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Das Immobilienmagazin von Union Investment RAUM mehr Ausgabe 1 | 2016 Beobachten Warum Immobilienexperten noch keinen Marktabschwung erwarten Bewerten Wieso Investoren in Polen nicht nur Warschau interessant finden Begegnen Wie Hotels ihre Gäste mit neuen Erlebniswelten überraschen Gebäude, die viele Nutzungen unter einem Dach vereinen, faszinieren auch Investoren Urbanes Universum

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  • Das Immobilienmagazin von Union Investment

    RAUM mehrAusgabe 1 | 2016

    BeobachtenWarum Immobilienexperten noch keinen Marktabschwung erwarten

    BewertenWieso Investoren in Polen nicht nur Warschau interessant finden

    BegegnenWie Hotels ihre Gäste mit neuen Erlebniswelten überraschen

    Gebäude, die viele Nutzungen unter einem Dach vereinen, faszinieren auch Investoren

    Urbanes Universum

  • Das Immobilienmagazin von Union Investmen

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    Welche Strategien Immobilieninvestoren v

    erfolgen, um

    Sicherheit und Risiko ins Gleichgewicht zu

    bringen

    RAUM mehrAusgabe 1 | 2015

    Früher VogelWarum es sich lohnt,

    in Hotel-

    projekte zu investieren

    Erste Liga Was die Bürostädte L

    ondon,

    New York und Tokio verbindet

    Steter Strom Wieso Datenmanage

    ment zum

    Immobiliengeschäft gehört

    GroßeSpannweite

    Das Immobilienmagazin von Union Investment

    Berlins Büromarkt holt auf – und profitiert von der

    wachsenden Wirtschaftskraft der deutschen Hauptstadt

    RAUM mehrAusgabe 2 | 2015

    Gelungener Kraftakt

    Die Grüne Insel erholt sichIrland hat die Immobilienkrise überwund

    en

    Das Quartier lebtErfolgreiche Büroparks funktionieren wie

    eine kleine Stadt

    Der Euro schwächeltWas Währungsschwankungen für Investo

    ren bedeuten

    Das Immobilienmagazin von Union Investment

    RAUM mehrAusgabe 1 | 2016

    BeobachtenWarum Immobilienexperten noch keinen Marktabschwung erwarten

    BewertenWieso Investoren in Polen nicht nur Warschau interessant finden

    BegegnenWie Hotels ihre Gäste mit neuen Erlebniswelten überraschen

    Gebäude, die viele Nutzungen unter einem Dach vereinen, faszinieren auch Investoren

    Urbanes Universum

    Raum & mehr 1|2016 Raum & mehr 1|2016

    inhalt

    titel

    4 mixed use Gebäude, die verschiedene nutzungen unter einem Dach vereinen, gewinnen an Bedeutung

    mäRkte

    12 marktzyklus ist der aktuelle immobilienboom bald zu ende? Was experten und investoren erwarten

    18 Polen Das osteuropäische land bietet auch außerhalb der hauptstadt Warschau interessante investmentchancen

    21 investitionsklimastudie Portfoliotransaktionen werden für internationale immobilienanleger immer interessanter

    kOnZePte

    22 infografik in Berlin gibt es viel Büro für wenig Geld, in tokio ist es umgekehrt. eine Übersicht über Flächen und kosten

    24 Smart City Wien verordnet sich ein langzeitprogramm, das die Stadtentwicklung verändern wird

    28 Digitalisierung immobilienwirtschaftliche hochschulen erfor-schen die erfolgschancen von Big Data und Co

    36 lifestyle-hotels mit welchen kreativen ideen anbieter ihre Gäste überraschen und warum sie damit erfolg haben

    Real PeOPle

    30 Porträt eric Cheah baut für union investment das immobilien-portfolio im asiatisch-pazifischen Raum auf

    33 amerika union investment gewinnt einen neuen investment-manager und hat große Pläne in nord- und lateinamerika

    PORtFOliO

    34 Rendite Welche Steuerungsmöglichkeiten manager von immobilienfonds haben, um die Performance zu steigern

    WeitWinkel

    42 Stadtpläne mal analog, mal digital weisen karten den Weg durch den Dschungel der Großstadt

    3 ZuR SaChe 27 naChRiChten 27 imPReSSum & kOntakt 43 neu im PORtFOliO

    titelbild the Shard im londoner Stadtteil Southwark ist mit 310 metern eines der höchsten Gebäude in europa. Der mit 11.000 Scheiben verglaste mixed-use-turm ist pyramidenförmig aufgebaut und vereint Büros, luxuswoh-nungen, Restaurants, Geschäfte und ein hotel unter einem Dach.

    Liebe Leserinnen, liebe Leser,herzlich willkommen zur aktuellen ausgabe von Raum & mehr!

    Sie interessieren sich für trends, Produkte und entwicklungen

    auf den nationalen und internationalen investment- und

    Vermietungsmärkten? Dann halten Sie das passende magazin

    in ihren händen – Raum & mehr bietet ihnen hintergründe,

    meinungen und Fakten aus der immobilienbranche.

    ab sofort stehen ihnen die artikel des zweisprachigen immobi-

    lienmagazins auch online auf einer eigenen Website zur Verfü-

    gung. Das Besondere daran: Die themen im digitalen magazin

    werden laufend ergänzt, und Sie haben Zugriff auf die wich-

    tigsten Beiträge der zurückliegenden ausgaben. Setzen Sie ein

    lesezeichen in ihrem Browser – es lohnt sich.

    www.raum-und-mehr.com

    Bestellmöglichkeiten und Download-angebote für Raum &

    mehr sowie aktuelle informationen über union investment

    finden Sie wie gewohnt auf unserer homepage.

    www.union-investment.de/realestate

    ich wünsche ihnen eine gute Zeit mit Raum & mehr –

    analog oder digital – und freue mich auf ihre meinungen und

    anregungen.

    Ihr Fabian Hellbusch

    Leiter Marketing, Kommunikation

    [email protected]

  • Raum & mehr 1|2016 Raum & mehr 1|2016

    inhalt zuR sache

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    erfahrene immobilieninvestoren wissen: märkte für Gewer-beimmobilien entwickeln sich zyklisch, auf jede auf-schwungphase folgt eine Periode des abschwungs. in aller Regel vollziehen sie sich parallel zur ökonomischen entwicklung im jeweiligen Wirtschaftsraum, ebenso wie diese selbstverständ-lich beeinflusst von der Weltkonjunktur. zweitens haben wir ge-lernt, dass die immobilienkonjunktur auf Veränderungen später reagiert als andere Wirtschaftszweige. erst wenn der aufschwung bei den nachfragern von Büro- und einzelhandelsflächen ange-kommen ist, profitieren immobilieneigentümer und Projektent-wickler. und drittens sagt die vorherrschende lehrmeinung, dass ein zyklus normalerweise zwischen sieben und acht Jahren dau-ert, wobei aufschwung- und Bodenbildungsphase mit jeweils vier Jahren gleich lang sind.

    Doch wie normal ticken eigentlich gegenwärtig die nationalen Ökonomien? und haben sich in zeiten der Globalisierung nicht längst auch die zyklischen schwankungen auf den nationalen immobilien-märkten einander angeglichen? zumal sich diese immer enger mit den weltweiten Kapitalmärkten verzahnen? haben wir es also viel-leicht in absehbarer zeit nur noch mit der einen, sich weltweit im Gleichschritt bewegenden immobilienkonjunktur zu tun?

    Eine These mit KonsequenzenWenn dem so wäre, hätte dies für global agierende investoren er-hebliche Konsequenzen – vor allem auf ihre Diversifizierungsstra-tegien. Denn diese basieren unter anderem auf der erfahrung, dass sich märkte unterschiedlich bewegen: Während der eine auf seinen höhepunkt zustrebt und sich dort gute Verkaufschancen ergeben, hat ein anderer gerade erst die talsohle überwunden und bietet entsprechend attraktive einstiegsmöglichkeiten.

    Vor allem die erfahrung der zurückliegenden Jahre hat der these von sich angleichenden zyklen auftrieb gegeben. Der ein-druck ist, dass die weltweiten immobilienmärkte nach der soge-nannten subprime-Krise in den usa und den maßgeblich durch sie verursachten Verwerfungen auf den Finanz- und Kapitalmärkten fast synchron in die Rezession rutschten. auf unserem eigenen Kontinent schwächte die 2010 beginnende euro-Krise die immo-bilienkonjunktur des vereinigten Währungsraums zusätzlich – und auch dort waren die Folgen zwar vor allem, aber längst nicht aus-schließlich auf wenige märkte, insbesondere in südeuropa, begrenzt. auch der seit etwa 2014 einsetzende aufschwung vollzieht sich parallel auf vielen märkten und ist, so die Wahrnehmung, nur von graduellen unterschieden geprägt. Die Gründe liegen auf der hand – und sie beschreiben gleichzeitig die Besonderheiten, die den aktu-

    ellen immobilienmarktzyklus prägen. treiber des aufschwungs sind zum einen die vielfältigen, mehr oder weniger effizienten hilfspro-gramme, mit denen die staaten der euro-zone, aber auch die usa und Großbritannien ihre Volkswirtschaften unterstützten. hinzu kommt – und das ist in anbetracht der historisch einmaligen Di-mension noch bedeutsamer – das sehr niedrige zinsniveau der vergangenen Jahre, verordnet von den mächtigen notenbanken der industrienationen. Wir alle wissen, wie sehr das nun schon seit Jahren anhaltende niedrigzinsumfeld die globalen Kapitalsammel-stellen unter Druck setzt und dass ein Gutteil des aktuellen Booms auf den immobilieninvestmentmärkten dem mangel an anlage-alternativen mit ähnlichem Rendite-Risiko-Profil geschuldet ist.

    Die antwort auf die Frage, ob sich der aktuelle zyklus von jenen der Vergangenheit unterscheidet, hängt daher in erster li-nie von der künftigen entwicklung der zinsen ab. und hier zeich-nen sich schon erste – wenn auch noch dezente – unterschiede zwischen den zinsniveaus in den usa, Großbritannien und der euro-zone ab. Daraus können sich unterschiedliche chancen er-geben. Wir stellen fest, dass die märkte von der Krise durchaus unterschiedlich getroffen wurden und sie sich derzeit in noch un-terschiedlichen stadien der markterholung befinden, auch wenn sich diese in den kommenden 18 monaten weiter annähern könn-ten. und selbst wenn das niedrigzinsumfeld anhält, wären zyk-lische schwankungen des Preisniveaus und damit der anfangs-rendite wahrscheinlich. sie strategisch geschickt zu nutzen, bleibt also weiterhin eine der entscheidenden aufgaben professioneller immobilieninvestoren.

    Frank Billand ist Mitglied der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate GmbH.

    Gleichung mit einer unbekanntenFrank Billand über die Besonderheiten des aktuellen immobilienzyklus und deren Folgen

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    Unter einem Dach Immobilien, die viele Nutzungen miteinander verbinden, gewinnen immer mehr Anhänger.

    Seite 4

    Unter BeobachtungWie lange hält der Immobilienboom an? Das fragen sich viele Experten. Ein Stimmungsbild aus der Branche.

    Seite 12

    Unser Mann in FernostEric Cheah baut das Immobilienportfolio von Union Investment in der Region AsienPazifik auf. Ein Porträt.

    Seite 30 Unter FreundenKreative Anbieter überraschen mit neuen Hotelideen. Den Gästen scheint das zu gefallen.

    Seite 36

  • Raum & mehr 1|2016Raum & mehr 1|2016

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    innerstädtisches Wohnen ist angesagter denn je, Büroarbeiter bevorzugen urbane lagen, und

    sogar die industrie will Produktionsstandorte ins städtische umfeld verlagern. Dafür ist ein

    immobilientypus gefragt, den man in internationalen metropolen schon häufiger antrifft: mixed-

    use-Gebäude. Sind sie auf dem Weg zur neuen asset-Klasse? Von miriam Beul-Ramacher

    24/7 statt nine-to-five

    The Shard in London ist mit seinen 310 Metern eines der weltweit höchs-ten Gebäude, das viele Nutzungen vereint: Auf 87 Etagen gibt es Büros, Restaurants, Geschäfte, ein Hotel und zehn Luxuswohnungen.

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  • Raum & mehr 1|2016

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    Raum & mehr 1|2016Raum & mehr 1|2016 766

    ein neuer immobilientypus schickt sich an, europas metropo-len zu erobern. er kommt in london vor, ebenso wie in Paris. in Stockholm hat man ihn gesehen und auch in Rotterdam. und selbst hierzulande machen „Flip-Flop-immobilien“ immer öfter von sich reden. es handelt sich dabei um Gebäude, in denen man woh-nen und arbeiten, einkaufen und trainieren, sich amüsieren oder bilden kann. Häuser, die so viele Nutzungen unter einem Dach vereinen wie sonst nur ein ganzer Straßenzug. Fahrstühle ersetzen den Bürgersteig, und so können Bewohner in Flip-Flops von der Wohnung ins Büro und abends in den Fitnessclub gelangen – in mixed-use-Gebäuden gibt es keine Pendelzeiten, liegen zwischen arbeit und Freizeit nur wenige Stockwerke. Das ist effizient, ressourcensparend und daher für viele cool, hip und angesagt. Denn was in klassischen mischquartieren eher dörflich in die Fläche wächst, findet in mixed-use-immobilien inte griert seinen Platz.

    einer der architektonisch spektakulärsten Vertreter dieser Gattung ist in Rotterdam zu bewundern. ein faszinierender, mehrfach prämier-ter Solitär, den sich die Rotterdamer architekturschmiede mVRDV als neuen Nukleus für eine frühere städtebauliche No-go-area ausgedacht hat. 2014 wurde der Bau von der niederländischen Königin maxima offiziell eröffnet. Die markthal ist mit 120 metern länge, 70 metern Breite und einer Höhe von 40 metern der erste überdachte lebens-mittelmarkt in den Niederlanden. typologisch handelt es sich bei dem Koloss um einen Hybriden aus Halle und Geschossbau. Die 4.000 Qua-

    dratmeter große Hallenfläche teilen sich 96 marktstände und acht Restaurants. in den beiden parallel zueinander stehenden Gebäude-riegeln sind 128 eigentums- und 102 mietwohnungen in Größen von 80 bis 300 Quadratmetern Fläche untergebracht. Die beiden unteren Geschosse dienen als Büroetagen.

    Jede Menge Synergien„Städte sind die Herzen unserer Gesellschaften, Kulturen und Ökono-mien, doch leider erfüllen viele unsere erwartungen nicht“, haben die mVRDV-architekten festgestellt. mit ihren eigenen arbeiten wollen sie eine hohe lebensqualität für Bewohner und Nutzer schaffen und zu-gleich einen mehrwert für die Städte kreieren. Was dem team um die Firmengründer Winy maas, Jacob van Rijs und Nathalie de Vries auch gelingt, wie die beachtliche Zahl der auszeichnungen belegt. Was aber vor allem zählt: auch bei den Nutzern kommt das Wunderwerk markt-hal mit seiner kunstvoll designten 3-D-Fassade bestens an. Sämtliche Flächen sind vermietet beziehungsweise verkauft, und schon in den ersten drei Wochen wurde eine million Besucher gezählt. Kein Wunder, denn auch beim oftmals schwierigen thema erreichbarkeit haben die Planer alles richtig gemacht: Wer nicht einen der 1.200 Pkw-Stellplät-ze in anspruch nehmen will, kann direkt mit der Straßenbahn, dem Bus, der u-Bahn oder der Fernbahn anreisen.

    „Die markthal in Rotterdam erfüllt alle Kriterien, die für ein mixed-use-Objekt gelten“, lobt thomas Beyerle, managing Director bei Catella

    Property Valuation, das niederländische Projekt. Jede Nutzung habe einen Flächenanteil von mindestens 10 Prozent und sei nicht aus-schließlich den Bewohnern zugänglich. außerdem gebe es öffentlich nutzbare Räume sowie jede menge Synergieeffekte zwischen den ein-zelnen Nutzungen. Charakteristisch für ein waschechtes mixed-use-Objekt seien außerdem die urbane Dichte in dem Gebäude sowie die exzellente Verkehrsanbindung. in einer Studie lieferte Beyerle anfang 2015 eine erste Übersicht – mit Definitionen und Beispielprojekten – zu diesem immobilientypus. Sein Fazit: Gemischt genutzte immobilien sind akteure einer neuen Stadtepoche, die Funktions-trennungen aus der industrialisierung aufheben. Damit stellen sie eine Rückbesinnung auf die urban gewachsene Stadt mit verschiedenen Funktionen in räumlicher Nähe dar.

    Da Baugrundstücke in den innenstädten grund-sätzlich mangelware sind, wird diese räumliche Nähe vielfach durch vertikale lösungen erreicht. auf einen der höchsten Vertreter dieser Gattung trifft man in london: den 2012 fertiggestellten mixed-use-turm the Shard. Der 310 meter hohe Wol-kenkratzer verfügt über 87 Stockwerke, 72 nutzbare etagen sowie 44 aufzüge. Die verschiedenen Nutzungen hat Stararchitekt Renzo Piano übereinander angeordnet: im Sockelgeschoss befinden sich Res-taurants und Geschäfte, in den etagen 4 bis 28 liegen die Büroräume des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Pricewaterhouse Coopers mit rund 55.000 Quadratmetern Fläche, in den etagen 31 bis 33 folgen Restaurants und ausstellungsflächen. Darüber wird es luxuriös: Die Hotelkette Shangri-la unterhält in den Stockwerken 34 bis 52 einen

    Fünf-Sterne-Betrieb mit 200 Zimmern und 18.000 Quadratmetern Flä-che, daran schließen 13 Stockwerke mit zehn luxuswohnungen an, für die Zeitungsberichten zufolge hohe zweistellige millionenbeträge ge-zahlt wurden. entstanden ist eine immobilienklasse für sich, die in london kein einzelfall mehr ist. So arbeitet architekt Piano auch schon am nächsten Wolkenkratzer mit verschiedenen Nutzungen unter einem Dach. Der kleine Bruder von the Shard soll am Bahnhof Paddington entstehen, „nur“ 224 meter hoch werden, 65 Stockwerke umfassen und Platz für 200 Wohnungen, Geschäfte, Büroräume, Restaurants und

    Cafés haben. „Wir glauben, dass der neue Wolken-kratzer ein Katalysator für eine positive Weiterentwick-lung des Paddington-Viertels sein kann, so wie es mit the Shard am Standort london Bridge funktioniert hat“, zeigt sich irvine Sellar, Vorstandsvorsitzender des inves-tors Sellar Property Group, überzeugt.

    ein ähnliches, wenngleich kleineres Projekt steht in Frankfurt am main in den Startlöchern. auf dem metz-

    ler-areal plant der New Yorker entwickler tishman Speyer einen ge-mischt genutzten turm mit 185 metern Höhe und rund 60.000 Qua-dratmetern Nutzfläche. Wohnungen, Büros, Gastronomiebetriebe, Geschäfte und öffentliche einrichtungen sollen an der Großen Gallus-straße 16–18 übereinander angeordnet werden. mit dem entwurf hat tishman Speyer die Kopenhagener architekten Bjarke ingels Group beauftragt. „Wir wollen einen neuen typ Hochhaus kreieren, ein Haus, das sich öffnet und nahbar ist“, erklärte Deutschland-Chef Florian Reiff bei der Präsentation der Pläne im Sommer 2015. Dabei lobte er den architektonischen und städtebaulichen ansatz des Projekts, das

    Das Centre d'Affaires Paris-Trocadéro im mondänen 16. Pariser Arrondissement verbindet hinter einer historischen Fassade Büros, Einzel handel und Wohnen. Es gehört zum Portfolio des Offenen Immobilien-Publikumsfonds UniImmo: Deutschland.

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    10%sollte der Flächenanteil pro

    Nutzungsart in einem mixed-use-

    Objekt mindestens betragen.

    Eines der architektonisch spektakulärsten Mixed-Use-Gebäude ist die Markthal in Rotterdam. 96 Marktstände und acht Restaurants teilen sich die Hallenfläche. In den beiden parallel zueinander stehenden Gebäuderiegeln sind Wohnungen und Büros untergebracht.

  • Raum & mehr 1|2016

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    auch in New York eine bekannte Größe sei. „Der entwurf bricht die übliche trennung von arbeiten, Wohnen und öffentlichem leben auf“, betonte Reiff.

    eine europäische Projektübersicht von Catella zeigt: Bei aktuellen mixed-use-entwicklungen handelt es sich keineswegs nur um Neu-bauten, sondern oftmals um Revitalisierungen. So soll etwa in Paris eines der größten innerstädtischen mischquartiere aus den 1970er-Jahren komplett „redesignt“, die vorhandenen Nutzungen neu ange-ordnet und ergänzt werden. es handelt sich um das Viertel ilôt Vandam-me des la-Défense-architekten Pierre Dufau. Den Zuschlag für diese anspruchsvolle aufgabe erhielten 2014 die markthal-architekten des Büros mVRDV. Die Neuinterpretation soll ebenfalls ein Shoppingcenter, ein Hotel, Büros sowie eine Bibliothek beherbergen. Neu hinzu kom-men Wohnungen, ein Konferenzcenter sowie ein Kindergarten. „Wir

    wollen das komplexe ensemble neu ordnen und den verloren gegan-genen menschlichen maßstab in das Viertel zurückbringen“, beschrei-ben die mVRDV-architekten ihren ansatz. Während beim Pariser Pro-jekt die schon vorhandene mischnutzung erhalten bleibt, zielt die mehrzahl der Redevelopments darauf ab, eine nicht mehr erfolgreiche monostruktur abzuschaffen und eine gemischt genutzte zu etablieren.

    Raus aus der NischePlaner und investoren wollen mit diesen maßnahmen nicht nur aus dem markt gefallene immobilien fit machen für einen neuen Wert-schöpfungszyklus. Häufig geht es auch darum, eine auffrischung für das jeweilige städtebauliche umfeld zu erreichen – weg mit den Nine-to-five-Objekten, hin zu Gebäuden mit 24-Stunden-Betrieb.

    als beispielhaft für eine ganze Reihe solcher Gebäudeumwand-lungen mag das Projekt Klara Zenit in Stockholm gelten. aus einem monolithischen Postgebäude aus den 1970er-Jahren hat der schwe-dische ableger des internationalen Büros equator european architects ein gemischt genutztes Objekt mit Büros, Geschäften und rund 100 mietwohnungen geformt. Das Besondere: auf der gigantischen Dachfläche sind im Zuge des umbaus ein halbes Dutzend frei stehen-der appartements entstanden. Für das als problematisch geltende Quartier eine art Startschuss in eine bessere epoche. Denn auch in al-len Neubauten im Viertel ist ein gewisser Wohnanteil seitdem Vorschrift.

    mixed-use-Objekte führen in europa – ob nun als Neubauten oder als Redevelopments – zwar immer noch ein Nischendasein. Doch das könnte sich ändern. „es ist davon auszugehen, dass es künftig mehr gemischt genutzte immobilien geben wird, vor allem in den Großstäd-ten“, ist sich Catella-mann thomas Beyerle sicher. Beyerle erwartet, dass sich die metropolen neu sortieren. Je citynaher, desto gemischter würden immobilien in den nächsten 10 bis 20 Jahren sein. Reinrassige Nutzungen fände man künftig wohl eher in der Peripherie. und zwar nicht nur, weil sich Nutzer und Stadtplaner die räumliche Nähe zwi-schen arbeit, Wohnen und Freizeit lautstark wünschen. Sondern auch aus ökonomischer und ökologischer Vernunft. „es ist unrentabel, im-mobilien zu besitzen, die weite teile des tages nicht genutzt werden“, sagt Peter Nageler, architekt und Partner des Wiener architekturbüros Nonconform.

    Doch ein ende der unternutzungen und leerstände scheint in Sicht. Denn nicht nur Wohnungsnutzer drängen in die Stadtzentren. auch teile der industrie. „Die zunehmende Digitalisierung führt dazu, dass Produktionsprozesse kleinteiliger und emissionsärmer werden. Produ-zierende unternehmen wollen und können damit wieder in die Stadt

    Auf dem Metzler-Areal in Frankfurt am Main plant der Entwickler Tishman Speyer einen gemischt genutzten, 185 Meter hohen Turm mit Wohnungen, Büros, Geschäf-ten, Restaurants und öffent-lichen Einrichtungen.

    „Internationale Anleger haben weniger Berührungsängste, weil sie

    Mixed-Use-Objekte aus ihren Heimatmärkten gut kennen.“

    Andreas Völker, Geschäftsführer BNP Paribas Real Estate Consult

    ▶Das Pariser Mischquartier Ilôt Vandamme entstand in den 1970er-Jahren und wird nun komplett neu gestaltet.

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    sehen haben“, erläutert Developer allner. und spricht damit einen neu-ralgischen Punkt an, mit dem sich seit Herbst 2015 auch der größte immobilienverband in Deutschland befasst.

    Nach auffassung des Zentralen immobilien ausschusses (Zia) ist es nicht möglich, lebendige Städte mit räumlicher Nähe von Wohnen, arbeiten, Handel und Kultur zu schaffen, solange die Baunutzungsver-ordnung (BauNVO), das Bundes-immissionsschutzgesetz (BimSchG) und die technische anleitung zum Schutz gegen lärm (ta lärm) nicht angepasst worden sind. „Die geltenden Regelwerke legen neuen städte-

    baulichen ideen immer Steine in den Weg“, sagt Zia-Präsident andreas mattner. Der Verband plädiert daher sogar für die einführung einer neuen Gebietskategorie namens urbanes mischgebiet, sofern durch diese „die mischung aus typisch großstädtischen Wohn- und arbeits-formen erleichtert wird“.

    Doch finden entwickler auch unter den geltenden Bestimmungen Wege, um lupenreine mixed-use-Objekte zu realisieren, die zudem eif-rig gekauft werden. allerdings vor allem von ausländern, wie andreas Völker aufgefallen ist. „internationale anleger haben weniger Berüh-rungsängste, weil sie mixed-use-Objekte als Gebäudetypus und asset-Klasse aus ihren Heimatmärkten bereits gut kennen“, sagt der Geschäftsführer von BNP Paribas Real estate Consult.

    Dass sich einheimische Käufer die neuen Sterne am immobilien-himmel einfach vor der Nase wegschnappen lassen, will annette Kröger, CeO der allianz Real estate, nicht auf sich sitzen lassen. „Wir verschlie-ßen uns dem trend nicht. Die neue Generation der mixed-use-immo-bilien repräsentiert jedoch eine neue Dimension, allein schon aufgrund ihrer Größenordnungen.“ ein investment könne sie sich grundsätzlich vorstellen. Doch aufgrund der Volumina und zur Vermeidung von Klumpenrisiken wünsche man sich einen Joint-Venture-Partner, der mit in die immobilie investiert und mit seiner expertise gleichzeitig in der lage sei, das management zu übernehmen. ein Weg, den vielleicht auch andere deutsche Großeinkäufer mit einem Faible für mixed-use gehen werden.

    In Berlin-Friedrichshain entsteht bis 2017 das Projekt Max und Moritz (Bildmitte) mit Wohnungen, Büros und Geschäften. Aus Brand- und Lärmschutzgründen wer-den die Nutzungen auf zwei Türme verteilt.

    „Der Managementaufwand für viele kleinere Nutzungseinheiten ist

    vergleichsweise hoch und daher teuer.“Cathrin Schwartz, Leiterin Asset Management

    Europa bei der Union Investment Real Estate GmbH

    zurück“, weiß elmar Schütz, leiter Projektentwicklung bei aurelis Real estate. Während der Quartiersentwickler dem trend zu mehr gemisch-ten Gebäuden gelassen entgegensieht, weisen asset-manager auf den erhöhten managementaufwand hin, der sich insbesondere bei Woh-nungen ergibt. „Grundsätzlich können wir alle asset-Klassen, auch mischnutzungen, verwalten“, sagt Cathrin Schwartz, leiterin asset management europa bei der union investment Real estate GmbH, die im Portfolio auch große mixed-use-Objekte wie das Centre d’affaires Paris-trocadéro mit Büro-, Handels-, Wohn- und Gastronomienutzung oder das emporio in Hamburg mit Büro-, Handels- und Hotelmietern hält. „Der managementaufwand für viele kleinere Nutzungseinheiten ist vergleichsweise hoch und daher teuer.“ aurelis-mann Schütz räumt ebenfalls ein: „Der Betreuungsaufwand und die Betriebskosten sind bei mixed-use- Objekten höher. Daher können Skaleneffekte nicht so leicht erzielt werden.“

    auch investoren blicken mit gemischten Gefühlen auf den neuen immobilientypus. Zwar gilt die Diversifikation auf Gebäudeebene durch die unterschiedlichen Nutzungen als reizvoll und vernünftig. „trotzdem bevorzugen insbesondere konservative anleger noch immer reinrassige Objekte“, berichtet Stephan allner, geschäftsführender Gesellschafter der Wohnkompanie in Berlin. eines der aktuellen Bauprojekte des zur Zech Group gehörenden unternehmens ist das gemischt genutzte en-semble max und moritz in Berlin-Friedrichshain. 463 Wohnungen, Bü-ros und Geschäfte sollen nördlich des Ostbahnhofs bis 2017 entstehen. Die Nutzungen werden aus Brand- und lärmschutzgründen nicht ge-mischt und erhalten auch keine gemeinsame erschließung, sondern werden auf zwei türme verteilt. als investmentprodukte bilden max und moritz trotzdem eine einheit. „Die Gewerbenutzungen haben wir bewusst vom Wohnen abgekoppelt, weil die einspruchsmöglichkeiten von Wohnungsnutzern groß sind und Gewerbemieter immer das Nach-Fot

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    ein Fakt, der bei so manchem marktbeobachter die alarmglocken schrillen lassen könnte. acht Jahre nach dem desaströsen absturz der globalen Immobilienmärkte infolge der weltweiten Finanzmarktkrise mag der Schock darüber zwar überwunden sein, die erinnerung aber ist keineswegs verblasst. und so stellt sich unwillkürlich die Frage: Ste-hen die märkte erneut vor einem zyklischen abschwung? und wenn ja, hätte die abwärtsbewegung ähnlich schmerzhafte Folgen für Immobilieninvestoren wie damals? „eine Prognose zur Zukunft der Immobilienmärkte war nach meiner Wahrnehmung noch nie so

    Was für ein Jahr: Fast 700 milliarden uS-Dollar investier-ten Immobilienanleger 2015 rund um den Globus in Bürogebäude und einzelhandelsflächen, in Hotels oder Logistikhallen. Gegenüber dem Vorjahr entspricht das zwar rein rech-nerisch einem leichten Rückgang von 3 Prozent. Doch das, sagt Hela Hinrichs, Leiterin des europa-Researchs beim internationalen Immobi-lienberater JLL in London, sei allein eine Folge des starken Dollars.

    Wäre die Rallye des Greenbacks gegenüber dem euro und ande-ren Währungen 2015 ausgeblieben, hätte am ende des Jahres statt eines minus ein Plus von mehr als 10 Prozent gestanden. Noch krasser wirkt sich der gestiegene Dollarkurs auf die Investmentbilanz in euro-pa aus. umgerechnet fiel das transaktionsvolumen mit 253 milliarden uS-Dollar 9 Prozent niedriger aus als 2014. In lokaler Währung aller-dings investierten anleger europaweit 8 Prozent mehr als 2014 in ge-werblich genutzte Immobilien. Besonders nachgefragt waren die gro-ßen kontinentaleuropäischen märkte, allen voran Deutschland und Skandinavien. Dort stiegen die transaktionsvolumina um sage und schreibe jeweils knapp 30 Prozent – ein herausragendes Wachstum, das eigentlich allen Grund zur reinen Freude böte.

    Das Dilemma der AnlegerDoch von euphorie keine Spur. „Die Stimmung unter den Investoren scheint zu Jahresbeginn 2016 zurückhaltender zu sein“, beschreibt David Green-morgan, Capital markets Research Director bei JLL Glo-bal, die Situation. auch wenn er nicht von Pessimismus sprechen will, so sei doch die allgemeine Gemütslage mindestens geprägt von Vor-sicht, nicht selten sei gar eine unverhohlene Sorge spürbar.

    Das hat gleich mehrere Gründe, wie Reinhard kutscher, Vorsitzen-der der Geschäftsführung der union Investment Real estate GmbH, erläutert. „es gibt auf den weltweiten Immobilienmärkten eine ganze Reihe von Herausforderungen – exogene wie endogene –, denen sich Investoren in naher Zukunft stellen müssen.“ Zu den äußeren Risiken zählt der Chef des Hamburger Immobilien-Investmentmanagers geo-politische krisen und das weiterhin sehr niedrige Zinsniveau auf den globalen kapitalmärkten. Das befeuert die Nachfrage nach Immobilien-investments und verschärft die marktimmanenten Gefahren: Die ohne-hin niedrigen Immobilienrenditen stehen weiterhin unter Druck, der seit Jahren anhaltende Wettbewerb um erstklassige Objekte wird sich intensivieren mit der Gefahr möglicher Überhitzungstendenzen.

    auch timothy Horrocks, Head of europe beim internationalen In-vestmenthaus tH Real estate, sieht das Dilemma: „2015 hat der euro-päische Immobilienmarkt einen Zufluss von kapital aus der ganzen Welt erlebt wie nie zuvor“, betont er und beschreibt gleich die kehr-seite: „Der markt für Core- und Core-Plus-Immobilien wird dadurch immer umkämpfter, und die Nachfrage übersteigt das angebot deut-lich.“ Was vor diesem Hintergrund viele Beobachter jedoch besonders nachdenklich stimmt, ist das, was Horrocks so auf den Punkt bringt: „Die transaktionsvolumina und die Preise haben die Werte des letzten markthöhepunkts im Jahr 2007 bereits wieder erreicht.“

    Für Immobilieninvestoren zählt Frankfurt am Main zu den ersten Adressen. Für Bürogebäude werden in Deutschlands Finanzmetropole bereits Spitzenpreise gezahlt. Auch der Mietmarkt ist im Zyklus weit fortgeschritten.

    Die spannendste Frage, die Immobilienexperten derzeit umtreibt, ist die nach dem ende des

    Immobilieninvestmentbooms. Die gute Nachricht: Noch ist es nicht so weit. Von anne Wiktorin

    märkte unter Beobachtung

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  • * direktes gewerbliches Transaktionsvolumen in den weltweit größten Märkten, 1. bis 3. Quartal 2015

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    Quelle: JLL, Dezember 2015

    US-Markt dominiert Geografische Verteilung des Transaktionsvolumens* auf den globalen Gewerbeimmobilienmärkten in Prozent

    * basierend auf 21 Märkten: Boston, Brüssel, Chicago, Frankfurt am Main, Hongkong, London, Los Angeles, Madrid, Mexiko-Stadt, New York City, Paris, Peking, San Francisco, Seoul, Schanghai, Singapur, Stockholm, Sydney, Tokio, Toronto, Washington D. C.

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    2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

    Quelle: JLL, Dezember 2015

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    Globale Renditen für Bürogebäude erreichen neuen Tiefpunkt Durchschnittliche Spitzenrenditen in Prozent*

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    geeignete Objekte, „bei Core-assets ist die Nachfrage deutlich höher als das angebot“. entsprechend werden wieder Höchstpreise gezahlt, nicht zuletzt von einheimischen Investoren. So erwarb im vergangenen Jahr die Immobilieninvestmentfirma des Inditex-Gründers amancio Ortega Gaona, eines der reichsten männer der Welt, das vielleicht be-kannteste Gebäude auf der Gran Vía in madrid: das einzelhandels- und Bürohaus mit der Hausnummer 32, das 1924 im Look der Pariser kauf-häuser eröffnet wurde. 400 millionen euro zahlte Pontegadea den kanadischen Voreigentümern Longshore und Drago Capital.

    aber auch die mietmärkte in Deutschland, in den nordischen Län-dern und in London bleiben stark, sagt JLL-Researcherin Hela Hinrichs. Vor allem ihr urteil über die Bürovermietungsmärkte in der britischen Hauptstadt dürfte so manchen Investor beruhigen. Zwar war 2015 für den Immobilienmarkt in Großbritannien erneut ein sehr erfolgreiches Jahr – zum dritten mal in Folge lagen die Zuwachsraten bei den kapital-werten im zweistelligen Bereich, berichtet Fondsmanager Guy Glover von BmO Real estate Partners in London, dem Immobilien-asset- manager der kanadischen BmO Financial Group. „Daraus aber ergibt sich automatisch die Frage, wie lange diese positive Stimmung noch anhalten wird“, fügt der London-kenner hinzu. Bei seiner antwort bleibt er optimistisch: „Obwohl es durchaus Risiken und potenziellen Gegenwind gibt, ist unser ausblick für 2016 positiv.“

    auch andreas Schultz, mitglied der Geschäftsführung von Warburg-HIH Invest Real estate, konstatiert: „Die Renditen auf dem Londoner Gewerbeimmobilienmarkt sind auf ein allzeittief gefallen.“ In jüngster Zeit sei nun eine Seitwärtsbewegung zu erkennen. „Daraus aber zu schließen, die talsohle bei den Renditen sei bereits erreicht, ist noch zu früh.“ Nach wie vor sei ein deutlicher Rendite-unterschied zwischen Core-Immobilien in guter bis sehr guter Lage und langfristig gesicher-tem Cashflow und anderen Objekten zu erkennen. BmO-Fondsmana-ger Glover erwartet, dass sich der Rückgang der Immobilienrenditen in London 2016 verlangsamen oder sogar zum Stillstand kommen könnte. „Deshalb dürften die Höhe und die Qualität der erträge stär-ker in den Fokus der Investoren rücken und – noch wichtiger – die

    Sogar große Deals gehen in Spanien wieder: Für 400 Millionen Euro fand das 1924 im Look der Pariser Kaufhäuser eröffnete Gebäude auf der Gran Vía in Madrid einen Käufer.

    „Noch ist von der Europäischen Zentralbank, anders als von der Fed, keine Zinserhöhung zu erwarten.“ Steffen Sebastian, Professor für Immobilien- finanzierung an der International Real Estate

    Business School Regensburg

    durch die sicherheitsorientierte Brille“, sagt er. Investoren sind sich daher bewusst, dass das Preisniveau auf den meisten internationalen märkten bereits sehr hoch ist – die Renditen also entsprechend nied-rig sind.

    Das gilt besonders für Büroinvestments. Die von JLL für 21 globa-le märkte berechnete durchschnittliche Spitzenrendite sank um fast 200 Basispunkte von knapp 7 Prozent im Jahr 2009 auf aktuell unter 5 Prozent. Fundamental sehen die wenigsten experten darin ein Pro-blem: anders als in den Vorkrisenjahren 2006 und 2007 liegen die Immobilienrenditen mit gut 300 Basispunkten deutlich oberhalb der Verzinsungen von vergleichbar sicheren Staatsanleihen. ein Risiko-abstand, den die meisten Beobachter für absolut ausreichend halten.

    Erträge rücken in den Vordergrund Zudem wüssten professionelle käufer, dass es beim aktuellen Preisni-veau auf den Businessplan ankomme, sagt Patrizia-manager Cieleback. Dieser müsse auf die individuelle Investmentstrategie und das jewei-lige Objekt fein abgestimmt sein. „entscheidend sind in der gegen-wärtigen marktphase nachhaltig langfristige erträge“, ist er überzeugt.

    auch in dieser Hinsicht sehen die Fundamentaldaten überwiegend freundlich aus. „Wir beobachten international stabile, teilweise sogar wieder dynamische mietmärkte“, sagt union Investment-manager Reinhard kutscher. Beispiel Büromärkte: „Wir sehen, dass die Nach-frage nach Flächen in einer Vielzahl von Branchen steigt und die Ver-mietungsaktivitäten weltweit wieder deutlich zugenommen haben“, erläutert JLL-Researcherin Hela Hinrichs. Noch schlage sich dies nicht in den Spitzenmieten nieder: Der anstieg auf 25 globalen märkten liegt 2015 bei moderaten 3 Prozent zum Vorjahr. „Im laufenden Jahr wird sich der anstieg aber auf 4 Prozent erhöhen“, prognostiziert die expertin. Denn die mietmärkte in Südeuropa erholten sich zusehends. „In madrid und Barcelona etwa sind die Preisanstiege im Spitzen-bereich durchaus berechtigt“, sagt Frank Billand, mitglied der Ge-schäftsführung der union Investment Real estate GmbH und zuständig für Investments in europa. Der Grund: es gebe vergleichsweise wenige Fot

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    schwierig wie heute“, sagt Jochen Schenk, Vorstand des münchner asset-managers Real I.S. Geopolitische krisenherde und die nach wie vor anfällige Weltwirtschaft mahnen auch ihn zur Vorsicht. So viel sei weltweit in Bewegung, dass sich die Richtung kaum abschätzen lasse. „aus unserer Sicht kann man sich daher nur auf Basistrends beziehen“, sagt der Immobilien-asset-manager.

    und die, so die überwiegende Wahrnehmung der experten, sehen überraschend positiv aus. „erstens ist die Situation heute eine andere als 2007, als Immobilien vom tisch weg gekauft wurden“, sagt an-dreas Wende, mitglied der Geschäftsführung beim Immobilienberater Savills und dort Leiter des Investmentbereichs Deutschland. „käufer

    prüfen ihre Investments sehr viel genauer, schon deshalb, weil das die finanzierenden Banken fordern.“ Daher werde durchweg deutlich mehr eigenkapital eingesetzt als vor der Finanzkrise, ergänzt andreas Quint, beim internationalen Immobiliendienstleister BNP Paribas Real estate unter anderem verantwortlich für die Finanzierungsberatung. „Wäh-rend wir damals regelmäßig Fremdkapitalquoten von mehr als 90 Pro-zent gesehen haben, sind wir heute bei 60, in einzelfällen vielleicht einmal bei 70 Prozent“, sagt Quint. „In den Jahren 2006 und 2007 – also vor der Finanzkrise – waren Investoren an hochspekulativen Deals interessiert“, bestätigt marcus Cieleback, Research-Chef des deutschen Immobilienunternehmens Patrizia. „Heute schauen anleger sehr stark

  • * Die globale Immobilienuhr zeigt, wo sich die Büromärkte innerhalb ihrer Mietpreis-Kreisläufe befinden. Der lokale Markt kann sich in der Uhr in verschiedene Richtungen und mit verschiedenen Geschwindigkeiten bewegen. Die Uhr ist eine Methode zum Vergleich der Positionen der Märkte in ihrem Kreislauf. Die Positionen sind nicht zwingend repräsentativ für den Investment- und

    Projektentwicklungsmarkt. Die Positionen der Märkte beziehen sich auf die Spitzenmieten. Es gibt Märkte, die keinem konventionellen Zyklus folgen und sich eher zwischen neun und zwölf Uhr bewegen. In diesem Fall repräsentiert neun Uhr einen Mietanstieg nach einer Periode der Mietstabilität.

    Mexiko-Stadt

    Frankfurt / M.

    Singapur, Houston

    Toronto

    Moskau

    SeoulSão Paulo

    Warschau

    Brüssel, Prag, Zürich, Washington D. C.

    Quelle: JLL, Dezember 2015

    Berlin, DallasSan Francisco

    StockholmLos Angeles

    Paris

    London, HongkongTokio

    New York City

    ChicagoAmsterdam, Sydney

    MadridMailand

    beschleunigter Mietpreis-rückgang

    verlangsamtes Mietpreis-

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    Aufschwung an den meisten BüromärktenPosition ausgewählter globaler Büromärkte im Mietpreiszyklus*

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    Raum & mehr 1|2016Raum & mehr 1|201616 1717

    möglichkeit, diese zu steigern.“ Größtes Risiko für den Londoner markt, auch da sind sich die Beobachter einig, wäre ein Brexit – ein austritt Großbritanniens aus der europäischen union. ein Votum der Wähler für den Verbleib in der eu ist zwar nach umfragen wahrscheinlich, aber nur mit knapper mehrheit. „Wir gehen davon aus, dass sowohl einhei-mische als auch Investoren aus Übersee vorsichtiger agieren und sich bei neuen Investitionen eher zurückhalten werden, je näher das Datum für die abstimmung rückt“, sagt deshalb Guy Glover und begründet dies mit den unabsehbaren auswirkungen für den Fall, dass die Wähler für einen austritt aus der eu stimmten. „auf den markt für gewerb-liche Immobilieninvestitionen dürfte sich eine solche entscheidung kurzfristig in jedem Fall auswirken, wobei der Büromarkt in Central London in besonderem maße betroffen wäre“, sagt er. Langfristig je-doch wären die Folgen möglicherweise weniger gravierend, da London weiterhin internationaler Standort für unternehmen und Institutionen in den Bereichen Finanzen, Recht und Wirtschaft bleiben werde.

    USA bietet große ChancenWeitgehend positiv beurteilen Investoren auch den uS-markt – der bereits 2015 den größten anteil des globalen Immobilienkapitals an-zog. „Dort sehen wir so gut wie keine dunklen Wolken am Himmel“, sagt marcus Cieleback. Die konjunkturellen Fundamentaldaten des Landes sind vielversprechend, was nicht zuletzt die im Dezember von der uS-amerikanischen Notenbank Federal Reserve (Fed) eingeleitete erhöhung der Leitzinsen widerspiegelt.

    auch union Investment sieht die uS-Immobilienmärkte im aufwind. Im Dezember 2015 erweiterten die Hamburger ihr Immobilienfonds-Portfolio in Seattle und erwarben dort zum Preis von 299 millionen uS-Dollar die Büroimmobilie amazon Phase VI für den Offenen Immo-bilien-Publikumsfonds uniImmo: europa. „als eine der am schnellsten wachsenden uS-Städte mit hoher attraktivität für junge, gut ausgebil-dete arbeitskräfte bietet Seattle Rahmenbedingungen, die für unsere verstärkten internationalen engagements mustergültig sind“, erläutert martin Brühl, Geschäftsführer der union Investment Real estate GmbH und verantwortlich für das internationale Investment management. und nicht nur auf den Büroimmobilien-, sondern auch auf den Hotel-immobilienmärkten des Landes suchen die Immobilienspezialisten von union Investment ihre Chancen.

    ebenfalls für den uniImmo: europa investierten sie zuletzt etwa 180 millionen uS-Dollar in the Godfrey Boston, ein Boutique-Hotel mit 242 Zimmern. Für Reinhard kutscher sind die erschließung neuer märk-te – etwa australien – und der einstieg in zyklisch wieder erstarkende märkte – wie die uSa – eine strategische entscheidung und eine der besten möglichkeiten, sich gegen eine mögliche Wende auf den ein-heimischen europäischen märkten abzusichern. Diese erwartet er je-doch frühestens für 2018. „Das aktu elle Jahr wird für Immobilienin-vestoren ein ähnlich chancenreiches Jahr wie 2015. Das marktumfeld verlangt jedoch besonderes augenmaß bei der markt- und Objektaus-wahl, ein diszipliniertes Investitions programm und ein vorausschauen-des Risikomanagement“, sagt kutscher.

    „Das Marktumfeld verlangt Disziplin und ein vorausschauendes

    Risikomanagement.“Reinhard Kutscher, Vorsitzender

    der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate GmbH

    Denn irgendwann, da sind sich alle experten einig, wird sie kom-men, die Wende auf den internationalen Immobilieninvestmentmärk-ten. Sobald die europäische Zentralbank die Leitzinsen erhöht und damit die anleiherenditen steigen, wird sich das Investoren interesse auf andere asset-klassen verlagern.

    Wolfgang kubatzki, Immo bilienmarktexperte bei dem Bad Hom-burger analysehaus Feri eurorating Services, glaubt allerdings noch nicht einmal, dass in den kommenden18 monaten das Zinsniveau auch nur leicht anziehen könnte. Steffen Sebastian, experte für Immobilien-finanzierung an der International Real estate Business School der uni-versität Regensburg, ist ebenfalls sicher: „anders als von der uS-ame-rikanischen Notenbank Fed ist von der europäischen Zentralbank vorerst keine Zinserhöhung zu erwarten.“ Was das heißt, liegt auf der Hand: Die anlagerenditen bleiben niedrig, die Immobilienpreise hoch. Dies aber, warnt der universitätsprofessor mit Blick auf das eigene Land, bedeute auch: „Für die deutschen Immobilien märkte werden sich die tendenzen zu Übertreibungen fortsetzen.“

    Ende 2015 erwarb Union Investment für den Offenen Immobilienfonds UniImmo: Europa die Büroimmobilie Amazon Phase VI in Seattle, einer der am schnellsten wachsenden Städte des Landes.

    The Godfrey Boston, ein BoutiqueHotel mit 242 Zimmern, gehört zum Portfolio des Offenen Immobilienfonds UniImmo: Europa.

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    Quelle: Cushman & Wakefield, September 2015* Flächen in zentralen Einkaufslagen

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    Durchschnittliche Spitzenrenditen für Einzelhandelsgebäude in Prozent*

    Verzinsung für ImmobilieninvestmentsDurchschnittliche Spitzenrenditen für Bürogebäude in Prozent

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    Wer einmal an einem lauen Frühlingsabend auf dem Rynek Glowny, dem prachtvollen marktplatz von krakau, ein Bier getrunken und das polnische Nationalgericht Bigos gegessen hat, wird die Schönheit der einstigen polnischen königsresidenz so schnell nicht wieder vergessen. und auch Breslau mit der Dominsel und Danzig mit der katharinenkirche gelten als touristenziele ersten Ranges. Doch in den polnischen Regionalstädten sind nicht nur kulturinteressierte touristen unterwegs, sondern auch immer mehr scharf rechnende Immobilieninvestoren. Denn krakau, Breslau und die sogenannte trojmiasto oder Dreistadt (Danzig, Gdingen, Zoppot), aber auch kattowitz, Posen und Lodz gewinnen als Immobilienstandorte an Bedeutung.

    Während der markt für Shoppingcenter in der Hauptstadt Warschau als hochattraktiv gilt, betrachten experten den dortigen Büromarkt kritischer. „Im Gegenzug fließt Investitionskapital in die Regionalstädte, wo höhere Renditen das Risiko der lokalen märkte kompensieren und wo die mieten stabiler sind“, konstatiert marcus Lemli, Head of Investment europe bei der Beratungsgesellschaft Savills.

    Diese im Vergleich zu anderen europäischen Ländern recht ungewöhnliche Verlagerung des Interesses auf BStädte hängt unter anderem mit der entwicklung auf dem Büromarkt der Hauptstadt zusammen. „Der Warschauer markt durchschreitet einen klassischen Schweinezyklus“, stellt karl Bier fest, CeO des in Polen sehr aktiven österreichischen Projektentwicklers uBm. „mit der Realisierung vieler neuer Projekte ist die Leerstandsquote stark gestiegen, was einen Druck auf die mietpreise nach sich zieht.“

    Starke Mietnachfrage in kleineren Städtentatsächlich stehen in der Hauptstadt rund 14 Prozent aller Büroflächen leer, während es in krakau nur etwa 4 Prozent sind. Weil nach angaben der Immobilienberater von Colliers in Warschau in den kommenden drei Jahren 660.000 Quadratmeter Bürofläche zusätzlich auf den markt kommen, wird sich der kampf um Büromieter verschärfen.

    umgekehrt verzeichnen Vermieter in BStädten eine starke Nachfrage. So mietete zum Beispiel Hewlett Packard im Bürogebäude Dominikanski in Breslau 17.000 Qua dratmeter Bürofläche. Insgesamt war das von Skanska entwickelte Objekt, das jetzt zum Immobilienportfolio von union Investment gehört, bereits vor Fertigstellung zu 85 Prozent vermietet. „Breslau und krakau zeichnen sich durch ein großes angebot an günstigen Büroflächen und gut ausgebildeten mitarbeitern aus“, nennt Philip La Pierre, Leiter Investment management europa bei der union Investment Real estate GmbH, zwei Gründe, warum diese universitätsstädte für mieter attraktiv sind – und zwar besonders für internationale Großkonzerne, die hier im Rahmen des Business Process Outsourcing sogenannte Shared Service Center ansiedeln. Laut jüngstem Report der Beratungsgesell

    schaft tholons steht Breslau auf Platz neun unter den weltweit besten 100 dieser für Backoffice tätigkeiten besonders gut geeigneten Standorte.

    Neben der stabilen Nutzernachfrage schätzen Investoren an BStädten den Renditevorteil. Für hochwertige Büroimmobilien in Regionalstädten konnten Investoren eine Rendite zwischen 6,5 und 7 Prozent erwarten, während es in Warschau höchstens 6 Prozent sind. Dabei sind „aus Sicht der Investoren krakau und Breslau die attraktivsten Standorte“, sagt Boleslaw kolodziejczyk, Bewertungs experte bei Cushman & Wakefield. aber auch Lodz zieht kapital an, wie das Beispiel des Green Horizon zeigt: Diesen 33.000 Quadratmeter großen Büroneubau hat die Investmentgesellschaft Griffin Real estate im Frühjahr 2015 von Skanska erworben.

    trotzdem ist das transaktionsvolumen in diesen Städten relativ gering. „Desinvestments gestalten sich deshalb außerhalb von krakau und Breslau noch sehr schwierig“, erklärt karl Bier von uBm. Dies gilt hauptsächlich für BLagen in Zweitstädten. auch aus diesem Grund beschränkt union Investment laut Philip La Pierre das engagement auf die besten Lagen und Immobilien am jeweiligen Standort.

    Ohnehin ist der polnische Investmentmarkt für ein Land mit gut 38 millionen einwohnern recht klein. Vorläufigen Zahlen zufolge wechselten im Jahr 2015 in ganz Polen gewerblich genutzte Immobilien für etwa 3 milliarden euro den eigentümer; im bevölkerungsmäßig gut doppelt so großen Deutschland waren es rund 55 milliarden euro. „es mangelt an guten Produkten, die zum Verkauf stehen“, erklärt marcin medrzecki, associate Director Investment

    „Es mangelt an guten Produkten,

    die zum Verkauf stehen.“Marcin Medrzecki,

    Associate Director Investment Services, Colliers

    Das 1876 errichtete und bis 1980 genutzte Gebäude der ehemaligen Brauerei Browar Huggerow in Posen ist seit 2003 ein Einkaufs-zentrum. Stary Browar (Alte Brauerei) beherbergt heute 100 Geschäfte, Büros und zahlreiche Restaurants.

    ein stabiles Wirtschaftswachstum, eine gut ausgebildete Bevölkerung und eine steigende

    Nutzernachfrage: Polen weckt das Interesse von immer mehr Investoren. Im Fokus stehen

    dabei Städte aus der zweiten Reihe. Von Christian Hunziker

    es muss nicht immer Warschau sein

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    Investitionsklima Der Immobilienmarkt wird für Investoren zu einer Gleichung mit immer mehr unbekannten. Doch erlegen sich die europäischen Immobilienprofis selbst in diesem fortgeschrittenen Immobilienmarktzyklus keine gesteigerte Zurückhaltung auf. Im Gegenteil: Rendite ist im Vergleich zum Vorjahr für noch mehr Investoren zum zentralen anlagemotiv geworden. treiber der weiter gestiegenen Risikobereitschaft sind der anhaltende Renditedruck und ein marktumfeld, in dem sich klopfgeräusche einer trendumkehr erst sehr verhalten vernehmen lassen. Dies ist das ergebnis der aktuellen, im halbjährlichen turnus durchgeführten ImmobilienInvestitionsklimastudie von union Investment, für die diesmal 171 professionelle Immobilienanleger in Deutschland, Frankreich und Großbritannien repräsentativ befragt wurden. Folgt man den einschätzungen der interviewten Investoren, dann zeichnet sich ein umschwung in keinem der drei europäischen Immobilienkernmärkte ab: 86 Prozent der Profianleger sind überzeugt, dass sich in den nächsten zwölf monaten die generelle Investitionsbereitschaft auf den gewerblichen Immobilienmärkten in ihrem jeweiligen Land noch weiter verbessern oder zumindest nicht abschwächen wird. „europa steht gut da. Das makroökonomische Gesamtbild ist weiterhin positiv. Das hohe Investitionsinteresse in europa auch aus Übersee trägt dazu bei, dass sich das klima für Immobilieninvestments in den maßgeblichen europäischen märkten trotz schwieriger werdender Rahmenbedingungen als vergleichsweise stabil erweist“, sagt Olaf Janßen, Leiter Immobilienresearch bei der union Investment Real estate GmbH. „Gleichzeitig zwingen die sinkende Verfügbarkeit und das Preisniveau von Prime assets den Immobilieninvestoren jedoch eine wachsende Risiko orientierung auf.“ So glauben 51 Prozent der Studienteilnehmer, dass sie in den kommenden drei Jahren ihre selbst gesteckten Renditeziele nicht erreichen werden. und selbst auf Fünfjahressicht fürchtet jeder zweite Befragte, die erhoffte Verzinsung seiner Investments zu verfehlen. mehr Risiken eingehen ist folglich für viele Immobilieninvestoren die Devise, um den drohenden weiteren Fall der Renditen abzufedern. 81 Prozent der britischen Investoren geben in der umfrage an, Immobilieninvestments hauptsächlich beziehungsweise nur nach Rendite gesichtspunkten zu beurteilen. Wie

    die union Investmentumfrage zeigt, werden auf der Suche nach renditestarken Investments auch Immobilienportfolios immer interessanter. So gibt die Hälfte aller Befragten an, sich aktiv mit dem ankauf von Immobilienportfolios zu beschäftigen. In Frankreich fällt das Interesse mit 74 Prozent besonders stark aus, gefolgt von den britischen Investmentprofis mit 67 Prozent. Besonders aufschlussreich ist dabei die erwartung von 80 Prozent der Befragten, dass 2016 vor allem risikobehaftetere Portfolios verstärkt gehandelt werden dürften. 74 Prozent der befragten Immobilienprofis sind überzeugt, dass Investoren aus asien und Nordamerika verstärkt in europa auftreten werden. Internationale Investoren könnten Paketdeals als möglichkeit zum raschen einstieg in den gesamteuropäischen markt nutzen: mit 70 Prozent erwartet die überwiegende mehrheit der befragten marktteilnehmer, dass mehr und mehr paneuropäische Portfolios auf den markt kommen werden. und immerhin 58 Prozent glauben, dass dabei Pakete mit Immobilien unterschiedlicher Nutzungsarten stärker gehandelt werden. „unter dem einfluss der derzeit niedrigen Finanzierungskosten

    und der ausgeprägten Fähigkeit, große kapitalmengen für eine einzige transaktion bereitzustellen, wird das Interesse an paneuropäischen Portfolios stark befeuert“, so Olaf Janßen. „Hinzu kommt, dass Investoren aus Übersee ihre allokation in europa erhöhen und das Zinsfenster sowie den schwachen euro nutzen wollen, um große Deals in diesem Jahr über die Ziellinie zu bringen.“ Die hierin liegenden Chancen zur Portfoliobereinigung beziehungsweise zur mitnahme von Verkaufsgewinnen wollen die europäischen Immobilieninvestoren in gesteigertem maß nutzen. Sowohl 70 Prozent der deutschen als auch der britischen Investoren kündigen an, in den nächsten zwölf monaten verstärkt als Verkäufer von Gebäuden in erscheinung zu treten. Seit der letzten umfrage im mai 2015 verzeichnet das klima für Immobilieninvestments nur noch in Deutschland einen leichten aufwärtstrend. Der unter deutschen Investoren erhobene nationale Index legte um 0,6 Punkte zu. Damit beurteilen die deutschen Investoren das klima für Immobilieninvestments in ihrem Land erstmals seit 2013 wieder besser als ihre Counterparts sowohl in Frankreich als auch in uk.

    In Lodz erwarb Griffin Real Estate im Frühjahr 2015 das Bürogebäude Green Horizon (links). Union Investment sicherte sich das 2014 auf 70.000 Quadratmeter Mietfläche erweiterte Shoppingcenter Riviera in Gdingen.

    Services bei der Beratungsgesellschaft Colliers in Polen, das geringe transaktionsvolumen.

    auf eine weitere Besonderheit des polnischen marktes macht marcus Lemli aufmerksam: In den ersten drei Quartalen des Jahres 2015 seien mehr als 80 Prozent der transaktionen mit ausländischem kapital realisiert worden. Besonders aktiv seien dabei deutsche Fondsgesellschaften, uSamerikanische Investmentgesellschaften sowie britische, französische und österreichische Investoren.

    Im Blick haben sie auch den einzelhandelsmarkt. So erwarb etwa das unternehmen Deutsche asset & Wealth management das in Posen gelegene einkaufszentrum Stary Browar, während sich union Investment das Riviera in Gdingen, ein 2014 erweitertes Shoppingcenter mit gut 70.000 Quadratmetern mietfläche, sicherte. Inte resse ziehen dabei durchaus auch kleinere Großstädte auf sich. „Wir achten aber immer darauf, dass ein Center eine überregionale ausstrahlung hat“, betont Henrike Waldburg, Leiterin Investment management Shoppingcenter bei der union Investment Real estate GmbH.

    ebenfalls aktiv ist union Investment auf dem Hotelmarkt. Zu den jüngsten akquisitionen zählt das Holiday Inn WarschauCity Center, ein Haus mit 254 Zimmern, das uBm Development 2018 fertigstellen wird. „Polen gewinnt bei touristen sowohl aus dem In als auch aus dem ausland immer mehr an Beliebtheit“, erklärt adam konieczny, Country Head Poland der Hotelberatungsgesellschaft Christie + Co. als besonders lohnende Ziele für Hotelinvestoren nennt konieczny die Städte krakau, Warschau und die Dreistadt DanzigZoppotGdingen. auch in Zukunft wird Polen für Nutzer, Projektentwickler und Investo

    ren attraktiv bleiben. „Die polnische Wirtschaft bleibt stark“, argumentiert ullrich müller, mitteleuropaexperte bei der Beratungsgesellschaft aengevelt. Ökonomen erwarten, dass 2016 und 2017 das Wirtschaftswachstum 3,5 beziehungsweise 3,4 Prozent betragen und damit erneut den euDurchschnitt übertreffen wird. Positiv zu Buche schlägt laut union Investmentmanager La Pierre zudem die transparenz des polnischen marktes.

    Politische TurbulenzenDaran dürfte wohl auch die Debatte um die Politik der im Herbst 2015 gewählten nationalkonservativen Regierung der Partei Prawo i Sprawiedliwosc (PiS – Recht und Gerechtigkeit) nicht viel ändern, obwohl das neue kabinett mit manchen seiner Beschlüsse im ausland auf unverständnis stößt. einen einfluss auf die Immobilienbranche könnte etwa die absicht haben, künftig einzelhandelsflächen von mehr als 250 Quadratmetern mit einer am umsatz bemessenen Zusatzsteuer zu belegen. unklar ist, ob Händler die Steuer über höhere Preise auf ihre kunden abwälzen können oder ob sie verlangen, dass sich ihre Vermieter an den kosten beteiligen.

    Dennoch bleibt Joanna mroczek, Head of Research bei CBRe in Polen, zuversichtlich. „Polen ist teil der europäischen union“, argumentiert sie. „unabhängig von der Veränderung der politischen ausrichtung ist so ein hoher Grad an Stabilität gewährleistet. und das ist, was aus wirtschaftlicher Sicht am meisten zählt.“ und auch michal Cwiklinski, managing Director bei Savills in Polen, ist überzeugt: „auch auf lange Sicht wird Polen ein wichtiger Investmentmarkt bleiben.“ •Fotos

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    „Der Warschauer Markt durchschreitet

    einen klassischen Schweinezyklus.“Karl Bier,

    Vorstandsvorsitzender UBM

    Gutes Klima für Portfoliodeals

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    2010 2011 2012 2013 2014 2015

    Erhebung im Frühjahr und im Herbst Quelle: Union Investment, Investitionsklimastudie, Februar 2016

    Leichter Aufwärtstrend nur in DeutschlandInvestitionsklimaindex* in Punkten

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    Anzahl Befragte = DE: 75, FR: 42, GB: 54, gesamt: 171 Basis: alle Befragten; Mittelwerte Quelle: Union Investment, Investitionsklimastudie, Februar 2016

    Großbritannien

    Frankreich

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    Deutschland

    Selbst gesteckte Renditeziele schwer zu erreichenAnteil der Immobilieninvestoren, die ihre erwarteten Immobilienrenditen auf Dreijahressicht verfehlen werden, Einschätzung in Prozent nach Herkunft der Befragten

  • 1) Büromieten in Midtown 2) Büromieten im CBD

    Quellen: Colliers; Corenet Global; CoStar Data base; Eurostat; Hong Kong Free Press, Alfred Ho;

    Institute of Future Cities (IOFC) at The Chinese University of Hong Kong (CUHK); Knight Frank;

    Savills; Taiwan Construction and Planning Agency Ministry of the Interior; Tokyo Metropolitan

    Government; UK-Government; Van Meel/Judy Voss (Haworth) Rech

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    monatliche Mietkostenpro Mitarbeiter in Euro(bezogen auf die Spitzen-mieten, Februar 2015)

    durchschnittlicheBürofläche in m2 pro Mitarbeiter(Daten aus den Jahren 2010 bis 2015)

    durchschnittlicheWohnfläche in m2

    pro Einwohner(Daten aus denJahren 2010 bis 2013)

    39,2 m222 m2

    23 m2 34 m2 10 m2 14,9 m2

    12,9 m2 15 m2

    13 m2 35 m227,6 m2 42,5 m2

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    10 m2 37 m2

    25,7 m2 45 m2

    Göteborg

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    Berlin

    Raum & mehr 1|2016 Raum & mehr 1|2016

    konzepte

    22 23

    Wären die Raumkosten bei der Wahl des unternehmensstandorts das einzige kriterium, dann wäre Berlin für internatio

    nale Firmen mit abstand die erste Wahl. Denn dort ist das Verhältnis zwischen der durchschnittlichen Größe des

    arbeitsplatzes und den monatlichen kosten mit 617 euro besonders günstig. In anderen europäischen Städten wie paris

    und London herrschen hingegen asiatische Verhältnisse: Für viel Geld gibt es nur wenig platz

    Wie viel Raum darf es sein?

  • Raum & mehr 1|2016

    konzepte

    Raum & mehr 1|2016Raum & mehr 1|2016 252424

    Wien hat sich ein Langzeitprogramm verordnet, das weitreichende auswirkungen auf die Stadtentwicklung haben wird. Schon heute präsentiert sich die siebtgrößte Stadt der europäischen union selbstbewusst als „Smart City“. ziel ist es, die beste Lebensqualität zu garantieren und Ressourcen durch um-fassende Innovationen zu schonen.

    Seit 2011 läuft der von Bürgermeister michael Häupl initiierte pro-zess, der in die Smart-City-Wien-Rahmenstrategie mündete und vom Wiener Gemeinderat am 25. Juni 2014 beschlossen wurde. mit der Dachstrategie bis zum Jahre 2050 „haben wir uns einer konsequenten und kontinuierlichen modernisierung der Stadt verschrieben, um energie verbrauch und emissionen zu senken, ohne dabei auf konsum oder mobilität verzichten zu müssen oder den sozialen zusammenhalt

    zu gefährden“, erklärt maria Vassilakou, Vizebürgermeisterin von Wien. „Das Wiener Smart-City-konzept hat einen erfreulich ganzheitlichen ansatz“, bestätigt karl Bier, Ceo beim österreichischen projektent-wickler uBm Development. „Das damit nicht nur wie sonst üblich rei-ne umweltziele definiert, sondern auch sämtliche Lebenswelten der Stadtbewohner umfasst werden, begrüße ich ausdrücklich.“ Die recht-liche umsetzung habe zwar „Soft-Law-Charakter“ und stellt damit zunächst eine weniger strenge Selbstbindung dar, aber die Rahmenstra-tegie werde mit der zeit in immer mehr Rechtsvorschriften ihren nie-derschlag finden. Wien hat sich weitreichende ziele gesetzt: Bis 2050 sollen die kohlenstoffdioxid-emissionen um 80 prozent sinken und 50 prozent der energie aus erneuerbaren Quellen kommen, bis 2030 soll sich der motorisierte Individualverkehr von derzeit 28 auf 15 pro-

    „Wir haben uns einer konsequenten und kontinuierlichen Modernisierung

    der Stadt verschrieben.“Maria Vassilakou,

    Vizebürgermeisterin und Stadträtin von Wien

    Geschickt, gewandt, gewitzt – typisch

    smart eben – will sich die österreichische

    Hauptstadt den Herausforderungen des 21.

    Jahrhunderts stellen. Von elke HildebrandtDer Wiener

    Weg zent reduzieren. Im Gebäudebestand soll der energieverbrauch pro kopf für Heizen, kühlen und Warmwasser jedes Jahr um 1 prozent fal-len. Der Grünflächenanteil im Stadtgebiet soll auf dem hohen niveau von 50 prozent erhalten bleiben. ausgebaut werden sollen die Infor-mations- und kommunikationstechnologien, die als zentrale treiber der Innovation gesehen werden. Bis 2020 will Wien die fortschrittlichste europäische Stadt in allen Belangen des open Government werden.

    Wie sollen die ehrgeizigen ziele umgesetzt und wie finanziert wer-den? und was sagen die Bürger zu einer smarten und damit auch di-gitalisierten Stadt? Die Herausforderungen sind enorm, und doch star-tet Wien aus der poleposition: zahlreiche Studien und Rankings attestieren Wien eine ausgezeichnete Stellung im globalen Wettbewerb. Der Stadtentwicklungsexperte Boyd Cohen veröffentlicht seit 2011 ei-nen Smart-City-Index. Im ersten Ranking lag Wien auf platz eins und damit vor toronto, paris und new York. 2012 erreichte Wien in einer differenzierteren auswertung den vierten platz in europa hinter kopen-hagen, Stockholm und amsterdam. zahlreiche auszeichnungen wie „Die Stadt mit höchster Lebensqualität“ (mercer-Studie 2015) unter-

    streichen Wiens führende Rolle. Das Wachstum Wiens um derzeit etwa 25.000 menschen jährlich und der angestrebte sinkende Ressourcen-verbrauch sind für Vassilakou aktuell die größten Herausforderungen.

    Die Stadträtin für Stadtentwicklung, Verkehr, klimaschutz, energie-planung und BürgerInnenbeteiligung muss Lösungen für den steigen-den Bedarf an energie, an günstigem wie zweckmäßigem Wohnraum und an umweltfreundlichen Verkehrskonzepten auf den Weg bringen. Wien organisiert hierfür die zusammenarbeit vieler Inte ressenträger aus Stadtverwaltung, Forschung, Wirtschaft und Bürgerschaft. ein Bei-spiel sind die „BürgerInnen-Solarkraftwerke“. „Wir haben durch die Finanzierung von Bürgern und deren Investitionsgeist in nur vier Jahren 16 Solar- und zwei Windkraftwerke geschaffen“, berichtet Vassilakou stolz. Bei diesem Beteiligungsmodell errichtet Wien energie, ein unter-nehmen der Wiener Stadtwerke, einzelne Fotovoltaikmodule für priva-te Investoren, die diese an Wien energie vermieten. Wiener, die kein eigenes Haus besitzen und in der Stadt zur miete wohnen – wie 80 pro-zent der Wiener Bevölkerung –, haben so die möglichkeit, am ausbau der erneuerbaren energien aktiv mitzuwirken.

    um die Lebensqualität der Stadt zu erhalten und zu steigern, arbeitet die Stadtverwaltung auch kontinuierlich daran, den öffentli-chen Raum attraktiver zu machen. Die Stadträtin nennt als Vorbild die neugestaltung der größten einkaufsstraße von Wien, der mariahilfer Straße, mit zusätzlichem platz zum Flanieren, neuen Brunnen, mehr Grün, weniger Lärm, besserer Luft. „Wer in der Stadt findet, was er braucht, der hat keine einkaufsfahrten in irgendwelche einkaufsparks an der peripherie nötig. Das spart Geld, emissionen und hält die Inves-titionen in der Stadt.“ Den größten erfolg verzeichnet Wien bisher bei der mobilität dank eines konsequenten ausbaus der öffentlichen Ver-kehrsmittel und günstiger ticketpreise.

    Viele Interessenträger arbeiten eng zusammenzu den herausragenden projekten zählt die Seestadt aspern im 22. Wie-ner Gemeindebezirk. Sie gehört zu den größten Stadtentwicklungsvor-haben europas. Das Gebiet umfasst 240 Hektar – mit einem fünf Hek-tar großen See als zentrum. In mehreren etappen wird hier über die nächsten 20 Jahre eine neue Stadt des 21. Jahrhunderts entstehen. Vorgesehen sind großzügige Flächen für Büros, produktions- und Dienst-leistungsunternehmen, Wissenschaft, Forschung und Bildung, weiterhin Geschäfte, Lokale und kleingewerbe sowie 10.500 hochwertige Wohn-einheiten. Bereits 2014 wurden die ersten Wohnungen bezogen. Die Seestadt ist ein ort, an dem intelligente Ideen, konzepte und techno-logien miteinander kombiniert und unter realen Bedingungen auspro-biert werden sollen. Wien wünscht sich daher auch von der Immobilienbranche Innovation und kreativität. „Die errichtung neuer Stadtteile unter den maß ga ben der Smart City – weniger energiever-brauch, intelligente mobilität, vernetztes arbeiten – braucht neue ▶Fot

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    Wien besteht zur Hälfte aus Grünflächen. Ein Spitzen-wert, den die Donaumetro-pole trotz Bevölkerungs-wachstum beibehalten will. An der Alten Donau befin-det sich beispielsweise eine 23.000 Quadratmeter große öffentliche Liegewiese.

  • Raum & mehr 1|2016 Raum & mehr 1|2016

    naCHRICHtenkonzepte

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    Lösungen“, fordert Vassilakou und ergänzt: „Gleich-zeitig erwarten wir, dass Wohnen bezahlbar bleibt.“ Immobilienexperten sind da keineswegs abgeneigt.

    auch für karl Bier von uBm hat das thema Smart City höchste priorität: „nicht aus politischer korrekt-heit, sondern aus wirtschaftlicher Überzeugung. Die primärziele decken sich mit unseren entwicklungs-linien. man ist als Immobilienentwickler gut beraten, die Grundsätze schon jetzt in die projekte einfließen zu lassen.“ Reinhard Schertler, Vorstand bei der S+B Gruppe, bestätigt: „als Immobilienprojektentwickler haben wir die Chance, bei jedem projekt die umgebung langfristig zu prägen. Das schafft eine persönliche Verantwortlichkeit für unser tun und macht themen wie Ressourcenverbrauch und Lebensqualität zu gleichbedeutenden Größen wie rein ökonomische Faktoren.“ Schertler nennt ein Beispiel: „Beim projekt Greenworx in Wien ist es uns gelun-gen, den altbestand so clever mit einer hochökologischen neubebau-ung zu kombinieren, dass mit reduziertem Ressourcenverbrauch ein geniales projekt umgesetzt werden konnte.“ Greenworx ist Österreichs erstes LeeD-platin-zertifiziertes Bürohaus und gehört seit 2013 zum portfolio des offenen Immobilienfonds uniImmo: Deutschland von union Investment. Felix zekely vom Immobiliendienstleister CBRe nennt auch Risiken der Smart-City-Strategie wie ein hohes Steuerniveau und ein hohes maß an Regulierung. Dennoch ist der Leiter der Bürovermie-tung Wien überzeugt: „Die Chancen überwiegen deutlich.“ Vor- und nachteile muss auch jeder einzelne Wiener abwägen. Vassilakou weiß von konflikten, vor allem wenn Veränderungen den Lebensbereich der Bürger beeinflussen, wie flächendeckende kurzpark zonen und gebührenpflichtiges parken. aber die Wiener honorierten auch, was sie

    dafür bekommen: „bezahlbare Wohnungen mit höchstem Standard und eines der besten öffent-lichen Verkehrsnetze“. Dass die Stadt noch Über-zeugungsarbeit leisten muss, zeigte in Wien eine konferenz mit dem titel „Digitale Wolken und urbane Räume – Stadt als Informationssystem“. kritisch wurde hinterfragt, wie urbanität zuneh-mend von digitalen technologien geformt wird. Der uS-amerikaner adam Greenfield, Verfasser einer Streitschrift gegen die Smart City, warnt: „Die Smart City ist eine technokratische Vision,

    in der die Bewohner überwacht werden.“ Walter Hammertinger, Geschäftsführer von IC projektentwicklung,

    fordert daher: „Die tatsächlichen Bedürfnisse der nutzer müssen im mittelpunkt stehen.“ Der für das Wiener Stadtentwicklungsgebiet Vier-tel zwei verantwortliche Immobilienentwickler nennt ein Beispiel: „Ich sehe besonders große Chancen in einem intelligenten Stellplatz-management zur besseren auslastung von Garagen. moderne tech-nologien können uns dabei unterstützen, nutzungen zu optimieren.“ auch Immobilienexperte zekely bleibt gelassen: „unser Gefühl ist zur-zeit, dass sich die Smart City Wien auf dem richtigen Weg befindet.“

    und kurt Rossmüller, mitglied des Vorstandes der Immo kapital-anlage aG, der österreichischen Immobilienfonds-tochtergesellschaft der union Investment Gruppe, denkt bereits über die Wiener Stadt-grenzen hinaus: „Ich würde mir wünschen, dass das Wiener programm den gesamten Ballungsraum der Stadt umfasst.“ nur so könne im Sin-ne der Gesamtbevölkerung das zukunftsgerichtete konzept der Smart City in allen seinen teilaspekten koordiniert und auch tatsächlich rea-lisiert werden. •Fotos

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    Urbanes Wohnen: Studio Zwei wird Österreichs erstes Vertical Green Building (oben) mit 91 Wohnungen; auch die Seestadt Aspern testet neue ökologische Wohnkonzepte (rechts).

    Hotelinvestment Die union Investment Real estate GmbH blickt bei ihren Hotelinvestments auf ein Rekordjahr zurück. mit sechs objektakquisitionen und einem objektverkauf im Gesamtvolumen von rund 500 millionen euro gehören die Hamburger Immobilieninvest-mentmanager in der asset-klas-se Hotel 2015 zu den topakteu-ren in europa. Das Spektrum der neuankäufe für die publikums-

    und Spezialfonds reicht vom Holiday Inn in Warschau über das konferenzhotel andel’s in Berlin bis zum Godfrey Hotel in Boston. Das Hotelportfolio von union Investment ist mit den neuakquisitionen auf ein Volumen von insgesamt 2,6 milliarden euro angewach-sen. zum portfolio gehören mehr als 25 globale Hotelmarken – vom Budget- bis zum Vier- Sterne-Hotel.

    Jahresbilanz Das institutionelle anlagevolumen im Immobilien-bereich ist bei union Investment im Jahr 2015 so stark gewach-sen wie nie zuvor. Die assets under management stiegen im Jahresverlauf um rund 380 millionen euro auf über 4,9 milliarden euro zum 30. november 2015 – trotz eines Verkaufsvolumens von 310 millionen euro. erfreulich verlief auch die entwicklung der Service-kVG-mandate und Bündelungsvehikel. Hier konnten mittelzuflüsse und kapitalzusa-gen in Höhe von rund 750 milli-onen euro eingeworben werden.

    Insgesamt umfasst das institutionelle anlagevolumen von union Investment rund 7,4 milliarden euro. positiv auch die Bilanz auf der transaktions-seite. Im zeitraum von Januar bis november 2015 erwarb union Investment für ihre institutionel-len publikums- und Spezialfonds zwölf objekte. Im gleichen zeitraum wurden aus den institutionellen Immobilienfonds sieben objekte verkauft. auch 2016 stehen die zeichen auf Wachstum: Das angebot soll weiter diversifiziert und um zwei neue themenfondsprodukte erweitert werden.

    Spezialfonds Der auf europäische einzelhandelsimmobilien fokussierte offene Immobilien-Spezialfonds uII Shopping nr. 1 investierte erstmals in den niederlanden. erworben wurde das im Jahr 2004 fertiggestellte Center De klanderij in enschede mit 20.000 Quadratmetern Verkaufsfläche. 2014 wurde es als erstes Shoppingcenter mit dem BReeam-nL-zertifikat in der Stufe „Very Good“

    ausgezeichnet. Das Be-standsportfolio des rund 470 millionen euro großen uII Shopping nr. 1 umfasst damit sieben objekte in Belgien, Deutschland, Frankreich, den niederlanden und polen. mit diesem ankauf sei das produkt-konzept des Fonds ausinvestiert, sagt Christoph Schumacher, mitglied der Geschäftsführung der union Investment Institutional property GmbH.

    Für den Spezialfonds UII Hotel Nr. 1 sicherte sich Union Invest-ment das projektierte Hampton by Hilton in Berlin-Mitte.

    Neuer Rekord: sieben auf einen Streich

    Institutionelles Immobiliengeschäft ausgebaut

    Nachhaltiges Investment in den Niederlanden

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    RAUM & mehrDas Immobilienmagazin vonunion Investment

    Herausgeberunion Investment Real estate GmbHValentinskamp 70/empoRIo D-20355 Hamburg

    Verantwortlich für den InhaltFabian Hellbusch (Leiter marketing, kommunikation bei der union Investment Real estate GmbH).namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die meinung der autoren wieder.

    Chefredaktionelke Hildebrandt (für union Investment) anne Wiktorin (für C3 Creative Code and Content GmbH)

    Art-DirektionFrauke Backer/backerdesign.com

    Senior Managing Editor Benjamin Schnitzer

    Bildredaktion annegret Strauß Infografik markus kluger (fr), Lena teuber (fr) Lektorat Christiane Barth (fr)

    Litho medienpartner International GmbH

    Verlag C3 Creative Code and Content GmbHHeiligegeistkirchplatz 1 D-10178 Berlin

    Druck optimal media GmbHGlienholzweg 7D-17207 Röbel

    Raum & mehr erscheint halbjährlich im 21. Jahrgang in deutscher und englischer Sprache.

    aktuelle auflage: 24.000 exemplare

    ImpReSSum kontaktUnion Investment Real Estate GmbH Valentinskamp 70/EMPORIO, D-20355 Hamburg Telefon: +49 (40) 349 19-0, Fax: -4191E-Mail: [email protected]

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    papier und Druck dieses magazins sind nach FSC® zertifiziert. Die Druckerei optimal media garantiert eine umweltgerechte produktionskette.

    E-Mail an die Redaktion [email protected] www.union-investment.de/realestate

    Smart bedeutet so viel wie intelligent,

    clever, schlau, klug, elegant, geris-

    sen, pfiffig oder geschickt. Die Smart

    City ist eine Stadt, in der durch den

    einsatz innovativer technologien (vor

    allem Informations- und kommunika-

    tionstechnologien) intelligente

    Lösungen für ganz unterschiedliche

    Bereiche der Stadtentwicklung

    (Infrastruktur, Gebäude, mobilität,

    Dienstleistungen oder Sicherheit)

    erzielt werden.

  • Raum & mehr 1|2016 Raum & mehr 1|2016

    konzepte

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    Disrupt“ ist der Schlachtruf des Silicon Valley und steht für die erfindung vollkommen neuer Geschäftsmodelle. „tech Crunch Disrupt“ heißt denn auch die jährlich in San Francisco statt-findende Innovationskonferenz, die sich den umsturz hergebrachter Geschäftsmodelle auf die Fahnen geschrieben hat. Denn Disruption (wörtlich: unterbrechung, Bruch) geht über die Weiterentwicklung be-stehender Geschäftsmodelle weit hinaus. als paradebeispiel für einen solchen umsturz gilt der Übergang der musik-CD zu Internetmarkt-plätzen wie itunes, die musik per Streaming zum kunden bringen.

    Wie sich die Digitalisierung auf künftige erfindungen auswirkt, treibt auch die Immobilienbranche um. „Werden Innovationen nicht von der Immobilienwirtschaft selbst gesteuert, droht das Risiko, dass die potenziale neuer Geschäftsfelder durch Google und Co besetzt werden“, gibt michael müller zu bedenken, partner und Leiter Real

    estate bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte. Wie groß die Herausforderungen sind, zeigt ein Blick auf die Finanzbranche: nach angaben der Beratungsgesellschaft Catella hat sich die zahl der sogenannten Fintechs (Start-ups im Finanzsektor, die modernste und internetorientierte technologien initiieren) in Deutschland zuletzt in-nerhalb eines Jahres auf 250 versechsfacht. Viele dieser jungen unternehmen sind in der indirekten kapitalanlage und der Finanzie-rung tätig – und drängen damit in Bereiche, die auch professionelle akteure am Immobilienmarkt tangieren.

    Lernen von den Fintechstobias Just, Geschäftsführer und wissenschaftlicher Leiter der Irebs Immobilienakademie, sieht die auswirkungen dieser ansätze auf die professionelle Immobilienbranche allerdings noch beschränkt. mit einer

    „Digitalisierte Unternehmen sind profitabler und wachsen schneller.“

    Thomas Nern, HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und

    Kunst Holzminden

    Die Digitalisierung verändert

    die Wirtschaft grundlegend.

    Welche Chancen in der

    auswertung von großen

    Datenmengen liegen und wie

    sich Internet-Suchanfragen

    für den Geschäftserfolg

    nutzen lassen, wird auch an

    immobilienwirtschaftlichen

    Hochschulen erforscht. Von

    Christian Hunziker

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    ausnahme: Geschlossene Immobilienfonds, die Geld bei privaten kapitalanlegern einsammeln, böten den Crowdinvesting-plattformen eine große angriffsfläche. offene Fonds hingegen seien aufgrund ihrer Bankennähe und der Größe ihrer portfolios „im moment“ nicht gefährdet.

    Skeptisch, was die Relevanz der Finanz-Start-ups für die Immobilien-branche betrifft, ist auch Steffen Sebastian, professor für Immobilien-finanzierung an der universität Regensburg. Crowdfunding ist nach seinen Worten „entweder ineffizient oder Bauernfängerei“. Bei der gewerblichen Immobilienfinanzierung sieht Sebastian denn auch „wenig potenzial“ für Start-ups. Ganz anders stellt sich dies beim Vertrieb von Finanzprodukten im Internet dar: „Daran“, ist der Wissenschaftler über-zeugt, „kommen die Fondsinitiatoren nicht vorbei.“

    Die auswirkungen der Fintechs sind aber nicht der einzige aspekt der Digitalisierung, mit dem sich die führenden immobilienwirtschaft-lichen Hochschulen – oft in kooperation mehrerer Institute – ausein-andersetzen. „uns interessieren die möglichkeiten, die die entwicklung der Business Intelligence für die Immobilienwirtschaft bietet“, erläutert thomas nern, Studiengangleiter Immobilienwirtschaft/-management an der HaWk Hochschule für angewandte Wissenschaft und kunst in Holzminden. Der Begriff der Business Intelligence bezeichnet prozesse und Verfahren, die zur elektronischen Datenanalyse eingesetzt werden. „Digitalisierte unternehmen“, ist nern überzeugt, „sind profitabler und wachsen schneller. umgekehrt werden in zukunft unternehmen, die Business-Intelligence-potenziale im zusammenspiel mit Big-Data-Struk-turen nicht nutzen, Wettbewerbsnachteile haben.“

    Die Chancen von Big DataBig Data – das ist der Begriff, den die Immobilienexperten im zusam-menhang mit der Digitalisierung am häufigsten anführen. Dabei haben sie nicht nur die Daten im Blick, die die Immobilien selbst (etwa in Be-zug auf energieverbrauch und nutzerverhalten) liefern. noch größere Hoffnungen verbinden sie mit Daten, die es ermöglichen, immobilien-wirtschaftliche Vorhersagen zu treffen. Das, sagt nern, gelinge vor allem dann, „wenn öffentlich zugängliche Daten, unternehmensinterne Da-ten sowie Daten aus dem Social-media-umfeld miteinander kombiniert werden. Das ermöglicht es, sehr frühzeitig zu erkennen, wie sich zum Beispiel einstellungen von nutzern zu Lagen entwickeln.“

    Doktoranden von tobias Just untersuchen deshalb beispielsweise, welche erkenntnisse sich aus Google trends ableiten lassen. Dieses analysetool verzeichnet, wie sich die zahl von anfragen nach bestimm-ten Stichwörtern im zeitverlauf entwickelt. Die Überlegung: Häufen sich anfragen nach Wohnungen oder Büros zum Beispiel in Berlin-neukölln, so könnte dies ein Indikator für künftig steigende Immobilien-preise sein. mit einer ähnlichen arbeitshypothese analysiert die Irebs

    Immobilienakademie Daten des zimmervermittlers airbnb. eine stei-gende nachfrage nach bestimmten Gegenden wird dabei als Indikator für eine zunehmende immobilienwirtschaftliche Bedeutung dieser Ge-genden gewertet.

    Die grundlegende Bedeutung dieser ansätze unterstreicht Wilhelm Bauer, Institutsleiter des Fraunhofer Iao (Fraunhofer-Institut für arbeits-wirtschaft und organisation). „Das Internet und die immer stärkere Vernetzung und nutzung von Daten sind die Basis für neue Geschäfts-modelle, die teilweise revolutionär andere prinzipien aufweisen“, betont Bauer. Sein Institut untersucht beispielsweise, wie sich in der künftigen digitalen Stadt menschen, maschinen, Immobilien und umwelt vernet-zen. ein anderes themenfeld ist laut Fraunhofer Iao die „digitalisierte arbeitswelt, in der sich kundenwünsche, der Stand der technik und die ansprüche an die unternehmen immer schneller ändern“. Gemeinsam mit dem Branchenverband Bitkom entwickelt das Institut deshalb ein Benchmarking-tool, das unternehmen bei der Weiterentwicklung der kompetenzen ihrer mitarbeiter unterstützen soll.

    „alles basiert auf Daten“, sagt kai zimprich, der beim Immobilien-dienst leister JLL die neu geschaffene position des Head of Digital Services Germany besetzt. entscheidend für den erfolg von Immo bilienunternehmen sei es deshalb, so viele Daten wie möglich zu erheben, auszuwerten und in Geschäftsmodelle umzusetzen. Die Chancen der Digitalisierung will zimprich dabei nicht nur bei der Vermittlung von mietobjekten nutzen, sondern auch auf dem Investmentmarkt; so plant JLL eine internetba-sierte transaktionsplattform zur einfachen kontaktaufnahme zwischen Verkäufer und käufer für kleinere Gewerbe immobilien.

    Welche Vorteile die Digitalisierung bei transaktionen bringt, zeigt das Beispiel des aqua-portfolios, das union Investment 2015 an den französischen asset-manager amundi Immobilier verkauft hat. „Durch den einsatz innovativer digitaler technologien konnten wir die trans-aktion sicher, effizient und profitabel umsetzen“, sagt philip La pierre, Leiter Investment management europa bei der union Investment Real estate GmbH.

    Dabei setzte die Fondsgesellschaft auf die technologie des Berliner unternehmens Leverton. Dieses hat eine Software entwickelt, die es erlaubt, eine Vielzahl an gewerblichen mietverträgen in unterschiedli-chen Sprachen nach bestimmten Stichwörtern zu analysieren. „Dadurch erhalten potenzielle käufer im virtuellen Datenraum einen schnelleren zugang zu allen für sie relevanten Daten“, schildert Leverton-Ceo emi-lio matthaei den zentralen Vorteil. Das ergebnis: obwohl das aqua-portfolio 17 Bürogebäude mit 278.000 Quadratmetern mietfläche und etwa 145 mietern in sechs Ländern umfasste, konnte der komplexe Verkaufsprozess innerhalb von nur fünf monaten umgesetzt werden. Das mag man nicht Disruption nennen – für das transaktionsgeschäft aber war die Lösung ein echter Quantensprung.

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