retailgeschäft von banken und finanzdienstleistern im wandel

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FALLBEISPIELE ZfCM | Controlling & Management Sonderheft 2 | 2009 75 Dirk Neuhaus/Anton Preis Einführung Die Globalisierung der Finanzmärkte, ein verändertes Kundenverhalten und neue Entwicklungen in der Informations- und Kommunikationstechnologie stellen Ban- ken und andere Finanzdienstleister einer- seits vor neue Herausforderungen und er- öffnen andererseits neue Geschäftschan- cen. Neben neuen Zugangskanälen zu Informationen und Dienstleistungen (Multi-Kanalangebot), verändern sich nachhaltig die Bedürfnisse und das Ver- halten der Kunden. Gleichzeitig muss sich die Finanzbran- che mit neuen Anforderungen des Staa- tes auseinandersetzen. Allein die aus der aktuellen Finanzkrise resultierenden Veränderungen im politischen und wirt- schaftlichen Umfeld führen zu neuen rechtlichen Rahmenbedingungen und Regulierungen im Finanzbereich (vgl. Bundesverband der Banken 2008, S. 115 ff.). Auf diese Veränderung müssen Banken und Finanzdienstleister in allen kunden- zentrierten Prozessen reagieren. Kosten- optimierter Multi-Kanalvertrieb, indivi- dualisierte Produkte und Serviceleistun- gen sind hierbei aktuelle Fragestellungen. Zur Sicherung der Wettbewerbsposition ist eine effiziente und zielorientierte Steu- erung der Vertriebseinheiten mittels eines aussagefähigen Vertriebscontrollings un- ter Einbezug der nachgelagerten Abwick- lungseinheiten (z. B. Vertragsbearbei- tung) erforderlich. (vgl. Bartmann et al. 2005, S. 28 ff.) Dieser Beitrag beschäftigt sich vor die- sem Hintergrund mit den zukünftigen Herausforderungen und Entwicklungen bei Banken und Finanzdienstleistern und deren sog. Retailgeschäft, d. h. dem Ver- trieb über Filialen, Vertriebspartner und/ oder Internet, und den damit verbunde- nen Auswirkungen hinsichtlich des Ver- triebscontrollings. Dabei steht die Beant- wortung folgender Fragestellungen im Vordergrund: Welche Herausforderungen und Perspek- tiven kennzeichnet das Retailgeschäft bei Banken bzw. Finanzdienstleistern? Wie sieht das Konzept eines serviceorien- tierten Retailgeschäfts aus? Welche Aufgaben und Anforderungen ergeben sich daraus für das Vertriebscon- trolling? Aktuelle Entwicklungen im Retailgeschäft Das Retailgeschäft im Finanzdienstleis- tungsbereich zeichnet sich zukünftig als Mengengeschäft über eigene Geschäftsstel- len und/oder Vertriebspartner (Händler und Hersteller mit eigenen Vertriebsnie- derlassungen) aus. Aufgrund der Wettbe- werbssituation und der derzeitigen sowie zukünftig zu erwartenden Effekte aus der Finanzkrise müssen sich die Finanzdienst- leister strategisch neu positionieren. So- wohl die Anbieterseite als auch die Nach- fragerseite sind im Wandel begriffen: Veränderungen auf der Anbieterseite Die konventionellen Märkte sind weitge- hend verteilt, sodass die Anbieter nach neuen Märkten suchen müssen. Dazu zählen u. a. nationale Nischenmärkte, aber auch international aufstrebende Märkte. Retailgeschäft von Banken und Finanzdienstleistern im Wandel Anforderungen an Geschäftsmodelle und Herausforderungen für das Vertriebscontrolling Globalisierte Finanzmärkte, veränder- tes Kundenverhalten und neue Entwick- lungen in der Informations- und Kommu- nikationstechnologie schaffen Heraus- forderungen für Banken und Finanz- dienstleister, eröffnen aber auch neue Chancen. Sowohl die Anbieter-, als auch die Nach- fragerseite sind im Wandel begriffen. Moderne Geschäftsmodelle für ein ser- viceorientiertes Retailgeschäft sind mo- dular, prozessorientiert und lehnen sich an industrielle Vorbilder an. Dem Vertriebscontrolling fällt in die- sem Zusammenhang eine herausgeho- bene Rolle als kritischer Counterpart sowohl im Frontoffice- als auch im Back- office-Bereich zu. Autoren Dr. Dirk Neuhaus ist Professor für Wirt- schaftsinformatik an der Hochschule der Sparkassen-Finanzgruppe, Simrockstraße 4, 53113 Bonn Tel.: +49 (0) 228/204-900 E-Mail: [email protected] Dipl.-Kfm. Dipl.- Wirtsch.-Inf. Anton Preis ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dok- torand am Institut für Management und Controlling (IMC), WHU – Otto Beisheim School of Management, Burgplatz 2, D-56179 Vallendar Tel.: + 49 (0) 261 / 65 09 - 4 78 E-Mail: [email protected]

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FALLBEISPIELE

ZfCM | Controlling & Management Sonderheft 2 | 2009 75

Dirk Neuhaus/Anton Preis

Einführung

Die Globalisierung der Finanzmärkte, ein verändertes Kundenverhalten und neue Entwicklungen in der Informations- und Kommunikationstechnologie stellen Ban-ken und andere Finanzdienstleister einer-seits vor neue Herausforderungen und er-öffnen andererseits neue Geschäftschan-cen. Neben neuen Zugangskanälen zu Informationen und Dienstleistungen (Multi-Kanalangebot), verändern sich nachhaltig die Bedürfnisse und das Ver-halten der Kunden.

Gleichzeitig muss sich die Finanzbran-che mit neuen Anforderungen des Staa-tes auseinandersetzen. Allein die aus der aktuellen Finanzkrise resultierenden Veränderungen im politischen und wirt-schaftlichen Umfeld führen zu neuen rechtlichen Rahmenbedingungen und Regulierungen im Finanzbereich (vgl. Bundesverband der Banken 2008, S. 115 ff.).

Auf diese Veränderung müssen Banken und Finanzdienstleister in allen kunden-zentrierten Prozessen reagieren. Kosten-optimierter Multi-Kanalvertrieb, indivi-dualisierte Produkte und Serviceleistun-gen sind hierbei aktuelle Fragestellungen. Zur Sicherung der Wettbewerbsposition ist eine effiziente und zielorientierte Steu-erung der Vertriebseinheiten mittels eines aussagefähigen Vertriebscontrollings un-ter Einbezug der nachgelagerten Abwick-lungseinheiten (z. B. Vertragsbearbei-tung) erforderlich. (vgl. Bartmann et al. 2005, S. 28 ff.)

Dieser Beitrag beschäftigt sich vor die-sem Hintergrund mit den zukünftigen Herausforderungen und Entwicklungen bei Banken und Finanzdienstleistern und deren sog. Retailgeschäft, d. h. dem Ver-trieb über Filialen, Vertriebspartner und/oder Internet, und den damit verbunde-nen Auswirkungen hinsichtlich des Ver-triebscontrollings. Dabei steht die Beant-wortung folgender Fragestellungen im Vordergrund:

Welche Herausforderungen und Perspek­tiven kennzeichnet das Retailgeschäft bei Banken bzw. Finanzdienstleistern?

Wie sieht das Konzept eines serviceorien­tierten Retailgeschäfts aus?

Welche Aufgaben und Anforderungen ergeben sich daraus für das Vertriebscon­trolling?

Aktuelle Entwicklungen im Retailgeschäft

Das Retailgeschäft im Finanzdienstleis-tungsbereich zeichnet sich zukünftig als Mengengeschäft über eigene Geschäftsstel-len und/oder Vertriebspartner (Händler und Hersteller mit eigenen Vertriebsnie-derlassungen) aus. Aufgrund der Wettbe-werbssituation und der derzeitigen sowie zukünftig zu erwartenden Effekte aus der Finanzkrise müssen sich die Finanzdienst-leister strategisch neu positionieren. So-wohl die Anbieterseite als auch die Nach-fragerseite sind im Wandel begriffen:

Veränderungen auf der Anbieterseite Die konventionellen Märkte sind weitge-hend verteilt, sodass die Anbieter nach neuen Märkten suchen müssen. Dazu zählen u. a. nationale Nischenmärkte, aber auch international aufstrebende Märkte.

Retailgeschäft von Banken und Finanzdienstleistern im Wandel Anforderungen an Geschäftsmodelle und Herausforderungen für das Vertriebscontrolling

Globalisierte Finanzmärkte, veränder­tes Kundenverhalten und neue Entwick­lungen in der Informations­ und Kommu­nikationstechnologie schaffen Heraus­forderungen für Banken und Finanz­dienstleister, eröffnen aber auch neue Chancen.

Sowohl die Anbieter­, als auch die Nach­fragerseite sind im Wandel begriffen.

Moderne Geschäftsmodelle für ein ser­viceorientiertes Retailgeschäft sind mo­dular, prozessorientiert und lehnen sich an industrielle Vorbilder an.

Dem Vertriebscontrolling fällt in die­sem Zusammenhang eine herausgeho­bene Rolle als kritischer Counterpart sowohl im Frontoffice­ als auch im Back­office­Bereich zu.

Autoren

Dr. Dirk Neuhaus

ist Professor für Wirt­schaftsinformatik an der Hochschule der

Sparkassen­Finanzgruppe, Simrockstraße 4, 53113 BonnTel.: +49 (0) 228/204­900E­Mail: [email protected]

Dipl.-Kfm. Dipl.-Wirtsch.-Inf. Anton Preis

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dok­

torand am Institut für Management und Controlling (IMC), WHU – Otto Beisheim School of Management,Burgplatz 2, D­56179 VallendarTel.: + 49 (0) 261 / 65 09 ­ 4 78E­Mail: [email protected]

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76 ZfCM | Controlling & Management Sonderheft 2 | 2009

FALLBEISPIELE

Das Produktangebot im Retailgeschäft bei Banken und Finanzdienstleistern ist nahezu identisch. Dies betrifft insbeson-dere die Produkte im Massen- bzw. Brei-tengeschäft, d. h. Finanzierungen für Mobilien bis zu einem Anschaffungs-wert von 50 TEUR, wobei die Kreditent-scheidung über automatisierte Scoring-systeme erfolgt. Hinzu kommt, dass der Wettbewerb neue Produkte oftmals sehr schnell imitiert. Aufgrund des Verdrän-gungswettbewerbs entsteht ein Preis-druck. Eine langfristige Differenzierung im Wettbewerb erfordert nicht nur Pro-dukt-, sondern insbesondere Verfahrens-innovationen, d.h. eine grundlegende Verbesserung der Geschäftsprozesse. Gesetzesänderungen wie etwa Deregu-lierungen und anhaltende technolo-gische Fortschritte führen dazu, dass vermehrt Nichtbanken in den Finanz-dienstleistungssektor eintreten. Neue elektronische Vertriebskanäle wie das Internet in Verbindung mit einem ge-änderten Kundenverhalten erhöhen den Wettbewerbsdruck. Die gewohnten Organisationsstrukturen lösen sich auf, es entstehen kleinere, prozessorientierte Geschäftseinheiten. Die Integration bzw. Kooperation mit strategischen Partnern und Kunden ge-winnt an Bedeutung.

Veränderungen auf der Nachfragerseite Innovative Technologien und neue Zu-gangskanäle zu Informationen und Dienstleistungen verändern nachhaltig die Bedürfnisse und das Verhalten der Kunden (vgl. Abb. 1): Die Kunden kön-nen sich mit geringem Aufwand aus-führlich über Anbieter und Produkte im Markt informieren. Sie nutzen verschie-dene Möglichkeiten der Interaktion und erwarten immer bessere Beratungsleis-tungen bei gleichzeitig sinkenden Pro-duktpreisen (vgl. Bundesverband der Banken 2008, S. 144 ff.). Die Kunden wünschen zunehmend eine individuelle Beratung und auf ihre Be-dürfnisse zugeschnittene Produkte. Die Beratung als reine Produktinforma-tion ist überholt. Die Kunden nutzen be-reits im Vorfeld eines Beratungsge-sprächs vielfältige Informationsangebote und treten vorbereitet in Beratungsge-spräche ein. Sie vergleichen Preise und Konditionen, sind immer weniger loyal. Ein klassischer Verkäufermarkt hat sich zu einem Käufermarkt gewandelt und verlangt von den Mitarbeitern einer Bank

bzw. eines Finanzdienstleisters neben fachlicher Kompetenz zusätzlich eine Vertriebsorientierung. Firmenkunden sind zunehmend bereit, ei-ne Finanzierung über das Internet abzu-schließen, sofern es sich bei der Investition nicht um eine Kerninvestition handelt. Die zunehmende Verbreitung der elek-tronischen Medien verändert das Profil der Endkunden (Internetnutzer). An-fänglich waren Internetnutzer meist jung, gut verdienend, überdurchschnitt-lich gebildet und männlich. Heutige Nutzerstrukturen entsprechen mehr dem Profil der Gesamtbevölkerung. Sie legen mehr Wert auf Komfort, Service, Vertrauen und ein gutes Preis-Leistungs-verhältnis, sind aber auch weniger wohl-habend (vgl. Rasch/Lintner 2001, S. 13). Insbesondere die technologischen Ent-wicklungen im Internet bieten heute ei-ne weltumspannende Infrastruktur zum Informations- sowie Datenaustausch. Dies hat auch weit reichende Implika-tionen für die Banken und die Finanz-dienstleistungs-Branche. Eine sich da-raus ergebende Entwicklung ist z. B. der elektronische Handel (E-Commerce oder E-Business), welcher über das Inter-net den Austausch von Dienstleistungen oder Gütern ermöglicht. Die Nutzung des Internets beeinflusst einerseits die Wertschöpfungsstufen innerhalb eines Unternehmens, andererseits ganze Wert-schöpfungsketten, d. h. Reihen von Kun-den-Lieferanten-Beziehungen (vgl. Ös-terle/Winter 2000, S. 8). In enger Verbindung zu den Verände-rungen der Wertschöpfungsketten steht das Thema Intermediation bzw. Desinter-mediation. Würde der Kunde die Leistun-

gen direkt beim Produzenten beziehen, dann entfielen die Margen für den Groß- und den Zwischenhandel (Desintermedi-ation). Intermediäre werden jedoch nicht vom Markt verschwinden, sondern es än-dern sich lediglich deren Funktionen und Aufgaben (vgl. Haertsch 2000, S. 35 f.) Sie bieten häufig neuartige Dienstleistungs-bündel an, die der Kunde bisher in Einzel-leistungen kaufen musste. Ein weiterer Aspekt ist die zunehmende Industrialisierung, d. h. die optimierte Wertschöpfung durch Gestaltung – der gesamten Wertschöpfungskette

und zunehmender Arbeitsteilung,– der Serien-/Massenprozesse (Skalen-

effekte, Lernkurveneffekte, Komple-xitätseffekte/-management),

– der Arbeitsorganisation (Aufgaben-Kompetenz-Verantwortung im Ein-klang),

– der Systemunterstützung (IT-Einsatz, Standards, Schnittstellen),

– der Personalwirtschaft (Qualifikation, Motivation und Entlohnung, flexible Arbeitszeit, verschiedene Personal-konzepte für die Mitarbeitergruppen je nach Qualifikations- und Anforde-rungsprofil) sowie

– des Produktes (Kundenorientierung) und des Preises (Verursachungsprin-zip, risikoorientierte Preiskalkulation, erklärbare Regeln) (vgl. Spath 2007, S. 32 ff.).

Grundlage der industriellen Bearbeitung ist ein standardisiertes Produkt- und Leis-tungsangebot. Die Bedeutung der Indus-trialisierung für die Finanzbranche zeigt die Studie des Fraunhofer-Instituts (vgl. Spath 2007, S. 32 ff.). Danach legen die Banken ihren Handlungsschwerpunkt auf

Abb. 1 | Multi-Kanalangebot

Briefpost

Selbstbedienungs-Automaten

SMS, E-Mail, Fax

Agentur

Internet Banking (Transaktionen)

Stationäre Filiale

Mobile Geschäftsstelle

Mobiler Vertrieb

KUNDE

Branchenfremde Vertriebspartner

Online-Vertrieb (Produkte, Infos)

Mobile Banking (via Handy)

BANK

Call Center

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FALLBEISPIELE

ZfCM | Controlling & Management Sonderheft 2 | 2009 77

die Veränderung der internen Strukturen und der Gestaltung der Wertschöpfungs-prozesse innerhalb der Organisation. Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass der Großteil der Banken noch nicht in der Lage ist, die Industrialisierungspotenziale voll auszuschöpfen und sich die Banken derzeit noch in einem sehr frühen Stadi-um der Industrialisierung befinden.

Geschäftsmodell für ein serviceorientiertes Retailgeschäft

Als Konsequenz der zuvor behandelten Herausforderungen und Perspektiven lei-tet sich ein Geschäftsmodell für ein ser-viceorientiertes Retailgeschäft bei Banken und Finanzdienstleistern ab. Dieses unter-scheidet sich von einem konventionellen Geschäftsmodell durch ein abgestimmtes Modulkonzept (vgl. Österle/Winter 2003, S. 12 f.). Weitere Merkmale des service-orientierten Geschäftsmodells sind:1. Das Geschäftsmodell besteht aus Ge-

schäftskomponenten in Form von Mo-dulen, sogenannten Business Services. Dies ermöglicht die Kombination der Vorteile einer funktionalen Organisa-tionsstruktur (Kosteneffizienz) und die Vorteile einer divisionalen Organisa-tionsstruktur (Flexibilität und Markt-nähe). Ein solcher Business Service ist zum Beispiel ein spezielles Verfahren (Risk-Engine) zur Beurteilung von Kun-denbonitäten. Diese Komponente ist aus funktionaler Sicht sowohl bei der Erstellung und Prüfung von Kreditan-fragen für private Endkunden und Fir-menkunden als auch zur Beurteilung der Vertriebspartner im Rahmen eines

Partner-Monitorings einsetzbar. Unter organisatorischen Aspekten nutzen der Vertrieb sowie das Portfolio-Manage-ment diesen Service.

2. Die Bank bzw. der Finanzdienstleister konzentriert sich aus einer fachlichen Sichtweise auf die Gestaltung derjeni-gen Services, die sie vom Wettbewerb differenzieren. Alle anderen Services werden nach bewährten Standards ge-staltet. Bestimmte Geschäftsfunkti-onen werden sogar ausgelagert, wenn ein Partner die Dienstleistung in der gewünschten Qualität kostengünstiger anbieten kann.

3. Die Zusammenarbeit zwischen Her-stellern, Lieferanten, Händlern und Ge-schäftspartnern erfolgt über ein offenes und plattformunabhängiges Unterneh-mensnetzwerk, über das Produkte und ergänzende Services entwickelt, konfi-guriert oder auslagert werden.

Kennzeichnend für das Geschäftsmodell ist die kundenzentrierte Ausrichtung der Geschäftsprozesse (vgl. Österle/Winter 2003, S. 12 f.). Im Mittelpunkt stehen die Erfassung der Kundenbedürfnisse und die bedarfsgerechte Bereitstellung von Leis-tungen zu deren Befriedigung (vgl. Abb. 2). Der Kunde will sich bei seiner Bank bzw. seinem Finanzdienstleister im Mit-telpunkt der Geschäftsbeziehung wissen und erwartet eine individuelle Behand-lung durch das auf seine Bedürfnisse an-gepasste Angebot von Produkten und Dienstleistungen (Interaktionsmanage-ment). Dabei nutzt der Kunde unter-schiedliche Kommunikationswege und der Anbieter muss sämtliche Kommuni-kationskanäle umfassend bedienen (Ka-nalmanagement).

Als Referenzmodell für ein serviceorien-tiertes Retailgeschäft kann das Modell von Österle und Winter dienen (vgl. Österle/Winter 2003). Es besteht aus den zentralen Elementen Kundenprozesse, Koopera-tionsprozesse, Kundenportal, unterneh-mensinterne Geschäftsprozesse, Geschäfts-netzwerke, Lieferantenportal und Web-Services (vgl. Abb. 3).

Der Kundenprozess umfasst alle Auf-gaben des Dienstleisters, um die Kunden-bedürfnisse zu befriedigen. Der Kunde kommuniziert dazu mit der Bank bzw. dem Finanzdienstleister (Leistungser-bringer) über ein Kundenportal. Ein Bei-spiel ist das Internet-Banking-Angebot zur Ausführung von Transaktionen (Überweisungen, Brokering) oder der Online-Vertrieb von Produkten (Raten-kredite, Versicherungen etc.). Portale stellen internetbasierte, personalisierbare und integrierte Zugangssysteme zu the-menspezifischen Inhalten, Applikati-onen und Services für einen bestimmten Anwendungszweck dar. Kundenportale unterstützen Kundenprozesse durch Komplexitätsreduktion, umfassende Pro-zessunterstützung und durch personali-sierte bzw. bedarfsgerechte Leistungen. Aufgrund der zunehmenden Komplexi-tät und der Menge der bereitgestellten Produkte und Dienstleistungen ist es für eine Bank bzw. einem Finanzdienstleis-ter oft schwierig, die Leistung komplett allein bereitzustellen. Zum Beispiel stel-len Versicherungsunternehmen die beim Abschluss eines Autokreditvertrags an-gebotene Restschuldversicherung bereit oder beim IT-Leasing übernimmt in der Regel ein Dienstleister die Aufbereitung der gebrauchten IT-Objekte im Rahmen des Re-Marketings. Die Lösung ist die Bildung von Geschäftsnetzwerken zur Er-stellung der im Wertschöpfungsprozess erforderlichen Leistungen. Die Bank bzw. der Finanzdienstleister übernimmt dann die Rolle eines Beziehungsmanagers bzw. Leistungsintegrators. Abhängig vom Grad der Integration entstehen dabei sog. Kooperationsprozesse, d. h. Ketten auf-einander abgestimmter Einzelprozesse, die sich durch eine gemeinsame Prozess-führung zwischen den Beteiligten aus-zeichnen (vgl. Vanhaverbeke/Torremans 1999, S. 41). Voraussetzung für die Zu-sammenarbeit in Unternehmensnetz-werken ist eine übergreifende informa-tionstechnische Vernetzung. Eine solche Business Collaboration Infrastructure umfasst die erforderlichen IT-Systeme

Abb. 2 | Kundenzentrierte Ausrichtung von Geschäftsprozessen

Kundenprozesse

• Information

• Beratung

• Angebotsanfrage

• Vertragsabschluss

• Transaktion

• Service

• Vertragsänderung

Persönlicher Kontakt

Telefon/Fax

E-Mail

Internet

Interaktions-management

Kanal-management

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FALLBEISPIELE

und Anwendungen zur Unterstützung der zwischenbetrieblichen Transak-tionen.

Der Leistungsaustausch zwischen der Bank bzw. dem Finanzdienstleister und den Daten-Lieferanten, z. B. Auskunftei, erfolgt über das Lieferantenportal auf der Basis von Web-Services. Web­Services stellen elektronische Dienstleistungen dar, die entweder eine koordinierende Aufga-be zwischen Geschäftspartnern erfüllen (z. B. Zahlungsverkehrsdienste), oder es sind Teilprozesse, die viele Unternehmen in ähnlicher Form benötigen und günsti-ger in elektronischer Form zukaufen, z. B. Auskunftsdienste wie SCHUFA-Auskunft (vgl. Piccinelli et al. 2001, S. 1). Den elek-tronischen Dienstleistungen ist gemein, dass sie aus dem Kerngeschäft ausgelagert werden können, standardisierte und mo-dulare Leistungen bieten, eine klar ab-grenzbare Geschäftsaufgabe übernehmen, die transaktions- oder zeitbasiert verre-chenbar ist und von eigenständigen Ge-schäftseinheiten erbracht werden können (vgl. Österle/Winter 2003).

Aufgaben des Vertriebscontrollings

Unternehmen stehen bei der Gestaltung ihres Controllings häufig vor einem Ziel-konflikt: Sie müssen integrierte, automa-tisierte Abläufe so realisieren, dass die Komplexität der Informationen und Sys-teme beherrschbar und gleichzeitig die Flexibilität für Anpassungen an neue Anforderungen erhalten bleibt. Neue An-forderungen an das Controlling können dabei beispielsweise geschäftlich (z. B. Realisierung neuer kunden- bzw. part-nerspezifischer Vertriebskanäle, Anpas-sungen von Prozessabläufen, Auslage-rung von Aktivitäten an externe Dienst-leister) oder auch technisch (z. B. Harmo-nisierung von Systemplattformen und Datenbanken) getrieben sein. Im Zusam-menhang mit der Umsetzung des Modells für ein serviceorientiertes Retailgeschäft hat das Vertriebscontrolling eine zentra-le Bedeutung. Als wesentlicher Teil der Geschäftsfeldsteuerung soll es die ver-trieblichen Aktivitäten auf strategischer, taktischer und operationaler Ebene steu-ern und überwachen und damit alle in-volvierten Personen (intern und extern) unterstützen, bessere Entscheidungen zu treffen und Geschäftserfolg schneller zu erzielen.

Das Retailgeschäft über Vertriebspart-ner erfordert zudem ganzheitliche Infor-mationen über die Partner, deren interner Organisation, deren Beziehungen zu Her-stellern, die bereitgestellten Finanzpro-dukte und den Kunden des Partners. Dies bedeutet unter anderem als Aufgabe für das Vertriebscontrolling:

Vollständige und inhaltlich richtige In-formationen, Zielgruppenspezifische Bereitstellung von Informationen inkl. Handlungs-empfehlungen, Ausrichtung auf Bedienerfreundlichkeit, Datenkonsistenz, Sicherheit, Skalierbar-keit und Performance, Bereitstellung von entsprechenden Ins-trumentarien für jeweilige Zielgruppe, Unterstützung einer wertorientierten Vertriebssteuerung im Rahmen der Pla-nung (ex ante-Bewertung, Vorausschau), Performancemessung, Entlohnung (In-centivierung) und Steuerung der inter-nen Vertriebseinheiten und der Vertriebs-partner, Verknüpfung von Soll-/Ist-Abweichun-gen und zugehörigen Maßnahmen (Mes-sung und anschauliche Bewertung von Abweichungen, transparenter Ausweis zuvor definierter Steuerungsmaßnah-men, Messung und Dokumentation der Folgen eingeleiteter Maßnahmen).

Hinzu kommt eine permanente Verbesse-rung der Schnittstelle Außendienst/In-nendienst (Marktfolgeeinheiten). Die

Controller nehmen einen wichtigen Part in dieser Schnittstelle ein, da sie als etab-lierte Ansprechpartner der Vertriebsmit-arbeiter gelten sollten. Notwendige Vo-raussetzung zur Steuerung des Vertriebs mittels Kennzahlen ist eine verlässliche und qualitätsgesicherte Informations-versorgung. Hier sind die Controller in ihrer k lassischen Informationsver-sorgungsaufgabe gefragt. Sie müssen zu-nächst sicherstellen, dass die IT-Systeme Informationen hoher Qualität liefern, die schlussendlich zu rationalen Entschei-dungen führen (vgl. Wall 2008, S. 82 ff.). Allerdings sollten sich die Controller nicht in den Konflikt zwischen Genauig-keit und möglichst schneller Lieferung der benötigten Informationen hineinzie-hen lassen. Sobald die schnelle Verfüg-barkeit zu Lasten einer nicht mehr ver-tretbaren Verlässlichkeit der Daten führt, sollten Controller einschreiten. Wenn beispielsweise beim Autokredit tagesak-tuelle Daten von den Vertriebsmitarbei-tern einst als besonderer Service von Sei-ten der Controller empfunden wurden, nun aber plötzlich Daten mit noch hö-herer Aktualität verlangt werden, so soll-ten die Controller die Frage nach der Sinnhaftigkeit stellen. Die Daten der Con-troller werden sich dabei immer im Span-nungsfeld zwischen Wesentlichkeit („Must have oder nice to have“), Belast-barkeit, Aktualität und Genauigkeit be-wegen (vgl. Rothe 2007).

Abb. 3 | Geschäftsarchitektur für ein serviceorientiertes Retailgeschäft

Quelle: In Anlehnung an Österle/Winter 2003, S. 335

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• Beratung/ Auskunft

• Handel

• Transaktion

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Lieferanten-Portal

• Information

• Produktion

• Logistik

• Fakturierung

• …

Geschäftsfelder Firmenkunden Privatkunden …

Business Collaboration Infrastructure basierend auf Web-Services,Geschäftsprozess-, Informations-, Integration- und IT Basis-Services

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Planung als Teil des Vertriebscontrollings

Ein zentraler Bestandteil des Vertriebs-controllings bildet die Planung. Diese ba-siert auf der Vertriebsstrategie und den abgeleiteten Vertriebszielen (Menge und Ertrag). Je nachdem, ob beispielsweise eine Wachstumsstrategie, eine Nischen-strategie oder der Eintritt in einen Markt verfolgt wird, ergeben sich verschiedene Vertriebsziele, die zunächst in der strate-gischen Vertriebs planung operationali-siert werden müssen. Der strategische Vertriebs plan bildet die Basis für die Marktsteuerung, er kann als eine Art Grundsatzplan betrachtet werden, in dem Aussagen zu Wettbewerbsposition, zu Vertriebswegen oder zu Zielkundengrup-pen verankert sind (vgl. Deglow 2003, S. 62). Zwar wird die strategische Vertriebs-planung von der Unternehmensleitung oder von den Vertriebsleitern vorgenom-men, jedoch können die Controller schon hier aktiv werden, indem im Controlling die hierzu benötigten Vorab-Analysen fundiert erstellt werden und auf einer ver-lässlichen Datenbasis beruhen (siehe vor-herigen Abschnitt).

Bei der operativen Vertriebsplanung werden die strategischen Vertriebspläne in operative Teilpläne mit konkreten Ziel-vorgaben heruntergebrochen. Von den strategischen Zielvorgaben ausgehend werden Mittel- und Kurzfristziele und die damit verbundenen Vertriebsmaßnahmen definiert. Der Controller unterstützt den gesamten operativen Vertriebsplanungs-prozess. Er harmonisiert Planungspro-zesse, die umso komplexer werden, je mehr Akteure beteiligt sind. Er erstellt Prognosen zur Planungsunterstützung, erarbeitet Vorschläge für die Operationa-lisierung von Zielen, die sich in Vorgaben bestimmter Kennzahlen, z. B. Deckungs-beitrag, durchschnittliche Losgröße (Fi-nanzierungsbetrag) o. ä. niederschlagen können, und schlägt Incentivierungen vor, die die Vertriebsmitarbeiter an ihre Ziele binden. Der Controller achtet dabei auch auf eine ausgewogene Mischung zwischen quantitativen und qualitativen Zielvorgaben.

Anforderungen an Controller

Die Möglichkeiten der Controller bei der Vertriebsunterstützung setzen ein neues Rollenverständnis und erweiterte Fähig-

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4., vollst. überarb. Aufl. 2009. XVI, 379 S. Mit 34 Abb. u. 9 Tab. Br. EUR 36,90 ISBN 978-3-8349-0811-7 In den vergangenen Jahren haben viele führende Unternehmen die Bedeutung der Beschaffungsfunktion für den Unternehmenserfolg erkannt. „Strategisches Beschaffungsmanagement“ zeigt, welche Erfolgspotentiale im Einkauf vorhanden sind und wie man diese erschließt und dauerhaft sichert. Das Lehrbuch gliedert sich nach amerikanischem Vorbild in abge-schlossene, aber inhaltlich zusammenhängende Lerneinheiten. Für jede Lerneinheit sind die Lernziele klar definiert. Mit ausführlichen Fallstudien kann der Lernerfolg anwendungsorientiert überprüft werden. Die vierte Auflage wurde unter Einbeziehung neuer Entwicklungen und Forschungsergebnisse aktualisiert. Eine weitere Fallstudie zum Lieferantenmanagement wurde aufgenommen.

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FALLBEISPIELE

keiten voraus. Controller, die eng mit dem Vertrieb zusammenarbeiten, sind gleichzeitig nah am Kunden. Neben einer umfassenden Geschäftsprozesskenntnis ist auch ein stärkeres Wissen um Märkte und spezifische Besonderheiten notwen-dig. Quasi als Hygienefaktor müssen auch diese Controller Zahlenverständnis und analytische Fähigkeiten mitbringen (vgl. hierzu Weber 2007, S. 95). Ein ganz-heitliches Denken, also die konsequente Orientierung des gesamten Unterneh-mens an der Gewinnung und Bindung des Kunden muss sowohl für die Ver-triebsmitarbeiter als auch die Controller Ziel sein.

Weiterhin ist es unerlässlich, dass Con-troller zielgerichtet und adressatenge-recht kommunizieren. Die enge Verbin-dung, die Controller zu Vertriebsmitar-beitern zwangsläufig unterhalten (müssen), erfordert eine erhöhte Orientierung der Controller in Bezug auf ihre eigenen, in-ternen „Kunden“, nämlich im Bereich der Marktfolge (Backoffice) und im Markt (Vertriebsmitarbeiter zur Betreuung der Vertriebspartner). Dies wird bei grenz-übergreifenden Geschäftsprozessen um die Notwendigkeit von interkultureller Handlungskompetenz neben den ent-sprechenden Fremdsprachenkenntnissen ergänzt.

Nicht mehr der „Zahlenknecht“, son-dern die Rolle des kritischen Counterparts des Managements steht im neuen Rollen-verständnis des Controllers im Vorder-grund (vgl. Weber et al. 2008). Besonders im Vertrieb können Controller eine solch proaktivere Rolle übernehmen und so das Vertrauen des Managements gewinnen und erfolgreich agieren. Schlussendlich lohnt sich ein etabliertes und erfolgreiches Controlling für Unternehmen. Ein posi-tiver Zusammenhang zwischen Unter-nehmenserfolg und gutem Controlling wurde mehrfach empirisch nachgewiesen (vgl. Weber 2009).

Zusammenfassung und Ausblick

Neue Technologien, ein verändertes Kun-denverhalten und strukturelle Verände-rungen im Finanzmarkt konfrontieren die Finanzdienstleistungsbranche mit einer veränderten Situation. Gesättigte Märkte, vergleichbare Produkte, innovative Tech-nologien und neue Zugangskanäle sowie veränderte Wertvorstellungen der Kun-den stellen neue Anforderungen an die

Unternehmen. Um erfolgreich im Markt zu bestehen, müssen die Anbieter von Finanzdienstleistungen ihre Geschäfts-modelle überdenken, die Geschäftspro-zesse optimieren und die Organisations-strukturen verändern. Dies gilt insbeson-dere unter dem Aspekt des zunehmenden Multi-Kanalvertriebs.

Die Fokussierung auf das Kerngeschäft bei gleichzeitiger Reduktion der Fertigungs-tiefen durch Auslagerung ganzer Geschäfts-prozesse an dafür spezialisierte Dritte führt zu einer Neukonfiguration der Wertschöp-fungskette. So werden Finanzprodukte nicht mehr von einzelnen Finanzintermediären entlang eines linearen Produktions- und Distributionsprozesses erbracht. Stattdessen steuern mehrere spezialisierte Finanzinter-mediäre innerhalb sogenannter Wertschöp-fungsnetzwerke jeweils einen Teil zum End-produkt bei.

Die zunehmende Spezialisierung führt im Finanzbereich einerseits zur Entste-hung von Vertriebsgesellschaften mit Konzentration auf die Markt-Prozesse und andererseits von „Fabriken“ mit Aus-richtung auf die Bearbeitung von Markt-folge-Prozessen nach industriellen Prin-zipien. Weiterhin ergibt sich häufig eine Kooperation mit anderen externen Leis-tungserbringern und gegebenenfalls mit Mitbewerbern, weil sich damit Teile der Wertschöpfungskette kostengünstiger erstellen lassen. Somit gewinnt die Zu-sammenarbeit in Unternehmensnetz-werken zunehmend an Bedeutung und erfordert den Aufbau der erforderlichen Informationssysteme und Organisa-tionsstrukturen.

Das Controlling muss die veränderten Strukturen im Zahlenwerk des Unterneh-mens entsprechend abbilden und den Kreis der Informationsempfänger mit den richtigen Informationen, zur richtigen Zeit und in der gewünschten Form versor-gen. Dies erfordert eine regelmäßige Prü-fung und Anpassung der Informations-systeme, der Geschäftsprozesse und der verwendeten Datenquellen. Sofern sie diese nicht selbst vornehmen, sollten Con-troller die Prüfung und Anpassung zu-mindest im Blick behalten. Zudem obliegt es ihnen insbesondere, als kritischer Coun-terpart des Managements beispielsweise auf die Notwendigkeit alternativer Kenn-zahlen und differenzierter Bilanzbetrach-tungen hinzuweisen.

Das Arbeiten in Geschäftsnetzwerken ändert nachhaltig das Rollen- und Aufga-benverständnis des Controllers. Neben

den klassischen Controllingfunktionen hat der Controller zunehmend eine Bera-tungsfunktion und steht im Dialog mit allen internen und externen Prozessbetei-ligten in der Wertschöpfungskette.

LiteraturBartmann, D./Penzel, H.-G./Petzel, E.: Die In-

dustrialisierung des Bankbetriebs, Weinheim 2005.

Bundesverband der Banken: Banken 2008 – Fakten, Meinungen, Perspektiven, Berlin 2008.

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