schnittverbände in graphen

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Schnittverb~nde in Graphen ~) Von FERNANDO ESCALANTE in Hamburg Einleitung In der vorliegenden Arbeit wird der Versuch unternommen, Zusammen- hangsprobleme in der Graphentheorie auf algebraischer Grundlage zu be- handeln. Sind a, b zwei Ecken eines Graphen G und sind S, T zwei a, b in G trennende Eckenmengen, so wird man in natfirlicher Weise S als Vorg~nger yon T ansehen kSnnen, wenn jeder a, b-Weg zuerst S, dann T trifft. Diese Vorg~ngerrelation liefert eine Quasiordnung, aber im allgemeinen noch keine Teilordnung fiir die a, b trennenden Eckenmengen. Beschr~nkt man sich jedoch auf die beziiglich der mengentheoretischen Inklusion minimalen a, b trennenden Eekenmengen (diese werden im folgenden a, b-Schnitte genannt), so erweist sich die Menge dieser a, b-Schnitte beziiglieh der genannten Vor- g~nger-Beziehung als ein vollst~ndiger Verband~). Ein a, b-Schnitt heiBt minimal, wenn er die kleinstmSgliche Kardinalzahl hat (die Mengersche Zahl yon a, b in G). Es folgt weiter, dab die minimalen a, b-Schnitte im Falle end- licher Mengerschen Zahl einen endlichen distributiven Unterverband des genannten Verbandes der a, b-Schnitte bflden. Als eine erste Anwendung dieser algebraischen Betrachtungsweise erhalten wir einen neuen Beweis des Mengerschen Graphensatzes. Es erhebt sich die Frage, ob jeder vollst~ndige Verband, bzw. jeder endliche distributive Verband, isomorph zu dem Sehnittverband, bzw. zu dem Verband der Minimalschnitte, beziiglich zweier Ecken eines passend gew~hlten Graphen ist. Als Hauptergebnis dieser Arbeit erhalten wir eine bejahende Antwort auf diese Frage, und zwar durch explizite Konstruktion der gesuehten Graphen. In einer Fortsetzung dieser Arbeit ist geplant, das Problem einer gewissen optimalen Realisierung eines endliehen distributiven Verbandes als Verband yon l~Iinimalschnitten zu behandeln. 1) Herrn Professor Dr. RUDOLF ~rAT~TI~, dessen wertvolle Anregungen Ft~r die Verwirklichung dieser Arbeit unersetzlich waren, danke ich herzlich fiir das leb- hafte Interesse und die aufopfernde Geduld, die er mir innerhalb unserer zahl- reichen Gespr~che entgegengebracht hat. s) Eine verwandte Fragestellung wurde in [3], w 1 angeschnitten. Jedoeh er- weisen sich die dort sich ergebenden Probleme bei genauerer Betrachtung als yon den unseren wesentlich verschieden.

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Page 1: Schnittverbände in Graphen

Schnittverb~nde in Graphen ~)

Von FERNANDO ESCALANTE in H a m b u r g

Einle i tung

In der vorl iegenden Arbei t wird der Versuch unternommen, Zusammen- hangsprobleme in der Graphentheorie auf algebraischer Grundlage zu be- handeln. Sind a, b zwei Ecken eines Graphen G und sind S, T zwei a, b in G trennende Eckenmengen, so wird man in natfirlicher Weise S als Vorg~nger yon T ansehen kSnnen, wenn jeder a, b-Weg zuerst S, dann T trifft. Diese Vorg~ngerrelation liefert eine Quasiordnung, aber im allgemeinen noch keine Teilordnung fiir die a, b trennenden Eckenmengen. Beschr~nkt man sich jedoch auf die beziiglich der mengentheoretischen Inklusion minimalen a, b trennenden Eekenmengen (diese werden im folgenden a, b-Schnitte genannt) , so erweist sich die Menge dieser a, b-Schnitte beziiglieh der genannten Vor- g~nger-Beziehung als ein vollst~ndiger Verband~). Ein a, b-Schnitt heiBt minimal, wenn er die kleinstmSgliche Kardinalzahl ha t (die Mengersche Zahl yon a, b in G). Es folgt weiter, dab die minimalen a, b-Schnitte im Falle end- licher Mengerschen Zahl einen endlichen distributiven Unte rve rband des genannten Verbandes der a, b-Schnitte bflden. Als eine erste Anwendung dieser algebraischen Betrachtungsweise erhalten wir einen neuen Beweis des Mengerschen Graphensatzes .

Es erhebt sich die Frage, ob jeder vollst~ndige Verband, bzw. jeder endliche distributive Verband, i somorph zu dem Sehnit tverband, bzw. zu dem Verband der Minimalschnitte, beziiglich zweier Ecken eines passend gew~hlten Graphen ist. Als Haupte rgebn is dieser Arbeit erhalten wir eine bejahende Antwor t auf diese Frage, und zwar durch explizite Konst rukt ion der gesuehten Graphen.

In einer For t se tzung dieser Arbeit ist geplant, das Problem einer gewissen optimalen Realisierung eines endliehen distributiven Verbandes als Verband yon l~Iinimalschnitten zu behandeln.

1) Herrn Professor Dr. RUDOLF ~rAT~TI~, dessen wertvolle Anregungen Ft~r die Verwirklichung dieser Arbeit unersetzlich waren, danke ich herzlich fiir das leb- hafte Interesse und die aufopfernde Geduld, die er mir innerhalb unserer zahl- reichen Gespr~che entgegengebracht hat.

s) Eine verwandte Fragestellung wurde in [3], w 1 angeschnitten. Jedoeh er- weisen sich die dort sich ergebenden Probleme bei genauerer Betrachtung als yon den unseren wesentlich verschieden.

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200 Fernando Escalante

Entsprechend den a, b trennenden Eckenmengen und den a, b-Schnitten kann m a n a, b trennende Kantenmengen und a, b-Kantenschnit te in einem Graphen G betrachten und fiir diese eine ganz analoge Vorg~ngerrelation einfiihren. Auch die Kantenschni t te yon G beziiglich a, b bilden einen voll- st~ndigen Verband U:~(G), und (bei endlicher Mengerschen Zahl yon a, b) die minimalen Kantenschni t te einen distr ibutiven Unte rverband Ua, b (G) yon U:,b(G). I m Gegensatz zu den fiir (Ecken-)Schnit te bewiesenen Ergebnissen b raueh t aber keineswegs jeder endliche Verband isomorph einem Verband U:v (G) zu sein; wir werden zeigen, daB zum Beispiel der einfachste (ffinf- elementige) nicht semimodulare Verband (vgl. V2 in Fig. 1) nicht als Kanten- schni t tverband eines Graphen darstel lbar ist. Die Frage, ob jeder endliche distr ibutive Verband einem Verband Ua, b (G) isomorph ist, bleibt often.

w 1. Graphen- und Verbandstheoretische Grundlagen

(1.1) Alle Graphen in dieser Arbeit seien unger ichte t und schlicht (d. h. ent- hal ten weder Sehlingen noch Mehrfachkanten), auBer an Stellen, wo aus- driieklieh etwas anderes vereinbart wird. E(G), K(G) bezeiehnen die Eeken- menge bzw. die Kantenmenge des Graphen G. Eine K a n t e k e K(G) mit den Endecken a und b ~ d durch (a, b) bezeichnet. Sind G und G' Graphen mi t E(G') C E(G) und K(G') C_ K(G), so sehreiben wir G' C_ G; G' heiBt dann Teilgraph yon G. Eine Teflmenge der Eckenmenge yon G wird gelegentlieh als Teilgraph (mit leerer Kantenmenge) aufgefaBt. Ein Teilgraph G' yon G heiBt Untergraph yon G, wenn (a,b) eK(G) und a, beE(G') impliziert (a, b) e K (G'). I s t T C_ G, so definieren wir als G \ T den Untergraph yon G mi t der Eckenmenge E(G) \ E(T).

Es sei a 1 . . . . . a n eine Folge yon Ecken aus E(G), n ~ 1, derar t dab jedes a t mi t a~+ 1 durch eine Kante aus K(G) verbunden ist; dann hei~t der Teil- graph von G, der sich aus den Ecken a 1 . . . . . a n und aus den Kan t en (al, a2) . . . . . (an_i, an) zusammensetzt , ein Kantenzug yon a 1 nach a n (ira Graphen G). Sind alle a s verschieden, dann spricht m a n yon einem al, an-Weg; al, an-Wege werden bezeichnet dureh Wala n oder ~hnlich. Setzt man ffir a, b e E (G) genau dann a ~ b, wenn ein a, b-Weg in G existiert, so erh~lt m a n offenbar in E (G) eine ~quivalenzrelation. Die durch die zugehSrigen Klassen aufgespannten Untergraphen yon G heiBen die (Zusammenhangs-)Komponenten des Graphen G. Fiir a e E(G) bezeichnet m a n durch C a (G) die a enthaltende Komponen te yon G. G heiBt zusammenhgngend, wenn G nur eine Komponente besitzt.

Sind a, b ~ E (G) und T C_ G, so sagen wir T trennt a und b in G, in Zeichen a.T.b(G), wenn a, bCE(T) und Ca(G\ T ) r Cb(G\ T ) gilt, mi t anderen Worten, wenn jeder in G enthaltene a, b-Weg T trifft (d. h. mi t T mindestens eine Ecke gemeinsam hat). Ein System von a, b-Wegen heiBt kreuzungs]rei, wenn je zwei dieser a, b-Wege nur die Eeken a, b gemeinsam haben.

Page 3: Schnittverbände in Graphen

Sehnittverb~ude in Graphen 201

Ein bekannter Satz yon Menger besagt: Sind a, b zwei verschiedene nicht benachbarte Eeken aus G (d.h. (a, b)~ K(G)), so ist die maximale Anzahl (ira Sinne yon M~chtigkeit) kreuzungsfreier a, b-Wege in G gleich der minimalen

Anzahl yon Ecken aller a, b trennenden Eckenmengen in G. Letztere Zahl nennen wir die Mengersche Zahl #~ (a, b) der Ecken a, b in G.

Sind a # b zwei Eeken aus G und T _C K (G), so sagen wir, T ist eine a, b trennende Kantenmenge in G, wenn jeder a, b-Weg in G mindestens eine Kan te mit T gemeinsam hat. Die Dualform des Mengerschen Satz lautet dann : Es seien a und b zwei verschiedene Ecken eines Graphen G. Dann ist die Maximal-

zahl kantendisjunkter a, b-Wege yon G gleich der Minimalzahl yon Kan ten aller a, b trennenden Kantenmengen in G. Letztere Zahl bezeichnen wir mit ~ (a, b).

(1.2) In Bezug auf ordnungstheoretische Begriffe und Bezeichnungen halten

wir uns im wesentlichen an das Buch yon GV.RICKE [2]. Ist (M, ~ ) eine tefl-

geordnete Menge und (at) t e i eine Familie yon Elementen aus M, so bezeichnen wir das Supremum bzw. das Inf imum der a s (falls vorhanden) durch U at

i e /

bzw. [7 as. Analog bezeichnet a U b bzw. a [-] b das Supremum bzw. das t e I

Inf imum zweier Elemente a, b e M (falls vorhanden). Existieren stets a I I b,

a [7 b (bzw. I I a s, [7 at), so heist (M, < ) bekanntlich ein Verband (bzw. ein i ~ l f ~ l

vollst~ndiger Verband). Eine beziiglich der zweistelligen Operationen L J, N yon V abgeschlossene Teflmenge yon V heiBt ein Unterverband yon V. Das Einselement bzw. Nullelement eines Verbandes (l z, < ) wird dureh e bzw. 0

bezeichnet, x e V heiBt oberer Nachbar yon y e V, wenn x ~ y, y < x und fiir jedes z mit y ~ z ~ x gilt y -- z oder z -- x; y heil3t dann unterer Nachbar von x. Die oberen Nachbarn yon 0 heiBen die iitome des Verbandes.

Unter einer Kette K in V versteht man eine Untermenge yon lz, die (vermSge ~ ) total geordnet ist. Ein Verband hei~t l~ingenendlich, wenn jede seiner Ket ten aus endlich vielen Elementen besteht. Die um 1 verminderte Elementezahl

einer Ket te K heiBt d i e / ~ n g e yon K. Eine Kette K mit grSBtem Element y und kleinstem Element x hei6t eine x, y-Kette. K heiBt maximale x, y-Kette, wenn fiir jede x, y-Kette K' mi t K C K' folgt K -- K'. Ha t Vein Nullelement, dann ist die HShe h (x) eines Elementes x E V gleich dem Minimum der L~ngen aller ma~imalen x, y-Ketten.

Ein Verband heiBt semimodular nach oben, wenn je zwei Elemente, die einen gemeinsamen unteren Nachbarn haben, stets auch einen gemeinsamen oberen Nachbarn haben; entsprechend ist semimodular nach unten definiert. I s t ein Verband semimodular nach oben und nach unten, so nennen wir ilm semi- hindu/at. Ein Verband mit e und 0 heiBt Ir~mplementgr, wenn er zu jedem Ele-

ment a mindestens ein Element b enth~lt, das erffillt: a I I b = e und a R b --- 0.

Page 4: Schnittverbände in Graphen

202 Fernando Escalante

b heiBt Komplement zu a. Ein Verband V heiBt modular, wenn fiir je drei a, b, c e V gilt: a U (b R (a•c)) = (a [_J b) F] (a [_J c). V heiBt bekanntl ich distributiv, wenn die (bini~ren) Operationen [_J, [7 in V distribut, iv verknfipft

sind. Wir werden folgende Eigenschaften yon Verbi~nden benStigen:

1. Jeder distributive Verband ist modular . 2. Jeder modulate Verband ist semimodular. 3. Ein Verband ist distr ibutiv genau dann, wenn die ,,Kfirzungsregel"

a U b = a U c und a N b = a R c : : ~ b = c

ffir je drei seiner Elemente erffillt ist.

4. Ein Verband ist dann und nu t dann distributiv, wenn er keinen der

folgenden Verbi~nde als Unte rve rband enthi~lt 8) :

V I V 2

Fig. 1

5. I n einem distributiven Verband haben alle a, b-Ket ten die gleiehe L~nge.

6. In einem nach unten l~ngenendlich komplement~ren modularen Verband ist jedes Element mi t HShe h in eindeutiger Weise als Supremum yon h Atomen darsteUbar (vgl. GEmOKE [2], Kap . V w 6.1 und Kap . V I I w 1.4).

7. Lemma. Sei V e i n distr ibutiver Verband und a ~ V. Der yon a und m seiner oberen Naehbarn erzeugte Un te rve rband V' ist zu dem Verband aller Teilmengen yon N= := {1, 2 . . . . . m} isomorph, und sein Hassediagramm stellt das Kantensys tem eines m-dimensionalen Wiirfels dar.

B e w e i s : Seien a 1 . . . . . am obere Naehba rn yon a. Jeder Teilmenge T yon

N m ordne man das Element

8) Zur Erkl~rung der Hassediagramme vgl. [2], Kap. I I w 1.3.

Page 5: Schnittverbände in Graphen

Sehn i t tve rb~de in Graphen 203

@(T) : = [_] a t e V' zu. SeT

~a ist ein H o m o m o r p h i s m u s , denn : Seien ~ ( T ) = LJ at, ~ ( T ' ) = LJ al; es SeT J e T ~

ist klar, dab ~ (T) U q> (T ' ) = LJ a k = q~ (T o T') ist. Fe rner gilt wegen k e T U T I

der Dis t r ibut ivi t~t u n d a s N a i --- a fiir i # j :

asR (11 a j)= { at, falls i e T'

�9 r ' a, falls i ~ T ' , d .h .

~ ( T ) [7 ~ ( T ' ) = L2 ( a ~ a i ) = I_J a k = q ~ ( T n T ' ) . l e T k e T n T a

j e t I

ist tr ivialerweise sur jekt iv . I s t T # T ' , so existiert (o .B .d .A. ) k e T \ T ' ; es gilt d a n n :

ak N ( U a j ) = a und ak [-1 ( U a i ) - - a k, j e T I l e T

also fo]gt ~o(T) # ~o(T'), d .h . ~o ist injektiv. ])as H a s s e d i a g r a m m y o n V' stellt das K a n t e n s y s t e m des Einheitswiirfels

in ~m dar, wenn m a n j edem q~(T) E V' den Vektor (x 1 . . . . . x~) ~ R m zuordne t

mi t xt = 1, falls i ~ T, u n d x t = O, falls i ~ T.

w 2. Sehnitte

a, b seien zwei verschiedene nicht benachbar te E c k e n eines Graphen G. Eine a, b in G t r ennende Eckenmenge S heil~t ein a, b.Schni t t in G, wenn keine echte Un te rmenge y o n S auch noch a und b in G t rennt . S heiBt minimaler

a, b-Schnitt, wenn I SI ~ IS'[ fiir alle a, b-Schnitte S' gilt, oder auch, wenn I S I = Pa (a, b) ist. Ohne weiteres ist k lar :

(2.1) S C E (G) ist ein a, b-Schni t t genau dann, wenn a �9 S �9 b (G) gilt, und

zu jedem x e S ein Wab exist ier t mi t Wob n S ---- {x}.

Weiter gi l t :

(2.2) W e n n a . T o �9 b(G), To C - E(G), so existiert (mindestens) ein a, b-

Sehni t t S _C To.

B e w e i s : Es sei ~ = { T [ T C To und a ' T . b ( G ) } ; ~: ist du rch C teil- geordnet . Wir b e h a u p t e n : I s t T l (i e I ) eine Ket te in (~:, C_.), so ist auch D : = n T~ E l e m e n t y o n ~:.

l e l

Andernfal ls exist ierte ngmllch ein a , b -Weg W C G m i t D r W = O ;

w 1 . . . . . w n seien die E c k e n y o n W. Es gibt d a n n i x . . . . . i n e I mi t w v r T l , (v = 1, . . . . n). N a c h W a h l der T~ existiert ein Tsv, das in allen Ttl, . . . , Tsn

enthal ten ist. W wiirde d a n n Tt~ nicht treffen, gegen a �9 Tsv �9 b(G). N a c h dem

Page 6: Schnittverbände in Graphen

204 Fernando Escalante

Zornschen Lemma enthalt also ~: mindestens ein minimales Element S; dieses leistet das Verlangte.

I m folgenden bedeuten a r b stets zwei feste nicht benaehbarte Ecken in G. Sind nun S, S' zwei a, b-Schnitte in G, so nennen wir S Vorg~inger yon S', wenn fiir alle x ~ S \ S' jeder x, b-Weg S' trifft. Wir schreiben dann S ~ S', oder, falls es nStig ist, auf a, b und G explizit Bezug zu nehmen, ausfiihrlieher S ~_ S'. S ist echter Vorg~nger yon S' , wenn S ~ S' und S ~ S' gilt; wir

(a, b, G)

sehreiben dann S ~ S'. Gilt weder S ~_ S" noeh S' ~_ S, so heiBen S und S' unvergleichbar, und wir schreiben dann S [I S' . I s t S Vorg~nger yon S' , so heil3t S' Nach]olger yon S.

Diese Naehfolgerrelation eharakterisieren wir in der folgenden Proposit ion auf mehrere Arten :

(2.3) S, S ' seien zwei a, b-Schnitte in G. D a n n sind je zwei der folgenden Aussagen ~quivalent :

(a) S ~ S'; (b) Fiir jedes x e S ' existiert ein x, b-Weg W mi t (W \ (x}) (~ S = ~; (c) Ffir jedes y e S existiert ein a, y-Weg W mi t (W \ {y}) n S' = ~; (d) Jeder a, x-Weg W C G mit x e S' \ S t r iff t S.

B e w e i s : (a) ~ (b): Man w~hle gem~B (2.1) einen a, b-Weg W C G mit W n S ' = {x}.

Das in W enthaltene Wxb trifft dann S, aul~er evil . in x, nicht; andernfalls miiBte jedes W~b wegen S ~_ S' noeh eine Ecke r x mit S' gemeinsam haben.

(b) ~ (c): Es sei y e S , sowie W~b C_ G mi t W, b n S = { y } gem~B (2.1) gew~hlt. Es sei W der in W~ enthal tene a, y-Weg. Hg t t e W mit S ' eine Ecke x ~ y gemeinsam, so natiirlieh x r S, und wegen (b) existierte ein x, b-Weg W' mi t W" n S = ~. W u W' enthielte dann aber einen a, b-Weg, der S nieht trifft, gegen a �9 S �9 b (G).

(c) ~ ( d ) : Angenommen, W sei ein a , x - W e g f i g mit x e S ' \ S und W n S -- ~. Nach (2.1) existiert ein Wab mi t Wob n S ' = {x}. Es sei W' das in Wob enthal tene Wxb. Es folgt, dal~ W" eine Ecke y e S \ S' enthalten muB, da sonst W u W' einen a, b-Weg enthielte, der S nieht trifft. Wegen (e) existiert ein a, y-Weg W" mit W " n S'-~ ~. Mittels W" und des in W~b enthal tenen y, b-Weges enthielte man dann aber einen a, b-Weg, der S' nicht trifft, mi t Widerspruch.

(d) ~ (a) : Nehmen wir an, es existiere ein y, b-Weg W, der S ' nieht trifft (y e S \ S'). Dann folgt: jeder a, y-Weg trifft S ' ; aber es gibt, naeh (2.1), einen a, b-Weg, dessen Durchschnit t mi t S nur die Ecke y enth~lt; sei W' der

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Schnittverb~nde in Graphen 205

a, y-Tell dieses Weges und x e W ' • S' . Es ist klar, dab x ~ S, und dab der a, x-Weg W " C W' S nicht trifft, was ein Widerspruch ist.

Als unmitte~bare Folgerung erhalten wir aus (2.3) (wegen der ~quivalenz

yon (a) re.it (d)):

(2.4) S ~ 8 ' r ~ 8. (a, b, 6) (b, a, 6)

Weiter grit:

(2.5) Gilt S 1 _~ S, ~ S 3, dann ist S 1 n Sz C_ S,.

B e w e i s : Angenommen, es sei x e (S 1 n $3) \ S,. Da x in (S x \ S~) n (S 3 \ S,) ist, so existieren, nach (2.3) und (2.4), a, x- und x, b-Wege, die S, nicht treffen. Ihre Zusammense tzung widerspricht der Eigenschaft yon S 2, ein a, b-Schnitt

zu sein.

(2.6) Satz 1. Fiir je zwei nicht benachbar te Ecken a # b eines Graphen G bflden die a, b-Schnitte in G einen vollst~ndigen Verband beziiglich der Re-

lation _~.

B e w e i s : Wi t wollen zun~chst zeigen, dal~ _ eine Teilordnung ist. Die Reflexivit/s und Transi t ivi t~t folgen sofort aus den Definitionen yon Nach- folger und Vorg~nger. Es gelte nun S 1 ~ S, und S, _~ S 1. Sei x eine Ecke aus S x \ S 2. Dann sichern uns (2.3b) und (2.3c) die Existenz yon a, x- und x, b- Wegen, die S~ nicht treffen und deren Zusammensetzung ein Widerspruch zu a �9 S 2 �9 b (G) ist. Es mul~ also S 1 = Sz sein, d.h. ~ ist auch ant isymmetr isch.

Es bleibt nur die Existenz des Inf imums und des Supremums zu zeigen. Es sei fiir diesen Zweck {Si} ~ ~ t eine nicht leere Familie yon a, b-Schnitten des Graphen G. Wir definieren die Mengen

S : = { x e U S, lex. W e g W x b m i t : W x b ~ ( ~ J ~ i \ { x } ) = O } i e l i r

S : = { y e tJ S, lex . W e g W , r m i t : W o r n ( U S, \ {y}) = O}. i e l i e l

Wir behaupten, S sei das Supremum und S das Inf imum der Famille {S~}~ ~ x" Offenbar geniigt es, aus Symmetriegri inden (vgl. (2.4)), nu t den Fal l des Supremums zu be t rachten :

a) Die le tzten Ecken in LI St aller a, b-Wege sind in ~ enthalten, und daher i e I

folgt a - S �9 b (G).

b) S ist ein a, b-Schnitt. Dazu zeigen wit, daI3 es fiir jedes x e S r~ Sj (mit j beliebig aus I ) a, x- und x, b-Wege gibt, die S \ {x} nicht treffen. Die Existenz des zweiten Weges wird aber durch die Definition yon ~ gesichert. AuBerdem existiert nach (2.1) ein a, b-Weg W, der Sj \ {x} nicht trifft. Wit behaup ten sogar, dab ~ n W = {x}. Angenommen, es wi~re y ~ x die ersto Ecke (in

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206 Fernando Esca|ante

Richtung a, x) in W n S, dann wird Sj yon dem a, y-Teil yon W nicht getroffen, und d a y ~ S, existiert ein y, b-Weg, der Sj gleiehfalls nieht trifft, mit Wider- spruch. Es kann also a �9 S \ ~x} �9 b(G) nicht s t immen, und S ist ein a, b-Schnitt.

e) Es gilt natiirlich fiir alle i ~ I : S t ~ S.

d) S ist das Supremum der Si. Nehmen wir an, es w~re S' ein a, b-Schnitt mi t der Eigenschaft: S t ~_ S' ,~ S fiir alle i e I . D a S ~ S' , muB ein x ~ S \ S' existieren, und natiirlich ist Sj :~ S' ffir alle j ~ I mi t x ~ S 1. Das ist ein Wider~ spruch.

Ferner existieren ein Null- und ein Einselement (damit folgt insbesondere die Existenz wenigstens eines a, b-Sehnittes!), denn offenbar werden n~Lmlieh a, b durch die Menge T der zu a benaehbar ten Ecken getrennt ; T enthglt abet, naeh (2.2), mindestens einen a, b-Schnitt, und w~ren S, S ' zwei ver- schiedene in T enthaltene a, b-Schnitte, dann kSnnte m a n (vgl. (2.3c)) S _ S ' und S'_~ S schlieBen, und daher S - - S ' . Dieser Schni t t ist das gesuchte Nullelement. Analog beweist man die Existenz des Einselementes.

Wir haben also bewiesen, daB die Menge aller a, b-Schnitte eines Graphen G einen vollstgndigen Verband bildet; wir wollen diesen Verband mit V*a,b(G ) bezeichnen.

Nach (2.4) gilt dann stets:

(2.7) V* V* a.b (G) ist der duale Verband zu b,a (G). Ferner beweisen wir das folgende

(2.8) Lemma. Man definiere ffir zwei a, b-Schnitte eines Graphen G folgende Mengen :

A r ( S ) := {s E S [ ex. ein a, s-Weg W mi t W n T = 0} BT(S) : = {8' ~ S I ex. e in b, 8 ' -Weg W' m i t W' n T = 0} .

A r ( S ) bzw. B r ( S ) bezeichnen also den Teil yon S, der (yon a aus gesehen) , ,vor" bzw. , ,nach" T liegt. Wit behaupten, daB die fiinf Mengen A r ( S ),

A s ( T ), B r ( S ), Bs(T) , S n T disjunkt sind, und dab

a �9 A r ( S ) u A s ( T ) u (S n T) �9 b(G) a �9 B r ( S ) u B s ( T ) u (S n T) �9 b(G).

B e w e i s : Sofort aus der Definition erh~lt m a n

Ar(S) n T = B r ( S ) n T = A s ( T ) n S = B s ( T ) n S = O ,

und daher:

A r ( S ) (~ A s ( T ) = A r ( S ) r~ B s ( T ) = B r ( S ) n A s ( T ) = Br(~q ) f~ B s ( T ) -~ O.

H~t te man nun ein x e A r ( S ) n B r ( S ), dann kSnnte m a n a, x- und x,b-Wege in G finden, die T nieht treffen. Das widerspr~che der Tatsaehe, dab T die

Page 9: Schnittverbände in Graphen

Schnittverb~nde in Graphen 207

Ecken a, b t rennt . Sei ferner W ein a, b-Weg in G. W trifft E u T in einer ersten Ecke u. Wenn u e S \ T, bzw. T \ S, so ist nach Definition u e Ar (S ) bzw. u e As(T) . Also folgt die erste der in (2.8) behaupteten Trennungs- relationen. Die zweite ergibt sich analog.

(2.9) Satz 2. Fiir je zwei nicht benachbarte Ecken a ~ b eines Graphen G bilden die minimalen a, b-Schnitte einen Unterverband Vo, b(G) yon V*,, ,b(G). Is t pa(a, b) endlich, dann gelten (mit den Bezeichnungen yon (2.8)) ftir je zwei minimale Schnitte S, T die Beziehungen:

S = A r ( S ) u BT(8 ) U (S ~ T), T = A s ( T ) u Bs (T) w (S n T),

S [-] T = AT(S ) u As(T) u (S n T), S I I T = B r(S) u Bs (T) u (S n T).

B e w e i s : 1. Fall:/za(a , b) unendlich. Seien S, T zwei minimale a, b-Schnitte; da S II T, S [~ T C S u T, folgt sofort aus Machtigkeitsgrtinden:

lSl_l T I - - I S WI T I - - I S u TI=[5'I----I TI ,

und daher sind auch S I I T und S [-7 N minimal.

2. Fa/ l : Pc (a, b) = n < oo. Es seien S, T zwei minimale a, b-Schnitte. Wir

se tzen:

~ : = A t (S ) u A s ( T ) u (S n T), B r(S) u Bs (T ) u (S n T),

und behaupten S = S LJ T, S = S ['-I T. Wegen A r ( S ) u Br (S) u (S n T) C_S und entsprechend As(T ) w B s ( T ) u

(S n T) C T erh~lt man mit Hilfe yon (2.8) :

2n = [S I + ITI > I A r ( S ) u B r ( S ) u ( S n T ) I + [ A s ( T ) u B s ( T ) u ( S n T ) I = = [At(S)[ + [BT(S)I-I-[(S r T)] - t - [As(T)I + [Bs(T)[ + [ S n TI = = IAr(S) u A s ( T ) w (S n T)[ + IBr(S) u Bs(T) u (S n T)[ = = ]S I + IS [, und wegen a �9 S . b (G), a �9 9 . b (G) folgt aus (2.2) : IS I = IS I= n,

und daher sind S, S minimale Schnitte. Es ist auch klar, dab S _~ S, T @ 9. G~be es einen minimalen a, b-Schnitt

S* mit S , T ~ S* ' a ~, so w~re jedes x e g \ S * ( S k S * # 0) entweder in S \ S* oder in T \ S* enthal ten; da aber wegen (2.3b) ein x, b-Weg existiert, der S* nicht trifft, kSnnte S ~ S* (bzw. T <1 S*) nicht gelten. S ist also das Supremum yon S und T. In analoger Weise zeigt man S -- S [-] T.

Ferner gilt [ A r (S) [ + ] B r (S) [ + IS n T[ ffi n,

IAs(T)I + IBs(T)I + IS n TI =n,

und daher schlieBt man: S = A r ( S ) u B r ( S ) u (S n T) und T = As(T) u Bs(T) u (S n T).

Page 10: Schnittverbände in Graphen

208 Fernando Escalante

(2.10) Bemerkung. Folgendes Beispiel (vgl. Fig. 2) zeigt, da6 die im Beweis zum Satz 2 konstruierten S bzw. S nicht notwendigerweise das Supremum bzw. das Infimum yon S und T zu sein brauchen, falls die letzteren nicht minimal sind:

c 1

a b

P

Fig. 2

In diesem Falle sind S : = {c, e, m, n, p}, T : = {c, d, [, l, n, p} zwei a, b- Schnitte, und manha t : Ar(S ) = {e}, A s ( T ) = {d, [}, S r ( S ) ---- {m}, B s ( T ) = {/}, S n T = {c, n, p}, aber weder ~ = {c, l, m, n, p} noch S = {c, d, e, [, n, p} ist ein a, b-Schnitt.

(2.11) Bemerkung. Der folgende Graph (vgl. Fig. 3) zeigt, daft fiir zwei nicht minimale a, b-Schnitte S und T die Beziehungen

S = A r(S) u B r(S) u ( S ( ~ T), T = A s ( T ) u B s ( T ) u (S n T)

nicht immer gelten:

C d e

a b

h

Fig.

merbe i sind S :-- {d, [, g, h} und T :-- {c, e, h} zwei a, b-Schnitte und es gilt: A r ( S ) = {/}, A s ( T ) = {c}, Br (S ) = {g}, B s ( T ) = {e}, S (~ T = {h}, aber die Menge Ar (S ) • Br (S ) u (S n T) --- {/, g, h} ~ S.

Page 11: Schnittverbände in Graphen

Schnittverbgmde in Graphen 209

(2.12) Bemerkung. Wenn S, T zwei endliche nicht minimale a, b-Schnitte sind, so kann sowohl der Fall IS tJ T] > Max (ISI, ITI) als auch der Fall I S 1_] T I < Min (I S I, ] T ]) eintreten, sogar wenn I S I -- I T I ist.

B e i s p i e l : In Fig. 4 haben die a, b-Schnitte S := {c, g, h} und T :-- {e, f, d} je drei Elemente, aber IS R TI --I{c, d}l = 2 und IS • T [ - - [ { e , ], g, h}l = 4 .

e

a b

h Fig. 4

(2.13) Satz 3. Fiir jeden endlichen Graphen Gis t Vo. b (G) distributiv.

B e we is: Nach Eigenschaft 3. in (1.2) geniigt es zu zeigen, dab die Kiirzungs- regel

( R L.] S = R [_J T & R [-T S = R [-I T) =~ S = T

fiir je drei Elemente R, S, T e Vo, b(G ) erffillt ist. MSgen also R , S , T drei beliebige mi~imale a, b-Schnitte sein und R LJ S = R U T & R [7 S -- R [7 T gelten, d.h. nach Satz 2:

A s ( R ) u A R ( S ) u (R (7 S) ~- Ar(R ) w A g ( T ) w (R n T), (1)

B s ( R ) w BR(S ) w (R n S) = B r ( R ) w B R ( T ) w (R n T) . (2)

Die Subtrakt ion der zweiten Zefle yon der ersten zusammen mit (2.8) fiihrt ZU :

B s ( R ) w B R ( S ) = B r ( R ) w B g ( T ) , (3)

aber x e B~(S ) ~ x ~ B s ( R ) u B a ( S ) ~- B r ( R ) w B R ( T ),

und aus x • R folgt x e BR(T); (4)

analog: y e B R ( T ) :~ y e B r ( R ) u B R ( T ) ffi B s ( R ) w BR(S) ,

und aus y r R folgt y e B a (S) ; (5)

aus (4) und (5) folgt unmit te lbar :

B~ (S) = B~ (T). (6)

14 Hbg.~tJa. Abh., Bd. X X X v I U

Page 12: Schnittverbände in Graphen

210 Fernando Escalante

Die Subtrakt ion der Zeile (1) yon der Zei]e (2) ergibt:

A s ( R ) u A R ( S ) = A R ( T ) w AT(R ) , (7)

und ahnlich wie oben schlieBen wir:

A R (S) = AR (T). (8)

Da ferner B s ( R ) n BR(S ) = B r ( R ) n B R ( T ) = O

und A s ( R ) n A R ( S ) = A r ( R ) r~ A R ( T ) = O, erh/~lt m a n nach (3) und (7):

A r ( R ) = A s ( R ) , B T ( R ) = B s ( R ) , und daher aus (1) oder (2):

R n T = R n S . (9)

SchlieBlich k o m m t man mittels (6), (8) und (9) zu der gewiinschten Be- ziehung :

S = A R ( S ) u BR(S) u (R n S) = A R ( T ) u B R ( T ) u (R n T) = T.

(2.14) Bemerkung. Folgendes Beispiel zeigt, dab Va, b (G) nicht komplement~r zu sein braucht :

c d

e g

b

x-/t~ Fig. 5

(2.15) Einen weitgehend konst rukt iven Beweis des Mengerschen Satzes (ira endlichen Falle) l~Bt sich nun mi t I-Iilfe eines bekannten Satzes yon K S ~ m ([4] Satz 13, Kap. XIV) angeben.

B e w e i s : Der genannte Satz yon KSNIG besagt : ,,Die Eckenmenge E eines Graphen H sei in zwei fremde Teile zerlegt: E = E 1 q-E2, und jede K a n t e yon H soll eine Ecke yon E 1 mit einer yon E 2 verbinden. K6nnen E 1 und E 2 nicht durch weniger als m Ecken getrennt werden (d.h. das Streichen yon weniger als m Ecken yon E laBt mindestens eine K a n t e fibrig, die Endecken in E 1 und E~ hat), so gibt es in H m Kan ten , die paarweise keine gemeinsame Endecke haben" .

Page 13: Schnittverbände in Graphen

Schnittverb~nde in Graphen 211

Seien a, b zwei versehiedene nicht benaehbar te Eeken eines endlichen Graphen G, und es sei ~ (a, b) = n. Wir wollen zeigen, da~ es n kreuzungsfreie a, b-Wege gibt, und zwar geben wit ihre explizite Kons t rukt ion an. Ohne Beschr~nkung der Allgemeinheit kann man voraussetzen, da~ jede Ecke yon G in einem mi~imalen a, b-Schnitt liegt (liegt x in keinem minimalen a, b- Sehnitt , dann verminder t seine Wegnahme die Mengersehe Zahl n nicht ; denn nehmen wir an, es existiere ein a, b-Schnitt S in G \ {x} mit IS] ~ n - 1, dann wiirde offensichtlich gelten: a - S w {x} �9 b(G) und S w {x} w~re mini- mal). I s t S o das Nullelement yon V,, b(G), so besteht S o genau aus den zu a benachbar ten Ecken. Diese n Kan t en sind die Anfangskanten unserer Famil le yon a, b-Wegen. Seien S, T minlmale a, b-Schnitte und T unmit te lbarer Nach- folger yon S, dann liegt keine Ecke yon G ,,zwisehen" S und T (d.h. keine Ecke x ~ S w T ha t die Eigensehaft : jeder a, x-Weg trifft S, und jeder x, b-Weg trifft T), denn lgge x zwischen S und T, so g/~lte ffir einen nach Voraussetzung existierenden minimalen a, b-Schnitt R, der x enth~lt : 8 ~ (S U R) [7 T ~ T und natiirlich T, S r (S [A R) R T, da x e (S [_J R) R T. Sei nun IS \ T ] --- m (es grit offenbar aueh I T \ S] -- m), m ~ n. I s t W C_ G ein s, t-Weg mit s e S \ T, t e T \ S und W r~ (S w T)--- {s, t}, so muB W nur aus der K a n t e (s, t) be- stehen, da man andernfalls eine Ecke x erhielte, die im genannten Sinne zwischen S und T liegt. I s t X C_ S w T eine 1Kenge yon Eeken, die jede yon S \ T zu T \ S f/ihrende K a n t e in G trifft, so gilt demnaeh offenbar a �9 X w (S r~ T) �9 b (G). Daher erhglt man, nach dem am Anfang des Beweises zit ierten Satz yon K6zqIG, m Kanten , die S \ T mit T \ S verbinden und die paarweise keine gemeinsame Ecke haben.

Wenn dieses Verfahren auf eine maximale vom Null-zum Einselement yon V,,b(G ) aufsteigende Ket te yon Minimalschnitten S o <1 $ 1 ~ . . . ~ S k (wobei stets Sl+ 1 unmit te lbarer Nachfolger yon S i is t ) angewandt wird, so erh~lt man die n gesuchten kreuzungsfreien a, b-Wege.

(2.16) Sind die minimalen a, b-Schnitte eines Graphen G endlich (G b rauch t nicht endlich zu sein!), so ist V,,b(G ) endlich (und daher ein vollst~ndiger

Un te rve rband yon V:, b (G)).

B e w e i s : Es sei tt 6 (a, b) ---- n und {W1 . . . . . W,} eine Familie von n kreuzungs- freien a, b-Wegen. Naeh dem Mengerschen Satz gilt IS r~ Wll = 1 ffir jedes S e Va, b(G) und i - - 1, . . . , n, und da jeder Weg endlich ist, so kann es auch nur endlich viele minimale a, b-Schnitte geben. Schliel]lich ist ein endlicher Verband immer vollstgndig. Die Frage, ob V,, b(G) auch im unendliehen Fal l vollst/~ndig ist, bleibt often.

(2 .17)Bemerkung. Sind die minimalen a, b-Schnitte eines Graphen G un- endlieh, dann b rauch t V~ b (G) nicht distr ibutiv zu sein, wie folgendes Beispiel

zeigt:

14"

Page 14: Schnittverbände in Graphen

212 Fernando Escalante

a I b 1

_ b

C l

Fig. 6

E(G) = {a, a~, a~, a3, a,, b, bl, b~, ba, b,} w {c,} i ~,~. Offenbar ist V~,b(G ) ~_ V* (G\ {ci}i~N), und der letztere Verband ist nicht distributiv, da z.B.: a , b R:--- {al, aa, b2, b3, b,}, S : = {al, a2, a,, bl, ba, ba}, und T : - - {a 1, a2, a3, b2, b,} sind drei Elemente aus V* (G\{c , }~ ~,), aber man hat R U S = T U S a,b r

={b~,ba, ba, b,} und R R S = S R T = { a ~ , a ~ , a a , a,}, und da R ~ T ist die Kfirzungsregel nicht erfiillt.

(2.18) Bemerkung. Ha t ein Graph G die unendliche M~chtigkeit m, so kann die M~chtigkeit yon V* 2 m a,b (G) sogar sein. Beispiel:

El, E 2 seien zwei disjunkte kantenlose Eckenmengen Init gleicher M~chtig- keit m und sei ~p eine bijektive Abbridung yon E 1 auf E 2. Man bride G wie folgt: E(G) - - E 1 u E 2 u {a, b}, m i t a ~ b nicht in E 1 w E~, (a, x), (r b) und (x, qa(x))eK(G) ffir alle x e E 1. Jede Menge S C_ E 1 u E 2 mit der Eigen- schaft : A ~p (x) e S ~:~ x ~ S ist offenbar ein a, b-Schnitt und hat die M~chtig-

x ,EEl

keit m. Wie man sofort sieht, gibt es genau 2 m solcher a, b-Schnitte.

w 3. Graphen mit gegebenem Verband

Im zweiten Paragraphen wurde die Existenz der Schnittverb~nde eines Gcaphen bewiesen und die St ruktur derselben teilweise beschrieben. Hieraus ergibt sich in nat/irlicher Weise die Frage, ob fiir jeden abstrakten (distribu- tiven) Verband ein Graph existiert, dessen (Minhnal-)Schnittverband bezfiglich

Page 15: Schnittverbände in Graphen

Schnittverb~nde in Graphen 213

zweier seiner Ecken a, b zu dem gegebenen Verband isomorph ist. Eine positive Antwort wird in diesem Paragraphen mittels Kons t rukt ion solcher Graphen gegeben.

(3.1) Satz 4. Zu jedem vollst~ndigen Verband V gibt es einen Graphen G, so da~ ffir ein bes t immtes P a a r a, b e E (G) gilt: V* o,b (G) -~ V.

Die Konst rukt ion eines solchen G, und damit der Beweis des Satzes, wird in zwei Schritten durchgeffihrt :

(3.2) Is t (V, H) ein Verband und wird ~ ffir jedes v e V definiert dutch

+:= {xe V I v ~ } ,

so bildet ]7 : = (~ ] v e V} bezfiglich der Inklusion _C einen Verband, der vermSge der Zuordnung

~ : v ~ + ~

z u V isomorph ist. Sind ~ (i e I ) aus V, so ist

U v i = O v~. I r I r

B e w e i s : go ist trivialerweise surjektiv. H a t man u ~ v aus V, so kSnnen nicht u ~ v und v H u gleichzeitig gelten, d.h. es mul~ u e ~ oder v e a sein. Da nach Definition u ~ a, v ~ ~ grit, folgt jedenfalls a ~ ~. go ist also auch injektiv. Ffir alle u, v e V gilt weiter: (x bezeichnet beliebige Elemente yon V) : u H v . ~ ( v < ~ x ~ u < ~ x ) ~ ( x ~ x C a ) ~ ( x e a : : , . x e ~ ) . ~ a H~. Also ist go ein Isomorphismus.

I s t nun v i (i e I ) eine Famil ie von Elementen aus V, so ist wegen der Isomorphie zun~chst I I v i - - d vi. Ffir beliebiges x e V gilt dann:

i r l ~ I

x ~ U~l----- U v ~ r U v ~ H x c ~ v t H x i r i r f r

ffir alle i e I r x ~ vi ffir alle i e I ~ x ~ U vi" Daraus folgt aueh die Be- i r

hauptung fiber die Supremumbridung in ]7.

(3.3) Man konstruier t nun den gesuchten Graphen G folgendermaBen: Es seien X, X' zwei dis junkte , ,Kopien" des gegebenen Verbandes V, d.h. zwei disjunkte Mengen, die vermSge fester gegebener Abbildungen go bzw. go' auf V bijektiv abgebildet sind. Ohne Einschr~nkung kann go----id v (d.h. X = V) angenommen werden; ffir jedes v E V schreiben wir go'(v) kurz in der Fo rm v' (d.h. X ' -- (v' [ v e V}). D a n n sei

E(G) :--- (a, b} u X ' w X,

Page 16: Schnittverbände in Graphen

214 Fernando Escalante

K ( G ) : - - {(a, x ') I x ' �9 x '} u {(b, x) [ x e X } u {(v 'w) [ v, w e V & w �9 ~}.

Also (v', w) �9 K(G) ~ v :~ w. Insbesonde re exis t ier t in G keine der K a n t e n (v', v) m i t v e V. Wir behaup ten :

V* . ,b (G) ~ V --- V .

Z u m Beweise erkl~ren wir ffir jedes v ~ V e i n e Tei lmenge S(v) yon E(G)

wie folgt (vgl. Fig. 7, worin das N i e h t v o r h a n d e n s e i n einer K a n t � 9 durch eine ges t r ichel te Strecke angedeu te t ist) :

a

v v

b

Y

Fig. 7

S(v) :---- V ~J {x' ~ X ' [ ex. (x', y) e K ( G ) m i t y ~ ~}. Wir stellen fest, dab v' n ich t in S (v) liegt.

a) Fi i r jedes v e V ist S(v) ein a, b -Schni t t in G. D e n n naeh K o n s t r u k t i o n h a t m a n offenbar a �9 S(v) �9 b(G). AuBerdem exis t ier t zu x' e S(v) (~ X" nach Def in i t ion yon S(v) ein y e X mi t (x', y) e K ( G ) ; ve rmSge (a, x ') , (x', y), (y, b) erh~l t m a n daher einen a, b-Weg, der m i t S(v ) nur x' geme insam hat . I s t andererse i t s x e S (v ) (~ X = ~ , so erh~l t m a n wegen v' q~S(v) mit te l s (a, v ') , (v', x), (x, b) einen a, b-Weg W mi t W (~ S(v) ~- {x}. N a e h (2.1) folgt also a).

b) Ffir jeden a, b-Schnit t S in G exis t ie r t �9 v �9 V m i t S = S(v) .

Es sei n~mlich S O :-- S • X, u n d F bezeichne die Menge aller der jenigen x e V, fiir die �9 C_ So gilt. Wegen (3.2) h a t m a n d a n n mi t v = L2 x :

x c F

U ~ = U ~ = ~ , a l s o ~ C _ _ S o . x e F x e F

Wir behaup ten , dab sogar ~ - - S O gilt. N e h m e n wir n~mlieh an, dab ein y �9 S O \ ~ exist ier t , so folgt wegen der Schn i t t e igenschaf t yon S die Ex i s t enz eines x' �9 X" mi t (x', y ) � 9 x ' ~ S. N a c h Defini t ion yon K(G) ist y �9 ~.

Page 17: Schnittverbände in Graphen

Sehnittverbgnde in Graphen 215

x' ~ S impliziert aber �9 C S o und damit x e F, was wiederum y e ~ zur Folge hat, mit Widerspruch.

Aus S 0 = ~ folgt nun aber unmlttelbar S = S ( v ) , da jeder a ,b-Schni t t unseres G ja durch seinen Durchschnitt mit X schon eindeutig festgelegt ist.

Aus a) und b) folgt : c) Die Abbfldung v ~ S(v) liefert eine Bijektion yon V auf V* ,,~ (G). d) Diese Abbildung ist ein Isomorphismus. Denn fiir u, v e V gilt ja :

S ( u ) ~ S ( v ) ~ ~ = S ( u ) n X c S ( v ) n X = ~ r u < v.

Damit ist der Satz 4 bewiesen.

(3.4) Satz 5. Zu jedem endlichen distributiven Verband V existiert ein endlicher Graph G, der zwei Ecken a, b enth~lt derart, dab Va, b(G ) ~- V ist.

Wie bei Satz 4 wird der Beweis in zwei Schritten durchgeffihrt:

(3.5) Sei Q : = {x e V I ex. genau ein unterer Nachbar yon x in V}. Jedem v e V ordnen wit die Menge zu: ~ : = { x e Q l x < v } ; es gilt 5 = 0 und ffir

x r 0 ist ~ r 9, da Q alle Atome enth~lt. Wir behaupten, die Abbfldung ~a : v ~ ~ yon V auf ~ (Q) sei ein Verbandisomorphismus.

B e w e i s : Wir zeigen zuni~chst, dab fiir jedes v e V gilt v = U x. Den Be- x e D

weis ffihren wir durch Indukt ion fiber h (v) : h (v) = 0 r v = 0 r ~ ---- 0, d.h. 0 = U x .

X~W

Es sei h(v) > 0. Is t v e Q, so ist ~ = {v} und trivialerweise gilt v = U x. x E V

Is t v ~ Q, dann existieren untere Nachbarn u ~ w yon v. Also u U w = v, h(u) < h(x), h(w) < h(x) und nach Induktionsvoraussetzung folgt: u = [A x,

w---- L ] x ~ v = u U w - ~ [_J x, u n d a u s a u @ C ~ s e h l i e B e n w i r v ~ L J x . X e W X ~ U U W X ~ V

Aber es ist klar, dab v ~ LA x, also folgt v -- [_J x. x e ~ x e ~

ep ist injektiv; u = v ~ [_] x = [_] x ~ u = v , und es gilt offenbar: x e f i x e ~

u < v c ~ a C_J; also sind (V, < ) und (V, < ) isomorph, wobei V:--{cp(v) I

v e v} c__ ~ (Q).

(3.6) Man bildet nun den gesuehten Graphen G wie folgt: Es seien N, N' zwei disjunkte Exemplare der in (3.5) betrachteten Menge Q, d.h. es existieren Bijektionen ~a, q~' yon Q auf N bzw. N' , wobei wir wieder o.E. ~a = idv, d.h. N =Q, annehmen kSnnen und ~a'(q)= q' fiir alle q e Q schreiben wollen. a r b seien Elemente ~ iV u / V ' . Es sei dann

E(G) : = N u N' u {a,b},

Page 18: Schnittverbände in Graphen

216 Fernando Escalante

K(G) : - - {(a,x ' )Ix ' e N ' } u {(x,b) l x e N } w { (x ' , y ) Ix ' eN ' , y e N , y e 5 } . Also: Fiir x, y e Q ist (x', y )e K(G) genau dann , wenn y ~< x. Insbesondere liegt also fiir x eQ stets (x, x') in K(G). Ferner gilt offenbar a . N . b(G). Daher fo lg t /~c(a , b) = IQI. Wir behaup ten : Vo, b(G) ~- V ~- V.

B e w e i s : J edem v e V ordnen wir eine Menge S(v) in folgender Weise zu :

B(v) : = ~ w (y' eN" i y q ~ }.

a) Ffir jedes v e V ist S(v) ein minimaler a, b-Schnit t .

D e n n zun•chst ist ] S (v) ] = I Q] k lar wegen y ' e S (v) n N ' r y • ~ = S (v) • N

(fiir a l l e y e Q). I s t (y', x) mit y, x e Q eine K a n t e y o n G, mi t y' q~ S (v), so also naeh K o n s t r u k t i o n x ~ y und y E ~, d .h . x ~ y ~ v u n d mithin x e V. Man sieht daraus , dab S(v) die Ecken a, b t rennt .

b) Zu j edem minimalen a, b-Sehnitt S yon G exist iert ein v e V mit S(v) -~ S.

Wir bemerken zuni~ehst, dal3 wegen IS I = ]Q] u n d (x', x )e K(G) fiir alle

x e Q gilt : S n / V -- {x e Q ] x ' r S}. Es sei n u n F die Menge aller x e Q mi t

C S n N u n d v : - - LJ x. D a n n i s t F c V k l a r . I s t y e ~ , so a l s o y ~< U x, x ~ F x c F

d.h . y -- y O Y = LJ (x n y) wegen der Dis t r ibut iv i t~t . I s t w der (wegen y e Q) x c F

eindeutig bes t immte untere Nachba r yon y, so wiirde, falls x [7 Y # Y fiir alle x e F g~lte, folgen y ~< w < y, mi t Widerspruch . Also existiert ein x e F mi t y < x, mi tMn folgt ~ C ~ C S n N, d .h . y e F u n d daher insgesamt ~ -- F .

Wir behaup ten n u n : S (v) = S. Nach unserer Vorbemerkung und wegen S (v) n N = ~ genfigt es zu zeigen

S n N = V . N u n gilt ftir x ~ Q:

x ~ N n S ~ x ' q ~ N ' n S ~ fiir alle y u n d (x',y) eK(G) gilt y e N n S ~ ~ C N n S r

e) Die Abbf ldung v v, S(v) liefert also wegen a), b) eine Bijekt ion von V

au f Vo. ~ (a).

d) Diese Abbf ldung ist ein Verbands isomorphismus , d e n n fiir je zwei x, y e V

grit x < y o ~ < ? ~ o S ( x ) ~ _ S ( y ) .

D a m i t ist dot Satz 5 bewiesen. Anderersei ts lassen sich alle die in dieser Arbei t fiir unger iehte te Graphen

bewiesenen Eigenschaf ten au f gerichtete G r a p h e n i ibertragen, wenn m a n , , K a n t e n " dureh , ,geriehtete K a n t e n " u n d , ,Wege" du t ch , ,Bahnen" (d.h. geriehtete Wege) ersetzt. Die Definit ionen y o n Schn i t t en ergeben sich d a n n in nat i i r l icher Weise. D a m a n aber im Grunde keine neuen Ergebnisse erh~lt,

Page 19: Schnittverbände in Graphen

Schnittverb~nde in Graphen 217

wollen wir ohne Beweis in einem Satz diese auf geriehtete Graphen iiber- t ragenen Haupt resu l t a t e formulieren:

(3.7) Satz 6. Fiir zwei verschiedene nicht benachbarte Eeken a, b eines gerichteten Graphen G bilden die a, b-Sehnitte einen vollst~ndigen Verband

,b (G) und die minimalen a, b-Sehnitte einen distributiven Verband Ira, a(G),

der Unte rve rband yon-,V* b (G) ist. Ferner existiert zu jedem abs t r ak ten Verband V e i n gerichteter Graph G und zwei Ecken a, b in G derar t , dal3

I):, b (G) -~ V; ist V endlich und distributiv, so existiert ein endlieher geriehteter

Graph G' und zwei Ecken a, b in G' derart , d a f Va, a(G' ) -~ V.

w 4. Kantenschnitte

Folgende Definition ergibt sich in natiirlicher Weise: Eine a, b t rennende Kan tenmenge K in einem Graphen G (a r bans G) heiBt a, b-Kantenschnitt, wenn keine echte Teilmenge yon K a und b trennt. K heiBt minimaler a, b- Kantenschnitt, wenn ]K I ~ [K'I fiir alle a, b-Kantenschnit te K' in G. Sind /c, k' e K (G), so nennt man einen Weg, der ]c als erste und k' als letzte K a n t e hat , einen k, k'-Weg, und wir schreiben gelegentlich Wk, k'. I n analoger Weise spricht man yon einem k, x-Weg, wobei k e K(G) und x ~ E(G). Sind K, K" zwei a, b-Kantenschni t te in G, so he i f t K' Nach/olger yon K, wenn jeder k, b-Weg mi t K' mindestens eine Kan te gemeinsam hat. Wir schreiben dann K ~ K ' .

(4.1) Satz 7. Ffir zwei verschiedene Ecken a, b eines Graphen G bilden die a, b-Kantenschni t te einen vollst~ndigen Verband U* a,a (G) bezfiglieh der Relat ion ~_ . Die Menge aller minimalen a, b-Kantenschnit te bfldet einen dis t r ibut iven Unte rve rband Uo, b (G) yon U'a, v (G).

Ferner werden alle die im ersten und zweiten Paragraphen bewiesenen Eigenschaften der a, b-Schnitte auf die a, b-Kantenschnit te i ibertragen.

B e w e i s : Wir werden zeigen, daft die a, b-Kantenschnit te eines Graphen G als a, b-(Ecken)Schnitte des fo lgendermafen konstruierten Graphen G + inter- pret ier t werden kSnnen. Alle die in w 1 und in w 2 bewiesenen Eigenschaften werden dann offenbar fibertragen.

Man bet raehte den In terchange-Graphen yon G (d.h. den Graphen, dessen Ecken die K a n t e n yon G sind, und zwei seiner Ecken werden dutch eine K a n t e verbunden, wenn die zugehSrigen Kan t en in G eine Ecke gemeinsam haben), und man adjungiere zwei neue Ecken a +, b +. Man verbinde nun a + bzw. b + mi t alien Ecken, die (in G als K a n t e n aufgefaBt) a bzw. b als Endeeke haben. Den so erhaltenen Graphen bezeichnen wir mit (7 +.

Einen a, b-Weg W ---- (a, al) w (al, a2) u . . . . . u (a m, b) in G kSnnen wir ohne weiteres als eine Kantenfolge schreiben: W--(/Co, k 1 . . . . ,/r wobei

k o : -- (a, al), k m : = (am, b) und ]r :-- (ai, a~+l) fiir i -- 1 , . , m - - 1. Wir ordnen

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218 Fernando Escalante

nun jedem a, b-Weg in G den in G + enthal tenen a+, b+-Weg W : = (a +, k0) w (k o, kl) u . . . w (k m, b +) zu. Es ist klar, dab solche Zuordnung eine bijektive Abbildung ist. Sei nun K C K(G) ein a, b-Kantenschni t t in G. Da jeder a, b-Weg W := {k o . . . . . kin} in G mit K mindestens eine K a n t e . k i gemeinsam hat , so ha t der in G + enthaltene zugehSrige a+, b+-Weg W+ mindestens die Ecke k~ mit K (als Eckenmenge in G+ aufgefal3t) gemeinsam, also a+. K . b + (G+). Nehmen wir ferner an, es existiere 1Cf i K m i t a +. K ' . b+(G+), und sei k i e K \ K ' ; es gibt aber in G einen a, b-Weg W, mit W c~ K = {ki} , und daher mul3 K (in G +) mit W + auch nur die Ecke k~ gemeinsam haben. D.h. K ist (in G+) ein a +, b+-Schnitt. I s t S ein a +, b+-Schnitt in G+, so sieht man in analoger Weise, dab S (als Eckenmenge aufgefaBt) ein a, b-Kantenschni t t ist. Es ergibt sich auch nach leichter f2berlegung, dal3 die Nachbarschaftsrelat ion yon G in G+ erhalten bleibt.

Alle die in w 1 und w 2 fiir (Ecken-)Schnitte bewiesenen Eigenschaften fibertragen sich also auf die Kantenschni t te , und insbesondere ist der Satz 7 bewiesen.

Analog wie im Falle der (Eeken-)Schnitte kann man nun fragen, ob sich jeder (endliehe) Verband bzw. jeder (endliche) distr ibutive Verband deuten lgl3t als Verband der Kantenschni t te bzw. minimalen Kantenschni t te eines Graphen beziiglich zweier seiner Ecken. Folgender Satz zeigt, dab die erste Frage verneint zu beantworten ist. Die zweite Frage bleibt often.

(4.2) Satz 8. Der kleinste nicht semimodulare Verband B (vgl. Fig. 8) liil~t sich nieht darstellen als der Kan tensehn i t tve rband eines Graphen beziiglich zweier seiner Ecken.

S 1

~o B

Fig. 8

B e w e i s : Nehmen wir an, es existieren ein Graph G und a, b e E (G) derart , dab U:, b (G) ~- B. Often- bar kSnnen wir ohne Einschrgnkung voraussetzen, dal3 jedes (a, x) ~ K(G) und jedes (y, b) e K(G) mindestens zu einem a, b-Kantenschni t t gehSren, und dab (a, b)r K(G). Wenn wir mi t S o bzw. S 1 das Nullelement bzw. das Einselement yon B bezeichnen, so folgt, dal~ S o bzw. S 1 aus allen Kan t en besteht, die a bzw. b als Endecke haben. Es ist nun klar, dab a und b mindestens zu zwei Ecken benachbar t sind, denn S o ha t zwei obere und S 1 zwei untere Naehbarn .

Wit behaupten zun~chst, dab jede zu a benach- bar te Ecke auch zu b benachbar t ist, und umge- kehrt . Nehmen wit an, dab ein x e E (G) mit (a, x) e K (G) nicht zu b benachbar t w~re. y sei eine weitere zu a benachbar te Ecke und es seien

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X := {(x, g) eK(G) I g ~ a}, Y := {(y, h) eK(G) Ih ~ a}.

Dann werden a, b yon den Mengen T x := (S o\ {(a, x)}) w X und Ty :----- (S o \ {(a, y)}) u Y getrennt; sind S x bzw. Sy in Tx bzw.

Ty enthaltene a, b-Kantenschnitte, so folgt offensichtlich: S o ,~ S~<I S I, S o ,a Sy <1 S 1, und Sx ]] Sy. Da abet S~ II Sy = S 1 gelten muB, so folgt aus S~ I I Sy C C - S x u Sy 4) und aus X c~ S 1 = ~, dab S 1 __C Y. D.h. aber, dab b nur eine benachbarte Ecke hat, und zwar y, was ein Widerspruch ist.

Ferner k a n n a (und daher auch b) nur zwei benachbarte Ecken haben, denn w~ren (a, x), (a, y), (a, z) drei verschiedene Kanten aus K (G), so w ~ e n die in T~, Ty, T z enthaltenen a, b-Kantenschnitte (hier ist Tz analog fiir z definiert, d.h. T~ :-- (S o \ {(a, z)}) w Z, wobei Z := {(z, g) e K(G) [ g ~ a}) paarweise verschieden und unvergleichbar (man bemerke, dab (a, x) ~ (Ty n T~) \ T~, (x, b)e Tx\ (Ty w T~) usw.), d.h. S o h~tte drei obere Nachbarn, was ein Widerspruch ist. Es ist also S o ---- {(a, x), (a, y)}, S 1 = ((x, b), (y, b)}.

Es seien nun x, y die zwei zu a und b benachbarten Ecken in G. Wir definieren die Mengen

x ' : = {(z, g) e K(G) I g ~ a, b}, Y' := {(y, h) e K(G) I h ~ a, b},

und betrachten die a, b trennenden Kantenmengen

T~ := (S o \ {(a, z)}) u X' w {(x, b)} = {(a, y), (x, b)} w X', T ' := (S O \ {(a, y)}) u r ' w {(y, b)} = {(a, x), (y, b)} ~) r ' ,

Y T~ := (S~ \ ((b, x)}) u X' w {(a, x)} = {(a, x), (y, b)} u X' , T" := (S~ \ {(b, y)}) w r ' w {(a, y)} = {(a, y), (x, b)} u Y'.

Y

Die vier a, b-Kantenschnitte S' C T' S' C T' S" C T" S" C T" sind echte Nachfolger yon S o und echte Vorgiinger yon S~, und kSnnen deshalb nicht alle verschieden sein (denn sonst enthielte U:b(G ) mindestens sechs Elemente). Die einzigen MSglichkeiten sind entweder S' = S" oder S ' - S"

X y y - - X' aber beide F~lle fiihren sofort zu X' = Y' = ~, d.h. G besteht nur aus den vier Kanten (a, x), (a, y), (x, b), (y, b), und natiirlich kann U* ,,b (G) ~- B dann nicht gelten (U:,b(G) besteht in diesem Falle aus den Elementen {(a, x), (a, y)}, {(a, x), (y, b)}, {(a, y), (x, b)}, {(x, b), (y, b)}).

Satz 8 kSnnte die Vermutung nahelegen, dab U**b (G) stets distributiv sein miil~te. Folgendes Beispiel zeigt, dab U:j,(G) nicht einmal semimodular zu sein braucht.

(4.3) Beispiel. Sei G der Graph, bestehend aus den Ecken a, b, c, d, e, und aus den Kanten (a, c), (a, e), (c, d), (d, e), (c, b), (e, b). U:~ (G) besitzt folgende

t) Vgl. mit der Konstruktion des Supremuma ~ in (2.6).

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sechs Elemente und ist offenbar nieht semimodular (vgl. Fig. 9) : S O : = [(a, c), (a, e)}, S, :-- {(c, b), (e, b)}, S~ :-- {(a, c), (d, e), (e, b)}, S 3 :-- {(a, c), (c, d), (c, b)}, S , : = {(a, e), (c, d), (e, b)}, S s :---- {(a, e), (d, e), (c, b)}.

s I

s3

$4A~/82 l/a~,b(G ) S o Fig. 9

Literatur

1] T. DO~'I~ELLA~, Lattice Theory. Pergamon Press. Oxford, London, Edinburgh, New York, Toronto, Sydney, Paris, Braunschweig 1968.

[2] H. G E ~ c ~ . , Theorie der Verb~nde. Bibliographisches Inst i tut Mannheim. Mannheim 1967.

[3] R. H A I ~ , ]~2~ber trennende Eckenmengen in Graphen und den Mengerschen Satz. Math. Ann. 157 (1964), 3~ ~1.

[4] D. K6NIG, Theorie der endlichen und unendlichen Grapher*. Chelsea Publishing Company. l~ew York 1950.

[5] K. WAG~-ER, Graphentheorie. Bibliographisches Inst i tut Mannheim. Mann- helm 1970.

Eing~angen am ,5.4.1971