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Zeitschri des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Rechts R g geschichte Rechtsgeschichte www.rg.mpg.de http://www.rg-rechtsgeschichte.de/rg16 Zitiervorschlag: Rechtsgeschichte Rg 16 (2010) http://dx.doi.org/10.12946/rg16/069-077 Rg 16 2010 69 – 77 Manuel Chust Calero Die Verfassung von 1812 und der iberoamerikanische Konstitutionalismus Ein Vergleich Dieser Beitrag steht unter einer Creative Commons cc-by-nc-nd 3.0

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Page 1: Rechtsgeschichte - data.rg.mpg.dedata.rg.mpg.de/rechtsgeschichte/rg16_069chust_calero.pdf · Manuel Chust Calero Debatte 5 Wir haben uns dieser Frage aus-führlich gewidmet in: M

Zeitschri des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Rechts Rggeschichte

Rechtsgeschichte

www.rg.mpg.de

http://www.rg-rechtsgeschichte.de/rg16

Zitiervorschlag: Rechtsgeschichte Rg 16 (2010)

http://dx.doi.org/10.12946/rg16/069-077

Rg162010 69 – 77

Manuel Chust Calero

Die Verfassung von 1812 und der iberoamerikanische KonstitutionalismusEin Vergleich

Dieser Beitrag steht unter einer

Creative Commons cc-by-nc-nd 3.0

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Die Verfassung von 1812 und deriberoamerikanische KonstitutionalismusEin Vergleich

Viel ist geschrieben worden über den Ein-fluss der französischen Verfassung von 1791 aufihr Pendant aus Cádiz aus dem Jahre 1812;unendliche Male wurde es wiederholt. Wennwir beide Dokumente jedoch vergleichen unduns dabei den Texten nicht als Dogmen nähern,dann können wir überrascht feststellen, dass dieVerfassung von Cádiz wenig französische »Zü-ge« trägt.

Das genaue Gegenteil ist ebenso überra-schend der Fall, wenn wir die ersten republika-nischen Verfassungen in Hispanoamerika mitdem Text der Verfassung von 1812 vergleichen.Genau dies ist die Absicht der folgenden Studie.Im Ergebnis zeigt sich, dass der Einfluss desspanischen Konstitutionalismus in Hispanoame-rika äußerst nachhaltig war. Vor allem deswe-gen, weil – zusammengefasst – die Verfassungvon 1812 technisch gesehen gar keine »spani-sche« Verfassung war, sondern eine hispanische.Erdacht, überarbeitet und schließlich vorge-schlagen wurde sie von einem parlamentarischenForum, das sowohl aus spanischen als auch ausamerikanischen Vertretern bestand, die nicht nurvon Bedeutung, sondern auch von Einfluss wa-ren. Außerdem war die Verfassung konzipiert füreinen Nationalstaat, der »beide Hemisphären«umfassen sollte. Eine andere Sache ist es zuerklären, warum sie scheiterte. Doch in jenemhistorischen Moment 1811/12 beschritt sie vorallem für die hispanischen Territorien einen ein-maligen revolutionären Weg.

Die Verfassungen, die die neuen Republikenseit ihrer Unabhängigkeit erleuchteten, beruhten

mehr oder minder auf den politischen Grund-lagen des Liberalismus von Cádiz. Viele spie-gelten in ihren Artikeln den Grad der Konso-lidierung wider, den die in Cádiz geführtenDiskussionen im politischen Raum Iberoameri-kas erreicht hatten. Das heisst nicht, dass diegesellschaftliche, ökonomische oder kulturelleRealität dieser Republiken vollständig dementsprochen hätte, was in den Verfassunsdoku-menten stand, sondern dass sich in ihnen dasjuristisch-normative Projekt der aus den Unab-hängigkeitskämpfen als Sieger hervorgegange-nen neuen Führungselite ausdrückte.

Wenn sich die amerikanischen Verfassungs-väter in einem Punkt von der Praxis der parla-mentarischen Debatten in Cádiz unterschieden,dann waren es die weiten Zugeständnisse an dieLegislative.1 Abgesehen von einigen wenigenFällen – wie im ersten mexikanischen Kongressvon 1822 – blieb es bei der Vorherrschaft derLegislative über die anderen beiden Gewalten,und im Laufe der Zeit setzten alle Republiken,ohne Ausnahme, auf ein Zweikammersystemals Organisationsprinzip der legislativen Gewalt.In Cádiz hatten sich die Cortes einen guten Teilder zur Souveränität gehörigen Vorrechte selbstzugesprochen, was natürlich an den Zeitumstän-den lag. Das Fehlen des Monarchen und derKrieg gegen Frankreich waren der ideale Kontextfür den revolutionären Liberalismus, um denliberalen Staat nach eigenen Vorstellungen zugestalten. Für die Republiken auf dem amerika-nischen Kontinent bedeutete das Einkammersys-tem, zu viel Macht an die nationalen Repräsen-

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1 Für diese Studie haben wir dieersten Verfassungen derjenigenLänder benutzt, die sich auf demamerikanischen Territorium alsunabhängige Staaten konstituier-ten, obwohl sich einige von ihnenzu diesem Zeitpunk noch im Kriegmit der spanischen Monarchie be-fanden: die Verfassung der Ver-einigten Provinzen des Río de laPlata (1819), die argentinischeVerfassung (1826), die Verfassun-

gen Boliviens (1826), Kolumbiens(1821), Perus (1823), Chiles(1822), Uruguays (1830), Ecua-dors (1830), Venezuelas (1830),Mexikos (1824) und die Verfas-sung der Vereinigten ProvinzenZentralamerikas (1824).

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tanten abgeben zu müssen, trotz der Einschrän-kungen in Bezug auf Wirtschaft und Eigentum,wie sie in einigen Verfassungen festgeschriebenwurden. Der Senat erschien als mäßigendeMacht der revolutionären Schwankungen, diedie Parlamentarier – inspiriert durch das Beispielvon Cádiz – eventuell mitbrachten. Zugleichsollte der Senat diejenige Kammer sein, die dieterritoriale Verschiedenheit der neuen amerika-nischen Staaten repräsentieren könne. Dank desZweikammersystems wurde die Gewaltenteilungfast als natürliches Element eines liberalen politi-schen Systems angesehen.

Was die liberale Ideenwelt angeht, so nah-men alle Verfassungen, unabhängig von ihrerpolitischen Ausrichtung und der Ausgestaltungvon Regierung und Verwaltung, die »Rechte desMenschen« und andere liberale Grundsätze auf.Freiheit, Gleichheit, das Recht auf Eigentum und– in vielen Fällen – das Recht auf Sicherheitschlugen sich in verschiedener Art und Weise inden amerikanischen Verfassungen nieder. Bei ei-nigen werden sie schon in den ersten Artikelnniedergelegt, was ihre Bedeutung unterstreicht,ganz wie in der Verfassung von Cádiz von 1812,wo sich diese Rechte gleich am Anfang, in Artikel4, finden. Die kolumbianische Verfassung von1821 führt diese Rechte in Artikel 3, die Ver-fassung der Vereinigten Provinzen Zentralame-rikas von 1824 in Artikel 2 auf. Andere fügten siein ein besonderes Kapitel mit den Garantien desIndividuums oder in die allgemeinen Bestimmun-gen ein: in der Verfassung Uruguays Artikel 130,in der Verfassung Perus von 1826 Artikel 142, inder Verfassung Boliviens von 1826 Artikel 149,in der Verfassung Argentiniens von 1826 Artikel159 und in der venezuelanischen Verfassung von1830 Artikel 188.

Auch die Pressefreiheit und besonders dieMeinungs- und Meinungsäußerungsfreiheit wa-

ren Teil des liberalen Konstitutionalismus des19. Jahrhunderts in den amerikanischen Repub-liken. Die Verfassung der Provincias Unidas deSudamérica postulierte: »Die Freiheit, seineIdeen über die Presse zu veröffentlichen, ist sowertvoll für den Menschen wie sie notwendigist für die Erhaltung der bürgerlichen Freiheitin einem Staat.« (Artikel 140, Kapitel 2, Ab-schnitt 5).2 Auch in anderen Verfassungen wirddas Recht zu schreiben, zu drucken und ohnevorherige Zensur frei zu veröffentlichen betont,allerdings mit dem Zusatz, dass dies gleichzeitigdie Verantwortung für Missbrauch einschließt.Auch diese Formel findet sich in der Verfassungvon Cadíz im Artikel Nr. 371.3

Ein anderer charakteristischer Grundsatzdes Liberalismus ist das Recht des Habeas Cor-pus, das in allen iberoamerikanischen Verfassun-gen festgeschrieben wurde. Die Liberalisierungder Justiz, der Schutz des Angeklagten wie auchdie Abschaffung von Körperstrafen wurden nor-mativ festgelegt. Gerade für diesen Fall stellt dieVerfassung von 1812 ein gutes Beispiel dar, dasie die Strafverfolgung detalliert regelt. Einigedieser Artikel wurden sogar wörtlich übernom-men, z. B. derjenige, der sich mit der Verhaftungeines Straftäters bei Begehung der Tat befasst.Dem dortigen Artikel 292 korrespondiert in derkolumbianischen Verfassung von 1821 der Arti-kel 160: »Jeder auf frischer Tat gefasste Straf-täter darf verhaftet werden; jeder darf ihn ver-haften und dem Richter vorführen.«4

Der Einfluss der Verfassung von Cádiz istjedoch vor allem in der politischen Praxis deramerikanischen Republiken spürbar, auch dann,wenn er sich nicht direkt in Verfassungsbestim-mungen übersetzt. So übernahmen beispiels-weise alle hispanoamerikanischen Territorien je-nen Artikel 12 des Textes von Cádiz, in dem derKatholizismus zur neuen Staatsreligion erhoben

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2 »La libertad de publicar sus ideaspor la Prensa es un derecho tanapreciable al hombre como esen-cial para la conservación de lalibertad civil en un Estado.«

3 »Artikel 371: Alle Spanier habendie Freiheit, ihre Ideen aufzu-schreiben, zu drucken und zu ver-öffentlichen ohne die Notwendig-keit einer vorherigen Lizensierung,Revision oder anderer Eingriffe,gemäß den Beschränkungen und

Verantwortlichkeiten, die durchGesetze festgeschrieben sind.«[»Art. 371. Todos los españolestienen libertad de escribir, impri-mir y publicar sus ideas políticassin necesidad de licencia, revisióno aprobación alguna anterior a lapublicación, bajo las restriccionesy responsabilidades que establez-can las leyes.«] Constitución polí-tica de la monarquía española,Cádiz, 19. März 1812, in: Cons-

tituciones y códigos políticos es-pañoles, 1808–1878, hg. vonJulio Montero, Barcelona 1998.

4 »Infraganti todo delincuente pue-de ser arrestado y todos puedenarrestarle y conducirle a la pre-sencia del juez.«

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wird. Diese intensiv diskutierte Entscheidungdürfte als eine pragmatische Option jenes Libe-ralismus von Cádiz anzusehen sein, der in seinemhistorischen Moment – dem Jahre 1811 – eineDebatte über das Thema Religion weder bestrei-ten konnte noch wollte.5 Doch galt das auch inden amerikanischen Territorien? Einige über-nahmen den erwähnten Artikel, beispielsweisedie Verfassung Mexikos von 1824 (Artikel 3).Andere wiederum schrieben die Staatsreligionin leicht veränderter Formulierung fest. Sowohldie Verfassung Kolumbiens (1821) als auch dieVenezuelas (1830) unterließen jeden Hinweis aufden Katholizismus, auch wenn sich am Beginnder jeweiligen Artikel ein Gottesbezug in denVerfassungen findet.

Von besonderer Bedeutung sind hier freilichder historische Kontext und die politischen De-batten, die die Formulierung der Verfassungenjeweils begleiteten. Ohne diese Aspekte hier ver-tiefen zu können stellt sich die Frage, ob ineinigen Fällen das mentale und ideologische Be-zugssystem nicht ein anderes war als in Cádiz.Darüber hinaus ist der Bruch der amerikanischenTerritorien und ihrer Bewohner mit der spani-schen Krone von Bedeutung – es sei nur daranerinnert, dass diese Länder durch Eroberung Teil

des Eigenvermögens der Könige geworden wa-ren und erst mit der Verfassung von 1812 in denStaat integriert worden waren. Nur vor diesemHintergrund wird Artikel 2 der Verfassung vonCádiz verständlich, der sich auch in vielen ame-rikanischen Verfassungen findet – der Schattendes Königs war lang. So heißt es noch in derVerfassung Kolumbiens von 1821: »Artikel 1:Die kolumbianische Nation ist für immer undunwiderruflich frei von der spanischen Monar-chie und jeder anderen ausländischen Macht undHerrschaft; weder ist noch wird sie Besitz einerFamilie oder einer Person sein.«6

Der Hinweis am Schluss zielt zweifelsohneauf den ursprünglichen Vasallenstatus der ame-rikanischen Bevölkerung gegenüber den Monar-chen. Die Politik der amerikanischen Abgesand-ten, die in Cádiz die Aufnahme dieses Artikelsverteidigten, übertrug sich sofort auf die baldunabhängigen Territorien des amerikanischenKontinents, von denen einige immer noch imKrieg mit Spanien standen und für die dieserArtikel notwendig war, um rechtskräftig die al-ten Kolonien von der königlichen Herrschaft zutrennen. Das Beispiel machte auch in anderenLändern Schule, wie der Blick auf deren Ver-fassungstexte zeigt:

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5 Wir haben uns dieser Frage aus-führlich gewidmet in: M. Chust,Ivana Frasquet, Soberanía, na-ción y pueblo en la Constituciónde 1812, in: Secuencia 57 (Sep-tember – Dezember 2003) 39–60.Vgl. auch Ivana Frasquet, Altezaversus Majestad: el poder de lalegitimidad en el Estado-naciónmexicano, 1810–1824, in: El im-perio sublevado. Monarquía yNación en España e Hispanoamé-

rica, hg. von Víctor Mínguez,Manuel Chust, Madrid 2004,255–276. Für eine andere Inter-pretation, die die Aufnahme diesesArtikels in die Verfassung vonCádiz als eine Konzession der Li-beralen an konservative Positio-nen begreift, vgl.: José MaríaPortillo, Revolución de Nación.Orígenes de la cultura constitu-cional en España, 1780–1812,Madrid 2000.

6 »Artículo 1. La nación colombia-na es para siempre e irrevocable-mente libre e independiente de lamonarquía española y de cual-quier otra potencia o dominaciónextranjera; y no es, ni será nuncapatrimonio de ninguna familia nipersona.«

Verfassung Chiles (1822) Artikel 2: »Die chilenische Nation ist frei und unabhängig von der spanischenMonarchie und jeder anderen fremden Macht: sie gehört einzig sich selbstund niemals einer Person oder einer Familie.«»La nación chilena es libre e independiente de la monarquía española y demalquiera otra potencia extranjera: pertenecerá solo a sí misma, y jamás aninguna persona ni familia.«

Verfassung Perus (1823) Artikel 2: »Sie ist unabhängig von der spanischen Monarchie und jederfremden Macht; sie darf nicht der Besitz einer Person oder einer Familiesein.«»Ésta es independiente de la monarquía española, y de toda dominaciónextranjera; y no puede ser patrimonio de ninguna persona ni familia.«

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Verfassung Perus (1826) Artikel 2: »Peru ist und wird immer unabhängig sein von jeder fremdenMacht und darf nicht der Besitz einer Person oder eine Familie sein.«»El Perú es y será para siempre independiente de toda dominaciónextranjera y no puede ser patrimonio de ninguna persona ni familia.«

Verfassung des Staates Artikel 1: »Der Staat ist und wird immer frei sein von Spanien und MexikoEl Salvador (1824) und jeder anderen fremden Macht oder Regierung. Er darf nicht der Besitz

einer Familie oder Person sein.«»El Estado es y será siempre libre e independiente de España y de Méxicoy de cualquiera otra potencia o gobierno extranjero, y no será jamás elpatrimonio de ninguna familia ni persona.«

Verfassung Mexikos (1824) Artikel 1: »Die mexikanische Nation ist für immer frei und unabhängigvon der spanischen Regierung und jeder anderen Macht.«»La nación mexicana es para siempre libre e independiente del gobiernoespañol y de cualquier otra potencia.«

Verfassung des Staates Artikel 2: »Der Staat Nuevo León ist frei, souverän und unabhängigNuevo León, Mexiko (1825) von allen Vereinigten Mexikanischen Staaten und jeder anderen fremden

Macht. Der Staat ist kein Besitz einer anderen Nation, eines anderenStaates, einer Korporation, Familie oder Person und wird es niemalssein.«»El estado de Nuevo León es libre, soberano e independiente de cada unode los Estados Unidos Mexicanos y de cualquier otro extranjero. No es,ni puede ser patrimonio de nación, estado, corporación, familia o personaalguna.«

Verfassung des Staates Artikel 1: »Der Staat Honduras ist frei und unabhängig von jederHonduras (1825) fremden Macht und wird niemals der Besitz einer Familie oder einer

Person sein.«»El Estado de Honduras es libre e independiente de toda potencia ogobierno extranjero, y no será jamás patrimonio de ninguna familiani persona.«

Grundgesetz des freien Artikel 12: »Der Staat ist und wird für immer frei und unabhängig seinStaates Costa Rica (1825) von Spanien, Mexiko und jeder anderen fremden Macht oder Regierung.

Er wird außerdem niemals der Besitz einer Familie oder Person sein.«»Él es y será para siempre libre e independiente de España, México ycualesquiera otra potencia o gobierno extranjero, y no será jamás elpatrimonio de ninguna familia, ni persona.«

Verfassung Uruguays (1830) Artikel 3: »Uruguay wird niemals der Besitz einer Person oder Familiesein.«»Jamás será el patrimonio de persona, ni de familia alguna.«

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Bezüglich der Definition des Staates und derSouveränität entschieden sich einige Republikenfür eine Formulierung, die derjenigen der Ver-fassung von Cádiz sehr nahe kommt und dieteilweise sogar identisch ist. Die Mehrheit derVerfassungen definierte die nationale Souveräni-tät oder die Volkssouveränität als Grundlage derpolitischen Herrschaft, die nur auf der erstenEbene der Wahlen unmittelbar ausgeübt wird.In einigen Fällen war der entsprechende Artikelwortwörtlich aus der Verfassung von Cádizübernommen. Symptomatisch ist, dass in denVerfassungen Chiles, Perus und Boliviens sichfolgende Formel findet, die dem Text von 1812entnommen ist: »Artikel 1: Die chilenische Na-tion ist eine Einheit, der alle Chilenen angehören;darin liegt wesentlich ihre Souveränität.«7 DasBesondere ist hier nicht nur die Definition derNation als solche, sondern die Verwendung desWortes »wesentlich«, das in der verfassungsge-benden Versammlung, den Cortes von Cádiz, zuvielen Diskussionen geführt hatte. Ähnliches fin-det sich in der Verfassung Kolumbiens von 1821– »Artikel 2: Die Souveränität ist wesentlich inder Nation begründet.«8 – oder gleichlautend inArtikel 3 der Verfassung Venezuelas von 1830.Weiter gingen die uruguayischen Repräsentan-ten, die sich von José Miguel Guridi y Alcocerinspirieren ließen und das Adverb »radikal« inden Verfassungstext aufnahmen: »Artikel 4: DieSouveränität ist in all ihrer Größe radikal in derNation begründet.«9

Die Ausübung der Souveränität war direktverbunden mit der Bestimmung der Staatsbür-gerschaft und den politischen Rechten, die ausihr erwachsen. In allen Verfassungen wurde dieNationalität durch die Geburt begründet, ob-

gleich symptomatischerweise in einigen Fälleneinzig von »freien Menschen« gesprochen wur-de, ohne die Möglichkeit zu erwähnen, Sklavenoder Freigelassenen die Staatsangehörigkeit zu-zusprechen.10 Einzig die Verfassung Bolivienslegte in Artikel 11 fest, dass die Sklaven freiwürden, sobald die Verfassung veröffentlichtwerde. Auch wurde die Möglichkeit der Einbür-gerung – Naturalisierung – von Ausländern oderehemaligen Unabhängigkeitskämpfern zugelas-sen. Was das Wahlsystem betrifft, so wurdenwie in der Verfassung von 1812 verschiedeneEbenen für indirekte Wahlen festgelegt, meistdrei. Die Wahlen verteilten sich proportionalauf Gemeinden, Kantone bzw. Provinzen undBundesstaaten bzw. Departements, je nach dervon den Staaten gewählten territorialen politi-schen Gliederung.

Doch der entscheidende Unterschied zurpolitischen Praxis von Cádiz war die Einfüh-rung des Zensuswahlrechts in fast allen ameri-kanischen Verfassungen. Die Ausübung derBürgerrechte wurde von dem Vorhandenseinvon Grundbesitz bzw. Einkommen abhängig ge-macht, hinzu kamen Kriterien wie Alter, dieEigenschaft »vecino«, also Einwohner, zu seinoder Alphabetisierung. Das Wahlrecht war mitanderen Worten männlich und indirekt, abernicht universal wie in Cádiz und es wurdendiejenigen von den politischen Rechten ausge-schlossen (egal ob freie oder unfreie Menschen),die diese Voraussetzungen nicht erfüllten. Ineinigen Fällen wurde die Ausübung eines öffent-lichen Amtes an bestimmte wirtschaftliche Vor-aussetzungen geknüpft, etwa für das Amt alsAbgeordneter oder Senator. Die Tabelle gibt einevergleichende Übersicht:

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7 »Art. 1. La Nación Chilena es launión de todos los chilenos; en ellareside esencialmente la sobera-nía.«

8 »Art. 2. La soberanía reside esen-cialmente en la nación.«

9 »Art. 4. La soberanía en toda suplenitud existe radicalmente en laNación.«

10 Das war in der kolumbianischenVerfassung von 1821 und der des

Staates Venezuela von 1830 derFall.

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Verfassung Wahlsystem Bestimmungen zurWahlberechtigung

Voraussetzungen füröffentliche Ämter

Kolumbien 1821 3 Ebenen: Gemeinden,Kantone und Provinzen

Kolumbianische Staats-angehörigkeit, Mindest-alter 21 (Gemeinde-ebene) bzw. 25 Jahre(Kantonatsebene) oderverheiratet oder lesenund schreiben können,der Besitz von 100 Pesos(Gemeindeebene) bzw.500 Pesos (Kantonats-ebene)

Senator: 30 Jahre, ko-lumbianische Staatsan-gehörigkeit (auchnaturalisiert), Besitz von4000 Pesos oder einerGrundrente von jährlich500 PesosAbgeordneter: 25 Jahre,naturaleza oder vecin-dad, Eigentum von 2000Pesos oder jährliche Ein-künfte von 500 Pesos

Chile 1822 2 Ebenen: Gemeindenund Departements

Chilenische Staatsange-hörigkeit, älter als 25Jahre oder verheiratetsein oder lesen undschreiben können (vor1833)

Korporativer SenatAbgeordneter: Grundbe-sitz im Wert von 2000Pesos

Vereinigte Provinzen vonZentralamerika 1824

3 Ebenen: Gemeindever-tretung, Distrikte undDepartements

Bewohner der Republikoder naturalisierteStaatsangehörige, ver-heiratet oder über 18Jahre, Berufstätigkeit

Senator: 30 Jahre, siebenJahre StaatsbürgerschaftAbgeordneter: 23 Jahre,fünf Jahre Staatsangehö-rigkeit

Mexiko 1824 Indirekte Wahlen injedem Bundesstaat

Werden jeweils vomBundesstaat festgelegt

Senator: 30 Jahre, zweiJahre StaatsbürgerschaftAbgeordneter: 25 Jahre,zwei Jahre Residenz

Bolivien 1826 Eine Wahlebene, indi-rekte Wahl

Bolivianische Staatsbür-gerschaft, verheiratetoder mind. 20 Jahre altsein, lesen und schreibenkönnen, Berufstätigkeit

Dieselben Bestimmungenwie zur Wahlberechti-gungZensor: 35 JahreSenator: 30 JahreTribun: 28 Jahre

Argentinien 1826 Direkte Wahl Staatsbürgerschaft,mind. 20 Jahre oder ver-heiratet sein, lesen undschreiben können

Senator: 36 Jahre, neunJahre Staatsbürgerschaft,10000 Pesos Kapitaloder Äquivalent

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Das Wahlsystem hatte den wichtigen Effekt,eine politische Kultur der politischen Teilnahmeder Bürgerschaft zu konsolidieren, wie sie durchdie Verfassung von Cádiz in den iberoamerikani-schen Territorien erstmals möglich gewordenwar. Dieser Einfluss zeigt sich auch in der Auf-rechterhaltung einer der wichtigsten Institutio-nen des Liberalismus von Cádiz, den kommuna-len Verfassungsräten (sog. ayuntamientos cons-titucionales). Auch die Selbstverwaltungsorganeauf der Ebene der Provinzen (sog. diputacionesprovinciales) – auch wenn sie vielerorts andersgenannt wurden und nicht dieselben Kompeten-zen wie in Cádiz hatten – sind in diesem Zusam-menhang zu sehen. Was sich fast überall durch-setzte, war das Festhalten an den »Seelen« alsKonzept zur Bestimmung der Bezugsgrößen der

Repräsentation auf lokaler Ebene.11 Die Refle-xionen des neuspanischen Abgeordneten JoséMiguel Arizpe im Jahre 1811 in den Höfen vonCádiz inspirierten hier einen ganzen Kontinenthinsichtlich der Etablierung von lokalen politi-schen Einheiten.12 Die Verfassungen der Staatender mexikanischen Föderation begannen einenach der anderen, das Konzept der »Seelen«bei der Bildung von Gemeindevertretungen an-zuerkennen. Allerdings glichen sie es der Bevöl-kerung auf jedem Territorium an und legtengenerell eine höhere Zahl von mindestens vor-handenen »Seelen« fest, um so die Zersplitterungder Gemeinden zu verhindern, wie es in der Zeitder Verfassung von Cádiz der Fall war.13 Auch inden Verfassungen der zentralamerikanischenLänder übernahm man diese Kriterien, im Falle

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11 Man nutzte dieses Konzept jedochauch auf anderen Repräsenta-tionsebenen. So schreibt die Ver-fassung Venezuelas von 1830 dieWahl eines Abgeordneten pro20.000 Seelen vor (Artikel 51), inChile kommt ein Abgeordneter auf15.000 Seelen (Artikel 30).

12 Vgl. Manuel Chust, La cuestiónnacional americana en las Cortesde Cádiz (1810–1814), Madrid1999, 205 ff.

13 Vgl. Juan Ortiz Escamilla, JoséA. Serrano Ortega, Ayunta-mientos y liberalismo gaditano enMéxico, Mexico 2007.

Verfassung Wahlsystem Bestimmungen zurWahlberechtigung

Voraussetzungen füröffentliche Ämter

Argentinien 1826(Fortsetzung)

Abgeordneter: 25 Jahre,sieben Jahre Staatsbür-gerschaft, 4000 PesosKapital, Berufstätigkeit

Peru 1826 Eine Wahlebene,indirekte Wahl

Peruanische Staatsbür-gerschaft, verheiratetoder mind. 25 Jahre altsein, lesen und schreibenkönnen, Berufstätigkeit

Dieselben Bestimmungenwie zur Wahlberechti-gungZensor: 40 JahreSenator: 35 JahreTribun: 25 Jahre

Uruguay 1830 Direkte Wahl für Abge-ordnete, indirekte Wahlfür Senatoren

Staatsbürgerschaft (legaloder naturalisiert)

Senator: Staatsbürger-schaft, 33 Jahre, 10000Pesos Kapital oderÄquivalentAbgeordneter: Staats-bürgerschaft, 25 Jahre,4000 Pesos Kapital oderäquivalente Grundrente

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Costa Ricas war das Minimum der »Seelen« zurBildung eines Rates in den Dörfern sogar ganzaufgehoben: Verfassung von El Salvador 1824,Artikel 73: »Die Gemeindeverwaltung bleibt injedem Dorf bestehen, das 500 Seelen oder mehrhat.«;14 Verfassung von Honduras 1825, Arti-kel 82: »Jede Gemeinde, deren Gebiet mehr als500 Seelen hat, darf einen gewählten Gemeinde-rat besitzen.«;15 Verfassung von Costa Rica1825, Artikel 111: »In jedem Dorf, so klein esauch sei, darf es einen gewählten Gemeinderatgeben.«16

Ebenso wurde die Errichtung von Provin-zialverwaltungen in die Verfassungen übernom-men, auch wenn sie sich bezüglich ihres Namensund ihrer Kompetenzen unterschieden. Ein Fallsticht allerdings aus allen anderen heraus. InArtikel 156 der Verfassung von Venezuela heißtes: »In jeder Provinz soll es einen Abgeordnetenpro Kanton geben, deren Ernennung nach Arti-kel 36 ff. dieser Verfassung bestimmt ist; eineProvinz, die weniger als sieben Kantone hat, solldennoch sieben Abgeordnete nominieren, ent-sprechend ihrer Bevölkerung.«17 Die Selbstver-waltungsorgane auf der Ebene der Provinzenvereinigten in sich einige der wichtigsten Kom-petenzen, wie die Verteilung von Abgaben, dieSchaffung von Steuern, der Organisation derArmee, die Errichtung von Grundschulen, Lehr-häusern oder die Organisation der lokalen Poli-zei. An ihrer Spitze stand ein Gouverneur, der derExekutivgewalt unterstellt war und als derendirekter Vermittler galt, ganz ähnlich der Funk-tion des Jefe Político in der Verfassung vonCádiz. In anderen Fällen, wie in Uruguay, be-stimmte die Exekutive Autoritäten, die auch JefePolítico hießen und für die Verwaltung der Pro-vinzen zuständig waren; diese jedoch hattennicht die Kompetenzen, wie sie die Selbstverwal-tungsorgane auf der Ebene der Provinzen hatten.

Andernorts, wie in Chile, wurde explizit die Ab-schaffung der früheren Institutionen der lokalenVerwaltung – der intendencias und der intenden-tes – beschlossen; stattdessen wurden von derExekutive »Direktoraldelegierte« nominiert, mitBefugnissen gegenüber der Polizei und dem Mi-litär, die sich solange nach den früheren Regeln –der Ordenanza de intendentes – richteten, biseine andere Rechtsgrundlage geschaffen wurde.

Was das Militär betrifft, beschlossen vieleder Verfassungen die Schaffung einer zivilenbewaffneten Truppe zur Verteidigung der kon-stitutionell festgehaltenen Rechte: die sog. na-tionale Miliz. In Bundesstaaten wie Mexiko oderZentralamerika oblag deren Organisation deneinzelnen Provinzen, in anderen Fällen wurde siedurch einen entsprechenden Artikel in der Ver-fassung geregelt. So heißt es beispielsweise in derperuanischen Verfassung von 1826 in Artikel 13:»Es soll in jeder Provinz nationale Milizen ge-ben, die aus den Bewohnern der jeweiligen Pro-vinzen zusammengesetzt sind.«18 In Venezuelawurde beschlossen, dass die nationale Miliz denAnweisungen der Gouverneure der Provinzenuntersteht und nur innerhalb dieses Raumesagiert.

In vielen Verfassungen Amerikas dieser Epo-che wurde schließlich die steuerliche und abga-benrechtliche Gleichbehandlung festgeschriebenund damit eines der grundlegenden Prinzipiendes ökonomischen Liberalismus umgesetzt.19

Die Hinweise auf das Verbot von Privilegienund Ausnahmen verweisen auf den Wandel imVerständnis von Gesellschaft, der mit der libera-len Revolution eingesetzt hatte. In manchen Fäl-len ging man sogar noch weiter und forderte dieAbschaffung von rechtlichen Bindungen, demÄltestenrecht oder Adelstiteln, die damals nochexistierten Dazu schreiben die folgenden Ver-fassungen:

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14 »Continuarán las municipalidadesen todos los pueblos que tengan dequinientas almas arriba.«

15 »En cada pueblo que su comarcatenga de quinientas almas arribahabrá municipalidad elegida po-pularmente.«

16 »En cada uno [pueblo] por pe-queño que sea habrá una munici-palidad electa popularmente.«

17 »En cada provincia habrá una di-putación de un diputado por cada

cantón, nombrados conforme alartículo 36 y siguientes de estaConstitución; y la provincia quetenga menos de siete cantones,nombrará sin embargo siete dipu-tados distribuidos según su pobla-ción.«

18 »Habrá en cada provincia cuerposde milicias nacionales compuestosde los habitantes de cada una deellas.«

19 Die Gleichheit und Proportionali-tät der Abgaben wird in der Mehr-zahl der Verfassungen festgehal-ten: Bolivien (Artikel 153), Vene-zuela (Artikel 215) und Peru(Artikel 146). Für Mexiko vgl.José A. Serrano Ortega, Igual-dad, Uniformidad, proporcionali-dad. Contribuciones directas yreformas fiscales en México,1810–1846, Mexiko Stadt 2007.

Page 10: Rechtsgeschichte - data.rg.mpg.dedata.rg.mpg.de/rechtsgeschichte/rg16_069chust_calero.pdf · Manuel Chust Calero Debatte 5 Wir haben uns dieser Frage aus-führlich gewidmet in: M

– Uruguay 1830, Artikel 133: »Das Ältes-tenrecht und jegliche Vinkulierung sind verbo-ten. Keine Autorität des Landes kann Adels-,Ehren- oder Erbtitel verleihen.«20

– Peru 1826, Artikel 147: »Privilegien undAnstellungen aufgrund der Erbfolge oder Vin-kulierungen sind abgeschafft, jedes Eigentumist veräußerbar, selbst wenn es karitativen Stif-tungen, Religionen oder anderen Objekten ge-hört.«21

– Venezuela 1830, Artikel 212: »Die För-derung des Ältestenrechts und jegliche Art derVinkulierung sind verboten.«22

– Vereinigte Provinzen von Zentralamerika1824, Artikel 175, Abschnitt 5a: »Weder derKongress, noch die Versammlungen, noch dieanderen Autoritäten dürfen sich durch Vinku-lierungen konstituieren, Adelstitel, Pensionen,Auszeichnungen oder Sonderechte verleihen, dievererbbar sind.«23

– Kolumbien 1821, Artikel 179: »Das Ältes-tenrecht und jede Art der Vinkulierung sind ver-boten.«24

– Bolivien 1826, Artikel 154: »VererbbareAnstellungen und Privilegien sowie Vinkulierun-gen sind abgeschafft; jedes Eigentum ist über-tragbar, auch wenn es karitativen Stiftungen,Religionen oder anderen Körperschaften ge-hört.«25

Wie gesehen, wurden im Falle Boliviensnicht nur die Privilegien abgeschafft, sondern

darüber hinaus der Besitz zur toten Hand, alsoVermögenswerte, die der Kirche von Todes we-gen übertragen worden und fortan unveräußer-lich gewesen waren.

Letztendlich war die Verfassung von Cádiznur eine sehr kurze Zeit gültig, und in einigenTerritorien Amerikas wurde sie während dieserZeit auch nicht unmittelbar angewendet. Den-noch war ihr Einfluss beträchtlich. Nicht nur,weil sie grundlegende Vorstellungen des Libera-lismus enthielt, die es auch in den Verfassungenanderer Länder gab, sondern weil sie so etwaswie die konstitutionelle Matrix bildete, aus dersich die Revolutionen in der hispanischen Weltherausbildeten. Wenn die spanischen und dieamerikanischen Revolutionäre irgendetwas ge-meinsam hatten, dann war es ihre Zugehörigkeitzu einer absoluten Monarchie, aus der auch ihregemeinsame Reaktion verständlich wird: derLiberalismus von Cádiz. Darüber hinaus wurdedie Verfassung nicht zuletzt von Abgeordnetenaus den amerikanischen Provinzen (vor allemaus dem späteren Mexiko und Peru) gefördert,diskutiert und überarbeitet. Souveränität, Staats-bürgerschaft und Eigentum waren für sie vonzentraler Bedeutung, weil hier der entscheidendeKonflikt mit den Herrschaftsbefugnissen derMonarchie lag, der dann die faktische Trennungvon dieser notwendig machte.

Manuel Chust Calero

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Manuel Chust Calero

Deb

att

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20 »Se prohíbe la fundación demayorazgos y toda clase de vin-culaciones y ninguna autoridad dela República podrá conceder títuloalguno de nobleza, honores o dis-tinciones hereditarias.«

21 »Quedan abolidos los empleos yprivilegios hereditarios y las vin-culaciones, y son enajenables to-das las propiedades, aunquepertenezcan a obras pías, a reli-giones o a otros objetos.«

22 »Se prohíbe la fundación demayorazgos, y toda clase de vin-culaciones.«

23 »No podrán el Congreso, lasAsambleas ni las demás autorida-des establecer vinculaciones, dartítulos de nobleza, ni pensiones,condecoraciones, o distintivos quesean hereditarios.«

24 »Se prohíbe la fundación demayorazgos y toda clase de vin-culaciones.«

25 »Quedan abolidos los empleos yprivilegios hereditarios, y las vin-culaciones y son enajenables todaslas propiedades, aunque pertenez-can a obras pías, a religiones o aotros objetos.«