ressourcen)von)und)für)pflegeeltern.) was)brauchen ... · herkunftsfamilie 'im paket'...

24
Ressourcen von und für Pflegeeltern. Was brauchen Pflegeeltern? Fachtagung am 30. Mai 2011 DIRK SCHÄFER – Universität Siegen / ZPE

Upload: dangtu

Post on 09-Aug-2019

217 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Ressourcen  von  und  für  Pflegeeltern.  Was  brauchen  Pflegeeltern?  

Fachtagung  am  30.  Mai  2011  

DIRK  SCHÄFER  –  Universität  Siegen  /  ZPE  

Page 2: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Persönliche  Vorbemerkung  

Page 3: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Gliederung  

1.  Persönliche  Anmerkungen  

2.  Verlauf  der  Untersuchung  

3.  Theore@scher  Hintergrund  

4.  Ergebnisse  

5.  Resümee  

Page 4: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Verlauf  der  Untersuchung  

1.  Fragebogenerhebung  

2.  Interviewführung  

3.  Transkrip@on  

4.  Analyse  

Page 5: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Belastungs-­‐Ressourcen-­‐Balance  

Belastungen   Ressourcen  

R  

R  

B  

B  

Belastungen   Ressourcen  

B  

B  

R  

Page 6: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Zuordnung...  

... auf  intrapersonaler  Ebene  

...  im  Lebensfeld  

...  im  gesellschaQlichen  Kontext  

Drei-­‐Ebenen-­‐Modell  

Page 7: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Belastungen von Pflegeeltern

...auf intrapersonaler Ebene

BewältigungsstrategienPersönlich schwierige Situation aushalten,um Bedürfnissen des Pflegekindes gerecht zu werdenVernunftorientiertes statt gefühlsorientiertes Handeln

Emotionale BelastungenAbneigung und Hass

WutÄngste

OhnmachtMitleidSorge

Unverständnis

Kompetenzgrenzen undpersönliche Defizite

Fehlende OrientierungsmittelAufwendige Aneignung von Wissensbeständen

Persönliche Eigenarten und (ungeliebte) Charakterzüge

Sonstige BelastungenGesundheitliche Beschwerden und Erkrankungen

Finanzielle Belastungen

DeutungsmusterBelastende Erklärungen

Schmerzhafte, traurige, schockierendeErinnerungen und Annahmen

Selbstwert-verletzende Erklärungen

Bagatellisieren und Missachten persönlicher BedürfnisseResignation hinsichtlich der eigenen Bedeutung

Bedrohliche und heikle Sinnkonstruktionen

Verknüpfung des eigenen Lebensglückesmit dem Schicksal eines lebensbedrohlichgefährdeten Pflegekindes

Ausblenden der Herkunftsfamilie alspotentielle Familie des Pflegekindes

Bedeutungslosigkeit der Herkunftsfamilie alsGrundlage für vollwertigen Elternersatz

Ausblenden des Einflusses von unvorhersehbarenEreignissen auf die eigene Lebensplanung

Entwicklung von zu optimistischen Zukunftsperspektiven

...im Lebensfeld

PersonenFamilienmitglieder

Partner / Partnerin

Auswärtige Arbeitseinsätze des Pflegevaters (Montage)

Leibliche Kinder

Sorge um die Bedürfnisse der leiblichen Kinder

Pflegekinder

Pflegekinderspezifische Belastungen

Unkenntnis und Vermutungen hinsichtlich der frühen BiographieHerkunftsfamilie 'im Paket'Probleme, die das Pflegekind hatProbleme, die das Pflegekind machtAufwändige Bedürfnisse

Behindertenspezifische Belastungen

Eingeschränkte MobilitätEingeschränkte FlexibilitätEingeschränkte SpontaneitätHoher medizinischer AufwandOptische Auffälligkeit

Weitere Familienmitglieder

Geschwister der Pflegeeltern

DesinteresseIgnoranz

Leibliche Familienmitglieder des PflegekindesLeibliche Mutter

Sorge um RückkehrUrsache aller Probleme des PflegekindesInakzeptable Eigenschaften und VerhaltensweisenBesuchskontakte

Leiblicher Vater

InformationsdefiziteUnzuverlässigkeit

Akteure professioneller Institutionen / SystemeMitarbeiterInnen des medizinischen Systems

Ärztinnen und Ärzte

Verletzende AussagenMoralisch bedenkliche AussagenProfessionell bedenkliche AussagenKompetenzen überschreitende DiagnosenÖkonomische Ausrichtung der Behandlungen

Krankenpflegekräfte

Verletzende AussagenMoralisch bedenkliche AussagenProfessionell bedenkliche Aussagen

MitarbeiterInnen von Krankenkassen

Verletzende Aussagen

Mitarbeiterin des begleitenden sozialen Fachdienstes

Eingeschränkte HandlungsfähigkeitUnnötige Ratschläge

MitarbeiterInnen des Jugendamtes

Zu wenig Zeit für einzelne FälleInformationsfehler

SettingWohnsituation

Durchführung notwendigerUmbaumaßnahmen

BerufsfeldWiderstand des ArbeitgebersWiderstand der Kollegen

...im gesellschaftlichen Kontext

Rechtliche RahmenbedingungenKinderrechte vs. Elternrechte

Juristische Grenzen rückwirkender GerichtsbarkeitUnterhaltspflicht von Pflegekindern gegenüber deren leiblichen Eltern

Belastende GesellschaftsstrukturenBehinderten-feindlich Erlebnisse

Pflegefamilien-unfreundliche Erfahrungen

Behörden- und InstitutionsstrukturenAufwändige Auseinandersetzungen

Kostenübernahmen im GesundheitssystemLangwierige Bearbeitungsdauer

ÖkonomisierungsorientierungAnonymität

Regionale Unterschiede

Belastungs-Landkarte 'Vollständig'

Page 8: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Ressourcen von Pflegeeltern

...im gesellschaftlichen Kontext

Wichtige Gesellschaftsstrukturen

Medizinisches VersorgungssystemAuflösung rigider Vorstellungen von geschlechtsspezifischer ArbeitsteilungAnerkennung und Wertschätzung gegenüber Pflegeeltern und ihrer Tätigkeit

Informations- und Betreuungsangebote

Integrativer KindergartenSpezifische Informationsangebote für 'betroffene' ElternBetreuender sozialer Fachdienst

Rechtliche Rahmenbedingungen

SorgerechtsbestimmungenNamensrechtsbestimmungenRegelungen der gesetzlichen Krankenversicherung

...im Lebensfeld

SettingWohnsituation

EigenheimGartenBarrierefreiheit

BerufsfeldFlexibilität des ArbeitgebersExperimentierfreude des ArbeitgebersAkzeptanz des ArbeitgebersSynergieeffekte

HaustiereHund als Spielkamerad der KinderHund als Warnsystem

PersonenFamilienmitglieder

Partner / Partnerin

Besondere EigenschaftenLoyalität

Leibliche Kinder

Intensives familiäres VerhältnisIntensiver Austausch und anerkennende RückmeldungenAkzeptanz des PflegeverhältnissesFamiliäres ZusammenlebenZuständigkeit für konkrete Aufgaben innerhalb der FamiliePositive Entwicklung / Selbständigkeit

Pflegekinder

Gute gesundheitliche VerfassungAngemessene physische und psychische EntwicklungFreude und Spaß im LebenLoyalität gegenüber PflegeelternZuneigung und Liebe zu Pflegeeltern

Leibliche Familienmitglieder des PflegekindesLeibliche Mutter

Akzeptanz des Verbleibs der Tochter in der PflegefamilieUnterstützungsbedürftigkeitUnschuld hinsichtlich der Behinderung des Pflegekindes

Leiblicher Vater

Informationsquelle für Fragen des KindesPersönliche und angenehme Kontakte

Akteure professioneller Institutionen / SystemeMitarbeiterin des begleitenden sozialen Fachdienstes

Kontinuierliche Begleitung im gesamten BetreuungsprozessBegleitung von BesuchskontaktenOrientierungshilfePufferfunktionPädagogische Aufgaben (bspw. Biographiearbeit)Verfügbarkeit in KrisensituationenHohes berufliches EngagementHohe berufsethische Ideale

Ärztinnen und Ärzte

Flache Hierarchie und persönlicher UmgangAnerkennende und ermutigende RückmeldungenMultiprofessionelle TeamsAkzeptanz eigener Kompetenzgrenzen

Weitere Berufsgruppen

KrankenpflegekräfteMitarbeiterin des JugendamtesMitarbeiterin des KindergartensRehabilitationsberaterApothekerinMitarbeiterin von Polizei und FeuerwehrAnwaltPolitiker

Sonstige PersonenFreundeskreisInteressengemeinschaftenNachbarn und Dorfgemeinschaft

Virtuelle KontakteInternetforum

...auf intrapersonaler Ebene

Bewältigungsstrategien

Wohlbefinden des Pflegekindes

Schwierige Situationen kindgerechtbzw. erträglicher gestaltenGleichberechtigung und Normalitätfür die Pflegekinder

Entwicklung und Schutz deskindlichen Selbstwertgefühls

Handlungsfähigkeit der Pflegeeltern

Ausschöpfen rechtlicher MöglichkeitenErhalt von Zuversicht und Optimismus

Aneignung von OrientierungsmittelnEigenes Scheitern legitimieren

Ventil für negative Gefühle

Stabilität der Familie

Zugeständnis an FreiheitKonsequentes Handelnim Sinne der Familie

Deutungsmuster

Was benötigen Pflegekinderzum Gelingen einesPflegeverhältnisses?

Eine neue Chance auf FamilieEine echte Familie

PartizipationIndividualität

Verlässliche Erwachsene

Was benötigenPflegeeltern zum Gelingeneines Pflegeverhältnisses?

AufgeschlossenheitDifferenziertes Urteilsvermögen

Empathie und SensibilitätDurchhaltevermögen

Humor und ZuversichtUnterstützung durch Experten

Kritischen Blick auf ExpertenVerknüpfung von persönlicherFreiheit und BerufungMotivation jenseitsvon ökonomischen Interessen

Was benötigt die gesamte Pflegefamiliezum Gelingen eines Pflegeverhältnisses?

Familiären ZusammenhaltEigenes Verständnis von Normalität

Sinnkonstruktionen

Jeder Mensch ist wertvoll und sinnvollDu bist, was du tustLebendiger Glaube

Selbstdefinitionen

Wir sind absolute FamilienmenschenWir sind offen und aufgeschlossen

Wir sind sehr engagiertWir sind ziemlich unnormal

Kompetenzen und Fähigkeiten

Emotionale Kompetenzen

Konstruktiver Umgang mit emotionalen SituationenAngenehme Gefühle im Rahmen des Pflegeverhältnisses

Kognitive KompetenzenLebenserfahrung bzw. biographische Kompetenzen

Soziale Kompetenzen

Kompetentes AgierenKompetentes Reagieren

Erzieherische Kompetenzen

Allgemeine Erziehungskompetenzen - VerständnisAllgemeine Erziehungskompetenzen - Handeln und Umgang

Spezifische Erziehungskompetenzen - VerständnisSpezifische Erziehungskompetenzen - Handeln und Umgang

Sonstige persönliche Kompetenzen und Fähigkeiten

Ressourcen-Landkarte 'Vollständig'

Page 9: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Schlüsselkategorien  

1.  Pflegeeltern  brauchen  Respekt  für  ihre  besondere  Persönlichkeit  

2.  Pflegeeltern  brauchen  diverse  Netzwerke  

3.  Pflegeeltern  brauchen  gesellschaQliche  Anerkennung  

Page 10: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Schlüsselkategorie  1  

Pflegeeltern  brauchen  Respekt  für  ihre  besondere  Persönlichkeit  

•  Deutungsmuster  

•  Sinnkonstruk[onen  •  Bewäl[gungsstrategien  •  Umgang  mit  Emo[onen  

Page 11: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Deutungsmuster  PM:  „Meine  erste  Vorstellung  war  so,  vielleicht  gibt  es  irgendwo  eine  Familie  mit  

vielen  Kindern  und  das  Letzte  wird  behindert  geboren  und  die  Familie  schafft  es  nicht,  sich  darum  zu  kümmern,  wegen  der  anderen  Kinder  und  weil  sie  berufstäCg  sind  oder  vielleicht  alleinerziehend.  Die  Sache  mit  den  ganzen  Misshandlungen,  das  kam  erst  später.  Das  kannten  wir  ja  höchstens  aus  dem  Fernsehen.  Da  denkt  man  ja  nicht,  dass  man  irgendwann  mal  so  einem  Menschen  gegenüber  steht.  Am  Anfang  als  ich  die  Arztbriefe  gesehen  habe  und  der  Verdacht  auKam,  dass  es  die  MuLer  gewesen  sein  könnte,  die  es  letztlich  auch  war,  da  kam  schon  eine  Menge  Hass  erst  mal  auf.  Das  hat  ein  Jahr  ungefähr  gedauert.  Dann  fing  so  ein  Prozess  des  Umdenkens  an.  In  den  Arztbriefen  stand  immer  geschrieben:  ‚Die  MuLer  geht  sehr  liebevoll  mit  ihr  um,  kann  aber  keine  Gefühle  zeigen.’  Ich  habe  sie  ja  dann  auch  kennengelernt  und  irgendwie  habe  ich  mir  dann  auch  Gedanken  über  die  MuLer  gemacht.  Ich  habe  dann  in  der  MuLer  meine  Pflegetochter  gesehen.  Weil  sie  spielt  auch  mit  ihrer  Puppe  und  wenn  sie  den  Knopf  zum  Ausmachen  nicht  findet,  fliegt  sie  in  die  Ecke.  Und  wenn  der  Staat  es  zulässt,  dass  eine  Frau,  die  geisCg  behindert  ist  und  der  Staat  weiß,  dass  diese  Frau  sich  nicht  allein  um  das  Kind  kümmern  kann  und  diese  Frau  dann  nicht  unterstützt,  dann  kann  ich  nicht  jemanden  dafür  verantwortlich  machen,  der  nicht  den  Verstand  hat,  zu  wissen,  was  er  tut.  Sie  ist  mit  ihr  umgegangen  wie  mit  einer  Puppe.  Ich  möchte  nicht,  dass  über  die  MuLer  schlecht  gesprochen  wird.  Die  Verantwortung  liegt  nach  unserem  Eindruck  bei  den  Ämtern,  die  das  Kind  nach  der  ersten  Misshandlung  wieder  zurück  in  ihre  Familie  gegeben  haben,  so  dass  die  Misshandlungen  weitergehen  konnten.  Aber  so  ein  Blick  muss  sich  auch  erst  entwickeln.“  

Page 12: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Sinnkonstruk[onen  PV:  „Dass  das  wirklich  eine  Berufung  ist.  Dass  man  das  kann.  Dass  man  die  

Fähigkeit  hat,  so  ein  Kind,  irgendein  Kind  zu  sich  zu  nehmen  und  das  wirklich  lieb  zu  gewinnen,  so  als  wenn  es  das  Eigene  wäre  oder  in  manchen  SituaConen  vielleicht  noch  mehr.  Weil  es  viel  schwieriger  ist,  als  normale  Kinder  in  Anführungsstrichen.  Wenn  man  die  Berufung  nicht  hat,  dann  schafft  man  das  nicht.  Dann  sagt  man  irgendwann:  ‚Nee,  ich  habe  die  Nase  voll.  Ich  will  doch  meine  Ruhe  haben.’  Und  ich  hoffe,  dass  wir  auch  in  zwanzig  Jahren  noch  nicht  so  weit  sind  und  unsere  Ruhe  haben  wollen.  [...]  Ohne  unseren  Glauben,  weiß  ich  nicht,  dann  wäre  es  ein  Beruf.  Und  mit  unserem  Glauben  ist  es  eher  Berufung.  Ohne,  dass  die  uns  aufgedrängt  wurde,  das  ist  ganz  komisch.  Also  bei  Berufung,  denkt  man  ja,  das  muss  man  machen.  Könnte  man  jetzt  denken,  das  muss  man  machen,  weil  irgendeiner  gesagt  hat:  ‚Du  machst  das  jetzt.‘  Sondern  das  ist  irgendwie  von  innen  heraus.  Das  macht  uns  ja  auch  Spaß.  Es  ist  schön.  Es  gibt  mehr  schöne  Seiten  als  schlechte  Zeiten  und  das  ist  gut.  Es  hat  uns  als  Familie  gestärkt  und  es  bringt  uns  viel,  über  uns  selbst  nachzudenken.“  

Page 13: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Bewäl[gungsstrategien  

PM:  „Und  wie  gesagt,  unsere  Kinder  werden  begafft.  Wir  gehen  hin,  wir  kommen  da  nicht  drum  herum,  wir  werden  begafft.  Also  geht  mein  Mann  hin  und  lässt  sich  die  Fußnägel  lackieren.  Und  dann  guckt  kein  Mensch  mehr  auf  die  Kinder.  Da  rennen  sie  alle  hin  und  gucken  auf  meinen  Mann.“  

PV:  „Das  mache  ich  ja  nur  aus  diesem  Grund,  wenn  ich  mit  lackierten  Fußnägeln  durch  die  Fußgängerzone  gehe,  mit  Schlappen  natürlich,  bin  ich  der  Hingucker.  Dann  guckt  keiner  mehr  auf  meine  Kinder.“  

Page 14: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Umgang  mit  Emo[onen  

PM:  „Dann  kommt  noch  das  Highlight,  dass  er  Fahrrad  fährt.  ‚Der  Junge  wird  nie  Fahrrad  fahren.  Da  brauchen  Sie  sich  gar  keine  Gedanken  machen.’  Wir  haben  ein  Fahrrad  gekauc.  Mein  Mann  hat  das  vom  Trampeln  her  leichter  gemacht.  Dann  hat  er  sich  Pfingsten  mit  ihm  hier  hingestellt  und  Fahrradfahren  geübt  –  die  ganze  Straße  hat  applaudiert  –  der  fuhr,  von  jetzt  auf  gleich.  Das  war  ein  absolutes  Highlight.“  

Page 15: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Schlüsselkategorie  2  

Pflegeeltern  brauchen  diverse  Netzwerke  

•  Privates  Netzwerk  •  Professionelles  Netzwerk  durch  Pflegekinderdienst  •  Sons[ges  professionelles  Netzwerk  

Page 16: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Privates  Netzwerk:  PartnerschaQ  

PV:  „Für  mich  gibt  es  eine  Sache,  da  verzichte  ich  nur  ungern  drauf.  Abends  noch  so  eine  halbe  Stunde  oder  Stunde  in  Ruhe  auf  der  Couch  zu  sitzen  –  entweder  alleine  oder  mit  meiner  Frau  –  das  finde  ich  total  wichCg.  Eine  halbe  Stunde,  in  der  ich  auch  mit  meiner  Frau  mal  noch  ein  paar  Sachen  besprechen  kann,  die  anliegen  oder  wichCg  sind  oder  einen  einfach  bewegen.“  

Page 17: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Privates  Netzwerk:  Leibliche  Kinder  

PM:  „Da  kommen  immer  wieder  BestäCgungen,  dass  wir  es  bis  jetzt  richCg  gemacht  haben.  Vor  allen  Dingen,  wenn  ich  sehe,  wie  toll  die  Großen  sich  durch  die  zwei  Kleinen  entwickelt  haben.  Also,  die  haben  denen  ganz  viel  beigebracht.  Und  die  wären  auch  nicht  so,  wenn  unsere  Pflegekinder  nicht  wären.  Und  wie  hundertprozenCg  die  dahinter  stehen.  Ja,  das  beeindruckt  mich  immer  wieder.“  

Page 18: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Privates  Netzwerk:  Pflegekinder  

PV:  „Wir  haben  ja  von  ihm  auch  eine  ganz  dolle  Beschreibung  von  Ärzten  und  Psychologen  bekommen.  Als  wir  ihn  dann  gesehen  haben,  waren  wir  doch  eigentlich  richCg  posiCv  überrascht,  dass  er  so  lieb  ist.  So  klein,  so  zerbrechlich,  also  wir  haben  eigentlich  sofort  so  einen  BeschützerinsCnkt  gehabt.  Jetzt  war  es  auch  noch  so,  er  fremdelt  ja  nicht.  Also  er  geht  wirklich  zu  jedem  hin  und  das  war  einfach  schön.  Wir  sahen  ihn  zum  ersten  Mal.  Die  Bereitschacspflegeeltern  kamen  in  das  Zimmer  rein  und  er  lief  dann  zu  mir  und  blieb  bei  mir,  obwohl  ich  ja  fremd  war  und  jedes  andere  Kind,  normale  Kind  würde  das  gar  nicht  machen,  weil  er  war  in  dem  Alter,  wo  man  fremdelt.  Aber  das  war  für  mich  eigentlich  schön.  Für  mich  war  damit  eigentlich  das  Eis  gebrochen,  was  leicht  zu  brechen  war.“  

Page 19: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Privates  Netzwerk:    Befreundete  Pflegeeltern  

PM:  „Vorhin  rief  eine  Freundin  an,  das  ist  eine  PflegemuLer,  die  hat  im  Moment  zwei  Bereitschacskinder  und  hat  sonst  noch  drei  Pflegekinder.  Die  wäre  vorbeigekommen,  wenn  Sie  jetzt  hier  nicht  sitzen  würden.  Mit  der  kann  ich  über  solche  Dinge  reden,  die  versteht  das.  Das  ist,  als  ob  man  mit  einer  anderen  Sprache  spricht.  Man  kann  das  nicht  mehr  mit  allen  Leuten  besprechen,  weil  da  der  eigene  Hintergrund  ist  und  gewisse  Empfindsamkeiten  und  Dinge,  die  man  nicht  allen  Leuten  erklären  kann.“  

Page 20: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Professionelles  Netzwerk:  Diakonie  Düsseldorf  

PM:  „Die  Mitarbeiter  der  Diakonie  sind  –  glaube  ich  –  kaum  zu  toppen.  Also  da  wurde  eine  Crew  zusammengebastelt,  die  spitze  ist.  Die  sind  immer  erreichbar.  Also  auch  in  schwierigen  SituaConen,  wo  zum  Beispiel  der  leibliche  Vater  aufgetaucht  ist.  Wo  wir  alleine  vermutlich  abgestürzt  wären,  wenn  das  schief  gegangen  wäre.  Also,  wie  sie  als  zuständige  Mitarbeiterin  da  war,  was  sie  gemanagt  hat,  als  Ansprechpartnerin  die  ganze  Zeit  kompetent  zur  Verfügung  stand.  Wie  sie  sich  da  eingesetzt  und  gekümmert  hat,  das  fanden  wir  damals  schon  total  faszinierend.  Und  das  zieht  sich  eigentlich  durch  das  ganze  Team.  Also  zumindest  die,  die  ich  jetzt  kenne,  die  sind  wirklich  durchgängig  erreichbar.  Und  ich  kriege  das  ja  auch  bei  anderen  Familien  mit.  Also  wenn  ‚Not  am  Mann’  ist,  auch  diejenigen  die  eigentlich  nicht  direkt  zuständig  sind  für  die  Familien  wirklich  ‚Gewähr  bei  Fuß’  stehen  und  wirklich  zu  den  unmöglichsten  Zeiten  da  aufschlagen,  weil  es  auch  wirklich  nöCg  ist.  Und  ich  glaube,  das  macht  das  Ganze  aus.  Auch  wenn  die  Kinder  weit  enhernt  in  einer  Klinik  behandelt  werden  müssen  –  dann  haLen  wir  immer  ganz  konCnuierlichen  telefonischen  Kontakt.  Ich  weiß  gar  nicht  wie  oc  die  angerufen  haben.  Da  ist  einfach  so  eine  andere  Menschlichkeit  dahinter.  Nicht  nur  so  dieses  Sachliche.  Die  sind  eigentlich  wirklich  immer  griffig.  Und  ich  finde,  das  macht  das  Besondere  irgendwie  aus.“  

Page 21: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Sons[ges  professionelles  Netzwerk:  Medizinischer  Sektor  

PM:  „Dann  kommen  die  hin  und  machen  diese  riesengroße  OperaCon.  Dann  gehen  die  hin  und  holen  ihre  Kollegen  aus  Frankfurt  und  München  dazu.  Ja,  also  das  ist  doch  eine  Sache,  wo  ich  sage:  ‚Klasse,  das  sind  Leute  die  wirklich  Ahnung  haben,  die  aber  auch  nicht  nur  aufs  Gradewohl  operieren,  sondern  die  sagen:  ‚So  einen  Eingriff  gibt  es  fast  nicht  in  Deutschland.  Das  gibt  es  in  Afrika  viel,  aber  hier  gibt  es  damit  nur  wenig  Erfahrung.  Wenn  es  aber  einer  kann,  dann  ist  es  der  Arzt  aus  München.’  Die  dann  sagen:  ‚Wir  operieren  trotzdem  nicht  einfach  los,  wir  lassen  einen  Kopf  anferCgen,  an  dem  wir  OperaConen  üben  können.’  Wo  ich  dann  das  Gefühl  habe:  ‚Hier  fühle  ich  mich  sicher.  Hier  wird  einfach  auch  mitgedacht.’“  

Page 22: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Schlüsselkategorie  3  

 Pflegeeltern  brauchen  gesellschaQliche  Anerkennung  

•  Spezifische  Weiterbildung,  Informa[onsangebote,  organisierter  Austausch  in  Selbsthilfegruppen  

•  Medizinische  Versorgung  (solidarische  Finanzierung  &  unbürokra[sche  Bewilligung)  

•  Leistungsfähige,  engagierte  und  koopera[onsfähige  Behörden  und  Soziale  Dienste  

•  Transparentes  und  kindorien[ertes  Rechtssystem  

Page 23: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

Resümee  

PV:  „Und  da  sieht  man  aber  erst  mal,  was  wirklich  wertvoll  ist.  Wie  wertvoll  die  Kinder  sind.  Und  das  verstehen  die  Leute  nicht.  Das  kann  man  auch  nicht  erklären.  Und  wir  oder  ich  jedenfalls  haben  aufgehört,  den  Leuten  zu  erklären,  warum  ich  unseren  Pflegesohn  richCg  für  wertvoll  halte.  Weil  das  ist  er  einfach.  Und  wer  das  so  nicht  versteht,  bei  dem  fehlt  irgendwas.  Also  bloß  weil  er  nicht  rechnen  kann  und  nicht  spricht  und  immer  noch  nicht  sauber  ist,  ist  er  trotzdem  wertvoll.  Und  das  müssen  die  Leute  einfach  kapieren.  Und  da  ist  die  Gesellschac  so  was  von  weit  weg  davon.  Wenn  man  sich  da  die  Fernsehsendungen  anguckt,  um  was  es  da  geht,  um  Schönheit  und  sonst  was.  Das  ist  so  was  von  Pillepalle.“  

Page 24: Ressourcen)von)und)für)Pflegeeltern.) Was)brauchen ... · Herkunftsfamilie 'im Paket' Probleme, die das Pflegekind hat Probleme, die das Pflegekind macht Aufwändige Bedürfnisse

HERZLICHEN  DANK  FÜR  IHRE  AUFMERKSAMKEIT  !  

DIRK  SCHÄFER  -­‐  Universität  Siegen  /  ZPE  

Interesse  am  Abschlussbericht?  

E-­‐Mail:  dirk.schaefer@uni-­‐siegen.de