö glichk eit , daß die auf

Münzen ersche inen de n A bbildungen von Hän de n a ls H an clsdlUll c

zu d eut en si nd. Z war gib t es eine ga nze A nzah l von Mün zen, au f

de nen offens ich tl id1 die H and Go ttes d argest ellt is t .!" ) A be r a u f

an de re n sin d Kre u z und Han d abgebildet, was a ls o fü r d ie ange­

d eu t et e Mögli chkeit sp rechen wiird e. In Deutschl and si nd es vor

a llem die Hä n de lhe lle r, d ie sei L d em Begin n d es 13. Jah rh u u d erts

in Schwäb isch -H a ll ge präg t wurd en , di e ein Bild de r Han d auf

ihrer Rückseit e tragen. D a a uch das K re uz vo rhan den is t, h at man

h ier zweife llos mit B er ech t igung e ine n Hin weis au f die R ech ts-- - -' - -

Sächs. Wei chb i ldrech is Ar t. 9 ): "D a s p r a chen sie TU ch e k eg en dem k uni ge, s ie

wo ld en ger ne wisse n, an we lchem r ed" e si e best c en su ldco . Do ga p in der

k unig al so ge th an r ech I . a ls er teg e li cheu in se inem ho fe hatt e. d as bcs te rigr c

e r mit der Ro me r urku nd e u nd hot s in e h an t d ar . Da g rci ff an eyn ko w fm an a

un d cao ch im d en r e cht en h a n czke n 115 d er h an t , Do wa rt in eeri te Pe ters fr ed e

gewu rch l . . ." vg l. h ie rzu wie a uch so ns t : R . Se h r ö de r , in Die Rolande

D eu tschl and s (Schri ften d. V ereins f. d . Ges ch. Berlins Bd. XXV lI; eb d . 1890);d slb., We idlb Ll d , in H ist. Au fs. G. Wai ll gew id met ( Ha nnover 1886).

176) vg l. K. v , Am i r a , D resdene r Biltl erh and schrift a.a .O. B d . Ir . 1 5.125,380; Bd . Ir ,2 S. 8 6: Der H and sch uh ist we iß und grün qu erge st rei ft ; BJ . lI, 2

S. 13 6: Es hän gen so ga r 2 H ar>Js eh uh e ani I1I ar ktkr euz ; Bd . H, L S. 486: Aus.n ah msweise f ehl t d er Handschu h a m i\la rktkrcu z.

177) vg l. K . v. ALU i r a , De r Stab in d er gc'tmanische n R e cht ssymh ol ik

(A bh. de r b ayr. Aka demie Ph il os .-Philol og. u n d H is to r. K I. BJ . XXV ; Mün d, en1\109) S. 142 t.

118) so in E ch te rnach (vgl. R. S e h r öde r , in Die Ro lande De u tschlan ds

5 . 10 ), in Süd liro l (vgl . Am ; r a , S l ab a.a. I). 5. 143), in Neus l ad t im Od en ­

w a ld ("g I. A mi r a , D resde ne r B il de r ha nd6ch ri f t a.a.O. B d . H, 1 S. 125) un d

Etlenbach am Main (vg l. Am i r a , Dresden er Bilde rh a n ds cUri ft eb d.).

m) " gl. F . F r i e d en s b u r g , D ie Symbol ik de r Mitl el alt e rm ün zen (Ber­lin 1913 f f. ) S. 194 .

150) ebd. : R en ne r v , 18639 : " d ie t r iu we beae ichen t u ns di u h a n t , den ge·

la u b en t uo t un s d as k r iu ze be ka n t." Münzor dnung Wenzels : "haller .. . mi t

k r eullen u nd he nden" - Fr. Fr h. v . Se h r ö t t e r, WB d. lIlü nz k u n de (Bcr ­l in 1930) S. 259 läß t die F rage o ffen, ob es si ch u m Hand oder H a nd schub

h an del t.18') Fr i e d e n 6 b 11 r g a.a.O. S. 194.

16' ) Diet. da r ch. ehret. a.a .O . Bd. V I, I S. 614; Fried en sburg ebd .

183) ebd.; vg l. oben 5. 5 7 Anm. 173.

IS") 50 i n Po r tmo u th , So u th am p ro n, Ches le r, Newp o r t , Isle o f W rig bt,

M acl esfield. Ex.elcr, Ba rnslap le vg l. B ec k a.3 .0. 5 . 194 ; C I. K I ö p pe r ,

Eng!. R e all exik on (Leip zig 1897) B d. I S. 1267.

''') Ein Res l dcs a ll cn Brau ches bat sich in Fra nk fu r t am 1IT ain erhalt eu ,

wo noch im 18. J oh rhundert b ei Beg in n de r lIIesse VOr ve csarn m elten Rat ei n

zeiclien des :'>-Iarkt- u nd Münzrechts ange uo mmell. Fr i e d e n s ­

h u r g ma ch t a llerd ings d agegen ge l te nd, daß de r Name des Geld­

s tückes ebens o wie eine Erwähnung im Renner d es H u g 0 von

T ri m b e r g (I 1313) u n d ei ne MünzordlJllu g Wen z e l s von

1385 daf iir sp reche n, daß es sich um eine H an d h an d elt. 1SO) D ies

ist j edo ch n ich t unb ed ingt ei n zw inge nder Beweis, de nn di e wah r e

B ed eutu ng des l\I ünzoil d es kann se h r schnell 'vergessen worde n

se in. A ls gesicher t kann n ach Fr i e d e n s bu r g so nst nu r no ch

ei ne Handschuhdars teilu ng auf einem Bischo fs pfennig a us B randen­

bu rg angese hen we r den .!") B esond ers ve rwicke lt wird d ie ~anzc

Frage d adu r cli, we il Hand und K reuz schon in se h r vie l f rühe re r

Z eit au f einem b yza n t inis clien Ge ldstüd, des J 0 h a n n e s 1I.Co m n e n u s (1118-43) vorkomme n, das angeb lich auf ein "V or­

b il d aus B en ev eut zurückgeh t, wo tatsächlich se h r ähnl iche Münzen

gep rägt wor den sind.l'") Die J'1ünzfo rs chc r lassen merkw ürdige r ­

weise diese Bi lder unter Ber ufung au f die Bes timm u llgen über d ie

M arkt - und Mün zrech ts ve rl eihun gen d es Sa chsenspiegels (~) a ls

H an ds chuh e gel ten.'8~) A ber w ed er in It al ien noch in Byzanz gib t

es Beweise dafür, da ß do r t d er Ha n dsdlUh als Rechtszeichen zu de m

ge na n n te n Zwecke verwen det wurde. u nd ehe sich di es nich t b e­

leg en läßt, muß a uch di e ge nann te Deu tung abgele hn t w erd en.

Den n au ßer in Deu tsch lan d läß t si ch d er Ha n dschuh a ls Ze iclie n

d es Marktr echts n ur n och in spä te n Sp ure n in Engl an n n ach­

weisen. '!' ) D ort wer den n ämli ch n och jett in ve rschiedenen Orten

b ei Märkt en gro ße H an dschuh e a u fge hängt. Le ider fe h l t h ie r- jede

ä l tere Nadlri ch t, so da ß Alter un d H erkunft des Braueli es in Eng­

land nich t ausz u macli en sin d . Hö chstwahrscheinl ich dürf te irgend­

ein Zusam menhang mit Deutschl and an gen omm en werden . I $.:')

S8 Ir. Tei l : De r 1hnds d 'llh a ls A mtsze lcUeu ( Ins ig nie)

IJ

fI•I;,

~..

De r H ~udsdJUh als Redl\6zeidlen d es K onig sb a ones 59

Page 41: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

3. Kapitel

D er H ands chuh als Bot enzeich en

1\1it den Amtsinsigni en auf das nä chste verw andt ist der Hand­schuh , der als Botenzeich en dient. ' Ein solclir-s Zeichen, das vomH errn dem Bot en bei sein er B eauftragung üb ergeb en wird, hatteeine doppelte Bedeutung, Erst en s konn te dadurch der Auftragod er im F all e von Verhandlungen die Vollmacht des Boten sinnlichwahrnehmbar gem acht werden. Es ist also Sinnzeich cn des Auf­tr ages. Der Bot e entl edigt sich syrnh olisch des Auftrages, ind emer da s Zeich en dem Empf änger der B otsch aft üb erreich t. IS6)Zwe it en s wird abe r da s Sinnzei chen auch zum Abz eich en des Boten.Weil er es bei sich träg t, ist er von vornher ein als B ote gek enn ­zeichnet.

Offenbar liegt also hier eine umg ek ehrt e Entwicklung vor wiedie , di e wir bisher k ennen gelernt haben. Dort führt e der Auf­sti eg de s Handschuhs von der Amtsinsigni e zum H erschaftszeich en.Hier wird wohl die sinnfällige Ver wendung an erster St elle gestan­d en h ab en.

Das ält est e J?ot enzeichen war nun nicht der Handschuh, son­dern der 5tab.187

) Erst im h oh en Mittelalter wird gleichzeitig mitdem Stab auch der H andschuh benug t. Es entsteht al so ein Neben­einander von ähnli clle n od er glei char tig en Sinnzeich en , das wirspäter im gleich en Zeitraum wiede r finden werden.1SS

)

Auch da s neue Botenzeichen hatte den gle ichen Sinn wie derStab. Es war wieder Sinnzeichen des Auftrages od er der Vollmachtund Abzeich en oder Ausweis d es Boten. Sd10n aus r ein praktischenGründen eignete sich der Handschuh dazu vorziig.lich. Er warschnell zur Hand und leicht zu befördern. Hierzu kam noch, daßdas Kleidungsstück als Abbild der Hand des Auftraggebers ganzbesonders ansch aulich wirken mußte.

Handschuh auf den Tisch gel eg t WUI de. vgI. Hdwb. d, Aberglaubens a.a .Ü,

Bd . III , S. 1406.186) vgl, K . v. Ami r a , der den B ct ens t nb als "Wahrzeichen des Geb otes"

ans ieht (Stab S. 30 L). Belege dafür, daß der Bote das Zeichen abzug eb en

halle: R olandslie d v , 2677 fI. : "S i len dunez cest gu an t sd o r p lei et"'; DeutschesZe ugni s : "St rick er Kar! d er Gr oße" (hg. K. Ba r t s eh BibI. d, Ces . d. dt schenC'i ationalJiteratur Bd . 35 ; 1857) v . 8681, "werbet mine botschaft . . . fue ret imdi esen hantschuo ch dar ,"

187) vgl , A mi r a , Stab. S. 23 ff .168) S. U. 5. 76,

"-189) E r n s t M a y er, Die Einklcldun g im (;ermanis chen Recht (Fest. chrift

r. Adolf Wach ; Leipzig 1913 ; Bd. 11) S. 90 .100) ebd . _ Eher könnte als Stül}e f ür M a y e r s Meinun g eine Nachrich t

aus der Vi ta S. Enge lber t i Archi epis eopi Coloni ensis (13. Ihdr.) he ran gezogen wer­de n. D och h and elt es sich hier wirklich urn die Aufnahm e in den Sehut des

Er zbi schof s, was in k einem Zusamm enhang mit d em Bot en geschäft st eht. DerErzbisch of nimmt nämlich ein en K aufmann in se in en Schul} auf und sa gt .

"sume istam ci ro the cam, er si n eeesse habuer is pr o signo ost endas; e t si ali ­

qu id t ibi vi subJatum fu erit, ego tibi orn n e dampnum rest ituam. " AA. 55, No v,

na. JJl S. 6 HL191) vgl. Aum . 186.192) Das of t b earbeit ete Mar er ial findet sich bei M a y e r , Einkleidun(;

a.a. Ü. 5, 3 und bei Ami r a , St ob a.a. Ü, S. 29 I.193) R enaus d e Mont auban (Bi bI. d.lit . Ver . Bd. 69) 5.11: "or li

dones erran t le gant et Je ba sto n"; La Cb evalerie de Ogier de Danemarche ed.

J. B ar 0 i s (P aris 1842) v, 7271-19<) R ol ands lie d des P I a f f e u K 0 n r a cl v , 1417, 7245.

E in e andere Erkl ärung der Bot enz eich en hat nun E. M a y e rver sucllt , der di e Darrei chun g der selb en als eine n Ak t der "Ein­kl eidung" zu verst eh en such t.1SO

) Zunä chs t erg ib t sich b ei di eserD eutung di e Schwi erigk eit, da ß es sich bei der Übe rga be des Boten­zeich en s nicht, wie di es sons t für die Einkleidung eigentümliro is t,um eine Über tr agung V Oll Rech te n handelt . Di es ist E. J\I a y e rnicht en tga ngen. Er m eint desh alb , das Boten zeich eu wer de vomH errn verwende t , " um durch die Bekl eidung mit einem be sonder enAbzeich en Sch üt li nge in sei nen eigene n R echtsber eid1 hineinzu­zieh en".I OO) Di es trifft aber nicllt den K ern der Sache . Vor alle mspricht da gegen , daß der Bot e ur sprüngli ch das Zeichen dem Emp­fäng er der Bots chaft zu übergeben hatte.

191) Durch diese Tatsach e

wird die Deutung de s Bot enzeichen s als Sinnze ichen des Auftrages

und der Va llm acht zweife110s gesidl er t.Di e früh est en Belege für die geschilder te Vcrwelldung des

Handschuh s finde n sidl in den altfr anzösischen Chansons de gest e.Besonder s au s dem Rol andslied erh alten wir ein aufschlußreich esB ild. 19' ) Mit Stab und H andsdmh wird demnach der B ot e beauf­tragt, und durro Üb er gab e der Sinnzeichen entledigt er sich seinerAufgabe. Auch andere französiscl1e Qu ellen der gleichen Zeit er ­

wähnen die Benu~ung von Stab und Handschuh.m)

In Deutschland muß man das gleid1e gek annt h ab en . DerPfaffe K 0 n r a d üb ernimmt zum Beispiel die Sinnzeich en aussein er fr anzösisch en Vorlage ohne irgend eiue Erläuterung."<)W eit er find en sich die Botenzeichen bei einer ganz en Reih e deut-

v

60 J1. Teil: Der Handschuh als Amtszeichen (Inaign ic))

IiIiII

!

II

I

II

Der Handschuh als Bo te nze ichen 61 '

Page 42: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

62 11. T eil: D cr H anJs chuh als Aui rszeichcn (lnsignie) Der Hand schuh als sons tig es Am tsze ichen 63

sch er Di ch t cr .!") Gleichf all s aus J en Ni ed erlanden läßt sich emN achw eis crb r ingen. I"')

Au Ger diesen Zeugnissen des hoh en Mittelalters ist au ch inDeutschl and ein Hinw eis au s späterer Zeit üb erliefert. N ach dersp iitmittelalt crlichen B erner Chronik des C. Jus t i D ger ga lt der

lellt e (umge k eh r te) Handschuh als Zeidlcn für den unglii cklichenAu sg an g einer Schlacht.l '")

4. Kapitel

D er Hand schuh als s onsti ges Amtsz eichen

und als T eil d es H e ergewät cs

Al s T eil d er Kleidung der Vornehm en fand der H ands chuh

auch Aufnahm e unt er versch ie dene Amtstracht en. So tragen zum

B eispiel die Richt er Handschuh e. Schon auf dem Hochaltar vonCismar in Holstein, der um 1320 en ts tan de n ist , wird bei eine r Ge·r ich tssz erie aus d er L egend e des Evangelis ten J ohann es ein Rid:{ter

mit Handschuhen dargestellt .!" ) 1m Jahre 1533 wird i n Würzburgange ordn et "der richter, so den bann ub er das p lut ze richten . ..

hat, .. . in seinem h arnasch und plechhandschuhen zugegen seinsol".199) Ähnlich h eißt es in eine r Verordnung für Gl arus au s dem

16 . Jahrhundert, dir. wahrsch einlirh sch on auf ein e ält er e Vorlage

des 15. J ahrhundcrts zur ückgeh t , "und soll der rich ter angetonneheutseh en und d as ri clit schw er t iun Irenden haben".~OO )

Indess en führte ein and erer Gedankengang auch zum en tgege n­gesetyten Erfolge. Da der Richter nichts ve rhüllen darf, tr'a g t ermanchmal au ch k eine Han dschuhe, Dies wird als sinnbildlicher

195) Ruo landes Iiet ed. W . G r i m m v, 767; Wigalois des Wirnt v , Gr~fen­

b er g (hg . Fr. Pe i [ f er Sp. 40, 41. 287; vgl. Ami r a , Stab a.a.O. S. 26) ;St ricker Kar! der Groß e a.a.O, v , 2039, 8681; Fragm . de bello Caro li i\fagn icont ra Ser accnos v, 256 ; Lancel ot v. 2595; Yirgin al S . 140 .

196) P ar th en opeu s v , 5003 .

191) hg, G. S t u d e r (B ern IBll ) 5.65.

19S) Diesen Hinweis verdanke ich der Mitteilung von H errn Dr . We nz elvgl. Ha n s W e n t z e I, Der H ochaltar in Cismar; Diss. phil. Göttingen 1937

(Lü beck 193 7) S. 54.190) H. K n a pp, Die Zehnten des Hochstifts Wü rzburg (B erlin 1907) Bd .1,

S. 590.~OO) Schwe izerisches Idiotik on 3.a.0. Bd. III S. 465.

I

Ausdruck sein er Ehrlidl keit und Off enhei t gc deu te t . D esl1alb ver­

bietet d er Sadlsen spiegel also den Ri cht ern d as Anle gen der Hand­srouhe.~OI) A lle in st eht bi slan g eine Nachr ich t , der zufo lge in derMitt e des 10. .T ahrhund erts in der Trierer Gegend d er Gr enzführerb eim Grenzum gang mit einem Handschuh f eierli ch bekleidet und

so in sein Amt einge füh r t wurde: .,et ciro t eca , qu am rustici wan­

turn v o ca n t superJucta, dcmonstravit ..."~O~)Wid1tig wu rde für den Handschuh no ch, daß er se i t dem hohen

Mittelalter stellenweis e als T eil des H eerg ewätes betrachtetwurde.~03 ) D a urspriinglidl der L ehnsh err di ese Kriegsausrü~tung

de m Lehnsmann (Minis t er iale n) zu st ell en hatte, fiel en b eim Tode

des L ehnsmannes di e ges am te Rüstung, darunt er auch d ie H and­

srouhe, an den H errn od er an seinen Ver tret er zu r ü ck. Ein we st­

fälisch es Weistum en th ält beispielEw eise di esen St erbf all ,.ltell1wenn da ein man sterve t in huß genoten rechte, so h öret dem dem­provest dat b est e perJ .. . und vort all e sin e kl eider, uthb eschei­

d en ta 8dl enmest en , go r de1, hontschowe und vort alle gewehr toein er hun d, datsülvi ge h dret dem amtmeyer . "~O") Auch beim Sterb­fall d er Frau sin d ve re inz el t H andsdmh e mit zu en t ri ch ten .~05)

ZOI} Sa chsenspi egel Ldr. IlI,69 § 1; v g]. hi erzu di e D ar st ellun gen der

Bil d erha nd smrift en des Sadlse ns picgels b ei K. v . A m i r a , Di e Dresd en er

Bilclerh:md sdHif t a.2 .Q . Bi!. 1I,1 S. 18. na. II, 2 S. 91 r.~ O~ ) Sigehar di ~Ii r a cul a S. Ma ximi ni vgI. o. S. 14 Anrn , 63.~0 3 ) Das ältes te St adtrech t von Au gsbur g ann o 1156 b estimmt (vgl.

F. K e u t ge ll, Ur k. z, Gesch. d. stä dt. V erf. Bd . I (Be rli n 1899) S. 92 ) "Quo ·Clenscumqu e e, ad cu r i am vel (R ornam) in exped ili onem vel a rl consecrati on em

ibit , p re f ec tus ei duas ciro t ecas e t pill eum e t ins up e r s uu m subsidi um dabit'";

Goslar ische Statu te n (h g. O. G ös e h e n ; Berl in 1840 ; S.3) ann o 1300: "To<lern herwe de hört .. . schilt, yse rn hod, wapen hanschen, sw er d un d d e besten

w apene .. . "; äh nlich ein e Vo rschrif t von 130 3 f ür B ra unschweig (vg I. K e u t ·gen eb d , S. 457) ; St adthuch von W eim ar (hg. v . A. L. J. 111 ich e l s e n S. 272)anno 13R6 : "auch soll en ein iclich bürger un de bürg erin, dy da bruw en unde6chenken, ein p anz e r und e is en h emd unde han tsch u habin" ; Alt en bu rg er St atutv , 1555 (vgl. G r i m rn , RA Bd. II S. 111). N ach d em B eri cht des Am ts der

Mei er ei hei H al berstadt vom 1. V. 1780 gehören zum Heer ger ät ein Paar Hand­6chuhe (v. C. A. Kam p t z , D ie preuß. erc. Provincial rechte; B erlin 1823 H.;Bd . I S. 391). _ Nach E . M a y e r (E inkl eidung a.a .O. S. 96) erklärt sich di e

8)mbol ische Verw endung deo HandsdlUhs aus sein er Zug ehöri gkeit zum Heer­gewäte. Doch zählt d er Handschuh er st als T eil des H eergewät es, als er schon

längst als Symbo l gebraucht wu rd e.~O' ) W eistum v. Wcs t ru ro b ei G r i m ]l1, W eistümer a.a .O . B d . 111 S. 196 .

~0 5) Weis lum v. Ann atingen im Thurgau ebd. B d. I S. 240 14. Jhdt .

Page 43: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

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Unsere bishe r ige Betrach tu ng h at der Benutung des Hand­schuhs als In sigu ie u rn] A mtszei chen geg olten. Wir sahen, wie au chh ier ein Weg zur Verwendung als Sinnze ichen füh r en konnte,wenn auch di es b eim Handschuh nur einm al der F all war.

E in e weitere Möglich keit, da ß die Bedeu tung sich verdich tete,bot sich dem Kl eidungsst ück, wenn es bei Re chtsforme n dazudi ent e, R echtsyorgän ge sinnli ch wa h rnehmba r zu ma chen . Hi erzeigt die geschichtlidie E n twick lung ganz ander e Zü ge. Durch eineb esond er e E igenschaf t oder durch seine dingliche B escha ffenh eitkann ein Gege nstan d zu solchem Zwecke besonder s gee ig ne t sein .Die so gebo te ne Möglichk eit zur sinnfäll igen Verwendung kanudann an einer Ste lle erk ann t und aufgegriff en we r de n . Es istallerdings auch mö glich, daß sie zu ve rschie de ne n Ze ite n an ver­schi ed en en Orten ausg enutyt wird . Entschei dend ist jedoch, daß dieeinm alige Benugung des Obj ektes al s Sin nz eich en auch and er weitigsi ch durchsetj t und sich aushr eitet ; denn ers t dadurch wi r d es zumall gem ein gültige m Rechtszeich en. Di ese geschich tli dle En twick­lung soll im folgenden aufgezeigt we r de n, sowei t di es auf Grundder erh alte ne n Zeugnisse möglich is t . Doch liegt, wie wir UllS er­innern werden , beim Handschuh die Sache ius of ern r echt günstig,als er ja auch als Kleidungsst ück k ein sehr h oh es Alter h at. Jefrüh er n aml ich die ein zelne n Sinnzeichen sich durchgeseg t h ab en.desto schwerer ist di eser Vorgang aufzuhellen.

Besonder s re in sp r i cht sich die Eigenschaft des Handschuhs alsSinnzeichen dann aus , wenn nur ein einzelnes Stück verwendetwird . Ein Handschuhpaar wird m ei st nur dann henutyt, w enn insp ä terer Zeit di e Be deutung des Sinnseieliens verwässert ist.

E3 muß no ch ganz allgemein darauf hingewiesen w erden , daßda s von uns beh an delte Kl ei dungsstück von den Franken mehrfach'zu erst als Sinnzeichen vo n verschieden er Bedeutung aufgegriffenwurde. Von ih nen aus vollz og sich dann eine' Wanderung nachmehreren Richtungen, Di ese Vor gänge gilt esnun im einzelnen zuuntersuch en und zu kl ären , so weit wi e di es noch mö glich ist. Det"Erfolg ist dab ei abhäng ig von der überlieferung und der Zahl der

Page 45: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

r. Kapitel

Quell en. Denn viele Sondervorgänge sind naturgemäß vom Dunkel

der Geschichte überschattet. Dnu kommt noch ein Um stand, der

si ch im voraufgehend en Ab schnitt nicht b em erkbar macht e : da wir

es hi er mit Pro zess en zu tun h aben, di e in all en Teilen eines Vol kes

vor sich gehen, sin d gerade über di e früh esten un d wichtig ste n

k ein e Nachricht en erhalten . So günstig wi e beim Amtszei chen

Handschuh, dess en Aufstieg sich in den höchsten Schichten der

Völk er vollzog und daher au sreichende Spuren in der Übe rlief e­

rung hinterließ, ist also hier die Lage für eine Untersuchung nicht.

Endlich muß noch f est gehalten werd en , daß nicht jede Ver­wendun~ uns eres Kl eidungsstückes als Obje k t v on R echtsformen

eine tiefere B ecieutung geh abt hat. Schon das langob ardische

Launegild, dem wir un s zu erst zuzuwenden hab en , ist dafür ein

B eispiel. Aber au ch die se Möglichkeiten müss en in di e Un te r­

suchurig einbe zogen werden, um so das Gesamtbild in alle n seinenSchattierungen zu erhalten.

Der Hands chuh als Launegild

Die früh esten Z eugnisse f ür die Verwendung des Handschuhsbei R echtsgesdläften find en sich SdlOn im langobardischen Recht _

wir gelangen also bi s in di e vorkarolingische Zeit hinauf. Neben

.an de re n Gegenständen wird nämlich auch un ser Kleidungs~tück als

L aunegild benutt. Wie wir gle idl vorweg feststellen woU en, hat

es hier indessen nur al s Ding und nicht als Vertretung od er T eil.

zeich en eine RoU e gespielt. Es ist in die sem F alle also nicht al seigentlich es R echtszeichen anZusehen.

Di e Frage nach dem W esen dieses Launegild hat schon seitlängerer Zeit di e rechtsgeschichtliche ForsdlUng b eschäftigt. Di e

j et t gült ige Lö sun g ha t die vor wenigen Jahren erschi enene Ar­

b eit M a x Pa p p e n h e i m s "über die R echtsnatur d er ger­

manischen Schenkung" gebracht. Schon vorher war das gesamteMaterial zu di esem Thema von An ton V al d e Li ev rein dem

in di eser Hinsich t no eh immer grundlegen den Werk üb er "Lauue-

.gild und Wadia" gesammelt und verarb eitet worden. Vor allem

I) 111. Pa p p e n h e im , in ZRG Ge rm. Abt. Bd. 53 (W eim ar 1933) S, 35-88; dort auch di e we i te re Li ter atur.

A, Val d e Li ev r e , L aune gild un d W ad i. ( I nnsbr uck 1877 ).2) P a p p e n h ei m a.a .O. S. 38 H., SI ff.

3) ebd. S. 84 H.4) Edictus Rothari c. 175 (MG. Leges Bd. IV S. 41) De launi gild. Si

q uis rem su am cuieumqu e dun auerit, et p ost ea qui don auit , launigild requisi­

ve ri t, tun c iHe qui accepit aut bered e. eiu s, si ausus nun fucrit iu r ar e, quod

conpositurn sit, reddat ci ferquido, id est ai rnil em, quales in illa diae fuit

qu au do donatum est ; et si. iura verit , si t ex solutus :" vgl. Pa p p e n h e ima.a.Ü , S. 38 H.

3) V al d e L d i v r e a .a .O. S. 12 H.

69D er Hand schuh als Lau nc gild

auf d en Ergebnissen di eser heid en Forsch er beruht da s hier Ge·

sagt e.')Das Launegild ist eine Institution, di e es unter di esem Namen

nur im langobardisch en Recht gibt. Ab er Verwandtes findet sichauch in an deren ge r manisdlen Rechten. Un d indem Papp enheimnun den Akt der Schenkung im ges amten germanischen Recht

einer Sichtung unterzog, hat er auch di e Lö sung dies es Problemsges iche r t. Zwar sin d die Zeu gnisse, auf die er sich st iig t, oft fr ag.

m entarisch und stammen zeit lich aus r echt sp äte r Überlieferung.Trutdero ergib t si ch ein zieml ich einh eit lidi es Bild. J ede Schen­

kung erfordert d emnach im germ anischen Recht eine Vergeltung,deren sachlich er Wert ursprünglich dem des geschenk ten Cegeu­st andes entspre chen muß.") Di ese Auffassung von der Schenkungis t nicht so eigen ar t ig, wie sie manchem au f den ersten Blick e r­sch einen mag. Noch jeg t fin de t sich ja vielfach di e Ansicht, daßein C esclienk eine Gegen gabe ve rl ang t, zum mind esten ein e id eell ein d er Form der Dankbarkeit. Auch b ei den primitiven Völkern

lass en sich se lche Anschauungen nachweisen .")I rn bngobardischen Recht wurde nun di ese Gegengab e b ei

einer Schenkung vom Ceset; an erkannt und so auf Jahrhundertezu einer Einrichtung dieses R echtsgebietes erh ob en. Der Name

dafür war im all gemeinen " Laun egil d", se lt ener "widherdonum"und " retr odonum" , was sprachl ich alles " Gegengabe" bedeutet.Ul'sprünglim mußte auch hi er der W ert des Launegild d em desGeschenkes entsprechen - dies ergib t sich aus Edikt. Rothari§ 175:) Und tatsächlich Jassen sich wä h r en d der ganzen Geltungs­

dauer des langobardischen R echts Launegildgaben festst ellen, diewertmäßig dem Ge~ili.enk durchaus entsprechen.i] Val d cLi ev;·e , d'er dies zu erst n achwies, versuchte eine Erklärung, in-

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Il l , T eil: Der Handschuh als Obj ek t von Rechtsf ormeu

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Page 46: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

6) P a p p e n h e i m S. 77 r:') Mouumenra Hiarcri ae P atriae sa. XIII (T ur in 1873) S. 65.

8) G. Fa l r e s ei , Mem ori e is to rico -dip lom at iche ec t. d el Dueat o di Sp oleto.a , a . O. S. 285.

dem er in solchen Fällen ein e Scheinschenkung annahm. P a p p e n­he i m dagegen k onnte gerad e die se auff ällige T ats ache für se ineThese vo n der ursprunglieh en Wertentspredmng von C eselienk undLaunegild verwen den. Wichtig für un sern Zusammenh an g wurdees nun, daß der Schenker sich mit Gegengaben- von gerin~crem

Wert begnüge n konnte. Di es war in der weitaus gr ößten Zahl derSchenkungsak te der Fall, Nu r durfte der Schenker die AnnahmeD- es Launegild nicht ve rw eige rn , denn di e Sch.e nkung wurde erstin dem Au gen blick r echtskräftig, in dem das Launegild iib er:; r:benwor den war."]

Au s dem Gesagt en ergibt sich nun, daß in langob ardi sch enSchenku ngsurkunden einmal wertvolle Gegen stände wie Schm uck,Ringe, Sie gel, Schn all en , K ronen. B echer, Geld und sogar Pferdeal s Launegild Erwähnung find en . Di eser Gruppe, bei der also di eWe r ten tsp re dm ng von Launegild und Geschenk offenb ar wird,steht eine gr öß ere Grupp e gegenüb er , die beweist, daß sich dieGeb er m eist mit einer geringwertiger en Laun egildgab e zufri edengab en. Gegenstände dies er zweiten Gruppe ware n meist Kl ei­dungsstücke, wi e Rock, Mantel, Binden , Sacktücher, F ellwerk. Amh äufi gst en wu rden ab er H emden, Handschuhe und Hüt e oderMÜßen verwandt. Eine lette Grupp e bilden di e ide elle n Laun e­'gildgaben. So werden schon in früher Zeit b ei der Freilassungv on Unfreien die geleisteten Dienste des Freigela ssen en aufgeführt.Und in sp ä ter en Urkunden werden b ei Seelgif ten no ch zu leistendeG eb et e für das Seelenheil des Gebers gena nnt. .

"über die Launegildgab en sind wir besoud cr s durch die zahl.r eich erh al tenen langobardischen Pr.ivaturkuucl cn , di e seit dem Be·gi nn d es 8. Jahrhunderts überliefert sind, gu t unterri cht et. Baldnach der Mitt e des 8. Jahrhund erts be gegn et rchon der H andschuha ls Launegild. In ein er ober it alicnisclie n Urku nd e vom Jahre 767wird nämlich ein " Be nan ti us .. . , qui reeepit iuxta lege sua Lan­gobardorum m au erite p ar uno" erwähn t.') Von di esem Zeitpunktan häufen sich die Belege. Im Jahre 807 wird auch SdlO11 in einersüditali enischen Urkunde aus dem H erzogtum Sp oleto der Hand-

' "8'dlUh als Launegild aufgef iihr t.") Fast immer wurd e ein P aar Han d­schuhe üb ergeben. Darin spricht sich wieder die T atsache aus, daß .

g) Cod ex dipl omalicus Cavensis (Ne ap el 1873) Bd. I S. 56, 102, 104, 168,

Ud. Ir S. 20l.JO} 8.a.0 . S. 6 Anm. 7, S. 18 Anm. 1, S. 23 Anrn. 3, S. 51 Anm. 5, S. 282;

d azu L. H . 111 u r 9 l 0 r i, Ant iqui tates It al icae Medii aevi (Mailand 1738 H.)

Bd . II 2 Sp, 362 ann o 814 aowi e Mon. Hi st. Pat. a.a.O. Bd . XII I S_ 1037

nn no 954.1') Mon , Hist. P al . Bd. XIII S. 214.12) V al d e L i ev r e , a.a.O. S. 95.

di e H an dschuh e als Gegenstand und nicht als Sinnzeichen zu ["::eltcnhab en. Über die Beschaff enhei t dieser H andschuh e wer den im all­geme inen keine näh er en An gaben gemach t. Nur au s einigen Ur­kund en der süd italienischen Ab t ei Cava ergib t sich, daß dort" m anicii nu scin ii' übli ch w ar en.") Es dürft e sich hi er um Hand­schuhe geh andel t hab en . die mit Fibeln und anderem Schmuck ver-

ziert war en.Es erübr igt sich hier. alle Belege aufzufüh re n. Sie find en sich

fast vollzahlig bei Y a I d e Li ev r e." ) In den mei~ten Urk undenwir d das Launcgild rni t dem Hinweis angeführ t, daß durch die An­nahm e desselben die Sd lcnk ung unan fechtb ar I'eworcle n sei. AlsBeispiel für viele äh nli che ma g ein e solche F or mel aus einer Mai­l äncler U rk un de vom J ah r e 833 angef ührt werd en : " Unde accepiloauncchild jux ta lege, quas p ar entibus m eis h abu er unt lan gobar.d orum. a te p rellominato Hung er m anieiss pars uno , ut h ee meadonat io t ibi et he retib us tuis firmis m an eat atque p er sistat."ll) Seitdem Beginn des 11. J ahrhund erts find en sicfl Hands chuh e selte nerals Laun egild , währen d an de re Kl eidungsstücke n och yor komme l!.Die Aufl ösun g des lan gob ardischen R echts und der Sieg des rö mi­sche n Rechts hab en dann mit dem B eginn des 13. J ah rhunderts derJnstitution des Launegild ein Ende ber eit et. Im ita lien ischen Rechtd er F olgezei t find en sich nur noch ganz geringe Spuren von ihr.f')

Rü ckblick end läßt sich von den L aun egildgab en sagen, d nß siebl oß als Din g od er Sache anzmehe n sind. Auch we nn sie nur ge­ringen W ert h aben, sind sie n icht etwa als Zeichen der D ankb arkeitaufzufassen . Vielmeh r -b leibt ihr Wesen imm er der Ersaß des Wer't es, den das Geschenk hatte. Charakteristisch für die se R echtslageist , daß sidl auch- k eine bestimmten Gegenstände als Launegilddu r chse tye n k onnten. Zwar werden ei nige bevorzugt b enu ty t wieebe n der Handschuh. Daneben stehen aber wiede r ganz vereinzelt

vorkommende Launegildgaben von and er er Gattung.

71Der H an dsch uh als La un egil d

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111. Teil : Der Ha ndschuh als Objek l von R echl sfo rmen70

Page 47: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

72 III. T eil : Der H an dsclnrh 01 5 Obje k t von Hedltsform en He r rschoft saciclreu hei Eig cn t um s üh cr t ragung en 73

2. Kapitel

D e r Hand s chuh al s H errs chaft s z ci ch eu

b ei E ige n t u ms ü be r t r a g u ll g e n

And er s als beim Launegi lrl kann di e H an dschuhrei chung, diebei der über tragu ng vo n Li egeuschef tcn oder se ltener bei der Obe r­tragung von H errsch aftsrechten üb er Personen sta tt finde t, al s einAkt von symho lis che r Bed eu tung und der dab ei henu ut e H an dschuhals R echtszeich en angesehen w erden .

Um di ese B ehauptung zu b eweisen, ist es n öti g, zu nächs t di eLi egen sch aftsriher tr-agung einer Betrachtung zu unterzi ehen. Damitlegen wir gle ichze itig da s Wes en der übereignung der Gew alt üb ereine n Men schen klar, denn in den vorkommend en F äll en we r de ndie P er sonen als Sache beh andelt.

Da s gena n nte R echt sgeschäft seßt sich aus eine r Reih e vonr echtlichen F ormalitäten und sinnfälligen Handlungen zusammen,v on den en h ier n aturgemäß nur die leßteren B ed eutung hab en. " )

13) Gemäß de r jurisrisd ien T ermi nol ogi e sin d in di esem R e cht sak r zw eiT eile zu schei de n: 1. ,. s al a" ( t r ad it.io) und 2. " gew er c" (in vesti tu r a ) , " d ie u r.

sp riiugfich in UD ges chie dene r E in he it verbun den, sich spä t er im mer m e hr vo n­

ein an der sond e rt en " . (vg l , W. ;vI e r k , Di e Grundstücksüb ertragung n a ch dc m

ale m an nische n Volk sr echt, in F estschr i Ft Ernst May er (Weirna: 1932) S. 143,

d or t auch Lit. ) Da m i t wü rde au d i in un scrm Zus amm enh an g die F rage au f.

t auchen , ob de r Handschuh als Tr:ldi rion s- o der Investitursymbol anz usehen

is t. Die Meh rz ahl der F orsch er b eze ichnet ihn als Inv estit utsym bol (\'(;1.Sc h r ö de r - K ü n S 8 h er g. R G. a .3.0 . S. 305) . ~l erkwürdigerwei s e zä h len

d ann aber di e gleichen F orsdl er di e üb er gab e des Hand schuhs als Investitur­symbol z ur T rad it io (vg I. M e r k a.:I.O. S. H 3, S c h r ö d e r - K ü D S s b e r ca.a .O. S. 304) . B et r ach t e t man nun un vorein genommen vo n di esen juris tisch en

Fragest ellung di e Qu ellen, so erg i b t sich fol gendes Bil d: In d em R echt sakt d er

Liegenscltaftsübertr agun g sin d verschi ed en- R echtsformalitäten zusammengefa ß t,

di e für un s m öglicherw eis e noch durch lateinische Bezeichnun gen verun kl ärt

sind. Ein e ein de u tig e Scheidun g d er Begriffe etwa im Sinne d es römi sch en

R echts ode r d er h eu t ig en Ju risprudenz wird kaum mög lich se in . W ird d ies

t r otj d ern unt ernommen, so wi r d dadurch der Vr.q; ang enhei t si che r Ge walt an ­

ge tan. DeDn es fra gt si ch, ob der Gedanke wirkli eh bis zu End e durchged acht

is t. Da zu kommt noch, daß die A usste ll er unserer Urkunden nu r zum T eil

juri st isch gc b il de t w aren. Sie werden sdron d esbalb di e fei nen be gr iffl ich cnSch eidung en m ei st niebt g ek an nt h aben. Aus dem gle ichen Grund e gi b t es

"um im Mittelalt er in e in em Remt~bereim nicht imm er eine völl ig e Einh eit der

F orm en . - Au s all en di es en Gründen soll auf die Frage, ob d er Handschuh

als In vest it ur- od cr Trad itionseymbol zu gelt en hat, hie r nicht eingega ngeu

we rden . Auf Gr un d d es vo r li egc n de n Materials würde sich auch kein e ei n-

Di e ältes te n hi erb ei ve rwende te n R echtszcich en wa r en wohld ie, di e als T eil des Gegens tan eIcs diesen selbs t ve r tra te n und seineÜ bereignung so vor de n an wese nden Zeugen sinnlich wahrnehmbarmachten. Hi crh er ge hö re n Sciio lle un d Zweig-: wenn es sich umein Grundstü ck, ode r K esselhaken un d ein Spli tter von der Tür,w enn es sich um ein Hau s handelte. Dies alles sind abe r no ch ke ineech tc n Sinnzei chen, sonde rn vielmehr T eilz eichen (" pars pro tot o" },wenn auch di e mit ih nen vo rgeno mmc ne H andlung schon rech tliche ine n tie fer en Sinn h at te.") J ün ger ist wah rscheinlich eine ande reGrupp f;: von R echt szei chen , die wirk liche Sinnz eiclie n sin d, dennsie vertreten et was tat sächlich n i cht Greifbares: die Gewalt oderH errschaft üb er di e zu ver geb ende Sache. Hi er sind vor all emSt ah und Hand schuh zu nennen. Für de n Stab ist di ese Becle utungunbestritten. Und auch der H an ds chuh wir d im gleichen Sinnc zudeuten sein, dcnn der Übergang der Sach e selbs t k ann durch einKleidungsstück ni cht versin nbildli cht wer-d en ." ] Ein Kleidungs­s t ück steh t imme r in irgendeiner Beziehung zu der hand elneIen Per­son odcr vertritt di ese. Vo n diesem Cesich tsp un k t hat al so au chd ie Deutung des H an dschuhs au szu geh en . Beach ten wir weiterse ine Form. Wir dürfeu mit gu te m Recht anne hme n, daß alsRechtszeichen fast allgeme in der F inge rha ndschuh verw endetwurde.'ß) Er ist nun ein gena ues AbbileI der Hand, durch di e jadi e H errschaft ausge üb t wird . Die Hand ab er hat be i sinnfälligenH andlungen sch on se h r früh eine wichtige Ro lle gesp iel t.") Undes kann als ganz siche r gel ten, daß zwischen H and und Handschuhauch bei ihrer Verwendung im Recht enge Ve rwan dtschaft besteht .Di es gilt als all gem ein an er k annte T at sache, läßt sich aber leid er

d eutige Lösung e rge be n, d enn di e Que llen kenn en sowoh l "tradi t io" wi e auch

" investitnrs" ve rmittels di eses Rem tszei dlens. Vgl. hi erzu A. H eu s I c r , Insti­tut ion ell des d eut schen P r iva t r echts Bd , 11 (Le ipzig 1886) S. 66 ff.

14) vgl. Fr h. v. S c h we r i n , in H o 0 p s Reullcx . 8.a.0 . Bd. III S. 469. ­Di e ge h r au clit e T erminologie verdanke ich dem Vo rs eh lag e meines L ehrer s P rof.P . E. Schramm.

15) Im gleichcn Sinn c G r i m m , RA a.:I,O. Bd . I S. 209 L; S eh r ö cl er '

K Ü II S s h er g a.a. O. S. 304; A. H eu s l e r , In stit utionen d. d eutsch. Privat­r echts a.8.0 . B(!. Il S. 68 f. ; Hdwb . d. A be rglaubens a.a.Ü. Du. III S. 1405;H o o p s , Reall ex. a.3. 0. Bd. III S. 473 .

16) Daß es aich nicht um F austb a uds chu hc ge h ande lt h at, e rgi b t sich aus

d er m ehrfachen Erwähnung kostba r er H an dschuh e. s. u . S. 85.H) G r i m m , RA a.a.O , Bd. I S. 190 ff. ; Hdwb. d. A bergla u bens a.a .Ü,

Bd. III S. 1379 ff.

Page 48: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

(·l 11I. Tei l: De r H andschuh als Ob jek t von R ech tsf or m en Her rschaft sae i chcn b ei Ei ;cntulIlsühcr t ra ;;lIllgen 75

;JUS d ~u Quell en nicht k la r b eweisen ."} Nur aus ein igen h re t oni­s clic n U r kund en erfah ren wir, d aß dor t d ie H:m<l schon in friih erZeit in der gleiche n We ise bei der Al tarschenkung gebrauch t wurde

wie sp ii tcr der Han dsch uh . Ei n e U rkun de aus Rede n vom Jahre895 schilder t den Vo rgang fo lg endermaße n: " per ma num Ma rhidu ein 111l l I1U L oishir d qu asi dex tra su a super alt arc donu m posuisse t." 'Q)

An cl r e a s Heu s l e r , der di esen F ragenkreis näher b eh an ­delt ha t, wi ll in der h äufigen E rw ähnung der " ma nU5 vcs t i tu r a' inm erovin gischen u ml fr iih ka ro li ngischen Urku nden ciu cu Be we-is für

d ie Verwendung des H andschuhs im Rech tsbrauch seh en ." ) And er esind ih m dar in ge folgt .2 1

) Es mag verlocken d sein, d icsc n terrninuste clmicus so auszu legen. Indessen verhält es s ich J.) ch hier so, daß

wir es m it der la teini schen Etike tte f ür einen Vorgang des ger­manischen Rech ts zu tu n haben, bei dem es off en hl eib en muß,

w omit di e " vesti turn" erfo lg t. Es b ra u ch t jeden f all s n icht unb e­di ng t der H and schuh b enug t wo r de n zu se in, we nn auch mit de rM cglichkeit gerech n e t we r den ka nn. Die Forschung tu t besser,

w enn sie sich nur m i t den Qu elll"n b eschäftigt , die den ein deu tigenBeweis für d en Gcb ra udl des H andschuhs als Sin nzei chen der Herr ­schaf t erbringen. Un d diese Quellen beginnen n ich t vor dem Be­

gi nn des 9. J ahrhund er t s zu fließ en.

Der H andschu h vertri t t a lso urspriingli ch di e Hand und ver­sinnbil dlich t so die Gewalt oder d ie He rrs chaf t üb er ein Objekt .")

18) E. 1\1 a y e r (Eink l e i d u ll ~ a.8.0. S. 96 ) versuch t den symbo lischen Ch a·

r akt er des Handschuhs VO ll seine r Eigenscha f t als Teil des He crgcw ä ree abzu­l eit en. In frühe r Ze i t läßt sich in des sen kei n Be leg dafür beib ri ngen , d aß der

Handschuh wirkli ch ein T eil dessel ben is t. vgl. S. 63.tQ) Cartulai re de Re don a.a.O. S. 217 ; eb d. S. 23.J, anno 1 0 6 2~80 Schenk ung

" p er manum supe r char t am don m io ni s'"; eb tl. S. 267 an no 1100 "p.e r manumsupe r alt ar e eum li bro p osit am" ; cbd. S. 279 ann o 1052 "per man um su pe rEva nge lii librum" ; ebd. S. 34-1, anno ) H 8 " pe r manum in m auu ab ba tis" ; eb d.S. 393 ann o 1128 ,.per ma nu m sup er al t a re p osiram" - Ähnlich au ch ein Schwurvg J. Reeue il de Cha r tes de Cluuy (Coll. d. d oc. ine d. 1. Ser ie R ist . p olir . ; Paris1876) Bd . I S. 35 : " ven i t Aimo n ua ad ah are et mi tteha t rn an um suum sup er

alt a re ... et i ur aha t" .

20) In st it ut ion en a.a .O. Bd, I S. 95 H. - Di e Erk lärung "wan to" = F echt ­

h andschuh läßt sich nich t bew eisen .21) vgl . Se h r öd e r - K ü n 8 s b e r g a.a.Ü , S. 66 Anm . 13.22) Ve r tre tung der Hand durch d en Ha ndschuh fin det sich noch am B eginn

der Neu ze it, we nn We rber in den K n eipen H andschub e au f den Ti sch warfenun d di e aus Neugi er oder Ei nfal t diese be rührenden Ba u ern bursdlen als an­geworb en he t r achte t en. vgl. H. Se h r ad e r , Bilder schmuck. d er de u lsd>en

J,..~;

. ~

'!

I.-"

D ieses Zoiclien s bed ien t ma n sich duun , wenn die Gewalt 1Il die

H and eines an de ren iib crgch t, b eispielsw eise bei Verkauf, Verzich t,Sch enkung , Be lehnung un d-- was oft mit Ji eser zusam men hang t

- bei Amtseins en ungen . Auch wen n es sich um Rech te an P er­son en h arulc lt, kann da s Sinnzeichen be i Übereignungen b en utjt

wer d en . Dan n w erden allerdings diese P er son en in gew issemGra de al s Sa che auf'gef aß t . Gan;>; einde ut ig: ist di es bei Hö rigeCl

J er Fa ll. Deshalb k an n m an di e Schenkung; vo n Hörigen ohneEinschrä nkung im Zu sam me n hang mi t den Li egenscha ftsub er t r a­~un gl" n b eh and el n. Nur die Verwend ung des H andschuh s b ei der

Verl ob ung ni mmt ein e So nderstell ung ein und soll desh alb fü r sichb esp r ochen we rd en .

Als Rechtszeichen b ei Li egen schaftsübertragungen ha t derHandschuh scho n ver hä lt nismäßig früh eine sehr b edeut ende R olkin viele n germani sche n Rechtsgebie t en gespielt . Es em p fieh lt sich

dah er, d iese im einzelnen du r chzu geh en.

An die erste Stelle g; ehö r t d as fr ä n k i s e h e R e e h t , denn

a us se inem Ber eich sin d die frühest en und di e m eis t en Bel ege- er­h alten . Am best en sin d wir üb er di e i n I t al i e n Ie ben d e nFra n k e n unt erricht et, der en R ech tsbr äudle dur cl-i di e sorgf älti­gen Aufzeich nu ngen de r oberit alien ischen No ta re gu t zu erk enn ensin d. D ie erste Erw ähn ung des Han dsdluhs fä llt in das J ahr 81 6,

in dem di e Witwe des Gr afen von Berga mo "per duas m ani ciasein ige Güter üb erträgt, 23) Üb er die St ammes- und R echtszu gehörig­

k eit de r Aus st ell er in wird zwar nich ts gesagt. D nch wird die Witwed es frän k isch en Grafen von Bergam o wohl auch na ch fr änki sch em

R ech t ge leb t h ahe n." ) Ve rmerkt zu werden ver die n t es, daß derRech tsak t hier als Traditi on angesehen wi r d. D enn schon wenigeJ ah re sp ä te r h ei ßt es in ein er Urkun de aus dem gleichen Bereich,

d aß d er Gr af Hucpo ld vo n Vero na " pe r rnani cias su as de manueius de m Bonif ri tu s a p arte pracf ati m onas ter ii reves tivi t" .~) I m

Sprache (B erl in 1886) S. 183; J. N ie 0 l a i , De chiro th ecarulU usu et abusu(Gi eßen 1701) S. 134; K men t a.a . Ü. S. 17.

23) 1I10 n. Hi st . Pat. a.a .O. na. XIII S. 172: " t r adav it e tque concessitp er du as m ani cias."

14) Diese und ähnliche Urku nd en mögen wohl Ve ra nlassung gewesen sein.da ß ein ige For scher der Meinu ng sin d, de r Ha nds chuh habe au ch bei den Lan go­bar den als Symbol Verw en dung ge fu n de n . D agegen spri cht schon CartulariumLa ngob ard icum TI t, 2; S. u , S. 89 Anm. 86.

25) Mon . H ist. P a t. a.a.O. Bd. XIII S. 178 ann o 820; fü r di e F rage nach

Page 49: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

76 l l l . T ei L: Der IIa llllsdlllh als Übjek t von Red ltsf ormen Herrschaftszeidl eu bei Eigelltumsübert ragun gen 77

.-;.

-1

i.~

Sei t der I\fitte des 12 . J nhrhumlcrt s v er schwind et der Hand­scliuh fast ganz au s den it ali en isch en Urkund en. Dies wi rd si chwohl dadurch erk lä r en, daß das P ersonalitätsprinzip im R edlt zu .rücktrat und sich ein Einh eitsr edlt herausbiltl et e. Doch finden sichau ch no cli im 13. Jahrhund er t Spuren di eses Rechtsz eichens. S0

heißt es in ein er tosk anisch en Urkund e vom J ahre ] 207: " filiiAdonis co nfirmassr- donation em p r aesen tem cum wantone dedext ra t racta et Egm old 0 tradita."eo) Und der Jurist Ro ll an.

cl in u s sagt im glc idlc n J ahrhundert in seiner " Sum m a artis

S. 600 (1062), S. 610 (1065) , S. 614 (1065) , S. 631 (1072) , S. 637 (lOU),S. 646 (1075), S. 636 (l07 7) , S. 659 (1078), S. 662 (1081 ), S. 689 (1084),S. 670 (10B.J.) , S. 695 (l091), S. 718 (1095) , S. 725 (1100) , S. 727 (1100);

Cha rt ae Du. Il S. 58 {an no 996) , S. 145 (10·19) , S. 159 (1065), 5. 166 (1080),S. 176 (l 080) , S. 180 1097) ;

Bd . XIII (T urin 1873) S. 226 [arm o 836) , S. 406 (867), S. 755 (910),S. 761 (9 11), S. 912 (929), S. 895 (928), S. 1033 (953), S. 1102 (960) ,S. 1109 (96 1) , S. 1157 (963), S. 1222 (967) , S. 1223 (967), S. 1270 (97L),S. 1306 (973) , S. 1329 (975) , S. 1332 (975) , S. 1333 (975), S. 1343 (<)75) ,S. 1373 (977) , S. 1479 (988) , S. 1502 (990) , S. 1570 (994), S. 1577 (995),S. 1607 (996), S. 1626 (997) , S. 1641 (997) , S. 1664 (998) , S. 1758 (999 ),S. 1735 (1000);

F. U g h eI Li , I tali a Sae ra (Vened ig 1717) Bd. BI S. 49, 51, 61, 415,Bd . IV S. 1064, 1442, 1447, 1456;

Mur a t o r i , Antiquit atcs a.a. Ü, Bd. II S. 133 (952) , S. 257 (952 ) ,S. 135 (936);

H. F 11 mag" LI i , Codv; Dipl. San t Amb rusiano (Mailand 1802) S. 393(anno 867) ;

J. F i c k er , Forsch. z. Reichs. und Rechtsgesch. It aliens a.a.O. Bd . I VS. SO (anno 988);

MG. LL. DJ . IV S. 602 : Ca rt. Lang. rn. 2; Const . B·d. I S. 655 (a nno 1102)Urk unde d er Großgräfin Mathildc; .

Duc a n g e , Glossaire Bd . Vll I (1887) S. 401 : Urku nde der gl eichenAusst cll c ri n, cbd . und Bd. IV S. 412 n och weitere Belegc; .

Codex dip!. civi ta tia et ec cl. Bergamotis, hg. M. Lu pi (Bergamo 1784)Ed. II S. 74 (910), S. 259 (961) , S. 326 (975), S. 179 (929) , S. 418 (997) ;

M. La m i, Eccl. Fl orentinae Monumcnta (F lorenz 1759) Bd. III S. 162(anno 1079);

A. l\I i r a e u s , Op era D iploma tika (2. Au fl. Brüssel 1723) Bd : I S. 370(anno 1102) .

~O) Is tori a deli' croice altioni di Ugo il Gra nd e Duca della T oscan a (Mai .land 16M) S. 39, vgl, J. C. D r e y er, in Misc ell. Lips. Novae Bd . V (1747)S. 655.

"~",.

Jahre 823 läß t si ch wied erum eine " t rauit io per manic am " nach­weisen .") Diesma l wird soga r ausdr iicklich mitget eilt, daß es sichum eine n Akt nach fr änkisch em R echt h and elt. Eine Anzah l w ei­

t er er Urkund en h est ii tigt, daß in der Tat keine einheitl iche R ege.lu ng bestaucl, ob der Handschuh als R eclit saeich eu der Tradition

ode r der Investitur zu ge lte n h ab e.

Etwa seit dem Beginn des 10 . Lahrhund errs hat sich in Itali eneine f esr e Fo rmel herausgebild et, die sieh se i tde m in fast alle n U r­

kunden finde t. Sie lau t et : " E t insup er p er culte llum et f estucamnot atam, seu w an ton em e t was onern t er r ae atqu e ramum arb ori sego N. tibi X . fa eio tr-a diti on em et eorpo ra lem ve st ituram et meexin de foris expuli, w erpivi et abs acio f eci." Hieraus lernen wirnicht nur ein e H äufung der Symbole k ennen, son de r n erfahren

auch, daß es üblich war, die Aufl assung durch W egwer fe n derZeich en sin nf äll ig zu m ache n. Wi r werden das auch sp äter wieder­finden . ~7) Noch eine andere Geste war üblich: zum Schluß ent­halten all e Urkunden fränkischen Rechts in Itali en, die sich auf

LiegcIlsch aft sü b er tragungen beziehen, ein e zweite fo rm elh afteWendung: "et pergamena cum atramentario de terra levavi et h ac

cartula scribere rogavi" . Man legt e also das Tintenfaß , oft auchdi e gesam ten R echts - und T ei lzeich en auf die Urkunde und über­

gab sie dann dem Notar zur Ausf er tigung. e7')

Nachdem sich die er wäh n ten Formeln all gemein durchgesett t

hatten, gleichen sich in dieser Bezi ehung alle weiteren Aufzeichnun­gen über Liegenschaftsübe rtragung en der in I talien leb enden An­gehörigen des f r änk ischen R echts. Wir brauchen deshalb hier nicht

wei t er darauf ei nzugehen.")

der R echt szu gehörigkei t des Auss re lle rs gilt das gleiche wie für d ie Urkunde

aus Bergam o.~6) ebd. S. 186: " trad itionis fecim us iux ta leg e no st r a (se I. fran eorum) pe r

, maneria et fro nde seo Festu co e t co r tellc." . .

%7) S. u. S. 82 .:;a) vgl. Ca r tul. Langob. s. 11. S. 89 Anm. 86, S e hr öde r . K ü n ß b erg

RG . a.a.O. S. 289, 306 Anm. 52.l8) Der Gebrauch d es Handschuhs wird in fo lge nd en Urkunden erw ähn t :

Milli. ru«. Pat . Chartae Bd. I (Turin 1835) S. 40 (anno 1l41) , S. 134 (929 ),S. L'IO (9:16 ) . S. 154 (944) , S. 162 (948), S. 183 (959), S. 209 (966), S. 242(97:1), S. 257 (980) , S. 278 (988), S. 288 (991) , S. 302 (966) , S. 306 (966) ,S. :136 (1000) , S. 374 (1010), S. 386 (1011 ), S. 398 (1013), S. 433 (102 1),S. ,H O (1023), S. 467 (1028), S. 471 (1028), S. 482 (1029) , S. 505 (1034) ,S. !'ISl (H).! :l), S. !i!ill (IO-H,) , S. 566 (1047) , S. 585 (1055), S. 592 (1059) ,

Page 50: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

es hi er wiederum un klar, ob di eser Akt als Traditio ocler Investi­tur a anz use he n ist , so h eißt es in ande re n Urkunden des gle iche n

Kl osters vom Ja hre 859 "don a tio in R ot ono fa ct a ab Initear etfratre eiu s Acehl on , qui per ma nie am eam trudiderunt in man uConuuo io n ab batis"; ") Gebriiuchlidler als in di esem Falle , wode r Abt als Vertrete r des Kl ost er s hand elt, war es übrigens, dieSchenkung dem H eil igen des betreff en den Got tes ha uses se lbs t zum ach en, indem m an da s Symb ol auf denj eni gen Altar legt e, auf demdi e R el iqu ien des H eili gen aufb ewahrt wur de n. Man m öcht e indi eser F orm der Schenkung noch R est e vo n h eidnisch-rn agiochellVorst ellungen sehe n. Sie wird un s spä te r no ch h äufi;;er begegn en.In Red on ist sie erstma lig im J ahre 861 na chzuw eisen : " e t posuithan e elemosina rn p er manicam super alta re Sancti Sah·atoris." "')Von den zahlreich en sons t noch erhaltenen Urkunden ver dien t be ­so nde rs die vo m Jahre 931 Beachtung, weil sie den Akt etwas an.schaulieher sclii lder t, und weil sie den Gebrauch des H ands chuh s,

der h ier zum erste n Male als "eir ote ea" b ezeichnet wird, einde utigbeweist: ,, 3 t ill e, cirotecam dexter e manus extr ahe ns, dedi t ill amin sulam, sicu t eam possiclebat , sancto Salv at ori suis qu e servien ti­bus in perpetuam." 3')

Kehren wir nach diesem kurzen Streifzug durch die bretoni­schen Ur kunde n zu de n Quell en fränkischen R echts zurück Esbraucht nicht hervorgehoben zu werden , daß der Süde n Frank­r eich s, in dem no eh abgewandeltes rrimisd ies Provinzialrecht lebt,für unsere Betrachtung aus scheidet.") Auch Burgund fällt fastvo lls tändig aus.Jg) So blei b t denn als frühestes Ze ugnis des

7 ö II[. Te il: Dr-r H and schu h al s Ob je k t VOll Hcdusform eu

n o t ar iac": " eurn ba culo vc l ch ir o tlteca ipsum dominum Corrad umde d ato feud e legitime inves tivi t." '" )

Wend en wi r uns nun dem eigen t lichc n f ra nk ischc u Gebi et ,nämlich Fra n k r e i c h zu, so muß es üb er raschen , daß hier di eQu ell en zi emlich sp ä t einsetyen und ve rhä l tnismäß ig weni g zah lre ichsind. Der Grun d dafür wi r d wo hl - abgesehe n von dem Zu fallder Üher li efe rung - vo r alle m darin zu su chen se in, daß es inFrankr eich k ein e so h och entwickelte Nota r ia tsp raxis gab wie iuItalien.

B esonder s eigen ar t ig ist es nun, daß di e fr ühes te n Erwähnun­gen un ser es R echt szei chen s in b r e ton i s eh e n Q 11 c 11 e n zufind en eiud. F ür di ese T a tsa che läßt sich nur schwe r eine Erklärunggeb en. über das k eltische und das bret oni sche Re cht wissen wirnoch verhält nismäßig wenig. Es läßt sich bi s jeg t nur sagen, daßdas k eltisch e R echt dem ge rmanis chen nah e verwandt wa r."} Di eseVerwandtschaft und di e geogr aphische La ge des bre tonisdr en Ge­bi et es h ab en wohl , eb en so wie sein e zeitweili ge Abh än gigk eit vomFrankenreich, Ü bernahmen aus dem fränkisch en R echt erle ich­t ert. 3~) Wir hab en au ch scho n gese he n, daß die Hand b ei der Lie gen.schaf rsiib er tr agung der B r ctonen eine Rolle sp iel te.") Dadurchwird die Ver wendung des Handschuhs bei dem gleichen Rechts­geschäft nah egelegt w orden sein .

Da s früh est e Z eu gnis aus dem br etonisch en Bereich bi et et eiueUrkunde vom J ahre 833 aus dem Chartular des Klosters Redon.D anach wurde eine m Beauftragt en dieses Kl osters ein Gut ge­schenkt, das er "recepit ex manu Riwalti cum maniea "."') Bleibt

·1IItrif,i!

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H errschaf tszeid. cn hei E igc u t umsüuc rt rag ullgen 79

30) Cap , X fo l. 35 vgl. bei F . Ra g e a u • E. d e L. u r i er e I Gl03saire

du d roi t Franca is (P aris 1704) Bd, I S. 527. .

31) Vg]. P. V I 0 1I e t , H is to i rc du droit c ivil [ran ca is (3. Auf!. P aris 1905)

S. 7 H .; d ie n eu ercn fr an zb sischcn Reclusges chichtcu, z. B. von E. GI 0. s s 0 n .

E . eh e Il i e rund A. E s m a i n , gch en auf d ie E igent ümlichk citen d es frühcn

br e tou isch en R e cht s nich t ein .

3~ ) Ub er das Ei n d r ing cn d es fr:inkisch en R ech ts in di e L ück en des bret on i­schen v6I. A. e h a b o s c a II , H istoire de l a Breta gn e (P ar is 1926 ) S. 226.

33 ) s . O. S. 74 f.

"') Carlul aire d e R edon a .3.0. S. 7 . Weitere Erw ähnungcn de s H andschuhs

S. 128 (832-35) ; S. 138 (a nno 837 ) ; S . 370 (854) ; S. 56 (85 1- 56) ; S. 61 (863 ) ;S. 70 (867) ; S. 5~ (867 ); S. 111 (867); S. 118 (867) ; S. 127 (867 ) ; S. 184 (875);S. 236875) ; S. 211 (874--76 ) ; S. 185 (876) ; S. 374 (888).

Di e Bezeichnun g "rnanies " üb~rs"\.lt E. M a y e r (Einkle id un g a.a,0 . S. 57)m it Ärmel. D ie s ist nicht ri chti g, w ie au ch die n odi zu n enn en de Urk und e

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von 93 1 h eweist, aus der d cr Ge b r auch d es Hand schuhs (hier ci ro Leca !) ein ....... andfrei hervorgcht. vg] . Anm. 37.

35) Cartubi r e de Re do n a.a.O. S. 372.36) "ud . S, 63.

31) Cart lllairc d o R ed on a.a .O. S. 258.

38) ü be r ei n e Urk unJ e au s Ba yonn e vgl. un ten S. 89 A nm. 87.

36) I m Cur t ulair e vo n Cluny (Co l l d , d oc . ine d. 1. Se rie H is t. P ol i t.) finde n

si cli zwa r e inig e Urkund en , di e den G ebrauch d es H an dschuhs als Sy mbo l au ch

in ' diesem Be rei d ic zu hew eis en schei nen . Die Ausst ell er di cs er Urkundcn sin d

je doch in It ali en leb end e An gehörige fr änkischcn R echts, und so ist denn auch

d ie F orm di es er Quc lle n d u r ch di e it al ie n is chc N Olari at spraxis b eslimmt. vg l.

e bd . na. II S. 320 (a n no 967); Bd. IV S. 599 (1076); S. 759 (1083) . Eh er

k önn t e aller d irigs als Ze ug nis für B urgund eine U rkunde au s Dijon vom Jahre

1043 gc lren, di e ind cssen in ihr er Form offenb ar auch v on der itali en isch en

F orm ab h än gi g ist. (" g1. Es t i e n n e P <5 rar d , Recue il d es plusieurs p ie ces

cur i euses sorvan t a l'hist o i re d e Bourgogn e (Par is 166-1) S. 189.) Es h eißt do rt:

Page 51: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

80 111. T r-il : D er lI anJsdlUh als Obj ekt VOll Rechreformen H errschaft sze ich en bei E ig ent ums ü ber tr agunge n 81

c i ben t I i ch e n f r ä n k i s ehe n G e b i e t e s für die Ver­

we n clung d es H andschuhs al s R echtszeich en Dei der Liegenschafts.

ub cr tr aguug ein e Urkun d e au s T ours vom Jahre 895.'°) In zei t li ch

beträchtlich em Abstand f olgen dann Erw ähnungen des Handschuhs

im Libe r Mira cu lo r u m S. Bcnedicti abb at is aus FI cury (Le ire) und

iu der Vit a S. H ad elin i aus Lüt ti ch," ] Bci dc W erk e sind et wa um

das J ahr 1000 en tsta n de n . Aus dem zulett ge na n n te n erfahren

wir, daß d er Handschuh in B elgien damals das iihl iche Zei chen für

di e Ü bergab e w ar, denn es wird dort im Verlauf eine r Wunder­

er zäh lu n g von einer Ste rben d en gesagt : "cumqup w an tum in manu

ut m oris est l egaliter tradendo t eneret." Weiter ist ein e Altar­

schenkung aus d em Chartular von St. P ere in Chartres vom Jahre

)038 hier zu nennen .") Von diesem Zeitpunkt an m ehren sich di e

B elege aus Mittel- und Nordfr ankrei ch.")

" et ut nostr ae trad ition is donatio stabilis et ineo nvulsa perduret, h ane o b la t ioni s

cu r t arn , qua m eg o ip se legali con eess ion e, per festucam, p er cul t ellum, per va u ­

tonem, p er vu aso n cm super sau eturn alt are posui, manu propri a su p t e r firmavi",

Der Ausst ell er is t Ho be r t , d er e rs t e H er zog d es franzö sisch en T eiles vo n Bur­

gun d au s dem Hau se Capet. D udu rdi wird ab er d ie Frag e au ch noch nicht e nd.

t;ült i g gek la r t, oh es si ch hi er um einen Akt nach burgundisch em R echt handelt .

40) Gallia Christ ian a BJ. XlV, Anhang S. 54: "p er gantum no s t r um ad

eius gl ebam , ubi ipse exi rn ius co n fessor r enuies cit in urb e Tu ro ni ca e am

r cddidimus".41 ) Ex l ibro II Mir acu lor um S. B en edi cti abb a tis (55. rcr. Gal\. na . X S. 342 ) :

..cu m wantis ipsiu s auro o rn a t is, pc r quos d onationem m em orat orum r erum

sa cr is impon erent altari bu s"; Vita S. Had elini ' scr ip t a a N eo rgero L eodiensi

ep is e opo ( t 1008) hei Mi gn e Pat. Lat. na. 139 Sp. ll ·tl Cf.4:) Coll. d . d oe. in ed . 1. Serie Hi st. Polit. cd . ;\1. G u e rar d Bd. I S. 125.

.a) Urkund e au s d em Tahul aire de St. Florent le s Saumur (Dep . Maine ct

Loire) anno 1047 (b ei Duc an g e , Glossaire a.a.O. Bd. IV S. 413);

Urkunde aus d em Archiv von St. M elaine in Rennes ( eb d . S. 41 5) ann o

1187;Urkunde aus d em Archiv d er Abtei Buzay (D iözese Nant es) (ehd.) anno

1187;Urkunde von 12 94 auS dem Regisler des Pariser Parlam ents (ebd. Bd. II

S. 310); .Urkunde von SI. Amand d e Boisse b ei Angouleme (ebd. Bd. II S. 310);

Urkunde au s d em Tahular von Notre Dame le Sain te s ( e h are n te' inf.)

( "Iod.);lI"'wnue auS d em T abular vo n La Ro ;; (Abbatia de Rota ?) (ebd .);

\l,·lw"dn 11IIS d em Cartulaire de Neronville (Annales de In socie te hi sto­

d r!, lI) 'l l II rd ..' " lo fliq u t> du Giitinnis Bd. XIII (Fontainebleau 1895) S. 340 anno

11:.:::: . •1:1. 1 " hll IlG Inudutiollem feeit ... ponendo librum sup er altare ct mitt endo

H U Il " 1I1 l \l ll i n in Innuu (;n rrnu nd i prioris'( i

Mit der Ausbreitung d es Lehnsw es ens wurde es auch iib licli ,

B elehnungen mit d em H andschuh vorzunehmen.") Besonders in

lit erarischen W erken wi rd d ies erwü h n t.'~ ) Di e Rückgabe de s Lehns

erfolgte auf di e gle iche Wei s t: . ~ t )

Im Geltungsb ereich d es fränki sch en Starnm csreclrts, soweit es

zum d e u t s e he n G e b i e t gehö r t, se tyen di e Belege für di e B e­

nutyung d es Handschuh s al s R echtszei chen bei Li egenschaftsüber­

tragungen ebenfalls sp ä t ein. Aus d em J ahre 1129 liegt eine Urkunde

vor, nach der Erzbi sdlOf 111 e gi li h er von Trier di e Schenkung

des Ortes Schiffenhcrg an d en Hl, P etrus be stätigt. Die Schenkerin,

di e Gräfin Cl em entia v o n Glizu erg (Gle ichberg bei

Car tu laire de l'aLbaye de !'Absi e ( A r chi ves hist oriqu es du P oirou XXV

(Poitiers 189 5) ) S. 10 4 Ende 12. Jhdt. : " d e h is i t aqu e cutn guanto quodam

R ein erium ahbat em invest ie ns";

Urkund e aus Brioude ( H au te Loi r e) b ei E. Ba III z e , Pr eu ves de !'histoire

d 'All vergnc ( P a r is 170-* ) BJ. II S. 64;

Urkunde von 121 3 bei H e m e r a e u s , in Aug. Viromaud ( ?) S. 196 (vgl,R n g e a II • d e Lall r i er e a.a .O, Bd. r S. 527);

Ur k und e au s dem T abul ar von B ou rg ue il ( Diözes e An ger s) (ygI. Du­

e a n g c a.a. O, Bd . II S. 310) .

" ) Lcs Oli m Oll reg is t res d es Arrets rendu s p ar la cour du roi (CoII. d .

doc . in eJ. 1. Seri e Hi st. Polit.; P ari s 1839 ) Bd. I S. 759 : "Johannes de Chasteluz

r e cep it in hominem .. . Beatric em de M onl Gar din .. . e t ipsam Beatrieem

s ais iv it c1e pr emis sis d ictus J ohann es p er ce r oth ecam suam in pl en a cur ia, sa lvo

iu re su o et alien o" a, 126 9.

45) Gaufroi S. 17 : "Glorian s ver spr icht se ine m NefFen das Lehen Vau cler e

"Son destre gau t 1 en a ded en s sa m aiu donn e" ;

GUllI. de Oreng c n, 586 : " Tenez Es pa ig ne, prcnez la par eest mon gant:

Ge la vos d oin g it e l con ven all t" ;

Roman dc :'Ilaist e Voce es : ..Votre t erre, dit·il vos rend par cel mlen

g anl "; vgl. Grimm R. A. Dd . I S. 210.

CI" on. d es Du cs de j\;orm an die v. 38 148: .,Cele for est od le s fieus toz

QU q u' il i fu ssent ap endan z l i dona l i dux od se s gans";

Otinel (h g. v. F. G u es s art und H. M i ~ h el n n t ; Paris 1859) Y. 56;

R aoul de Cambrat (hg. v. P. 111 e y c r llnd A. Lo g non; Paris 1882) v. 118, 684,

2332, 2502; Aiol er ~lirabele (hg. v. W. F 0 e r s t er; H eilhronn 1875 H.) v.

E076 f.'G) Rolandsli ed v. 21130 ; L e Co ur onnemen t de Louis (h g. v. E. La n gl 0 i s ;

l 'aris 1920) v.1603 :

"Et prisl u n gan t se I mist en son p o in g destre

Puis s'e cria a sa yo is h a lt e e t b el e :

Ge tc desfi , Ricbarz, t ei et ta terre,

En t on servi ce n e vueil o r e plus eSl r e" ;

v gJ. F. W er II er, Kö ni gtum und L ehnsw esen im frauz . Natio nalepos [R om.

Forsch. Bd. 25 ; Erlangen 190 3) S. 321 ff.

Page 52: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

82 lJ r. Te il: Der lI allusc],,, h als Ob je kt V Oll Rech tsfo rm enH cr rsclraf tsacichcn h ei E igentu msübertragun gen 83

Gi eßcll) . ha t d emn ach den R ech tsak t auf folgend e Weise vo ll­zog en: "summ o D eo creatori e t ~uLc rn a t o r i o rnn iuru .. . liberc con­trad id it cliir o tl iec a in a ltu m quasi ad D cu m pr oiccta.t"] Es istu ns schon in itali enischen Ur kuuden begcjmct, daß die Sinnseieh eub ei der üb ereignung gewo rfen wurd en. B esond ers h äu fig gesch ahd ies i u den Fäll en , in den en der Beschen kte nicht persö nlich an­we send war . Allgemein beka nn t ist di e leg en da ri sdlc E rzählungvo n dem Handschuhwurf Kö nig K 0 n r a d in s vor seine r Hinrich­tung, du r ch d en er dem K önig vo n Aragon sein Erbe iiber t rug." )Wei ter gehö rt eine Nachri cht vom Verz icht der Gisela VO ll Schar f en ­s tein auf ihr brüderl iches Erb e h ierher (anno 1314) : "ct per i ac turn

clrir o th ecae, qu am in su is ten eb at m anibus, ver sus coelum, et p ervocem ve rs us or ien tem elevatis dig it is, trina voce ex clam ando: Idls t eue h ie und ensagen mich qui t, ledig und los , aller türst als ichmag gesp re che n immer und ewe clich, alls mins r ech ts, ansp ra ch undford erunge, an d es vo rg. J oh ans mi ns bro de rs erbe un d vcr zihccl aruf h iu te und f or tmee ewe cl ichen !"49)

Auß er di esen Aufl assun gen und Verzich ten verm itt els des Hand­schu hs läßt si ch im rh ein fr änki schen Gebi et die schon bekann teAltar schen kung m it dem gleiche n Rech tszeichen ebe nfalls nach­w eisen, wie eine Urku nde vo m Jahre 11 72 bezeu gt ." ) Au s dem] 4. J ah rhundert ist sch li eß lich noch cin Zeu gni s aus dem selb enRech tsbe re ich er h alten geblie bcn, durch da s au ch dort di e Beleli­nung mit dem Handschuh erwies en wir d." ) Di e gcnann ten Rech ts-

~ , ) H. D e y e r , i\l i tt e l rheill. U r kull oen i>u ro Ild. I (Koh le nz 18bO) S. 5H

Nr. 46.; b.~ s ) J 0 h a n n es v, V i c t r i U g (, cav 1243) Liber ce r t ar um his to ri a rum ,

h g. F . Schn eide r , 55 . r er. Germ . Bd . I S. 99, ve rgl . S. 137, 165 u, 207:Chuurad iu us ve ro i n audi eucia oruniurn i ur a sua de rcgn o Sicilie et Apuli eP et ro r egi Arr agon i e et su is fillii s Fri dc ri eo e t P ctro co ns angu ineis pe r cyro­

tb eeam p roiectam in ae re resigna vi t, Hiervon ist zu unl erschciden, w ennR ol and vo r seinem Tode dem Engel seinen H andschuh - ü bergib t. vgl. unt en

S. 92 Anm. 48.4~) B 0 d man rr , R h eing au isehe A lt ertü me r a.a .O, S. 612, üb er d ie Unzu­

v erlässigk ei t di eses Samml er s vgl. oben S. 55 Anm. 164.S0) Th. J. L a e 0 m b let , Archiv f. d. Ges ell. d . Nied errhein s (Düs scldor f

18 32) Bd. I S. 4-1,3 : " Dux corni ti d e Molb ad, pcr ram um vir ide m qu idqu idiuris era t in pre d ic lo p h eodo Ir adio it et comes ip se sup ra alt ar e S. ViIi eum

w ir olh ee2 d uei ,~ obtulit" .51} "ill on ume n t a Boiea Bd. 40 S. VII : Mon. Ep. Wurzibur gens is anno 1336:

,.u nd Ba\} et Vor uns di e vo rg nannten ep tiz zen und eonu ent in liplich und nu\}lichgew ere desselb en winwah s nne gewerd e, und gab in d az uf mit eim h entsmu,

Icdekl ich ze besin en und ze niezzen • ." .

;j:1.\.,

,....«...nrarj4;.1:'!'., ~...!,·1!1­-1·

. i'

i1;!

hr auclie h ab en fern er im Erzählgut ihre Sp uren zur ückgela sse n;d iese Zeu gnisse sind weit er unt en zusamm ellge s t c ll t.5~)

Wir sind ber eits an di e Gre nzen des fr iink iachcn Rech tsber ci­ehes gel angt . 'Wir: tr et en nun über sie hin au s.

Für da s a l emall II i s eh (! V 0 I k s r C e h t fin den sich dief rü hes te n Erw ähnungcn des H and schuhs als Rech tszeichen bei derÜbergabe wi ed er in I t a l i e H.' :l) Eine Sche nkungsu rku nd e, die einAn geh ör iger dieses R echts in Mail and ausste llen ließ, nennt denH andschuh u n ter ande ren Obj ekt en (anno 842) ,5') Die hi er wieauch in wei t er en Urkunden aufgeführ ten R echtszeicheu u nd T eil ­zeichen stimmen mi t d en en üb erein , d ie wi r Sd 10 11 in fr änkischenU r kun den aus It ali en kennenge le rn t hab en .5S

) Die ses B ild wird'durch di e di e Al em annen aus dr ücklich mit einsch ließ en de Verkaufs­form el des Cartulariurn Lan gob ardicum, das vo r 1070 en tst an denist , verv ol lst andigt ." ) Durch di e Be stimmungen dieser F ormel ­samm lung wc rt lcn n icht nur di e bek ann ten Übergabezeichen desf r än ki schen Rec h ts, sondern auch als besonder e Eigentümlichkei tder Gebrauch d es für di e Fo rschung noch immer rätselhaften An­dclau g bei den alemannische n Liegen schaftsüb ertr agungen bezeu gt.

Im eigen tl iche n a le m an n i s e he n S t a m m e s g e b i c t

wir d di e Verwendun g des Ha ndsch uhs in dieser Bedeutung du r cheine St. Gall er Urk und e von 884 erstmalig belegt.") Dann ist sie

.,~ } 5 . u . S. 148 f.

53) vgl. z. fglu . W. i\r e r k , D ie Grun dst ücksübertr agu ng nach d em al e­ma nn isch en Vo lksr ech t a.a .O. S. 125 ff. - A. H eu s l e r ( Die Ge"e re; Weim ar1872 ; S. 22 Anrn . 2) n en nt als e rs ten Bele g fü r unser Symb ol im alemannischenHech t ein e U rk und e _be i C. Z c u S 5 (T ra dition es possessio nesque "\\:i zeu­

lru rgens es ; Sp eie r 1842; N r. 134, au n o 745), in de r es heiß t: "qu idqu id mi hip cr uu and io su o t rudi di ;" ; " uuana io" dürf te jetloch hier glei d, bede u te n d se inm it " wad io" . vgl. hcisp ielsweise Z e u ß a.a . Ö, Nr . 134 (anno (83): " perwad ium suum t rad id it",

5.} Mon. H ist. Pa t. a.a . Ö. Bd . XII I S. 255: " et vist itur am hac tr adi n on em

i ux t a le ge me a fa ee re videor . . • pc r mota de t er ra f run de ab en te, seo fist ug onoda to, cu l tello p i gio fraet o adque p er wantcn ern".

55) vg \. fo lge nde Ur kund en : M u r at 0 r i , An tiq ui ta tes n.a.O. Bd . II S. 135(anno 936) ; Mon. H ist. Pa t. a,a.O. Dd. XIII S. 1079 (a . 959); S. 1260 ( a. 970) ;1\1. L u Jl i , Cod . d ip !. Berga molis aa .O. Bd. Ir S. 526 (a. 1026); F. 1\1. D on d i,Dis s. sopra l' is to ria ee c\. d i P adova (eb t!. ] 802) B d. 11 S. 91 ann o 1045.

56) 5. u . S. 89 An m. 86.51) H . Wa r I m an n, Ur k unde nbuch dee Ab tei St. Ga ll en (Züri ch

1863-66) Bd. II S. 2·1·1: "duns ho bas pr opri c ber edit at is cum sua want ap otes tiv i ta te tr adiJ it " .

Page 53: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

84 IlI. Teil: D er H an d schu h a ls Objckt von Recht sf orm eu

.§!

H errschaf t sz ei chen b ei Ei gen tLl lOsüb erlragun gen 85

er st wi ed er im sp ä te n Mitt elalt er nachzuweis en. Im Jahre 1300wird n iim li ch im Württembergischell eine Bel ehnung mi t e in em

weiß en H undschuh v or gcnommen.i") Spuren aus no ch spä te re r Zeit

sdi cinen darauf hinz ud eu t en , daß man aucli di e Vögt e in ihr Amt

durch die Aush ändigu n g eines H andsdlUhpaares einse ty t e.") F erner

wurden H örige durch d as gle iche R echtszei chen abge tr et en ; di eser

R edlt sakt unterscheidet sich wi ed erum in ni chts von eine r Liegen­

schaf tsub e r tragung.?")

B esonders eigenartige Bestimmungen , di e ab er doch mit dem

nun b ereits Bekannten verwandt sin d, en tha l te n zwei e l s ä s si ·

se h e Weistümer d es au sgeh end en Mittel alters. D as ä lte r e von

142 2 au s Dallenh eim s e~ t f ol gendes f est: " I t em wenn man die

gu ete r di e in d em din ekh off \' Oll ve r sesse ne n zinss en wegen ver­

fall en sind mit d em ho fe zi eh en will, so soll ein fri ger her r od er

jungh er in d em ge din ge sin und sol einen han ds chu ch an di e erde

wer Efen und wi eder u effh öb en und, indem daz er in wi eder u eH­

höb et, so ziehet e r di e gu eter in gew al t und besitjunge der h erren

zu jungen Sa nt Peter." OI ) B emerkenswert ist, da ß der Si nn des

H andschuhs als Zei chen d er H er-rschaft n och nicht verg essen war.

denn es handelt sich ga n z einde u tig um einen Akt der Li eg en­

scha f ts üb er t r agun g. Eb en so seltsam ist eine Anordnung des Weis­

turns von Düppigh eim von 1528: " Die scliu ty en gc n d an s. Georgi en

56) H . G ü n t e r , R ottwei ler Urk . Bu ch. (Würl t. C csch.qu cll en III, 1896 )

Bd , I S . 23 f. U rk un de K onr ads v . 'IVar tenberg ; " Ez sul t ouch sin e r be n d i z

seIh e gu t nach sim e rod e mit zw ai n wi ssen hand schuh en en p hahen un de n i d i t

su d ers" .

59} 1. A. Bur k ha r d t , D ie H o frö del von dcn Din gh öf en B asl is eher­

Go ttesh:iuser et c. (eb d. 1860) S. 193 (14 . Jh dr. }: " Unu swerin e ein nü wer Herre

wirt, d er so l dem Vo gt gebe n ein Pfer it um 4 Mark lind einen r ot en H ab sch

und eine n Vo gelhund und zw e en wi ss e Hentschuch und d am it so ll all es des

H ofes gu t verst ire t sin"; A. 1. Re y 5 e he r , Samml . Al twü r t t . Statuarrechte

(Tübingen 1834) S. 58 Al'pi rs b ach ' (Mi tt e 16. Jhd t. ); "Es soll au ch ein Vogt,

d er das jar Vogt gese in ist, uff San ct Johanns tag zu Sunnwendize it di e Vogtei

einem Abbt, oder dcm d cr von se ine tw e g en da ist mit zw ei en w eiß en Hand­

schuhch en ufgeb en " . Äh nli ch W ei stum Y . Wa sse nh eim von 1529 vg l. G r I m iu ,

W eht. B d . V S. 422.

00) Zürich 1314 (v gl. Schw ei z. Idi otikon a.a .Ü , Bd . VIII S. 4 67 ): " Ich N.

k ünt . •. duz ich di e ei gen scha f t, die ich hatt e an diesen n adlgesdlribnen

lüt en .. . han ufgebrn uf den fron alt ar der vorg~nanden childl en Zürich mit

m inem hantschuo"; we.it er s Zeu gnis a us Zü rich von 1327 ebd . - Aus di esem

Z us ammenhang erk lär t s ich viel le ich t au ch ein e B estimmung d es Weist ums v.

Thannegg und Fisching en (a. 14 32 ) ; vg l. S. no.01) Alsatia Jhbch. f. els ass. Gesch . Ihg. 1854 /5 5 (l\Iülhn us en 1855) S. 66 .

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t ag an und zu singichten usz. und find ent di e sch u tyen ein vihe,

da s v ier bein hat , uf d em eigen und ni cht auf dem erbe, und find et

es der m ei er in schaden thun, so soll er es nehm en bi dem linken

or e und es sh lah en mit d em handschuwe, und bz in get er es h eim.

so bessert 30 ß -.j m ei nem gne digen h errn.v'") \\ ' ied erum haben wi r

es mi t eine r F örmlichkeit zu tun, in der di e Besityergreifu ng ve r­

mittel s des R echtszeidl ells Handschuh n achklingt.

Für d as b a y r i 5 e h e R e c h t li eg en zwei Urkund en aus

Freisin g v or, di e H andschuhe erwähnen. N ach d er ers ter en üb er­

gab im Jahre 819 der Va ssu s M eginh art ein en R eliquienbehälter

und W eidevi eh : " red did it in manus Hittonis ep iscop i pro

manice cer vino .'?") Es wurd e a lso ein k ostbarer H andsdwh au s

Hirschl ed er ben u!)l. Eb enso ist der in einer zwe ite n U r k u n de vom

gle ichen Jahr ge nan n te Biberhandschuh als Gegen st and von W ert

unzuseh en ." ) Ein weiteres Zeugnis für die Ve rwe n du ng der H and ­

schuh e in dieser Bed eu tung im bayrischen Recht bi etet wi eder eine

itali eni sche Urku nde .·~) Ein Rest d es R echtsbrauchs hat sieb schließ­

li ch in ei n em n ied eröst erreichisch en W ei stum d es 16. Jahrhu nd erts

"Cf hal tell .' ")Im s ä e h s i s c h e 11 R e e h t s g e b i e t ist ein e Aufzeichnung

iib er ein e Brem er Altarschenkung di e fr üh est e Quell e f ü r d en Nach­

weis d es Handsdwh s b ei der Liegens chaftsüb ereignung. Im Jahr e

1 088 wird gesag t, d aß es Sitte der fr ei en Sach sen se i, mit d em

Handschuh zu tr adieren ." ) Einen weiteren Bele g d afür bietet eine

63) G r i m m , Weist ü~er Bd. V S. 421.63) Th. B i t t c t a LI i , Tradi tio ncn des Hochst if ts Freis in g Bd. I (Mün chen

1905) S. 359.S4) ehd . S. 365 : " p ro ruan ice h ev eri no in alt a r e tr adid it ".

5;) J. Fr. B. M. d c R LI h ei s , 1I10n. eeel. Aquilejenais (Arg e o tin a 17 40 )

S . 612 .anno 114:>; " Ego qui dem in Dei n omin e Aci sa, r elict a qu ondarn Purchardi

Marclri ai, qui p rof essus ex naeion e m ea l ege viv er e Bavar iae .. • et insup er p er

cu l t allum et festu eu m n ot a tum, wantonem e t vason em terrae a t qu e ramurn

arboris w arp ivi . ," .00) Öster r eichi sche W eis tü me t hg. v. d. Wi en e r Ak ad emi e Bd, VII (Wie n

1H86) S. 120 ; " unu von so lcher halt (A n h a lten und Trank en von Vi eh auf

fr emdem Gehie t) geb en di e VOll Sauberst orf w ai tgelt in di (Wiener) N eusta t

dem richt er von i ede m h au ss nin pfening; und wer solches wait geld cinnimbt,

ist den vo n Saub ers to r f schuldig ain par h an\sdlU ech".67 ) Urkunde Li em ars V Oll B remen Lei G r i m m , RA Bd. I S. 209 : ,.su p er

retiqui as no st r as euro chiroth eca, sieu t m os es t l ib eri s Saxo nibus, tradidit

a dv oc at lls e ccl e~ i.e chiroth eea ro traditionis saeris reliqui is imposi\am • .•

ahsl ulil".

Page 54: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

8(l 111. T eil: Der Hou ds chuh al s O!,j"kt Y O Il Rechtsfo r m en Her rsehaf lszei che n Lei EigelllllDlsübertragnngen 87

Am dem t h ü r i 11 g i s e h - m eiß ni s eh e n Rech tshezirkliegen Nach ri ch ten über das Rech ts ze ichen ers t au s d em 14. Jahr­hun dert vo r. I n einem Fall e h ab en sich erlich ni edersächsische

Bräuche auf dem Umweg übe r de n Sachsenspiegel eingewi rkt.")Auch bei dem an tle.ren Beleg dieser Zeit aus de r Chroo ica R ei n­h ar dsbr un n en sis ist wo hl ein f rem des Vorbi ld, e twa fränkischer

H erkunft, an zun ehmen ." ) Diese Que lle beri ch te t ein e sage uha fteEp iso cle au s dem 111iirin gisch-he ssischcn E rb fo lges tre it in der Mi tte

des 13. J ah r h un derts: Sophie, H erzogin von Bra ban t u n d Land­gräfin von H ess en , bitt et H einrich vo n Meißen , ihr T hü r ingen

zurückzugeb en. H ei nri ch is t tatsächli ch zuers t dazu b ereit : "ex ten­dens manus eum cyro thecis, u t ei r esti tu er et t er r arn ." SeineRatge ber je doch vere it eln di ese Ab si ch t. D ie erzürnte H erzoginentreiß t ih m dara uf di e Handschuh e: " cyr o theeas disrupit eas di­cens : .V i rlea t Do minus et iudiee t !', p roici ensqu e cyro thecas ist as

in ven turn dixi t: , 0 inimi ce omnis iu st iti ae et inven tor om ni uminquietatum , dyabo le, accip e h as ey ro th ecas eu m tu is p r av is con­si l iari is."

Da die No r d ge r man e n die sinnfä ll ige Ve rw endung desHandsch uhs nich t kann te n, kö nnen wir uns glei ch E ng I a n d zu­wen den .") N ach Fr. W iss man n wa r h ier di e Liegenschaf ts­üb ertragu ng vermi ttels des H an dschuhs eb enfall s nich t üblich .")

ve rko pcn, w ey dan da t lan d cop et u n d e ve r kop et, dey zolen beyde komen vo r

mi c; zo we l ich d a t lan t opnymen vo n d em e e yn en untl e lenen t unde don r

dem e ande re n rny t ein eme hans chen , also m an hoflan t pl ygh c l t o don e".

H) Re clu sbu ch n a ch Disti netione n hg, v . F . 0 r t 1 0 f f (Sam ml. De utscher

RechtsCJlle llell Bd. 1; Jen a 1836) 2. Ha lf t e l~ . Jhdr, S. 62 f. : " linde sa l de nn e

daz eyg en uflassen m it de n fingern u n d e m i t orkunde eyn es hu tes adder han t­

schu hs, so da z h er is' mi t ey~e zcey chen uf'ge be ; d orm c te enp he t he r dy gewer".

S. 8 1, "welch e z ei t .e)·n m an gewer aberred Vor ge rich te un de u fle sse t, u nd e

si eh o r vorc zeih e t mi t Iing er u nd e mi t m un de, mit h en tschu ndder kogel n, add er

m i t hu re , so h at h er si ch gcledige t von der gewcr d es gu tes" .

; .) 1\lG. 55. B d. XXX S. 620, entsta n den zwischen 1340 u nd :349. - A ls

Vorh ild komm t die Fundatio monas t . Banzensis in Frage (MG . S5 . Dd . XV, 2

S. 103·t: "in ve h em en tia m entis un aIn ciro th ec am de manu abs trahens p roiec i.t

BUrsum die en s : Cum h ee p er so na midli iure h ered i tario astri ct a sit p r op ie ta ria

eum om n ibus suis p ro gen itoribus, si t dya h oli , • . . Ciro teea ver o que de manu

eius f u it proiec lD, co ram omnibus t un e prcsen t ib us dieit ur evanuisse . ." .

vg l. audt di e Sa ge von Arhold von Sche uern (A rn ul p h v on Scheye rn -W illeIs­

b ach ?) , deren H er ku nft lind Alter i ch n ich t fest s t ell en kanu, s. u . S. 149.

;6) " gl. 1\1 a y e r , Einkleid ung a.a .O. S. 55.1ö) F r. W is s m 11 n n , Förmlid .keiten bei der L an dü be rt ragllng in Eng­

lan d (A r ch. f. U rk.fo rs ro. E d. III ; Le ipzig 191 0) S. 250 H. erw ähn t b ei d erCla rissinnenkloster~ Cl ar en ber g h g. v. O. M e r "

S. 7: "A f ogh we lge m an zyneu d eI lan des wo lde

siidh au no ve rsclie Urkunde von 1093.6<) Deli gle ichen T atb estand b c­zcuut au ch eine Urkuude vom E n de des 11. J ah r hunder ts aus dem

~ .Ho ycr Urkun clen buch : " ipse curn ci ro theca , sic u t m os est, trad ensh ec om ni a pre clio la. " " ) Für W es t f ale n li egt eine E rz äli lung der Vital\1cil1\\'cr ci vo r, di e erst der Mitt e des 12. J ah rh un der ts angehört ,r-bcr g'ute alte T rad i tio n b ewah rt h at. Es wi rd dort gesch ilde r t,

'Wie Kaise r H e i n r i e h II. Meinwerk zu sich kommen läßt undihm mi t der A uff ord er un g " Accipe" einen H an dschuh iibe r r eicht.")Der ers taun te Me inwerk fra gt da rauf "Quo([ u id esse t accep turu s?" ,worau f der Ka iser sag t " P aderb ornens is ecclcsia ". Di e Frage desKird1enm ann es nach der B ed eutu ng der Handschuhgabe so ll woh lm eh r sein E rs ta unen und se ine Besch ei denh eit a ls sei ue Unk enntn isvom Sinn des R echt saktes a usdrücken. Zwei ostfä lische Urkun de n

des 12 . und 13. J ah rhu nd erts f ühr en hinü be r zum Sachsen spi egelund sei nen B ilde rh an dschrift en , di e den Gebrau ch des H an dsdlUhsbei der Übergabe aberma ls off e nbar werden lassen ." ] Be i der Be­de u tung, die das ost fa llsehe R echt für das Ko lo nia lge bie t im Os tenh att e, ist es k ein Wunder, da ß auch dort m it dem H andsdlUh tra­

J ier t wurde .") I m Spiitmi t t ela l t cr läßt sich bishe r im Gebiet d essa chsische n Rech ts lediglich eine wes tf älis che Urkund e n achweisen,di e di e Beleh nung m it dem Handschuh bezeu gt. 73

)

6S) J. G. L eu k f e 1 d , An ti'lui lot es B ursfcl tlenses (Wolfenb ülte l ] 7U)S. 7: .,h eridi talcm fratris cu rn cy ro t h e ca d c ma n u Hcn r iri .te i'lor th eim r ecc p i t

. ad a lt ar e p r oeess i t e t p r im um d on um .. . curn cy ro t he a oh tu lit" .

69) Ho y e r U B hg. W. v-, Hod enb crg (H ann over 1853) 8. Ab t. N r. 15.10 } hg. F . T c n c k h of f MG. S5 . in usum Seho l. (Hanno ve r 192] ) S. 17;

ents t an d .-n um 1155.

71) Ha lbers tä d t e r lJB Bd, I h f;" . G. S c 11 m i d t (Leipz ig 1883) S. 232 an n o

1150: " p rae t axa t os m a nsos cum ci r o t h eea su pe r rel iqui as b . ?thria e posi t a

ecclesia . . . t ra didi t"; W alkenr ieder U13 , in un des h ist , Ve reins F, Nied er sachsen

H. 2 (H au u ov er 1852) Nr. 199 an no 1235: " ex t rac tis chiror hecis et sup er su mmum

al t are he at a e vi rgin is posit is in t est imon ium fa et ae composit i oni s" (Verz icht).

Die Bi ld e rha n dschri ften ze igen H an clschuhc zu fol gen d en B est im mun g en

d es Sad.senspiegeh: Ld r. I, 9 § 2: I . 45 § 2; IT, 24 § 2; Le hn r. 20 § 2 vgL

Ami ra, Die Dr es de n er Bilderhs. a .a.O . Bd. Ir, 1 S. 117. - B eme rkenswer t istes, da ß im mer F in gerhandsch uhe abgebi lde t sin d.

72) A . G. S c h wa r t z, Ge~dt . d . pommers dt.rügensche n S t ae dte (G rei fs­

'wal d 1755) S. 81ß anno 1356, " F ri de ri eu s iux ta ius ct eo nsuct ud inem t e rrae

Gu!}kau, quo d proprie d ici tu r bu ur r echt , per chiroth eeam un um mansum

dimisi t et adsignavi t" - vgl. F . Fa b r i c i u s, in H ans Gesch . BI. 1hg. 1894S. 11.

73) Urkun denbudl des

(Dortmund 1908) E d. V1I!

Page 55: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

Di e Belege stammen hier ers t aus d em Sp ätmittel alter, und zei gen

d en Handschuh vor all em al s R echtszeichen bei Bel ehnungen ."]

Zum Schlu ß des Üherb lick s über di e ein zelnen Recli tsg ebiete

muß noch d as g o t i sc h eR e e h t kurz ges tre if t w erd en. N ach

d em Cartularium Langob ardicum gehö r te n auch di e Go te n zu d en

Vö lkern, di e mit d em H andschuh tradier ten. " ) Da die Bezie h u ngen

zwischen Italien und Span ien im 11. J ahrh und er t r echt ge r ing

waren , so wird sich d er Aut or d es Car tu la r ium in diesem Falle

wohl auf irgendwel che unsi chere Kund e, vie ll eich t auch auf juri­

stische Literatur ges tü ty t haben. - Eine Urkunde aus Bayon ne h at

nur wenig B eweiskraft für da s go tis che Rech t, denn sie en ts ta m m t

erst dem 12. Jahrhundert, und ih r Ausst ell er lebt möglich er wei se

n ach fr änkisch em R edlt. 81) Ein wichtiges Ze ug n is da gegen stellt

eint> Bestimmun g d er um 1270 ni edergeschrieb en en Siete Pa rtid as

dar, nach der Lehen mit d em Han dschuh übert r agen w erd en

konnten." )

ein andere r is t. AI ~ si ch nä ml ich K oni g K ar! un d R a tbod nach di eser Sag e um

F riesla nJ s tr itt en: ,.buck er a h iar e ru, de e r orern an st i lles la ll e w rs t o ed , d at h id

wonne n h ed. d a br ochtrn a da h eren 10 5a ra. da s to dcnse en etmel a lomme" .

K ar! ließ sc ine n H andsch uh faUen un d Ratbod hob ih n au f, d am it h a t t e e r

ve rl ore n. vg J. G r i rn m , R A Bd. II S. 587 aus K. Frh. v. R i eh t h o f e n •

Fries. R cclu sq u ell eu (Bc r lin 1846) S. 439.8~) ,g I. K ar e IS t al I a e r t, Glossa ri um vun ve ro u de r te Rechrs t e rro eu

(Leide n J890) Bd. r S. 560: C. leen h of v, Santh oven (14. und 15. lhd!. ) "AIh ad den va de r e il m ocd er vc lc l een en . so so ude d oudste all e de l eeu e ontfa r.n

t e bru ederliken rechte, en dandere sou den h ern hulp en gel den d e h e ergewed en.

m e r sy so u den ha er d eel ontf ae n m et ee ne n p aer ha n dsdr o en '"; eb d. R eken k.

v, B r ab . r eg. 137 [ 0 267 (16. Jhdt.}: "Den selv en blockh uy s van on s t e ho ud cn

cn ontfan ge n in een l een, mits een p aer handseoen vo er on se n h eer geweyd e

r c chr ." - R . S c h ol t e .n , Das Zisterzienserklo st er Gr ef enthal oder Yallis

Coroi tis 'z;i Aspe r d en im K reise CI~ve (e b d . 1899) Urkundenteil S . 22 2 ann o

1472 : ,. end e dy ve r and crs adingh e sail oick ges cheyn n ae geirvet en , als m en

o use erv e in de~ Dijkt t e verandersaet en p l eg e, d at ys te w et en myt eynen

p aer hansscn ."

8~) i\IG. LL. B d . IV S. 595:: "Traditio venditionis euro d ef en si one : ... Si

es t Ro ma n us siro iliter tli e ; setl si est Salichus , si es t Robo ariu s, si es l Franeu ! .

8i es t Go th u .~ vel Alama n nus vend itor : Pon e ear tu la rn in t erram et supe r eartam

mitte cultell am, fe stucam notat am , w antonem et wason em terra e et ramum

a r bo r is et a t ramen t a r ium e t in Ale m an na wandilan e."

51) ]. Ba i a s '1 u e , E tu des hist. "ur la vill e d e Ba yonn e (e b d. 1862 H .)

E d. I S. 403: ., ee te rum lIt hoc donum firmum e t illi ba tum p ermanent, gllan t o

rn eo 6upram em or atum ep iseo pum et c ccI esi am de B ayon a investi o". D er Aus­

st ell er ist H erzo g Gu ill au m e IX . v. Aquitani en au s dem Hanse Poit ou ( !J.66) vgl. F e r d i n an d Wo I f, E in B eitrag zur Rechtssym bolik a us

88 Il !. Te il : D er Haudsch uh als Ob jekt von R echt sform en

Di es nimmt jc d och nur für di e au gcl sa clisisch e Zeit, a U5 der siciik einerl ei Qu ell en für un ser Problem beibr in gen las sen . Off en bar

h ab en er s t di e in ihrer Kultur so s ta rk fr an zösiert en Normann en

da s Rech tsz eich en in Engl and eingef üh r t. D afür sprech en auch di e

au f uns gekomm en en Nachrichten , deren fr üh est e eine Urkund e

des Grafen R og er von Arund el und Sh re wsb ur y aus d em

Jahre 108 3 ist. 78) Di eser vornehm e H err, der sich e rlicli au s n or­

mannischer Familie s ta mm te, schen k te di e Mitt el zum Bau der

Abt ei in Shrew sbury und " su p er ar arn p er chiroth ecas s uas do na tio­

n ern p osuit." Eine an de re Altarschenkung find et sich in eine r

Urkunde von 1093 von Glastonbury.79) Und im J ahre 1199tradiert sogar der K önig R ich a r d 1. mit dem Han dschnh.f")

Auch di e Vo gt ei über eine Kirch e konnte mit diesem R echtszeich en

üb ertragen w erd en ." ) D er Handschuh sch eint sich üb erhaupt in

Engl and se h r schne ll eingeb ürger t zu hab en, denn er ha t schon im

13 . Jahrhundert Eingang in die juristische Li teratur ge f un den.

Zwar nennt B r a c t on nur di e Ü b er tr ag ung "p er fu stern e t p erb aculum".8Z) Dafür sa gt aber der etwas jüngere B t: i t ton: " clsi la seisin e d eiv e estre f et e d e ten ement ou nu] mi es (rnans io) ne

cst, ad ounc su ffit le b ail par un e verge ou p ar un gaunt. " SJ)

Offenbar ge h t auch in den N ie d er 1a n den der Geb r auch

d es H andschuhs au f d as Vorbild d es fränkischen Rechts zur ück .")

Au fzählun g der geb r äu clrliche n Sy m bo le we der auf S. 263 n o ch auf S. 265 d enH an rlschu h .

75) 0 r cl" r i c u s V t ; a 1i S, Hist. Eccl, II, 5 bei l\Ii gn e Pat. Lar. Bd. 188S p . 42 5.

70) B. T h 0 r p e , Di pl om atarium An gl ic um [Lo nd o u 1865) S. 454: " q U08 ad

eecles ia m S an eti Dei cum ci r orec a au a mitt ens, u c p er ea m . .. su per alt arequ od in ea es ! Deo oIfcrent" .

50) Mon asti eu m An gli canu m (2. Auf l, Lon d on 1682) Bd. i S. 22: ,.R ichardu s

r ex primus anno r egni s uu p rim o d edit bosc um d es B lean, m on a ch is 'e ccl, Chri stiCan ter b" r icnsis p et· unum par chiro thee ar um".

81) T h . l\I a d 0 X, Hist ory of the Ex w eq ue r (Lond oo 1711) S. 79 an n o

122 6 : "i rs e e tia m W ill elmu s Briewer eorarn nohis pe r ei ro lheeas $\las di ctu mep isc op um de pra edi eta saisi vit advoeati on e" .

52) B r a e ton H, 18 § 8 hg. T. T w i s s SS. r er . Bri t. 70 ( Lo n do n 1878)Bd. I S. 314.

53) B r i t to n II , 9 § hg. F . M. Ni e hol (Ox fo r d 1865) ; weit er e5

Zeugn is: E xt ra et s from th e Coune i l R eg ist e r o f th e hurgh of Ab erdeen hg.

]. S tua r t (ehd. 1844 ) Bd. I S. 51: " A le xa n de r Irnyn e . . . gaff, gran t id and

assignit he an e g lu ff 10 D avi d rruyo e, hi s sou e, a ll and h all his gudis''.

• ' ) VieIIeiwt darf m a n in eine r fr ies ischen S age eine S~nr unsere s Sym bo ls

seh en, .)bwohl der Zusamm enh an g, in dem d er Handschuh hier gena n n t wird,

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H er rschaftsz ei di en Lei E igeutu rns ü uer t ragu ngen 89

Page 56: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

&~ ) ;I1G. LL. na, IV S. 333: Form. z. Ed. ROLl.. 182: " et p er istam sp atarn

et istum wa n to ne m sp onso t i bi Mar iarn meam liliam" äh nl ich E xp os. ehd. S. 334;ebd. S. 34 1 Form. z, Ed, Roth. 195 : " pe r ist arn sp at arn et istum wan tonern

eg o sponso tib i i\loria m un du eld am d~ p alat io'" ; ebd. S. ~) 9 9 Car t, Lang. 16:" Qualiler vidua Saliclra tles ponse t ur . . . tune gladius euro clamide e t cir o t h e­

ca t en ebirur a Sen eea ct c rat o r d icat ; p er i l1 um gladiu m et cl ami dern sp ons a

F ab io Semp roni am t uam re p a ri am, qu i cs t ex gellete Fran co ru m."

m en. 9 ~ ) Schwi erig er ist die Frage zu lösen, in wel chem Rccln .sgelii etdcr Hu n dschuh bei der Ve rlo bung benug t wurde. Di e Formeln zumE dictus Rothari be zieh en sich nämlich au f langob ardisches R echt,während im Cartular ium ein Akt fränkischen R echts gemeint is t. .Nun hab en wir scho n ges ehen, daß da s lan gob ar di sch e R echt denH andschuh b ei der Li egenscllaf t sübertragung nicht kannt e. Lm somerkwurdiger is t es, daß das R echt szeich en nun bei der Verlobungge bra ucht wird. Da di e fragli chen Belege indessen schou einer ve r ­h ältnism äß ig spä ten Zei t (Mitt e de s 11, J ah rh.) en tsta mme n, wer­den wir die s wohl auf d as fr änkisch e Vorbild zur ückfüh re n können,de nn in di esem Redü war auch sonst der H and schuh da s iibliclic

H errschaf tsz eicheu .

Nachd em wir die Ge ~ chicht e des H an dschuhs als H errschaft s­

zeichen in den einzelnen Redltsgebieten untersucht hab en , k önnenwir ve rs uche n, di e Ein zelergebnisse zu einem Gesamtbild e zu ver-di cht en . .

Offenbar bedi ent en sich zuers t di e Franken des Handschuhsbei R echt sh andlungen, d enn au s ihrem R echtsbezirk sind di e frühe­s te n und di e zahlre ichs ten Belege b eizubringen. Ni cht vi el sp a terläßt sich das Rechtszeichen au ch im bret onischen , alemannis chen undhayrisch en Recht nachweisen . Da di ese Vol ksstämm e unter fr än­kisch e, Ob erher rschaft st an den, ist es sehr wahrsch einl ich, daß derBrauch zu ihnen von d en Franken gek ommen ist. Der W e~, aufdem dies im einzeln en vor sich geg ang en ist, bleibt allerdings imDunkel. Die Langobard en h aben dagegen das Redltszeichen nichtb ei der Lieg ens chaftsübereignung eingef ühr t. Nur di e im 11. Jahr­hundert nachweisbare Ven~endung desselb en bei der Verlohung

weist ' 'tl'ieder auf das f riinkische Vorbild hin.

Im 11. Jahrhundert ha t sich dann der Handschuh - au sgeh eudvon dem aufgezeigt en Gebiet - noch bei m ehreren anderen ger­manischen Völk ern al s R echtszeichen eingebürgert: bei den Sach­sen , den 'I'h iir ing ern, in den Ni ed erlanden, in England und wahr-

90 1I I. T ei l: Der Handschuh a ls Obj ekt vo n Rcch ts fonu en

Es wurtlc schon darauf h ill ~('\I'i c s ell , daß der Handschuh alsLeiche n der H cr rscl ia f t auß cr Lei der Li cgcns chaf tsub crtragu ngnocli bei der Ver lob u n g b cnu ty t wur de. All erdings liegen hi er­für n ur dr ei B elege aus Ober itall en vo r. Sie st amm en aus dem11. J :.l ltrhunuert und zeigen scho n einen zieml ich späten Zustand.E he wir sie näh er unt er su chen kön nen, muß zur Vardcutl ichum;ein 'Wort üb er den Sinn der V erlobung vorausgeschickt w erden. t")

ursprünglich bildeten Verl obung und Trauun g bei den ge r·manischen Völkern ein en einh eitlichen Rechtsa kt , dessen Au s­gangspunkt der Brautkauf war. Als spä te r eine Aufspaltung ein­trat, war di e ve r t rag smäß ig e F est segung des Kaufpr eises und derÜbcrga b c der Gewalt über di e Braut Inhalt de r Verl obung, wä h­r end die Trauung di e Au sführung der B estimmungen der Verlo­bung hc deute t e.I"] Bei d em ers te r en Rechtsakt nun verwett etensi ch di e Ver rra gsp artner gege ns eitig die Ausführung ihrer Ab­m achur.gen, und auß er de m fand eine Scheintrauung st at t, bei derdi e H errschaft üb er die Braut vermittels eines Re cht szeich ens demBräutigam üb ergeben und sof ort wi ed er zurückersta tte t wur de." )

Bei dieser Scheintrauung f an den als H errscha ftsz ei chen der St ab.das Schw ert , ve r schieclcn e and er e Gegenstände und VOr allem derHandschuh Verwendung. Dies wird hauptsächlich dur ch jene dreiobe ritalie nisch en Qu ell en bez eug t, auf die wir bereits in anderemZu sammenhang hinwies en . E3 sind die Formel sowi e di e Ex­p osit io zum Edictus Roth ari 182, di e F ormel zum Ed ictus Roth ari195 und der Titel 16 de s Car t ulari um Langobar di cum, di e, sowe i t.es die Formalit ä ten betrifft, ' mitein and er ziem lich iib ereinstim-

sp an ische n Q uell en (Si\)un gsb er . d. Wi eller Aka demi e Phil .iHist. Klasse Bd. 51:

Wien 1866) S. 93 : .,E desp uc s quc el vasu llo ovi er e jurado, e promitido t od as

estas cosas, d ev c el Sefior cnuestirle co n un a sor tij a, 6 COIl l ua, 6 COn v ar a." ­

Sp an is che Ur kun den soll en m ehrfach dc n Handschuh erw ähnen. Aus Zeit ­

mangel m üssen wir ihre Unt ersuchung der spani schen For schung üb erl assen.

E. d e H in 0 j 0 s a, EI ele men to germ än ico en el derecho esp afiol (Mad rid

191 5) S. 2-1 führt bei de r Au fz äb lung der Inv est itursymbolc Hand schuh e nicht

mi t au f. - i\ich t e inseh en konnte id, leider Lu i s C a h ra 1 d e 11 0 n c a da ,

A "traditio" e a tran sf er enci a da propriedade im ohil i är ia no direito p or ru gues

(Coimbra 1921 ) . E. Per eis nennt in seiner B esprechu ng dieses Werkes

(ZRG Germ. Abt. Bd. 42 ; Weimar 1921; S. 534 f.) als Rechtssymbo le gcrmanischeu

Gep rä ges im p ort, R echt: Schlüssel, Dadistr oh, Erde und Stein .S9) Vgl , z, Rgd. Sc I. r öd e r - K ü n S S be r g, R echtsgesch. a.a.Ü , S. 329 ff.

90) Im ei n zeln en si nd di ese Vorgän gc se h r v iel komplizierter vgl. ebd.

9l) Dcr H andschub diente h i er auch als Wadium. Di es wi rd un s noch zu

b cs d . s ftigen haben. vgl , unt en S. 94 f.

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H errschuf rszeichcu bei Eigc n l\lllls ü!Jcr lrag llngen 91

Page 57: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

92 111. T cil : Der II audschuh als Obje kt VOll Rechrsformen

smein lich au ch in Sp ani en. B eso nders klar is t di ese Entwicklungin En gland aufzuzeigen , wo die N ormannen den Anstoß ga be n.

Bis zu den nor-disch en Völkern ist das R echts zeich en alle rdings ni chtm ehr v orgedr un gen .

Die C eschicht e der B e.nutju n g de s H an dschuhs ist in jedem

Land e ver schi eden verl aufen. Mehrf ach h ab en sich Spure n vo n ihrbis zum B eginn der Neu zeit er ha l te n.

3. K apitel

Der H ands chuh a l s H err s chafts z e i ch en b e i der

Wadi ati on

Ebenso wi e b ei der Eigentumsübertragu ng is t der H and schuhauch b ei der W adiat ion als H errsch aftszeich en a nz us eh en .f") Der

Akt der W adiation h at se i t langem di e r echtsgeschicli t li che For­schung besch äftigt , do ch is t k ein e in allem en dg ültige E r k lä rung

gefu n de n worden , obg leich sich h ervorragend e Jurist en an derErörterung der Frage bet eil igt h aben ." ] Es ste h t in de sse n f es t, J aßdurch di e Wadiation die Haftung des Schuldners im ger ma nischenRedlt h erb eigeführt wir d. Aus der Schuld allein en ts tan d do rtn ämlich noch keine H aftung. Dazu b edurfte es einer besonderenForm alität, eben der W adia t ion.

O. v. G i e r k e , dem di es e E r ke nn tn is hauptsächli ch zu dan­k en ist , hat auch di e Be de u tu ng der H aftung kl ar formuliert: " De nInhalt des Haftungsverhältnisses bilJet r echtlich e Macht, die p er ­son enrechtlicher od er sachen rech tlicher Natur se in kann." 9~) 'W ir

werden uns diesen Sat bei der D eutung der F ormen der W a ui ation

ins C edachtn is zurückruf en müssen ; vor ers t muß zu m näh er en V er­st.änduis das ursp riinglich e Wesen der Haftung kurz gestreifL wer-

93) Im gle ichen Sinne zuerst He r h e r t Me y er, Zu m Ursprung der Ver ­mögen sh aftun g im ge rm. Recht, in F earschr. f. O. Gi e r k e (Wej m. ~ 1911 )S. 975 f. danach Fr. Be y e r I e , D er Ur sp r ung d er Bü rgschaft (ZR G Germ.Abt. Bd. 47 (1927) S. 644 .

9~ ) A uße r den in Anm. 93 gen annt en Werk en vgl. O. Gi e r k e , Schuldund H af tun g im ält er en deutschen R echt (Unters. B d. 100; Br esl au 1910);K. v , Ami r a, St ab 3.3.0. S. 151 H.; d s I b., Di e Wadiati on (Si!.lbe r . d.

Münchner Aka de mie Ph iJos.·Philol. und Hist, Klasse 1911) ; Ern s t 111 a y e r ,Einkleidung •. a.O. S. 8 fi. ; Sc h r ö de r • K ü n s s b er g , R G , .3.0. S. 315 H.

g,) G i e r k e 3.a.0. S. 11.

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Der Hu ndschuh als H er rs chaf tszeichen bei der Wadi at ion 93

den . Si e b est and in C eiscl schaf t ode r Fa us tpfand, d ur ch die derGlä ubige r die tat sachli ch e Gtwa l t odcr H errsch aft über die P ersonoder über di e Sa che er h ie l t. Im Ve rla uf der weiteren E n twick lung

tra t an di e Stelle die ser ta tsachlichen Ma dllb egründung ein st ellve r­t re te n de r Akt, durch den ein r echtlich es Ve r ha ltn ie in sof ern h erge­stellt wurde, als im Fa lle der Nich te r f ül lung der Verp flich tu ng en

von Seit en des Schuld ne rs de r Gl äu~ger d ie i'llöglidlkeit eines Zu ­gr iffs erhi el t. Di e P erse n ode r di e Same ka m jedoch vo re r st n ichtin die tat sachlich e Gew alt des G läub igers . D as Heclit szeich en, durchdas die ser Akt vers innb ild lich t wurde, war h aup tsach lich der S tab,d ie "fE: ~ tuca n od u t u".·~) Durch die sinnfällige H andlung w urde dem

Glä ubiger ein H errsch aftsansp ruch üb ertragen, J as dab ei benü~t~

Obj ekt also ist dem nach Herrs cllaftsz ei d1 en. ~~)

E~ er übr igt sich , hi er au f di e Einz elf älle der WaJia tioI'. ein­

zuge hen. Wicl1tig für un ser en Zu sammenh an g ist, J aß es scho nfr üh im ger manisd le n R ech t ein Haftungsgesch äft in der F orm der

Selb st ver guiselung gab: der Sch uldner b egab sich selb st in di e Ge·wnl t de s Glä ubigers . Mit der f ortschr eit enden Entwicklung n ahmauch hi er ein s tellver t r e te n der A kt die Stell e der tatsächli chen

Sel bst ve rge ise l\lng ein . I h r F ormalismu s war di e Handreichu ng,se lten er di e Darbietung eine r f estuc a.") Die B ed eutung derH andlung war wi ed erum di e B egründung eines H errschafts­an spr uches des Glä ub ige rs . Erst in spä te r Z eit trat in einae ln euF älle n der Han dsch uh an di e Ste lle des H andsdllages. Es konnteuzwar a uch ande re Kleidungsstücke od er Leibz eich en verwe n de twe rde n."') Indessen wa r d er H andschuh wi eder dur ch se ine äuße reFo rm zur Ver t re tung der H and ganz besonders geeignet. Dazukommt n och, daß der H andschuh ja auch b ei der Liegensdlaftsüber­

eiznunz als Herr~ch aft sz e idJ et1 di ente, de n n dadurch wa r sein Ge-'-' . ... .

brauch b ei der Wadtation n ah eg el egt.Wenn wir die einzelnen Fälle der sinnfälligen Verwend ung des

H andschuhs b ei der W adi ation durchgeh en, so müssen wir unswieder daran erinnern, d aß der H andschuh als R echtszeichen ve r ­hältnismäßig jung war. Er hat de shalb b ei der eigentlimen

~6) S ehr ö de r . K ii n S s b e r g a.a.O. S. 318.97) ..bd. S. 322 ..S) eb d. S. 321 Anrn. 125; vg l. Val d e Li ev r e , Laun egild und Wadis

a.a.O. S. 264 ; Auch G i e r k e a.3.0 . S. 195 se llt sich für ein hohes Alter der

H andrei chun g ein.99) S e h r ö de r · K ii n 5 s b e r g , Rechtsgesch. 3.a .0. S. 322.

Page 58: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

9.1 II I. T eil: Der Handschu b al s Obj ekt von Bedltsform en

&ch lll<lrcch tl id lcn Wadiation nur no cli ganz vereinzelt Einlaß ge­

fund cn. ' '") Hier k onnt e der Stab aus seine r alten Stellung nicht

m ehr \ er drän gt we r de n . Als Ausnahme k ann es ang eseh en werden ,

wenn in ein ige n ve r hä ltn ism äßig jungen Qu ellen VOll der Verw et­

tun ~ von V errnc ge n sleistungen bei der Verl obung vermi tt els desHand::cllUhs berichtet wird .101) Eher wurd e der H ands chuh dan n

benutyt, w enn - wie di es h äufig na chgewiesen wer den kann ­

der F urmali smus der W ett e bei neu sich bi etenden R echtsf ällln an­

gewen det wu r de. Hierher gehören der F ehdehands chuh, da s Pro­

zessualpfand Hands chuh, die Handschuhabgab en vo n Lehnsl euten

und Bu ßgelöbnisse, die vermittels des Kleidungsstü ckes sinnfälliggem acht wurd en. 10')

Di e V erwendung des Hands chuh s be i der V er loh u n g , in

deren B er ei ch uns bereits ein e andere Verwendung de s Handschuh s

gefüh rt h at , erfahren wir zu er st aus einer sch w äbis che n Trau­

form el des 12. Jah r h un de r ts . ''") D er Bräutigam "muozim sib en

hantseuoh e h an, mit 'ten git e r siben w ete nach dem swab eschen

r ehre. " R est e di eses Brauches hab en sich im El sä ss er und Schwei zer

Gebiet e rhalten . So war es in Oh ers aß heim im El saß üblich, d aßd ie Kilb ekn ab en den Kilb emäd chen H andschuhe schenkten. l' ")

Deutlich lassen auch no ch zw ei Schweizer Belege die früh ere W ette

erkennen .' OS) Vom Schwei zer Brauchtum abhängig sch eint auch eine

Nachricht vom Jahre 1636 aus Genf zu sein, w on a ch ein Mann

100) Es muß offenbleihen, oh in einer Genu eser Sd l1ll du rk u nde YOIl 1157wi rk li di d er Handschuh gem ein t is t: ,.Ego in su p e r- ami cu s m an iea cons tituo

me p r op r ium ct pr inc ip al em de h it orem tibi nominat o Ma r axo de supradicto

dehi to " (1I10n. His t. P at. '1. '1 .0. Ch art ae BJ . II; Turin 1B53) S. 369.

lai) s. \1 . S. 90 r.10~) Na ch E . M a y e r (Ei n kl eidu n g a.a.O. S. 48) ist es als Bußg elöbnis auf­

zufassen, wenn der arerbend e Roland seinen Handschuh dem En gel r ei cht .

(Chanson d e Roland Y . 2373 ; 2389.) Einen weiter en B ele g f ür di ese Ve rwe n­

dung des Han dschuhs kenne ich nicht .

10J) lIJG. LL. na. III S. 150 Anm. 82 .

104) H a n n s B ä c h tal d , Die Gebräuche bei Verlobung un d Hochzeit

(Schrift en der schw eiz. Ces. f. Volkskunde Bd. 11; Basel 1914) S. 136 .

lOS) Schweiz. Idiotikon a.a.O. Bd. VIII S. 465 : "Ist er (d er zum Fast nadlts.

schmaus einge l ade n e Bursche) ein klug berechnender Walli ser , so wird er e twa

noch " en sidenes Vorschosschäuffen o d er en schen en warm en h enschen" für d ie

Sch wi egermntter in sp e mitbringen ."; ebd. ohn e Orts- und Zeit angabe ; "N.l ieh

beim Rcbenhac:k et der Jungfrau d er 1\1. "ein p a r H entlschue" und sa gt e dabei,

wenn sie dies h ehalt e, so müss e si e ihn auch h abe n,"

t)

1fld! II ~! •i ;11jiI !I ;I I,

t. !'1it

i.iI,I!

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~.,."'

~.1~.

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I1L,1'1

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Der Ha ndsd, uh al s Hc r rschaIt szeid ie n Lei der Wad iation 95

Ring un d Handschuh e an eine F ra u " cn n om de m ari age" zu üb er­

geb en h att e.' 06)

Al s wei teres Zeu gni s au.s dem deu tschen Gebiet kann eine

B estimmung au s ein em K öln er P arochi al e von 1 592 angeseh en

....... en len .' 07) Offen b ar ist aber hier der Brauch sclro n verunkl ärt,

den n na ch dem T ext wrire auch der H andschuh an di eser St elle als

Arrha aufzufassen. w as sich sonst ni r gends n achw eisen läßt.

Spuren des Geb rau chs des Handschuhs als We tt e- bei d er V er­

lobung sind auch in Frankreich erhalten. So bietet in der Ve nelee

ein Bursche , d cr en tsch lo sse n ist , se in Mäd chen zu he irat en , ihrein Paar H andschuh e an. ' OS) Eb enso wer de n im B as-Poit ou u n d im

Aunis b ei der \I' er hu ng weiß e Handsch uh e üb erg eb eu.!") Ahn li dH~

Bräu cbe find en sich sowohl in Belgi en als auch in No varu in Obe r­

it alien." O) "\ViI.' es sich um die " Tr auu ng mit einem H anrlschuh" in

H oll an d, das h eißt mit der Sch lie ßung einer Eh e dur ch die Braut

und den B evollm ächtigten des Bräutigams, v erh ält , muß hier off en

hl eib eu .' !') E. V er w i j s un d J. Ver d a m h alten di ese Sitte f ii r

" ein Ü be rb leibse l vom übertragen einer Befugnis'" !" ) Eb ensogut

k ann man abe r darin einen R est einer früheren Wette seh en,Eine we it größ ere Bedeutung als bei der Verl obung hat nun

die Anw endung de s F or malism us d er Wadiation beim Z w e i­kam p f erl an gt. Der Zw eikampf war nämlich als Gottesu r teil

im Mittelalter eine R echtshandlung und infolgedessen von R echts­

form ell b egl eitet. (1 3) Eine dieser re ch tliche n F ormalität en war die

106) B ä eh t 0 I d a.a .O, S: 135.107) R. S a h m , Das R echt de r Eh eschli eßung (" "e;Olar 1873) S. 5-!: " an ­

nulum sib i d ar ai sp onso pet et (D e r Pri est er ) , sim ul rub eas (si haL eri p ossin t)

chiroth ec as, qu ihus in sint t r es nummuli arg ent ei, loc o arrh ae sp ons ae daud ae,

108) Il ä c h t 0 1d , Hodi zei t a.a.O. S. 136.

100) cb d .

1l0) cb d.

111) E. Ver w i j sen J. Ver da m, Middclnederlandsch W oo r de n hoek

Bd. III (s ' Gr ave nhagc 1894) S. 132.m ) ebd.113) vgl. W. Erb e n , Die Schla cht bei Miihldorf (Ver öff. d. Hist. Sem.

Gra z; ebd. 192 3) S. 80 . z. flg d. E. M a y e r, Einkl eidung a.a .O. S. 33 ff;

111. P fe f f e r , Di e Fo rmalit ä t en beim gottesgerichtlich en Zweik am pf in der

al t f r an z, Epik (Z. t. r om, Phil. na. IX 1885; Halle 1886) ; A. Co u I in, Der

ge r ichtl iche Zweikampf im alrfranz. Prozeß (Berli n' 1906). - Der Handschuh

dient ü b rig ens auch b eim Zweikampf al s T eil der B ewaffnung. vg l. Sachsen­

spie gel Ld r . I, 63, 4·; Au gshurger Sachsenspiegel lind Deu Lsch enspi egel, b eid e

hg. v, K. A. Ec k h a r d t , in F a nt es jur is Germani ci (Hann ov er 1930) S. 175.

Page 59: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

96 Il]. Tc; L Der Handschuh a ls Ohj ek t vo n Rechtsfo rmen Der H andsch uh als H crr schaft sae idr eu bei der Wa dia t io n 97

Üb errcichung eines W:Jdi ums , wodurch sich die Gegner be i derFordc rung zur Aus t r agung des Kamp Fes ve r p fliehteten. l1

' ) D ie

Wad i:üioll heim Zwei.kam p f finde t sich sch on in ve rschiedenenVolksrechteu, h at also ein hohes Alter.!"] Sie is t eine Sonderformdes Prozessua lpfandes, das von den P a r teien, sei es um den Beweisd er Klage bzw. de r Reinigung zu ve rsprech en, sei es um die U nter­werfung: un te r das Urt eil anzuz eigen, dem Rich ter übergeb enw urde. HG) A ls Sinnzeichen be i d iesem Akt wurde de r Stab ver­

wend et . Der H andschuh erscheint zuerst als Wadium beim Zwei·

ebenso e ine B estimmung d es Magdehu rge r Rech ts in einer Mit te il ung der der­

t igen Schöffen an Hel zog Hc in r ich 111. vo n Schlesi en und die Breslau e r Bü rger­

schaft vorn Jahre 1261 vgl. Breslauer Urkundenbuch (Breslau 1870) S. 25:ho ubi t un de uoze sin uo re b loz, und e on de n hend en sull en si e (die Zw ei­kämpfer) nicht wa n d un n e hantschun ha ben" .

114) Ei n e andere Erklärung de s Fehdeh andsdiu hs g ab J. G r i m m, der d ie

Anwenduug desseihen al s eine L ossagu ng de utete. (R A a.a.O . Bd . I S. 212.)S ei ne r Meinung s chci n t sich K. v. Ami r a angeschlossen zu haben (Wadialiona.a.O. S. 46 Anrn , 2). Gegen beid e Au to ren n immt G. Be se i e r (lIl is cell en

zu Bindung und Lösung ZRG Rom .Aht. Bd. 45 ( Weim ar 1925 ) S. 420) mi t

Rech t Stellung . Gegen Grimm sprechen vor allem die Que llen, aus denen ein­

wan d fr ei h erv or geh t, d aß ein e Wadialion gemeint is t (vgl. u . Anm. 115) . Den

Anlaß zu der B eweisfiihrung Grimms gah eine m er k wür d ige Nach rich t b ei

Cosmas von P rag. (;'IIG. 55. rer. Germ. Nova Serics Bd. Il S, 150 ): "quam,

i nquit (d er Sohn König Wralis la us v. Bohmcn ) po llicitus sum, en abrenuntio

t ibi fidern meam! e t avcrt ens e qu urn proi ccit in fa ei ern e ius (ein es unge tre uen

Hofmeisters ) chi r o th ecam ." Di ese r I'i'mf d es H andschuhs bew eist ni cht die

Ab sicht des Au fsag ens der F re un ds chaf' t, no ch handel t es sich IIllI eine Au( ·For dcrung zum Kampf. Vielmehr ist d ie Hand luugsweise de s Fürs ten als ei ne

Be leidigung aufzufass en . Denn daß d em Unge t reuen ü herhaupt etwas ins Ge­si cht geworfen w u rde, ist das Bezeidmende. Ein an d er er Gegenstan d hä tl e die

g leiche Wirkung g eh ab t , doch bot sich de r H an dschu h zu diese r Ges te besou­

de rs an . Auch im Norden und in Frankreich gal t der Sch lag mit d em Hand­s druh ins Ge sicht als schwere Bel eidigung. In der Heimsk ri ngla schlägt 0 1,,(

Tryggvissohn seine Brau t mit dem Handschuh in s Gesiebt (vg l. oben S. 53Amn, 155) . Ahnliehes berichtet die al tf r an zösisch e Chronik d er Herzöge von

de r Normandie (Co ll. d . Doe. ine«.; Pa ris 1836 ff ; v , 33397, 12 . J hdr .) . Schlie ß­l ich wäre hier Sc hi li e r s Ba llade "De r Handschuh" und eine Mitteilung de rZimm ernschen Chro n ik anz uführen, nach de r Karl V. einen ü bel beleumundete n

M enschen zu m " Spa ß" m it einem parfümie r te n H an dschuh zum Ritter s di lug,

(hg. K. A. B a r a c k (2. Auf!. Meersburg Le ipzig 1932) Bd. 1Il S. 536) - zu

S<:hillers B all ad e vgl. u. S. 147.m) H . B r u n n er, Deu tsch e Re chrsg esch . (2. Au f!. h g. CI. 10' r h.

Y .. Sc h wer in; Miinchcu 1928) Bd. II S. 495 .115) B r u n n e r, ebd. Bd . II S. 493 ff. ; F . Li e b e r m a n n , Die Gese\5e

der Angelsa<:hsen (Halle 1898 H.) sa. II S. 754: Prosessualpfand.

III

~

L

i,iiI:~ ~ijtt~osrs}'i.

kampf. E rst aus verhä ltnismäßig späten Qu ellen erfahren WH'

dann auch von der Verwendung des Handschuhs als Prozessual­

p fan d. Die Belege daf iir st amm en zudem n och aus Eng1and undDeutschland, wahren d aus Frankreich, wo - wi e wir seheu wer den- der Handschuh be im Zweikampf zuerst als Wadium b enug t

wurde, bislang keine N achw eise zu erbringen sin d . So läß t sich ,

eh e nirh t frühere Qu ellen erschlossen sind, iiue r die Bezieh un gendes Fehdehandschuhs zum Prozessualpfand Handschuh nichts End­gültige~ sagen. Wir begnügen uns aus di esem Grunde d ami t, dieVerw endung de s Handschuhs als Prozessua lpfand gesond er t zu be ­

bandeln. 117)

Fand der Zweikampf vor einem Ge richt statt, so wurde demR ichter von b eiden Par te ien das Wadium ge reicht."S

) Wa r diesni cht der Fall, so warf de r eine Kontrahe nt da s Wadium zu Boden,un d der and ere nahm es zum Zeichen der Annahme der Fo rde­

r ung auf.

Den Ursprung des Fehdehandschuhs - das v ermute te scho nJ. G r im m - h at man in der h öfisch-r it t er lichen K u ltur des mi t­

t el al t er li chen F ra nkreich zu su chen .ll&) Eine be re its genannte Char­

treser Urkunde vo n 1070 bescheinig t erstmalig die Übergabe einesWadiums beim Zweikampf, ohne den Gegenstand näher anzu­geben .'~O) In de m nur wenig jüngeren Rolandsliede wird aLer scho n

der Hundschuh als "gage de b atai lle", wie der nun au fkommen deRechtsausd ruck lau te t , angeführt. 12l

) In den späteren Quellen kannman im al1gemein en "gage" m i t Handschuh iib erse g en. Zwar ko m­

men ge legentlich auch andere Sinnzeichen vo r; doch wa r der Hand­

schuh schon aus praktischen Gründen für de n Ritte r das Cege­

bene. '~~) Die französischen Epen, die de n Handschuh vielfach als

Wa di um erwähnen, lassen erkennen, daß dieses Wadium bis ins

1(1) 6. u, S. 102 r.118) Ca rt. de St. Pere de Chartres a.a.O. Bd. I S. 160 vor 1070: ,.Tune

Odo co m es iudi cav i t eampuro fi er i . . . tun e R obert us unu s ex iam d ieti

nepotibus, dedit eomiti g u ad ium. Teoder ieus vero similiter suum gu adium

comiti ded it ad con rr ad ic eu durn."

119) Reinharl Fuchs h g, v , J. G r im m (Be rn ] 834) S. LXVIII.

120) s. o. Anm. 118.l ~l) Chanson de Ro land hg L. Gau t i e r (Tours 1881) Y. 3845 : " E t puign

li m et Ie destre gan t",

"~) vgl. P f e f fe I' a.a.O. S. 30; C 0 u l i n a.a.O . Bd , I S. 74.

Page 60: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

98 1II. T eil ; D er Hau ds ch u h als O b jek t vo n Redlts fo rmen

] -1. J ah rh un de r t h inein in Frankreich ve r we nde t wurde. 123) Es er­

gib t sich aus ihnen f erner, d a ß sowohl d ie Ü be rgabe des Sinnze ichens

an den K am pfrich t er wie au ch de r Wur f vo r die Füß e des Gegn ers

üblich wa r . Für d ie ers te re Art, die in d er heutigen V orstellung

f ast ga nz vergessen is t, l assen sich di e früh est en und za h lrei chs te n

Be lege bei br in gen .!"] Di e Annahme, daß de r F ehd ehandschuh zu­

erst in Frankr ei ch a ls Wad ium beim Zweikamp f h enutj t wu r de,

w ir d b estätigt dur ch eine Nadl r ich t des ]\I a t t h a e u s P ar i 5

vom Jahre 1243 über eine K am p ff or derung n ach französischer

Sitt e (" luo re Franeo rum") , b ei der der Handschuh d em Gd order­

ten vor di e F üß e ge wo r fe n wurd c .'~ '; ) B esonders bede u tu ng svo ll

wi r d di ese Erwä hnung noch dadurch , daß das Symbo l al s "wadium

du ell i" bezeiclme t w ir d . Di e Ableitung der Formal it ät von der

W ad iation war also n o ch un vergessen.I" )

Sch lie ß lich is t der Gebrauch des H andschuhs als "gage" auch

o ffizie ll in di e Ceseg e und Coutum cs d es späteren Mittelalters auf­

gen ommen wo rden. No ch imm er kann demnach der Handschuh

en twe de r dem R ichter übergebrn oder vo r den Gegne r gewo rfen

we r de n. Im ers teren Falle, so erfah ren wir aus einer Or do nnance

Phi 1i pp s d es S e h ö n e n v om J ahre 1306, wurde na chh er die

"gage" unter d em Ruf " La issez le s aller" vom Kampfrichte r zum

Z ei chen des B eginns auf d en K ampfplag geschleu der t .121) Falls di e

Best immung en de r Coutumes wirk lieh i nri e geh alten wurden, diir-

123) Da s Mat erial fin de t si ch b ei P fc f f e r a .a .Ü, 5 . 29 H. - N ich t erwäh n t

P fe ffe r de n Roman d e Fl o r enc c e t d e hl an die Fl vr e (vgl. J. P. Ch a5san Sy m ­

b ol ique du dr o i t ; P aris 18-!7; 5 . 1-.1 -.1) au s dem 13. Jah rh und ert, der in sofern

v; ieh t ig .H, als h ie r d ie V er pfl i ch t u n g de r Ge g ner d urch d ie Ü be rreichung des

Wa d iums ganz d eu t lich wird ; ,,11 a roy bailli 60n gant P ou r l a h at aille con­

firme r:'

12.) P f e f f e r a.a .Ü. 5. 30 f.

125) h g. H. L u a r d (55. r e r , B r il . 57; Lond on 1872 H.) B d . IV 5. 2'> 2;

"Qu od l ieet co mes in sta n ter infi t ia re tur, st at im m iles supr adictus, mo r e F r an ­

cor urn , ci r ot eca m suam e i p o r r ex i t , se offerens in p ropatulo cor arn curia i d

co r p or-alit e r , secundum eonside ra ti onem cu ria e re g alis p ro b a tu rum . .. qu am

ci ro t ecam qu asi d ue ll i w adiu m o stensam comes recepi t, spon den s se d efe n­

de n do dim icaturum co ntra ip sum ."

126) D er Ge brau d l eines W ad IUms beim Zw eikampf wird au ch bez eu gt

durch Pe t r u s eI uni ace n S i s L ib . L d e Miracul o rum (1\1 i g n e , Pat.

L a t. a. a .O . Bd. 189 Sp. 867).

1 ~1) yg l. Co u I in a.a.O. B d . I S. 122 .

a.li~ !l~I: 'I!' ~:fiF!.,~t

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D er H an d schuh al s H en sch af tszc ieh en h ei de r W adia ti on 99

fe n wir den Gebrauch d es F ehdeh andschuhs in fast all en T eil en

Frankrei chs b is ins 15. J ah rhu n der t hin ein annehmen .l'S)Von F rankreich h at der F ehd ehandschuh sich in Italien ,

D eutschlan d und Eng land eingeb ürge rt . Bei de r n ahen B erührunl;

der r it terlich en Kultu r di eser L änder im hohen Mittel alt er bi et et

di ese F est st ell ung k ein e Ü b er r asdmng .Eine seh r f rü he N ach ri cht, die allerdings ni cht ganz ei ndeu tig

ist , li egt aus I t al i e n vor. In einem B eri cht üb er ei nen got te s­

ge r ichtl ichen Zweikampf im J ah r e 1098 h eiß t es nä mlich : " ea rop io

ip sorum h om iuu m cl e va ll ibus ia ct avi t pro m aleficio , an t eq u am in ci­

p eret pugn am, wa n to nem fa emineu m , var ii s col oribus di stin ctum,

sup er ea pu t camp ionis ec clc siae, quod omnino leges ve tan t a tque

mulctant." 129) Zunächs t mag es so scheinen, als beweise diese Qu ell e

di e V erwendung des H andschuhs al s Wad ium in It ali en .' :") Doch

wird sch on vo rhe r dem R icht er ein Wadium gegeben: "et f ecerunt

in va diare sub p ena decem librarum Lu cen sium." Der W ur f des

Handschuhs ges dlieht al so woh l al s Beleid igung, w or auf au ch der

Zusag ,.p r o m al eficio " hinzudeuten sch eint .' !' ] Ei n w eiteres Ze ugn is

für Itali en liegt im Chronik on Este nse vom Jahr e 1344 yor . 'ö~) Hier

beginnt ein Capi t aneus ei ne Schla cht , in dem er dem Gegner ein en

Han dschuh zusen de t. Die fo lge nden Enväh n ungen d es F ah dehand­

schuhs finden sich in literar isch en W erken wie den N ovell en F i 0 •

r e n t i n 0 sund Ba c e a c c i 0 s. Diese B el ege sin d als his tori sche

Quellen nicht m ehr vo n gr oß em Wert. 133) Sie b ewei sen nur, daß

128) vgl. P f e f f e r 8.a. O: S. 31; Co u I i n a.a .O. S. 12 2; dazu kom mt n och

Paweil h ars c, 169 (Cou turn es du p ays de Liege Bd. I 5. I N ) vg l. ;:II a y e r E in ­

k l eid u ng a.a.O . S. 48 A nm . 15 1.I") ]\J u r at 0 r i , An t iq u i t at es B d. III 5. 648 .130) 50 !\[ ur a t or i 8.a.0 . u . J. G r i m m (R ein ar t Fuchs a.a.O. S. L XV III),

der de n N uchsa g .,qll od omnin o l eges ve t ant a t qu e m ul ctan t" d a r auf b ezi eht,

d aß ein F r au enh arid sd i uh gewo rfe n w u r rle,131) vgl. oh en S. 96 Anm. 1H, wo ähnl iche F äll e sch on ange führ t wurden.

132) NI u r a t 0 r i , 55. r e r . I ta J. Bd. XV S. 419 : "Ca p i taneus dic ri exer ­

ci tus d estinav it do m ino F r ancisco chiro the cam bell i, quem D om . Franci scus

r e ce pi t lib ent e r, et or d iu avi t qu.aehlict p a rs aci es su as ."133) F i 0 r e n ti n 0 giorn. 9 n oy . 2; giorn o 12, nov. 1; B 0 e c a e c i 0 ,

N ov . 38,8 ; De cam cr on e 4,4 - Die zuers t gen ann te Noyelle ve rdien t i nsofern

u nsere A ufolerksam k eit , als si e d en Vorgang; beson de r s eigenartig schild ert:

,_il R e cl i A ra gona ebbe su o con siglio , e de libero di richi ed ere d i b attagli a

10 I m p eradore, e eosi fu fa tto; che su hi to ma ndo p er un su o trom betto un

guau t o tut to s an gui no so in su u n p runo." G. B e se I e r (l\I iscelle n zu B in ­

d un g und Lösu ng a. a.O . S. 42 0) b em erkt dazu "Wozu der p run o (Zweig oder

Page 61: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

100 III. T ei l: Der Ha nd schuh als Ob je k t VOll Hechtsf orrncfl

die Er inn erun g an di ese Verwen dunf; des H andschuhs in Itali enweiter lebendig bli eb. An geblich soll noch im 16. J ah rhund ert imKirchen smat eine Forderung durch Üb ergabe des Hands chuh s vor­.gen ommen worden sein.! ") Doch ka nn ich keinen Nachweis dafürJ;rbringen.

In D e u t s ch I a u d begegn et der F ehd ehandschuh zu er st injenen W erk en d er Di chtkunst , di e von französisdl en Vorbi ld ern ab­h än gig sind. Besonder s die ni ederfränkisch'lliederländisd1en Dich­t er liefern Hinweise. Es sind so Lanc elot (um 1210), Gotfr iedsT r is tan (1210) und der mit telniederländische Ai ol (13. J ahrh.)an zuffih ren .P") Von den Tierepen des 12 . un d 13. Jahrhundertse rwäh nen Ysen grimmus und das " Gedicht von den Vos Reinaer de"Jen Gebrauch des F ehdehandschuhs.':") Belege durch Urkundenod er and er e historisch e Que llen lassen sich im hohen Mittelalt ernich t beib ringen . Kur ein e Sag e be richte t, daß 1250 in Köln beieinem go t te sger ichtlichen Zweikamp f der Handschuh dem Gefof'd er ten zugeworfen wurde.' :") I mm er hin da rf man auf Grund desvorl iegenden Materia ls di e sinnfällige Verwendung des Handschuhsbeim Zweikamp f in Deutschl and als erwiesen ans eh en . In beso n­-derem Maß e gil t dies fü r die Niederlande, fü r di e auß er den au f­ge füh rten Dichtungen no ch im 14. Jahrhu ndert "En abe l sp ei vonWinter ende van Sommer" und de r " Roman von Heinriell endeMorgrie te von Limho rch" zu nenne n sin d.!" ) Aus dem Gesa gtenergib t sich wei ter, daB offenbar die lit erar ischen Werke als Medium

Ast e ine s Dorn busches), a n d essen Sp i ~ e d er H and schuh befestig t is t? Er h atd ens elben Zweck , w i e d e r Stab, um d essen Sp i\je tli e ui tla ges d d ungen ist; m an

soll scho n von Feme e r ke n nen , was für ein e Botschaft der Bot e bri ngt. Dornig

is t d er ASI, in Blut ge ta u cht der Hantlschuh, u m die en tschlossene, Ir0!li ge und

m uti ge Ab sich t zu verzehrend em und blu tig em Kampf zu zeigen ."13' ) ] . W. N 0 r t o u > K y s h e 3.3.0. S. 12 .

135) Lan ce lot I , 20585 : "Doe ging der herta ge saen an da t end e bot hem-den h and scoe d ae r ter s t at, di en h e r W ale wein da er on tfiu c."

Tristan v . 6458 : "sillen han tschuoch zöh er ab e er b öt in Mo ro lde dar".

Fragrn. d. mnl. Aio l h g. ]. Ver d a m 371 : " Ie wi lle cam p gegen h emIicbb en r-n tle bi ede ns hern den h an tscoe."

'30) Ys e ngrim m us (hg. E . v : i g t) U I, 113 1: " nunc que du ella rum chiro­

th' lI:u Cl p il lc us a r r arn p ro ponun t'"; Will em s Gedicht Von den Vos Rein aerde

!o ll. K !\l u r r i 1\ ( P ad e rho rn 1874) U , 6739 f.

13' ) J. G. T I,. G r a es 8 e , Sag enbuch de s p re uß. St aa tes (G logau 1868)Hel. 11 S. -Ir..

1111) E il u),11 1 ~ p n l VOll Win te r e rc. v, 308, Roman vo n H ein rich end e Mo r ­

' ~ l l lll ll 111, v , ::%.

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Der Handschuh als H errschaft szeich en b ei der Wad iation 101

bei der Wanderung des Sinnzeichens vom West en nach D eutschla ndgedient hab en. Ander e Wege wir d es zwar auch gegeben haben.Sie liegen jedoch bis lan g im Dunkel.

Auch noch im sp äte n Mittelalter find en sich in Deutschlandeinige Spuren des F ehdehandschuhs . Eine Bilderhandschriftdes Brünner Stadtre chts aus dem 14. J ahrhund er t zei gt inein er Initiale ein e Darst ellung, di e sich auf die ü ber re ichungdes Hands chuhs an den Kampfricht er zu bezieh en sche iu t .l'")

Im 15. J ahrhu nder t sind weit erh in noch zwei Selmeizer Be­lege in der Berner Chronik des C. Jus tin ge r und imRing des H e i n r i eh W i t t e n w e i l e r aufzuzähl enYO) Ausdem gleidlen Stamme sgebiet stamm t ein e N achr ich t üb er denF ehdehandschuh in der Zimmernschen Chronik.!") Schließ lich wirdauch im Simp licius Simpiicissimus der Handschuh noch als Kampf­p fand genaunt.1

" ) Di eses Werk m acht schon den Anf ang zu denzahll osen Erwähnungen des F ehdehandschuhs als ein es der volks­tümli chst en Rech tszeich en in den dichterisch en Werken der Neu­zeit.

Bem erkenswert ist , daß sich der Fehdehandschuh besondersin den Nied er landen sehr eingebürger t zu h aben scheint. Denn imsp aten Mittelalter ha t er dort noch in mehrer e Stadtrechte Ein laßgefunden.14J

)

I n E ng 1a nd soll der F ehdehandschuh durch die No rma nne neingeführt worden sein.1H

) Leider läß t sich für diese an sich seh rwahrscheinliche Annahme bi sher noch kein unmitte lbarer Beweisvor legen. De r frühest e b isher erbr ach te Nachweis geh ör t erst dem14. J ahrhundert an . Im Jahr e 1327 wird näm lich zum ersten Male

13Q) v g]. K. v . Ami r a , Bi ld erhandschriften a .a. Ü. BtI. II , 1 S. 291..

" G) R ing 45 d ; Dern er Ch r onik d es G. Ju s t i n ge r hg. G. S t u der~, (B e rn 1871) S. 'fiS. .'

J<I ) h g, Ba ~ad< a.a.O, na. I S. 368.1") Reclam Aus gabe S. 214-16.

1<3) St ad tboeken von Zwolle hg. A. T el tin g (Zwolle 1897) Bd . I S. 12:"Item de gh ene, die 10 campe gheladen worde of dien die handsche gebood en

wer e d a t hi med e to cam pe geeyschet worde" ebd. 111, 171: "weer t d at enich

ons e burgher ene n and ercn ons en burghe r 10 cam pe lued e of eu en hanschen

boo d e, dae r hi uc tu edc 10 ca m pe cyschede , of en en cam p op hem ve rb orgb ede",De oudst e r-echten de r s tad t Dordreeht ect, hg. 1. A. Fr u i II (s' Gr aven h age 1882)Bd. I S. 294 anno 1450 : ..Dane H Bar tontsso en .. . h af't .. . in de r camer eenen

onsen po or rer camp wo erdcn an gesprok en, end e heHt heme med onst andelikewo er den een han t sco e wille n hi ed cn."

I'. ) J. W. No r t o n - K y 5 h e 8.a.0. S. 13 .

Page 62: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

102 Ill. T eil: Der Hun d schu h als O trjek t vo n I\ edl tsf orm cll

d er ,.Ch am p ion of th e K ing" er wä hn t. " ') Die Aufgab e dieses Am­tes hcsra ucl dar in , d aß de r Inh ab er d es Ma uors Scr ivelsby als Vor­

f'ccht c r des K ön igs n ach d er Krönungsze r crn onie vor dem P or ta ld er W'e ~ tmins t e rab t ci, spä te r in W es tmiuster Hall, vor der K önigs­t af el, in voll er R üst ung zu erscheinen h att e. Er wa rf d ort sei nen

H an dschu h zu r Erd e un d er k lä r te sich ber eit , alle n Zweifl ern durchZweik am p f, a lso du r ch Goltesurteil , zu b eweisen, daß der soe be ng ek rönte K önig d er r echtmäßige H errscher En gland s se i. Tm Jahre

1327 wird nu r das Am t des Champion genann t und zwar als imH erk omm cn b eg ründet. VOll ein ern H andschuhwurf erfah r en w irerst im J ahr e 1377 b ei der Krönung R i ch a r d s IJ.lJ6 ) Bei dieser

K rö nu ng tr at n un a u ch ein e Verwirrung ein. Man sagte n ämli chd em I nhab er d es Am tes, er so lle es ni cht gle ich nach dem Fei er­

li chen Ak t, son de rn sp ä ter ve r sehen . Er walt ete desh alb sein esA mt es ers t b eim K r önungsmu h l. Un d bei dieser Sitte is t es auch

fern er geblie be n . N och bei d er Kr öuun g Ge 0 r g s I V. erschie nd er Cha mpion. D ann wurde je do ch der Brauch ni cht m eh r ge­ü bt."') - An dere B elege f ür den Gebrauch des F ehdeh andschuh s

s ind aus Engla n d m erkwürdigerweis e v om Beginn d er Ne uz ei tiih erliefc r t. B e c k n ennt solch e Fälle aus den J ahren 1571, ] 631,

J 638 und sch ließ lich sogar n och 1818.Aus Englan d h ab en wir au ch die früh est en Zeu gni sse für den

'Gebr au ch des Hands chuh s als Pro z e s S u :1 I p f an d. Es h andeltsich hi er - wie wir be r eit s geseh en hab en - um eine Wad iation

h eim Prozeß, durch die d ie Parteien dem Richter od er sich gegen­s eitig die Vornah me ~erich t l ich e r H an dlungen verb ürgt en ." S) Aufdi e na h e Ver wandtschaft diese r F ormalitäten mit d em F ehd eh and·schuh wurde ebenfal ls h in gewi esen.

AI:; P ro zes sua lp fa n d tr i t t uns der Handschuh zu er st im " Song-o f Derm ont an d th e Earl " , einem Werk des 13. Jahrhunderts, en t­.geg~n . l ''' ) Ein anderer Beleg find et si ch in eine r n och nicht ge druck t

14S ) J. H. R 0 u nd, Tb e K ing s s er je an ts and o fficer s of Sta te 3.a. O.

S. 378 ff ; Erg ä nz u ng en b ei H. G. R 1 e h a r d 6 0 n und G. O. P a y I e s , Ea rly

-Coronation Rec ords Y: So me Co ron a tion Se r gea n ties, in B ull etin o f th e I n­

s ti t ute oi h ist or. R es ea rch X IV, 1936 S. 4 f.H6) L e g g, Eng lis h Cor on atio n R ecords a.3.0. S. LXV.

"') ebd.H S) s. O. S. 96 Anm. 116.1<9) J. H. R 0 un d , Th e Commun e of Lo ndon (We stm in ster 1899) S. 153 f.:

"E Morice a sun gu ant pl ee,A so n se ign u r lad baill c,

11

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Der H an d schu h als Hc rrsclta f tszc id\c lI bei d er i\ ' ad iat ion 103

vorl iege n de n H andschrift des 14. J ah rhu nderts : " h e shall wage hi sl aw w i th his twist cd glovc (Je SUll gaun t p lycc) ." 'SO) In dieseu Zu­

samme nh ang gehören au ch die H an ds cliuhgabcn , die in Englandder Begne diglc dem R ich ter darzu bri ngen h atte . E in ers te r Bel eg

dafür stamm t vorn J ah r- e 1402 , weit ere ge he n bi s ins 17 . J ah r­h un der t h in ab . ' S1) Sp ure n des Prozessualpfandes h ab en sich in.Engl and bi s in d ie Ne uze it erh al te n, denn im N orden des Landes

ist es angehlich n och je!) t üb lich, daß der Angeklagte dem R ich ter

weiß e Handschuh e zu kom m en läß t.15

' )

Spütmi ttelalterlich e N achweis e des Prozessua lpfandes H and­

schuh liegen eben falls aus D e u t s c h i a n d und de n b en achbar­ten N i e d er I a n d en vor. So b esagt ein e Qudle vo n 13-l8, da ß

man vo r dem Lütti ch or Fried ensger icht K lage erhebt " chiroth eeamt en ens in rnanibus" .Jr.") Zeu gnisse au s dem wes tliche n Deutschland

b iet et vor (I lle rn d ie Arnsb erger Refo rma ti on der F ehmger ich tc vomJ ahre 1437. Hier mu ß der F reischöff e, der ein Prozeß gelöbnis ab­

legen soll, mit einer darüb er ansges te ll te n Urkun de, " myt gefal denhanden , myt eyme gron en eue e, m yt twen wit t en h ansdien indm it eyme k oni ges gulden" vor d em Gerich t ers che inen. ':") Ahnlieh

Quen s a c u r t add resse re i tDe q u an t q uil m esp ri s a u ei t,

A~ e 7. Iun t r c plegeezDe vass a ls engl eis alosez."

" Le fiz es t ep he ne plei a s un gua n t

Al r ei le t en d i roei n ten ant :

D e qu an t q ue lu i sa uer a t r e t t e r

Lu i v od r a t rober t ad r esce r

En sa c~rt mult uolen t e rs

Par l a ga r de de t uz sez p er s

Asez l e p l egeren t er r an tFra n ce is, flnm engs e n o rrna n d ."

I SO) Br it ish l\Iu sellm E g er totl 656 fo!. 188 b vgl. P ub lieat ions o f th e SeId en

Soeiety Bd . IV: F . W. J\[ a i tl a n d an d W. P . B a i I d on , T he Court of Bar on

(L ond on 1890) S. 17 ; wei t er e B eleg e au ch: New En gl ish D ic tio n ary hg,J . 111 n r r a y na. IV (Ox fo r d 1901) Bums t . G. S. 233.

J51) C. W. H a z I i t t, F ai th an F olklore (Lon don 1905) S. 276 ; ande re

Bel ege von 1456; 1465 ; 1623 ; 1662; 1676; 1692 b ei N o r t on - K y s h e a.a .O.

S. 34.1 5~ ) K I ö p p C r , Eng!. Real le >c . a.8.0 . Bd. I S. 1267.IS3) L. H ü t t e b r e u k e r , E in K am p f um d as Lüu icher Go ttesge richt, iu

A r eh. t. Urk uud enfor schu n g Bd . X I (1930) S. 267.154) P . Wie {; a n d , D as F ehm geri cht We5t f:l1ens (2. A uf! . H all e 1893)

S . 433 - vgl. M a y e r , Ei nkleid un g S. 48 - Ab wegig ist die i\l einuog vonCo n r a d Bo r ch i i n g , d e r den H an dschu h hie r als Bo ten han dschu h an si eht, .

Page 63: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

10-:1: III. Tei l : Dcr Handschuh als Objek t von Re cht. forme n

sind die Bes tim m unge n für e iu ':n Freisd ioIfen, der zu Unrecht VL·r·urteilt ist un d der nun den Beweis se ine r Unschu ld beihringeuwilL";:') Auch d er Prokurator ein es Fürst en, der vor dem F('hm­p:ericht angek lag t ist, hat die gleiche n Sin nzeichen am Arm zutrngcn. ':") Ganz deutlich wird der Sinn eine r almliclien Übe rzabedes H andschuh s in einer nied erdeu tsch en Qu ell e vom J altre 1502:" heHt Mev es da rumme den handsclio e ge legget un d wil P eterT om sen n ah es teu dinge to r echte st aen."IS' ) In den Süden fü hr tendl ich noch ein Schweiz er Weis tum vom Jahre 1511, da s wie de rumJic Be de utu ng d er Übergabe des H ands chuhs k lar erkenn en läßt:,.We liche r dem an de re n zu sö lichen jargerichten ein fert igungtetc .. . soll d em richter , so dun zu gericht siß t gebe n fünf schi l­fin g h ali er ode r ein p ar h entsd1Uoch .' '' ~ S) Aller dings sp rich t sichhi er schon ein sp äte r Zu st and darin au s, daß Geld an die Ste lledes Sinn zeichens treten kann.

Bei dem bi sh er beh andelten Formalismus der Ve rlo bung undd es Zweikampfs war scho n durch di e Bezeichnung des verwende te nR echtszeichens als W adium der Zusammenhang mit dem Akt derW ad iati on ganz deutlich . Weniger eindeutig ist die s bei ande r enR echtsb r äu chen. D och sp r echen, wie wir seh en werden , sachlicheGründe dafür, daß au ch hier die W ad iation als Aus gangs pu nktgedie n t hat .

H ie rher gehört beispielsw eise der Brauch, daß K r i e g s ­g e fan ge n e sich durch Übergabe des Handschuhs in di e Gewaltde s Gegn er s gebe n . Für die se Verwen dun g des Kleidungsstückes istauß er seiner sonstigen B en utyun g als Wadium sicher auch noch vonBedeutung gew ese n, daß es ein lei cht zu bewegender Teil der ritter­lich en Rüstung war. Belege sind aus dem spä ten Mittelalter ausFrankreich, England und Deutschland beizubrin gen. In der fürFrankreich so unglücklicheri Schlacht von Poitiers im Jahre 1356überreichte schließlich der franzö sische K önig J 0 h an n H. demDen i s deM 0 r b e c seinen Handschuh und gab sich so ge f an ­gen. I~9) N aeh einer en gli schen Verordnung von 1385 ist der Ge.

vgl. R echt ssymbolik im germe n isd icn u nd r omisch en R echt (Vor tr. d, Bib1.Warb ur g )923/24; Leipzi g 1926) .S. 288.

15~) W i g an d, F ehm gericht a, a.O. S. 435.153) eb d. S. 285.151) S e h i 11 er- L ü b b e n, Mitteln ied erd eutsches W. B. a.a.O. B d. Il

S. 200.15S) Schwe iz. Idiotikon a.a. O, Bd. V II I S. 466 : H ofrodel ...on F ischent hai

be i Züri ch.

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Abgabe zur Aner ken nung von Lehns - \ 1. H öri gkei tsv erh ältnissen 10 5

frmgerie ebe nfall s zur Üb er gab e des Ha ndsdm hs, der hier sogarau sdrücklich als "gage", also Wadium bezeichn et wi r d, zu ver an­lassen. l" ) Das gle ich e wird von A n t 0 i n e v on L ux e rn bur gim J ahre 149 9 ber i.chtet. ? "] Und 1525 er klä r te sich Fra n z 1. inde r Schlacht bei P avia au f dieselb e W eise zum Gefangellen.'6~) InDeutschl and wir d der Bra uch zwe imal vom J ahre-·1-162 b ezeug t. ' ;~)

Endli cli da r f angc no m me n wer den, daß di e zah lr-e iclieu Fä lle ,in den en H and schuh e als An e r k e n nun g s gab e gege be n wur­den , gleichfalls dem Akt der W adi ation nah e ver wandt ode r von

ihm abgele ite t sind. Ihnen wenden wir uns jetyt zu .

4. Kapitel

D er H and s chuh a l s Ab g ab e zur Ane rk en nun f!

vo n L ehn s- und H öri gk eit sv erh ältni s s en

Va h ältnismäßig h äufig erwähn en Qu ell en des h oh en Mittel­alte rs den Handschuh als Ab gabe bei Lehns- und Hörigk eitsver­h altn issen. Im all gem einen wurden dem Grundherrn se lche Ab ­gabe n aus zwe i Gründen gege ben . Erstens di enten sie als reine

1 ~ 9 ) J. B. Pa ei e he l l i, Sdi ed iasrna J ur id ico .Philol ogieum (Neapel 1693)

S. 264.160) St at ut es, ordonnan ees and cus to ms t o be obs erv ed in th e arm y ( vgI.

Vi. K 11 0 r r , Das E hre nwor t Kr iegsgefangen er in seine r rechtsgesch. EOlwick­

lung; Gie rke Un te rs. 127; Br~51.u 1916) S. 36 : "Si au cun p re n t un p r isone r,quil pr eign e sa foy e t aussi so n ba cyn et ou gaunt des tre de li en gage e t oigne

, q' i! l i a d ensi p r is, ou q'i! l e Ia issc en gar de a au eu n de so ens."

161) B ai u z e , Pr euves de l'hist oire d' Auver gn e 3.a .0. Bd. Il 5. 464 :"Fidem su am e t in illius signum man um suam dex t ram e t ch iroth ec am ej us­

dem eid em d e B e!b ezin in t r ad endo r cdd id eri t."

162) A d am R e i ß n er, Hist or ia der Herru Georg un d Ka spar v . Fruuds­

her g hg. K. S e h 0 t t e n lo h e r (Vogtlä n de rs Qucll enhüche r 66) S. 60 : "und

h at dem Haru lsch-Ha o ds chn h zum Zeich en der Ge fangnusz ge be n" .

l6a) Lübeckisclie Chron iken Bd . IV S. 312 (Chron. Deutsch er Stä d te Bd . 30;Leipzig )910 ) ad annum H62: ..do ch herr ege Wilhel m (der ä lt ere von Brau n­

schweig ) stu nd ern e n ene ven gn isse to unde wol de nidrt ynkom en; n ochtanhadde d e guder ha nd e m an synen h alsbant unde enen wa pen handsch en, de hevon h em nam to war t eken, do he em e dach ga ff upp e den velde." - In derSchlacht hei Seckcnheiffi gib t sich Ulr im von Wü r tt emhe rg durch F aus tko lbenund Bl ~chhandgchuh in Gcf ang ens m af t vgl. P . F. S t ä 1 i n . Ceseh. Wü r ttem ­

b ergs (Gotha 1882) S. 647 .

Page 64: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

106 III. Tei l : De r Handschu h als Ohje k t von R ech tsformen Ab gah e Z1I r Ane rk eunung von Lehu s- u. H örigk eitsver h äl tn issen 107

S a ch 1 i c f e r tr n g für dic iib r-rlasscne Nllt5ung von C u te r ri. ':")

Lweitells konnten sie aber auch den Zweck h aben, als An e r k e n ­

n u n g s fl; a b e fü r das Ab hangigkeitsvcrha ltn is zu dienen.Der Handsch uh darf wo h l kaum zu der ersten Gr up pe ge ·

re chn et werclen. E r k ann n u r de n Sinn ge ha bt hab en , das Ab­h ängigk eitsverhältn is sinnfä llig au szu d rücken . Eine E rk lä rung in

einer anderen Ri chtung h abe n aller diugs die fr an zösischen Forscherdes 17. Jah rhu n derts ve rsucht, und .n eu er e Ge lehrte h ab en sichihn en anges ch lossen. I.") Man w oll te n ämlich elie b ek annt e Verwen­

dung J es H an ds chuhs als H errschaftszei chen b ei der Eigentums­üb er tr agung mit de r hi er in F r age st ehe n den in unmitt elb ar e B e­

zieh un g segcn . Un d zwar gla ubte m an annehm en zu müssen, daßder H and schuh, der u rsp rüngl ich als Rech tszeichen bei der Beleh ­

nu ng vom Leh ns her r n dem Va sallen gerei cht wurde, nun aus Grün .den des materiell en V ort eil s u nd we il m an den alten Brauch nicht

me hr vers tanden bab e, vo m V asall en als Ab gabe ge fo r de rt w ordense i. Di ese Deu t ung w ü r de vielleicht b ei den H andschuhgab en , diebei W~ite rverleihungen de m H errn d arzu bringen w ar en, n och m cg­

lieh sein. B ei den ab er ebenso h äufi gen jährlichen Abgaben r ei chtsie ni ch t m ehr aus. Die ge n ann te Erkl är ung lä ßt si ch au ch ni cht

durch irgendwelche Qu ell en bel egen ; vor allem spricht gege n sie,

daß ähnli che Ab gab en wie in Frankr eich auch in Deuts chland, denNi ed erlanden und Engl an d n ach zuwei sen sin d. D aß in diese n Län­dern zur gle i chen Zeit di e gleich e sinnwid rige Verän derung des

alten Brauches eingetreten sei, ist woh l k aum an zu neh men.Untersuchen wir nu n zu nächst di e f r a n z ö s i sc h e n Que l.

len , die wie der um al s ers te den Handschuh als Abgab e erwähnen .

Schon in eine r Schenkungsurkunde v om Jahre 1066 aus B elgisch­Lu x emburg w erden unter den ab gelieferten Zinsabgab en auchH andschuh e ge nann t.t") Nähe re Angab en über Sinn u n d F orm der

15' ) E in e Z u samm en st ellung de r Abgab en b ei J. G r i m m , RA a.a.O, B d. IS. 495 ff. ; z, flgd. vg l. R. H ol t z man n, Franz. Y erLgesch. (IIIün chen 1910)S.24.

16S} R ag e a U - d e L au r i e r e , Gl assai re Bd. I S. 526 sp ä te r: C ha 6 •

a a n , Symboliqu e du d r oit a .a. Ö. S. 227; G . R e ge l s p e r g e r , La in Gran de

Encyclop edi e na. 18 (P ar is 1386 H.) S. 457.166) Marrene, Amp lissim a Ca llectia a.a. O. Bd. I S. 472 E pistula Arnulfi

Com iris Chini a ce n sis d e funda tiane cell ac in vill a P yr o rum sub Anrl ag iens is

m onu ster ii Saneti H ube n i administra t ion e (St . H ub ert A rden nen) : "Decima m

de S. H ilari o et de War e, d e am ni in d omini calu , de silvi s ind ominicat iY, .;.:

se'l' te r.gia, de f u r no, d e eam his, u e sat ula r iblls el d e eyr ot h ecis."

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Ab gab e werden allerdi ngs hi er leid er nicht gem acht. Deutlicherwird dies ers t durch eine Cha r trese r Urkun de vom J ah r e 1100, ind er es h eißt : "si ver o vo lue r it (de r L ehnsm ann) eam (das Leh m­gu t) aliis ad cen sum tr adere, t ot um incremen tum censu s nestrumer i t, sim ili te r et vente e t gan ti. " !" ) Der Lelmsm ann k onnte al so sein

Lehnsgut we ite rgeben . Da für mußten dann dem Her rn eine b eson­

dere Abg abe und H andschuh e gegeben werden . W er diese H an d­schuhe zu ste ll en hatte, bl eibt hier n och unklar. Empf äng er die se r

Gabe wa r m eist d er " maior" des H errn, wi e schon eine wen ig jün­ge re Urkunde au s Char t res zeig1.16S

) Der gleiche Zu st and wird durcheine größere R eih e vo n Belegen aus dem No rden und der Mitt eFrankreichs b estätigt .' 6g

) Erst in den Bestimmungen der Cou tum es,

di e in d en m eisten F äll en die Ab gab e vo n " vente et gan ts" aufge­nomm en h aben , fin det si ch die klare Angabe, da ß der E r we rber desLeh ens die H andschuhe d ar zub ringen ha1. 1

'0

) Di ese Ta tsache ist

ins ofern wicht ig, als dadur ch die immerhin mögli dle Meinung, daßb ei den We i terverleih ungen der ursprünglich e B esiu er des Gute sdurch Zurückgab e de s Handsdwhs das Lehnsverhältnis auf le se,wid erl egt wird.

Auß er di esen Abgab en von H andschuhen b ei W eite rv erleihun­

~en k omm en in Frankreich auch jahrlich e Leistun gen von Hand­schuhe n an den L eh nsh errn oder an seine n Ste llver treter vor . Eslassen si ch bisher zwar nur zwe i Nachweise au s dem 13. Jahrhun-

JH) Ca r t . de SI. P ere d e Ch artre s a .a .Ü , na. Ir S. 345.

16S) Car t. dc St. Pere ue Ch ar t res a .a.Ü , B d. Ir S. 485 arm o 1101- 29: " de

eod ern m ai or a t u in ves t iv i . ~ . . Gannos suos c t disl rielur as in eadem terrah abe b i t ,"

IG9) b ei Du e a n g e , Glossair e Bd, Ir S. 310: anno 1172 lJr~unde d es

Th ibaut d 'Heilly Bis cli, v, Am ien s ; ann o 1212 Urkund e aus dem Tab ular v ,

Cha rtre ~; arme 1225 eb d ., an no 1219 un d 1232 Urk. aus dem Carl. Y. S. Me­d ard in Soi sson s, arm o 1230 Urk un de au s R eims; aun o 1238 Tab ular v. SI. D enis ;

ann o 12·f3 Tabul ar v, Fo igny h. La on ; an n o 1205 Tabular v. Notre Dam e de

J osaph at , Urkun de aus Am icns oh ne Datum; W eit ere B el ege be i Fr. Go d e ·

fr 0 y , D ic t. de I'a nc ie nn e l angu e fr ane. B d. 4 (P aris 1885) S. 217 ann o 1279;1447 ; 1528.

J70} Di e Abgabe vo n Handschuh en find et si ch in folgenden Coutumes :

C. de Senl is ar t . 246; C. de V alai s ar t. 13; C. de Orlean s art. 107; C. Monrar­

gis chap . Ir , ar t , 4 ; C. de Ch ast ea u N euf art. 48, 50, 52, 91, 147 , e. de Car ­

tres ar t . 21, 46, 47 , 49 , 78 i C. d e Dunois ar t, 34. H.; e. d e T ours ar t , 112; C. de

Be arn Ti t , I art. 2 1; e. de Lorris; II . Liv r e des Tenures Ch ap . 5. Be i J. B 0 u .

t i [ 1 i er, Somm e rural e, werd en we iße Handschuh e aufgeführt. vgl. R a ·ge 1\ U • cl e L a u r i er e a.a. O. I S. 526 f.

Page 65: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

108 IH. Tei l: D er Handschuh a ls O bje k t vo n R echt sformen

dert b eibringen. D och ist gle ich der ers te aus dem Ch ar t ula r von

Friardel für unseren Zusammenhang V Oll e rh ebl iche r Bedeutung.

E s wird n ämlich dort f ol gendes ges ag t: " En I' an de gra ce121 3 ... ga ja Pierres R ogier au p r iou r e au co uven t de saint

Cyre de Friar d el un ga nz de r ente cle l"avaine de trois de­

ni ers."!"] Die B ezeichnung f ür das Ü berrei chen des Hands chuhs

is t also nach d iesem Ze ugn is " gaje r ' ·. Das gle iche 'Wor t k om mt

aber au ch sonst - wie 'wir ber eits f eststellten - bei der Wadia ti on

als Benennun g für die W etthandlung vo r und ist ja au ch etymo lo­

gisch vo n wadium abzuleiten . Hier ist als o einm al die B eziehung

zw ische n der Wa dia tion und d en Abgab en ga nz deutlich . Ähn­

lich wie bei de r schuldrechtlichen W adia tio n .der Schuldner durch

ü berg abe des Wadiums eine b edingte H errschaft des Gl äubigersüb er sein e P er son ode r sein Ve r mögen an erkannte, so wi r d durch

die Abg ab e des L ehnsmannes das R echt des Le h nsherrn zum Aus ­druck gebr ach t.

Schon in der Zeit, in der unsere Quellen ei ns etyen, wurd e in

Fran krei ch o ffe n bar de r Sin n der Han dschuh gahen n icht m ehr voll

ge würdig t , denn m eh rfa ch tr at an ihre Stelle eine Geldzahlung. In

d er Folge wurde bis in s 18. J ahrhundert hinein dieses Geld ein ­

gezo gen. Doch di e Ab gab e wur de n och immer " Droit des gan ts"gen annt .!")

Auch in En g I a n d lassen si ch jährliche Ab gaben von H and­s chuhen n ach w ei sen. Dieser Braud l dürft e wo h l wi ed er durch di e

Normannen eingef üh r t worden sei n . D as früh est e Zeugnis stammt

vom Jahre 1200 aus H ertford. l13) Mehrere ander e U r k un den des

13. Jahrhund ert s, darunter sogar ein e aus Dublin, ergebe n, daß

meist ein Paar H andschuhe von w eiß er Farbe dem Lehnsherrn

gegeben wurden .17' ) B esonderen W er t h at eine Urkunde, die 11 a t -

17l) vgl . G o d e f r 0 y , Diet . 3.3.0 . Bd. I V S. 217 ; we iter es Ze ug n is Re­

cu eil de s Ak tes des com t es d e Pontie u (Co I!. d. Doc. ine d.) S. 601 ann o 1270 :"p e r unurn p ar eyro techarum valor is qua tu or dena riorum p arisiensium de se r­vi ti o airi g ul is an n is in f est o s an ct i R em igii r eddend arum."

1," ) Rag e a u . d e La u r i e r e a.a. O. I S. 526 f.

173) bei No r t o n - K y s he 3.3.0. S. 27 ff aus Seld on So c, Publi eat ion s

Hel. III f. d, Ja h e 1889 (Lon do n 1890) : Se le ct Civ il Pl ea s hg. W. P . Bai I cl 0 n:-i. :,6 Pln cit on 56: " he b ecame t h e m an o f hi s broth er so that n e sho u ld payh illl YllRrl y olle pai r of gloves a t P ent eco st " {übe rs.),

m ) P ub l, of the Pip e-R oll Society B d. XLI X. (New, Se ri es Ed. X I ; Lo nd on1!):1O) I 'I'hc mc uro r and a Ro ll (1230-31) S. 62 : Gis le be rtns Basset tu!it ad scac­

l lll l'hllll unu ru p a r ci co t ecar um gr is earum p ro t err-a sua de Su lt on" ; ebd. Bd . 53

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Abgabe zu r An erk enn u n g v on L eh ns- LI . Ho r igkei ts v er hä l tni ss eu 109

t h eu 5 P ar i s übe r lie fe r t, da sich in ihr eine Angab e üb er den

Sinn der H an dschuhgabe fin de t: "redden do m ih i ... unum p ar alh a­

rum ciro thccar um vcl unum obo lum, scilice t ad Pasca, p ro omni ­

bus se rv i tii s, co ns ue tu dinibu s, ex ac tio nib us e t qu erulis sectis etdeman di s ad m e ve l h aeredes m eos p ertin entiis.' ··7,) Es wi r d also

best ä t ig t, da ß auch hier wieder das R echt szei cheu zur An er k ennung

der Rech te des H errn dien t. Es wurde zu diesem Zwecke in Engla ndbi s zum A usga ng des Mittel alters verwen rlet .i") Ja in diesem

Lande, in de m alte r Brauch, gera de we il e r alt und se ltsam is t,

ge p flegt wir d, ha t der König, cler seit dem Mitt elal ter zuglei chH erzog von Co rnwall ist, n o ch im November 1937 vo n Ger a 1(1C u r g e n v e n als se inem T en ant in L aun cest on ein P aar weiße r

H andschuh e üb erreicht be k omme n - es war da s ers te Mal seit den

T agen Karls 1., daß ein H errscher diese B esigung in Co rnwall zu

h esu chen und diese so wie an de re altertümliche A bcab en zu l·rnp·fangen Ge legenheit fa n d.' 77)

Im gle ichen Sinn e wie in E nglan d und Frankreich wer de n in

D t u t s c h I a n d den Leh n sh errn H andschuh e dar gebra ch t. Zah l­

r eiche Beleg e d afür en thalten d ie schwabis ch-alemannis clien und

di c fr änk is chen W eis türn er vom B eginn des 13. J ahrhuncle r ts an.

D en Anfa ng macht in Schwaben ein F r agme n t des W eis tum s

vo m Dingh of in Leb era ch aus dem 13. J ahrhund ert, n ach de m die

H örigen Filzhut un d H andschuh e abgeben m iiss en. !" ) Der gleiche

Zins läßt sich 13 28 in eine r Schweizer Urku nde nach wei sen.119) U n d

im Jahre 1332 ve rleih t die Äbtissin von Züridl den Zehnten .von

Altdorf, wo für der B el ehnte ei ne n jäh rli chen Zins v on zwe i w eiß en

H andschuh en en tr-ichte n so ll.!" ] 1341 gebe n die Berner di e Burg

Diemtingen den Gpafe n vo n W eiß enburg .zum L eh en , und di ese

(Ncw Se rics DJ . 15; Lond on 1837) S.269 (a nno 1203) Ess ex und H ert fo rd ­shi r e : "e t i ps a C. [o ns t an t ie] d eb et un as alb as ci ro thecas p e r oun u m p r edi ct o T.[omc) et h cred ihus suis de t er r a q uam r et in et ". - Weitere B eis p iele bei Be c k

3.a .0. S. 200: anno 1240 OJ J ing ton ; ann o 12.11 Chip t ou on Cherwe ll 1 P aar

weiße r Hs.; anno 125 0 Sw aby 1 Pa ar Hs. ; an no 1250--60 1 Pa ar Hs. ; an no

1258 D ublin 1 P aar ; weit er e 1260 un d 1290.

175) Ch<- onika Majora a.a . Ü, B d . V I S. 421: anno 1259 St. Al b an s.

176) " gl. B e e k a.a. O, S. 197 d or t eine N aehr icht von 1589.

177) B er ich t d er Tim es vo m 25. Novembe r 1937 S. 16.178) J . G r i m m , Weistü m er a.a.O. B d. IV S. 263." 9) F onl. rer. B ernes . B d . IV (Bcru 1877 ff) 5_ 664 f.180) Sch wei z. I d iot ik on a.a.O. Bd . VIII S. 46 7.

Page 66: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

110 Il I. T eil : Der H~ n cl.d l1l h als Oh jekt von R ech ts formen

hab en al s Leh en sanerkenn ung de m Schult he iße n von Bern jähr­lich zw ei weiße H andschuh e zu schicken.!"] Im gleich en J ahre muß

ein D ienstmann dem Waibe l d es Abt es von St. Galle n vor Gerichtein P aa r Handschuh e als Anerk ennung d er L eib eigenschaft üb er­reidicn .i" ) Derart ige R eichnisse von H örigen werd en in der Schweiz

öfte r er wä h n t. W enn es sich um L eib eigen e ein es K losters h an­de lte, wu r den sie m eist au f d en F ro na lt ar der betreffend en Kl oster­kirche ge leg t .18

" ) We nn die Leibeigene n etwa in eine Stad t zogen,wa re n sie auch noch we ite r ve rp flichte t, H andschuh e zu schicke n.l'")

Schwer zu en t scheiden ist es, ob auch da s Weistum von Tanneggund Fischingen von 1432 in diesen Zusammenhang gehör t. Es be­stimmt, daß ein H öriger, der von se ine m H erru schlech t und un­

ge recht b ehandelt wi r d, di esen verlassen kann " un d wer, daß aimals no th b esch ech, daß er an ein b eschlo ssen zwing käm, m ag er d en

a in h endsch en oder anders, so er an sin em lib trait, üb er das zwingin w erfen, so soll und mag man in da selb st schirmen und hal­t en ".' l.,) D er Handschuhwurf kann vielleicht von den h ier ge­

n an n te u Anerkennungsgab en der H örigen ab geleitet werden.

Eben so gu t kann man allerdings auch an eine An alo gie zu der Ve r ­weriduug des Handschuhs b ei E igentuIDsübertragungen denken.

Di e Zeugniss e au s de m fr änki sch en Gebiet se tyen später ein ,b ew eisen ab er im üb r igen d en gleiche n Tatb est and. l"] Aus dem

I SI } B ern er Chron ik v. 1341 hg. v , A. Ja h n vgl, auch Schweiz . Idi otikonebd . Bd. VIII S. 467.

18!) J . G r im m , RA. a.a .O , Bel. r S. 210: " do war t er ta il t mit r echt ge­samno te r urt ail , daz d er se lb Uol rich VO n Ainwile dem vorg. wai be l, an minesvo rg . des abt es stat vo n SI. Ga lle n, vo r ge ri cht mit zw ai en h and schuohen

d ien o t i, da s tet ouch der se lb Uo lrich" weit ere Beispi ele : Be ro mü ns te r 13,14 undö ffn ung von W ie dikon (15 . Ihdt .) vgl. Schw eiz Idioti kon a. a. Ov: WÜrtl . Vie r ­

tel j ahresh eft e Bd. XIII S. 140 : Leidri n gen ( Am t Sulz) 1399 ; Fü rst enberg. UBhg . S. R i e z 1 e rund F . L. Ba u m a n n (Tübingen 1877 fL) Bd. VI S. 427;anno 1460; Mitt . d. Fürst!' Archiv es zu Don au eschingen hg F. L. B au man nund G. Tu m b ü I t (T übingen 189 4 H.) Bd. II S. 191 : anno 1573.

183) H. Z ell er- W e r d m üll e r, Zürich er Sta d tbü che r (Le ipzig 1899 H.)na. II! S. 198: anno 1449.

18<) Schwe iz. Idiotikon B d . VIII S. 467 : To ggenburg 1559 : "we lche r ina in s t a tt zii cht, der so ll dem go tsh us all e jar ai n p ar hent sch en ode r aih schill in gpfeni ng und auf d em l and ain hu on geh en " .

1 8~ } G r i m m , Weis tümer B d. I S. 273.

IBÖ} J . G r i 0\ m , Weist üm er B d. VI S. 705: Lendersd orf (b. Düren)16. JI l/IL. ; ,·!,d . Dll. Ir S. 6-1,7: Ah rwe ile r 16 Jhd t. ; eb d. B d. II S. 362 : Uer aig1;' (,;,.

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Abga be zur Au erkeunu ng von Leh ns- u, H ör igke it sve rh ält n issen 111

übrigen D eutschl and liegt sons t nu r n och ein sp ät er Bel eg au s de mKulmbachischen vo r.!" ) Sch ließ lich sintl auch in J en Ni ed erb ntl ensclion verh ältnism äßig früh jährl iche Ab gab en von Handschuh enn ach zuweisen .!" )

In Deutschlan d wu rden ferner b ei W e i t e r v e r l e i h u n g endem Lehnsh errn Y OIl dem E rwe r be r des Leh nsg u tes H an ds chuh e

ge reich t. Di eser Bra uch wir d zuers t in einer schwäbischen Urkund evom Jahre 1392 genann t : " un d sullent denne . .. di e die soliehengu t ernph ahcnt in (d. h . den Leh enh errn) ze h antlon geben zwe nwiss hantschuch ode r ai n schi lling Hall er. " , ~g) Die Ben ennung der

Ab gab e ist h ier also " han t lon". In Schweizer Urk un den h eißt siemeis t "erschat" .'~ " ) Ein e wei te r e Aufhell un g des Brauches er geb endi ese Ben ennun gen ni cht. Sie bezeu gen vie lmehr, daß in jener Ze itd er Sinn de r H and sdm hgabe ni cht m ehr verst anden wurde. Des ­h alb war m an auch b est r ebt, an ihre Stell e eine Geldsum me tr eteu

zu lassen. Eine Reihe vo n Belegen liegt vor ; zei tlich r eich en siebi s zum Au sgan g d es 16. J ahrhund erts. Sie en th alte n indessenni cht s wesen tli ch Neues.!")

Offenb ar sin d auch di e H andschuh e, di e der Salmann mBayern seinem Le hnshe r rn üb errei cht , als An erkennungsgab e zuverst eh en .!" ) Auf ei nem Bilde, da s in se in er Urfassung wo hl au fd en Anfang des 16. J ahrhunderts zurü ckgeht, wi r d d er Vor gan gd argest ell t und durch eine Inschrift f olgenderm aße n er k lär t: " De r ­

maßen h ab en di e alten Fürsten ainen Bau ern die Salm anisch Ai gen

-,

187} Corp. Cons t, Brand. vKulrub ech T eil II Bd. I Sec!. 159 K ap. III Sect. 2

N u m , XX IV anno 17·17: " unse re n . . . be am te n . . . an zubef eh len, da ß siefüroh in die publ icier t e taxordnun g ge na u . heobach t en un d k ein e . . . un­erl aub te geb ühren, worunt er insonde rhei t die .. . hends chudtge lde r zu rechn en,a hfo r de r n,"

188) . K. S t a 11 a c r t , Glossa r iu m a .a. Ü. Bd. I S. 560 ann o 128l.1 8~} WÜrtl. Ce sch.quelleu . Bd . VII S. 336 E ssling en ; ähn lich ebd. S. 340

an n o 14 1-1.

190 ) vg l. Schweiz. I di otik on a.a. O. Bd . VIII S. 16-1,2.

191) chd . Eu. VII I S. 467 : Öff nung von Fluntern (b . Züri ch) anno 1400;Öffn ung von Kl ot en anno 1434; Re chte des Kl ost ers Ei nsie de ln in der ~[arch

1449 ; - G r i m rn , Wei st ümer a.a.O. Bd. I S. 144 : Öff nu ng von W iesend ange rn.anno 1473 ; eh d, Bd. I V S. 355: Erl enb ach ann o 1510.

19~) vgl. K. v . Am i r a, Sta b a.a.O, S. 21 Anm, 5, S. 83 ; Abb. Lei A. 1. Li­p o w s k y, in Abh. d. Ch ur f. ba yr. Akademi e Bd. 10 (Mü nche n 177 6) S. 293.

Amira gib t ge mä ß se ine r Theorie eine ander e Er kl är un-g des Symbo ls. - Gan zä hnli ch is t die An erk ennun gsgabe des Cen tg ra fen von Alt enh asl au an d enGraf en vo n H au au vgl , u , S. 113 Anm. 196.

Page 67: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

112 III. Tei l : D er H andschuh als Ob jekt von R echtsfo r men

und Lehen au f eine m wei ßen Pferd ve rliehe n, dagegen hat im derP aur zwen weisz H and schu ech ab eine m weiße n Stablein hinauf­ge re ekh t, n achm als h et derselb Paur die Leh en Edl en und Une dlenverlieben ."

Verein zelt k ommen im 15. un d 16. Jahrhuntler t in Deutschlandauch Handschuh ab gab en b ei der Ve r e he 1i ch u n g v o nH ör i g e n vor. Sie wurd en wie der dem H errn od er seinem Ste ll­'Ver tre te r als Anerk enn ung seiner Rech te gege be n. In de n m eist enQu ell en wird das Reichnis scho n als r eine Sachlief erung aufgefaß t,die auch durch eine Gel dsumme abgelöst werd en kann. Doch er­in nert eine T h urgau er Urkunde vo n 1526 noch einmal an den ur­sprüng lich en Sinn der Ab gab e: " Wo ein person wib et oder mannetusser tha lb der un gnosse, sol sinem libherren zuo er kann tnuss deraigens chaft ain p ar heutsehen oder ach tzehn pfening dafür ze gebe nschuldig sin."U3) Meh re re an dere Nachweise des Br au ches lassensich aus der Schweiz und au s Schwaben beibringen. !") Weit er eBel ege finden sich in Westfalen , und merkwürdiger weise ist nochim 18. Jahrhu ndert im Ost en davon die R ede. ' 95

)

193) vgl. Schweiz. I dio tikon a.a .O . B u. VII I S. -1 68.10l } eb d. eine Nachricht au s To ggenb u rg an uo 1470: "Wenn ain gotshus­

m ann von Sant J oh an ns ain gotshus frowen zu der e nym p t, so so l dann de r­

selb sy roub en un d lösen vo m gors hus S. Galle n mit d ry schillin g p fen ningenun d ain par b endtsehu och" ; älm tid . 'Veistu m vo n Th an egg und Fis chin gen anno1432 (G r i rn rn , Weis tü m er a. a. Ü. Bd. I S. 282); Vertrag der Bodcuscck lös t er

auno 1560 (G r i m m ebd. Bd. Y S. 735) : " Wann ain st ift s- oder gotsh usma naus z disen d reizeh endh aJben go tsh eiiser n obgemelt ain weib sperson gero ubet,so h at e r sollen de m herrn so er si abgera ube t für den raubschill in g drei ball en,ouch ain p ar be ndschuoch od er aehtz eh en p fen n ig darfür ge be n und zale n und

d armit da s weib hinweggeroubet h ah en ."10:1) F re is tu hl ZU Os rorm c ann o 1505 ( G r i m m ehd . Bd . III S. 71): "d an

geb ö rt de m vrygrewen van Sois r van d em hußhern und brud tw e nigge han­schen. " - J 0 h a n n B e r n 0 u I ! i s R ei sen durch Bran denburg et c. (Leipzig117 9), vgl. B al r. Stud. N.F. Bd. VII (Sle tt in 1903 ) S. 83 : In Zipkow un d inKassubenl an d is t es B rau ch, " d aß ein M äd chen am Ta g der H ochzei t dem Gut s ·b er rn von ihrer Ar bei t ein großes P ar wollen Hand schuh ohne Fin ger über­

re icht " .

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D er Handadiuh als Ahg abe z. Anerken nun g einer Obrigk eitsgew alt 113

5. Kap ite l

De r H and s chuh a ls Ab g ab e zur An erke n n u ng

e i ne r Ge ric h ts - o d er a n de re n Ob ri g k eit s­

g ew a l t

Mi t den Han dschuh gab en der H ör igen oder Leh nsleu te an de nLehnsh errn st imm en sachlich ein e An zah l weit er er An er kennu ngs­ga be n übere in, die den Ri chtern od er den Ve r tre tern der Obrigke i tdargebra cht wurden.

HandsdlUhr eichuis an den Inh abe r der G e r i ch t s g e w a l t

find et sich in Deut schland h äu figer. So mußte der von Unfreien ge­wählte Ri chter des Nie de rger ichts dem L and esh errn als de m Inhaberder hoh en Ger ichtsbarkeit H andschuhe gebe n, wenn er bei di ese m um)'lie EinseBuug in sein Amt nachsu cht e. Di eser Br auch läßt sich imF r ank iaclic n und in de r Schweiz nachwc isen.!" ] Auch dem Richter

l06) Wei stum v. Alt enh asJau (G r i m m a.a.O . Bd . I II S. 411) anno 135·1:,. 50 soll den der ccnt gr af f . . . ge hen vor d en he rrn und soll ihn pit t eu, daß er

i hm e das amp t leyhcn und ihn besta t igen wolle uud so ll d em h errn gebenzw een wei ße von schc pse nle der ge mach te h andschuh e an ein em wei ße n sommer­

l ad en heß eln stahe, so 5 0 11 da nn der lie r r i bme das amp t leyh en ohne gold un dsilLer , so nde rn alle in mit dem stab, den soll er ih me wieder geb en." vg t jün­ge re s We istu Ul ebd . an n o 1-161 be i G r i m m a.a .O. E u. III S. 415 und von1570, in Er anie n z. deu tschen Re cht, hg. v, R. Fa l ek {He itle lbe rg 1828) S. 43.- A mi r a vers teh t den H and sehuh h ier als Botenzeichen, vgl. Sta b a. a.O. S. 31.

We iEluUl von Crbv e (U n te rmo sel ) aus dem 16. Jhd t. Lei G r i m m a.a. Ö.Bd, II S. 374: Die Schö ffen soll en mi t dem n eu gewählten Dln gvo gt VOr denAm tman n des Lehnsh errn gehen un d ihm die Wa h l mitt ei len ,. un d sullen als­d an mit ime br engen VI rn a r k in eirrem bu ed el od er henschen, un d die ge bendes l eh enh er r n aptmann ".

N ie 0 1 a i , De ch iro thec arum usu a.a .Ü. S. 98 (o hne D atu m) : " Wenn einn eu er Arn m an erk ohre n müsse er VOn d em ap te (v . Dissentis) exercend i juse rlange n und dem d agegen ein P aa r weiße H and schuh e da r rei chen."

Rech ts que llen d. Kan to ns Aarg au Bd . Y S. 264 an no 1683: "Wan d er Zur'zedi er marcht ein ende hat .. . sol uusc rs b erren von Cons tanz vog t zu Cling­n auw k omm en 111 " ] sol ei nem (eidgen.) u n dervogt zu Baden zu l e ~ i sche nk hen

sechs p aa r sperber h andschu i" ähnlich "Gründli che Behauptung der hoh enLa n desob rigkei t, we lche den en Löbl , R egier en den ey dge nöss isch en Or then ...iiber Bischö fI. Cons t an aisdie Privat ·Gü ter zustehet" anno 1713 : "Fü r d ie Üb er ­

tr aguug der Jud ica tur üb er Civil und geri ng e F reve lsachen " m uß der bi schöfl.Obe rvog t zu Kl ingriau d em Unte rvog t als Dien er d er (eidgen.) H erren Land­vög te ein Erk anntnll ß tun ; hinwiederum ist der Untervogt verbunden dem Ob er ­v og t v on dies er Er kän nt nu ß ei n pa nr H and schu ch zu schenken ", vgI. Schweiz.I di otikon B d. VIII S. 467.

Page 68: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

114 III. T r i l: Der H an dschuh als Objek t von Rech lsform en Der H an dschuh als Abgab~ z , A ne rke n n ung eine r Ob rigkeitsg ewa l t 115

selb s t wurd en ve rs chie de n tl ich Handschuhgab en zu t eil. Au s einer

Urkund e v Oll 1482 erfah re n wi r , daß in Erfurt d er Schultheiß a11ein em bestimmt en Ta ge vom Rat Handschuh e erhi elt.l~;) In d er

Schweiz und in Ösrer r ei ch wurd e die gleiche Ga b e au ch den p oli zei­lid len Au fsidltsp erson en übe r re ich t .!" )

Di e Mitteilun g, d aß der Alclermann der Hanseaten in L ond onj ährlich eb enso lch e Ges che nk e erh ie lt, wirf t di e Frage auf, ob au chson st in England der H andschuh als AuerkennungsgaL e ve r we n de t

wur de.!") Wir er fa h r en jedoch nur, daß de r Sh eriff dem Rich terH andsdlUh e sa n d te, wenn ein sogenanntes " m aide n assizc" vor­lag, d, h, w enn im Lauf e eine s J ahres in diesem Gericbtsb ezirkk ein Tod esurteil ge fä ll t worden war. i")

In m ehreren F äll en di en te d er H andschuh zur Anerkennungein er s t a a t l i e he n Ho h e i 1. Besonders wenn es sich um Zoll ­

rechte hand elt e, wurd e er dazu v er wen det.'?") So erhielt en di e H er­zöge von Bayern, als sie im J ahre 1294 ih r en Zoll zu R egensburgverseg t cn, v on di eser St adt di e jähr liche Gab e von l\Iard erh and­

schuhen. ?"} Auch die aus erh eblich sp ä terer Zeit erha lten e Nach-

1~;) Ge r ichts o rd n u ng d es e rzb.-we lt l. Gerich ts zu Erfur t (A. 1. J . Mi e he [.

s e n , R echtsd enkDl ale v . Thüringen; J ena 1863; S. 353) § 67: " Uff San et Mar­

cu s ta g nFE d en fr eit ag nach pfin gsten uff die zwo proeess w i r t de m schu lt­

h eß en vom r a rhe zu j eglidler proeess zwe i sto bichen w eins un d ein p arh en tJs cl.::u ."

In) Schweiz. Idio tik on Ud . VIII S. 466 : .Dem Visitator d es K lost ers Esch en.

bach ,,501 d cn ne di e swc s ter, di e das ge lt in nimt, geb en zw en w iss h enr sciie n "

an no 136-1; eb d. : ,In E ins ied eln wu rd e n im J ahr e 1608 b ei der Engelweih e d en

Schi rm ern (Or d n ung. wäch te rn ) "e in p ar Handschuoch" ver eh -r '. _ Öster reich.

Weistüme r 8.a.0. Bd . 11 S. 398 : Redlte des C ut es zu Wein zierl an no 1455 :

,.I t e m sc w ru egen : ob ain f el dsch er ig chemb auf da s b'uet hin z ai m wein , so sol

er a in p h emb e r t wein s t cunt trink dr en , er moch t aber so wol ge zo ge n' se in. m an

ließ in chöm en um h sw c r r u nd ha nd tschuch un d u mb ain guet e jopp en darzu e."

109) J . M. La p p e n b e r g, Geschich t e des Hans. Sta hlhofs [H amburg1851) Nr. '45 arm o 1383 ; ebenso S. 19.

20t) J . W. No r t o n . K y s h e a.a . Ü. S. 40.

r03) B ier d rän gt sich di e F rage auf, ob au ch die 5 Paar l\Iä nnerhandschuhe,

d ie di e Hans eaten d em K önig e von En gland n ach e i riern Zeugni s des 11. Jahr.hunder ts zu ge be n hatt en , symbolischen Ch ar akt er h att en . (vgl, F. Li e b er .

man n , D ie G esell e d e r An gelsachsen; Halle 1898; Dd. I S. 234; Bd. I rr S. 164.)E s wurden n äm lich auß erdem noch ein g rau e. und zwei braune T üch er, 10 Pfund

Pfeffer und zw ei F äss e r E ssig üb er geben. Es han de lt sich al so wohl m ehr um

'selt e n e Sp ezia lpr ouukl e. Der lell t eren Ansich t ist auch Geheimrat ' EdwardSchrÖder.

20.1) Monum en ta \Vi tt elb acensia Bd. II (München 1861) S. 42, 71.

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richt, daß Königsberg dem H erzog vo n Prcuß en jedes Jahr " einenlincken Handschuh zusarnt 300 Pfennige alteu Geld es" iiberreichenließ , wi rd eine n ah n liehe n Sinn ge h ab t hab cn.~03) Eb enso verh ält

es sich woh l mit den w eiß en H andschuhen, di e das K los te r Arns­berg b ei Gi eßen dem L andgr afen vo n H essen-Da rm st ad t zu sendenha tt e.~~~)

B esonders h äufi g kam es im Mittela lt er vor, daß Städ te, diesich gegens eitig Z 0 11 f r e i h e i t gew ähr t hatten , sich in jedemJ ah r H an dschuh e als An erkennung zu schicken pflegt en . Anfäng­

lich hatte der ers te Kaufmann, der n ach abgelau fe ne r Jahresfristdie Stad t betra t, mit der ein solcher Ver trag von seiner Heimatstadt

geschloss en worden war, di e Anerkennungsgab e zu üb erb ringen. I nspä terer Zeit wu r den zu di esem Zw eck e Gesand te geschick t, die sich

un t er Vorantritt der Stadtpfeifer ihres Auftrages en t ledigten. Diefrühes te Nachricht über di ese Verwendung des H an dschuhs

enthält eine Vertragsurkunde von 1219, in der sich Wonnsund Nürnb erg Zollfreiheit und dafür gege nse i tige übersendung vonHaml schuh en und Pfeffer zusicliern.!") Eine and er e Ab machung

von 12 64 zwi schen Nürnberg und Mainz mit dem gleichen Inh al tis t insofern wich tig, a ls hi er üb er di e B ed eutung d er Abgaben etwasausge sagt wird. Es wird nämlich bestimmt, daß der erste Kauf­

mann aus Nürnberg, der l\'Iainz nach Ab lauf der Jahres fr is t b ctritt

"Thelone ario predic ti domini n ostri ar chiep isco pi libram un ampiperis et duas cyr othec as alb as in r ecognition em huiusmo di lih er­tatis annis singu lis presentabit".20S) , Es erg ib t sich also ganz deut­

lich au s dieser St elle, daß der H andschuh als Anerkennungs­gab e, wie wi r sie zur Genüg e auch sonst k enn engelernthabe n, anzusehen ist. Pfeffer is t ebenfalls zu diesem Zwecke seh rbelie b t.?") Wie wir no di weiter sehen -w er den, wurde mehrfadiauch ein Stab mit iib erreich t.?"] Di es war der Anla ß für K . v.

~O.\ ) J . Li m u a e u s , J urie publ. Imp. R om ano -Germa ni ei Additio (S t r aB.

burg 1650) Lib. IV c. 7 S. 603.

20~) Ni e 0 l a i , D c chiro thecarum usu a.a .O , S. 53.

~Ol) K e u t gen, Urk. z. Städt . Verf. Geseh. 3.a.0. Bd . I S. 195: " In civi t at e

Worm atiensi in fe sto S. J oh ano is Bapt, si unus Nu rembergensis d abit ib idem

unam libr am piperis e t duas chirn th ecas, anno illo n ichil aliud so lven t ve l

amplius Nu remh er gens es".

ZaH) Hans. UB Bd . III (Hall e 1882 f.) S. 300.209) vgl. ebd. Bd . III S. 381 Anm , 7.

ZIO) s, u, A nm , 212.

Page 69: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

11 6 UI. Teil: Der Han dschuh als Ob jek t vo n R echt sfo rru en

Ami r a , di e Ga ben al s Bo te nzeichen zu er klare n.?" } Sicherli ehbest eh en hie r irgen dwel che Beziehungen. Ab er als Bot enz eichenallein we rde n sich die Ga ben ni cht de uten lassen.

Der H and schuh wurde im ge nannte n Sinne sei t de m Beginndes 13. J ahrhund erts vor alle m in Sü dd eutscliland und im r hei ni­

sche n Gebie t ve r we ndet. Abe r au ch L üttich. Nimwegen und sog ar

das fe rne Lü b eck gaben ode r empfingen H ands ch uhe .21Z) Me is t

wurde noch ei n B echer vo ll Pfeffer und zwei weiße Stäbchen mitiiberreicht. Manchmal trat au ch an di e St elle des H an dschuhs einSchwer t ode r ein P äck chen N adeln. 2l3

) An einzelnen Or te n h at

sich der f eierli che A k t der Übergabe di eser Symbo le bis in den An­fan g der N eu zeit erhalten. D er junge Go e t h e hat in Fran kfurtdi ese H andlun g er leb t, b ei der sein Großva te r al s E mp fä nger derGab en im Mit telpunkt sta n d. E r hat un s in Dichtung und Wa h r­h ei t eine an schauliche Schilderung davon hinterlassen.i" )

Au s zwei Weist ümern des Saargebie ts er fa h ren wir, daß dortam Ausgan g des Mi t telalter s au ch einzelne Ka ufle u te bei K irm es-

211) St ab a.a.O. S. 31; vgl. oben S. 60 ff.

ZlZ) Worms gab in K öln, Maiuz, Op p enh eim, S pe ier, St ra ßb urg, N ürn berg

und F rankfu r t anno 1266 Han dschuh e, S ta b und Pok al m it Pfeffer vgl. J . H .

Fr i e s, Abh. v . sog. Pfeiffcrg er ich t (Fra nk f urt 1752) S. 149; Di e erst e U r­

kunde üb er d as Frankfu r te r Pfeiffer ge r icht, be i d em im J ah r e 1376 Nürn be rg,

W orms und Ba mbe rg di e gle ichen G ab en un ter Vorantrit t d er St adtp Feiffer

ü b er reichen ließen bei J . B ö h rn e r, F ra nkL UD Bd. I (e bJ . 1836) S. 748 ;A nde re Zeu gnis se ü b er Hand schuh r eiclm isse : I\!. D er g man n , Ges ch. v.

Mü n chen [eh d. 1783) Bd. II S. 65; G. L. v, l\1 a U re r , Ges ch. d . St s edte­

ver f. (E r lange n 1869) Bd. I S. 312 ; Ober rhei n . St ad trechte Bd. I (Heidel.

b erg 1895 H.) S. 586; K . G. G en g I e r, Cod . iur, mu ni cip al is (Erlang en

1863) S. 68; F r i es, Pfei ff er ger icht a.a.O . S. 172, 177, 213 L; ZRG

G er m. Ab t. Bd . 35 (190 1) S. 356 L ; Lüttich : Hans. UB Bd. III S. 300;N im wegen: eb d. ; Lübeck ebJ . Bd , V S. 125. - In einzelnen de r ge­

nann ten Zeugni sse w ir d e ine b esondre B esch affenheit d er "erwähnten H and·

schuh e ge n an n t . So gib t Nürnberg in Köln und St ra ßb u rg Falke nha n ds d lUhe

(vg l. Maurer a.a. O.), Mosh aeh in N ürnb erg Wildh andschuh e (Obe rrhe in. Stad t ­

r echt e a.a .Oc); ebenso Niemwegen an L ü tri ch (H ans. UB a.a .O.') und Mainz

erhi elt " d m p ar s chibb elin ger h en ts en " (ZR G a.a .O v) - E in e D arst ell ung ei ne r

sol ch en fei erl ich en H and schuhüb erg abe ze ig t e in Re lief im N ürnb er ger R ath aus

v, c. 1340: Die Nor is üb er gibt d er B r ab antia Schwe r t, St ab und H andschuhe.

Abb. b. O. D 0 e r i n g , De utschla n ds m ittel al t. Kun stdenkm äl er al s Ge sch .qu ell.

(L eip zig 1910) A bb . 102 S. 329.!13) Lüttich li eß in Nü rnberg ein Schwe r t d arr eichen (v gJ. H an s. UB Bd. In

S. 30 0) ; Na d el n ga b N ü rn berg in B rüsse l (vg l. Ma u r e r a.a .O. Bd. 1 S. 312) ..,.) Dichtung und W ahrh eit Kap. 1.

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D cr H a n dschuh als Abgabe z. Anerkenn uug ein er Obrig ke i tsg ewa l t 117

m ärkten den Ver tretern de r Obrigkei t Han dsch uhe offe nba r als

Anerk en nung fü r ihre Zoll r echte zu üb ergeben h atteu.215

) Wahr ­sch einlich h atte es eine äh nliche B ed eutung, we nn Graf W i I h el m

vo n H olland 1318 bes timmte, daß die Utr echte r "van ereru anh ev en marse rlen tvcc hu ven ende twee paer h ansco en" b e­

zah le n sol lren .?")Vermutlich ist in an aloger We ise de r Sin n der Handschuhgab en

zu de uten, die der P f a r r e r na ch einige n rheinische n We istüme rnb ei H o c h z e i t e n vo n den B r au t leuten erhie lt .?") Die gleiche

Si tte ist m erkwürdigerweise auch in England geü b t worden.~1 8) Und

n och in der Neu zei t gab in Orlamünde di e Br aut, wenn sie Witwewar, dem P farrer n ach der Trauung sta t t de s Schnup ft u ches H and-

schuhe.21S)

E ine lette Gruppe vo n Qu ell en ze igt end lich den Handschuhals A n e r k e n n un g s ga b e d e r H a n d we r k e r beim Ein­

t ritt in die Zunf t. Dies läßt sich seit dem Begin n des 15 . ] ahrhun­d erts in den verschiedens te n Teile n Sü ddeu tsch Iancls b el eg en. 2~O)

215) Weis tum v. Me tlach ann o 1493 (G r i m m, We istü me r B d. II S. 77)" l t em ha ben auch gewys t, d as der fo ed t und die foidi nnen haben vo n d en kr e­

m cn zwcy pa r h en \lsdl en un d d avo r h ab en sy bißh ie r ge h ab t i iij al b."

Weis tu m v , l\lon tder auno 1521 (G r im m , We ist ü me r Bd. II S. 79) " Dar­

n ach w eist de r sche ffen und umb ei n r echt, das die k r emmer süllen dem foidte

un d foidi n n en jed erm ei n p ar h entyschen geben, so l j ed er ii i j a lb. werdt sei n,

u nd sun st ande r bosselw erk, als kroege po e t un d schüsse ln soll man zu zoll

h eb en und all ein au f Monk eler geben".

' t6) H ans. UB Bd. II S. 123.' 11) A. K ö n i g c r , Quellen z. Gesch . d. Se n dge r ich t (Mü n chen 1909)

S. 163 f.: Weis tu ltl z. Sobern heim be i K reuzn ach (15. Ihdr .) " w an zwe y zu'samen k omen , d as eyn m agt is, d ic sint schuldig ey nem ph erner eyn halb

p unt w achs und ey n p~r h en tschue oder 6 pfen nige d avor"; ä hnl ich Send­

w eistu m v. Si mm ern un d D aun anno 1517 (e bd . S. 156) un d v: Sensweiler

(16 . lhtlt.; eb d. S. 153) ; Se n d we ist um v . Ole f anno 1546 (G r i ro m , W eis·

tüm er Dd . JI S. 769) ."S) In Arnol ds Ch ro nik (1521) Iicst m an "amon g th e arty cl es u pon wh iche

is to inquyre in th e vi aitecyons of or dyna r ies of ehur ches" : " I t em wether th e

eu ra t r ef use t o da th e s ole mnysacyo n of l awfull ma trymonye be fo re h e have

gy f te o f m oncy, lioses or glovcs" , vg!. K 1 ö p p er , Engl. R eall ex. a.a .O. Bd. I

S. 1267.219) B ä e h t 0 I d , H och zeit a.a .O , S. 137.220) Esslinger UD hg . A . Di e h 1 (Wü rtt . Ges chqu. Bd. IV, 7; St uttgart

1899 ff .) B d. II S. 492 an no 1415: " Welm er aber sine n t eil darn am verkouffen

wolt, d er 8 01 d en einem frummen voi ng ar ter ze Ezzl in gen, d er in der czunft

ist , ze ko u ffen geben . . . und die Bullen t denn ze b eider sy t fü r u n sern pfl eger

d asei ben k orn en . . . und da von so l m an geb en aine n s chilli ng Haller ode r

Page 70: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

Mit der Verwendun g des H andschuhs als Sinnzeichen hat es

nichts zu tun, wenn er an St ell e des Wer g el des b e i m Tot·s c h lag Y 0 nun e h r 1 i ch e n L eu t e n benutyt wi rd . Es h an­delt sich vie lme h r um ein e Sdie in huße, durch die der Knecht alsH err k arikier t werden sollte. Durch Hinzufügung einer Mistgab elwurde di e Ve rs po ttu ng noch au gen scheinlicher. D er Brau ch bild etin sich eine Einh eit und schein t zu dem genan n ten Zw eck e erda chtzu sei n.

Der Sachsenspiegel enthält ers tmalig die B estimmung, da ßb eim T otschlag eines Knecht es dessen An gehörigen " tween wülleneha ntschoh unde en mesgr ep en" zu gehe n sind.?") l'.-Ian hat al so dasGefühl , daß di e Tat durch eine Buße gesü hnt werden muß . Da essidt abe r um einen ve räch tlichen Menschen handelt, leistet man dieBuße in di eser ve räch tl ichen F orm. Offenbar geh t die Benugungdes H an dschuhs in di esem F all e schon auf älteren sächsisch enBrauch zurück, denn auch in Eng la n d wer de n nach den Leges H ein­r ici aus dem früh en 12 . Jahrhundert für di eses D elikt Geld, H and­schuh e und ein H uh n ent r ichtet .?" ] Vom Sa chsens p iegel is t da nndi e gleiche Be stimmung des Schw ab enspiegels abhängig.22 j

) - Mehrn ebe nsächlicher Art ist schli eß lieh der Gebrauch des Handschuhsbei deu Scheinbuß en des altschw edi schen R echt s.? ")

" 3) Sachsenspi egel Ldr. III, 45, 8 ; D ie Bild erha ndschr iften en th a lt en hi erxu

Zei chnun gen, die ei n en Leib eigenen mit H andschuh un d Mist gab ei dars te lle n.

vgl. Der Sa chse ns p iegel , B ilde r aus d er He ide lbg. Handseh r . hg . v, E. Frb.

v , Kün ßb er g ( Insel Bücher ei B d. 347) Abb. 37, wo ausnah msweise Finger­

h ands chuhe abgeb ilde t si nd. So ns t ers cheine n m eist F äu stl in g e od er drei­

fin gerige Hand sdIuh e vg l. K . v : Ami r a , Dresd ener Bilderhandschrift a.a .Ü,

Bd. II, 1 S. I B.

" ' ) Le ges Heinri ci 70, 4 vgl. Li e b e r man n , Ces. d . Angels adIsen a.a .O.

Bd, 1 S. 588 : "Si lib er ser uu m oc cid st sim il ite r r edda t par entibus X L d en. et Irmu ffla s e t unum pullum mutilatum do mini se r u i XX sol . .."

205) Sdlwab eo spiegel Ldr, 310 ; E. L. R 0 e h h o l z (Ale m. Kind erli ed und

Ki n de rsp iel; L eipz ig 185? ; S.296 ) gibt an, es h and el e sieb. um ei nen Ap pen­

zell er BraudI. Se ine Ausfü hrungen g eh en jedoch auf Job. C a s par Z ell­

we g e r (GesdI . d . App ensel lisch en Vol k es Bd . I; Trog en 1830; S. 237) zu rii ck,

und di eser s tiityt si ch wie d er um au f d en Schw abenspiegel.

225) Ost go t alag dr apo 18, 1 bei G r i m m , RA Bd. II S. 252 : AllsdIw ed ische

BuBe für den T or schlag vo n Sp ielle uten: " n u varder l ekare dräp in, th a b öte

118 III. Teil: Der H and schuh als Objekt von R edIts formen

Besonders di e Zunftangeh örigen des K esslerhanJwerks mußt en di eGabe lci st eu .?") F erner war es auch in den Ni eJerl an den iihli ch,daß ein Ges elle , d er n eu in die .Mün ze ein tra t, J en Meist ern einPaar Handschuh e zu üb er geb en h Blte.zZ' )

B etra chten wir nun n och einmal zusam menfass end die H an d­schuh abgaben, so ergib t sich wi eder ein BiI J , wie wir es ähnlichschon b ei d en sons tigen Verwendungsarten d es Klei dun gsstück esim R echt e kennellg elernt hab en. Al s Anerkennungsgabe ist eswi eder zue rs t in Frankrei ch bei L ehns- od er Abh än gigk eitsv erh ält­ni ssen na chzu weisen. W enn es ' schon im 12. J ahrhundert in Eng.land hen ug r wurde, so ist der W eg, auf dem es nach do r t gekom­m en ist , ganz ein de u tig. Im 13. J ahrhund ert find en wir dann dieH andschuhreich n isse d er H ör ig en au ch in D eutschland. Bem er ­kenswert ist , daß diese si ch h auptsachlich im Süden und Wes ten desR ei m es belegen lassen . Wä hre nd nun der H andschuh in Frankreidlund England vor all em H ärigkeits abgabe blieb, t r at in D eu tschlandeine Wandlung ein . H ier wurde da s Kleid un gsstück au ch beim ehreren anderen Abh än gigk eitsverhältn issen, di e im einze lne nschon genann t wurden , al s Sinnzeichen der Anerkennung gegebe n.

z ween w ys z h en rschuch " , N i co l a i , De chi coth eca ru m USll a.a .O, S. 55,S imiJ it er ca rnifi ces ob c ouc essum p rivi legium tenen tu r s in guli s an n is P r in cipi

ve l Domin o t erritc r ii ,etlidI e pa ar H andsd,udI' rni r t er s ; e t qu ibu sd am in Iod s

iII a d , ir o lhec ae co nfec tae deb t'nt esse ex co rio cauino .von Hu ndsl ed er' u t im oris es t in comit a tu SdIwa r \jb u rg".

~Ol ) F r . H o r n s eh u ch , Aufbau und Cesd,. d er int ert erri to ri alen K essler.kreise Deut sd , land (Beih . z. V iert el jahrsdIr . f. 50 z. und Wir tsdIa fts ges dI . Bd . 17 ;

5tuttg a rt 193 0) S. 49 "Von jedem "neue n IIIe ist er , der do geda u ff t wird" e rh ie ltder Ohe rridIt e r Zob el" V Oll Gie be lsta d t "ein paar scho u e H andsdlUh lin d ein

D U\jen d Nes tei" ( an no 1449 ); äh nl i d l S. 65 d ie Ver or dnllng en für d en Pfäl zerK essl er krei s anno lS~2 , a u ße r de m muß d an ach der Mei st er, de r in s Z u nftgerich t

gewählt wird, d en Ge ridI tss dIöffen, R edI enmeis tern u nd Schultheiß ein Paar

H and schu he e n tr ichte n; S. 93 " In der Schweiz wählte m an d en " Kessl erkön ig' "

d em von jed em d em " T ag" sieh Anschl i eß end en ein Paar sdIwarze r Handsd lUb e

und a ls Syro hol d er neugeknüpften Verbindung ein DU!Jend weiße r Hc sen nc st el

zu ge be n sind ( anno 1438) ; s. au ch S. 33, 191, 31 8 H " SdIwiib. WB Bd. 'II I ,S. 11 29 a n no 1554, SdIweiz . Idiotik on Bd, VlIl S. 466 an n o 1438 und B e­

ap r echung d es Werk es von H orn schuch durch E. W o h I h au p t e r in K r i t.

Vi ert eljahressd'lr. f. Geseu gebung u nd R edItswi ssensch aft IU . F olge Bd. 24-(MündIen 1931) S. 339 H. .

"") K. S t a 1I a e r t, Gloss arium a.a. O. Bd. I S. 560 B r üss el anno 156 5;

E. V e r w i j 5 und J. Ver d a m Midd eln ederlandsdI Woo rde nbo ek a.a .O . Bd. IIIS. 132 Dordrecht ann o 177 0.

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D er H an dsch uh als Schein b uße

6. Kapit el

D er H and s chuh a l s S ch e inbuß e

119

Page 71: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

120 IlI. Teil : Der Ha nd schuh als Objekt vo n Recht sformenDer H an dsdi uh be i 1I1aß bes tim mungen 121

7. K apitel

Der Hands chuh b ei Ma ßb e stimmun g en

Ja C 0 b G r i m m hat in seine n R echt salt ertü m ern zum ers te n

Mal e die lIIaßb estimmungen des germanis che n R edüs eine r n äh er en

Betrachtung unterz ogen und dami t di e Au fm erksamkeit au f ein

Geb iet ge le nk t, d as da s Streb en na ch Anschauli chk eit, das dem Recht

unser er Vorfahren eigen t üm lich war, ganz b esonders er ke nne n

läßt.m) Auch der Handschuh bege gn et wie de r un ter den vi elen

ande r en Gegens tän de n, di e zu diesem Zwecke v erw en d e t wurden.

Er hat zwa r in d ie sem F alle ni cht die Bedeutung eines R echts­

zeich ens, sondern di ent nur als Obje k t bei den Rechtsf orm en . T'ro ty­

dem darf in uns errn Üb erhlick dies e Möglichkeit ni cht f ehlen.

Zunäch st kann das Kleidungsstück einfa ch als H ohlmaß di en en .

So wi rd in ei ner R eih e we stdeutscher W eistümer des späten Mittel­

alters der D äumling, also der Daum~nteil des Handschuhs, zu r F est­

'seuung d es D ehem bcnu ty t , d er als Ab gab e für das Ein t re iben der

Schwe ine in den Wald zu r Ecke rn m as t erho b en wurrl e.i" ) Nahe

hiermit ve r wan d t - oh n e daß sich Beziehungen aufdecken li eßen

- sind sch wedis che Geseu e, di e dem Fremden, der durch den Wald

arv a hans th ri ,;gia iä mlanga gamh la qvig h u ok ko pa h an um n yi a h andsk a ok

n yia skoa ok smyria b adh e. tha sk al han tak e qvighuna ok ledha up a hö gh

ok h al an i h an rl a r va lek arans sä tia. t h a sk ai horul in til h ugga m edh gis l thre

hu gg. far h an h aldit, h avi at h otum sinum, slippe r h anum qvigh an , th a sfi p pe

h an um alder f aghnauher" ähnlich Ves tgot al ag bar. 7 ebd . - J . G r i m m be­

m erkt hier zu : "Da es unmöglich ist, mit fr isch geölt em handschuh den glatt­

ge schwo re ne n schwei f ei ne r jun gen, un gezähmten ku h f estzuhalten, so wird

ni emals ein spielm an n auf di ese bu ße anspruch erho ben hab en" .

!21) G r i m m , R.A. B a. r S_ 77 H.

' 28) V gl. D eu tsches Rechtswör te rb uch . hg. Preuß. Akademie d. W issen ­

scha fte n Bd. II (W eim ar 1932 ff .) S. 728 ; Mitt . d. hi st, Verein s f. d. Pfalz

E d. 27 (Sp eye r 19(4) S. 226 ann o 1369: " daß sie ein voll en eckern achtent, S O

-ein hirt zu mert nach sin en swin en gaht und ein dumeling volln eicheln lie se t";

G r im rn , We is tü me r Bd, II S. 528 Berisbronn (Ei fe l): " Wan vi el acker auff

dem bu sch ist , daß der Iurst er einen daumlingh von ein em hanschen vol ge·

r~ffen ka n , so is t d er gehoffer den .lehm schuld ig"; ebd. Bd. II S. 549 Seffern

(EiEei) : "k an der hirt ein dümblingh voll eckers ger affen . . ."; ebd. Bd. II

S. 252 Linni g anno 1537: " so sie dan einen demmerl ink von einer mollen voll

ackers mög en ge raffe n . . . soll man alsdan gan zen aekerschai\} gebe n".

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geht, ges t a tten , se inen H andschuh bis zum Däumling mit I\üssen zufüll en .'!9) Di e Verwendung des Hand schuhs als H oh lm aß iäßt sielt

en dlich au ch in Frankreich n ad n veisen.n o

)

Mehr ein e Sonderstcl lung nimmt eine An ordnung des fr ie­

sis clie n L andr echt s vom J ahr e 14 24 ein . Hier wird derj en ige miteine r Buße vo n 4 Mark b edroht , der ein Loch in di e \\ia n d stöß t,

d as so groß ist, daß man ei ne n E iseuhan ds diuh hin einlegen k ann ."')

Für die F estlegu ng einer E ntfernun g durch Han dsd1Uhwurfbringt J. G r im m ein franzö si~ ch es Zeugnis b ei . 2 3 ~ ) Eb ens o wird

in 'I'iroler Weis tüme r n de s 1S. und 17.. J ahrhun derts dur ch Hand­schuhwurf di e Streck e fest gelegt , die sich die Hühner vom H au seen t fernen dürf en .' :>3) Ein we ite res Z eu gn is li egt aus Schwabe n vor.D er flü cht end e V er brecher ge nieß t d as Asylre cht des Städtche ns

N euenbu q; schon, wenn er so n ahe h er ankommt " oa ß man moch temit eine m wa pp enhands chuh we rfe n an di e st ad tmaue r" ."") [0

d en ge na nn te n F äll en gehö r t also unser Kleidungsstück in di e großeR ei h e der Geg enstände, d ie bei Wurfmaß en in der versch ied en st en

W ei se bcnu1Jt wurdrn.'35)

229) G r im m , R. A. B u. 1I S. 45." 0) cbd . Bd . I S. 21.1 Roma n von Ap rem ont : ..d e t oz vos fiez n e YO~ lerai

p lein gan t".

231) eb d. B d . I S. 132.'32) eb d. Bd . 1 S. 213: ,, ~i approchan t qu en i p or ro it dilu ec ~ et er un gan t" .

233 ) Ost err . W eistüm er Bd . 1I S. 16-1, B uch be i Schwaz an no 1-*83 : " Es sol

auch der söld ne r in sölge m söldenhaus n icht mehr v i ech h abe n, d ann zwo hennenund ain en han ; di e selbe n h ennen urul h an sull en Oll scha den u n d zu spruchv om sölclenha us n icht ve r re r gen, dann so ver r ain er mit ainem bl oß en schi eb·

lin g.hantschuech ab sein em first gewerfen ma g; giengen si ab er weiter zuschad en, sol der scha d nach gesta lt d er sachen von dem b au swir t ab getragen

werd en ." ähn lich ebd . Bd. 11 S. 167 St ans b ei Buch an n o 16 36 ; Bu. IV S. 367Schw az 17. [ h dt . ; vgl. E . Fr h . v , K ü n 8 s be r g , Hübnerrecht und Hühner­

za uh er, in J ahrbuch f. hi st. Vol kskunde Bd. I (B erlin 1925) S. 126 f. und S. 129,wo der Verf. auf die Mögli chk ei t hi nw eist, daß wi r h ier vi ~ll e icht e in e P ar odi e

d es Ra ndsc:huhwurf es b ei der Grn n ds tü eksüb ereignun g vor un s h aben.

23j ) P . F ra u e n s t ä d i , Blutrache und T otschlagsühn e (Leip zig 1881)

S. 74; vgl. Fr h. v , K ii n s s h e r g , Hühn errecht a.a .O. S. 130 . - Nicht als

M aßb estimmung ist der Handschuhwurf in der öffnung von Tann egg undFischin gen 'vom Jahre 1432 zu verstehen. vg l. G r i m m , Weistüm er Bd . 1

S. 273; s. o. S. 110.235) E in e Aufzählung der Wu rfgegen st änd e bei G r imID, R.A. Bd. 1

S . 78 ff. uud voll stä ndi ger b ei Frh. v. Künssb erg, Hühn errech t a .a.O. S. 128.

Page 72: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

1 2 2 IH. Tei l : De r H and schuh als Ob jek t VO ll ReOOt sf onneu

E ine merkw ür dige Ar t der Verwendung des Handschuhs bciMa ßb cst im mungcn fin de t sich schließ lich in eine m ni ed ersäch sischenWeist um des 16 . Jah rhunderts. Im Vogtdin g von Lauenstein wirdn äml ich die Breite der H eer straß e und di e Entfernung der Gr enz ­linie von der Gr enz br ücke dadurch best immt, da ß ein R eit er zuPf erde eine L anze, an der ein Eisenha n dschuh h än gt, so weit wiemögli ch ausst reckt.?")

%36) G r i m m, We istü"mer Bd . IV S. 648 : Di e H eerstraß e un t ecs teh t dem

Haus e Lauenst ein " ge hn Po pp enhurgk. his uf di e Leiu ebrucke al da , so we it einreuter mi t ei ne m glevistucken, dafür uf de r spi llen eine gew afne t e b an dschuehenget, uf d er bruckeu reichen kan", Die Straße ist so breit " al s ein r eutermit einem glev is tacke n lang von 16. schuen an be id e halb e zu r l ink und rechte

se id en , darauf ein gewa fn e te h an dschuh e h en get , ri ng s umb r ei chen und s tr eckenk ann." H . Fr h, v , M i n n i ge r 0 d e (Kön igsz in s, Köni gsger icht und Königs.

gastung; Gö tt ing en 1927; S. 87 Anal. 4) weist in d iesem Zusammenh an g dara~f

hin, daß die Lanze und der Handschuh Sinnbild des Königsb annes und Königs.fr ied ens sei en. Es handelt sich ab er h ier um reine Ma Bhestimmungen, die mitdem Sinnz eiche n nicht s zu tun hab en . Lanze und d aran be fin dlich er Handschuhla ssen eh er an ein e da du r ch angedeu te te Verlan geruag des Arm es d enk en .

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V OLKSKuNDLICHES V OM HAND S CHUH

Page 73: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

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Ni cht nur als Rechtszeichen hat der Handschuh für die volks­kundliche Forschun g Bedeutung. Daneb en sp ielt er noch im Brauch­tum, im Aberglaub en, in Sage und Mareli en eine nicht unerheblich eRolle. Da zwischen allen diesen Verwendungsarten d es Hand­schuhs oft Verwandtschaft oder Abhängigkeit besteht, soll hiernoch ein kurzer Stre ifz ug durch das Gehi et der Volkskunde unter­nomm en werden, um so einm al alle Möglichkeit en, die das Klei­dungsstück bot, zusammen zurücken .I) Noch weniger als die bis­h erigen Abschnitte kann der folgende Anspruch auf Vollständigkeiterheben . B ei dem Umfang de s zu b ehandelnden Gebietes undde r Zufälligk eit, die bei der Sammlung des zu verarbeitendenMat eriais obwaltet, läßt sich dies kaum vermeiden.

Im gleichen Maße gilt für das Folgende, was schon in der Ein­führung über die Rechtszeich en gesagt werden mußte. Auch dasBrauchtum hält sich am zähesten und wird am besten in denweniger verbildeten Schichten ein es Volkes überliefert. D eshalbsind die Q)..lellen aus früh er Zeit ger ing. Ja mancher Brauch, dessenhohes Alter wahrsch einlich ist, läßt sich erst in der Neuzeit quellen­mäßig bele gen.

Als aufgeschloss en für uns er en Fragenkreis erweist sich nurdas Gebiet der Sage, wo sich mit Hilfe der rnittelalterlichen Legen­dens ammlungen und Heiligenviten verh ältnism äßig frühe Hinweisebeibringen lassen. Diese sin d auch insofern von Wert, als sie mehr­f ach Spuren ' der ' sinnfälligen Verwendung des Handschuhs ent­halten.

1. Kapitel

Der Handschuh in d er Etikett e

Faust- und Fingerhandschuh haben, wie wir ob en gesehenhaben, eine sehr verschi ed ene Entwicklung im Laufe der Geschichtedurchgemacht. Der Fausthandschuh blieb immer Schugkleidung

I) vgl. hi erzu E. F r h. v . K ü n s s b erg, Rechtsgeschicht e und Volks­kund e, in Jhb. f. hist , Volkskund e Bd. I (Berl in 1925) bes, S. 96.

Page 74: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

2) z. Bsp. 5 t r i c k er, KI. Gedichte IV, 74 : " ich han dii h ei rne verl iinmin e fius teling e und min hu ot"; vgl. A. 5 eh u 1 z , H öfisches Leb en (2. Auf!.Leip zig )889 ) Bd . T S. 329.

3) s. o . 5. 20 ff.' ) Led e rh andschuh e vgl. Tradit iones Frising enses s. Q. 5. 85.MG. Ep . SeI. Dd. III S. 44 Froumund (, 1040) an Pabo (E p. 37) : " rogo

vo s, ut mit t a tis mihi duos vuan tos b isp ido s sull in os au t fiberin os v el vu lpm os".

Vita Meinwerci c. 55 MG. 55. in us. Sd:101. 5. 44: Wikbran erhält "duasm ar t h erinas m anic as" ; "glofa r gull fiall ad ir" Niäls c. 31 vgl. K. We i n h ol d ,

Altnordi sches L eben (Bcrlin 1856) S. 177.S) M. v. B 0 e h n , Das Be iwerk d er Mo de (München 1928) 5 . 82 f.

fü r di e A rb ei t ode r geg en di e Unbilden der Witterung. So find eter si ch denn vo r allem b ei de n ni ederen Schichten des Volk es. Bis

zum Ausgan g des Mittela lt ers lassen sich immer wieder Nachrich t enb eibringen, aus den en h ervo rgeht, daß der Fäustling hauptsächlichein Kl eidungsst ück der Bauern war.' ) D er F ingerhandschuh da ­gege n is t scho n früh ein Kl eidungsstück von Bedeutung und Wert.K öni ge, B ischö fe und Ritt er bedi en en sich seiner .") Er wird so

zum P r unks tück und se inem ursprünglich en Zweck en tf re mde t .Z ugl eich wir d seine Ausstattung imm er reicher. So er fa h re n wi r

vo n H andschuh en au s kostbarem Leder, F eH od er Seide, die sogarm an chm al mit Go ld b estick t waren")

Es so ll hi er niclit unsere A ufgabe sein, dies e Ausstat tung näh erzu untersuchen . Eb en so so l len die r ein techn ischen und di e aufdi e Mode bezü glich en Fragest ellungen b eisei te gela ssen werden. Es

eriibr igt sich di es au ch schon deshalb, weil in fast all en bish er überden Handschuh ersch ienene n Arb eiten gerad e diese Gebiet e aus­f iihr li ch behandelt werd en. D azu komm t n och, daß der Han dschuhals T eil von Volkstrachten , worauf hi er einzugehen wäre, k eine be­

deutende R oll e ger: pielt hat.Mit de r Ausweitung d es Gebrauchs de s Handschuhs und seinem

Aufrücken in die höfisch en Krei se h ab en sich n un ein e Reihe vonB r äuchen h erausgebil de t, d ie m an am bes ten un ter d em B egriff

E tike tt e zusamm enfaßt und vom übrigen Braucll tum getrennt be­h a n del t.

Di e Etikette schreibt die B eschaffenhe it der Handschuhe vo r,die man in b est immten F ällen anzulegen h at , auch wann man siean - odcr auszuz ieh en hat.") So werden no ch jen t b ei Hochzei ten

weiße H andschuh e getragen, bei Trauer feierlichkeiten d agegenscli wurz.e. Auch die Mod e sp ie lt b ei solchen Fragen natürli ch eine

groß e R olle .

Sehr alt dürfte di e Sitte sein, b ei Begrü ßung en od er Hand-

r ei chung en die Handschuh e au szuzieh en . Es ma g sein, daß hierdi e Zugehörigkei t des Handschuhs zur kr icgcr ischcu Ausrüstung,wie si e sich seit dem Ho chmi t telalt er au s den Que llen un d bild ­

liehen Darstellungen nachweis en läßt , den ma ßgeblich en Anlaß ge­ge be n bat.G) Dann wä re also das Ablegen des K le iuun gsst ückes als

Zeich en für die friedlich en Ab sicht en des H andreichenden aufzu­

fa ssen . Al lerdings be st eht au ch di e " Iögli chk eit, uaß m an sich durchNichtauszieben des H 'lll dschuhs b ei der B egrüßung vo r der körper­lichen Berührung mit dem Gegenüber schütyen will oder - in ab ­ge milde t er F orm _ sidl wenigstens durch sie ni dit verunr einig eu

will. So bietet in einem französischen Rechtsfall vom J ahr e 1398,d er zwei sich auf der Straß e treffend e, yerfeind et e Verwandte b e­

trifft; J er ein e Versöhnung an und "en disa n t ces p ar oles ost a sesgans des mains, et tendi la main audit Cayphas pour le touchier ensi gne de p aix et am our" .:) Der Anger ed et e schlä gt in die da r ­

gebotene R echte. ein, ab er " i l ne dcgn a oncqu es oster ses gans de sm ains". Auf die Frage , ob er es täte " pa r desdaing et mesp ri s" .

antwo rt et er drohend, er würde sein en Gegner no ch einm al ziich­

t ig en , was er durch eine Handg este no ch verdeutlicht. In der Kon­v ention hat sich die Anschauung, daß der Handschlag, ohne denHandschuh ausgezogen zu hab en , unhöflich se i, zum T eil bis heuteerhalt en . Wenn etwa ein Herr die H andschuh e bei der Bp.grüß ungnicht ableg t, muß er wenigst ens um Entschuld igung bitten; Damen

d agegen brauchen dies nicht.

Die sich wiederholt ' finclend e Vo rschrift, daß der L e:hnsmannvor dem H errn ohn e Handsoouhe zu erscheinen ha t, geh t ohne

Zweifel" darnuf .zur ück, daß der Handschuh auch zur Bewaffnunl;geh ör te .G) Dies wird für Deutschland bewiesen durdl eine Bestim­

mung des Sadlsempieg els . Wer vo r den H errn kommt, "her so lswert ro ezzer, und e spo r en, h ut, huven u n de hantscben , eapp enunde alle wapph en e enw ech mu".") Di e vom Sachsenspiegel abhä n­

gigen R ech tsbü cher wie der Vetus Auct or, das Görliter Lehnrechtund der R idl tst eig L eh nr echts haben diese Bestimmung üb ernom -

J

127

remissionis

Der H an ds chuh in d er Eu kcu c

") s. o. 5. 63.7) Duc a n g e , Glossarium a.a .O. Bd . II S. 311 r. Dach li tt er a

von 1398 in Re g. 153 Cbar t c ph . reg. eh. 187.

8) _. o. S. 63.

9) Sachsenspiegel Lehnr echt 67 § 1.

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IY. T ei l: Vo lks kun d liche s vom H and schuh126

Page 75: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

10) V e t us Au etor Lehnreclit II § 36; Gö rl iucr Lehnrecht 26 § 36; Der

Hicht st eig Lehnrechts 10 c. 13.

11) J. B 0 d i n u x , D e r e pu bl ica (F ra nk fu rt 1641) Kap . 9 S. 150 : " Ap udGall os Vas allum . .. arrna, p il eum, pallium, dt iro theca exu er e, ac gen ibus flexi sm anus sup pl ice s in Prin cip es aut P rocura toris su i ma nus in serere ne cesse

haber e" .

12) Köni gsspiegel c, 30 ; vgI. W e i n h ol d , Al tn, Leben a.a .O, S. 177.

13) 1. W. No r ton - K y s h e a.a .O. S. 82 f.

H) Monument a W i ttelsbacens ia (hg. W i t t m a n n Mündten 1857) Bd.5 . 382.

13) MG. 55. Bd. XV, 1 S. 549.

me n. " ) Gl eich e Anordnu ngcn finden sich weiter im fr an zösischenLeh nsr cdi t ." ) Auch im Norden wa r es Sitte, vor vo rneh men P er­son cn barhändig zu crs che in en .P) Schl ieß liel, dürfte es auf dengleichen Grund zu rü ckg ehen, daß es üblich wird, in Anw esenh eiteines Herrschers keine H an dschuh e zu tragcn ."}. l\' och d as strengesp an ische Zer emo niell k an n te unter Kar I I V. am Beginn des19. Jahrhun derts di ese Etiket.t evorsclirif t .

Au ch eine B est immun g, di e das E rsche inen in H andschuhen

vo r Gericht v er h ie te t, läßt no ch einmal kl ar ihren Sinn er­k enn en . Es h eiß t n ämlich in eine r h ay ri schen Qu ell e vom Jahre

1285: "ez enso l nieman auf unserm teidin ch füern armb ros t, sp er,verb orgen h an t schuch . . .' ,14)

Im Mittel alter schein t ste lle nwe ise auch da s Betr et en der

Kirche mit b ch andsdmhten H änden als unschickli ch gego lten zuh ab en. 'Soldl es Sich-Herau sp uty err an geweih te m Or t wurde wohlal s unan gem essen betrachtet. Ab er auch an de re Gründe m ögen

mitgespielt h aben. Vi elleicht er klä r t sich da s Verhot auch so, daßdas Kl eidungsstück in der K irche ni cht ge t ragen werd en durft e,we il es ja hier Vor rech t d er hohen Geistli chk eit war. Aufdi ese Sitte sche int jed en fall s ein e Wun der erzählung der Miracula

S. Waldburgis hinzudeuten. Es h eiß t in di eser L egende aus dem9. Jahrhundert : " Q uidam a p art ibu s Fran ciae ill o advenie ns , ne scioan protervi a mund aIi s superc ili i ta ct us au t incuri ae obliv io ne cor ­

ruptus sive e t ia m improvida stolidita te deceptus curo wantis qucsh abuerunt in man ibus aeccl esiam publi ce introivit.V'") Au ch di e Vitades Erzbisch of s Eberhard von Sa lzburg aus d er Mitte des 12. Jahr­hunderts erzäh l t von einer last erhaften Frau, di e nach Salzburg k am :

" tan de m ad sepulchrum b eati Eberhardi ac cedit inconposita, curocyr oth ecis offert elat a. Sed ultione divina p ercutitur et fit arrep -

2. Kapitel

Der Hand schuh im s on sti g en Brau chtum

Bi sh er hat unsere Aufm erksamkeit vo r allem dem Hands chuh

im R echtsbrauch geg olten. So bleibt noch die Beschäftigung mit

der Verwendung des Kleidungsstückes im son stigen Brauchtum.An ers te r Ste He ist hier di e B enutung des Handschuhs als

G e s eh e n k zu nennen. Hierzu erwi es sich das Kleidungsstück

_ zumal wennn es schön verziert od er modisch au sgestaltet war ­

al s besonder s geei gnet und erh iel t eine ahnliehe Unverbindlichkeit

ti cia." l") Sdllicßli dl wird au dl in dem R oman Flamenca (Anf ,13. Jhdt. ) die ans cheinend ungew öhnliche T ats adl c h er vorgeh oben,da ß Gra f Archimb ald von B ourb on seiner Ga tt in Flam en ca selbs t

b eim Opf er in der Kirche n icht ges t atte t , sich zu en ts d lle iern und

die Hand schuhe abzulegen.]' )An de re Vorschriften de r Etikett e sin d vo n der Mod e ab-

h än gig. B esonderen Anlaß gab zum B eispiel scho n im Spätmittel­alt er die Mod e, b eim Tanz H andschuh e zu tragen . F ührte ei n H erreine Da m e, so muß te er die Handschuhe anzieh en , währen d er sie

b eim T anz selbs t in der H and h alten mußte. H u g 0 vo n Tri ro .b e r g m acht sich über die Baue rnb ursdlen lu stig, di e den Ritter n

di ese M od e n adläfften. Sie wuß te n dann m it der E ti ke tte so we n igBescheid, da ß sie das Kleidungsstück gerade b eim T anz an zogen,was den Spo tt des Dicht ers h erausf ordert.

I B) Die Mo de des 18. J ahr­

hunderts ges tattete den H err en nur b eim R eiten H andsdluh e. Je­doch mußte man diese sof ort ablegen, wenn man vo m Pfer de h er­

unt ergestiegen war . Tat m an di es nicht, so ve r fiele n di e Hand­sd:1Uh e dem Pikör ode r 10ck ei. 19

) Auch in D eutsdlland durfte manf ür stlich e Stä lle nur barhändig b et r eten, widrigenfalls die St arleut e

Anspruch auf di e Handschuh e hatten.E in R est die ser Sitte ist bi s zum heutigen Tage m anchero Ne u-

l in g b eim Jagdreiten t eu er zu st eh en geko mmen: wer b eim Blasende s Halali di e Rechte noch im HandsdlUh h ebt, muß eine Bowl e b e-

zahlen.

129

a. a.O. S. 82.

Der Ha nusdlUh im son s t igen Brauchtum

H) :HG. 55. na. xi 5. 103.11) Ro man v. Fla roen ca v. 1441-18) Re nne r v , 1617 f ; vgl. Bö h n , B eiwerk

H) Bö h n , Beiwerk 5. 90 r.

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I Y. T eil: Volksklllld lidies vorn Handschu h12 8

Page 76: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

wie etwa ein Blumenst~auß. Als Geschenk kam es schließlich so inGebrau ch, daß "Handschuh" de n Neben sinn Trinkgeld , ja sogarBest echung erhiel t. So sagte Ab rah a m a San t a C Ja r a

" Ei so Handschuh" in eine r sein er bekannten Predigten, womiter BestedlUngsgelc1 meint e. 20)

Vie lleieh r erklärt sich die Beliebtheit de s Handschuhs als Ge­schenk sch on au s älteren Bräuchen. Au sgangsp unkt könnte dieVerwendung des Kleidungsstückes als Anerkennungsgab e desLehnsmannes an den Herrn gewesen se in, di e wir früher inDeutschland, Frankreich und England kennen gelernt h ah en.")Auch ähnlidl e Anerkennungsgaben an Ri chter, Pfarrer , Zünfte oderande re Geme inschafte n wären hier zu nennen .

Schließlich ma g auch als Anlaß gewirk t 'haben, daß es vielfadiim Mitt elalter übli ch war, daß der Arb ei tg eb er d em Arbeiter Hand­sd m he als Be itrag zu seiner Arbeitskl eidung zu geben h atte. Dahi ervon noch nicht die Rede war, ma g zue rs t die se Sitt e hier kurzbeh and elt werden.

In England lassen sich sdlOn früh solche E n t loh nun g e ndur c h K lei dun g s s t ii c k e , darunter auch FIandschuhe, nach.wei sen . Ja sie wurden do r t soga r geseglich vorgeschrieben . Soseu te n im Anfang des 11. Jahrhunderts die "Rectitudines sin gu­larum p er son arum" fest, daß der Gef olgsmann An spruch auf Schuh

und Han dschuh habc.22

) Da s gleiche erfahren wir aus dem Custu­mal of Battl e Abb ey.23) Schli eßlich sind auch in sp ätmittclalter ­lichen Ausgab enbüchern die Ko st en für solche Handschuhe ver­zeichn et .") In di esen Lohngab en ist jedenfalls der Aus gangspunktfür die in England geübte Sitte zu sehen, den Di enstboten am

' 0) Etwas für All e (1699) S. 443; vgI. G r i tu m, WB Bd. IV, Abt. 2 S. 417 .21) s. o. S. 105 ff.

" ) vg l. Li ehe r man n, Gesete der Angels~ chsen a. 3.0. Bd. I S.. 450 :"Folgario C0m p e ti t, ut in du ode cim rnensibus Ir ac ras haheat , ... et uictumsuum e t caleiamenta deb et habe re et cir othceas" .

ebd . R ectitudin.es 12: "Bulbulco li cet adherbare duos boues e t alieubi

plu s cu zn g reg e d omini in eommunibus p ascui s, p er te stimonium tarnen aldre­manni sui; deseruiat p er id calceos et cir othecas sibi".

' 3) Cu st urnal of B aule Abb ey (1213- 1312) hg. S. R. S c a r g i 11 Bi r d( Camden Soc.; Lond on 1887 ) S. 68 .

2') Ausgaben en th al te n da s Ausgab enbuch von Holy Island von 1344--45:gJove s f or 14. servan ts, when they gathered the titheeorn vgl. Be c k a.a .O,

S. 233; W . Cu n 11 i n g h a m , Th e Growth of Eo glish Indust r y and Commeree

(5 . AuR . Camb ridge 1915) B d. I S. 600, "In V p aribus eiro thiear um em ptispro fa01uli s".

OS) K I ö p p e r , En gli sche s R eall ex ik on a. a.O. Bd . I 5. 1268.

26) AA . 5S. Maii B d. II S. 689: " un de int er ceteros caem ent ar io r um arti fices

ex ti ti t qui dam . . . qui .. . magnuruqu e qu adrum supe r eoep tum o pu s vellet

volve r e, r ep ent e su pe r m a nu m eius volvit ur , et in de gravi t e, af'Eig i tur . . . dum

san eti p a tr i Majol i nomen in voeat , lc ni t r actu ono raram m an urn ad se r evocat

san arn ct inco lum en, e t si e tant mm od o solum digi tal e guan ti pe r di dit et in reli­

quo eor por e sanus r em an sit . . ." Die D at ierung d er Mir acel ist u ns iche r. vgl.

hi erzu W. S c h u I z e , Ü be r die B io gr. d . Majolus, in F orsch . z, DeutschenC escli. B,\. 2-J, (Gö tti llgen 1883) S. 166. .

21) Phil omen~ v . 778 H . ; Darst ellungen von Mau rern, die m it be h an d­

sch uh te n H än den ar hei t en , find en sich in den Glasfens tern der K ath edrale von

Ch anres ; vgl , Manu el d'"rcbeoJ. Ir an c. Bd. Irr : C. E n I a r t , L e Cost ume(Paris 1916) S. 255 H .

'8 ) E n l a r j; , Le Costum e a.a. Ü, ebd. , vg l. Mem. de 1a so c. des an tiquaires

Bd. XIX (Pa ri s 1849) S. 77.

~.) V. Gay , Gloss . ar cheo l. (P a ris 1887) B d. I S. 759; ebd. wei t eres

Ma terial : anno 1-1 09 "pro ciro t ecis em p t is p ro bominibus o p eran ti bus sup er

cap ell am .." Übrige ns wurden auch An geh örigen anderer Berufe H andschuhe

als Arh citskl eidun g gestellt : ,,8 p air es du ga n ts pour le s fo n deurs et souffle urs

(du timbre de I'h ot et de Cambrai)" 6. ebd.

30) C. E n I art , Le Costume a.a.O . S. 255 H .

30 &) Ost en. Wei stüm er a .a .O. Bd. V S. 277 : Ordnung d er Handwerker von

Sernth eim 1658.

Lammasday Handschuh e zu schenke n.") Di es war n och in neucstL'rZeit üblich, doch war m eist Geld an di e Stelle des Kleiclungsstüt:kcsgetret en. Man nannte dies aber immer no ch "g love-money" .

In Frankreich wurden vor allem den Maurern und an dere nH andw erkern Handschu h e als Teil des L ohn es und Beitrag zur Ar­beitskleidung ver abfolgt. Schon die Mirak el des Abtes Majolus vonCluny lassen erkennen, daß im 11. Jahrhundert die Manrer dasKl eidungsstück bei der Arb eit tru gen. " ) Und der Autor des RomausPhilornene aus dem 12. Jahrhundert erzählt, Kar! der Gr oße habebeim Bau der Abtei La Grasse 700 0 H andschuh e an die Maurer ver­teil en lassen ."] D aß das Kl eidungsstück tats achlich den Maurerngegeben wurde, erfahren wir aus den R echnungsbüchern vom Bauder K athedrale in Troyes aus dem Jahre 1373.2S

) Unter den Aus­gab en für den Bau des Schl osses Beau fo rt- en-Vallee werden weiterim Jahre 1406 aufgeführt : "Pro 19 paribus cerotecarum pro dictismassonihus 12 5."29) Und noch 1550 verteilte m an beim Bau desMausoleums fü r Franz I. Handschuhe an die Maurer. 30

) In ein erndst erreichischeu Weistum des 17. Jahrhund erts en dlich werd en denB aukn echten Lederhandschuhe als Lohn zugehilligt. ?"} Wahr­scileinlich erklärt sich von hi er , daß weiße Handschuh e einen wich-

131Der H andschuh im sons tige n Brauchtum

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IV. T eil : Volkskundliches vo m H andsch uh130

Page 77: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

132 IV. T eil: Volkskl1ndlich es YOlU Ha nt.!scbuh Der Handschuh im son stigen TI rauch turn 133

tigen Bestandteil ucr freimaurerisch en Tra cht ausma chen.") Iu

dieser let t er eu Verwendung la ssen sie sich erstmalig im Jahre 1686nach w ei sen.

Wieder anders, aber offensichtlich auch al s Teil des Lohnes,werden in Deutschlan.] Handschuhe geg eben.J · ) Im Weistum von

Wadegassen im Saargebiet au s dem 15. Jahrhundert wird fes t­gesent, daß " eyn ap t von W adtgassen schuldig ist . . . ieglichemfurster eyn paar h entschuwe".33) Na eh einem anderen gleich­

zeitigen Zeugnis aus Schwaben erhielten die Zollb eamten für ihreArbeit im Winter Schreibhandschuhe.3')

Al s Ges chenke werd en HandsdlUhe zu erst in der höfisch en

Dichtung des deutsdlCn Mi ttelalters erw ähn t. Der We lsche Gastund Lohengrin seien als Beispiele genannt. 3J ) Einige J ahrhunder tespäter muß der Handschuh schon als unverbin dliche Gabe ange­

sehen worden sein. Denn eine Neuordnung des Straßburger Stadt­haush alts verbietet dem Amtmann auf dem Kaufhaus di e Annahme

von Gdd, gestattet ind essen die Entgegennahme von Messern,Handschuhen oder gleichwe rtige n Gegenständen .36)

Eine weitere Ausprägung al s unverbindliches Geschenk erfuhrdas Kleidungsstück in Deutschland in der Neuzeit. In Hamburg

konnte man an St elle eines Blumen straußes Handschuhe über-

31 ) E. L e n n h o f f - O. P os n er , Int ern . Freirnaurerl exikon (Zürich WienLeipzig 1932) S. 688; C r e gor 5 e h war t z . B ost u ni t s e h , Die Frei .maurerei (Weim ar 1928) S. 139.

32) Nich t zu verwechseln hiermit sin d jene Hant.!sch uhgaben, die von

Klöstern im 8. und 9. Jah rhundert an Alt enI eile,. gegeben w u r d en, die ihrenBesiIJ dem Kloster vermacht hattelI. vgl. Collec t io Sangallensis No. 15 (MG.Leges V ; Formulae Merov. e t Karol. a evi S. 405) ; T ru d per tu 6 Neu gar t .

Codex Dip!. Alemannia e Bd . I (S I. Blasien 1791) S. 158. _ Fingerhandschuhe

trägt eine Schni tterin zu r Arbeit auf d. Bild d es Kunz v , Rosenheim in der

l\lanessischen Handschr.; vg l. F a ksimile Ausg. d. In sel-Ve rlages (Leipzig 1925 H.)Bel. Ir fo l. 39{ r.

33) G r i m m, W eiSlümer a.a.O. na. Il S. 12.

34) Schwäb. Wb. Bd. V S. 1139; "den drei Steurern . .. und dem Steuer­m eis ter i eg lich em 11 Sch, für Hant.!sdlUch .. . , umb zwei Paar Schribhandschuch(Ulm 15. Jhdt.) .

3.1) ,Ve lsch c r Gast 1338 "Ich ' l er t was einer vr ouwen zeme Daz si vo n irvri unde neme Hand schuch, spiegel, ving erlin , Vürspangel schapel, b!üme lin . ."';

Loh engrin v , 7509 : "sie sant im zwen han lschuoch und ein vinger lln" .

3&) K eu t gen, U rk. z, Gesch. d. Städ t. Verf. a.a.O, S. 269 Nr. 214 anno

1405-19: "Es w ere da ne, das ei n gas t ir eirne under in ein strel, ein m esser,zw en hen tschuhe oder andere stu cke du z dem gleich ist gebe, on e g ever de : dazs ol in an i r m e eyde n i t schade n ."

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r ei cheri. "] - Besonders bei Fes tlichkeiten, wie Geburt oder Taufewurde das Sch enken von Handschuh en üblidL ' s) In Berolzh eim

wurd e dem Pfarrer beispi elsw eise di e Geburt eines Knab en mitHandschuhen, die eines Mädchens ohne diese an gcz eigt.") An an­deren Ort en schick t e man zur Taufe sowohl dem Pfarrer wie auchder Mutter des Täuflings Handschuhe ."] L~nd in Dresden wa r esbi s in die Neuzeit Sitte, daß der männlich e Taufpate seiner Part­nerin am Tauf tage ein Körbch en mi t einem Paar fei ne r Handschuhe

zukommen ließ.") Es ist sehr merkwürdig, daß die ser Brauchganz äh nlich in der f ranzösischen Schweiz n achzuweis en ist.'~)

Manchmal wurde auch bei Taufen an Stell e des Kleidungsstückesein " H an ds chuhg eId" geg ebe n. Wir erfahren dies, weil eine Oettin­gisch-Spielb ergische Vero rdnung vom Jahre 1785 gegen diesen Miß­brauch eins chri t t ." ) Zum Schl uß sei noch darauf hingewieseu, daß

in einer deutschen Sage der Hausgeist einen Handschuh sclienk t ;

80 ti ef war also das Geschenk im Volksbewußtsein verwurzel1.")

Ganz ähnliche B räuche wie in Deutschland sind in Englandnachzuweisen. Sehr beliebt waren auch hier Handschuhgaben beifestlichen Geleg enh ei ten. Bei H och zeiten pflegte man Handsd1Uheoft an alle Anwes enden un d an die Braut zu ver t eilen;"] In ein emBrief vom Jahre 1604 heißt es: " N o ceremouy was omitted Iorb ridecakes, garters and gloves.'''6) Und in B en Jonsons Stück "TheSil en t W om an " sa gt Lady Haughty zu Morose: "We see n o en ­

seigns of a wedding here, no charakter of a bridale; where b e oursk.arves and our gloves?'W) Auch zu Os tern und zu Neujahr

schenkte man sich H ands chuh e. Selbst al s W eihnachts- od er Fa­scb ingsgab e wurde das K leidungsstück benutt.' S) Letyt eres wird

37) F r eunrl l. Mitteilung . Y. H er rn Prof. Schra m m.

36) TI a c h t 0 I d , Hochzeit a.a .O. S. 137.39) E!. H. 1\1 c y e r , Bad. Volksleben (Str a ß b. 1900) S. 23.40) H. S e hr a d e r , B ilt.!erschmuck de r d eu tschen Sp rache (Berlin 1886)

S. 183.( I) ch d.

4~ ) D ä c h t 0 I d , Hochzei t ebd.43) E. L. R 0 e h 0 I t z , Alem. Kinderl ied und Kindersp iel in d . Sthwei:z:

(Lpz. 1857) S. 296.44) G r i m m , Sag en Nr. 76.4S) Be c k , a.a .O. S. 236 ff.46) vgl. K I ö p per , Eng!. Reallex. a.3 .0. Bd. I 1268.47) ebd.

'8) ebd.

Page 78: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

13-1,

13:::;De r H au d scliuh im so ns tige u Bra uchtum

57) N orton-K y sh e Q.a.O. S. 41 ; vgl. Km ent S. 25.M) Etw as für All e (1699) S. 443 vgl. G r im m W.B. Bd . IV, 2 S. 417.59) 13 Ö h 1\, Beiwerk a. a.O . S. 86.00) Km e n t a.a.Ü . S. 31.

GI) Fo lkl ore Bd. 18 (London 1917) S. 33l.62) C. W. Ha z 1 i t t , Fa iths and Folklo re 3.3 .0. Bd . I S. 278.

Kein Wund er , daß schli eßlich b ei so häufi ger Verwentlun ~ desH andschuhs zu diesen Zwecken in England au ch ein .Mißbrauch auf.kam. Man benug te nämli ch dort ge ldgefüll te Handschuhe, umd amit zu b est echen. B ek annt ist ein solch er Ver such an ThomasMoor e. Eine Dam e, zu der en Gunst en der Kanzler in eine m Pro­zeß en tschie de n hatte, iih er reicht e di esem zum Dank ein Ne ujah rs­geschenk in Gestalt eines Handschuhpa ar es, das mit 40 Goldstückengefüllt wa r . Der Kanzler an tworte te hi erauf: "Es wäre ein Ver­stoß gegen di e Sitt e, wenn ich mi ch weigerte, das Neuj ahrsgesdlenkeiner Dame an zun ehm en. Ich behalte di e H andschuhe, di e Aus­fütt erung; aber vcr wen de ich anderweitig." " )

Au ßer in En gland find et sich die se übl e Bcnutyung der Hand·schuhe noch in Deutschland, wie der schon zitierte Aus sp ruch desAbrah am a Santa Clara bew eist , und in Spa nie n, wo das Wort" gua nte" Formlich den Sinn Bestechung ang enommen hat. 'S)

Seit der Zcit der R enai ssance war der Handschuh als Cescheukauch in Itali en und Frankreich sehr gesch älJt. So ließ der Herzogvon F crrar a bei den HoHesten den Dam en Handschuh e priisen­ti er cn ." ] Und Riclielieu schenkte 1620 der Maria von Medici einhalbes Dutyend parfümiert er Handschuhe, die er aus Rom hattekommen lassen, um die Königin seinen Plänen günstig zustimmen ."}

Andere Br auche, di e in Verbindung mit dem Handschuhst eh en, lass en sicli nur noch ver einzelt aufführen. Der Zusammen ­hang mit den oben geschilderten Handschuhgab en b ei T aufen undHochzeiten wird deutlich, wenn wir erfahre n, daß es in En glandüblich war, eine n Gla ceh andschuh an den Türklopfer zu binden ,wenn ein Kind im Hause geboren war.") Ebenso verhäl t ~s sich ,wenn im gleichen Lande .bei Hochzeiten-, die Häus er mit Zweigengeschmückt wurden, an den en Papiers tücke in der Form vonFrauenhandschuhen angebracht waren . Der erste Nachweis dafürstammt 'Vom lahre 1777.6

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Für sieh st eht der scherzhafte englische Brauch, wonach ein eFrau, die ein en schlafende n Mann trifft und ihm einen Kuß raubt,

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I Y. T eil: VolkskunJl iches vom Hand sdlUh

schon durch ein e Qu ell e' au s dem 17. J ahrhundert belegt.'~) Bei derBeli ebth eit des H andschuhs für di esen Zweck ist es ni cht seltsam,daß m an au ch dem H errsch er oftmals H ands chuh e darbr achte. Be­son ders p arfümi ert e Handschuh e wurd en gern henug r. K öniginElisab eth nahm m chrfach soldIe Präsente clltge gen.SO) Auch derun glü ddimen 1\1 a r i a St u a r t überr eicht e man im lahre 1556ein Paar Handschuh e!!) Und bei den engli schen Uni versit ätenwar es Brauch, den sie b esuchend en K öni gen oder hoh en Amts­person en zum Zeimen der Ergebenheit Handschuhe darzubrin .geri.") Erstmalig läßt sich dies im Jahre 1451 in Oxford nach­weisen. Noch im 17. Jahrhundert war das gleiche üblich, wi e eineganze Reih e von Nachrichten zeigen ." )

Handschuh gab en der H errscher an Günstlinge ode r auch ver.di ente Untertanen werd en ebenfalls er wahn t. Königin EI i a a .

h e t h soll ein em Earl of Cumberland einen Handschuh geschenkthaben, den di eser am Hute trug, um damit zu prahlen ! .) Etwasunglaubwürdig klingt dann di e Mitt eilung, daß K önig G e 0 r g IV.(1820-30) in der Londoner ita lienischen Oper ein en ga nzen Sackvoll Dam enhandschuhe ins Parkett habe schütten lass en.P)

Weit er galt das Ges chenk von Handschuhen als Beweis der Li ebe,wie wir aus mehreren Dramen S h a k e s p e a r e S erfahren ." )

Fam eli ku s hg. J. B r u c e (London 1858)19) J . Wh i t e l 0 c k es , Li uer

S. 49.

5Q) Km e n t , a.a.0 . S. 27.51) B e ck , a.8.0 . S. 229.

52) B e c k, a,a.O. S. 246; weitere 20 Bele ge fol gen .

.13) Bö h n , Beiwerk der Mode a.a.O, S. 84: anno 1578 Cambridge

anKönigin Eli sabeth ; ebd. S. 88: a n n o 1605 Oxford an J acob 1., 1612 C.mbridge<In den Lordkan zler.

s') Km e n t, a.a.O, S. 32; an ge h lich trug auch Herzog Christian v, Braun­schw eig Jen H andschuh seiner Kusine, de r Wint er kön igin, am Hut. Er h attegeschw or en. e r werde ihn er st an d em Ta ge zurückgehen, an dem sie gemeins. min Prag einziehen würd en. vgl. Bö h n , Beiw erk a.a.O, S. 82.

Sol) Km e n t B.a.O. S. 33.

olG) Troilus und Cr essiJ a IV, 4; Rom eo und Jul ia H, 2; Vi el Lärm um'nichts IU, 4 ; J . O. Hall i w e II - Phi 11i p p s , P opular Rh ym es an d Nur­-sery Ta les (London 1849) S. 250:

"Lov e to th ee I send these gloves,If you lov e me,L eave out th e G,

And rnake a pair of love s."

.ä hn lich The mis eri es oi info reed m arriage VOn Geo rge Wilkin the EId er (1607 );vgl, Ha zlitt, Faiths anJ Folklore a.a. 0 . S. 278.

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136

es) Hdwb. d. Abergl au bens a.a.O. Bd. LII S. 1409 H.80) eb rl.87) TI ä e h t 0 I d , Horhzei t a.a.O. S. 136.~6) J. A. K ö h I e r , Vol ksb r auch, Ab ergl aube, Sage n er c. im Vogtlan d

( Le ipz ig 1887) S. 438.C9) B ä e h t 0 I d , Hochz eit a.a .O. S. 136.70) S. S eI i g m an n , De r biise Blick (Ber lin 1910) Bd. Ir S. 221.71) B rau n , Lit. Gew. a.a .O . S. 370 .

besonder en Gelege nheiten getragen wird, wird d as anders. Sodarf der P ate beispi elsw eise keine H andschuh e anha ben, we il dasK ind sons t weich liche Fi nger be k ornm t."] In ander en Gege ndenlegen di e Paten ihre H and schuh e auf das Kind oder auf se in Be tt,d amit es fleißig und gesch ickt wird.") Wir sehen hi er also inner­h alb des wei ten und vieldeuti gen Bereichs des An a l o g i e ­z a u b e r s glei ch wiede r zwe i I\Iöglidlkeiten: der H an dschuh ein­ma l als verweichlichen de H iille oder im andere n F all e als Abb ildde r täti gen Hand. Meh rfach werden Beziehungen zwis che n denH ochzeitsh and sdmh eu als Vo rzei chen und ihren T rägern her­ges te ll t. So bede ute t es in de r Rh ön Ung lü ck, wenn den Br aut ­leuten be i der Tra uung der Handschuh reißt. 6

' ) Im Vogtla nd glaub tm an, daß der jenige der Brautl eute, der beim Auszieh en der H an d­schuhe vo r dem Altar zul eu t fe r tig ist, zuerst st erben muß." ) E inZusamm enhang mit den gleichen Vor st ellu ngen , die den Handschuhzum H errschaft szeichen werden ließ en , schein t zu best eh en , wennin Spro ttau in Schlesien di e Bra ut ihre Han dschuhe in den Hut desBrä u tigams wirf t, um die. H errschaf t in der Eh e zu er-langen."} InEngla nd dar f endlich die Brau t, di e sich im Spiegel betrachten will,nur eine n H andschuh anhaben, damit ihr ke in Unglück zusto ßt."]

In das Gebie t des Abergl aub ens gehöre n auch di e Tot e n ­h a n d s e h u h c. Na ch uralt em Brau ch gib t ma n näm lich demT ot en seine Kleidung mit, dami t er die se nicht in der unbek annt enandere n We lt vermiß t und in fo lgedess en zurückke hrt, um sie zuh olen.

So pflegt ma n den n P er son en von Ra ng in ihrem Ornat bei­zus ety en. Wenn nu n H andschuh e zu dies em Ornat gehö re n, so wer­den auch sie dem T ot en ange leg t . Unte r diesen Um ständen ist esnatürlich, daß schon frü h den geistlichen Würdenträgern H and­schuhe mit ins Gra b gegeben wur den. Als Beispiel sei hier ei nFund aus dem Grabe Bo nifaz' VIII. genan n t.") E ine gr oße Zahlvon weit er en F unden aus den Sarkophagen von Bi sdl öfen und an-

137Der Ha n dschu h im Abergla uben

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I V. Tei l: Vo lkskund liches vorn Hands dlUh

ohne ihn zu we cken, das Recht h at , ein Paa r H an dschuh e zu ve r.lan gen ." )

Zum Schluß sei auch ein B e t r u g s m an ö v er von B c t t _I e r n nicht vergessen, bei dem un ser Klei dungss tü ck ei ne Roll espielte . In einer de r ers ten Aufze ichnung en übe r das Ro twelschin einer Basler Ch ronik des 15. J ahrhun der ts wir d n arnlich folgen­der Kni ff genann t: "Es ist ouch etlicher , der stoße t sein hand inein he nds dlUoch und hengk et die an den ha ls un d spr idle t, er habeSant An thoni en buoz und das heißt : uf burckard gega nge n."61)

3. Kap ite l

D er H ands chuh im Ab er g l aub e n

Daß de r H an dschuh als Am ts- und Redltszeichen eine soma nnigfa lt ig abgewa nde lte Roll e spie len konnt e, verdankte er n ichtzum wenigsten der Tat sach e, da ß er die Han d abfo rm te . Dah erfan d sich ma nches, was von der Hand auf den Hands dl uh hinü be r­gegl it ten - m an möch te sagen abgefä rbt - is t; und da di e Han dni cht nur als "Symbol", son dern auch als Träger in m agischer Be­ziehunge n eine n och ga r ni cht im voll en Umfa nge üb er sdl auLareBed eutung geh abt h at , so stieß en wir bereits in dem vor au fgeh en­den Abschnitt auch be i dem Ha ndsch uh auf Bes on de rheiten, dieüb er den Bereich des Sinnfä lligmache ns, de r Ver tre tung und desAbseu cns nach R an g und Amt hinaus auf urtümli dl e Vo r:-te llunge nzurückwi esen. Di esen Hintergrund fassen wir unmi ttelb ar , wen n wiruns nu n dem sogenannt en Ab erglaub en zuw enden. Denn in ihm sinddie Vorstellungen , die da s Volk mit dem H an'dschuh verbi nde t, seh t'zah lreidl und mannigfa lt ig. Im folgend en soll es vor alle m dar aufankommen, aufzuzeigen, welche Möglichkeiten das Kl eiclungs!':tückdem Volke für seine n "Abe rglauben" bot.

Mit dem H an dschuh, der als gewöhnlidles Kl eidungsst ück desA ll tag smenschen gebra ucht wird, verbind en sich n atürlich nochkeine besondet'en VOt'st ellungen. Sobald ab er- der HandsdlUh zu- -- - --

6~) ebd . Bd. r S. 277.

5') B asl er Ch ro n . h g, v, d. hist . u , anri qo . Ces. in Ba s el Bd. ILI (Le ip zig1887) S. 147; vgl, Schweiz. Idiotik on Bd. VIII S. 465. _ Zur D eutun g is t

s ich erl idl von de m H in weis au f S. A n toni us, d er H ei liger de r A ussätl igen war,ausz ugeh en . D e r Ha n dschuh so ll a ls o d ie k ranke H and sichern .

Page 80: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

138 IV. Tei l: Vo lkskuno lid les vom Han osd. uh t De r H au dscliuh im Ab erglaub en 139

der en Geistlichen li eß e aich hier n och an führen.7~) Daß auch dieLeid Ien der welt lichen Herrscher mit H andschuh en bekleid et wur­den , erfahren wir zu m er ste n Mal e aus dem sagen haf ten Beri chtdes Chr onicon N oval iciene e von der Öff nung des Grab es K arl sdes Großen durch Ot to III.'3) Aus der sal ischen Zeit wurd endie Hands chuh e aus dem Steinsa rg H einrichs Irr. durch di e Aus.gr ab ungen im Speyr er D om wi ed er zu T age gefö r der t.7') Eb ensoging es den H an dschuhe n H einrichs Vr') Wei ter berich t en vo nK ar! I V. mehrere Chroniken , daß er mit weiß en H and schu hen anden Händen aufg ebah r t wor de n eei." ) Auch in den Grä be rn dereng lischen Kö ni ge in Fo ntevra uld und Wor cester wurd en Ha nd.schujie gef unde n.")

Schlie ß lich läßt sich auch bei gewöhnlichen Ste rblichen derT ot enh andsdluh nachweisen. 7S

) H ier dürfte der Handschuh abererst Eingang gefun den h ab en in eine r Zeit, in der er in fo lge der.Mode zum allge m ein ge tragenen Best andteil der Kl eidung gewor­de n war.

Ab er ni cht nur die Toten tragen Handschuh e. Auch Gei s t e rund E lf e n sin d nach der Meinung des Vol k es mit H an dsdlUh enausgest attet. Die Wasserjungfraue n und T öchter des Wassermannsh aben H and schu h e an, in di e kl eine Krönch en ei ngestick t sind .")Un d die weiß e Frau der Rosenberge ers chein t ebe nso wie die inden Schlösse rn von Ber lin, B ayr euth, Darmstadt und Karlsruhe mitschwarz en H an dschuhen , we n n dem H ause ein Unglü ck bevor­st eh 1.BO)

Der Schu~ der H and, die H auptaufgabe unser es Kl eidungs­stückes, is t nun ebe nfa lls der Anl aß für ab ergläubisclIe Verwendun­gen des Hands chuhs ge wor den. Über den Ritus der verh üll tenH änd e, der hi er an er ste r Stell e zu n enn en wär e, h ab en wir schonob en gespro chen. Es sei hi er noch darauf hingewiesen , daß die

7!) S. o . S. 38.'/3) s, o. S, 41.7<) s , O . S. 41.

7~) s. O. S. 43; vgl. ebd . üher die Best. OUos I V.78) s. O. S. 44.77) S. o, S. 47 f.

78) Z. f. E th no logie Bd. XX II (Berlin 1890) S. 608, wo dieser Brauch imostp r. Ob erl ande belegt wi rd .

7Q) G t: i m m , Sagen S. 40 Nr. 58 {H essea}.

80) G r i m m , Sagen Nr. 258 ; G. J u n g bau c r , Böhmerwal osagen (Jen .1924) S. 138.

t

"1.' ;

pers isclien F euer anb et er noch jett ihre r eligiösen H andlungen mitH and schuh en vor ne hmen, wie es do r t schon im 5. J ahr hundert vorChris tus üblich war ." )

Im deutschen Bereich lassen sich ebe nfalls eine R eihe vonBräuchen belegen , hei de nen der H andschuh als S c h u t z g e ge nm a g i s c h eB e e i 11 f I u s s u n ge n angelegt wird. In Ost ­böhmen muß man zum Beispiel das Jungvieh mit beha n dschuh te nH än den anschirren, u m es zum Zieh en zu hrin gen.") A lle r dingsgibt es auch den geg en teiligen Glauben in Mecklen burg, wo m andas Vi eh nicht mi t Handschuh en anfassen darf, da es sons t ni chtgedeih t ." )

Besonders Geist ern gegen übe r ist natürlich die Benut'iung vonH andschuh en geboten. So k ann man den Bilmschnitter dadur chunschad licli madi cn , daß man die von ihm stehengelassenen H alm emit b eh andschuhten H än den au sr eißt und aus driscli t .?') DenAlp kann ma n festha lten , wenn man ihn mit Erbhandschuhe n an ­p ackt ." ]

Auch Leichen gegenüber sicher t ma n sicli durch Anl egen vo nHandschu hen. Dcsha lb erha lte n L eu te, di e berufsm äßig mit L eichenzu tu n hab en, wie Leichen tr äger ,un d Nach richter , H andschuh e alsT eil ih r es Loh nes. Gera de hi er b esteht eine b esonders eng e Ver­wan dt schaft mit den Vors tellun gen, die wir beim Ritus der ver­hüll ten Hand e wirksam fanclcn. Wie leben dig sie n och h eute imVolksglaub en sin d, wir d bewiesen du r ch die T atsach.e, daß man inSchwedisch.-F innm arken glaubt, di e H änd e wür den gef üh llos, wennma n bei der Bekleidun g 'e iner Leich e k ein e Handschuh e an z.i eht.")

Die Sitte, den Leicheut r ägern Han dschuhe zu geben , bestehtin We stfa len, im Aargau un d, in En gland, wo sogar ' all e An­wesend en bei der Beerdigung d i e~e Gabe erha lten."}

BI) F ra n eo i B Cu m o n r , L'a d or .ation des ma ges 8.a.0. S. 95; vgl, obenS. 24 f.

8~ ) A. W ut t k c , Der deutsche Volk sa berglaub e (3. Auflage B erl in 1900)S. 441.

BJ ) K. TI art s e h . Sagen, Märd' en und Gebr äuch e aus Meckl enh ur g (Wien1879) Bd . 11 S. 145.

81) F r. S ie b e r , Sächsische Sagen (Jen a 1926) S. 242_85) Wu t t k e 8.a .O. S. 27'l ; Da hier di ese Nachricht ohne Quell en angab e

mit get eilt wird, ist nicht festzustell en , was . unt er . Erbbandschuhen zu ver­st ehe n ist . (E rerb te H andschuhe? ) -~ . ",.;" -,.- ..; ~. : !, ,,.

B6) H dwb. o. Abe rgla ubens Ud. III S. 1410. -J :,-, , .

67) H dwb. o. Ab er gla ubens Bd . III S. 1409; P. S art 0 r i , Sill e und Br auch

Page 81: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

D em N a ch r ich t e r wurden Handschuh e vor allem in derSchweiz, in Schwaben und in Franken gegeb en. Die früheste Nach­

richt darüber stammt vom Jahre 13-l-0 aus Züri ch.s8) Eine groß e

Reihe weit erer Belege reicht bis ins 18. Jahrhundert hinein. Eine

Kärntner Sag e deutet darauf hin, daß auch in Österreich der H enkersein Handwerk mit Hands chuhen verrich te t. t") Und tatsächli ch

wal tete Josef Lang, ein er der let t en ds ter reichisclien Sch arfrichter,seines Amtes mit schwarzen Glace h an ds ch uhen, die er nachher

unter den Galgen warf'.") Dies er Brauch wird sogar noch je!5t ge­

übt, wie sich aus einem B ericht über die Hinrichtung der am leut en

österreichischen Aufstand im Jahre 1934 Beteiligten ergibt.o1) Auch

in Frankreich wurden schon im Mittelalter den Na chrich tern Hand­

achuh e zu ih rer Verrichtung gestellt. Die Belege dafür sind meist

aus dem Norden di eses Landes und reichen vom 14 . bis zum

16. Jahrhuuder t." )

Bd . I (Lei pz ig 1910) S. 142 ; Am Urqu ell (Monats schrift für Vol k skunde) N. F.Bd. r (18 90) S. 19 .

C. W. Ha z I i t r , Faiths and Fo lk lore a.a .O. B. I S. 277; - Im We stfa len

wu rd en außer Ha nd schuh en n och Zitronen und Ro smarin zw eige ü berreicht, die

au ch schüt\ ende Wirkung haben .SB) Za hlreiche Belege aus d er Schweiz im Schwe iz. Idiotikon a.a .O . Bd. VIII

S. 466: anno 1340, 1375 , 140 5, 1-*11, 1500, 1508 , 15-10, 154-1, 1562 , 157-1, 1597,

1713.

Zeugnisse au s Schwaben: H. S t eng er Verwal tung und Verf. d. Stadt

D onauwörth ( ebd. 1909) S. 45 an n o 1569 und 1573 .

Frank f ur t : F . Rau , B eit r . z. Krim.recht d, Fr, St adt Frankfurt [Diss, phi!.

Freib urg 1914) S. 32 anno 1432.

Schweiz: Rechtsquellen des Kantons Aargau B d. V S. 264 : anno 1683 . ­

Wenn ausnahmsweise der Richter dem Nachri chrer bei seiner Verrichtung be­

h il fli ch sein muß , dann legt auch er Handschu he an . G r i m rn , Wei stümer

a .a .O . Bd. I S.495: Cen tw eisthum zu Gerau; vgl . A. Keil er, D er Sch arfrieh t erin der d eutschen Kulturgesch . (Bann 1921) S. 74 . '

89) Eis e An g S t m an n , De r H enker in der Volksm einung (Te u tonis ta

Beiheft 1; Ba nn 1928) S. 83; - Die Ve rfasserin we ist darauf b in , daß die

Handschu he auch den Zweck haben können, die armen Sü nder vor der Be ­

rührung m it der entehrenden Hand des Henkers zu bewah r en .90) A . Kei l er, Der Scharfrich ter in der de utschen K ulturgeschich te, a.a. Ü.

S.220,

91) vgl. di e Pressenachr ichten; z, Bsp . Vö lk . Beobachter v : 4. VIII. 1934 S. 3 :

,.Neben di esem m erkwürdigen I nst rument warteten drei H enker, die schwarze

Anzüge, schwarze Pelzkappen und schwa rze Sei d enhandschuhe trugen".9~) V. Gay , Gloss. a r cheoI, a .a.Ü. Bd. I S. 758 anno 1342 : " Au pend eur

. pour un blans wans pour mettre Marhieu Glore en l' esk el e" (H esdi n Dep . Pas

de Ca lais) ; ann o 1344 ebd. ; anno 1421 Amiens; anno 1510 u nd 1541 Treguier

(Dc p . Cö t cs du Nord) ; - Dis in die Neu zeit waren Stricke vom Galg en und

Scharfrich terhandschuhe Geg en stände ab erg!' Wünsch e. vgl. Jhb. f. his t . Volksk.

a.a .Ü. Bd. I S. 92,93) N i e. G r y s e , Lei en Bibel (Rostock 1604) b ei S e h i 11 e r - L üb ben

Mittel n iederdt seh. WB (Brem en 187 6) Bd. II S. 200.04) S e i i g man n , Blick a.a .O. Bd. II S. 137 .

9S) Z. f. Volkskunde na. 16 (1906) S. ~79 ff .

95) Wu t t k e , Ab erglaub e a.a . Ü, S. 372.. ' ) So be stimmt beim Tode Adolf s v. Nassau, vgl. Chroniken deutscher

St äd te hg . v. d. hayr. Akademie Bd. VnI : Straßburg Bd. I S. 61 : " d a wurdentuf in zw cn wiße hcu tschuch geworfen, d az de t einre der den Kunig hinegab".

98) Epist ula Eusebii, Cyr illi e t Au gustini Gregorii dialogi, 1473 ins ' mnd .

iibe rseg t bei S c 11 j 11 e r - L üb b e n , a.a.O, Bd . II S. 200.

Ab er n icht nur zum Schut der Hand dient der Handschuh .

sondern auch allgemein als Ab w e 11 r . Dies darf sich er mit der

Fo rm des Kl eidungsstückes in Zusammenhang geb racht werden .

Schon in ein er alten niederdeutschen Qu ell <; läß t sich di es e Wir­

kung des Handschuhs na chweisen. Es h eißt in dies em W erk des

frühen 17 . .Iahrhuntlcr ts " uewy le de su lucn gcme in ik lich en vor

einem f ugen hantschen un de vo ßsw ang e also klamher ti ch verzagen,

dat se ba lu e fluchti ch werden" .93) Ähnliche Vorst ellungen verbinu en

wohl auch an der e Völk er mit dem Kl eidungsstück. So bringt man

in Neap el als Abwehr gegen die bös en Geister üb er den Haustiiren

Handschuh e an, von deren fünf Fingern nur zwei aus ge st re ckt

sind, die a \50 eine Schwurgeste zeigen .24) Na eh ein er P oln ischen

Legen<.le üb er No ah , die man au ch in Rumänien, hi er aber von Adam

er zäh lt, wir d au s dem Handschuh der II'Iutt er Gottes, bei den Ru­

mänen aus dem linken Handschuh Adams eine Kaue, di r,' den in

der Gest alt eine r Maus auf tretenden T eufel ver riicli te t ."] In

Deuts chla nd braucht man ferner Hex enkaty en nur eine n Handschuh,

ein Stück Stahl a rier ein Dr eikreuz ermesser zuzuwerfen, um sie zu

veranj assen, sich in ihrer wahr en Gestalt zu zeigen ,OS)

Mit der ab wehrenden Wi rk ung de s Handschuhs mag es wohl

zu sammenhängen, daß man das Kleidungsstück auf eine L eiche

legte oder über ein eI? Grabe aufh ängte. Allerdings k unn dies au ch

in manchen F ällen als symbolische V er lusterklärung oder Auf­

lassu rig an gesehen werden .") Die f rüh est e Quelle, di e do ch wohl

im er steren Sinne auszulegen ist , findet sich in einer sp atmittel­

a lt erlich en Oldenburger Handschrift: " h e to ch de h anschen uet

synem bosem unde le ged e se up des doden kindes borst ."?") Res te

von solch en Bräuchen hahen si ch in Eng lan d erhalten, wo in St.

141D er Handsdm h iin Ab erglauhen

,f

i

I~

I,I

IV. T eil: Volkskundliches vom Hands chuh140

Page 82: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

09) Hdwb. d. Ab er gl au h en s a.a.O , Bd. Irr S, 1409.100) Km e n t , a.a. Ö, S. 28; H . J . F e a s e s , Bisbops Gloves a,8.0. 3 . 2.J,3 .101) H. J. Fe as e y cbd:

10') vgl. d. Vo tivhä nde v , K l. Gli en in Steiermark; dar über und au chwei te res Mat erial W. 5 e h m i d , in Praehist. Ze its chr . Jh g, XX IV (1933)H eft 3/4 S. 246 u.

103) 8.a.0 . Bd. II S. 153.104) G r i m m , Sagen S. 273 Nr. 315.

105) Z. r. Volkskund e Bd. 8 (1898 ) S. 160.106) W. G. S ol dan - H. He pp e , Gesch. d. H exen pr ozesses (2. Auf!.

München 1911) S. 288.

J ames H and schuh e aus P apier au f die Gräber geleg t wurden.")Au ch soll es f rüher in Deutschland , England und Schot tlan d üblichgewesen sei n, unverh eir ateten Miidchen einen H an dschuh mi t insGra b zu geben .':") Schließli ch wir d wied erum aus England berichte t,daß man dort über Grabmä lern in Kir chen H an dschuh e auf­hängt e.!" )

Ob etwa ein Zusammenhang di eser Br äud ie mit den schon invorgeschich tl icher Zei t be i Besta tt ungen mi tgegeb enen Abwehr.hän den besteht, läß t sich n atürl ich nich t mit Sich erheit sagen.Offe nbar geh t beid es zum mi ndesten au f ähnliche Absich t enzur ück.':")

Mit der ab wehren den Ei genschaft des H an dschuhs steh en dannwohl noch einige andere Anschauungen de s Vol kes in Verbi nd ung.In der Zimmernsdlen Ch ronik find et sich zu m Beisp iel eine sagen­hafte Erzählung von einem Mä dche n, das zum "alte n Gr emlichen "in eine Höhle en tf ührt wur de. Sie fand den Au sgan g n ur da dur chwie der, da ß sie einen dort au fgehängten H andschuh ber üh r t e.?")Nach einer and eren Sage bewirkt ein im Schagherg zurückgelassene rHan dschuh, daß m an den Eingan g wiederfinde t. tu,) Endli ch deutet

nach dcm Glaub en der I slän der ein um gekehrt er H andschuh ineinem dunk le n Haus e nach der T ür .10S

)

Eine legte Möglichk eit fü r abe rgläubis che Vors tellungen botunser Kleidungss tück, we nn m an es als V e r t r e t u n g s e i n e sEi gen t ü m e r s n ahm. Wir sehen auch hi er wieder eine Mog­liclik ei t aufgeg r iffen, die sich schon bei dem RedItszeidl en Hand­schuh als en twicklungsHihig er wiesen hatte. An dieser Ste lle ist'nur ei n Beleg au s England anzuf üh re n. Dort wurde nach denAkten eines Hexeoprozesses ei n junger Lord in Rutlan dshi r e da­du r ch ge tö tet, daß man seinen H andschuh geso t te n, durchs tochenun d eingegrab en h arte.'?")

142 I V. T eil : Vo lksk und liches vom Handseiru hI

IrI,•f,I

Dc r H andschuh im vol k st ümli chen un d geist liche n Erzäh lgut 14: 3

4. K apitel

De r H a n cl 5 C h u h i ru Y 0 1 k s t ii m I ich e u u II d ge i s t ­

l i c h e n Er z ähl gut

B ei der vi elfa chen Verw en du ng, die der Handschuh als Klei­dungsstück, als Am tszcichcn, als Rechtszeich en und auch ander­weitig im Brauch tum gef uude n h at , is t es zu erwar ten , daß siehSpure n davon im Erzäh lgut finden. Oft sind es üb er sinnlicheEigenschaften, di e dem Kl eid un gsst ück in der Erzählung zug eschr ie­b en werden. Diese Dinge h aben wir scho n im vorig en Kapi te l anu ns vorüb erziehen lassen. Au ch an die Spuren, di e wir in de rn ordisclien Myt he aufzeigen k onnten , hr auch t hier nu r noch ei nma lkura er i d 107)urz en nner t zu wer en.

Es bleibt also lediglich noch d ie Beschäftigung mi t d em volks­t üm lichcn Erzält lgut, wo run te r wir Sage un d Mar elien ve rs te he n,un d d em dami t of t so eng verbunden en geis tl ichen Erzäh lgut.

Die Legenden stoffe der H eiligenvit en biet en vor alle m denVor teil, daß sie m eist einigermaßen genau da tie rbar sin d.Der grö ßte T eil von ihnen ve r da nk t wohl ir gen deinem Zuf alloder der Ph antasie eine s Schr eib er s seine E ntsteh ung. Dochlassen sich auch hi er einzelne Mo tive und so gar ganze M ot iv­gruppen unt er b es timm ten Gesichtspu nk ten zu samm enfass en.A ber nur eine k leine Gruppe vo n Motiv en, die sich Fast all einim volks tüm lichen Erz äh lgut findet und die zum Schluß alsbeso ndere Einheit beh andelt wer den soll, läßt den Geb ra uch desH andschuh s als Amt s~eichen ode r als Ob jek t von RedItsf ormenn och er kennen.

In den Stoffschag der H eil igen vit en h ab en Erzäh lungen übe rden Handschuh schon seh r früh Aufnahm e gefunden. Da nun großeT eil e der Viten dur ch K ompil at ion ents tan den sin d, so ist es leimtzu erklären , daß sich hestimmte Grupp en von Erzählungen find en,d eren Urspr ung auf ein 'Motiv zurü ckgeht.

Einige der äl teste n Vi ten en tha lten das Motiv vom R aub ei nesHandschuhs, wor an si ch Wunder k nüpfen. Offenba r is t es re chta l t und geht wohl au f die Zeit zur ück, in de r der H andschuh n ochse lte n und daher kos tba r wa r. In der Le be nsbes chreibun g des BI.Columba n, di e der Mönch J 0 n a s vo n B o b b i o in der Mittedes 7. J ahrhunderts gesch ri ebe n hat , wird zum ers te n M ale eine

10') S. o, S. 4.

Page 83: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

l OS ) s. o . S. 12 Anm . 5I.109) s. o. S. 10 Anm . 39.110) s . o . S. 10 A nm. 40.111 ) s. O. S. 12 Anm . 56 b czw. S. 23 An m, 35.11 ' ) s. o. S. 12 Anm. 5-1.113) Hd wb . d, Ab ergla ub ens 3.a.0. Bd . V S. 1587.114) 5. O . S. 29 Anrn. 40.115) Vit a S. Il dcverti Meldens ie (All.. 5S. 27. Mai Bd. VI S. 705) : " Cumqu e

de manibus gan t os ex t r ax isse t, app os ui t eos r adi o 50Iis"; Vit a S. Gud ulae Vir­y,inis (A ll.. SS. 7. ]ulluar Bd. I S. 517) : "ch ir o th ec ae t er ram non atl ig eru nt , sed

In uuro nc ai hu er cn tcs pc pe n de r u n t"J)'lJ<l ";p l i" q uuli tc r Karo lus t\Iagn us Cor on am Do mini a Con stantiopoli

Ä'I" I. f1 r lll l dut ul c r i t erc. , eru atandcn in St. Deni s n ach 1050, vgl . G. Rau-

sol che (,.e sch idlte g eb r a dl t.l0~) D em H eiligen wurd en ih r zufolgc

d ie Ha n dschu h e, d ie cr zu r A rb eit anz u legen p flegt e , von ei n em

R ab en ges toh len . Als der H eilige daraufhin d em Tier m it se inem

Zorn dro h t e, bracht e es ih m di e H ands chuh e wie.d er . In e twas a b­

gewa n dc lt er F orm ers ch ein t d ie gleiche Erzählu n g d ann in d er

Mit te des 8 . J ah rhu n d erts in d er Vi ta des HI. C u tlil acu s, ei n es

E r emi ten vo n Croyland. l" ] Diesmal verl ier t ei n Geistl iche r , de r

den H eilig en besu chen wi ll , b eim Ve rl asse n d es SclnfIcs ei n en

H an d schuh , der gle ich falls vo n ein em R ab en gestoh len wi r d . Auch

hier weiß d er H eili ge d en V ogel so zu b eeinflussen , d aß er das K lei ­

du n gasrück zu ru ckgibt . W iede rum ei n Handsehuh di eb sl ahl findet

sich in der V it a des Ab t es P hilib ert von Iumieges.!" ) H ieran

sch ließ en si ch mit de m gleich en St off die Viten des Bis ch ofs B e­

tharius von Char t res u nd d es Bis cho fs Aldrieus vo n L e M allS, die

h eide eben so wie da s z u lety t ge n a nn te W erk aus de m 9. J ah rhundert

st ammen.11') E ine Ausrichtu ng in d as All ta gsle ben h at en dlic h di e

Vi t a d es HI. l\l ai mbod aus d em früh en 10. Jahrhundert . H ie r wird

erzä h lt , d aß d er H ei lige von Räu be rn ge tö tet wu r de, we il d iese ihn

we gen se in er H andsch uh e für ein en r eichen Mann hi el t cn .'!")

E in e w ei ter e Grup p e von Legen de n, d ie r ech t ausgedehnt is t,

en thä lt d as Mo t iv von einem Handschuh, der an einem Son ne n­

s trah l ~u fgeh äng t wir d - ein M ot iv üb r ige n s, das auch in M antel ­

sagen eine R oll e sp ie l t. " a) I m Zusammen h ang- mi t dem H unrl schuh

ers che in t d as M o ti v zum ers te n Mal e in d er Vita d es HI. Aica drus

vo n Jumieges im An fa ng d es 10. J ahrhundert s.t'") Im 11. J ahr.

hund ert w u r d e es au fgenom m en VO ll d er Vita d es Hi. H il d eb er t von

i\I eau x , d er Leb ensb eschr ei hung der HL Gudula von B r üssel und

von eine r sagenha fte n E rzä h lu ng üb er Karl d en Gro ßen .w ,) Auch

l-1-! IV. Tei l : Volks kundl iches vom H an dsch uh i

IIIi

ii

I

D er H au dschuh im volkst ülIllich cn U Il U gcis tliche n Erzäh lgu t I.Ei

im spä t en IHittela l te r erf r eu te es sich n och ei n er gro ßen B el iebt­

h eit, d en n es wurue n och von eine r gro ße n Re ihe vo n H eil igen­

legen d en ü bernommen. 11 0) So k am di e Sage du r ch die Vita des

HI. D avid auch n ach Sch wed en, wo sie ange b lich n och h eut e so

lebendig ist , d aß d or t d ie K a th olik en d en Tafr d es B I. Dav id, de r

Apost el vo n "\\iestman lan d w ar, au f de m K alen d er mit eine m

H andschuh k enuzei cb nen.!" ) Auch in Deu tschland lebt di e L egende

n och und wird in d er L ausig vo n d er H i. K unigun d e erz ah l t .!" )

Ein anrlerr-r Legen d en stoff, bei d em d er H andschuh im Mi t tel­

pun k t steht, ist i n der L eb ens geschi ch te de r BI. W Rld b u rg er ha l ten

(9. J ahrh.}.ll9) E in Mann betr i t t da nach eine K ir ch e mit Hand­

schuhen an de n H änden . Es fä ll t ihm ei n , d aß di es - wi e wir

sch on b ~ obacLtet en - unschicklich ist , un d er will si e d esh alb aus­

zie h en . D ocli lieg en si e schon vo r ihm aus gebr ei te t. W eil er sich

n u n vo r d er göttli ch en Ra ch e für ch t et, b erührt er die Han dschuh e

n ich t, son dern. schenk t si e de r K i rche. Ei nen seh r vie l sch lim m eren

Au sgan g nim mt eine ga nz ah nl iche Geschich te in der V ita d es ErZ·

hischofs Eberhard von Sa lz burg (12. J ahrh.) !") .Ein e seh r p h an tas t isch e E rzäh lung w eiß en dlich G e r v a s i u 5

von Ti 1bur y von einem H andschuh zu b erichten , den der BI.Cesar i us, Bi schof vo n Ar les, m it Luft ge fü ll t in ein T al der Pro­

v en ce sa n dte, das vo rh er in Erm an gelung von Luft unfruchtbar

w ar. 1Z1)

Eins der H auptm otive d er v o I k s t ü m I i ch e n Er z ä h .

lu n g ist die Tö tung durch vergi fte te H andschuh e. E s läßt sich

s c h e n , Die Legen de K ar ls d es Großen [P ubl . d . Ges. f. R hei n. Gesch. Bd. VII;Leip zig 1890) 5. 103·-103.

115 ) J a c 0 b Ue G u i s i a , An nales Hann oniac (i\IG. 55 . Bd. XXX S. 137);Ch ron ika 5. P etri Er fo rde nsis mod erna (ilIG. SS. Dd. XXX S. 408) ; H el inan diCh ronico n (Mi;ue Pa t. L a r, Bd. 212 Sp . 3ot5); Riclier i Gesta Sen nonens is ee cles.

(i\lG. S5. Bd . XXV S. 272) .111) 55. r er . Svevicarum Bd . Ir S. 406; Das Alt er d er Vita steht leider n i ch t

f est. (11 . Jahrhu nd er t ?) ; vgl. e h . Ca h i e r, Car ater ist iqu es des Saints (P aris

1867 L) S. 4-13.118) K . Hau pt , Sagen buch a. Lau sill Bd. I (Görl i ll 1863) 5. 217; vgl.

A. Mailly Hecht sa lt cr rilm er a.a. Ö. S. 28; - Das 1I1 0tiv in Ve rb. m , d, Hl. Kun­gu n ide ers tmalig bei Sigf r id d e B alnh usen (i\lG. 5S. Bd. XX V S. 695) 14. Ihdt.

110) s. O. S. 14 Anm. 60.l ~O ) S. O. S. 129 Anrn. 16.1'1) Otia irnp er. dec. II I c, 34 (An f. 13. Jb dt .}; vg l. C a h i er .

Car akte risti que s a.a.O. S. 445. Nicht zu erk lä ren ve rmag ich. weshalh der hl .F irm us au f einem Al t ar aufs ag der P inaeoteea Comun ale zu Vero na (No. 356;

Page 84: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

no rum.

14. Jhd t.}, der Mari a und me h re re H eili ge zeigt , mi t eine m am linken Armhän gend en Han dschu h darg estellt ist. Sollte der H eilig e dadurch nur els vor­nr-hm er Bür ger gek ennz eichn et werd en ? vgl. Abb. und T ext b ei R. va nr.I ~ r I e , Th e dc ve lop ment of th c It alian sd>ools of p ain t ing (de n H aa g

1923 f f.) Ed . IV S. 194 ; Abb. S. 196.

1:2) 55. r er. GaU. Bd. XI S. 50: Wilhelmi Gemel icensis Historia Norman-

1:3) MG. 55. Bd . XVI S. 65.

124) MG. Deutsch. Chron . Bd. II S. 166; Chroniken dr sch. St ädt e Bd. Vl l -

Mogdeburg aa. r (Leip zig 1869) S. 73.

125) 55. rer. Br un svi c. ed. L ei b n i z (H ann ove r 1110) Bd . II 5. 15 .

125) K. v. ChI e d 0 W ski, Die letl ten Valcis (Mün chen 1922) S. 345.

I: ') vgl. Fr. T h i e I, Der Handschuh (Leip zig 188 1) S. 82-87; A. H _

Kr a p p e , in Modern Langua gc Not es Bd. XXXV (Baltimar e 1919) S. 16 H.

I:S} v , 1298.

zue rst in eine r um 1070 in Jumieges en tstan de ne n Historia Nor­m anriorum n achw eisen.!"] D emn ach wurd e der H erz og Conon von

Ocr Bretagn e (t 106 6) auf diese Weise umgebracht. In Deutsch­Ian d wird di e .gleich e Sage End e des 12. Jahrhund erts in den An­n alen von P öhlcl e von Otto Ur. beridltet.123) Von hier sch eintsie in die säch si sch e W eltduonik und später in . di e MagrleburgerSdlÖpp euch r on ik eingegang en zu sein .!" ) Au ch im spä ten Chr on i­

con Riddagshusa num ist sie zu find en. 12' ) In n eu erer Zeit bezi ch­ti gt e m an Kath erina von l\ledici, sie hab e man che ihrer Opfer,

darunter J ohan na von Albret, durch vergiftete HandsdlUhe ge­t c tet. ':")

Jünger en Ur3prungs al s da s zuleg t an geführte ist ei.ll Motiv,

das seine klassisch e Formulierung in Sc h i J I e r s Gedicht " DerHandschuh" ge fun de n hat. Di e Geschichte vo n dem in die Arena

ge worfene n Handschuh geht auf sp anisch e Übe rl ie f er ung des 16.und 17. Jahrhunderts zurück. und hat dann auch schnell bei anderenromanischen Völk ern Aufnahme ge fun de n. So ist sie denn b eiL 0 p e d e V e ga eb en so wi e au ch bei Ban d e l I 0 und B r a n ­t Bm e zu treff en . ' ~')

Ein e Anzahl anderer Sa gen läßt sich in keinen gr öß er en Zu­Rammenh an g einordnen . So wird in der Spielmannsdichtung vonSalman und Morolf aus dem 12. J ahrhundert b erichtet, di e

Sonn e hab e Hand und H andschuh der Königin Sa lm e durch­schien en .l'") In der Zimmernschen Chronik (16. J ah rh. ) wird eine

spukh afte Gesch icht e von ein em Ritter iib crli ef ert, der in einer

1:9} hg. Bar a c k a.a .O. Bd. IV S. 121.

130) F r. S i c b e r, Sachs. 5agen a.a.O. S. 172.

131) K. F r. W a n der, Deutsch es Sprichw ör ter Lexikon Bd. II (Leipzig

1870) S. 336; - über die Ben ujyung des Handschuhs als Gel d tasche vgl. dasT estament d cs Roh ert Mauger vom Jahre 1418 (Doc . in ed . su r I'hist . de France

JlIelanges his tor iqu es Bd . 3 : Te st am ents en reg ist re s au Parl am enl de Paris sous

le regne de Charles VI. hg. A. Tue I e y ; Paris 1880) 5. 602.132) Vita B. 1Ilaria e i:llagd. et sor ror is eiu s lIIartha e c. 49 (l\! i g n e Pat. LaI.;

Bd. 112 Sp . 1506).I~) hg, K. B r a 11 d i (Qu ell. u. For sch. z. Cesch. der Abtei Rei 'chenau

na. 1I; H eid cl berg I H93) S. 93.

Der Hau dschuh im volks tüm liche n und ge istlichen Erzählgut 147

KJp eJ](; üb ernacht et. l~Ü) Ein Ges pe nst hatt e sich die "plechhent.sdiu cli' ang ezogen, di e der Ritt er auf der T otenb ahre hatte lie gen

lassen. - Di e Handschuh e d er Frau Holle, VO ll ihr auf einen vo r ­witig en Knech t gewor fen, wachsen an de ssen 1\ase Ull.'30) An di est ell enw eise übliche Vorwe u du ng des H an dschuh s als Geldtasdl e

erinne r t di e Sage von P adulus, der an der Kirche zu D,ürrheimh egr:lben li egt und auf seine m Grabm al mit eine m Handschuh inder Hand abg ebildet ist. '31) Von ihm wird n ämlich er zählt, er hab e

einen H an dschuh b esessen, aus d em er, so of t er hineingriff, sovi el

Geld herauszog. al s er nötig hatt e. Und der Handschuh sei tro\3'

(lern ni e leer gewor de n.

In den Zusa m me nh ang der früh eren K apitel kehren wir zu­

rück. bei tlen Sagen, di e als Ausgangspunkt die Verwendung des

Handschuh s als Amts- od er R echt szeichen er ke n ne n lassen.

A I" bi sch öflich e Insigni e e rschein t der B andschuh in eine rWund ererzählung üb er den HI. Fronte.'?") Dieser Bischof b ef and

-sich am gleiche n Morgen, an dem die BI. l\Iarth a von Tarascon be ­gr abe n werd en sollt e, in P eri gu eux, um das Opf er zu vollziehen .Als er noch au f Jas Herbeikomm en des Volkes wartet e, schlief der

H eili ge pl ötli dl auf seine m Stuh l ein. Im Schlaf e rsch ien ihm derHeiland und n ahm ihn mit n ach T ar ascon, damit er ein em Ver­sprechen gemäß am B egräbnis der BI. Mar tha teilnehmen k önne.D as un geduldige Volk weckte sch ließlich den eingeschlafenen Bi­schof. Dieser erzäh lte darauf, 'was ihm zug est oß en war, und ließ"Zum Bew eis H cndschuh und Ring, di e er dem Sakristan in Taras­

con gegeb en hatte, vcn dort durch ein en Boten hol en . Eine ähn­li che Geschicht e berichtet di e R eichcnauer Chronik d es G a 11 u s(J h e i In aus dem Anfang des 16 . Jahrhunder ts.' :") Di e All an s­

haclrer k am en laut einem 'Ber ich t zu Papst Leo IX. mit der Bitte,

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I V. T cil : Volkskundl iches vom H an dschuh146

Page 85: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

H 8 lV. Teil ; Vo lksk und li dres VO lD H cn dsci.uh Der H and schuh im volks tümli chen und ge istliche n Erzählgu t 149

1.'1' m öge ihr e Kirdle weihe n. Di eser an twor te te: " K ere n d widerheim . i ch h ab sy gewihc t, des zu ai n cm zaichen w erden ir findenairi en han dsclruch uff dem allt ar ."

Di e f ei erli che B ekleidung der Bisdlöfe mit dem HandschuhLei d er Weih e m ag w oh l Anlaß zu d er Sage gew esen sein, di e er ­zählt, de r Hl. Ama deus vo n Savoyen, Bischof von Lau saun e in derMitte des 12. Jahrhunderts, h ab e eine n Hands ch uh vo n der HLJungfrau e1'!wlte n .'3') Ein le\3ter Hinweis au f den P on ti fik alhand­sch uh 'fin det sich in einer Sage au s Sohland an de r Spree.!"] D ort

mußt e angebl ich ein Pfa rrer ein Jahr lang b ei der Predigt zurStra fe zwe ie rlei H andschuh e tragen , einen schw arz en und ein enweiß en.

Di e Erinnerun g an den H andschuh als Ürnatstück der H err­sche r hat si ch weniger gu t in d er Sage erhalten . H ier ließ e sichnur di e scho n mehrfach er wä h n te Legende v om Besu che Ü t t os IU.in d er Gruft Ka rls des Groß en a nführen, di e sich zu erst im Ch ro­ni co n Novaliciense (11. J ahrh. ) fin det.m)

E in er erheblich grö ße re n Zahl von Sagen li egt di e Verwendungdes H an dschuhs im R echt zug r un de . B esond ers di e B enutyung des

Handschuh s bei Altarsch enkungen k ann man mehrfach noch deutlidierkennen. Hierher gehö r t di e 'Sage von der Gründung des Frauen ­k los te rs Ki \3 in gen am Main.':") Hadelo ga, di e T ochter Pippins,

erb a t sich vo n ihrem Vater au f d em Schwanberge ein Stü ck Land,um ein Kl oster dar au f zu grün de n. Pippin gewährte di ese Bitte,worauf die 'I' ocht er den H andschuh au szog , um ihm zum Dank dieH an d zu rei chen. Da en tführ t e ein Windst oß ihr den Handschuh.An der St ell e, wo dieser spä te r wiedergefund en wurde, gründeteman dann das Klost er. Nach einer verwan d te n Sage üb er dieEntst ehung des Kl osters Maricnb er g äuße r te di e fr omme Gräfin

Stilla von Abensberg d en Wunsch, sie w oll e dort be grabenwerden, wo der Wind ihren H andschuh hin tr iige.!" ) Er fiel beieiner K ap ell e ni ed er, di e Stillas Stiftung war. Nach einer zweiten

13<) R. P . C h, He n r i q u e z , Menol. Cister t , (Antwerp en 1630) 7. Ja nu ar

S. 9 ; vgl. C a h i e r, Carac te r isr iques a.3.0. S. 445.135) A. M. M ~ i SC h e , Sa gen buch de s Königr eichs Sachs en (Leipzig 1903) ~

S. 4U i\'r . 557.l~O ) 5. O. S, 4l.137) A. S eh ö p rn er . Sagen buch der hayr. Land e (Mün chen 1874) Bd. 1

S, :!:12.1 3 ~) (.bI. na J S. 232.

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F assun g: fand man ihn sogar auf dem Altar der Kapelle. Die Er­inn erung an di e A lta rschen k ung lebt offe nba r au ch n och in de r

Sa ge von der Grä fin Rich ardis von Eber sb erg, di e jeden .Morgenvo n ihrer Burg na ch Eb ersb er g zu r F r iihmesse kam. Al s siesich eine s Morgens ve rspä te t hatte und darüb er s~hr b etrübtwa r, li eß sie a us Versehe n unterwegs einen H andschuh fall en. EineEl st er h ob ihn au I, bracht e ihn zur K ir che und legt e ihn an f denAltar. Der Priest er , der den H an ds chuh erka n nte , schloß daraus,daß di e Gräfin no ch kommen werd e und wartete des h alb mi t demBeginn der Messe.!" ) Durch einen H andschuh wurf wurd e der Sage

n ach auch der Or t bestimmt, an dem das F ra ue n kl os te r K aufb eureu~egründe t wu rde.':") E mlli ch mu ß hier noch die Sage von der Grün­

dun g des Klo s ters Neuwe rk b ei H all e gena nn t werden. Sie find etsich schon End e des 12. J ahrh un rler ts in de r Vi ta des Propst esL amb ert von Neuwerk.!") Dort wi r d berichtet, der reiche Bürger

B ezecho hab e auf dem H eim weg von eine m Besuch bei demE rzbis chof Adelgot auf dem Gie bi chenste in plötli ch eine glü­h end e Egg e vom Himm el schwe ben seh en . E r warf sein en Ha nd ­sch uh sch ne ll an di e St ell e, wo sie nied er fiel und ei lte, um denErzbi scho f zu bena chrichti geu . Diese r k am schne ll h erb ei und sahDoch die Egt;e wie de r zum Himmel schweben. Der Kirch enfürst

gr ünd ete dan n an diese. St ell e das Kl ost er Neuwerk.

Zwei we ite re Sagen lassen den H andsdlUhwurf, da s heißtll be r t r agung eines Besi \3 es im Falle der Ni chtanwesenheit des Er­we rb era, erkenn en. Es ist di es einmal di e Sage von Arnhold VO Il

Scheuern, der , als sein e Vet te r n ihr Erb gut dem Kloster sch en kten,seinen Handschuh in di e Lu f t warf und aus rie f : " Der Teufel sollauch seine n Anteil h ah en !" Der Handschuh ve rsch wan d und kamn icht wi ed er.':") Di ese Sage dürfte scho n ziemlich alt se in, dennfa st die selb e Ge schichte, di e vo n der hessisch en Landgr äfin Sophieerzähl t wird, geht sch on auf di e Reinhardsbrunner Chronik ausdem 14 . J ahrhundert zurück.143

)

Ein e K ölner Sage vom Jahre 1280 schildert den Gebrauch des

139) 5 e h ö p p n e T a.a. O. Bd. I 5. 7l.

140) ebd. Bd. 1 S. 447.

141) MG. 55. Bd. XXX 5_ 950; G r a e s s e , Sagenbuch d. preuß. St aates.a.a.O. Bd . I S. 380.

' '') W . 11 e n z e I , Ch r ist1iche Symbolik (R ege nsburg 1854) Bd. I 5. 372.

1<3) G r im m , Sage n Nr. 565; vgl. obe n 5. 81 Anm . 75.

Page 86: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

150 IV . T eil: V olksk u ndl iches vom Ha nds chuh

Hundschuhs b eim Zweikampf, so wie wir ihn obe n k ennengel ernth ab en ." ' ) En dl ich lernen wir di e Verwendung VO n glühe nden Eisen­h andsdiuh eu beim Go ttes u r tei l im 11. Jahrh un dert aus mehrerenQuellen kennen, di e dies von dem H eidenmission ar Pop p 0 b e­r ichten. I

" )

1") S. o. 5. 100 Anrn. 137.

14~) A d a m v. B r em e n , Hist , E ccl. Bamaburg. 1I , 26 MG. 55. 10 u s,

sdr ol. ed. Schm eidler 5. 83: "Qui (P op p o) f err um can de ns e t Ignirum in mo dumeyro tecae formatum cor urn p op ulo ain e lesione por t avi t." ähn lich Saxo Gr am.'m a t i cus (MG. 55. Bd . XXIX 5. 64) ; Ge sta Trevcr. c. 31 (MG. 55. Bd. vurS. 173) ; Vita Meinwerci (IIIG. 55. i n us , schal. ed. T enckho f S. 75). - And er s istdi e Ve rwen dun g v on Han dschuh en beim Gott esu rt eil durch glüh end es Eis en inSp an ien. Im Fuero de Sob r ar be wird de m An gekla gten nämlich ein Lei nen.bandschuh bei di eser Probe gestattet vgl. Wal f f , Ein B eitrag zur Recht s.sym b olik aus sp an . Qu ell en a.a.O. S. 113 .

ZUSAMMENFASSUNG

Page 87: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

Di e einzelne n Abschnitte dieser Stu die haben un s in so ve r­schie dene Richtunge n gef ühr t, daß es gebo ten schei n t, das Wesent­lich e unser er Einzelfestste llungen un s noch einm al zu vergege n­wär tigen.

Eine ri chtige " Geschichte des H and schuh s" zu schre iben, dasist trot der in die Ta us ende gehe nden Be lege nicht m öglich ge­wesen ; das wir d auch ni cht m ögli ch sein , wen n an dere Samml er dieZahl der Zeugni sse noch vermehren. Denn es h and elt sich um glei­tende Vorgänge ohne scharfe Einschnitt e. Zwar begnügen wiruns h eu te nicht mehr mit dem Begriff " Vol ksge ist", den di e Ro­mant ik als scha ffe n de K raft hint er den Erscheinungen aufspürte;wir suchen tief er in die Vor gänge einzudringe n und st eh en leuthindoch wie der vor eine m Prozcß der Gest altung und Entfaltung ohneNa men und fest e Dat en , in dem ebe n doch nur di e Vö lk er sel bsta ls wirk end e erkennba r sind.

Wir wählten als "Le itfossi l" durch die mittelalterliche Symbol­[':CSdli chte den H and schuh, bei dem di e Dinge einfacher und off enerals bei den übrigen " Symbolen" lie gen. Das hat seinen vornehm­lichst en Grund darin , daß der Fingerhandschuh ers t in der Mittedes erstr-n christlichen , J ah r tausen ds von den letyten Trägern deran tike n Kultu r zu den ge rmanische n Völkern gela ugt ist. Darausergibt sich, daß die sinn fä llige Ver wendung des Kleidungsstückesebe nfalls kein hoh es Alt er hab en kann. Besser als b ei an de re nSinnzeichen, der en Alter un s das Erkennen der Anf änge erschwert,sind wir dah er in di esem Falle in der Lage, zu seh en , wie und wanndi e Men sdI en des Mittelalters, sow eit sie DOch nach ge rm anis cherArt denk en, den H andschuh für sinnfällige Verwendung aufge­nomm en und verwertet hab en.

Di e Stellung des Handschuhs im gewö hnlichen LebP-D und diezahlreichen Möglichkeiten, die er der Phantasie des für diese Dingeso voll aufgeschlo ssenen mittelalterlichen Menschen anbot, habenjen e bunte F ülle der Verwendungsf orm en hervorgerufen, die nunnoch einmal kurz vor unseren Augen vor übe rziehe n soll :

Page 88: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

154· Z usammenf ass ung Zusarnmen fassu n; 15;)

A I,; Kl eidungsst ück, dem di e wi chtige Aufgabe zufiel, dieHand 7 11 SChÜ \}Cll und zu umh üll en , st ieg der H audsdwlt zumAm t szc ichen u nd zu r I nsign ie empo r . Zei tlich an ers te r Ste lle un dq uellcnm iiß ig arn deutli chst en erken nbar vo llzog sich di eser Au f­

sti eg b eim H ands chuh d er Geistlicbe ll. Der n üch tern e Gebrau chs­gegenstan d de s tä gli dl cn Lebens wurde vo n den Angeh örige n

di eses Standes bald als Luxusgegenstand und Schm ucks türk getr a­ge n. Dann wurde er au ch als P runk. und All szeiclmungsstii ck b eigo ttes die nstliche n H andlungen lJ.ngelegt. Nich t ve rgessen darf dab ei

wer de n, daß n och ein ma l dit' schii tyen de Aufgab e des H an dschuhs

- h ier in der Ge sta l t de s sogenann te n " Ri tus d er ve rh üll te nH ände" - wi r ksam wur de. \Vas zue rst in einzelnen K irchen undKl öst ern nu r Son de rbra uch gewese n war, wurde an ei ne r Ste lle ,nämli ch im l\Iainzer Pontifi cal e Romano -Germanicu rn, offizie ll an­erkannt , aber zug leich au f di e h öh er en Geis tl ichen vo m Bischof

aufwär ts be schränkt. Als di eses P ontifi cal e von Rom zur Ri cht­

sehnur genommen wurd e, da war di e S te llung des H andschuhs alsBiscbofsins ignie in der gesamten abendlän dischen Kirch e gesi che r tun d fes tge legt .

Di e Beschränk ung d er Insignie auf di e Bi schöf e h atte zurFolg e, daß der hisl an g hi er und dort 'lOO. der ni ederen Geis t lich ­k eit ge üb te Brau ch, eb enfa lls H andschuhe h eim Gottes rliens t zu

tr agen , n unm ehr zum Mißbrau ch gestemp elt wurde. Dahe r se tyte

d as Bem üh en vor allem d er Äb te der grö ße re n Klös ter um einen

R echtstit el f ür ihren " usus" ein, da s - b ezeichnen d fü r die Lage- mit ei ne r R eih e ge fä ls d l te r Pri vil egi en beginnt. Im all gem einenwar aber die Ste llung des H andschuhs unter den I nsign ien d esBisdlOfs v on nun an unveränd ert. Wenn auch vere inz elt n ie de reGeistliche das Kl eidungsstück zu liturgisch en Zw ecken anleg te n,

60 war das e in Ü bergri ff , d em für die Geschichte des H andschuhsk eine weitere Wirkung zuzuschreib en ist. Nu r unter di e Ortl ens­trachten fan d der H andschuh ve rs chie dentlich n och Aufnahme,ohne hi er ein e Geltung von Belang zu ge winne n.

Nich t zu üb ersehen ist als ei n typisch es Zeich en mi ttcl al t er liclr­kirmlicher Gei st eshaltung, daß sich alsbald di e Alleg orese d erneuen Bischofsinsignie bemäch tigte . Wenn m an n ach einer den

Handschuhen en tsp r echen de n H andb ek leidung in der Bibel suchte,

60 f and man allein jene Böckleinfell ehen , di e Jacob anlegte, um 'Seinen Vater zu t äuschen . Diese Bibelstelle wurde da nn auch zumAusgangspunkt der all egorischen Deutun g der Bischofshandschuhe.

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'II ,

D er Aufsti eg des H andschuhs zum Am tsz eich en der KÖ lli~ l'c ~

ve rli ef im all gem ein en ganz äh nlich dem zur Bischofs ins ign ie. A uch

hi er wi ed er der W eg vorn K le idu ngs stück mit schiityen der Au fgah ,::iih er d as Schmuck- und P runkstück zum Auszeichnungsst iick undAmtszeich en. Da abe r di e bi schöfl ich e Insigriie schon fr üh er un d

selbs tändig die gleiche Entwi cklun g durchmesse n ha t te , un d da au chsons t die Kl eidung d er Bi sch öfe h äu fig den H errschern als Vo rbil.ldient e, t raten hi er bald B r.zieh ungen ein .

Im einze lne n ist d ie Entwicklung ebenso wi e d ie E inwirkun g

des BischofshandsdlUhs in je dcm Lande vers chie de n verlau fen. I nD eu tschl and vollzog sich der Aufstieg des H an dschuhs zum Aus­zeichnungsst uck un gefähr n ach dem au fg eze igte n Schem a. Der Bi­

schofshandsch uh wir k te n ur au f di e äußere F orm des Kön~gshand­

schul is ein , I n F ra nk reich dagegen wur de selbst di e feicrliclie Fo rmdes An iegens und die al leg ori sche Deutung d es Bis cho fshan dsch uhsfü r d it' I nsignie des Kö nigs üb ernom men. Besonders ve rwickelt

li egen d ie Verhäl tnisse in E ng la nd; sie brau di en hier nicht nocheinm al aufgero llt zu wer de n . 'Was schließlicli di e ander en Lä nder

be tr ifft , so ze igt si ch durchweg , da ß das Vo rb ild auswä r tige r K önigewi rksam war .

E in e Sonderstellung ni m m t - durch die Art seiner Verwen­

du ng - de r H an ds chuh des de utsche n Königs ein. der eige n t lichimmer nur Au szeichnnngsst ü ck und ni e r ich tig e Insigrii e war. Beiihm vo llzog sich n ämlich neb en d em Aufstieg zum Auszeichnungs­stück noch eine V er di chtung zu m Sin nzeichen we nigstens eines

Teile s der H er r schaftsgew alt : J er Banngew alt . Wir erlche n hi eralso an einem Sonderfall ein Beispi el fü r eine Entwi cklun g, di efür a nclere Amtsz eich en der H errsch er wi e Krone und Szepter

so ' kennz eichnend ist. '

W eitere Ve rwendunge n des H an dschuhs als Amtszei chen wa rennur noch v ere inzelt au f zuz eig en. - Ansäte zei gt en sich in D eutsch­

land beim Richterstancl.Abz eichen und Sinnzeichen gehen me rkwür dig ineinand er üb er

b eim Gebrauch des Handschuhs al s Bot en zeichen. Zun ächst wird

durch di e übergab e des Handschuhs die Beauftragung des B otensinnfällig gem ach t. D ann dient aber auch derselbe Handschuh dem

, Boten als Ausweis und als Abzeich en, durch das er in sein er Eigen­schaft als Bote zu erkennen ist. Recht nahe mit di esem R.otenzei­

'chen ist der H andschuh verwandt, mit dem der Grenzfiihrer heimGrenzu mgan g Feier lieh bekleidet wird.

Page 89: Schwineköper, Berent _ Der Handschuh im Recht, Amterwesen, Brauch und Volksglauben

156 Zusamm enfassung Zusarom cnfassun g 157

Bei der bisherigen Aufzählung sah en wir m ehrfach, daß die

Bedeutun g de s Handschuhs als Abzei chen ode r Am tszci chcn en g

mi t de r sin nfä ll ige n zusamm en gin g, ohne daß eine k lare Grenz­

lini e zu zi ehe n gew esen wa r e, Di e eigen tli che Verdi cht ung zumSinnzeich en , deren Unt ersuchung der III. Tei l unserer Studie ge­widm e t ist, hat ind essen b ereits schon früh er ihren Ausgan gspunktvon der äu ß ere n Fo rm des H andschuhs gen ommen . E ntscheidendwurde es, daß der H andschuh ein ge tre ues A bb i ld der Hand da r­s te ll t. D azu k ommt, da ß da s K leidungsstück nur von ge r ing e rGröß e und leicht b eweglich ist. So bot es sich üb erall da zu sinn­

f älli gen H and lungen an, wo bisher d ie Hanu ein e wi chtige H oll,~

gespielt hatt e. Wi e di ese hat elesh alb auch der H andschuh a ls Sin n­zeich en d er H errschaftsgew alt zu gelt en.

Vornehmli cli b ei den Eigentumsüb er ei gnungen ist die Verwen­du ng des H andschuh s in diesem Sin ne zu deu ren , Si e finel et sich inzah lr eich en R edlien des frü hen Mittela lters. Es li eg en so viel Zeug­

nisse vor, daß es versucht wer den konn te, di e C eschielite die se rsinnfälligen Verwendung in ih r en einze lne n Etappen festzulegen .

Im früh en 9. Jahrhundert ist der Handschuh zu ers t alsH errschaftszei chen b ei der Ei gentumsüb ertragung im fränkischenRecli t nachzuweisen. Dies e Ta tsach e, zu der di e gr oß e Za hlder B el ege aus diesem R ech tsgebiet gu t stimmt, macht es

seh r wahrsch einlich , daß der Ausgangspunkt di ese r sinnfällige nVerwendung des Handschuhs bei den Frank en zu su chen is t .Dazu komm t no ch, daß der Fingerhanelschu h - wo ra n wi r

noch einmal er inn er n - - von diesem Stamme schon v erhältnis­m äßig f rüh al s K leidungsstück henug t wurde. N och im gle ichenJah rhunder t schein t sich da s Sinnzeichen dann be i den Alem annenu nd Bayern eing ebürger t zu h ab en. Di es darf nich t nu r ang enom­

men werd en , wei l die Quell enverhältnisse so zu de u te n sind, scn­dcrn auch wei l dies e St ämme politisch und kultur ell von den F ran­k en abhängig waren. Auch sons t h at j a das fränkisch e Recht viel.f ach auf di e anderen Stammesrech te eingewirkt. Ers t im 11. J ahr­h un der t ist das Sinnzciclicn d ann bei den Sachsen, den T h iiri ngern,in den Ni ederlanden, in E n gla nd und in Spanien n achzuweise n.Offenbar hat sich also die sinnfällige Verwend ung de s Handschuhsvo~ den zuerst genannten Stämmen d er Franken, A lemannen undB ayern bis in diese Gebie te ausgebreitet. Ga nz eindeuti g ist diesjedenfalls in Englan d zu beleg en, wo - wie auch in so vielen Fäl­

len - di e Normannen als Vermitt ler gewi rkt h ab en .

t.!t

Als Herrschaf tsz ei chen hat der Handschuh ursp riiu gli cli aud i

b ei der Wadiatiun zu gelten. Ganz deutlich wird es h ier, daß das

K leidungsstück wegen se ine r Form als Ersar, für die H and ge­braudn wird . B ei dem Rechtsakt der W auiation hat si ch der Hand­schuh all erdings ni cht m ehr so allgeme in durdlse~ en k önnen, wei lauß er der Hand, an der en Stell e er tr a t, n och der Stab, also ei nsd er ältest en und wichtigsten Sinnzeichen, verwend et wurde. Undih n k onnte de r H andsdlUh nicht m ehr zur Seite drängen. So er­gib t sich da s Bild , daß der Handschuh nur be i einigen Sonderfä llen

oder be i spä teren Abwandlungen, d eren Ausgangspunkt d och wohl

die Wadiation bewe sen war, durchdringen konnte.Zu diesen Son de rfä lle n der W adi ation geh öre n di e Üb ergab e des

Wadium s b ei der Verlobung, bei der H erausforderung zum Zwei­kampf, b eim Prozeß und b ei der Überg abe in Kriegs gefangen schaf t.D ie gesdlid lt lidl e Entwicklung wird nur beim F ehdeh ands chuh deut­licher . Wi ed er können wi r den Urs p r ung di eser Verwendung inFrankreich nadlweisen, w o di e ers te n Zeugnisse sich b ereits im11. J ah rh un dert fin d en. Der W eg, auf dem der F ehdehandsch uhdann im 12 . J ah rhund ert na ch Italien, Deu tschland und Englandge k omm en ist , ist b ei de r n ah en B erührung der r itterl ich en Kulturdi eser Länd er im Ho chmittelalt er ohne weit eres d eutlich . Vorall em di e ritterliche Lite ratur schein t als Vermittler gedie n t zu

h aben.Nah e ve rwan dt mi t der W adia tion sind die Anerkennungsgaben,

d ie Lehnsleu te und Hörige in Ges talt des Handsch uh s ihrem H errn

leistet en . Sie mußten, t eil s jahr-lieh, t eil s bei W edlsel des L ehns­inhab ers oder des Lehmh errn und bei Ver ehelichungen H örigerdargeb racht werden. Wieder li egen di e frühesten Z eugnisse ausFrankreich vor . Dann fol gen in zeitliche m Abstand e England und

D eu tsdlland.I n Deu tsch lancl und gelegentlidl in England wurden di ese An-

erkennungsgaben, di e ursprüngl ich n ur zur Le hns- und H örigkeits­an erkennung gegeb en wurden, im sp äter en Mittela lter auch be i

anderen Ge legenh eiten verwendet. So gab ma n dem Richter, demPfarrer, dem Leiter einer Zunft oftmals Handschuhe. Ebenso dien­ten sie zur. Anerkennung st aa tlich er Hoheitsrech t e, und verschie­dene St ädt e sandten sieh geg enseitig Handschuhe, um si ch die Irine­

halt urig der Sonderprivilegien zu ve rsicher n.Neben den hier aufgezähl ten Sp iela r t en der sinnfä lligeu Ver­

wendung des Ha ud schuhs im Rech ts leben, gib t es mehr ere R echts-

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158 Zu sam m euf assu ng Zu sam m enf assu ng 159

bräu che, bei d en en das Kleidungsstü ck nur als Din g ang esehe nwer den muß. Hierher gehö r t der H andschuh als L aun cgild , dassicli b ei der Schenku ng im langob ardischen Rech t schon im 8. Jahr­hund ert be legen läßt. Es bl eibt - wie üb erhau p t di e E inri thtungdes Launcgild - au f dieses R echt b eschränkt. Auch sind hier dieSchein bußen des sächsische n und eng lische n R echt s auzufiihren.Schließ lich ist d er H an dschuh nur Objek t vo n Rechts fo rme n, we nner auf di e verschi ed enst e Weise bei flJaßb estimmungcll ver wen dr-!wir d.

Di e Un tersudm ng des Brauchtums, da s mit dem Handschuhve r knüpft ist, li eß di e Beziehungen und Wedlselwirkllngcn deut­lich wer de n, die zwischen ihm und der Ver wendung des Kl eidun gs­stückes als Amts- ode r Sinnzeich en b estehen.

Daß si ch um den Handschuh , der im Ärote r wesen und imRechtsleh en eine so b edeutende R oll e spi elt e, ein e hcso ndc rc E ti­kette entwickelt h at, ist nicht weiter ver wundcr lich. Di e Beliebt­heit, deren sich da s Kleidungsstück als GC$roe llk im Br auch tumerfreu te, läßt an di e Anerkennungsgabe n, die un s im Rechtsleo enbegegnet en, de nk en.

Andere Bräuch e st ehen wi ed er für sich und leiten ih re lIer­kunft aus anderen Gedankengän gen ab.

Beim Ab erglaub en , der d en H andschuh um gcb cn b at , geh endi e Ei nwirkungen in umgekehrter Richtung vor sich. We.il dasKl eidungsstück, wi e wir gesehe n hab en, zum Sdl ut !Segen magischeWirkungen di ent, wi r d seine Verwendung bei Ber ührung mit h ei­ligen Ger äten, al so beim Gottesclienst nah egele gt . Dieser ,.Ritus'd er ve rhüll t en H änd e" war eine der ents chei den den Triebkräfteb eim Aufsti eg des Handschuhs zum bi schöfl idl en Amtszeichen.

Di e sehüt en de Aufgabe des H andschuhs ist ab er auch zu an­deren abe rg lä ubis d1en V erwendungen Anlaß gewo r den. Vereinzeltdient das Kleidungsstück, indem es üb er der Tür angebracht wirdoder eine m Geist en tgege-nge halten wird, sogar 'als Abwehr ~er. en

überirdisch e Wesen.

Endlich haben einzeln e Bräuche ihren Niederachla g im Erzähl­gut gefun de n. In mancher Suge, manchem Mareheu und mancherLeg en de b egegnen uns die Spuren des Amtszeich ens odcr Sinn­zeich ens " Han ds chuh". And ere Motive wi ed er zeig en , wi e seh r sichdie Phantasie mit eine m Gegenstand beschäftigt hat, der au ch sonstim L eben von Bedeutung war.

So sehen wir rü ckblickend a11 di e ve rs chiedenen Wege undMoglidikeit en , auf di e wir b ei der Unter su dlUng der Gesch ichted es H andschuhs sti eß en. Oft berühren sie sich oder k r eu zen si ch.Oft ste he n sie allein und sind auf kein en gemeinsame n Nen ne.rzu bringen; denn es wir kt sich di e große Mannigfaltigkeit des Sinn­fäll igm achens au s, zu de r di e Menschen des Mittelal ters b ef ähi gtwaren. Eine kl are Erk enntnis dies es Verh al tens, das uns h eut eals Zeich en "germa nischer Kontinuität" so wi chti g ist, wir d iu el essenerst m öglich sein , wenn die Geschichte einer Reih e von .;Symh olen"

klargelegt ist.

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VeCleidlll is d er Sondcr stud icn ii hcn dcu H andschu h 161

V E RZ EICHNI S

d er Sonde r s t u d ien ü b er d en H an d s chuh

S. W ill a i m B e c k , G 10 v es , t h ei t: A n n al s a n dAs s 0 c i a t i OD s

(A cba pter o f trade and soeia l h isto ry}, 8° 263 5., Lond on 1883.

Das Werk en th ält ei n ige n eu e Ang abe n übe r die Ve rw en d ung desH an dschuh s als Am tsz eichen un d Si nn zeichen in En gl and.(F r h. v . L ipp erh eidi sche K oslümb ibl ioth ek B erlin. )

Alba C h i ml chi, Il g u a n lo n c l l a le ggend a , n ella s t o r i a .n e I l' a r t e. 8° 27 5 ., Fl or en z 1923.

En t hä l t kein e wesen tli ch n euen Hinwei se.(B ib lio theea N azionale Ro m .)

1. A. K m e n t , D e r H a n d s c h u h u n d s ei n e G e s c hi e h t Q. 80183 5. , 3. Au fl. , Wien 1890.

Die h ist ori schen Anga ben gche n m eist au f Du cau ge lin d J. Gr imm

zu r ück. D och en thä l t di eses im Feuill et on stil gesch ri e be ne We rk cin e

R eib e m erkwürd iger Nach ri chte n v on un scrm Kl eidlln gssl üd " ohnojed och d eren H erk unf t n äh er zu bel eg en .(Uni vers i t ä ts b ib lio th ek H eid el berg.)

10ha nn N ico la l, Di sql1 isltio d e eh ir oth e c arum U SU o t

ab u s u , in qua var ii ritus, va ria ju r a et sy mb ola illa r um fuse cx hi h cc tu r .12° ] 44 5. , Gie ße n 1701.

Der Ve r f asser b en u g t Du can ge, bringt ab er au ch eine Reih e neu erBe lege vornehml ich au s Deutschl and.

(F r h. v , L ip perh ei dische Kostümhibliothek Berlin. )

lam e s Wi I li a m Nor ton . Ky s h e, The Law a n d Custom s

r e J a tin g t 0 GI 0 v es , be ilt:; an exposit ion hi st ori call y v iew ed of an.

cient la ws, cus toms , and uses in r espeet of gJoves and of th e sym bo lism

of th e hand an d glo ve in jud icial proceedin gs. 80 125 S" Loridon 1901-Enthält w ichtige Ang ab en über d en Cebraudi de s H andschuhs alsSinnzeich en in En gl and. .

(Bi b lio th ek ~e s B rit ish Mu seum London, für mich ausg ezoge n 'Vo nProf . P. E. Schr am m .)

G iovanni Baptista P a eieh elli, Schedia smu j u r Ld i c o .

philologi cum trip artitum : D e Lar vis , d e c a p i I l a m e n .t i 5, d e chi r o t h e c i s. 120 292 S., Neap el 1693.

Enth ält einige wi chtige N achrichten über die Ges chi chte des Kleidungs.

stück es. über di e sinnfä llige V erwendung des H an dschuhs findetsi ch nur wenig Material.

. (F r h . v. Lipperh eid ische Ko st ümbihlio th ek Berl in .)

W. B. 11 e d f e r n , R 0 y a 1 a n d h i s t or i c G J 0 v e s a n d 5 h 0 e s. 4°

120 5., Lond on 1904.Di eses We rk h ab e ich ni cht bc nuty e n köun en. Es so ll haupt sächlich

ko stümgeschichlli che Angaben en tha lt en .

(Bibliothek des B rit ish Museum Loridon .)

W i 1 I a r d M. 5 mi t h . 0 t h e r P e 0 p l e s K u 0 w ie d g e ab o U t

GI 0 v e s. 8° 28 S., Greno ble 1918.B eha nd el t d ie Gesd, ich le des H an dschuh gewerbcs besond er s in

Gr eno bl e und we n de t si ch d ann t eclu rischeu F ra gen zu.

(Bi bl io th ek des B ri t ish Muse um L on don . F es ts rcllu ug von ProE.

P . E. Schramm u ach dem d orti ge n Exemp lar.)

o e t a v C U z an n e , L'o ro b r e I l e - - L e g a n t _... L e rn a n c h 0 n, BO

138 5., P ari s 1883.Di e An gaben üb er den H an dschuh hab en haupt säd >l ich für d ie

K ostiimgeschichte der N eu zeit Bed eu tung.(F rh . v . Li pperh eid isch e Kos tüm biblio tb ek B erl in. )

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NAC H TRÄGE

2tI S. -± - D ie aufges t ell t e B eh au ptun g, d ie Ge rm anen hätte;n nu r Faust­

h an dscliuh e g ek an n t, wird du rch ei nen zw ei teu vo rgcsdrid rrl ichcn F uud Ire­

stätigt , d er mi r le id e r er st je llt h e ka n n t geworden is t ("gl. W . v , S t ° k a r ,

Spin ne n und Webe n be i d en Germa n en [M annus B ücherei Bd , 59 ; Leipzig 19381

S.112 Abb. 132) . E s hand el t sich u m einen se h r gut e rh a l t an nn F uus th aud­

schuh a us Sch afw oll e. d er 19 20 in A sle (Gemeinde Geruco, W es tgo te rland) im

Moor gefu nden wurde. Das auf sehr k uns tvo lle We ise gekn ü p fte F un ds tück

befin det s ich jell t im Mu se um in St ockho lrn (vgl . Ho l g e r Ar b ma n n und

E I i s a b e t h S t r Ö m b e r g , in No r di sk a i\Iusee ts och Sk auscn s a rs hok F at a ­

burcn [St ockho lrn 193! J S. 67 ff. a u ch An ha ng S.7) . Auf Gr und de r Po llen ­

a n aly se is t d as Alte r des Handsch uh s e tw a au f 30 0· 400 n. ehr. 4U h est i mm cn .

z u S.58 A nm . 17 8 - vgl. d azu Kar I F r ö 1ic h . St dvren rn i u cln l tc r­

licher Rechts p flege au f südwest de u tschem Bod en (Ar be i te n z. rech t lichen

Volk skund e I; T übi n gen 1933) S. 28 L sow ie Abb . 3·1· (N eus t ad t i. 0 .) , 35 (Er­

len ba ch am .i\ [3 ;n ) . Fr ö I i ch er gänz t die au fgefü h r ten Beispi e le noch d urch

e in Ger icht szeichen au s O b er rosb a ch bei F r i ed hc rg (a .8. 0 . 5 .31 A b b. 38 ) . Au f ­

f äll ig be i all d iese n Z cich en bl eibt es f r eili ch, daß der abg eb i ld e te H a nd schuh

imm e r n a ch oben z eig t, w äh rc nd doch der Ha ndschu h ursp rü ngl ich, wie auch

d ie Anm .17 6 genannten Suchseu s p icgcl il lus t r at ioncn b eweisen, nach un t en

b an gen d am lIfa rk tk r eu z an gebracht war. - Auch an den G r en zen des 1Ilark t ­

b ezi rk es wurdcn Ha ndschu hnachb ildung en angeb rach t. J ed en fall s sch ein t ei n e

steinerne Darstellung aus Ne ue nhürg im Schwa rzwald so zu d eu ten zu sein

( F r ö 1 i e h a .8 .0 . S. 31 f ., Abb.39) . Angeblich soll be i den sogenann te n

Burgernzi el steinen der Sch w ei z d ie ab gebi lde te Schwur h and ( !) eb enfall s e in en

Handschu h dars te llen (F r ö 1 i c h e bd . nach H . T ü r I er, Das Burgernziel

in B er n, in F es tsch ri f t Wa l t h er ~1 er 7. [A a r au 192 8J S.12-!----34) . I ch konnte

d en zu lellt ge nannten Au fsa ll le id e r nich t me hr einsehen. Doch s cheint m i r.

wenn wir k lich S c h w u r h ä nd c dargest c llt si n d, d ie Beziehung ZUm H and­

schuh seh r frag lich.

zu S. 11 7. - Nahe verw and t mi t den Gabe n an die V ors teher einer Zun f t

s ind d ie Gab en von H an dsch uhen an die Promoto ren und Anw esenden b ei

d e r Dok to rp ro m otion, zu de n en d er Do k to rand im späten Mi t te la lte r und am

Beginn der Ne uze it in D eu tschlan d u nd in It al ien ve rp flich te t wa r. Die P ro ­

m otor en e rhie l ten meis t H andschu he au s H irschled er . Vgl. Das aka demische

Deu tschland (Berlin 1930) Bd . l S.710; F . Sc h u I z e u n d P . S z y ma n k ,

Das D eutsch e S tud ent en tu m (4 . Au ß. Mü n chen 1932) S. 90; G. R i t t e r, Die

H e id el b c rge r Un iversi tä t (ebd. 19 36) B d . I S.147 ; B. H e r m c l in k , Die

t h eo!. F ak ultä t i n T ü bingen vor de r R efo rma tion (eb d . 1906) S. 36; Km e n t ,

D er Hands chuh a .8.0 . S. 13 ; Nie 0 l ai , De chi rc t heca ru m usu a.a .O. S.104;

P a c i c h el I i , S che di asm a 8.3.0. S. 287 f. K m e n t {a.a.O. S.10) be r ich t et

no ch, d aB in England der Bie chof b ei d er K on sekr ation ve rp flicht e t gewesen

sei, den Anwesen den glc ichfal ls H and sch uh e überreichen zu lassen .