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Vahlen UNTERNEHMENS- FÜHRUNG Ralf Dillerup Roman Stoi Strategien – Werkzeuge – Praxis 5. Auflage MANAGEMENT & LEADERSHIP

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Vahlen

UNTERNEHMENS-FÜHRUNG

Ralf DillerupRoman Stoi

Strategien – Werkzeuge – Praxis

5. Auflage

MANAGEMENT & LEADERSHIP

Zum Inhalt

Dieses Lehrbuch stellt das gesamte Spektrum der modernen Unternehmens-führung in verständlicher und praxisorientierter Form dar. Mit zahlreichen Abbildungen, Merksätzen und Anwendungsbeispielen sowie Leitfragen und Management Summaries wird es höchsten didaktischen Ansprüchen gerecht. UNTERNEHMENSFÜHRUNG ist ein Standardwerk für alle Studierenden betriebswirtschaftlicher Bachelor- und Master-Studiengänge. Für Praktiker ist es aufgrund seines umsetzbaren Wissens eine wertvolle Ressource zur Unter-stützung sämtlicher Führungsaufgaben. Aus dem Inhalt: Grundlagen der Unternehmensführung | Normative Unternehmensführung Strategische Unternehmensführung | Planung und Kontrolle | Organisation Personal | Informationsmanagement | Ausrichtungen der Unternehmensfüh-rung Zu den Autoren: Prof. Dr. Ralf Dillerup lehrt Unternehmensführung und Controlling an der Hochschule Heilbronn.

Prof. Dr. Roman Stoi lehrt Unternehmensführung und Controlling an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Stuttgart.

Unternehmensführung

Management & Leadership

Strategien – Werkzeuge – Praxis

von

Prof. Dr. Ralf Dillerup

und

Prof. Dr. Roman Stoi

5., komplett überarbeitete und erweiterte Auflage

Verlag Franz Vahlen München

V

VorwortUnternehmen prägen in vielerlei Hinsicht unser Leben und unsere Gesellschaft. Fragen der Unternehmensführung betreffen alle Bereiche und Aufgabenfelder eines Unterneh­mens. Sie sind für jeden relevant, der in irgendeiner Form mit Unternehmen in Berüh­rung kommt, sei es als Gründer, Eigentümer, Aktionär, Manager, Mitarbeiter, Kunde, Lieferant, Geschäftspartner, Gewerkschafter, Politiker oder Studierender.

Aufgrund der erfreulichen Resonanz erscheint hiermit bereits die fünfte Auflage unseres Lehrbuchs. Bei der grundlegenden Überarbeitung und Aktualisierung lag unser Augenmerk wieder auf der Verständlichkeit und Praxisorientierung. Hier­für wurden eine Reihe neuer Firmenbeispiele erstellt, um derzeitige Trends aus der Praxis zu berücksichtigen. Zudem haben wir aktuelle Themengebiete neu aufge­nommen oder vertieft, wie etwa Internet der Dinge, Industrie 4.0, Cloud Computing, Big Data, Better Budgeting oder Integrated Reporting. Das Kapitel zum Informa­tionsmanagement wurde grundlegend überarbeitet, und ein zusätzliches Kapitel zur innovationsorientierten Unternehmensführung vervollständigt das breite Spektrum des Buches.

Wir stellen die Unternehmensführung in seiner Gesamtheit als integriertes System dar. Hierfür werden im ersten Kapitel zunächst die Ebenen und Funktionen erläu­tert,  die  in den folgenden Kapiteln ausführlich erklärt werden. Abschließend be­schäftigt sich das achte Kapitel mit speziellen Ausrichtungen. Ziel des Buches ist es, dem Leser die Aspekte und Konzepte der Unternehmensführung möglichst ver­ständlich nahezu bringen. Die vielfältigen und meist zusammen mit erfahrenen Prakti­kern  erstellten  Anwendungsbeispiele bilden dabei eine Brücke zwischen Theorie und Praxis.

Zum besseren Verständnis ist der Aufbau jedes Kapitels wie folgt strukturiert:�� Leitfragen zeigen die inhaltlichen Schwerpunkte und wesentlichen Themenstellun­

gen des Kapitels. Diese Leitfragen werden im Text beantwortet.�� Merksätze definieren grundlegende Begriffe der Unternehmensführung. Dies sorgt

für Klarheit und ein einheitliches Begriffsverständnis.�� Fallbeispiele veranschaulichen die Inhalte anhand der Erfahrungen aus der Unter­

nehmenspraxis und tragen so zu einem besseren Verständnis bei.�� Management Summaries schließen jedes Kapitel mit einer kurzen Zusammenfassung

der grundlegenden Aussagen ab.�� Literaturhinweise enthalten Empfehlungen zur weiteren Vertiefung der Thematik.�� Fallstudienhinweise nennen die zum Wissenstransfer geeigneten Aufgabenstellun­

gen aus der zu diesem Lehrbuch erschienenen Fallstudiensammlung.

Eine ideale Ergänzung zu diesem Lehrbuch ist unser Sammelband „Fallstudien zur Unternehmensführung“. Er enthält eine Vielzahl an Fallstudien mit Musterlösungen zu aktuellen Fragestellungen der Unternehmensführung. Studierende können durch die Bearbeitung der Fallstudien ihr Wissen auf praktische Problemstellungen anwenden und sich dadurch gezielt auf ihre berufliche Tätigkeit vorbereiten. Der interessierte Praktiker erhält einen weitreichenden Einblick in neue Konzepte der Unternehmens­führung. Auf diese Weise kann der Leser sein Verständnis für die Anforderungen an eine moderne Unternehmensführung weiter vertiefen.

VorwortVI

Für Dozenten steht zu diesem Lehrbuch ein PowerPoint-Foliensatz zur Verfügung, der wesentliche Inhalte und alle Abbildungen enthält. Dieser kann nach Registrierung auf der Homepage des Verlags Vahlen unter www.vahlen.de abgerufen werden.

Für die gute Zusammenarbeit möchten wir uns bei Herrn Dennis Brunotte vom Lektorat des Verlags Vahlen herzlich bedanken. Ein besonderer Dank gilt unseren Ehefrauen Evelin Dolzer-Dillerup und Elvira Stoi für ihre Unterstützung und Geduld bei der Über­arbeitung des Buches.

Feedback und Anregungen sind herzlich willkommen. Sie erreichen uns per E­Mail unter [email protected] und [email protected].

Wir wünschen allen Lesern eine interessante und lehrreiche Lektüre!

Heilbronn und Stuttgart, im April 2016 Ralf Dillerup und Roman Stoi

VII

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V

Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX

1. Grundlagen der Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

1 .1 Grundbegriffe der Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

1 .2 Theorien der Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

1 .3 System der Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

2. Normative Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

2 .1 Grundlagen normativer Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

2 .2 Unternehmenswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

2 .3 Unternehmensziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

2 .4 Unternehmenskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

2 .5 Unternehmensverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

2 .6 Unternehmensmission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

3. Strategische Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165

3 .1 Grundlagen strategischer Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

3 .2 Wertorientierte Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

3 .3 Strategische Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234

3 .4 Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293

4. Planung und Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343

4 .1 Grundlagen der Planung und Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345

4 .2 Strategische Planung und Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381

4 .3 Operative Planung und Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418

5. Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459

5 .1 Grundlagen der Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461

5 .2 Strategie und Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483

5 .3 Projektmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545

5 .4 Prozessmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581

Inhaltsübersicht

InhaltsübersichtVIII

6. Personal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609

6 .1 Grundlagen der Personalfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611

6 .2 Aufgabenfelder des Personalmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 623

6 .3 Personalführung und Leadership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 664

6 .4 Führung des Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 706

7. Informationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 743

7 .1 Grundlagen des Informationsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 745

7 .2 Informationsversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 755

7 .3 Informationssysteme und -technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 787

8. Ausrichtungen der Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 807

8 .1 Qualitätsorientierte Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 809

8 .2 Wissensorientierte Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 849

8 .3 Immateriell orientierte Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 877

8 .4 Chancen- und risikoorientierte Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . 908

8 .5 Internationale Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 926

8 .6 Innovationsorientierte Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 964

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1011

Unternehmensverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1043

Bildnachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1047

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1055

Über die Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1079

IX

Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V

Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII

1. Grundlagen der Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

1.1 Grundbegriffe der Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 .1 .1 Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 .1 .2 Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 .1 .3 Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

1.2 Theorien der Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 .2 .1 Industrieökonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 .2 .2 Ressourcenorientierter Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 .2 .3 Neue Institutionenökonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

1 .2 .3 .1 Grundkonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 .2 .3 .2 Property-Rights-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 .2 .3 .3 Principal-Agent-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 .2 .3 .4 Transaktionskostentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

1 .2 .4 Systemtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 .2 .5 Evolutionstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

1.3 System der Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 .3 .1 Führungsebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 .3 .2 Führungsprozess und -funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

1 .3 .2 .1 Führungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 .3 .2 .2 Ziele und Funktionen der Unternehmensführung . . . . . . . . . . 481 .3 .2 .3 Führungsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

1 .3 .3 Integriertes Führungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

2. Normative Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

2.1 Grundlagen normativer Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

2.2 Unternehmenswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622 .2 .1 Philosophie, Moral und Ethik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632 .2 .2 Unternehmensphilosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 682 .2 .3 Werteorientierte Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 712 .2 .4 Nachhaltige Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

2 .2 .4 .1 Konzepte nachhaltiger Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . 812 .2 .4 .2 Nachhaltigkeitsprinzipien und -berichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 852 .2 .4 .3 Ökologieorientierte Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . 89

2.3 Unternehmensziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1022 .3 .1 Globale Umweltanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1042 .3 .2 Unternehmensvision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1112 .3 .3 Unternehmenspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1202 .3 .4 Ziele und Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

InhaltsverzeichnisX

2.4 Unternehmenskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1322 .4 .1 Ebenen und Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1332 .4 .2 Klassifikationen und Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

2.5 Unternehmensverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1392 .5 .1 Formen der Unternehmensverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1392 .5 .2 Corporate Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

2.6 Unternehmensmission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

3. Strategische Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165

3.1 Grundlagen strategischer Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1673 .1 .1 Entwicklung und Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1683 .1 .2 Grundbegriffe und Strategiearten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

3 .1 .2 .1 Strategiebegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1723 .1 .2 .2 Wettbewerbsvorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1783 .1 .2 .3 Erfolgspotenziale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1813 .1 .2 .4 Arten von Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186

3 .1 .3 Elemente und Zusammenhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

3.2 Wertorientierte Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1923 .2 .1 Von der Gewinn- zur Wertorientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1923 .2 .2 Strategien zur Wertsteigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1983 .2 .3 Wertorientierte Steuerungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

3 .2 .3 .1 Kapitalkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2053 .2 .3 .2 Economic Value Added (EVA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2133 .2 .3 .2 Cash Value Added (CVA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2183 .2 .3 .3 Discounted Cashflow Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2253 .2 .3 .4 Verfahrensübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229

3 .2 .4 Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231

3.3 Strategische Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2343 .3 .1 Elemente und Prozess strategischer Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2353 .3 .2 Umweltanalysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239

3 .3 .2 .1 Branchenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2403 .3 .2 .2 Marktanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2473 .3 .2 .3 Kundenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2533 .3 .2 .4 Produktanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2623 .3 .2 .5 Konkurrenzanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267

3 .3 .3 Unternehmensanalysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2743 .3 .3 .1 Geschäftsmodellanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2753 .3 .3 .2 Ressourcenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2823 .3 .3 .3 Kompetenzanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

3 .3 .4 SWOT-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288

3.4 Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2933 .4 .1 Grundlagen von Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2943 .4 .2 Marktorientierte Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298

3 .4 .2 .1 Wettbewerbsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2993 .4 .2 .2 Marktstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309

XIInhaltsverzeichnis

3 .4 .2 .3 Kundenstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3183 .4 .2 .4 Dynamische Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321

3 .4 .3 Ressourcenorientierte Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3273 .4 .3 .1 Geschäftsmodellstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3273 .4 .3 .2 Ressourcenstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3333 .4 .3 .3 Kompetenzstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335

3 .4 .4 Strategiealternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339

4. Planung und Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343

4.1 Grundlagen der Planung und Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3454 .1 .1 Zusammenhang von Planung und Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3454 .1 .2 Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3474 .1 .3 Grundbestandteile eines Plans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3484 .1 .4 Systematisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348

4 .1 .4 .1 Betriebliche Bereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3494 .1 .4 .2 Zeithorizonte und Ebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3504 .1 .4 .3 Dimensionen, Aufgaben und Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . 3524 .1 .4 .4 Häufigkeit, Planungsverbindlichkeit und -flexibilität . . . . . . . 3544 .1 .4 .5 Vergleichsgrößen, Zeitpunkte und Objekte der Kontrolle . . . 356

4 .1 .5 Planungs- und Kontrollsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3584 .1 .5 .1 Elemente und Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3594 .1 .5 .2 Pläne und Kontrollen sowie Planungs- und Kontrollaktivitä-

ten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3624 .1 .5 .3 Aufbauorganisation: Planungs- und Kontrollorgane . . . . . . . . 3624 .1 .5 .4 Ablauforganisation: Planungs- und Kontrollprozess . . . . . . . . 3644 .1 .5 .5 Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3724 .1 .5 .6 Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373

4 .1 .6 Grenzen und Nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377

4.2 Strategische Planung und Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3814 .2 .1 Strategische Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382

4 .2 .1 .1 Prozess der Strategieentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3824 .2 .1 .2 Strategieformulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387

4 .2 .2 Strategieumsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3964 .2 .3 Strategische Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413

4.3 Operative Planung und Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4184 .3 .1 Aktionsplanung und -kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4194 .3 .2 Budgetierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420

4 .3 .2 .1 Gegenstand und Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4204 .3 .2 .2 Budget . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4214 .3 .2 .3 Budgetierungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422

4 .3 .3 Probleme und Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4404 .3 .3 .1 Verhaltenswirkungen von Budgets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4414 .3 .3 .2 Better Budgeting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4464 .3 .3 .3 Empfehlungen für eine wirksame Budgetierung . . . . . . . . . . . 455

InhaltsverzeichnisXII

5. Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459

5.1 Grundlagen der Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4615 .1 .1 Organisationsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4615 .1 .2 Organisationsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4635 .1 .3 Gestaltungsparameter der Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465

5 .1 .3 .1 Spezialisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4655 .1 .3 .2 Kompetenzverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4675 .1 .3 .3 Zentralisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471

5 .1 .4 Formen der Aufbauorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4725 .1 .4 .1 Funktionale Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4725 .1 .4 .2 Divisionale Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4745 .1 .4 .3 Matrixorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4775 .1 .4 .4 Beurteilung der Aufbaustrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480

5.2 Strategie und Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4835 .2 .1 Zusammenhang von Strategie und Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4845 .2 .2 Holding- und Center-Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488

5 .2 .2 .1 Holding-Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4885 .2 .2 .2 Center-Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4895 .2 .2 .3 Shared Service Center . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492

5 .2 .3 Selbstorganisation und fraktale Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4975 .2 .4 Kooperationen, Allianzen und Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501

5 .2 .4 .1 Kooperationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5045 .2 .4 .2 Strategische Allianzen und Joint Ventures . . . . . . . . . . . . . . . . 5105 .2 .4 .3 Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5145 .2 .4 .4 Virtuelle Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521

5 .2 .5 Mergers & Acquisitions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5245 .2 .5 .1 M&A-Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5285 .2 .5 .2 M&A-Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533

5.3 Projektmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5455 .3 .1 Bausteine und Ziele des Projektmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5455 .3 .2 Projektorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5505 .3 .3 Projektführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5585 .3 .4 Projektplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5635 .3 .5 Projektcontrolling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5675 .3 .6 Multi-Projektmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5725 .3 .7 Erfolgsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575

5.4 Prozessmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5815 .4 .1 Kennzeichen und Merkmale von Prozessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5845 .4 .2 Geschäftsprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5875 .4 .3 Zielgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 591

5 .4 .3 .1 Prozessqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5925 .4 .3 .2 Prozesszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5935 .4 .3 .3 Prozesskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 595

5 .4 .4 Prozessgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5995 .4 .5 Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605

XIIIInhaltsverzeichnis

6. Personal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609

6.1 Grundlagen der Personalfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6116 .1 .1 Gegenstand und Ebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6116 .1 .2 Personalmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 612

6 .1 .2 .1 Normatives Personalmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6146 .1 .2 .2 Strategisches Personalmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6166 .1 .2 .3 Operatives Personalmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 617

6.2 Aufgabenfelder des Personalmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6236 .2 .1 Personalbedarfsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6246 .2 .2 Personalentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 627

6 .2 .2 .1 Ziele und Inhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6286 .2 .2 .2 Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 629

6 .2 .3 Personalbeschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6326 .2 .3 .1 Beschaffungswege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6336 .2 .3 .2 Personalmarketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 635

6 .2 .4 Personalfreisetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6396 .2 .5 Personaleinsatzplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6426 .2 .6 Personalbeurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6486 .2 .7 Personalvergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651

6 .2 .7 .1 Entgeltermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6516 .2 .7 .2 Anreizsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 654

6 .2 .8 Unterstützungsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6576 .2 .8 .1 Personalcontrolling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6576 .2 .8 .2 Personalverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 662

6.3 Personalführung und Leadership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6646 .3 .1 Personalführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 665

6 .3 .1 .1 Menschenbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6666 .3 .1 .2 Motivationstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6676 .3 .1 .3 Theorien und Modelle der Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6706 .3 .1 .4 Führungsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 678

6 .3 .2 Leadership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6806 .3 .2 .1 Management versus Leadership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6816 .3 .2 .2 Merkmale effektiver Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6836 .3 .2 .3 Strategien zur zielführenden Aktivierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 6856 .3 .2 .4 Adaptiv-dezentrale Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 689

6.4 Führung des Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7066 .4 .1 Ursachen und Formen des Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7076 .4 .2 Funktionsweise und Ablauf des Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 712

6 .4 .2 .1 Wandel im Wechselspiel der Kräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7126 .4 .2 .2 Phasen des Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7136 .4 .2 .3 Spannungsfeld des Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 716

6 .4 .3 Widerstände gegen den Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7176 .4 .3 .1 Personelle interne Widerstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7186 .4 .3 .2 Organisatorische interne Widerstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7246 .4 .3 .3 Externe Widerstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 725

6 .4 .4 Steuerung des Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7276 .4 .4 .1 Steuerbarkeit des Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 727

InhaltsverzeichnisXIV

6 .4 .4 .2 Implementierungsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7286 .4 .4 .3 Kommunikation des Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7306 .4 .4 .4 Förderung von Motivation und Fähigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . 7326 .4 .4 .5 Projektmanagement und -controlling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 734

6 .4 .5 Grundsätze erfolgreichen Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 739

7. Informationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 743

7.1 Grundlagen des Informationsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7457 .1 .1 Bedeutung von Information und Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . 7467 .1 .2 Aufgabenbereiche des Informationsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . 7487 .1 .3 Organisation des Informationsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7507 .1 .4 Strategische Bedeutung des Informationsmanagements . . . . . . . . . . . 751

7.2 Informationsversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7557 .2 .1 Informationsbedarfsermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7577 .2 .2 Informationsbeschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 759

7 .2 .2 .1 Prognosen und Früherkennungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7607 .2 .2 .2 Informationen aus dem Rechnungswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . 763

7 .2 .3 Informationsübermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7657 .2 .3 .1 Berichtswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7677 .2 .3 .2 Kennzahlen und Kennzahlensysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7687 .2 .3 .3 Performance Measurement und Performance Management . . 7717 .2 .3 .4 Informationsdesign . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 774

7 .2 .4 Informationsverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 781

7.3 Informationssysteme und -technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7877 .3 .1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 788

7 .3 .1 .1 Informationssysteme und -technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7887 .3 .1 .2 Datenmanagement und Prozessmodellierung . . . . . . . . . . . . . 790

7 .3 .2 Neue Entwicklungen und Potenziale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7937 .3 .2 .1 E-Business . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7937 .3 .2 .2 Cloud Computing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7957 .3 .2 .3 Internet der Dinge und Industrie 4 .0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7967 .3 .2 .4 Big Data . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 801

8. Ausrichtungen der Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 807

8.1 Qualitätsorientierte Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8098 .1 .1 Was bedeutet Qualität? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8098 .1 .2 Auf dem Weg zur qualitätsorientierten Unternehmensführung . . . . 812

8 .1 .2 .1 Total Quality Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8148 .1 .2 .2 Business Excellence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 816

8 .1 .3 Kosten und Nutzen der Qualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8198 .1 .3 .1 Qualitätscontrolling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8198 .1 .3 .2 Qualitätsbezogene Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8218 .1 .3 .3 Nutzen des Qualitätsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 826

8 .1 .4 Qualitätstechniken und -werkzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8298 .1 .4 .1 Fehlervermeidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8308 .1 .4 .2 Fehlererfassung und -analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8378 .1 .4 .3 Kontinuierliche Qualitätsverbesserung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 839

8 .1 .5 Erfolgsfaktor Qualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 847

XVInhaltsverzeichnis

8.2 Wissensorientierte Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8498 .2 .1 Wissen als strategische Ressource und Wettbewerbsvorteil . . . . . . . . 8498 .2 .2 Was ist Wissen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8528 .2 .3 Individuelles und organisationales Lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8538 .2 .4 Wissensmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 858

8 .2 .4 .1 Konzeptionen des Wissensmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . 8598 .2 .4 .2 Strategisches Wissensmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8618 .2 .4 .3 Operatives Wissensmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 863

8 .2 .5 Erfolgsfaktor Mensch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 874

8.3 Immateriell orientierte Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8778 .3 .1 Immaterielle Werte werden zu Erfolgsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8778 .3 .2 Begriff und Arten immaterieller Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8798 .3 .3 Besonderheiten immateriellen Vermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8828 .3 .4 Messung und Bewertung immaterieller Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 885

8 .3 .4 .1 Externe Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8858 .3 .4 .2 Verfahren zur internen Messung und Bewertung . . . . . . . . . . 891

8 .3 .5 Steuerung immaterieller Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8948 .3 .5 .1 Multiindikatorverfahren aus der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8948 .3 .5 .2 Messung und Steuerung immaterieller Erlöse . . . . . . . . . . . . . 8978 .3 .5 .3 Die Wissensbilanz als Führungsinstrument . . . . . . . . . . . . . . . 898

8 .3 .6 Immaterielle Ressourcen als Werttreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 901

8.4 Chancen- und risikoorientierte Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . 9088 .4 .1 Begriffe und Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9088 .4 .2 Prozess der chancen- und risikoorientierten Führung . . . . . . . . . . . . . 9108 .4 .3 Integrierte Führung von Chancen und Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 917

8.5 Internationale Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9268 .5 .1 Begriffe, Entwicklung und Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9268 .5 .2 Theorien der Internationalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 933

8 .5 .2 .1 Klassische Außenhandelstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9348 .5 .2 .2 Monopolistische Vorteilstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9368 .5 .2 .3 Standorttheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9378 .5 .2 .4 Internalisierungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9378 .5 .2 .3 Eklektisches Paradigma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9388 .5 .2 .4 Diamantansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 940

8 .5 .3 Internationale Marktwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9438 .5 .3 .1 Markteintritt und Zielmarktwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9438 .5 .3 .2 Länderrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9448 .5 .3 .3 Timing-Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 947

8 .5 .4 Internationalisierungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9498 .5 .4 .1 Export . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9508 .5 .4 .2 Kooperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9528 .5 .4 .3 Ausländische Direktinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 953

8 .5 .5 Internationalisierungsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9578 .5 .6 Internationale Unternehmensphilosophien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 960

8.6 Innovationsorientierte Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9648 .6 .1 Innovation und Technologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9648 .6 .2 Innovationsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 971

InhaltsverzeichnisXVI

8 .6 .2 .1 Ideenmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9728 .6 .2 .2 Entwicklungsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9748 .6 .2 .3 Diffusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 980

8 .6 .3 Innovationsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9868 .6 .3 .1 Technologiestrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9868 .6 .3 .2 Geschäftsmodellinnovation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9928 .6 .3 .3 Entrepreneurship . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 999

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1011

Unternehmensverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1043

Bildnachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1047

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1055

Über die Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1079

1. Grundlagen der Unternehmensführung

Info

rmatio

n

IInnffoo

rrmmaattiioo

nnnormativ

strategisch

operativ

OrganisationPlanung &Kontrolle

Personal

1.1 Grundbegriffe der Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.1.1 Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.1.2 Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91.1.3 Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

1.2 Theorien der Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131.2.1 Industrieökonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151.2.2 Ressourcenorientierter Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171.2.3 Neue Institutionenökonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201.2.4 Systemtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291.2.5 Evolutionstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

1.3 System der Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401.3.1 Führungsebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411.3.2 Führungsprozess und -funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451.3.3 Integriertes Führungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

31.1 Grundbegriffe der Unternehmensführung

1.1 Grundbegriffe der Unternehmensführung

Leitfragen

�� Was ist ein Unternehmen?�� Was ist Führung?�� Was ist Unternehmensführung?

1.1.1 Unternehmen

Für Unternehmen gibt es viele Definitionen, die sich durch unterschiedliche Betrach­tungsperspektiven unterscheiden. So kann es als System, rechtliches Gebilde oder Ansammlung von Ressourcen und Fähigkeiten angesehen werden (vgl. Kap. 1.2). Jeder dieser Ansätze betrifft einzelne Aspekte. Die Bestimmung des Begriffes Unternehmen beginnt deshalb mit der Entstehung von Unternehmen (vgl. Kieser/Walgenbach, 2010, S. 4 ff.):

�� Altertümliche Gesellschaften der Frühgeschichte entwickelten bereits Hierarchien. An deren Spitze standen z. B. Stammesälteste oder Heerführer. Diese Hierarchien waren meist durch verwandtschaftliche Strukturen geprägt. Bis ins frühe Mittel­alter waren Herrenhöfe dominierende Institutionen. Beispielsweise gehörten bei den Germanen unfreie Bauern und das Gesinde zum Besitz des Grundherren. Die Arbeiter des Herrenhofs konnten nur zusammen mit dem Land verkauft bzw. zu Lehen gegeben werden.

�� Mittelalterliche Zünfte betrieben gewerbliche Produktion und versorgten Dritte mit ihren handwerklichen Produkten und Dienstleistungen. Sie regelten neben der Leis­tungserstellung aber auch andere Lebensbereiche. Sie bildeten daher eine soziale Schicht, ohne die Möglichkeit eines freiwilligen Ausscheidens oder dem Wechsel in eine andere Zunft.

�� Gesellschaften der Fernhandelskaufleute waren die ersten Unternehmen Europas. Als Pionier gilt die 1380 gegründete Große Ravensburger Gesellschaft. Bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts gab es nur wenige solcher Organisationen, die sich meist auf den Handel beschränkten. Einzelne Kaufleute konnten solchen Gesellschaften beitreten und diese auch wieder verlassen. Sie konnten entscheiden, ob sie ihre Geschäfte über die Gesellschaft abwickeln. Einige brachten neben Kapital ihre Arbeitskraft ein, wäh­rend andere eher stille Gesellschafter waren.

�� Verlage und Manufakturen waren die ersten Unternehmen der gewerblichen Her­stellung von Produkten für den Fremdbedarf. Ihre Ausbreitung begann im 18. Jahr­hundert.

Mit der Entstehung von Arbeits­ und Kapitalmarkt entwickelten sich spezialisierte Institutionen, die sich ausschließlich auf ökonomische Aufgaben konzentrierten. Unter rechtlich zuverlässigen Rahmenbedingungen konnten sich zwischen diesen Verlagen, Manufakturen und Händlern Marktmechanismen entwickeln, untern denen flexibler und effizienter gewirtschaftet werden konnte. Diese ersten Unternehmen konzentrierten sich auf die planvolle und rationale Bedürfnisbefriedigung und orientierten sich am

Entstehung von Unter­nehmen

Marktwirt­schaft

1. Grundlagen der Unternehmensführung4

ökonomischen Prinzip . Dieses kommt in folgenden Ausprägungen vor (vgl. Dillerup, 2009a, S. 31; Wöhe/Döring, 2013, S. 2)

�� Maximalprinzip : Erwirtschaftung des maximalen Ertrags mit gegebenem Aufwand.�� Minimalprinzip : Erbringung eines definierten Ertrags mit minimalen Einsatzfak­

toren.�� Optimumprinzip : Erwirtschaftung eines möglichst günstigen Verhältnisses zwischen

Gütermenge und Einsatzfaktoren.

Einheiten, welche gemäß dem ökonomischen Prinzip wirtschaften, werden als Betriebe bezeichnet. Sie sind in eine Wirtschafts­ und Gesellschaftsordnung eingebettet und können daher sowohl in Plan­ als auch in Marktwirtschaften existieren.

Ein Betrieb ist eine planvoll organisierte Wirtschaftseinheit, in der Produktionsfaktoren kombiniert werden, um Güter und Dienstleistungen über den eigenen Bedarf hinaus herzustellen und abzusetzen (vgl. Wöhe/Döring, 2013, S. 2, 35).

!Neben den produktionswirtschaftlichen Betrieben, die auf die Deckung von Fremdbe­darfen ausgelegt sind, können noch Haushalte als Wirtschaftseinheiten unterschieden werden. Diese sind auf die Deckung des eigenen Bedarfs ausgelegt und werden auch als konsumtionswirtschaftliche Einheiten bezeichnet. Zudem kann noch nach der Trä­gerschaft eines Betriebs und dem damit verfolgten Ziel unterteilt werden. Öffentliche Betriebe streben nach dem Kostendeckungsprinzip und decken primär Bedarfe ohne Gewinnerzielungsabsicht und erhalten häufig dafür öffentliche Zuschüsse. Demgegen­über unterliegen private Betriebe erwerbswirtschaftlichen Prinzipien und müssen ohne öffentliche Zuschüsse überleben. Sie werden auch als Unternehmen bezeichnet und sind demnach eine besondere Form eines Betriebs, nämlich solche in marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystemen (vgl. Dillerup, 2009a, S. 32). Sie legen ihre Ziele selbstständig und weitgehend unabhängig von staatlichen Einflüssen fest und sind erwerbswirtschaftlich ausgerichtet (vgl. Gutenberg, 1983, S. 507 ff.).

Bedarf

Fremdbedarf(Betriebe)

Eigenbedarf(Haushalte)

Träg

ersc

haft

ÖffentlicheBetriebe

Private Betriebe(Unternehmen)

ÖffentlicheHaushalte

PrivateHaushalte

Öffentlich

Privat

Abb. 1.1.1: Betriebe und Unternehmen als spezifische Form (vgl. Wöhe/Döring, 2013, S. 29)

Ökono­misches

Prinzip

Betriebe

51.1 Grundbegriffe der Unternehmensführung

Umgangssprachlich werden die Begriffe Betrieb und Unternehmen häufig synonym verwendet. Die Unterscheidung ist allerdings etwa aufgrund des Gesellschafts­ und Mit­bestimmungsrechts erforderlich, da zwischen Unternehmens­ und Betriebsverfassung differenziert wird. Heute ist ein Unternehmen der Oberbegriff für autonome, rechtlich selbstständige, wirtschaftliche Betriebe. Als Betrieb wird auch eine technisch­organi­satorische Einheit als Teil eines Unternehmens bezeichnet. Beispiele sind ein Werk, eine Verkaufsniederlassung oder ein Entwicklungsstandort. Ein Unternehmen kann somit aus mehreren Betrieben bestehen (vgl. Wöhe/Döring, 2013, S. 2 ff.). In der Organisations­lehre wird ein strukturiertes System als Unternehmung bezeichnet. Juristen hingegen sprechen vom Unternehmen als rechtlicher Einheit. Auf diese Differenzierung wird in diesem Buch verzichtet und fortan der Begriff Unternehmen verwendet.

Unternehmen in diesem Sinne weisen folgende gemeinsame Elemente und Merkmale auf (vgl. Dillerup, 2009a, S. 32 f.):

�� Ziele: Ein Unternehmen verfolgt dauerhafte Ziele. So haben Stahlproduzenten z. B. eine jahrhundertealte Tradition. Im Gegensatz dazu verfolgen z. B. Bürgerinitiativen für besseren Hochwasserschutz ebenfalls Ziele, welche jedoch keine Basis für eine auf lange Zeit eingerichtete Organisation sind.

– Zielgerichtet: Menschen arbeiten in einem Unternehmen zweckbezogen zusam­men, um Ziele zu erreichen. Daran richten sich die Aktivitäten und ihre Mitglieder aus. Hinsichtlich der Gewinnerzielungsabsicht wird zwischen gemeinnützigen und erwerbswirtschaftlichen Unternehmen unterschieden.

– Teilautonom: Unternehmen legen ihre Ziele innerhalb bestimmter Grenzen bis hin zur Entscheidung über die Selbstauflösung selbst fest. Diese Selbstständigkeit erfordert Eigeninitiative, Verantwortung und die Übernahme wirtschaftlichen Risikos.

�� Mitglieder: Ein Unternehmen besteht aus Eigentümern, Führungskräften und Mit­arbeitern. Diese Mitglieder arbeiten gemeinsam auf die Erreichung der Unterneh­mensziele hin. Das Unternehmen basiert auf vertraglichen Beziehungen. Eigentümer begründen durch Verträge ein Unternehmen und legen damit den Rechtsmantel fest. Sie oder eine von ihnen eingesetzte Unternehmensführung regeln in Arbeitsverträ­gen das Verhältnis zu den Mitarbeitern.

– Hierarchisch: Die Mitarbeiter begeben sich in eine Abhängigkeit und akzeptieren ein Direktionsrecht des Arbeitgebers. Damit wird eine hierarchische Beziehung begründet, welche die Ausrichtung auf die Unternehmensziele ermöglicht.

– Sozial: Die Zusammenarbeit von Menschen in Gruppen und Teilsystemen macht ein Unternehmen zu einem sozialen System (vgl. Ulrich, 2001, S. 157 f.; Kap. 1.2.3).

�� Aktivitäten: Vertraglich können die Mitglieder ihre Arbeitskraft oder Kapital in das Unternehmen einbringen und verpflichten sich zur Ausführung bestimmter Hand­lungen. Sie werden aber nicht Bestandteil des Unternehmens, wie dies bei sozialen Schichten wie z. B. Zünften der Fall war. Unternehmen werden dadurch gezwungen, die Leistungen ihrer Mitarbeiter so zu präzisieren, dass die Unternehmensziele mög­lichst gut erreicht werden.

– Produktiv: Unternehmen sind auf die Erstellung von Leistungen gerichtet. Durch die Transformation von Produktionsfaktoren (Arbeit, Kapital, Betriebsmittel) er­zeugen sie eine Wertschöpfung (vgl. Gutenberg, 1984, S. 1). Während Haushalte nur ihren Eigenbedarf decken, erstellen die Unternehmen Leistungen für Dritte und betreiben damit Fremdbedarfsdeckung.

Unter­nehmung

Ziele

Mitglieder

Aktivitäten

1. Grundlagen der Unternehmensführung6

– Offen: Da Unternehmen nicht den eigenen, sondern einen fremden Bedarf decken, stehen sie in vielfältiger Weise zum Absatzmarkt und anderen Bereichen ihrer Umwelt in Beziehung. Da sie somit über ihre Systemgrenzen hinaus aktiv sind, werden sie als offene Systeme bezeichnet.

Unternehmen

Ziele Mitglieder Aktivitäten

■ zielgerichtet■ teilautonom

■ produktiv ■ offen

■ hierarchisch■ sozial

Abb. 1.1.2: Elemente und Merkmale eines Unternehmens

Diese drei Elemente und ihre Merkmale beschreiben ein Unternehmen. In einer system­orientierten Denkweise (vgl. Kap 1.2.3) bestehen Unternehmen aus einer Vielzahl an Beziehungen zwischen ihren Mitgliedern, Zielen und Aktivitäten. Diese Beziehungen sind laufenden Veränderungen unterworfen. Somit sind Unternehmen Systeme aus vielen verschiedenen Elementen, die sich im Zeitablauf ändern. Sie werden daher als komplexe Systeme bezeichnet.

Ein Unternehmen ist ein komplexes System aus Zielen, Mitgliedern und Aktivitäten. Es strebt die Erreichung von Zielen an, die es zuvor weitgehend autonom festlegt. Seine Mitglieder bilden ein hierarchisches soziales System, welches auf die produktive Erbrin­gung von Leistungen im offenen Austausch mit der Unternehmensumwelt gerichtet ist.

!Unternehmen existieren in unterschiedlichen Ausprägungen. Beispiele sind Dienst­leister, Krankenhäuser, Hochschulen, Verwaltungen oder Industrieunternehmen. Um deren Besonderheiten zu berücksichtigen, haben sich spezifische Betriebswirtschafts-lehren mit unterschiedlichen Geltungsbereichen gebildet. Zur Klassifikation von Un­ternehmen werden folgende Kriterien herangezogen (vgl. Kieser/Walgenbach, 2010, S. 26):

�� Ziele

– Privatwirtschaftliche Unternehmen bzw. erwerbswirtschaftliche oder ökonomi­sche Unternehmen verfolgen die Absicht, Gewinn zu erzielen. Dies ist für selbst­ständige Organisationen erforderlich, um ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit zu gewährleisten.

– Gemeinnützige Unternehmen bzw. Non­Profit­Unternehmen setzen sich andere Ziele. Im Vordergrund steht die Erfüllung eines gemeinnützigen Zwecks, wie z. B. kommunale Versorgungsunternehmen oder Behindertenwerkstätten.

�� Sektoren und Branchen: Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Unternehmen erge­ben sich vor allem aus ihrem Tätigkeitsbereich. Daher ist eine Unterscheidung nach Sektoren bzw. Branchen üblich. Beispiele sind Verkehrsbetriebe, IT­Unternehmen oder Maschinenbauer. In einer groben Branchengliederung werden folgende Unter­nehmenstypen unterschieden:

Privatwirt­schaftliche & gemein­

nützige Ziele

71.1 Grundbegriffe der Unternehmensführung

– Sachleistungsunternehmen produzieren materielle Güter. Solche Industrie­ und Handwerksunternehmen können weiter nach der Erzeugungsstufe unterteilt wer­den. Während Gewinnungsunternehmen Rohstoffe erzeugen, stellen Veredelungs­ und Verarbeitungsunternehmen Endprodukte her.

– Dienstleistungsunternehmen decken einen Bedarf zu einem Zeitpunkt oder in einem Zeitrahmen, bei dem nicht das materielle Gut im Vordergrund steht. Dienst­leistungen sind nicht lagerbar, kaum übertragbar und benötigen zur Erbringung einen Kunden.

Verarbeitendes Gewerbe 253 7% 6.730 25% 1.983,5 33%

Bergbau, Energie & Versorgung 75 2% 540 2% 646,0 10%

Baugewerbe 393 11% 1.565 6% 243,5 4%

721 21% 8.836 33% 2.873 47%Handel 670 19% 4.227 16% 1.817,2 30%

Verkehr & Gastgewerbe 371 11% 2.353 9% 335,6 6%

Information & Kommunikation 131 4% 898 3% 218,2 4%

Finanzen & Versicherungen 70 2% 1.001 4% 134,0 2%

Grundstücks- und Wohnungswesen 325 9% 243 1% 116,2 2%

Freie Berufe, Wissenschaft, technische & wirtschaftliche Dienste

719 15% 3.654 14% 461,0 8%

Gesundheits- und Sozialwesen 238 7% 3.683 14% 59,0 1%

Sonstige Dienstleistungen 420 12% 2.013 7% 82 1%

2.943 79% 18.071 67% 3.223 53%

3.663 100% 26.907 100% 6.096 100%Unternehmen in Deutschland 2012

Anzahl [Tausend]

Beschäftigte Umsatz

[Mrd. Euro]

Dienstleistungsunternehmen

Unternehmen

Anzahl [Tausend]

Wirtschaftszweige

Sachleistungsunternehmen

Abb. 1.1.3: Unternehmensklassifizierung nach Wirtschaftszweigen(vgl. Statistisches Bundesamt, 2015)

�� Größe: Sie wird meist an den Kriterien Umsatz, Beschäftigtenzahl und z. T. auch der Bilanzsumme gemessen. So definiert die Europäische Union Unternehmen nach Beschäftigten und Umsatzerlös oder Bilanzsumme. Das deutsche Handelsgesetzbuch unterteilt Kapitalgesellschaften nach § 267 HGB. Dabei dürfen mindestens zwei der drei Merkmale Beschäftigte, Umsatz und Bilanzsumme an den Stichtagen zweier aufeinander folgender Geschäftsjahre nicht überschritten werden. Aufgrund der Verwendung unterschiedlicher Kriterien ist die Zuordnung jedoch nicht immer ein­deutig. Sehr häufig wird daher die Einteilung des Instituts für Mittelstandsforschung (vgl. Brink/Wallau, 2011) herangezogen, die nur auf den zwei Kriterien Beschäftigte und Umsatz basiert.

Neben der reinen Größenunterscheidung wird häufig auch zwischen Großunternehmen und den Klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU) unterschieden. Großun­ternehmen erfahren viel Beachtung, was auch durch deren Umsatzanteil von rund 66 Prozent in Deutschland gerechtfertigt ist. Die überwiegende Zahl von 99,3 Prozent der Unternehmen gehört jedoch zu den KMU. Sie haben lediglich einen Anteil am Ge­samtumsatz von 34 Prozent, aber einen Beschäftigungsanteil von rund 61 Prozent. Die Bedeutung der KMU ist somit insbesondere als Arbeitgeber sehr hoch.

Sach­ und Dienstleis­tungsunter­nehmen

Klein­ und Mittel­ständische Unter­nehmen (KMU)

1. Grundlagen der Unternehmensführung8

Anzahl Beschäftigte Umsatz

1%

3%

15%

81%

99%

Großunternehmen

Mittlere Unternehmen

Kleine Unternehmen

Kleinstunternehmen

KMU gesamt

65%

16%

11%

7%

34%

41%

20%

21%

18%

59%

Abb. 1.1.5: Verteilung von Unternehmen nach Größenklassen(vgl. Statistisches Bundesamt, 2015)

�� Rechtsformen: Da die Aktivitäten eines Unternehmens über Verträge geregelt werden, wird häufig die Rechtsform als Unterscheidungsmerkmal für Unternehmen herangezo­gen. So kann z. B. nach Einzelunternehmen, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Kommanditgesellschaften, Aktiengesellschaften, öffentlichen Betrieben oder Genos­senschaften unterteilt werden. Unternehmen unterscheiden sich dabei wesentlich nach der persönlichen Haftung der Unternehmensführung. So wird von managementge­führten Gesellschaften mit eingeschränkter Haftung der handelnden Führungskräfte und eigentümergeführten Unternehmen unterschieden. Solche Familienunternehmen zeichnen sich durch schnelle Entscheidungen, flache Hierarchien, Langfristorien­tierung und i. d. R. Eigentümerhaftung aus. Auch Großunternehmen können durch Eigentümerfamilien dominiert werden, wie z. B. die BMW Group von den Familien Quandt und Klatten oder die Würth-Gruppe von der Familie Würth. Eigentümergeführte Unternehmen sind jedoch die häufigste Form von KMU. Deshalb werden sie auch als deutscher Mittelstand bzw. „German Mittelstand “ bezeichnet. Die Marke German Mittelstand steht für mittelständisch geprägte Familienunterunternehmen, die häufig weltweite Innovationsführer sind (vgl. Dillerup/Muth, 2015, S. 87). Diese meist wenig bekannten Unternehmen nehmen im Weltmarkt oder ihrem Heimatkontinent oft eine führende Position ein und werden deshalb als Hidden Champions bezeichnet (vgl.

Rechts­formen

Größen-klassen Kriterien

Europäische Union

DeutschesHGB § 267

Institut für Mittel-standsforschung

Kleinst-unternehmen

Beschäftigte ≤ 10

Umsatz ≤ 2 Mio. €

Bilanzsumme ≤ 2 Mio. €

Kleine Unternehmen

Beschäftigte 10 bis 49 ≤ 50 ≤ 10

Umsatz 2 bis 10 Mio. € ≤ 9,68 Mio. € ≤ 1 Mio. €

Bilanzsumme 2 bis 10 Mio. € ≤ 4,85 Mio. €

Mittelgroße Unternehmen

Beschäftigte 50 bis 250 50 bis 250 10 bis 500

Umsatz 10 bis 50 Mio. € 9,68 bis 38,5 Mio. € 1 bis 50 Mio. €

Bilanzsumme 10 bis 43 Mio. € 4,85 bis 19,25 Mio. €

Große Unternehmen

Beschäftigte > 250 > 250 > 500

Umsatz > 50 Mio. € > 38,5 Mio. € > 50 Mio. €

Bilanzsumme > 43 Mio. € > 19,25 Mio. €

Abb. 1.1.4: Elemente und Merkmale eines Unternehmens

91.1 Grundbegriffe der Unternehmensführung

Simon, 2012, S. 85 ff.). Viele davon sind Weltmarktführer, indem sie in ihrem Markt global eine führende Position einnehmen. Kein Land der Welt beherbergt so viele Weltmarkt­führer wie Deutschland. Diese bewegen sich vornehmlich im B2B­Bereich, weshalb ihre Produkte der breiten Öffentlichkeit in der Regel unbekannt sind (vgl. Langenscheidt/Venohr, 2014). Dennoch wären viele Produkte ohne die hochwertigen und innovativen Investitionsgüter und Lösungen dieser Hidden Champions nicht realisierbar.

Anzahl an Hidden Champions nach Ländern1307

366

220128 110 76 75 68 67

293

Deutschland USA Japan Österreich Schweiz Italien Frankreich China Großbritannien Sonstige

Abb. 1.1.6: Anzahl an Hidden Champions nach Ländern (vgl. Simon, 2012, Stand: 2012)

Weltmarktführer Alfred Kärcher GmbH & Co. KG

Die Alfred Kärcher GmbH & Co. KG ist ein Hersteller von Reinigungs­geräten und ­systemen mit Hauptsitz in Winnenden, Baden­Württemberg. Das Familienunternehmen beschäftigt weltweit mehr als 11.300 Mitarbei­ter bei einem Umsatz von rund 2,22 Mrd. Euro. Dafür werden ca. 12,87 Mil­lionen Geräte aus 100 Gesellschaften in 60 Ländern hergestellt und weltweit verkauft. Das Unternehmen gilt als Weltmarktführer mit über 50.000 Service stellen weltweit und einer hohen Innovationsrate. So sind 90 % der Kärcher­Produkte nicht älter als fünf Jahre.

1.1.2 Führung

Führung ist im deutschsprachigen Raum ein sehr erklärungsbedürftiger Begriff. Er bezeichnet allgemein die unbedingte Autorität und Entscheidungskompetenz in ei­ner Organisation. Der Begriff des „Führers“ wird allerdings mit Befehlsgewalt und nationalsozialistischer Gewaltherrschaft assoziiert. Deshalb wird er häufig durch den englischsprachigen Begriff „Leader“ oder „Manager“ ersetzt.

Der angloamerikanische Begriff Management leitet sich aus dem englischen Verb „to manage“ ab, welches viele Bedeutungen hat. So steht es je nach Kontext für etwas hand­haben, durchführen, erledigen oder verwalten, aber auch etwas leiten oder zustande bringen. Der lateinische Ursprung des Wortes ist unklar. Es könnte abgeleitet sein von „manu agere“ (mit der Hand arbeiten), von „manus agerer“ (an der Hand führen) oder von „mansionem agere“ (der das Haus bestellte). Diese weite Begriffsauffassung ist stark verbreitet und wird nicht nur in der Betriebswirtschaftslehre verwendet.

Manage­ment

1. Grundlagen der Unternehmensführung10

In der englischsprachigen Literatur wird oft der Begriff des Leadership verwendet. Leader­ship umfasst die Entwicklung von Visionen und Strategien, die dem Unternehmen neue Richtungen geben. Leader befähigen ihre Mitarbeiter, bei der Umsetzung von Verände­rungen herausragende Leistungen zu vollbringen (vgl. Kap. 6.3.2). Leadership stiftet durch Zukunftsvisionen (vgl. Kap. 2.2) bei den Mitarbeitern Sinn und führt zur Identifikation mit gemeinsamen Aufgaben und Zielen. Management ist dagegen vor allem für die Ent­wicklung und Umsetzung strategischer Maßnahmen und die Lösung dabei auftretender Probleme zuständig. Dort dominieren die Führungsfunktionen Planung und Kontrolle sowie Organisation, während beim Leadership die Personalführung im Vordergrund steht. Management und Leadership schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich im Idealfall gegenseitig. Die Unternehmensführung umfasst daher beide Aufgabenbereiche.

In einem solchen Verständnis der Unternehmensführung existieren zwei Bedeutungsva-rianten (vgl. Hummel/Zander, 2008, S. 1; Staehle, 1999, S. 65; Steinmann/Schreyögg, 2013, S. 6):

�� Funktionales Führungsverständnis beschreibt Führung als Gesamtheit der Aktivitä­ten, um etwas in einer Organisation zu bewerkstelligen. Dies umfasst die erforder­liche Planung, Steuerung und Kontrolle der ausführenden Handlungen. Hierunter fallen somit alle Mitarbeiter, die ihren Aufgabenbereich verantworten und nicht ausschließlich ausführende Tätigkeiten erbringen. Führung umfasst danach alle Auf­gaben und Handlungen zur zielorientierten Gestaltung, Lenkung und Entwicklung einer Organisation.

�� Institutionales Führungsverständnis begreift Führung als eine Instanz, die eine Organi­sation führt. Solche Organisationen können z. B. Unternehmen, Verbände oder Parteien sein. Führung gibt es daher in allen hierarchischen Organisationen. Diese Institutionen verfügen über Entscheidungsgewalt, um Handlungen auf angestrebte Ziele auszurich­ten und können sowohl Eigentümer eines Unternehmens oder einer Organisation als auch eingesetzte Führungskräfte sein. Führung beinhaltet demnach alle Personen oder Gruppen von Personen, die mit Weisungsbefugnissen ausgestattet sind.

Führung

FunktionFührungsaufgaben

InstitutionFührungspersonen

Alle Aufgaben und Handlungen zur zielorientierten Gestaltung,

Lenkung und Entwicklung.

Alle Personen oder Gruppen von Personen

mit Weisungsbefugnissen

Abb. 1.1.7: Differenzierung des Führungsbegriffs

Um einen systematischen Überblick der Unternehmensführung zu geben, wird diesem Buch das funktionale Führungsverständnis zugrunde gelegt und die Führungsaufgaben im Weiteren detailliert dargestellt.

Führung umfasst funktional alle Aufgaben und Handlungen zur zielorientierten Gestal­tung, Lenkung und Entwicklung einer Organisation. !

Leadership

Funktionale Führung

Institutionale Führung

111.1 Grundbegriffe der Unternehmensführung

1.1.3 Unternehmensführung

Die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre setzt sich aus verschiedenen Funktionslehren, wie z. B. Absatz, Produktion oder Forschung & Entwicklung, zusammen. Eine solche Funktionslehre befasst sich auch mit der Unternehmensführung. Da diese die einzelnen Funktionsbereiche eines Unternehmens zu einer zielkonformen Gesamtheit zusammen­fasst, übernimmt sie eine Querschnittsfunktion (vgl. Steinmann/Schreyögg, 2013, S. 8; Wöhe/Döring, 2013, S. 49). Sie steht im Mittelpunkt des betrieblichen Geschehens und konzentriert sich auf die Führung des Betrachtungsobjekts Unternehmen. Dabei wird ein Unternehmen durch die in Kap. 1.1.1 aufgezählten Elemente und Merkmale beschrie­ben und Führung wie in Kap. 1.1.2 funktional betrachtet.

Führung

Führungsaufgaben(funktional)

Unternehmen

Ziele

■ zielgerichtet■ teilautonom

Mitglieder Aktivitäten

■ produktiv ■ offen

Unternehmensführung

■ hierarchisch■ sozial

Zielorientierte Gestaltung, Lenkung und Entwicklung

Abb. 1.1.8: Unternehmensführung als funktionale Führung von Unternehmen

Dieses Begriffsverständnis geht über die institutionale Führung hinaus. Mitarbeiterfüh­rung gewinnt für die Unternehmensführung zwar zunehmend an Bedeutung, bildet bei der Führung des Gesamtsystems Unternehmen allerdings lediglich einen Teilaspekt (vgl. Kap. 1.3). Die Unternehmensführung umfasst neben den Mitarbeitern auch andere Perspektiven, wie z. B. Markt, Wettbewerb, Kunden oder Wirtschaftlichkeit. Sie wird deshalb auch als „General-Management “ bezeichnet.

Unternehmensführung umfasst alle Aufgaben und Handlungen zur zielorientierten Gestaltung, Lenkung und Entwicklung eines Unternehmens. !

Diese eindeutige Definition ist erforderlich, da in Literatur und Praxis der Begriff Un­ternehmensführung sehr uneinheitlich gebraucht wird. Dies liegt auch daran, dass die Betriebswirtschaftslehre sich in vielen Bereichen an verwandte Disziplinen, wie z. B. die Psychologie oder Sozialwissenschaft, anlehnt. In der Folge entstanden unterschiedliche Begriffsauffassungen , die jeweils einzelne Aspekte der Unternehmensführung betonen:

�� Ansoff (1966, S. 9): „Unternehmensführung ist eine komplexe Aufgabe: Es müssen Analysen durchgeführt, Entscheidungen getroffen, Bewertungen vorgenommen und Kontrollen ausgeübt werden.“

�� Anthony (1989): „Management consists of decision making and influence.”�� Drucker (1986, S. 4): „Management is the organ of society specifically charged with

making resources productive by planning, motivating, and regulating the activities of persons towards the effective and economical accomplishment of a given task.”

Besondere Betriebs­wirtschafts­lehre

General Mana­gement

Begriffsauf­fassungen

1. Grundlagen der Unternehmensführung12

�� Hahn (1996, S. 37): „Unternehmensführung ist ein Prozess der Willensbildung und Willensdurchsetzung zur Erreichung eines Ziels oder mehrerer Ziele gegenüber an­deren Personen unter Übernahme der hiermit verbundenen Verantwortung.“

�� Schwaninger (1994, S. 15): „Unternehmensführung ist zielgerechte Lenkung, Gestal­tung und Entwicklung von Strukturen und Prozessen.“

�� Stoner et al. (1995, S. 4): „Management is the process of planning, organizing, leading and controlling the efforts of organizational members and the use of other organiza­tional resources in order to achieve stated organizational goals.”

�� Wild (1971, S. 57): „Unternehmensführung kann definiert werden als die Verarbei­tung von Informationen und ihre Verwendung zur zielorientierten Steuerung von Menschen und Prozessen.“

Dieses Buch behandelt die grundlegenden Aufgaben der Unternehmensführung. Als Basis für deren Verständnis werden zunächst in Kap. 1.2 wesentliche Theorien der Un­ternehmensführung vorgestellt. Die Funktionen und der Prozess der Unternehmens­führung werden dann in Kap. 1.3 erläutert.

Management Summary

�� Ein Unternehmen ist ein komplexes System aus Zielen, Mitgliedern und Aktivitäten. Es strebt die Errei-chung von Zielen an, die es weitgehend autonom festlegt. Seine Mitglieder bilden ein hierarchisches soziales System, welches auf die produktive Erbringung von Leistungen im offenen Austausch mit der Unternehmensumwelt gerichtet ist.

�� Führung umfasst alle Aufgaben und Handlungen zur zielorientierten Gestaltung, Lenkung und Ent-wicklung einer Organisation.

�� Unternehmensführung umfasst alle Aufgaben und Handlungen der Planung, Steuerung und Kontrolle zur zielorientierten Gestaltung, Lenkung und Entwicklung eines Unternehmens.

Literaturempfehlungen

Kieser, A./Walgenbach, P.: Organisation, 6. Aufl., Stuttgart 2010.

Steinmann, H./Schreyögg, G.: Management: Grundlagen der Unternehmensführung: Kon­zepte, Funktionen, Fallstudien, 7. Aufl., Wiesbaden 2013.

Wöhe, G./Döring, U.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 25. Aufl., München 2013.

131.2 Theorien der Unternehmensführung

1.2 Theorien der Unternehmensführung

Leitfragen

�� Wie lässt sich die Entstehung von Unternehmen erklären?�� Welche Theorien der Unternehmensführung sind zu unterscheiden?�� Welchen praktischen Beitrag können diese Theorien leisten?

Für die Existenz, die Führung und das Wesen von Unternehmen gibt es eine Vielzahl theoretischer Erklärungen. Diese Theorien beschreiben und erklären zentrale Zusam­menhänge und können die unternehmerische Gestaltung und Problemlösung unter­stützen (vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 128). Sie dienen dazu, einzelne Aspekte wie etwa Zweck, Entstehung, laufender Betrieb, Wandel oder Funktionsweise von Unternehmen besser zu verstehen (vgl. Kieser/Walgenbach, 2010, S. 29). In diesem Sinne gilt: Nichts ist praktischer als eine gute Theorie! Eine allumfassende Theorie der Unter­nehmensführung gibt es nicht. Daher ist der Komplexität der Unternehmensführung mit unterschiedlichen Theorien zu begegnen. Die Wahl der theoretischen Sichtweise entscheidet dabei maßgeblich, wie Probleme gelöst werden.

Bei den vorgestellten Theorien handelt es sich weniger um wissenschaftliche Theorien mit naturgesetzlichem Allgemeingültigkeitsanspruch, sondern um empirisch bestätig­te Erfahrungen. Frühe Theorien der Unternehmensführung basieren vor allem auf persönlichen Erlebnissen der Autoren. Auf diese Weise stellte z. B. Fayol 1919 aufgrund seiner Tätigkeit als Direktor einer französischen Bergbaugesellschaft eine erste Theorie der Unternehmensführung auf. Andere Erklärungsansätze beruhen auf der Übertra­gung von Erkenntnissen anderer Wissenschaftsdisziplinen auf Fragestellungen der Unternehmensführung. Beispiele sind die Evo­lutionstheorie oder die Sozialwissenschaft. Weitere Theorien ent­stehen durch Verallgemeinerung von Beobachtungen erfolgreicher Unternehmen, sog. Best Practices. Was aber in der Vergangenheit für ein bestimmtes Unternehmen galt oder sich in einer anderen wissenschaftlichen Disziplin bewährt hat, muss für die zukünftige Gestaltung eines Unternehmens nicht richtig sein. Daher ist keine Theorie generell gültig (vgl. Kieser/Walgenbach, 2010, S. 30 f.).

Taylor kann als Begründer der Führungslehre betrachtet werden. Er führte 1911 das Experiment in die Betriebswirtschaftslehre ein. Aus kontrollierten Experimenten ent­wickelte er sein System der „wissenschaftlichen Betriebsführung“ (Scientific Manage­ment). Er ging davon aus, dass Arbeiter dumm und faul sind. Da sie Konsum glücklich macht, lassen sie sich nur durch finanzielle Anreize motivieren und müssen strengen Regeln unterworfen werden. Weitgehende Ar­beitsteilung, Ersatz von Erfahrungswissen durch Expertenwissen sowie Steuerung und Kontrolle mittels Arbeitsrichtlinien und Plä­nen steigern nach dieser Auffassung die betriebliche Effizienz. Auf Basis der Erkenntnisse des Taylorismus ent wickelte Henry Ford das Fließband, bei dem Arbeitsteilung, Bewegungsabläufe und Arbeits­rhythmen technisch vorgegeben sind.

Keine universelle Theorie

Wissen­schaftliche Betriebs­führung

1. Grundlagen der Unternehmensführung14

In der Folge entstanden eine Reihe unterschiedlicher Theorien der Unternehmensfüh­rung. Ihren Zusammenhang und ihre chronologische Entwicklung zeigt Abb. 1.2.1. Auf die dort weiß hervorgehobenen Theorien wird in anderen Kapiteln des Buches näher eingegangen:

�� Die Entscheidungstheorie stellt Wege zu einer rationalen Entscheidungsfindung unter bestimmten Annahmen dar. Sie bildet die Basis für eine Reihe von Führungstheorien. Ihre Grundzüge werden deshalb zusammen mit diesen Führungstheorien erklärt. Eine spezielle Entwicklungsrichtung stellen spieltheoretische Ansätze dar, bei de­nen für bestimmte Handlungen (Spielzüge) Empfehlungen abgeleitet werden. Zur Abbildung, Erklärung und Gestaltung von Entscheidungsprozessen wird von einer gegebenen Zielfunktion und der Bekanntheit der möglichen Umweltzustände sowie Handlungsalternativen ausgegangen. In diesem Fall lässt sich das Entscheidungspro­blem durch die Anwendung mathematischer Optimierungsverfahren lösen.

�� Die Selbstorganisationstheorie wird im Zusammenhang mit der Gestaltung von Strukturen eines Unternehmens in Kap. 5.2.2.4 erläutert.

�� Die Verhaltenstheorie stellt den Menschen und sein Verhalten in den Mittelpunkt. Da­bei wird ein durch sozial­ und organisationspsychologische Erkenntnisse geprägtes Menschenbild zugrunde gelegt. Der Schwerpunkt liegt auf Fragen der Personalfüh­rung, weshalb die Verhaltenstheorie in Kap. 6.3.1.3 erläutert wird.

�� Die Kontingenztheorie unterstellt, dass wirkungsvolle Unternehmensführung von der jeweiligen Situation abhängt und durch verschiedene Einfluss­ oder Kontingenzfakto­ren gekennzeichnet ist. Sie wird deshalb auch als situativer Ansatz bezeichnet. In Ab­hängigkeit einzelner Kontext­ und Gestaltungsvariablen werden Entscheidungsemp­fehlungen abgeleitet. So erfordern z. B. kulturelle Unterschiede zwischen europäischen und asiatischen Ländern einen unterschiedlichen Führungsstil. Auf die Kontextab­hängigkeit der Unternehmensführung wird ebenfalls in Kapitel 6.3.1.3 eingegangen.

�� Die Gestalttheorie bzw. Interaktionstheorie baut auf der Kontingenztheorie auf und betrachtet effektive Unternehmensführung in Abhängigkeit einer Vielzahl von ge­meinsam einwirkenden Einflussfaktoren. Die Entwicklung der Unternehmen ist demnach vom Zusammenspiel struktureller und verhaltensbezogener Variablen sowie von Umweltfaktoren abhängig. Aus der gleichzeitigen Analyse einer Vielzahl von Variablen werden in sich stimmige Grundmuster (Archetypen) erfolgreicher Unternehmensführung abgeleitet.

Die in Abb. 1.2.1 blau markierten Theorien werden nachfolgend vorgestellt:�� Industrieökonomie (Industrial Economics): Erklärung von Beziehungen des Unter­

nehmens zu seiner Umwelt (vgl. Kap. 1.2.1).�� Ressourcenorientierter Ansatz: Unternehmen werden als Ansammlung von Ressour­

cen betrachtet (vgl. Kap. 1.2.2).�� Neue Institutionenökonomie (New Institutional Economics): Sie befasst sich mit

vertraglichen Vereinbarungen, die anstelle von Marktbeziehungen wirtschaftliche Aktivitäten regeln. Sie unterteilt sich in Transaktionskostentheorie, Principal­Agent­Theorie und die Theorie der Verfügungsrechte (vgl. Kap. 1.2.3).

�� Systemtheorie: Unternehmen werden als Systeme vernetzter Regelkreise verstanden (vgl. Kap. 1.2.4). Die Darstellung der Unternehmensführung in diesem Buch basiert auf der Systemtheorie.

�� Evolutionstheorie: Erklärung von Anpassungs­ und Entwicklungsprozessen von Unternehmen an veränderte Umweltbedingungen (vgl. Kap. 1.2.5).

Ent schei­dungs­theorie

Selbst­organisation

Verhaltens­theorie

Kontingenz­theorie

Gestalt­theorie

151.2 Theorien der Unternehmensführung

System-theorie

20001990

Gestalt-theorie

Kontingenz-theorie

Entscheidungs-theorie

Selbstorganisa-tionstheorie

Evolutions-theorie

Ressourcenorientierter Ansatz

Verfügungs-rechte

Principal-Agent-Theorie

Neue Institutionenökonomie

Wissenschaftliche Betriebsführung

Industrie-ökonomie

198019701960195019401930192019101900

TransaktionsTransaktionsTransaktions-kostentheorie

2010

Verhaltens-theorie

Abb. 1.2.1: Entwicklung von Theorien der Unternehmensführung (vgl. Macharzina/Wolf, 2012, S. 117)

1.2.1 Industrieökonomie

Die Industrieökonomie (Industrial Economics oder auch Neoklassik) untersucht die Leistungsfähigkeit von Branchen. Im Mittelpunkt stehen Fragen nach Größenstruktur, Anbieterkonzentration oder Wettbewerbsintensität. Auslöser für diese Forschungsrich­tung waren die Bemühungen zur Erklärung der Weltwirtschafts­krise (1929–1933) sowie die zunehmende Trennung von Eigentum und Verfügungsgewalt in der amerikanischen Großindustrie. Aus­gangspunkt der Industrieökonomie ist das sog. Structure-Conduct-Performance-Paradigma von Bain (1993). Der Erfolg eines Unterneh­mens (Performance) wird dabei von zentralen Branchenmerkmalen (structure) abhängig gemacht, die das Verhalten der Unternehmen (conduct) bestimmen.

Das Modell basiert auf vier Grundannahmen (vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 129):

(1) Unternehmen sind überdurchschnittlich erfolgreich, wenn sie sich besser an verän-derte Rahmenbedingungen anpassen können als ihre Wettbewerber.

(2) Alle Unternehmen eines bestimmten Branchensegments verfügen über gleiche Res-sourcenausstattungen und verfolgen damit die gleichen Strategien.

(3) Die für die Umsetzung der Strategien erforderlichen Ressourcen sind mobil.

(4) Führungskräfte entscheiden rational und im Interesse des Unternehmens.

Die Industrieökonomie unterstellt, dass der Erfolg eines Unternehmens von Branchen­merkmalen, wie z. B. Eintrittsbarrieren, Produktdifferenzierung oder Konzentrations­grad, abhängt und sich genau prognostizieren lässt. Unternehmen sollten sich deshalb in möglichst attraktiven Branchen positionieren. Welche Branchenstrukturen attraktiv sind, wird durch volkswirtschaftliche Zusammenhänge erklärt. Die Mikroökonomie

Structure­Conduct­Perfor­mance

Grund­annahmen

Mikro­ökonomie

1. Grundlagen der Unternehmensführung16

betrachtet Märkte als Gesamtheit ökonomischer Beziehungen zwischen Anbietern und Nachfragern einer Leistung. Das Nachfrageverhalten wird durch mikroökonomische Modelle beschrieben. Diese unterstellen, dass die Akteure rein rational­ökonomische Auswahlentscheidungen auf idealisierten Märkten vornehmen, auf denen das Kaufver­halten ausschließlich durch den Preis bestimmt wird. Wesentlicher Bestimmungsfaktor von Märkten ist danach die Marktstruktur. Sie wird durch die Anzahl der auf diesem Markt aktiven Anbieter und Nachfrager beschrieben. Eine Übersicht der daraus folgen­den Marktformen gibt Abb. 1.2.2.

viele

wenige

Anbietereiner viele

Nac

hfra

ger

wenige

einer

BeschränktesAngebotsmonopol

BilateralesMonopol

Angebots-monopol

BilateralesOligopol

BeschränktesNachfragemonopol

Angebots-oligopol

Nachfrageoligopol(Oligopson)

Nachfragemonopol(Monopson)

Polypol

Abb. 1.2.2: Übersicht mikroökonomischer Marktformen (vgl. Kotler et al., 2007, S. 778 ff.)

Modelle des vollkommenen Wettbewerbs gehen von idealen Märkten mit Polypolsi­tuation aus. Die Industrieökonomie betrachtet zudem dynamische Aspekte, indem die Veränderung von Branchenstrukturen mitberücksichtigt wird. Diese Dynamik von Strukturen kommt z. B. in Lebenszykluskonzepten zum Ausdruck (vgl. Kap. 3.3.1). Die Industrieökonomie erlebte in den 1980er Jahren durch Porter (1980) eine Renaissance. Daraus wurde das Konzept der fünf Wettbewerbskräfte entwickelt, mit denen die At­traktivität einer Branche bestimmt und daraus Wettbewerbsstrategien abgeleitet werden (vgl. Kap. 3.3.3). Für jede Branche gibt es potenzielle neue Mitanbieter, die Eintrittsbedin­gungen erfüllen („General Conditions of Entry“). Ob sie in eine Branche eintreten, hängt von den vorhandenen Eintrittsbarrieren ab. Dies sind z. B. Kosten­, Betriebsgrößen­ oder Erfahrungsvorsprünge bestehender Anbieter (vgl. Buzzell/Gale, 1989, S. 132 f.). Eintritts­barrieren sind gleichzeitig zentrale Quellen für nachhaltige Wettbewerbsvorteile.

Während die klassische Industrieökonomie die Branche („Industry“) betrachtet, verla­gerte sich durch die Erkenntnisse und Konzepte von Porter der Anwendungsbereich auf das einzelne Unternehmen. Die sog. moderne Industrieökonomie untersucht in Abhän­gigkeit der Struktur und Entwicklung von Branchen die Verhaltensmöglichkeiten eines Unternehmens (vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 130). Dabei wird auch auf die Spiel-theorie zurückgegriffen. Hier steht das Verhalten wechselseitig voneinander abhängiger Akteure im Vordergrund. Hilfreiche Erkenntnisse gewinnt die Unternehmensführung insbesondere aus dynamischen Spielen, bei denen die Spieler jeweils auf die Spielzüge der Mitspieler reagieren. Allerdings unterstellt die Spieltheorie weitreichende Rationa-lität . Die Annahme, dass die Wettbewerber ihre Handlungsweisen rational einschätzen („Common Knowledge Assumption“) ist kaum realistisch. An diesem Kritikpunkt setzen die Weiterentwicklungen der neuen Institutionenökonomie an.

Markt­formen

Branchen­struktur

Moderne Industrie­ökonomie

171.2 Theorien der Unternehmensführung

1.2.2 Ressourcenorientierter Ansatz

Der ressourcenorientierte Ansatz (Resource­based View) baut auf den Überlegungen von Penrose (1995) auf, der Unternehmen als Bündel von Ressourcen ansieht. Er geht davon aus, dass Effizienz­ und Wettbewerbsvorteile von Unternehmen weniger durch ihre Stellung auf den Produktmärkten, als vielmehr durch ungleiche Ressourcen be­stimmt werden. Verfügt ein Unternehmen danach über Ressourcen, mit denen es einen Effizienzvorteil erzielen kann, so wirkt sich das auf den Erfolg des gesamten Unternehmens aus (vgl. Müller- Stewens/Lechner, 2011, S. 346). Die Einzigartigkeit von Ressourcen ist daher der Schlüssel für wirtschaftlichen Erfolg und macht den Un­terschied zwischen Unternehmen aus. Dies wird im sog. Resources-Conduct-Performance-Paradigma („Ressourcen­Verhalten­Leistung“) zusammengefasst. Es bildet einen Gegenpol zum „Structure­Con­duct­Performance­Paradigma“ („Leistungs struktur­ Ver halten­ Leis­tung“) der Industrieökonomie.

Ressourcen sind die zur Leistungserstellung eines Unternehmens erforderlichen ma­teriellen und immateriellen Güter (vgl. Barney, 1991, S. 101). !

Im ressourcenorientierten Ansatz werden Unternehmen als Bündel von Ressourcen angesehen (vgl. Kieser/Walgenbach, 2010, S. 3). Diese Ressourcen sind unternehmensspezifisch und daher schwer imitierbar (vgl. Teece et al., 1997, S. 516). Sie bestimmen die Effizienz des Unternehmens. Der Erfolg von Unternehmen wird demnach durch heterogene Ressour­cen bestimmt, die über einen längeren Zeitraum sog. Renten erwirt­schaften. Diese entstehen, wenn ein Unternehmen seine Ressourcen dort einsetzt, wo sie mehr Wert schaffen als sie kosten oder woan­ders einbringen (Opportunität).

Eine Rente ist ein Ertrag, der die Opportunitätskosten des Ressourceneinsatzes über­steigt. !

In der Neoklassik mit vollkommenem Wettbewerb und homogenen Inputfaktoren glei­chen Angebot und Nachfrage den Markt aus, so dass es zu keinen Renten kommt. In der Industrieökonomie kommt es zu Renten aufgrund von Marktmacht, da Unternehmen die Mengen begrenzen und so Monopolgewinne einstreichen. Im ressourcenorientierten Ansatz entstehen Renten durch unvollkommene Inputfaktoren. Die sog. Ricardo-Rente entsteht aus begrenzt verfügbaren Ressourcen. Um eine Ricardo­Rente erzielen zu kön­nen, muss die Unternehmensführung folgende Aufgaben erfüllen (vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 347):

�� Erschaffung: Um wertvolle Ressourcen mit Rentenpotenzial zu erhalten, muss der Wettbewerb um die Ressourcen beschränkt sein. Wäre das zukünftige Potenzial einer Ressource am Markt bekannt, würde der Preis so weit ansteigen, dass der Ressourcenbesitz keinen Vorteil mehr bietet. Daher kann ein Unternehmen nur durch glücklichen Zufall oder weise Voraussicht in den Besitz wertvoller Ressourcen gelangen. Aufgabe der Unternehmensführung ist es, diese Ressourcen aufzuspüren

Resources­Conduct­Perfor­mance

Ricardo­Rente

1. Grundlagen der Unternehmensführung18

(Resource­picking). Der Wettbewerb um wertvolle Ressourcen findet vor ihrer Be­schaffung statt.

�� Nutzung der Ressourcenvorteile im Wettbewerb.�� Sicherung: Wertvolle Ressourcen sind an ein Unternehmen zu binden und damit

immobil zu machen. Der Verlust an Ressourcen kann z. B. durch Umstellungskosten, firmenspezifische Anforderungen oder die Kombination mit anderen Ressourcen ver­hindert werden. Zudem ist die Rente gegen Imitation und Substitution abzusichern. Dies kann z. B. durch Eigentumsrechte an seltenen Ressourcen, einmalige historische Anfangsbedingungen oder Informationsasymmetrien erfolgen.

Eine Weiterentwicklung der Ressourcenorientierung ist der fähigkeitsorientierte Ansatz (Capability­based View), bei dem die Fähigkeiten eines Unternehmens im Mittelpunkt stehen.

Die Fähigkeiten eines Unternehmens beinhalten das zur Leistungserstellung erforder­liche anwendungsbezogene Wissen. Sie sind unternehmensspezifisch und ermöglichen es, Effizienzvorteile aus den vorhandenen Ressourcen zu gewinnen (vgl. Amit/Schoe-maker, 1993, S. 35).

!

Ein Unternehmen kann danach erst durch seine Fähigkeiten eine Rente erzielen. Die Res­sourcen bilden somit das Werkzeug, das mit Hilfe der Fähigkeiten geschickt einzusetzen ist (vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 348). Fähigkeiten sind an einzelne Menschen sowie Gruppen von Mitarbeitern gebunden. Sie müssen vom Unternehmen selbst ent­wickelt werden und sind deshalb unternehmensspezifisch. Sie lassen sich nur begrenzt übertragen oder erwerben. Fähigkeiten zeichnen sich durch folgende Charakteristika aus (vgl. Teece et al., 1997, S. 516):

�� Organisationale Routinen: Fähigkeiten ermöglichen eine laufende, standardisierte Koordination der Handlungen von Individuen und Gruppen. Es sind wiederholbare Verhaltensmuster, mit denen sich spezielle Probleme erfolgreich lösen lassen. Je besser sie eingeübt werden, umso effizienter sind sie.

�� Normative Verankerung: Die Koordination von Handlungen ist nicht nur in Pro­zessabläufen wie z. B. in einem Handbuch fixiert. Sie umfasst auch die normative Ebene der Unternehmensführung und drückt Selbstverständnis, Werte, Normen und Weltbilder eines Unternehmens aus. Fähigkeiten sind daher ein Erfolgspotenzial. Investiert ein Unternehmen in seine Fähigkeiten, dann erweitert dies seinen unter­nehmerischen Handlungsspielraum.

�� Pfadabhängige Entwicklung: Fähigkeiten entstehen im Zeitablauf aus einer Reihe von Führungsentscheidungen. Daher ist die Entwicklung von Fähigkeiten abhängig von der Vergangenheit eines Unternehmens und vom bislang eingeschlagenen Entwick­lungspfad („History matters“).

�� Dynamische Anpassung: Fähigkeiten entstehen in einem unternehmensinternen Ent­wicklungsprozess. Die Unternehmensführung muss daher permanent interne und externen Fähigkeiten und Ressourcen anpassen und integrieren.

Im ressourcenorientierten Ansatz entstehen Ricardo­Renten durch immobile Ressour­cen. Der fähigkeitsorientierte Ansatz hat seinen Schwerpunkt dagegen auf der Erzielung sog. Schumpeter-Renten . Diese ergeben sich aus risikofreudigen, unternehmerischen Entscheidungen in einer ungewissen Umwelt. Im Sinne der von Schumpeter (1911)

Capability­based View

Schumpeter­ Renten

191.2 Theorien der Unternehmensführung

de finierten „unternehmerischen Innovation“ wird etwas Neues geschaffen und damit werden bestehende Gleichgewichtssituationen zerstört (kreative Zerstörung). Lassen sich daraus Vorteile erzielen, so resultiert der Erfolg eines Unternehmens im fähigkeitsorientierten Ansatz weni­ger aus den Eigenschaften der Ressourcen, als vielmehr aus deren innovativer Kombination (vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 350). So kann etwa eine Molkerei auch bei einem etablierten Produkt wie Milch aus der innovativen Kombination der Ressourcen neue Pro­dukte wie z. B. Bergbauernmilch schaffen und diese als ökologisch hochwertige Premiummilch positionieren.

Wertvolle Ressourcen und darauf aufbauende Prozesse erlauben Effizienzvorteile. Um an diese Ressourcen zu kommen, sind Fähigkeiten erforderlich. Eine besondere Fähigkeit ist es, solche Ressourcen zu entwickeln. Diese Fähigkeit wird auch als (Kern­)Kompetenz bezeichnet.

Kompetenz en sind unternehmerische Fähigkeiten, die zur Problemlösung beitragen und Ressourcen entwickeln können. !

Im erweiterten ressourcenorientierten Ansatz wird die Erzielung von Effizienzvorteilen durch den Zusammenhang von Renten, Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen erklärt. So kann z. B. der Markterfolg eines Unternehmens durch ein besonderes Pro­duktionsverfahren begründet sein. Die hierfür erforderlichen Ressourcen sind dann z. B. spezifische Produktionsanlagen. Damit diese Ressourcen einen Vorteil bieten, sind Fähigkeiten erforderlich. So kann z. B. für die Konstruktion der Anlage spezifisches Wissen erforderlich sein oder austauschbare Anlagen werden durch besondere Prozess­kenntnisse einzigartig miteinander kombiniert. Die Fähigkeit, das gesamte System zu gestalten und daraus eine Rente zu erzielen, ist dann die zugrunde liegende Kompetenz.

Die Kompetenz des Automobilherstellers Toyota besteht beispielsweise in der Gestaltung von Fertigungs­ und Montageprozessen. Daraus werden Fähigkeiten wie z. B. Logis­tikkonzepte oder eine hohe Prozessqualität entwickelt, welche die Montageressourcen effizienter machen. Die Effizienz äußert sich in überdurchschnittlicher Produktivität, welche dem Unternehmen als Rente zufließt und es zu einem der profitabelsten Auto­mobilhersteller der Welt macht. Abb. 1.2.3 veranschaulicht diesen Zusammenhang.

Ressourcen & Prozesse

Geschäfts- und Branchenverständnis

(Kern-)Kompetenzen & Fähigkeiten

Produkt-/Markt-erfolg

Abb. 1.2.3: Erklärungszusammenhang des ressourcenorientierten Ansatzes

Der wissensorientierte Ansatz (Knowledge­based View) basiert auf dem ressourcen­orientierten Ansatz. Wissen steht dabei allerdings nicht mehr gleichberechtigt neben anderen Ressourcenarten, sondern wird als die zentrale Ressource eines Unternehmens

Knowledge­based View

1. Grundlagen der Unternehmensführung20

angesehen. Unternehmen werden dabei nicht länger als Bündel von Ressourcen oder Fähigkeiten betrachtet, sondern als soziale Systeme, in denen Individuen auf Grundlage ihrer individuellen Wertvorstellungen sowie gemeinsamer Ideologien zusammenarbei­ten. Das Unternehmen wird zum Ort des Wissens. Was Wissen ist und wie es entsteht, wird in Kap. 8.2 erläutert. Der wissensorientierte Ansatz ist eine spezielle Form des fähigkeitsorientierten Ansatzes (vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 351).

Der fähigkeitsorientierte Ansatz dynamisiert die Betrachtungsweise des ressourcen­orientierten Ansatzes. In den Vordergrund rückt der Prozess der Entwicklung von Fähigkeiten in Form des organisationalen Lernens (vgl. Kap. 8.2). Kritisch ist die un­scharfe Unterscheidung zwischen Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen zu sehen. Da Fähigkeiten auf den Einsatz von Ressourcen abzielen, können sie auch als spezifische Ressource betrachtet werden. Zudem sind Fähigkeiten nur schwer erfass­ und damit gestaltbar. Die Bestimmung des Wertes einer Ressource oder einer Fähigkeit ist eben­falls unklar, denn oft entsteht dieser erst durch deren Kombination (vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 348 ff.). Abb. 1.2.4. fasst die zentralen Überlegungen des ressourcen­ und fähigkeitsorientierten Ansatzes zusammen.

Ressourcenorientierter Ansatz

FähigkeitsorientierterAnsatz

Analyseeinheit Ressource Fähigkeit

Sichtweise des Unternehmens

Einzigartige Ansammlung von Ressourcen

Bündel von Fähigkeiten für den Einsatz von Ressourcen

Rentenart Monopol-Rente / Ricardo-Rente Schumpeter-Rente

Ursache von Effizienzvorteilen

Wertvolle, nicht imitierbare und substituierbare Ressourcen

Fähigkeit, die Ressourcen nutzbringend einzusetzen

Mechanismus der Rentengenerierung

Auswahl unterbewerteter Ressourcen durch Zufall oder Spürsinn

Aufbau von Fähigkeiten durch interne Lernprozesse

Zeitpunkt der Rentengenerierung

Statisch: Vor der Beschaffung einer Ressource

Dynamisch: Mit der Entwicklung einer Fähigkeit

Abb. 1.2.4.: Ressourcen- und fähigkeitsorientierter Ansatz im Vergleich(vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 353)

1.2.3 Neue Institutionenökonomie

Die neue Institutionenökonomie gewinnt sowohl im angloameri­kanischen als auch im deutschsprachigen Raum zunehmend an Beliebtheit (vgl. Welge/Al-Laham, 2012, S. 43). Sie stellt eine Weiterent-wicklung der Industrieökonomie dar und verbindet diese mit ver­haltenswissenschaftlichen Entscheidungstheorien sowie Rechts­, Wirtschafts­ und Organisationstheorien. Sie wurde von Coase (1937)begründet, der die Existenz von Unternehmen auf Marktversagen zurückführte.

Die neue Institutionenökonomie befasst sich mit vertraglichen Vereinbarungen, die an­stelle idealer Marktbeziehungen den wirtschaftlichen Austausch zwischen Individuen regeln. Verträge verursachen Aushandlungs­ und Überwachungskosten, denen die Kosten der Markttransaktion gegenüberstehen. Verträge können für ein Unternehmen günstiger sein, wenn Fähigkeiten, Wissen und Informationen zwischen den Teilneh­mern ungleich verteilt sind. Betrachtet werden Institutionen, in denen ökonomischer

Verträge versus idealer Markt

211.2 Theorien der Unternehmensführung

Austausch betrieben wird. Beispiele sind Unternehmen, Märkte oder Rechtssysteme. Die Existenz und Veränderung von Institutionen wird durch menschliches Verhalten erklärt. Auf dieser Basis werden alternative Gestaltungsformen von Institutionen bewertet und verglichen (vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 133).

Die neue Institutionenökonomie stellt allerdings keine einheitliche Theorie dar, sondern besteht aus mehreren verwandten, sich gegenseitig überlappenden Teiltheorien. Ge­meinsame Elemente sind folgende Annahmen über menschliches Verhalten (vgl. Kieser/Walgenbach, 2010, S. 43; Welge/Al-Laham, 2012, S. 44 f.; Williamson, 1991, S. 49 ff.):

�� Individuelle Nutzenmaximierung besagt, dass Menschen als individuelle Akteure klar definierte Ziele verfolgen, die sich als Nutzenfunktion beschreiben lassen. Indi­viduen streben danach, ihren eigenen Nutzen zu maximieren. Dieser Nutzen kann materieller oder immaterieller Art sein. Beispiele sind Einkommen, Prestige, Selbst­verwirklichung oder Macht.

�� Begrenzte Rationalität eines Akteurs entsteht dadurch, dass sowohl sein Wissen als auch seine Informationsverarbeitungskapazität begrenzt sind. Darin liegt der grund­sätzliche Unterschied zur volkswirtschaftlichen Neoklassik, in der vollkommener Wettbewerb und rationale Akteure angenommen werden. Dieser Rationalitätsmythos wird beseitigt, indem der Begriff Rationalität nicht nur eine Zweck­Mittel­Beziehung beschreibt. Rationalität kann vielmehr unterschiedliche Formen annehmen.

�� Opportunistisches Verhalten bezeichnet Handlungsweisen, bei denen ein Akteur zur Durchsetzung eigener Interessen einen potenziellen Schaden für andere Akteure, wie z. B. Vertragspartner oder Vorgesetzte, bewusst in Kauf nimmt.

Die neue Institutionenökonomie unterteilt sich in drei Teiltheorien, die sich mit unter­schiedlichen Aspekten des Handelns in Institutionen beschäftigen (vgl. Coase, 1937, S. 395):

�� Die Property-Rights-Theorie (Theorie der Verfügungsrechte) untersucht Fragen nach Verteilung, Nutzung und Übertragung von Verfügungsrechten an Ressourcen.

�� Die Transaktionskostentheorie basiert auf der Überlegung, dass auch ein Markttausch nicht kostenlos ist. Sie betrachtet die Kosten für Anbahnung, Vereinbarung, Durch­führung und Kontrolle von Verträgen und Beziehungen.

�� Die Principal-Agent-Theorie (Agenturansatz) befasst sich mit Problemen, die durch unvollkommene Informationen im Rahmen von Aufgabendelegations­ und Koope­rationsbeziehungen entstehen.

Die neue Institutionenökonomie liefert für zahlreiche Fragestellungen der Unterneh­mensführung eine modelltheoretische Erklärung. Abb. 1.2.5 liefert einige Beispiele zu ihren möglichen Anwendungsfeldern.

Disziplin Exemplarische Fragestellungen und Anwendungsfelder

Organisationslehre■ Frage nach der optimalen Arbeitsteilung und Integration ■ Kooperationsformen

Finanzwirtschaft■ Erklärung finanzieller Institutionen, z.B. Banken, Versicherungen■ Auswahl an Finanzierungsinstrumenten

Marketing■ Gestaltung von Distributionskanälen■ Kontrahierungspolitik

Personalwirtschaft ■ Gestaltung von Arbeitsverhältnissen

Controlling■ Transaktionskostenrechnung■ Internationales Controlling■ Performance Measurement

Abb. 1.2.5: Exemplarische Anwendungsfelder der neuen Institutionenökonomie

Grund­annahmen

Teiltheorien

Anwen­dungs felder

1. Grundlagen der Unternehmensführung22

1.2.3.1 Grundkonzept

Im Mittelpunkt der neuen Institutionenökonomie steht der Begriff „Institution“.

Institutionen sind sozial sanktionierbare Vereinbarungen und Erwartungen bezüglich der Handlungs­ und Verhaltensweisen eines oder mehrerer Individuen.!

Institutionen informieren jedes Individuum sowohl über dessen eigenen Handlungs­spielraum, als auch über das wahrscheinliche Verhalten anderer Teilnehmer. Damit stabilisieren sie das Verhalten und erleichtern menschliches Zusammenleben. Dies gilt insbesondere für die arbeitsteilige Leistungserstellung. Solche Institutionen sind z. B. Gesetze, Normen und Verträge, aber auch Geld oder Sprache. Ein Unternehmen besteht aus einer Vielzahl solcher Institutionen im Sinne sozialer Vereinbarungen zwischen den Handelnden.

Die neue Institutionenökonomie erklärt ökonomisch die Entwicklung von Institutio­nen und deren Auswirkungen auf menschliches Verhalten. Daraus werden Regeln zur effizienten Gestaltung der Institutionen abgeleitet. Grundsätzlich wird angenommen, dass Institutionen immer dann eingerichtet werden, wenn dadurch alle Beteiligten einen höheren Nutzen erzielen. Dabei lassen sich folgende Arten von Institutionen unterschei­den (vgl. Picot, 2012, S. 39 ff.):

�� Selbst erhaltende Institutionen müssen nicht überwacht werden, da abweichendes Verhalten für die Akteure in der Regel nicht vorteilhaft ist. Beispiele sind die Gram­matik der Sprache oder das Rechtsfahrgebot auf kontinentaleuropäischen Straßen.

�� Überwachungsbedürftige Institutionen sind dadurch gekennzeichnet, dass es für einzelne Akteure vorteilhaft sein kann, gegen sie zu verstoßen. Beispiele sind die Zah­lung von Steuern oder Investitionen in den Umweltschutz. Dieser Sachverhalt lässt sich mit Hilfe des Gefangenendilemma s aus der Entscheidungstheorie erklären. Jeder Akteur versucht dabei, für sich das beste Ergebnis zu erzielen. Aus diesem Grund verhalten sich die Akteure nicht kooperativ, auch wenn es für alle Beteiligten die beste Lösung wäre. Das klassische Beispiel hierfür sind zwei Straftäter, die verhaftet und anschließend getrennt voneinander verhört werden. Jeder kann die Aussage verwei­gern oder gestehen und seinen Komplizen verraten. Verweigern beide die Aussage, so droht ihnen maximal eine Strafe von drei Jahren, da ihnen das Verbrechen nicht vollständig nachgewiesen werden kann. Gestehen beide, so erhalten beide sieben Jahre, aber nicht die Höchststrafe. Gesteht einer der Täter, so hat er aufgrund einer Kronzeugenregelung lediglich eine Strafe von einem Jahr zu erwarten, während sein nicht geständiger Komplize mit zehn Jahren bestraft wird. Obwohl die Kooperation für beide zu einer niedrigeren Strafe und damit dem kollektiven Optimum führt, besteht somit ein Anreiz, davon abzuweichen und Abmachungen zu brechen. Das Geständnis ist auch die in der Spieltheorie zu beobachtende dominante Strategie. Folglich ist bei derartigen Institutionen insbesondere die Sanktionierbarkeit des Verhaltens von Bedeutung.

Wichtige Institutionen zur Lösung von Koordinations­ und Motivationsproblemen bei überwachungsbedürftigen Institutionen sind Normen und Verträge. Darin wird festgelegt, wie sich Vertragspartner zu verhalten haben (Koordinationsaspekt) und welche Sanktionen zu erwarten sind, wenn sie nicht vertragskonform handeln (Motiva­tionsaspekt).

Institution

Arten von Institutionen

231.2 Theorien der Unternehmensführung

Ein Vertrag im ökonomischen Sinne ist eine für die Vertragspartner bindende Ver­einbarung über den Austausch von Gütern oder Leistungen. Sie wird zwischen den Vertragspartnern abgeschlossen, weil sie sich davon Vorteile versprechen.

!Folgende Vertragsarten können unterschieden werden (vgl. Picot, 2012, S. 42 ff.):

�� Klassische Verträge sind zeitpunktorientiert und beinhalten sämtliche zu regelnden Umstände. Die Vertragserfüllung ist objektiv feststellbar und ggf. gerichtlich ein­klagbar. Sie beziehen sich meist auf Standardgüter und werden für den kurzfristigen Leistungsaustausch zwischen anonymen Vertragspartnern abgeschlossen. Ein Bei­spiel ist der Kauf von Benzin an einer Tankstelle.

�� Neoklassische Verträge sind zeitraumbezogen. Dabei ist es oftmals nicht möglich, alle Eventualitäten im Rahmen des Vertrags abzudecken. An die Stelle konkreter Bestimmungen können Regeln treten, die dem Vertrag mehr Flexibilität verleihen. So können z. B. bei Unstimmigkeiten neutrale Schlichter hinzugezogen werden. Beispiele sind mehrjährige Beschaffungsverträge oder zwischenbetriebliche Kooperationen.

�� Relationale Verträge sind implizite Vereinbarungen. Sie basieren auf gemeinsamen Werthaltungen und gegenseitigem Vertrauen. Sie liegen bei Arbeitsverhältnissen oder zwischenbetrieblichen Kooperationsvereinbarungen zugrunde.

Im Verständnis der neuen Institutionenökonomie werden alle wirtschaftlichen Produk­tions­ und Austauschprozesse durch Verträge organisiert. In diesem Sinne lässt sich ein Unternehmen als Netz dauerhaft angelegter Verträge zwischen wirtschaftlich abhän­gigen Individuen interpretieren. Märkte werden als Netz aus kurzfristigen Verträgen zwischen wirtschaftlich und rechtlich selbstständigen Wirtschaftseinheiten angesehen. Kooperationen beruhen auf mittel­ bis langfristigen Verträgen zwischen rechtlich selbst­ständigen, aber wirtschaftlich abhängigen Partnern.

1.2.3.2 Property-Rights-Theorie

Die Theorie der Handlungs­ und Verfügungsrechte an Gütern (Property Rights) betrach­tet deren Wirkung auf das Verhalten von ökonomischen Akteuren (vgl. Coase, 1960; Picot et al., 2010, S. 46; Welge/Al-Laham, 2012, S. 44).

Property Rights sind die mit einem Gut verbundenen Handlungs­ und Verfügungs­rechte, die Wirtschaftssubjekten aufgrund von Rechtsordnungen und Verträgen zu­stehen.

!Der Wert von Gütern hängt von ihren Rechten ab. Die Handlungs­ und Verfügungsrechte einer Person an einem bestimmten Gut schränken die Handlungsmöglichkeiten der an­deren Individuen ein, die nicht über diese Rechte verfügen. Damit bildet die Verteilung der Rechte Anreize für das Verhalten von Individuen. Die an einem Gut bestehenden Rechte können in vier Einzelrechte aufgeteilt werden (vgl. Welge/Al-Laham, 2012, S. 44):

�� Usus: Recht zur Nutzung eines Gutes.�� Abusus : Recht zur Veränderung der Form und Substanz eines Gutes.�� Usus fructus : Recht auf die Einbehaltung der aus einem Gut erzielten Gewinne und

Pflicht zur Übernahme der aus einem Gut entstehenden Verluste.�� Kapitalisierungsrecht : Recht, das Gut an Dritte zu veräußern.

Klassische, neoklassi­sche und relationale Verträge

Unterneh­men als Netz von Verträgen

Rechte an Gütern

1. Grundlagen der Unternehmensführung24

Ein Akteur kann all diese Rechte gemeinsam (vollständige Zuordnung) oder nur teil­weise besitzen (unvollständige Zuordnung). Jedes einzelne Recht kann einem einzigen Individuum zugeordnet oder aber auf mehrere Individuen verteilt sein. Verdünnte Property Rights bezeichnen unvollständig zugeordnete und/oder auf mehrere Indivi­duen verteilte Handlungs­ und Verfügungsrechte. In diesem Fall können positive oder negative Wirkungen von Handlungen einem Individuum nicht angelastet werden. So wirkt sich etwa die Nutzung von Wasser durch ein Unternehmen auf andere Nutzer aus (externe Effekte). Dies kann z. B. eine Wasserknappheit oder schlechte Wasserqualität sein. Bei verteilten Handlungs­ und Verfügungsrechten haben die Handlungen eines Individuums Auswirkungen auf den Nutzen der übrigen Akteure. Ein Beispiel sind Computernetzwerke, deren Nutzen für die einzelnen Teilnehmer von der Zahl der er­reichbaren Personen abhängt. Jeder zusätzliche Teilnehmer verursacht positive externe Effekte für die Netzteilnehmer, da deren Austauschmöglichkeiten steigen. Das Recht zur Nutzung (usus) und die Einbehaltung des entstandenen Gewinns (usus fructus) ist dann verdünnt und vom Handeln vieler Personen abhängig.

In einer Welt ohne Transaktionskosten wäre jede Verteilung der Handlungs­ und Verfü­gungsrechte gleichermaßen effizient: Bei verdünnten Rechten würden die betroffenen Individuen solange miteinander verhandeln, bis alle externen Effekte einer Person zuge­ordnet wären (vgl. Coase, 1960). In der realen Welt entstehen jedoch Transak tionskosten bei der Herausbildung, Zuordnung, Übertragung und Durchsetzung von Handlungs­ und Verfügungsrechten. Daher ist jeweils diejenige Verteilung der Rechte effizient, welche die Summe aus Transaktionskosten und externen Effekten minimiert. Prinzipiell sollten Property Rights möglichst vollständig verteilt werden. Dies schafft Anreize zum selbstverantwortlichen und effizienten Umgang mit Ressourcen. Die Property­Rights­Theorie eignet sich zur Analyse von Entscheidungen, die Handlungs­ und Verfügungs­rechte innerhalb eines Unternehmens verändern. Zudem gibt sie Hinweise zur Gestal­tung von Organisationen und Kontrollsystemen. Damit hat sie eine starke Bedeutung für die Erklärung der Unternehmensführung.

1.2.3.3 Principal-Agent-Theorie

Im Mittelpunkt der Principal­Agent­Theorie (Agenturansatz, Agency Theory) steht die erfolgreiche Gestaltung von Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehungen. Diese Be­ziehungen sind gekennzeichnet durch eine ungleiche („asymmetrische“) Verteilung von Informationen. Ein Auftraggeber (Prinzipal) überträgt zur Realisierung seiner Interessen bestimmte Aufgaben und Entscheidungskompetenzen auf Basis eines Ver­trags an einen Auftragnehmer (Agent). Dazu schließen beide einen Vertrag. Dieser enthält jedoch nicht alle zukünftig denkbaren Eventualitäten, da eine solche Vertrags­gestaltung mit sehr hohen Kosten verbunden wäre. Der Agent handelt jedoch nicht immer im Interesse des Prinzipals, sondern verfolgt auch eigene Interessen. Dies kann auch zu Lasten des Auftraggebers erfolgen. Der Nutzen kann z. B. in Gehalt, Karriere, Macht, Prestige oder Freizeit liegen. Der Agent kann seine eigenen Interessen auch unter Anwendung opportunistischer Praktiken verfolgen (sog. Moral Hazard). Bei­spiele sind Leistungs zurückhaltung, Betrug, Täuschung und Vertragsauslegung im eigenen Interesse (vgl. Kieser/Walgenbach, 2010, S. 46). Der Auftraggeber ist sowohl über die Entscheidungsprämissen, als auch über das Verhalten des Agenten nur unvoll­kommen informiert (vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 136). Solche Beziehungen be­stehen z. B. zwischen Vorgesetztem und Untergebenem, Kunde und Lieferant, Eigen­tümer und Manager, Aufsichtsrat und Vorstand, Arzt und Patient, Student und Dozent. Unternehmen können als Geflecht aus Principal­Agent­Beziehungen angesehen werden.

Verdünnte Rechte

Trans­aktions­

kosten

Auftrag­geber und

­nehmer

251.2 Theorien der Unternehmensführung

Die Principal-Agent-Theorie betrachtet arbeitsteilige Auftraggeber­Auftragnehmer­ Beziehungen. Dabei führt ein Auftragnehmer (Agent) mit bestimmten Entscheidungs­kompetenzen eine Aufgabe für einen Auftraggeber (Prinzipal) aus. Auf diese Weise lassen sich institutionelle Auftragsbeziehungen beschreiben, erklären und besser ge­stalten.

!

Ein wesentliches Kriterium für eine Principal­Agent­Beziehung sind die Agency-Kosten. Sie setzen sich zusammen aus:

�� Überwachungs­ und Kontrollkosten des Prinzipals, �� Signalisierungs­ und Garantiekosten des Agenten sowie�� dem verbleibenden Wohlfahrtsverlust (Residualverlust).

Der Wohlfahrtverlust kommt zustande, weil unvollkommene Informationen nutzenstei­gernde Maßnahmen verhindern. Die Kostenanteile verhalten sich gegenläufig. So kann z. B. der Residualverlust durch verstärkte Überwachungs­ und Kontrollaufwendungen reduziert werden. Für die Abwicklung einer Leistungsbeziehung ist somit ein institu­tionelles Arrangement mit den geringsten Agency­Kosten vorzuziehen. Die zugrunde liegenden Informationsasymmetrien haben folgende Ursachen:

�� Hidden characteristics : Der Prinzipal kann die Eigenschaften des Agenten oder dessen Leistung vor Vertragsabschluss nur eingeschränkt beurteilen. Ein klassisches Beispiel hierfür ist ein Gebrauchtwagenkauf (vgl. Akerlof, 1970). Der potenzielle Käufer (Prin­zipal) eines Gebrauchtwagens geht von einer marktdurchschnittlichen Qualität aus und leitet daraus seine maximale Preisvorstellung ab. Der Verkäufer (Agent) kennt die tatsächliche Qualität seines Wagens und wird folglich nur zum Verkauf bereit sein, wenn das Kaufangebot des Prinzipals darüberliegt. Derartige Probleme treten auch bei der Einstellung neuer Mitarbeiter oder bei Kreditverhandlungen auf. Ein Lösungsansatz ist der Abbau von Informationsasymmetrien zwischen Prinzipal und Agent. Hierfür sind folgende Maßnahmen denkbar:

– Signaling: Der Agent kann dem Prinzipal seine Leistungsfähigkeit z. B. durch Arbeits­ und Ausbildungszeugnisse oder Gütesiegel signalisieren.

– Screening: Der Prinzipal kann sich zusätzliche Informationen über den Agenten verschaffen. Beispiele sind Einstellungstests, Anfragen bei Kreditauskunfteien oder Recherche im Internet.

– Self-selection: Der Prinzipal bietet dem Agenten unterschiedliche Verträge an. Die Wahl des Agenten liefert Hinweise über dessen verborgene Eigenschaf­ten. So können z. B. bei Versicherungsverträgen Selbstbeteiligungen in unter­schiedlicher Höhe angeboten werden. Die Auswahl des Vertrags liefert dann dem Versicherungsunternehmen Informationen über die Risikoeinschätzung des Kunden.

�� Hidden action : Dieses Phänomen tritt nach Abschluss eines Vertrages auf. Dem Prin­zipal sind ausschließlich die Ergebnisse der Handlungen des Agenten bekannt, aber nicht die hierzu durchgeführten Maßnahmen. Dies kann der Fall sein, wenn er das Verhalten des Agenten nicht beobachten kann oder ihm das Wissen fehlt, um dessen Verhalten zu beurteilen. So kann z. B. ein Aufsichtsrat (Prinzipal) nicht beurteilen, ob die gewählte Strategie des Vorstands (Agent) im Interesse der Eigentümer war, wenn er die verfügbaren Alternativen nicht kennt. Daraus resultiert die Gefahr des Moral hazard. Das bedeutet, dass der Agent seine Handlungsspielräume opportunistisch

Agency­Kosten

Informa­tions asym­metrien

Hidden characte­ristics

Hidden action und Moral hazard

1. Grundlagen der Unternehmensführung26

ausnutzt und gegen die Interessen des Prinzipals verstößt. Zur Eingrenzung von Moral hazard gibt es zwei Möglichkeiten:

– Überwachung des Agenten zum Abbau der Informationsasymmetrie etwa durch Berichtssysteme und Kontrollinstanzen.

– Anreizsysteme zur Angleichung der Interessen von Prinzipal und Agent wie z. B. erfolgsabhängige Entlohnung.

�� Hidden intention : Hat der Prinzipal nicht mehr rückgängig zu machende (irreversible) Vorleistungen erbracht, dann ist er nach Vertragsabschluss vom Agenten abhängig. Beispielweise kann ein Lieferant für sein Angebot mit spezifischen Entwicklungsleis­tungen oder Anlagen in Vorleistung treten. Zur Lösung dieses Problems bietet sich ein Interessenausgleich durch Beteiligung des Agenten an der Investition an. Dies kann z. B. ein langfristiger Liefervertrag mit Kapitalverflechtung sein.

Hiddencharacteristics

Hidden action

Hiddenintention

Informationsproblem des Prinzipals

Leistungsqualität des Partners unbekannt

Anstrengung des Partners nicht beurteilbar

Absichten desPartners unbekannt

Problemursache Verborgene Eigenschaften

Überwachungsmöglich-keiten und -kosten Ressourcenabhängigkeit

Zeitpunkt Vor Vertragsabschluss Nach Vertragsabschluss Nach Vertragsabschluss

LösungsansätzeSignaling, Screening,

Self-SelectionÜberwachung, Anreizsysteme

Interessens-angleichung

Abb. 1.2.6: Informationsasymmetrien

In der Unternehmenspraxis treten die genannten Informationsasymmetrien oft gemein­sam auf, so dass eine effiziente Lösung des Principal­Agent­Problems eine Kombination der Lösungsansätze erfordert. Wichtige Anwendungsgebiete in der Unternehmensfüh­rung liegen in der Gestaltung von Anreiz­ und Informationssystemen (vgl. Kieser/Wal-genbach, 2010, S. 46 f.; Picot et al., 2010, S. 59). Die abgeleiteten Gestaltungsempfehlungen sind leicht verständlich. Ihre Anwendung in der Unternehmenspraxis ist aufgrund der zugrunde liegenden Annahmen jedoch schwierig. So lassen sich z. B. Agency­Kosten nicht verlässlich messen und die Handlungsmöglichkeiten sowie die dabei auftretenden Probleme nur eingeschränkt beurteilen.

1.2.3.4 Transaktionskostentheorie

Die Transaktionskostentheorie geht auf Coase (1937) und Williamson (1975, 1987) zurück und bildet den Kern der neuen Institutionenökonomie (vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 133). Im Mittelpunkt steht die Effizienz, während in der Industrieökonomie (vgl. Kap. 1.2.1) die Marktmacht das bestimmende Thema ist. Ausgangs­punkt ist die Überlegung, dass der Preismechanismus des Marktes auch Kosten verursacht (vgl. Coase, 1937, S. 390). Die in der Neoklas­sik geltende Annahme kostenloser Transaktionen auf einem voll­kommenen Markt wird damit aufgegeben. Den Rahmen für die Abwicklung von Transaktionen bilden Institutionen. Williamson spricht relativ unpräzise von einer Transaktion, wenn „ein Gut oder eine Leistung über eine technisch trennbare Schnittstelle hinweg“ (Williamson, 1990, S. 1) übertragen wird.

Hidden intention

Anwen­dungs­gebiete

271.2 Theorien der Unternehmensführung

Eine Transaktion ist die Übertragung von Verfügungsrechten (Property Rights) im Rahmen eines Leistungsaustauschs. !

Die Transaktionskostentheorie beschäftigt sich mit der Frage, warum Firmen existieren und nicht alle Transaktionen über den Markt abgewickelt werden. Erklärt wird die Entstehung und Entwicklung industrieller Ordnungsmuster. Darauf aufbauend wer­den Regeln zur Koordination wirtschaftlicher Aktivitäten auf einzel­, branchen­ und gesamtwirtschaftlicher Ebene abgeleitet. Die Koordination eines Leistungsaustausches durch Märkte ist vorteilhaft, wenn sie mit geringeren Kosten verbunden ist als die Koor dination durch Unternehmen. Ziel ist die Erhöhung der Effizienz des Leistungsaus­tausches. Das bedeutet, dass die Transaktionskosten zwischen den Partnern möglichst gering sein sollen.

Transaktionskosten umfassen alle Kosten, die bei der Übertragung von Verfügungs­rechten auf Märkten entstehen. !

Transaktionskosten sind Kosten der Information und Kommunikation zur�� Anbahnung, wie z. B. Recherche, Reisen oder Beratung,�� Vereinbarung, wie z. B. Verhandlungen oder Rechtsabteilung,�� Abwicklung, wie z. B. Prozesssteuerung,�� Kontrolle, wie z. B. Qualitäts­ und Terminüberwachung sowie�� Anpassung, wie z. B. nachträgliche Änderungen (vgl. Welge/Al-Laham, 2012, S. 44).

Diese Kosten unterscheiden sich je nach Aufgabe und Form der Institution wie z. B. Rechtsform oder Kultur. Daher ist für jeden Aufgabentyp die passende Koordina­tionsform zu finden (vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 133). Transaktionskosten treten auf, weil die Akteure verschiedene Interessen verfolgen und auch über verschiedene Kenntnisse und Informationen (asymmetrische Information) verfügen. Dies erfordert mit Aufwand verbundene Information und Kommunikation. Akteure sind nicht aus­schließlich rational, sondern handeln auch im eigenen Interesse (bounded rationality). Daher ist eine effiziente Koordination durch den Markt nicht mehr gewährleistet, d. h. der Markt versagt. Verträge können nur unvollständig sein, da nicht alles im Voraus geregelt werden kann. Für jede Transaktion soll eine geeignete Ausprägung zwischen Markt und Unternehmen (Hierarchie) gefunden werden, bei der die Transaktionskosten minimal sind. Die Höhe der Transaktionskosten wird durch folgende Transaktionsmerk-male bestimmt (vgl. Kieser/Walgenbach, 2010, S. 48 ff.; Picot et al., 2010, S. 51 ff.):

�� Spezifität: Der Spezifitätsgrad bezeichnet den entstehenden Wertverlust, wenn die für die Transaktion erforderlichen Ressourcen nicht wie geplant verwendet werden können. Unspezifische Ressourcen wie z. B. Büromaterial können ohne Einschrän­kung auch für andere Zwecke genutzt werden. Spezifische Ressourcen wie z. B. eine Spezialmaschine erfordern dagegen eine mit Kosten verbundene Umrüstung oder sind nicht für andere Zwecke einsetzbar. Dabei lassen sich folgende Arten von Spe-zifität unterscheiden:

– Standortspezifität (site specifity): Ortsgebundene Anlagen.

– Spezifität des Sachkapitals (physical asset specifity): Spezifische Maschinen und Technologien.

Arten von Trans­aktions­kosten

Spezifität

1. Grundlagen der Unternehmensführung28

– Spezifität des Humankapitals (human asset specifity): Spezifische Mitarbeiter­qualifikationen.

– Zweckgebundene Sachwerte (dedicated assets): Beim Wegfall der Transaktion sind die Sachwerte nicht anderweitig verwendbar.

Die aus der Spezifität entstehende Abhängigkeit kann von einem der Akteure oppor­tunistisch ausgenutzt werden. Ein Lieferant kann z. B. von einem Großkunden zur Senkung der Bezugspreise gezwungen werden, wenn die vorhandenen Kapazitäten sich nicht mit anderen Kunden auslasten lassen. Spezifität wird also dann problematisch, wenn die Akteure ihren eigenen Nutzen ggf. auch auf Kosten des Vertragspartners maximieren. Daher empfiehlt es sich, spezifische Transaktionen nicht über kurzfristige Marktbeziehungen abzuwickeln, sondern stärker hierarchisch zu gestalten. Für den Austausch standardisierter Leistungen bzw. bei geringer Spezifität eignet sich dagegen die Koordination über den Markt.

�� Veränderlichkeit der Vertragsbeziehung: Die Anpassungsmöglichkeiten unvollstän­diger Verträge an veränderte Bedingungen bestimmen ebenfalls die Transaktions­kosten und damit die geeignete Koordinationsform. Unsichere Umweltbedingungen drücken sich in Anzahl und Ausmaß nicht vorhersehbarer Aufgabenänderungen aus. In einer unsicheren Umwelt wird die Vertragserfüllung durch häufige Wechsel von Terminen, Preisen, Konditionen und Mengen erschwert. Dies erfordert Vertragsmodi­fikationen und verursacht daher Transaktionskosten. Der Markt ist für Transaktionen geeignet, bei denen erforderliche Informationen verfügbar sind und Änderungen sich in den Preisen widerspiegeln. Besteht zwischen den Vertragspartnern jedoch eine Abhängigkeit, dann besteht die Gefahr, dass dies der stärkere Verhandlungspartner zu seinem Vorteil ausnutzt. Passiert dies häufig, so ist die hierarchische Koordinati­onsform vorteilhafter.

�� Transaktionshäufigkeit: Je öfter eine Transaktion durchgeführt wird, umso vorteil­hafter sind hierarchische Unternehmensstrukturen. Häufig wiederkehrende Trans­aktionen ermöglichen den Aufbau spezifischer Kapazitäten und den Abschluss langfristiger Kooperationsvereinbarungen. Nur sporadisch auftretende Austausch­beziehungen sollten dagegen über den Markt abgewickelt werden.

Die zentrale These der Transaktionskostentheorie besagt, dass eine Transaktion umso effizienter ist, je besser die vertragliche Vereinbarung ihren Anforderungen entspricht (vgl. Kieser/Walgenbach, 2010, S. 49). Zwischen den beiden Koordinationsformen Markt und Hierarchie gibt es eine Reihe an Mischformen, die sowohl Elemente marktlicher als auch hierarchischer Koordination enthalten. Beispiele sind Unternehmenskooperationen oder Joint Ventures (vgl. Kap. 5.3). Die Vorteilhaftigkeit jeder dieser Koordinationsformen hängt vom Zusammenspiel der Einflussgrößen auf die Transaktionskosten ab. Hierar­chien (Unternehmen) haben unabhängig vom Spezifitätsgrad die höchsten fixen Trans­aktionskosten, stellen jedoch eine Vielzahl von Anreiz­ und Kontrollmechanismen für spezifische Transaktionen bereit. Bei Markttransaktionen entstehen geringe Fixkosten, jedoch sind die variablen Transaktionskosten durch zusätzliche Spezifität relativ hoch. Anhand der beiden Kriterien Spezifität und Häufigkeit zeigt Abb. 1.2.7 die effizienteste Koordinationsform und daraus resultierende Empfehlungen.

Kritisiert wird an der Transaktionskostentheorie die Annahme opportunistischen Han­delns der Akteure und die Ausrichtung auf die Effizienz des Leistungsaustausches (vgl. Kieser/Walgenbach, 2010, S. 51). Neben der Effizienz spielt auch die Machtverteilung zwischen den Transaktionspartnern eine Rolle. Darüber hinaus ist die Messung der Transaktionskosten schwierig.

Veränder­lichkeit

Trans­aktions­

häufigkeit

291.2 Theorien der Unternehmensführung

Anwendungsgebiete der Transaktionskostentheorie sind die Erklärung des Entstehens und Nutzens von Unternehmen und Kooperationen (vgl. Kap. 5.3), der Aufbauorganisa­tion (vgl. Kap. 5.1), der Corporate Governance (vgl. Kap. 2.5) und der Strategie (vgl. Wil-liamson, 1991, S. 75). Darüber hinaus lassen sich auch Trends in der Unternehmenspraxis begründen und dafür Gestaltungsempfehlungen ableiten. Beispiele sind die wachsende Auslagerung von Aktivitäten (Outsourcing) oder die unternehmensübergreifende Zu­sammenarbeit.

1.2.4 Systemtheorie

Ein System ist eine geordnete Gesamtheit von Elementen, zwischen denen Beziehungen bestehen (vgl. Ulrich, 2001, S. 105). Es lässt sich in Teilsysteme aufteilen, die als Subsyste­me bezeichnet werden. Ein System kann selbst Teil eines übergeordneten Systems sein. Beispielsweise unterteilt sich ein Unternehmen in Geschäftsbereiche (= Subsysteme) und ist Bestandteil einer Branche (= Systemumwelt). Die Systemelemente bilden die kleinsten Bestandteile des Systems. Eine weitere Unterteilung der Elemente ist nicht sinnvoll bzw. möglich. Bei Unternehmen sind dies z. B. die Mitarbeiter. Als Beziehungen werden die Verknüpfungen zwischen den Elementen bezeichnet. Ein wesentliches Merkmal eines Systems ist, dass die Systemelemente einen gemeinsamen Zweck verfolgen. Die System­grenze bildet die Trennlinie zwischen den Systemelementen und ihrer Umwelt. Verfügt ein System auch über Verbindungen zu seiner Umwelt, so wird es als offenes System bezeichnet. Wie die Systemabgrenzung vorgenommen wird, ist vor allem vom Zweck der Betrachtung abhängig. Abb. 1.2.8 veranschaulicht die Bestandteile eines Systems.

Ein System besteht aus Elementen, die miteinander in Beziehung stehen und einen gemeinsamen Zweck verfolgen (vgl. Forrester, 1971, S. 13 ff.). !

Anwen­dungs­gebiete

Elemente und Bezie­hungen

hoch

niedrig

Spezifität der Leistung

gering hoch

Tran

sakt

ions

häuf

igke

it

mittel

Kooperation

Markt

Hierarchie

ExterneKoordinationdurch Dritte

Abb. 1.2.7: Effiziente Koordinationsformen aufgrund der Transaktionskostentheorie (vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 133 f.)

1. Grundlagen der Unternehmensführung30

Die Systemtheorie beschäftigt sich mit Fragen nach gemeinsamen Eigenschaften, dem Verhalten und der Entwicklung von Systemen (vgl. Ulrich/Probst, 2001, S. 19). !

Zur Beantwortung dieser Fragen sind die Elemente und deren Zusammenhänge zu klären. Die Systemanalyse nimmt dazu zwei Perspektiven ein:

�� Atomistische Sichtweise: Das Verhalten eines Systems erklärt sich aus seinen Elemen­ten. Hierfür wird das System in seine Elemente zerlegt und diese näher betrachtet. Im System „Fußballmannschaft“ werden demnach die Fähigkeiten und Qualitäten der einzelnen Spieler untersucht.

�� Holistische Sichtweise: Ein System ist nicht nur die Summe seiner Teile. Um die Ele­mente zu einem leistungsfähigen System zu formen, muss auf die Zusammenhänge zwischen den Elementen geachtet werden. Deshalb ist eine Gruppe guter Fußball­spieler noch keine gute Mannschaft. Es kommt vielmehr darauf an, wie die Spieler miteinander harmonieren.

Holistische Sichtweise Atomistische Sichtweise

Betrachtung als Gesamtsystem Betrachtung der Teile

Analyse der Zusammenhänge Analyse der Einzelteile

Integration der Systemelemente Differenzierung der Systemelemente

Abb. 1.2.9: Holistische und atomistische Sichtweise

Um die Wirkung und das Verhalten eines Systems zu verstehen, müssen beide Perspek­tiven kombiniert werden. Eine integrative Betrachtung berücksichtigt das Wechselspiel zwischen Teil und Gesamtheit. Dabei werden mehrere Systemebenen unterschiedlicher Differenzierung betrachtet. Dies wird als ganzheitliche Betrachtung bezeichnet (vgl. Bleicher, 2011, S. 52).

Für das Verhalten eines Systems sind kausale Zusammenhänge von zentraler Bedeu­tung. Kausalität bezeichnet eine unveränderliche Beziehung zwischen zwei oder meh­reren Elementen und wird auch als Ursache­Wirkungs­Prinzip bezeichnet. Nach den

Atomistisch

Holistisch

Ganz­heitliche

Betrachtung

Kausalität

System

Umweltelement

Subsystem

Systemelement

System-grenze Außen-

verbindung

Umwelt

Beziehung

Abb. 1.2.8: Bestandteile eines Systems

311.2 Theorien der Unternehmensführung

Regeln der Beweisführung (vgl. Mill, 1965) wird etwas als Ursache bezeichnet, wenn diese immer im Zusammenhang mit einer Wirkung auftritt und ihre Veränderung zu einer geänderten Wirkung führt. Einfache Ursache-Wirkungs-Ketten unterstellen, dass Maßnahmen mit Sicherheit zu einem bestimmten Ergebnis führen. Dies gilt jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen. So kann ein technisches System unter gleichen Rahmenbedingungen durchaus immer das gleiche Ergebnis hervorbringen. In Syste­men, die sich verändern und deren Wirkungsmechanismen mehrdeutig sind, lässt sich aber die Wirkung eines Eingriffs nicht mit Sicherheit vorhersagen (vgl. Ulrich/Probst, 2001, S. 60). Für Systeme wie z. B. Unternehmen, in denen Menschen handeln und die aufgrund des intensiven Austauschs mit der Systemumwelt ständigen Veränderungen unterliegen, ist die Annahme linearer Kausalketten nicht sinnvoll (vgl. Ulrich, 2001, S. 52). Kreisförmige Vorstellungen bilden die vernetzte Struktur sozialer Systeme besser ab (vgl. Bleicher, 2011, S. 54).

Ursache­Wirkungs­Zusammenhänge in Form von Kreisläufen werden durch sog. kyber­netische Wirkungsmechanismen erklärt. Die Kybernetik ist mehrere tausend Jahre alt. Bereits Plato und andere Philosophen aus seiner Schule entwickelten sie als Kunst des Steuerns und Regelns (vgl. Pauly, 1990, S. 68). Lenkung als eine Kombination aus Steuern und Regeln richtet dabei ein System auf ein gemeinsames Ziel aus.

Bei der Steuerung gehen in ein System verschiedene Faktoren (Input) ein und es er­zeugt als Ergebnis einen sog. Output. Damit ein System auf ein Ziel hin ausgerichtet wird, erfasst die Steuerung mögliche Störgrößen, welche auf das System einwirken können. Wird eine Störung festgestellt, so wirkt die Steuerung auf das System durch Stellgrößen korrigierend ein.

!

Beispiel hierfür ist ein Wasserbehälter, der auf einem bestimmten Füllniveau (Soll größe) gehalten werden soll. Dafür müssen sowohl der Wasserabfluss (Output) als auch der Zufluss (Input) bekannt sein. Dann kann z. B. über einen Wasserhahn als Stellgröße die Wasserzufuhr so eingestellt werden, dass der Sollwert erreicht wird. Tritt eine Störung wie z. B. eine Verringerung des Wasserdrucks auf, so kann diese durch stär­keres Aufdrehen des Wasserhahns beseitigt werden. Die Steuerung vergleicht somit Vorfeld­Informationen über bekannte Störgrößen mit den verfolgten Zielen und greift gegebenenfalls ein. Dies wird als Vorkopplung bzw. feedforward bezeichnet. Abb. 1.2.10 veranschaulicht das Steuerungsprinzip. Bei isolierter Steuerung wird allerdings der Output nicht kontrolliert. Funktioniert das System nicht in der unterstellten Weise, dann wird der dadurch verursachte fehlerhafte Output nicht bemerkt. Dies ist z. B. der Fall, wenn der Wasserbehälter undicht ist und dies keine überwachte Stör größe ist.

SystemSystem

Ziel(Sollgröße)

Stellgröße

Störgrößen

InputOutput

SteuerungSteuerung

Abb. 1.2.10: Steuerungsprinzip

Kybernetik

Steuerung

1. Grundlagen der Unternehmensführung32

Die Regelung unterscheidet sich von der Steuerung dadurch, dass der Output des Systems überwacht wird. Die Information wird erst nach Durchlauf des Systems er­hoben, weshalb hier von Rückkopplung bzw. Feedback gesprochen wird. Der Regler vergleicht, ob das Systemergebnis mit den Zielvorstellungen übereinstimmt und greift bei Abweichungen ein.

!

Im Beispiel des Wasserbehälters könnte die Füllhöhe durch einen Schwimmer angezeigt werden. Ist die gewünschte Füllhöhe erreicht, so wird der Zufluss durch den Regler ge­stoppt. Sinkt der Schwimmer unter den Sollwert, so wird der Zufluss erhöht. Abb. 1.2.11 veranschaulicht dieses Regelungsprinzip. Da bei der Regelung lediglich das aufgrund vergangener Handlungen erzielte Systemergebnis festgestellt wird, kann sie auf Stör­größen nur mit einer mehr oder weniger hohen Zeitverzögerung reagieren.

Ziel(Sollgröße)

Stellgröße

Störgrößen

InputOutput

Regler

System

Abb. 1.2.11: Regelungsprinzip

Die isolierte Anwendung beider Prinzipien ist nicht zufriedenstellend, da bei der Steue­rung die Ergebnisse und bei der Regelung die Störgrößen nicht beachtet werden. Daher ist es zweckmäßig, beide Prinzipien miteinander zu kombinieren.

Lenkung richtet Systemelemente auf ein gemeinsames Ziel aus. Durch Kombination von Steuerung und Regelung werden sowohl einwirkende Störungen im Vorfeld berück­sichtigt als auch das Ergebnis des Systems kontrolliert.

!

Ziel(Sollgröße)

Stellgröße

Input

Lenkung

OutputSystemStörgrößen

Abb. 1.2.12: Lenkung als Kombination aus Regelung und Steuerung

Die Lenkung beeinflusst das Verhalten eines Systems und ist für sein Funktionieren er­forderlich. Sind die kausalen Systemzusammenhänge bekannt, so lässt sich das zukünf­

Regelung

Lenkung

331.2 Theorien der Unternehmensführung

tige Verhalten des Systems vorhersagen. Werden Kausalbeziehungen zusammengefügt sowie Steuerungs­ und Regelungsregelkreise kombiniert, dann entstehen integrierte Systeme. Ihr Verhalten wird durch deren Strukturen geprägt (vgl. Bleicher, 2011, S. 53). Wirken Elemente über Ursache­Wirkungs­Zusammenhänge aufeinander ein, dann entstehen in integrierten Systemen Rückkopplungen. Dies kann grafisch in Form von Kausaldiagrammen dargestellt werden.

Das Beispiel in Abb. 1.2.13 zeigt kausale Strukturen des betrachteten Systems. Dabei werden nach ihren Effekten folgende Wirkungsbeziehungen unterschieden:

�� Positive bzw. gleichgerichtete Beziehungen bewirken, dass sich Ursache und Wirkung in gleicher Richtung ändern. Beispielsweise führt eine Zunahme des Auftragsbestan­des bei ausgelasteten Kapazitäten zu einer Erhöhung der Lieferzeit.

�� Negative bzw. entgegengerichtete Beziehungen bewirken eine Veränderung der be­einflussten Variablen in die entgegengesetzte Richtung. Beispielsweise führt die Erhöhung der Lieferzeit in der Folge zu einer Abnahme des Auftragseingangs.

Aus der Verkettung mehrerer Ursache­Wirkungs­Zusammenhänge ergibt sich im Bei­spiel der Abb. 1.2.13 eine Kausalschleife. Ihre Wirkungsrichtung folgt aus der Multipli­kation der Vorzeichen (Polaritäten). Im Beispiel bewirkt ein höherer Auftragsbestand höhere Lieferzeiten (positive Beziehung), eine höhere Lieferzeit reduziert jedoch den Auftragseingang (negative Beziehung). Dieser beeinflusst wiederum den Auftragsbe­stand positiv. Insgesamt ergibt sich aus der Multiplikation der Vorzeichen eine negative Rückkopplung. Sie ist stabilisierend, da sie zu einer Annäherung an einen Zielwert führt. Negative Rückkopplungsschleifen streben danach, den Abstand zwischen Ist­ und Sollzustand eines Systems laufend zu verringern.

Zeit

Zielwert

Auftragsbestand

(–)

+

Lieferzeit

Auftrags-bestand

Auftrags-eingang

Zielwert

+

Abb. 1.2.13: Kausal- und Verhaltensdiagramm einer negativen Rückkopplungsschleife

Regelkreise mit positiver Polarität entfernen das betrachtete System dagegen immer weiter von seinem Anfangszustand (vgl. Abb. 1.2.14). Dieser Grundtyp wird wegen sei­ner destabilisierenden Wirkung auch als selbstverstärkender Regelkreis bezeichnet. Er führt zu exponentiellen Wachstums­ oder Schrumpfungs prozessen.

Das Verhalten ist somit aus der Struktur des Systems erklärbar. Strukturen eines Systems bestehen aus zusammengesetzten Re­gelkreisen. Häufige Anordnungen von Regelkreisen werden nach Peter Senge als sog. archetypische Strukturen bezeichnet. Ihnen können typische Verhaltensweisen zugeordnet werden (vgl. Senge, 1990, S. 378 ff.).

Wirkungs­beziehun­gen

Rück­kopplung

Arche­typische Strukturen

1. Grundlagen der Unternehmensführung34

Neben den beiden Grundmustern exponentiellen Wachstums bzw. Schrumpfung und Gleichgewichtssuche können einige komplexere Grundmuster in ihrer Struktur und ihrem Verhalten erklärt werden. So ist z. B. das S­kurvenförmige Verhalten eines Markt­lebenszyklus (vgl. Kap. 3.3.4) eine Kombination aus einer negativen und einer positiven Rückkopplungsschleife. Werden viele Regelkreise miteinander verknüpft, so kann das Verhalten nur noch mit Hilfe von Simulationsmodellen vorhergesagt werden (vgl. Forres-ter, 1971). Ursache ist z. B. der unterschiedlich starke Einfluss einzelner Kausalschleifen auf das Gesamtverhalten eines Systems oder Zeitverzögerungen, die für unterschiedlich schnelle Wirkungen sorgen.

Hat ein System eine große Anzahl verschiedenartiger Systemelemente und Beziehun­gen, so wird es als kompliziert bezeichnet. Verändern sich diese Systemelemente und Beziehungen mit der Zeit, dann handelt es sich um ein dynamisches System. Treffen beide Eigenschaften zu, dann wird von einem komplexen System gesprochen (vgl. Ul-rich/Probst, 2001, S. 59 ff.). Abb. 1.2.15 veranschaulicht dies. Komplexe Systeme verfügen aufgrund ihrer Variabilität über vielfältige und schwierig vorherzusehende Verhaltens­möglichkeiten. Die Handhabung von Komplexität wird daher zum Kern der Lenkung eines Systems (vgl. Bleicher, 2011, S. 51).

Komplexität

(+ )

+

Zeit

+

+

Auftragsbestand

Bekannt-heit

Auftrags-bestand

Auftrags-eingang

Aus-lieferungen

+

Abb. 1.2.14: Kausal- und Verhaltensdiagramm einer positiven Rückkopplungsschleife

KompliziertEinfach

Dynamisch Komplex

hoch

niedrig

Vielzahl/Kompliziertheit

niedrig hoch

Ver

ände

rlich

keit/

Dyn

amik

Abb. 1.2.15: Komplexitätsdimensionen (in Anhlehnung an Ulrich/Probst, 2001, S. 61)

351.2 Theorien der Unternehmensführung

Ein komplexes System ist kompliziert und dynamisch. Es besteht aus vielen verschie­denen Systemelementen und Beziehungen, die sich verändern (vgl. Bleicher, 2011, S. 51). !

Die Systemtheorie trifft Aussagen über Systeme jeder Art. Nach den Merkmalen von Systemen können verschiedene Systemarten unterschieden werden (vgl. Ackhoff, 1994, S. 175 ff.; Malik, 1999, S. 63; Zahn/Dillerup, 1995, S. 39 ff.):

�� Mechanistische Systeme haben keine eigenen Ziele und funktionieren nach dem Willen des Systembenutzers wie eine Maschine. Wird ein Unternehmen so verstanden, würde es lediglich den Interessen seiner Eigentümer dienen. Ein solches System ist rational planbar, sofern seine Einzelteile und deren Zusammenwirken vollständig verstanden werden. Auf dieser Sichtweise basiert das Scientific Management nach Taylor.

�� Organismische Systeme verfolgen selbst mindestens ein Ziel, z. B. Wachstum oder Über­leben. Die Übertragung dieses Systemverständnisses auf Unternehmen ist weit verbreitet und spiegelt sich auch in sprachlichen Analogien wider. So ist z. B. der englische Be­griff „Corporation“ vom lateinischen Wort „Corpus“ abgeleitet. In der Vorstellung des Unternehmens als Organismus wird nicht mehr von der einfachen Austauschbarkeit der Ressourcen ausgegangen. Damit steigt der Wert der Mitarbeiter, die als schwierig zu ersetzende Teile eines Unternehmens im Sinne von Organen betrachtet werden. Unternehmen unterliegen ähnlich wie natürliche Organismen der Evolution als einer Anpassung an ihre Umwelt. Dadurch soll ihre Überlebensfähigkeit erhalten werden.

�� Soziale Systeme bestehen aus Individuen, die zu eigenen und gemeinsamen Zwecken zusammenarbeiten und vielfältige Austauschbeziehungen mit ihrer Umwelt unter­halten. Das Unternehmen als soziales System zeichnet sich dadurch aus, dass sowohl das System als auch seine Elemente eigene Ziele verfolgen. Das Unternehmen ist Teil eines übergeordneten Systems und steht im Zusammenhang mit anderen Systemen wie z. B. Kunden, Lieferanten und Konkurrenten.

Aus der Anwendung der Systemtheorie auf die Betriebswirtschaftslehre ist die sog. systemorientierte Managementlehre entstanden. Pioniere waren Beer (1970), Ulrich (2001) und Bertalanffy (1973). Darin werden Unternehmen mittels systemtheoretischer Metho­den ganzheitlich beschrieben, erklärt und gestaltet (vgl. Zahn/Schmid, 1996, S. 28).

Ein Unternehmen ist ein komplexes, sozio-technisches System. Es besteht aus einer Vielzahl verschiedenartiger Elemente. Seine Elemente und deren Beziehungen ändern sich dabei laufend. Das Unternehmen beinhaltet sowohl technische Elemente als auch Menschen, die auch eigene Interessen verfolgen.

!Die Unternehmensführung ist ein Subsystem des Unternehmens, dessen Aufgabe die Koordination innerhalb des Systems sowie zwischen dem System und seiner Umwelt ist. Der systemtheoretische Ansatz analysiert und erklärt Unternehmen als Systeme mit dem Ziel der Komplexi­tätsbeherrschung (vgl. Ulrich, 2001, S. 105). Er basiert auf Regelkrei­sen zur Lenkung des Unternehmens. Dabei werden Sollvorgaben mit Istwerten verglichen, um bei Bedarf entweder Korrekturent­scheidungen zur Maßnahmenänderung oder Anpassungsentschei­dungen zur Zieländerung einleiten zu können. Damit Unterneh­men ihren Systemzweck dauerhaft erfüllen können, kommt der

Mechanis­tische Systeme

Organis­mische Systeme

Soziale Systeme

System ­theore­tischer Ansatz

1. Grundlagen der Unternehmensführung36

Unternehmensführung neben der Lenkung auch die Gestaltung des zweckorientierten Systems Unternehmen zu (vgl. Ulrich, 2001, S. 182).

In der deutschsprachigen Betriebswirtschaftslehre wurde aufbauend auf dem System­denken durch Bleicher eine umfassende Konzeption für die Unternehmensführung entwickelt (vgl. Bleicher, 2011). Daraus entstand das St.-Galler-Management-Modell. Die Systemtheorie ist heute ein weit verbreitetes Grundverständnis von Unternehmen und findet breite Anwendung in verschiedenen betriebswirtschaftli­chen Disziplinen. Sie liefert das Grundverständnis der Unterneh-mensführung und erlaubt, Unternehmen als Elemente der Gesell­schaft zu betrachten. Das systemtheoretische Verständnis bildet die Grundlage für die in diesem Buch verwendete Konzeption der Unternehmensführung (vgl. Kap. 1.3). Da Unternehmen komplexe Systeme sind, ist die Dynamik von großer Bedeutung für alle ge­stalterischen und lenkenden Eingriffe. Im Wechselspiel von Aktion und Reaktion geschehen Veränderungsprozesse. Daher ist die Sys­temtheorie durch die Evolutionstheorie zu ergänzen.

1.2.5 Evolutionstheorie

Die Unternehmensführung umfasst neben der Steuerung und Regelung auch die Ge­staltung eines Unternehmens als evolutionären Prozess. Evolutionäre Überlegungen gehören mit zu den ältesten und am weitesten verbreiteten Theorien der Wissenschaft. Sie finden sich nicht nur in der Biologie, sondern u. a. auch in Recht, Soziologie, Volks­ und Betriebswirtschaftslehre (vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 137). Die Unterneh­mensführung wird aus einer Mischung systemtheoretischer und evolutionsbiologischer Gedanken stark beeinflusst. Da Unternehmen komplexe Systeme sind, lässt sich die Wirkung von Eingriffen nicht exakt vorhersagen. Damit ist der Gestaltungsspielraum der Unternehmensführung begrenzt (vgl. Kieser/Woywode, 2006, S. 101 ff.).

Evolution bezeichnet die allmählich fortschreitende Entwicklung eines Systems aus sich selbst heraus (vgl. Witt, 1994, S. 503). !

Die meisten evolutionären Ansätze haben ihren Ursprung in der Biologie. Der Natur­forscher und Philosoph de Lamarck hatte 1809 als erster eine biologische Evolutions­theorie aufgestellt, nach der sich Organismen nach und nach vervollkommnen. Darwin stellte 1859 die biologische Evolution als zufälligen Prozess mit folgenden Phasen dar (vgl. Kunzmann et al., 1993, S. 187):

�� Variation : Bei der Fortpflanzung werden durch Zufall andere Erbanlagen weitergegeben. Es entstehen genetische Mutationen in Form von abweichenden Lebensformen mit neuen Eigen­schaften.

�� Selektion : Lebewesen zeugen mehr Nachkommen als zur Art­erhaltung erforderlich. Deshalb kommt es zu einer Auswahl jener Lebensformen, die sich besser an die Umweltbedingungen anpassen können. Dieser Daseinskampf („Struggle for Life“) ermöglicht die Weiterentwicklung der Art.

Variation

Selektion

371.2 Theorien der Unternehmensführung

�� Retention : Die Vermehrung der überlegenen Mutation und die damit verbundene Weitergabe ihrer günstigen Erbanlagen führen zu einer Ausbreitung und Verfesti­gung der veränderten Art. In der Tierwelt wird dies dadurch gewährleistet, dass sich nur die stärksten Männchen im Kampf um ein Weibchen durchsetzen und damit fortpflanzen können („Survival of the fittest“).

Die Erkenntnis des Evolutionsprozesses war zunächst revolutionär. Die Bildung höherer Arten wird als das Ergebnis eines zufälligen Prozesses des Entstehens und Vergehens sowie einer schrittweisen Entwicklung von einfachen hin zu besser angepassten Arten verstanden. Die Evolutionstheorie kann damit Erklärungen für das Zustandekommen eines Zustands liefern, ohne zukünftige Veränderungen vorherzusagen (vgl. Dillerup, 1998b, S. 72). Solche Prozesse des Wandels betreffen nicht nur biologische Organismen. Ökonomische und biologische Systeme weisen wesentliche Gemeinsamkeiten auf und unterliegen daher ähnlichen Wirkungsmechanismen (vgl. Zahn/Schmid, 1996, S. 34). Ent­wicklung erfolgt als dynamischer Prozess, bei dem plötzlich auftretende Neuerungen die Systeme verändern. So bilden z. B. organisatorische Prozesse, Wissen und Fähigkeiten den „genetischen Code“ eines Unternehmens. Auswahlmechanismen in Unternehmen oder der Markt sorgen für die Selektion und Weiterentwicklung. Bei der Übertragung biolo­gischer Phänomene auf ökonomische Systeme sind einige Unterschiede zu beachten. So werden z. B. die Zeitabstände der Veränderung in der Biologie in mehreren tausend Jah­ren gemessen, während sich unternehmerischer Wandel in Jahreszeiträumen vollzieht.

Ökonomische Evolution ist die Fähigkeit eines wirtschaftlichen Systems, Wandel aus sich selbst heraus zu erzeugen (vgl. Witt, 1994, S. 503 ff.). !

Ökonomische und soziale Phänomene werden in der Evolutionstheorie als Verände­rungsprozesse verstanden. Dabei wird nicht ein statischer Zustand zu einem bestimm­ten Zeitpunkt, sondern die für dessen Entstehung verantwortlichen Mechanismen und Prozesse betrachtet (vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 137). Die Annahme einer vollständigen Plan­ und Gestaltbarkeit von Unternehmen wird bei der evolutionären Unternehmensführung aufgegeben. Die Frage ist, wodurch sich das Überleben eines Unternehmens sicherstellen lässt. Es soll so gelenkt werden, dass es sich wie ein lebender Organismus erhalten, anpassen und verändern kann (vgl. Schmidt, 1992, S. 42). Hierfür sind zum einen die Grenzen der Beherrschbarkeit komplexer Systeme zu akzeptieren und zum anderen ganzheitliches Denken und Handeln erforderlich (vgl. Ulrich/Probst, 2001, S. 12). Unternehmen sind danach sich selbst steuernde und organisierende Systeme, in denen die Unternehmensführung wie ein Katalysator Rahmenbedingungen für güns­tige evolutionäre Veränderungen zu entwickeln hat. Aus diesen Überlegungen lassen sich folgende Leitlinien einer evolutionären Unternehmensführung zusammenfassen (vgl. Malik, 2002, S. 48 ff.; Servatius, 1991, S. 158):

�� Unternehmensführung bezieht sich auf ein System und geht damit über die reine Menschenführung hinaus. Sie ist Aufgabe vieler Personen und sollte ganzheitlich und vernetzt vollzogen werden.

�� Unternehmensführung kann die Komplexität nicht vollständig beherrschen und nicht alle Prozesse im Unternehmen direkt beeinflussen. Sie muss deshalb auch indirekt erfolgen, indem die Systemstruktur und die Rahmenbedingungen gestaltet werden.

�� Unternehmensführung verfolgt auf der normativen Ebene das Ziel der Anpassungs- und damit (Über-)Lebensfähigkeit des Unternehmens.

Retention

Evolutionäre Unter­nehmens­führung

1. Grundlagen der Unternehmensführung38

Nach diesem Führungsverständnis haben sich verschiedene Denkschulen entwickelt. Im deutschsprachigen Raum sind dies der St. Galler Managementansatz (vgl. z. B. Schwaninger, 1994) sowie der Münchner Managementansatz (vgl. Kirsch, 1991). Im anglo­amerikanischen Raum ist es die sog. Population Ecology Research (vgl. Welge/Al-Laham, 2012, S. 65 ff.). Diese Modelle betonen die Bedeutung dynamischer Prozesse, ihre Komplexität und Abstrak­tion ist jedoch sehr hoch (vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 137). Für Fragestellungen wie z. B. nach selbstorganisatorischen Prozessen (vgl. Kap. 5.2.2.4), unternehmerischem Wandel (vgl. Kap. 6.4) oder der normativen Unternehmensführung (vgl. Kap. 2) liefert die Evolutionstheorie allerdings wichtige Erkenntnisse.

Während die Systemtheorie die Lenkung des Unternehmens und die Gestaltung des Systems der Unternehmensführung erklärt, wird in der evolutionären Unternehmens­führung der Aspekt der eingeschränkten Beherrschbarkeit von Systemen betont. Die Unternehmensführung hat daher auch die Entwicklung des Unternehmens zu beein­flussen und damit erst Gestalt­ und Lenkbarkeit zu ermöglichen.

Management Summary

�� Für die Existenz, die Führung und das Wesen von Unternehmen gibt es eine Vielzahl theoretischer Erklärungen. Dabei handelt es sich um Erfahrungen, um die Übertragung von Erkenntnissen an-derer Wissenschaftsdisziplinen oder um die Verallgemeinerung von Beobachtungen erfolgreicher Unternehmen.

�� Die Industrieökonomie folgt dem Structure-Conduct-Performance-Paradigma. Danach wird der Erfolg eines Unternehmens (Performance) durch zentrale Branchenmerkmale (Structure) erklärt, die das Verhalten von Unternehmen (Conduct) bestimmen.

�� Die neue Institutionenökonomie befasst sich mit vertraglichen Vereinbarungen, die an Stelle idealer Marktbeziehungen den wirtschaftlichen Austausch zwischen Individuen regeln. Dabei maximieren die Individuen ihren Nutzen, sind begrenzt rational und opportunistisch.

�� Im ressourcenorientierten Ansatz (Resource-based View) entstehen Erträge (Renten) aus knappen Ressourcen. Dazu sind Ressourcen zu erschaffen, zu nutzen und zu sichern. Im fähigkeitsorientier-ten Ansatz werden Renten auch durch die Fähigkeit erklärt, Ressourcen nutzbringend einzusetzen.

�� Die Property-Rights-Theorie betrachtet die Wirkung von Handlungs- und Verfügungsrechten an Gütern auf das Verhalten ökonomischer Akteure. Es werden die vier Einzelrechte Usus, Abusus, Usus fructus und das Kapitalisierungsrecht unterschieden.

�� Die Principal-Agent-Theorie betrachtet arbeitsteilige Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehungen. Dabei führt ein Auftragnehmer (Agent) mit bestimmten Entscheidungskompetenzen eine Aufgabe für einen Auftraggeber (Prinzipal) aus. Auf diese Weise lassen sich institutionelle Auftragsbeziehungen beschreiben, erklären und besser gestalten.

�� Die Transaktionskostentheorie beschäftigt sich mit den Kosten der Übertragung von Verfügungs-rechten auf Märkten. Je nach Ausprägung der Transaktionsmerkmale Spezifität, Veränderlichkeit der Vertragsbeziehung und Transaktionshäufigkeit lassen sich so unterschiedliche Ausgestaltungen zwischen Hierarchie und Markt erklären.

�� Die Systemtheorie begreift ein Unternehmen als eine Anzahl von miteinander in Beziehung stehenden Elementen, die zu einem gemeinsamen Zweck miteinander operieren. Systeme können atomistisch, holistisch und integriert betrachtet werden. Ein System kann durch Lenkung auf Ziele ausgerichtet werden, wobei durch Steuerung die Störungen im Vorfeld berücksichtigt und durch Regelung die Ergebnisse des Systems kontrolliert werden.

Denk­schulen

391.2 Theorien der Unternehmensführung

�� Das Verhalten eines Systems hängt von kausalen Zusammenhängen der Elemente ab. In einem in-tegrierten System aus Rückkopplungsschleifen können Verhaltensmuster vorhergesagt werden. Ein komplexes System ist kompliziert und dynamisch, da es aus vielen Systemelementen und Beziehun-gen besteht, die sich häufig ändern. Ein Unternehmen ist ein komplexes sozio-technisches System.

�� Evolution bezeichnet die allmählich fortschreitende Entwicklung eines Systems aus sich selbst heraus. Biologische Evolution ist ein zufälliger Prozess in den Phasen Variation, Selektion und Retention. Ökonomische Evolution ist die Fähigkeit, wirtschaftlichen Wandel selbst zu erzeugen. Evolutionäre Unternehmensführung ist ganzheitlich und vernetzt. Sie geht von einer eingeschränkten Beherrschbarkeit der Komplexität aus und sorgt für die Anpassungs- und (Über-)Lebensfähigkeit des Unternehmens.

Literaturempfehlungen

Bleicher, K.: Das Konzept Integriertes Management: Visionen – Missionen – Programme, 8. Aufl., Frankfurt a. M. 2011.

Kieser, A./Walgenbach, P.: Organisation, 6. Aufl., Stuttgart 2010.

Müller-Stewens, G./Lechner, C.: Strategisches Management: Wie strategische Initiativen zum Wandel führen, 4. Aufl., Stuttgart 2011.

1. Grundlagen der Unternehmensführung40

1.3 System der Unternehmensführung

Leitfragen

�� In welche Ebenen lässt sich die Unternehmensführung unterteilen?�� Welche Funktionen hat die Unternehmensführung?�� Wie hängen Ebenen und Funktionen in einem Führungssystem zusammen?

Ein Unternehmen kann je nach theoretischer Perspektive (vgl. Kap 1.2) unterschiedlich definiert werden. Insbesondere die Systemtheorie (vgl. Kap. 1.2.3) leistet zum Grund­verständnis der Unternehmensführung einen wesentlichen Beitrag. Ein System besteht danach aus Elementen, die miteinander in Beziehung stehen und einen gemeinsamen Zweck verfolgen. So kann beispielsweise ein Unternehmen in Geschäftsbereiche als Subsysteme unterteilt sein. Es ist aber auch in seine Systemumwelt wie z. B. der Branche eingebettet und unterhält Beziehungen zu anderen Systemen wie etwa Kunden, Liefe­ranten und Konkurrenten.

Um Systeme zu verstehen, ist eine integrative Betrachtung sowohl durch Analyse der Systemelemente (atomistische Sichtweise) als auch durch Untersuchung des Zusammen­wirkens der Elemente (holistische Sichtweise) erforderlich. Unternehmen bestehen aus einer Vielzahl an Beziehungen zwischen ihren Elementen, die dauernden Veränderun­gen unterworfen sind. Somit handelt es sich bei Unternehmen um komplexe Systeme. Unternehmen sind darüber hinaus auch soziale Systeme, da sie aus Individuen bestehen, die zu eigenen und gemeinsamen Zwecken zusammenarbeiten und vielfältige Aus­tauschbeziehungen mit ihrer Umwelt unterhalten.

In einem systemtheoretischen Verständnis werden Unternehmen mittels kyberneti­scher Methoden ganzheitlich beschrieben, erklärt und gestaltet (vgl. Kap. 1.2.4). Die Unternehmensführung ist dabei ein Subsystem des Unternehmens, dessen Aufgabe die Koordination innerhalb des Systems sowie zwischen dem System und seiner Umwelt ist. Komplexe Systeme verfügen über große Variabilität und deshalb über vielfältige und schwierig vorherzusehende Verhaltensmöglichkeiten. Die Handhabung von Komple­xität wird daher zum Kern der Unternehmensführung (vgl. Bleicher, 1994, S. 37). Dazu umfasst die Unternehmensführung, wie bereits in Kap. 1.1 definiert, alle Aufgaben und Handlungen zur zielorientierten Lenkung, Gestaltung und Entwicklung eines Unter­nehmens. Diese Aufgaben und Handlungen können nach der Art der Aufgaben und Führungshandlungen in zwei Dimensionen unterteilt werden:

�� Führungsebenen werden nach der Art bzw. Tragweite der Führungsaufgaben in die normative, strategische und operative Ebene der Unternehmensführung unterteilt.

�� Führungsfunktionen untergliedern die Unternehmensführung nach den Inhalten des Führungshandelns in Planung und Kontrolle, Personal und Organisation.

Diese beiden Dimensionen werden nachfolgend zunächst einzeln erläutert und dann zu einem System der Unternehmensführung zusammengefügt.

System­theore­tisches

Verständnis

Ebenen und Funk tionen

der Füh rung

411.3 System der Unternehmensführung

1.3.1 Führungsebenen

Die Aufgaben der Unternehmensführung lassen sich in Kategorien unterteilen. Zur Abgrenzung der Führungsaufgaben werden in der Literatur eine Reihe von Kriterien vorgeschlagen (vgl. Hungenberg, 2014, S. 4 ff.; Johnson et al., 2011, S. 3 ff.):

�� Grundsatzentscheidungen haben wesentliche Bedeutung für die Entwicklung und den Erfolg des Unternehmens. Sie lösen weiteren Entscheidungsbedarf aus und schränken zukünftige Handlungsmöglichkeiten ein. Danach ist z. B. ein Unterneh­menskauf eine Grundsatzentscheidung, die Festlegung der wöchentlichen Maschi­nenbelegung jedoch nicht.

�� Die Bindungswirkung getroffener Entscheidungen beschreibt das Ausmaß, in dem Veränderungen wieder rückgängig gemacht oder modifiziert werden können. So hat ein Unternehmenskauf eine hohe Bindungswirkung, während eine Maschinenbele­gung kurzfristig geändert werden kann.

�� Die zeitliche Reichweite bzw. der Zeithorizont ist ein Maß für die zukünftigen Aus­wirkungen einer Entscheidung. Dabei wird in lang­ und kurzfristig unterschieden. Die zeitliche Abgrenzung ist jedoch relativ und hängt insbesondere von der Branche ab. So ist für ein Modeunternehmen ein Zeithorizont von zwei Jahren langfristig, da dieser mehrere Kollektionen bzw. Produktlebenszyklen beinhaltet. Für einen Kraftwerksbetreiber ist jedoch ein Zeithorizont von fünf Jahren eine kurzfristige Betrachtung.

�� Der Geltungsbereich bezeichnet das Ausmaß der Entscheidungswirkungen für das Unternehmen. Entscheidungen mit einem hohen Geltungsbereich, wie z. B. die Ein­führung einer neuen Produktgruppe, betreffen das Unternehmen als Ganzes. Ent­scheidungen mit einem niedrigen Geltungsbereich, wie etwa die Reorganisation einer Abteilung, sind dagegen nur für Teile des Unternehmens von Bedeutung.

�� Der monetäre Wert bezeichnet die Wirkung der Entscheidung auf die Vermögens­ und Ertragslage des Unternehmens. So bedeutet die Entscheidung über die Entwicklung eines neuen Fahrzeugtyps in der Automobilindustrie ein Investitionsvolumen im Milliardenbereich, während z. B. die Entscheidung über die Beschaffung eines neuen Abteilungsdruckers nur einen Wert von mehreren hundert Euro umfasst.

Grundsatz­entschei­dung

Bindungs­wirkung

Zeitliche Reichweite

Geltungs­bereich

Monetärer Wert

Abb. 1.3.1: Klassifizierung von Führungsaufgaben

Führungs-aufgaben

Strukturie-rungsgrad

Grund-sätzlichkeit

Bindungs-wirkung

Monetärer Wert

Geltungs-bereich

Zeitliche Reichweite

1. Grundlagen der Unternehmensführung42

�� Der Strukturierungsgrad kennzeichnet die Ungewissheit und Ordnung der Infor­mationen, des Entscheidungsproblems und der Lösungsalternativen. Je höher der Strukturierungsgrad, umso besser können Entscheidungen standardisiert, delegiert und automatisiert werden.

Anhand dieser Kriterien lassen sich nach der Tragweite der Handlungen und Zielset­zungen verschiedene Ebenen der Unternehmensführung unterscheiden. In der Literatur werden folgende Handlungsebenen genannt:

�� Strategische und operative Ebene: Diese Aufteilung findet sich insbesondere in der angloamerikanischen Literatur (vgl. David, 2011, S. 5; Mintzberg et al., 2003, S. 16 ff.; Wheelen/Hunger, 2010, S. 5). Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal zwischen stra­tegischer und operativer Ebene sind die Erfolgspotenziale eines Unternehmens als Kombination aus Produkten, Märkten und Technologien (vgl. Zahn, 1989, Sp. 1903 ff.). Die Aufgaben der Unternehmensführung werden nach den Begriffen Effektivität und Effizienz unterschieden. Effektivität bedeutet, die richtigen Dinge zu tun („Doing the right things“). Entscheidungen über die Effektivität gelten als strategische Aufgabe. Strategie ist demnach die Schaffung und Weiterentwicklung von Erfolgspotenzia­len. Die operative Unternehmensführung befasst sich dagegen mit der möglichst optimalen Nutzung dieser Erfolgspotenziale. Zielsetzung ist es, die Dinge möglichst effizient, d. h. richtig zu tun („Doing the things right“). Die operative Ebene befasst sich mit den laufenden Aktivitäten eines Unternehmens.

�� Strategische, taktische und operative Ebene: Eine Vielzahl von Autoren unterscheidet neben der strategischen und operativen noch eine dazwischen liegende taktische Ebene (vgl. Bamberger/Wrona, 2004, S. 9; Szyperski/Müller-Böling, 1984; Töpfer, 1976; Wild, 1982). Auf dieser Ebene sollen strategische Vorgaben konkretisiert und in die operative Ebene übergeleitet werden. Sie lässt sich jedoch nicht eindeutig gegenüber den Inhalten und Aufgaben der beiden anderen Ebenen abgrenzen und besitzt nur geringe praktische Relevanz (vgl. Hahn/Hungenberg, 2001, S. 104; Mintzberg et al., 2003, S. 11). Aus diesem Grund wird im Folgenden auf eine taktische Ebene verzichtet.

�� Normative, strategische und operative Ebene: Bei dieser Unterscheidung werden die strategischen Aufgaben der angloamerikanischen Einteilung in zwei Ebenen unterteilt. Die normative Führung bestimmt übergeordnete Werte, Ziele und Ver­haltensnormen. Diese sichern einem Unternehmen seine Existenzberechtigung und Überlebensfähigkeit (Legitimität). Die normative Ebene ist damit der Gestaltungsrah­men für die strategische Unternehmensführung im engeren Sinne. Die strategische Ebene beschreibt Leistungspotenziale und Vorgehensweisen zur Schaffung von Erfolgspotenzialen (vgl. Bleicher, 1995, S. 21 f.; 2011, S. 80; Hungenberg, 2011, S. 25 f.). Da sich diese Aufgaben stark unterscheiden, ist eine getrennte Betrachtung zweckmäßig und wird nachfolgend verwendet.

Nach dieser Systematik werden die Führungsentscheidungen zu homogenen Aufgaben­feldern zusammengefasst. Die Führungsaufgaben einer Handlungsebene bilden dabei jeweils den Rahmen für die Aufgaben der nachgeordneten Ebene. Dadurch entsteht ein hierarchisches Ebenenmodell der Unternehmensführung (vgl. Bleicher, 2011, S. 89 ff.; Schwaninger, 1989, S. 191):

�� Die normative Unternehmensführung prägt den Gestaltungsrahmen, der dem Un­ternehmen seine Persönlichkeit und Identität verleiht. Sie bestimmt die grundlegen­den Ziele des Unternehmens, wie z. B. dessen Geschäftsfelder und deren Stellung im Gesamtunternehmen. Kernaufgabe der normativen Unternehmensführung ist die Gestaltung der Beziehung zwischen Unternehmensumwelt und Unternehmen.

Strukturie­rungsgrad

Handlungs­ebenen

Hierar­ch isches Ebenen­

modell

Normative Ebene

431.3 System der Unternehmensführung

Entwicklungsfähigkeit bedeutet damit auch die Durchführung eines systemati­schen Wandels als Antwort auf Veränderungen der Unternehmensumwelt. Diese übergeordneten Entscheidungen haben den Charakter einer Norm. Sie beruhen auf den Wertvorstellungen der Unternehmensleitung. Zentrale Aufgabe der normativen Unternehmensführung ist es, das Selbstverständnis sowie die Werte und Ziele eines Unternehmens zu definieren. Dies wird in Form von generellen Werten, Zielen, Prinzipien, Normen, Verhaltensweisen und Spielregeln ausgedrückt und soll die Lebens­ und Entwicklungsfähigkeit (Legitimität) des Unternehmens sichern. Seinen Ausdruck findet die normative Unternehmensführung in einer Unternehmensvision, welche das angestrebte Zukunftsbild des Unternehmens beschreibt. Welche Ziele daraus entstehen und wie sich das Unternehmen gegenüber Bezugsgruppen wie z. B. dem Staat, den Eigentümern und den Mitgliedern des Unternehmens positioniert, konkretisiert die Mission. Darin ist der Unternehmenszweck und die grundlegenden Ziele und Werte zu einem angestrebten Selbstbild zusammengefasst. Hinzu kom­men die Unternehmenskultur sowie die Unternehmensverfassung bzw. Corporate Governance. Die Unternehmenskultur ist die Gesamtheit historisch gewachsener und gemeinsam gelebter Werte, Normen und Denkhaltungen, die im Verhalten, in der Kommunikation, bei Entscheidungen, in Handlungen, in Symbolen und anderen Ausdrucksformen sichtbar werden. Die Unternehmensverfassung bestimmt die Or­gane des Unternehmens sowie deren Rechte und Pflichten. Die normative Unterneh­mensführung ist damit in ihrer konstitutiven Rolle für alle Handlungen des Unter­nehmens maßgeblich. Vertieft wird die normative Unternehmensführung in Kap. 2.

Die normative Unternehmensführung bestimmt die Identität eines Unternehmens in Werten, Zielen, Verhaltensweisen sowie organisatorischen Normen und fasst diese Elemente in einer Mission zusammen. Sie sichert die Lebens­ und Entwicklungsfä­higkeit des Unternehmens.

!�� Die strategische Unternehmensführung ist dafür verantwortlich, die normativen

Ansprüche an die Entwicklung des Unternehmens langfristig zu erfüllen. Innerhalb der normativen Vorgaben werden in den einzelnen Geschäftsfeldern Bündel an Maßnahmen zur Positionierung im Wettbewerb und zur Gestaltung der dazu erfor­derlichen Ressourcenbasis festgelegt. Auf diese Weise sollen Wettbewerbsvorteile gegenüber den Konkurrenten erzielt werden. Der Aufbau von Wettbewerbsvorteilen ist in den meisten Fällen nur langfristig möglich und erfordert umfangreiche Inves­titionen in personelle, geistige, finanzielle und materielle Ressourcen. Aus den Wett­bewerbsvorteilen werden bestehende Erfolgspotenziale weiter entwickelt und neue Erfolgspotenziale geschaffen. Erfolgspotenziale sind produkt­ und marktspezifische Voraussetzungen, um wirtschaftlichen Erfolg realisieren zu können und beschreiben z. B. Marktpositionen, Produkte, Technologien, soziale Strukturen und Prozesse eines Unternehmens (vgl. Kap. 3.1).

Die strategische Unternehmensführung ist auf die Entwicklung bestehender und die Erschließung neuer Erfolgspotenziale ausgerichtet und beschreibt die hierfür erforderlichen Ziele, Leistungspotenziale und Vorgehensweisen.

!�� Die operative Unternehmensführung greift den Handlungsrahmen der strategischen

Unternehmensführung auf und sorgt für die Umsetzung der Strategie im Rahmen

Strate gische Ebene

Operative Ebene

1. Grundlagen der Unternehmensführung44

des sog. Tagesgeschäfts („day to day business“). Die operative Unternehmensführung befasst sich mit der Planung, Steuerung und Kontrolle der laufenden Aktivitäten eines Unternehmens, um die bestehenden Erfolgspotenziale möglichst effizient zu nutzen. Sie bestimmt und koordiniert konkrete Handlungen, um diese so effizient wie möglich auszuführen. Zu diesem Zweck sind detaillierte Ziele und Maßnahmen für die Funktionsbereiche eines Unternehmens zu erarbeiten und umzusetzen. Da­rüber hinaus werden die Handlungen zwischen den einzelnen Funktionsbereichen abgestimmt.

Die operative Unternehmensführung befasst sich mit der Planung, Steuerung und Kontrolle der laufenden Aktivitäten eines Unternehmens, um die bestehenden Erfolgspotenziale möglichst effizient zu nutzen.

!Die Ebenen der Unternehmensführung hängen eng miteinander zusammen. Zwischen ihnen finden deshalb vielfältige Abstimmungsprozesse statt. Vorgaben normativer und strategischer Art sind wegweisend für die operative Umsetzung, während umgekehrt operativ nicht realisierbare Ziele u. U. zu einer Anpassung der Zukunftsvorstellungen und Strategien führen können. Zusammengefasst besteht der Zusammenhang zwischen den Führungsebenen darin, dass normative und strategische Führung ein Unternehmen gestalten und entwickeln, während die operative Führung das Unternehmen lenkt (vgl. Bleicher, 2011, S. 8).

Die hierarchischen Ebenen beschreiben auch die vertikalen Tätigkeitsschwerpunkte der Führungskräfte(vgl. Bamberger/Wrona, 2004, S. 9; Bartlett/Ghoshal, 1993, S. 23 ff.; Rahn, 2012, S. 41 f.):

�� Die oberste Führungsebene bildet die Leitung des Gesamtunternehmens. Hierunter fallen z. B. die Geschäftsführung oder der Vorstand. Sie sind vorwiegend für die normative Unternehmensführung und die Umsetzung der dabei getroffenen Grund­satzentscheidungen auf der strategischen Ebene verantwortlich.

�� Die mittlere Führungsebene hat ihren Aufgabenschwerpunkt in der strategischen Unternehmensführung und soll für deren Umsetzung in der operativen Führung sorgen.

�� Die unteren Führungsebenen sind insbesondere für die operative Unternehmensfüh­rung verantwortlich, in deren Rahmen die Umsetzung der strategischen Vorgaben stattfinden soll.

Die drei Handlungsebenen sind in Abb. 1.3.2 zusammengefasst.

In einer horizontalen Betrachtung können die Aufgabenbereiche der Unternehmensfüh­rung nach dem Umfang der zu führenden Unternehmenseinheiten unterteilt werden in:

�� Unternehmensführung umfasst die normative und strategische Führung des gesam­ten Unternehmens. Diese Aufgabe wird auch als General Management bezeichnet. Allerdings spiegelt dieser Begriff nicht die hohe Bedeutung des Leaderships in die­sem Aufgabenbereich wider (vgl. zur Unterscheidung Kap. 6.3).

�� Bereichsführung konzentriert sich auf einen etwa regional oder produktbezogen abgegrenzten Teil des Unternehmens und führt diesen z. B. als Geschäftsbereich oder Sparte vorwiegend strategisch und operativ.

�� Funktionalführung sorgt als Querschnittsfunktion über verschiedene Unternehmensbe­reiche hinweg für eine durchgängige Anwendung von Strategien, Regeln und Methoden

Hie rarchie ­ebenen

Unter­nehmens­

führung

Bereichs­führung

Funktional­führung

451.3 System der Unternehmensführung

innerhalb eines Funktionsbereichs. So wird häufig etwa auf gemeinsame Standards etwa bei Informationssystemen oder der Personalführung in allen Geschäftsbereichen geachtet, um die operative und strategische Führung zu vereinheitlichen.

Abb. 1.3.3 veranschaulicht die Zusammenhänge zwischen den Ebenen der Unterneh­mensführung. Die Zunahme der Anzahl der Beteiligten bzw. der gebundenen Kapazitä­ten von der normativen hin zur operativen Ebene wird durch die Dreiecksform symbo­lisiert. Während die normative Ebene vorrangige Aufgabe der obersten Führungsebene ist, wächst die Zahl der beteiligten Führungskräfte und ausführenden Mitarbeiter über die strategische bis zur operativen Ebene stark an.

Abb. 1.3.3: Zusammenhang der Führungsebenen (vgl. Ulrich/Probst, 2001, S. 271)

Legitimieren + Konkretisieren

Normative Ebene

Strategische Ebene

OperativeEbene

1.3.2 Führungsprozess und -funktionen

Nach der Einteilung der Unternehmensführung in normative, strategische und operative Ebenen wird nun nach den Inhalten des Führungshandelns in Führungsfunktionen unterschieden.

Abb. 1.3.2: Unterscheidung der Ebenen der Unternehmensführung

Führungsebene Normativ Strategisch Operativ

Aufgabe Legitimität Effektivität Effizienz

ZielgrößenÜberlebens- und

EntwicklungsfähigkeitWettbewerbsvorteile,

ErfolgspotenzialeWirtschaftlichkeit,

Gewinn, Rentabilität

InhaltZiele, Grundsätze

und WerteAufbau von

ErfolgspotenzialenAusschöpfung von Erfolgspotenzialen

Grundsätzlichkeit Grundsatzentscheidungen Richtungsentscheidungen Einzelentscheidungen

Bindungswirkung Sehr hoch Hoch Gering

Zeithorizont Dauerhaft angelegt Generell langfristig Generell kurzfristig

Geltungsbereich Gesamtunternehmen Unternehmensbereiche Unternehmensteile

Monetärer Wert Sehr hoch Hoch Gering

Strukturierung Schlecht strukturiert Klar strukturiert

Hierarchieebene Oberste Ebene Obere und mittlere Ebene Mittlere und untereEbene

1. Grundlagen der Unternehmensführung46

1.3.2.1 Führungsprozess

In der Kybernetik wird Komplexität beherrscht, indem die Systemelemente durch Len­kungsmechanismen als Kombination aus Steuerung und Regelung auf Ziele ausgerichtet werden (vgl. Kap. 1.2.3). Lenkung im Unternehmen wird als Führungsprozess oder auch als Problemlösungsprozess bezeichnet. Dieser erfolgt im Unternehmen nach einem grundlegenden Ablauf, der in Phasen aufgeteilt werden kann. Die Schritte Entscheidung, Steuerung und Kontrolle sind dabei die Führungsaufgaben i. e. S. (vgl. Abb. 1.3.4).

(1) Entscheidungsprozess (Planung i. w. S.): Jeder Führungsprozess beginnt mit der Wil­lensbildung. Dabei wird eine Entscheidung vorbereitet und getroffen. Dies kann auch als Planung im weiteren Sinne bezeichnet werden (vgl. Kap. 4.1). Ausgangspunkt ist die Bildung von Zielen. Sie definieren, was in welchem Ausmaß und bis wann er­reicht werden soll und grenzen einen Problembereich ein. Um eine Aufgabenstellung richtig zu erfassen, ist zunächst eine Analyse der Problemstellung erforderlich. Für ein identifiziertes Problem sind mehrere alternative Lösungswege zur Problemlö­sung zu suchen und zu bewerten. Dies stellt die Entscheidungsvorbereitung dar. Entscheidungen sind Wahlakte aus verschiedenen Alternativen. Eine wesentliche Aufgabe der Unternehmensführung besteht deshalb in der Suche nach Alternativen und deren möglichst rationaler Bewertung. Die Schritte von der Zielbildung bis zur Bewertung von Alternativen werden unter Planung i. e. S. zusammengefasst, an die sich die eigentliche Entscheidung anschließt. Allerdings werden in der Unternehmens­praxis Entscheidungen unter Zeitdruck gefällt. Da deshalb die Entscheidung nicht auf vollständigen Informationen beruht, wird sie unter Unsicherheit getroffen. Neben der verfügbaren Zeit ist die Qualität der Entscheidung auch abhängig vom jeweiligen Entscheidungsträger. Da menschliche Entscheidungsträger nicht vollkommen rational sind, werden Führungsentscheidungen nur mit beschränkter Rationalität getroffen.

(2) Steuerung: Für die ausgewählte Lösungsalternative sind Umsetzungsmaßnahmen zu bestimmen und so die Willensdurchsetzung vorzubereiten. Ausführende Mitarbeiter sind zu informieren und zu motivieren, da die Umsetzung meist nicht durch die Unternehmensführung selbst, sondern durch beauftragte Mitarbeiter erfolgt.

(3) Umsetzung: Festgelegte Maßnahmen werden durchgeführt und Ergebnisse erzielt. Die Umsetzung erfolgt in aller Regel durch die mit der Ausführung der Vorgaben betrau­ten Mitarbeiter, die durch die Unternehmensführung gesteuert werden. Wesentliche Gründe für die Trennung zwischen Führungs- und Ausführungsebene sind:

�� Verständnis von Zusammenhängen: Die Unternehmensführung soll dem gesamten Un­ternehmen und nicht einzelnen Teilbereichen dienen. Dies erfordert das Erkennen von Zusammenhängen und langfristiges, globales Denken. Den ausführenden Mitarbei­tern fehlen häufig der Überblick, die übergreifenden Informationen und Kompetenzen.

�� Fachkenntnisse: Eine Vielzahl ausführender Handlungen erfordert umfangreiche Fachkenntnisse, die nur durch entsprechende Spezialisierung auf einen eng ab­gegrenzten Aufgabenbereich erreicht werden können. Aus diesem Grund spielen in der Ausführungsebene vor allem Fachkenntnisse eine Rolle, während in der Führungsebene soziale Fähigkeiten und Problemlösungskompetenzen im Vorder­grund stehen. Fachkenntnisse treten für Führungskräfte mit steigender Hierarchie zunehmend in den Hintergrund.

�� Neutralität: Kontrollen sind ein erforderlicher Bestandteil des Führungsprozesses. Sie dienen zur Erreichung geplanter Ziele und zur Verbesserung der Planung und Steuerung. Die Fremdkontrolle der Ausführung gewährleistet, dass die Mitarbei­ter ihr Verhalten an den Plänen ausrichten und ihre Leistung beurteilt werden

Entschei­dung

Steuerung

Umsetzung

Trennung von Füh rung

und Aus­führung

471.3 System der Unternehmensführung

kann. Die personelle Trennung von Durchführung und Kontrolle sichert die erforderliche Distanz und Neutralität.

(4) Kontrolle: Die Ergebnisse der umgesetzten Maßnahmen werden bestimmt und mit der Zielsetzung verglichen. Dazu sind Kontrollpunkte festzulegen und Kontrollen durchzuführen. Die Kontrollinformationen ermöglichen Lernprozesse als Ausgangs­punkt für die zukünftige Planung und Steuerung. Dies kann dazu führen, dass neue bzw. alternative Maßnahmen zur Zielerreichung erarbeitet werden oder die Zielset­zung verändert wird.

Abb. 1.3.4: Elemente im Führungsprozess

Führung

Führung

Umsetzung

Entscheidung

Problemanalyse

Alternativensuche

Alternativenbewertung

Zielbildung

Instruktion und MotivationSteuerung

Planung

Entscheidung

KontrollvorbereitungKontrolle

Maßnahmendurchführung

ErgebniserreichungAusführung

En

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.S.)

Maßnahmenvorbereitung

Kontrolldurchführung

Führungsprozess am Beispiel einer Produktentwicklung

�� Zielbildung: Ziel ist es, ein neues Produkt zu entwickeln, das sich erfolgreich vermarkten lässt. �� Problemanalyse: Das bestehende Produkt ist bereits seit vier Jahren auf dem Markt und

die Produkte der Wettbewerber sind zwischenzeitlich technisch überlegen. Umsatz und Ergebnis des Produktes sind in den letzten beiden Jahren stark zurückgegangen. Das neue Produkt soll nicht nur zu bisherigen Konkurrenzprodukten aufschließen, sondern wesentliche Neuerungen enthalten.

�� Alternativensuche: Auf Basis von Marktforschungsdaten werden daraufhin Produktanfor­derungen festgelegt, die von der Produktentwicklung in verschiedene Produktvorschläge umgesetzt werden.

�� Alternativenbewertung: Diese werden in Kundenbefragungen auf ihre Markteignung und durch Wirtschaftlichkeitsrechnungen auf ihre ökonomische Auswirkung untersucht.

�� Entscheidung: In einer Geschäftsleitungssitzung werden die Produktvorschläge diskutiert und danach ein Vorschlag ausgewählt.

�� Maßnahmenvorbereitung: Für die nächsten Schritte wird das Entwicklungsprojekt geplant und eine Projektleitung bestimmt. Zudem werden Organisationsstrukturen und ­regeln sowie Informationswege definiert.

�� Instruktion und Motivation: Die Projektleitung entscheidet über die Zusammensetzung des Entwicklungsprojektes. Die Teilnehmer werden danach informiert und zur Mitarbeit motiviert.

�� Umsetzung: Die Entwicklung erfolgt durch das eingesetzte Projektteam. �� Kontrolle: Zu festgelegten Zeitpunkten werden die Aktivitäten durch die Projektleitung kon­

trolliert, indem die Bearbeiter über den Stand der Aktivitäten und die erzielten Ergebnisse be­richten. Gestaltet sich die Produktentwicklung schwieriger als geplant, sind ggf. zusätzliche Maßnahmen erforderlich, um die Markteinführung zum festgelegten Termin sicherzustellen.

Kon trolle

1. Grundlagen der Unternehmensführung48

Wie das Beispiel zeigt, ist der Führungsprozess kein einmaliger und auch kein rein sukzessiver Durchlauf aller genannten Phasen, sondern vielmehr ein Regelkreis . Unternehmen sind im Verständnis der Systemtheorie integrierte, komplexe, sozia­le Systeme, die in ihren Wirkungszusammenhängen nicht vollständig vorhergesagt werden können (vgl. Kap. 1.2.3). Die Planung ist in die Zukunft gerichtet und kann die Realität nur bedingt vorwegnehmen. Sie ist deshalb immer mit Fehlern behaftet. Dies führt zu Abweichungen zwischen den geplanten und den tatsächlichen Ergebnissen, wodurch sich die Problemsituation im Unternehmen verändert. Um Ziele zu erreichen, sind daher Rückkopplungen erforderlich. Dabei werden Informationen über den Zu­stand eines Unternehmens und über Störeinflüsse während des Führungsprozesses laufend mit den Zielvorstellungen verglichen. Liegen Abweichungen zwischen Soll­ und Ist­Zustand vor, so sind Entscheidungen über Gegenmaßnahmen zu treffen. Diese Kontrollinformationen fließen in nachfolgende Führungsprozesse ein. Abb. 1.3.5 stellt den Führungskreislauf dar. Rückkopplungen ermöglichen dabei das Lernen aus Fehlern und die Verbesserung der zukünftigen Zielerreichung.

Abb. 1.3.5: Führungskreislauf

Steuerung

Ausführungssystem

Führungssystem

Kontrolle

Umsetzung

Planung

1.3.2.2 Ziele und Funktionen der Unternehmensführung

Der Führungsprozess bzw. die Lenkung ist im Rahmen der Unternehmensführung ein sich ständig wiederholender Prozess (vgl. Wild, 1982, S. 37). Bereits in Kap. 1.2.3 wurde Lenkung bereits wie folgt definiert:

Die Lenkung durch die Unternehmensführung richtet das Unternehmen auf dessen Ziele aus. Durch eine Kombination aus Steuerung und Regelung werden sowohl einwir­kende Störungen im Vorfeld berücksichtigt, als auch die Ergebnisse des Unternehmens kontrolliert.

!Die Unternehmensführung besteht aus einer Vielzahl an Führungsregelkreisen, die aufeinander einwirken, miteinander verzahnt sind und ein komplexes Führungs system bilden (vgl. Zahn/Schmid, 1996, S. 16). Um eine Lenkung in einem solchen System zu ermöglichen, müssen zunächst die Führungsregelkreise gestaltet werden (vgl. Ulrich, 2001, S. 182). Auch sind für neue Anforderungen an die Unternehmensführung ggf.

Führung als Regelkreis

491.3 System der Unternehmensführung

Regelkreise zu ändern oder neu hinzuzufügen. Diese Aufgabe des Aufbaus von Füh­rungssystemen wird als Gestaltung bezeichnet.

Die Gestaltung dient dem Aufbau von Führungssystemen. Sie sichert die Handlungs­fähigkeit der Unternehmensführung und ist damit eine Voraussetzung der Lenkung. !

In Unternehmen als komplexen, sozio­technischen Systemen lässt sich die Wirkung des Führungshandelns nicht exakt vorhersagen. Dies liegt z. B. daran, dass die Reaktionen von Mitarbeitern oder Wettbewerbern nicht genau planbar sind. Die Unternehmensfüh­rung wird deshalb das komplexe Unternehmen nicht vollständig beherrschen können. Sobald die Grenzen der Beherrschbarkeit komplexer Systeme akzeptiert werden, sind Unternehmen auch selbststeuernde und selbstorganisierende Systeme (vgl. Kap 1.2.4 und Kap. 5.2.2.4). Sie unterliegen einer ökonomischen Evolution und erzeugen auch aus sich selbst heraus ungeplante Veränderungen. Die Unternehmensführung hat dann wie ein Katalysator die Rahmenbedingungen für günstige Veränderungen zu schaffen, damit das Unternehmen sich wie ein lebender Organismus erhalten, anpassen und verändern kann. Treten im Unternehmensumfeld gravierende Umbrüche und Krisen auf, dann ist die Anpassungsfähigkeit des Unternehmens entscheidend. So waren z. B. viele Unter­nehmen durch die Finanz­ und Wirtschaftskrise im Jahr 2009 mit Umsatzrückgängen von teilweise über 40 Prozent konfrontiert. Das flexible Anpassen an sich verändernde Umweltbedingungen (vgl. Bleicher, 2011, S. 73) und die Berücksichtigung evolutionärer und selbstorganisatorischer Prozesse ist Aufgabe der Entwicklung.

Die Entwicklung des Unternehmens sichert die Überlebens­ und Anpassungsfähigkeit und wirkt auf die Gestaltung und Lenkung der Unternehmensführung ein. !

Zusammenfassend zeigt Abb. 1.3.6 die drei Ziele der Unternehmensführung und deren Zusammenspiel.

Abb. 1.3.6: Ziele der Unternehmensführung (in Anlehnung an Bleicher, 2011, S. 74)

um Überlebens- undAnpassungsfähigkeit zu sichern

in bestehenden Führungskreisläufen, um auf Ziele auszurichten

Lenken

von Führungskreisläufen, um Lenkung zu ermöglichen

Gestalten

Entwickeln

Ziele derUnternehmens-

führung

Die Ziele der Unternehmensführung bestehen darin, das Unternehmen erfolgreich zu lenken , seine Führungskreisläufe zu gestalten und es im Hinblick auf zukünftige Anforderungen fortzuentwickeln.

!

Be grenzte Be herrsch­bar keit

1. Grundlagen der Unternehmensführung50

1.3.2.3 Führungsfunktionen

Die Lenkung, Gestaltung und Entwicklung des Unternehmens erreicht die Unter­nehmensführung mit Hilfe verschiedener Führungsfunktionen . Diese sind in allen Unternehmen unabhängig von deren Art, Größe und Branche mehr oder weniger stark ausgeprägt vorzufinden (vgl. Bleicher, 2011, S. 94 ff.; Gälweiler, 2005, S. 204):

�� Personal (Kap. 6) : Die Personalfunktion umfasst alle auf die Mitarbeiter bezoge­nen Planungs­, Steuerungs­ und Kontrollaufgaben (Personalmanagement ) sowie die Beeinflussung des Verhaltens der Mitarbeiter im Hinblick auf die Erreichung der Unternehmensziele (Personalführung).

�� Planung und Kontrolle (Kap. 4): Planung ist ein systematisches, zukunftsbezogenes Durchdenken und Festlegen von Zielen, Maßnahmen, Mitteln und Wegen zur zu­künftigen Zielerreichung. Kontrolle ist der beurteilende Vergleich zwischen zwei Größen sowie die daran anschließende Bestimmung und Analyse auftretender Ab­weichungen. Die Kontrolle ergänzt die Planung und erfolgt während bzw. nach der Planausführung. Planung und Kontrolle bilden somit eine Einheit.

�� Organisation (Kap. 5) betrifft die zweckgerichtete Gestaltung betrieblicher Struktu­ren. Sie regelt den hierarchischen Aufbau des Unternehmens und den Ablauf der darin stattfindenden Vorgänge.

Sämtliche Führungsfunktionen stützen sich auf Information en. Die Entscheidungen der Unternehmensführung können deshalb nur so gut sein, wie die Informationen, auf denen sie basieren. Dies gilt in gleichem Maße für Planungs­ und Kontrollprozesse, für

Funktionen der Führung

Personal

Planung und Kontrolle

Organi­sation

Abb. 1.3.7: Ziele und Funktionen der Unternehmensführung

Ziele der UnternehmensführungWas will die Unternehmensführung erreichen?

Gestalten LenkenEntwickeln

Funktionen der UnternehmensführungWie will die Unternehmensführung diese Ziele erreichen?

OrganisationPlanung &Kontrolle

Personal

Info

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OrganisationOrganisationKontrolleKontrolle

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OrganisationOrganisationPlanung &Planung &KontrolleKontrolle

PersonalPersonal OrganisationOrganisationOrganisationOrganisationPlanung &Planung &

511.3 System der Unternehmensführung

die Organisation oder die Personalfunktion. Unternehmensführung ist somit ohne die erforderlichen Informationen nicht durchführbar. Die Informationen müssen in der richtigen Menge, Qualität, zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort vorliegen. Dies zu gewährleisten, ist Aufgabe des Informationsmanagement s als einer zentralen Unterstützungsfunktion der Unternehmensführung (vgl. Kap. 7). Abb. 1.3.7 integriert die Ziele und Funktionen der Unternehmensführung. Die besondere Bedeutung der Information kommt dabei durch den umlaufenden Kreis zum Ausdruck, welcher die verbindende Wirkung für und über alle anderen Teilfunktionen veranschaulichen soll.

1.3.3 Integriertes Führungssystem

Die Notwendigkeit eines integrierten Führungsansatzes ist in Theorie und Praxis un­bestritten. Dies wird z. B. von Kirsch (1997, S. 289) und von Bleicher (2011, S. 95 ff.) betont. Das systemtheoretische Grundverständnis der Unternehmensführung wurde in der deutschsprachigen Betriebswirtschaftslehre stark von Ulrich (2001) geprägt. Daraus entwickelte Bleicher mit dem St.-Galler-Management-Modell eine umfassende Konzeption der Unternehmensführung (vgl. Bleicher, 2011). Dabei wird insbesondere der Aspekt der Integration aller Ebenen und Funktionen zu einem durchgängigen System betont. Die Funktionen werden darin in Strukturen, Aktivitäten und Verhalten unterteilt (vgl. Abb. 1.3.8). Die Strukturen befassen sich dabei mit Fragen der Organisation, die Aktivi­täten umfassen weitgehend die Aufgaben der Planung und Kontrolle und das Verhalten bezieht sich auf die Personalfunktion der Unternehmensführung.

Abb. 1.3.8: St.-Galler-Management-Modell (in Anlehnung an Bleicher, 2011, S. 90)

NormativeEbene

OrganisationsstrukturenManagementsysteme

Unternehmens-verfassung

Organisatorische ProzesseDispositionssysteme

Programme

Unternehmenspolitik

Aufträge

Problemverhalten

Unternehmens-kultur

Leistungs- undKooperationsverhalten

Strukturen Verhalten

Mission

Vision

StrategischeEbene

OperativeEbene

Aktivitäten

Das St.-Galler-Management-Modell besitzt einen recht hohen Abstraktionsgrad und z. T. erklärungsbedürftige Begriffe. Zudem ist es auf die Gestaltung und Lenkung fokussiert. Einige Autoren sehen auch in einer systemorientierten Unternehmensführung nicht die letzte Entwicklungsstufe. Ursache­Wirkungszusammenhänge bei Lenkungseingriffen sind aufgrund verhaltenswissenschaftlicher Einflüsse schwer zu bestimmen. Auch spielt die Dynamik für alle gestalterischen und lenkenden Eingriffe in Unternehmen eine große Rolle. Im Wechselspiel von Aktion und Reaktion sind insbesondere in dynamischen Umfeldern die Gestaltungs­ und Lenkungsmöglichkeiten der Unterneh­mensführung begrenzt. Dann gewinnen die Aufgaben der Unternehmensentwicklung sowie selbstorganisatorische und evolutionäre Veränderungsprozesse an Bedeutung

In forma­tions mana­ge ment

Integration, Ebenen und Funktionen

St.­Galler­Manage­ment­Modell

1. Grundlagen der Unternehmensführung52

(vgl. Servatius, 1991). In einer evolutionären Unternehmensführung werden nicht nur konkrete Handlungen gelenkt, sondern Rahmenbedingungen gestaltet, innerhalb derer die Verantwortlichen selbst wählen können. Dies ermöglicht eine höhere Flexibilität und Anpassungsfähigkeit des Unternehmens (vgl. Kirsch, 1997; Kap. 1.2.4 und Kap. 5.2.2.4). Nach diesem Verständnis wird in diesem Buch eine integrierte Konzeption der Unter-nehmensführung verwendet. Darin werden die Führungsebenen und ­funktionen wie in Abb. 1.3.9 dargestellt kombiniert:

�� Die Ebenen der Unternehmensführung (vgl. Kap. 1.3.1) bauen hierarchisch aufeinan­der auf und werden durch die Dreiecksform (vgl. Abb. 1.3.3) symbolisiert. Die jeweils übergeordneten Stufen bilden den Rahmen für nachfolgende Ebenen. Die normative Ebene prägt den Gestaltungsrahmen, der einem Unternehmen seine Identität verleiht. Die strategische Unternehmensführung beschäftigt sich innerhalb der normativen Vorgaben mit der Schaffung neuer und der Weiterentwicklung bestehender Erfolgs­potenziale. Auf der operativen Ebene werden die Maßnahmen zur Umsetzung der Strategie ausgeführt und die dabei anfallenden laufenden Aktivitäten gelenkt.

�� Die Führungsfunktionen Personal, Planung und Kontrolle sowie Organisation zur Lenkung, Gestaltung und Entwicklung eines Unternehmens bilden die zweite Di­mension der Pyramide. Sie stehen gleichberechtigt und einander ergänzend neben­einander.

�� Information en spielen auf allen Führungsebenen und ­funktionen eine wesentliche Rolle und verbinden diese miteinander. Dies wird in Abb. 1.3.9 durch einen umlau­fenden Kreis symbolisiert.

Aus Ebenen und Funktionen ergibt sich eine Pyramide aus neun Elementen und dem Informationskreislauf, welche zusammen das integrierte System der Unternehmens-

Integrierte Konzeption der Unter­nehmens­

führung

Abb. 1.3.9: Integriertes System der Unternehmensführung

Info

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nnnormativ

strategisch

operativ

OrganisationPlanung &Kontrolle

Personal

531.3 System der Unternehmensführung

führung bilden (vgl. Abb. 1.3.9). Alle Ausführungen orientieren sich nachfolgend an dieser Systematik. Auf jeden Baustein wird in einem separaten Kapitel eingegangen. Die in den Führungsfunktionen zu bearbeitenden Aufgaben werden dabei nach ihrem Schwerpunkt den Führungsebenen zugeordnet.

In Abb. 1.3.9 sind alle Bausteine vereinfachend gleich groß dargestellt. Tatsächlich sind Unternehmen auch als Elemente übergeordneter Systeme zu betrachten. Wechselwir­kungen zwischen Unternehmen, wie etwa in gesellschaftlicher, rechtlicher oder techno­logischer Hinsicht, bewirken, dass die Bedeutung der Funktionen und Ebenen immer wieder neu aufeinander abzustimmen sind. Bilden die Elemente der Unternehmensfüh­rung ein koordiniertes System mit aufeinander abgestimmten Beziehungen, dann wird von einem integrierten System gesprochen. Dabei sind z. B. die Führungsteilfunktionen nicht unbedingt gleichberechtigt. In einem stabilen Umfeld mit immer wiederkehrenden Aufgaben kann die Organisation in Form von standardisierten Abläufen und Regeln dominieren. In einem dynamischen Umfeld kann dagegen die Personalfunktion zur Förderung unternehmerischen Denkens und Handels im Vordergrund stehen, während die Planung und Kontrolle nur eine untergeordnete Rolle spielt. Neben der Aufgaben­orientierung erklärt auch der kulturelle Hintergrund unterschiedliche Schwerpunkte. So bevorzugen angloamerikanische Unternehmen meist Planung und Kontrolle, während z. B. Prozessabläufe weniger standardisiert sind. Asiatisch oder romanisch geprägte Unternehmen werden eher mit einem Fokus auf der Personalfunktion geführt. Während bei asiatischen Unternehmen das Gruppendenken dominiert, bevorzugen europäische Unternehmen eine patriarchalische Führung. In Deutschland wird etwa meist stark auf fehlerfreie Prozesse geachtet und daher der Organisation ein hoher Stellenwert eingeräumt.

Die Integration der Führungsebenen ist aufgrund der gegenseitigen Abhängigkeit der Entscheidungen und sich wandelnder Umwelten von zentraler Bedeutung. Die Unter­nehmensführung ist für die Gesamtheit des Unternehmens und damit auch für die Fülle an Führungsaufgaben verantwortlich. Daher bedarf es einer laufenden Anpassung der Unternehmensführung in dynamischen Umfeldern. Dies erfolgt durch die Koordina-tion des Systems der Unternehmensführung über alle Funktionen und Ebenen. So ist eine Strategie die Vorgabe für betriebliche Aktivitäten, wofür geeignete Strukturen und abgestimmte Personalaktivitäten erforderlich sind. Für die konsequente Ausrich­tung eines Geschäftsbereiches kann z. B. eine organisatorische Verankerung als Sparte sinnvoll sein. Zudem kann die Umsetzung der Strategie mit abgestimmten Anreiz­ und Entlohnungsmodellen gefördert werden. Eine solche Koordination der Funktionen er­möglicht eine horizontal abgestimmte Unternehmensführung. Da die Führungsebenen hierarchisch ineinander greifen, sind die Funktionen ebenso vertikal zu koordinieren (vgl. Kap 1.3.1). Beispielsweise sollten sich die Strategien der Geschäftsfelder und die daraus resultierenden operativen Aktivitäten aus der Mission des Gesamtunternehmens ableiten.

Viele der Koordinationsprozesse innerhalb des Systems der Unternehmensführung basieren auf Plausibilitätsüberlegungen und lassen sich nur im konkreten Fall spezi­fizieren. Eine Ausnahme bildet das Planungs­ und Kontrollsystem, welches sich vom Unternehmenswert bis hin zur operativen Budgetierung quantifizieren lässt. Abstim­mungen horizontaler Art basieren im System der Unternehmensführung überwiegend auf qualitativen Überlegungen, Hypothesen über Ursache­Wirkungsbeziehungen und Plausibilitäten. So hat z. B. Bleicher (2011) die Integration durch Profile in der Ausprägung jedes Führungsbausteins beschrieben und diese miteinander verglichen. Auf diese

Integrierte Unter­nehmens­führung

Horizontale und vertikale Koor dina­tion

Koordi­nations­prozesse

1. Grundlagen der Unternehmensführung54

Methodik wird im Rahmen des hier vorgestellten Führungssystems zurückgegriffen. Im Zusammenhang mit den jeweils behandelten Führungsfunktionen werden die hierfür relevanten Abstimmungsprozesse vorgestellt.

Je nach Größe, Branche oder Umweltsituation eines Unternehmens kann die Unterneh­mensführung eine hohe Komplexität annehmen. So können in einem stabilen Umfeld die Aufgaben der Unternehmensführung in kleinen Unternehmen durchaus alle von einer Person ausgeführt werden. In größeren Unternehmen wird die Aufgabe der Unternehmensführung häufig auf mehrere Personen als gemeinsames Leitungsorgan verteilt. Zudem haben sich sowohl in der Literatur als auch in der Praxis für die Unter­nehmensführung auch Unterstützungsfunktionen entwickelt. Dabei handelt es sich um spezialisierte Institutionen, die der Unternehmensführung in einzelnen Aufgaben oder auch bei der Koordination von Funktionen und Ebenen Hilfestellung leisten. Sie unter­stützen als spezialisierte Dienstleister mit Expertenwissen die Unternehmensführung bei der Bewältigung ihrer komplexen Aufgabe und stellen deshalb keine eigenständigen Führungsfunktionen dar. Daher sind sie auch nicht im integrierten System der Unter­nehmensführung aufgeführt. Unterstützungsfunktionen richten ein Unternehmen auf bestimmte Ziele wie z. B. die Qualität, den Markt oder die Wirtschaftlichkeit aus. Neben dem bereits erwähnten Informationsmanagement sind beispielsweise Marketing, Qua­litätsmanagement und Controlling als weitere wesentliche Unterstützungsfunktionen zu nennen.

�� Marketing hilft der Unternehmensführung, die Bedürfnisse und Wünsche der Ziel­märkte zu ermitteln und diese dann wirksamer als die Wettbewerber zu erfüllen

Unter­stützungs­funk tionen

Marketing

Abb. 1.3.10: Koordination im integrierten System der Unternehmensführung

normativ

strategisch

operativ

OrganisationPlanung &Kontrolle

Personal OrganisationOrganisationPlanung &Planung &PersonalPersonal

normativnormativnormativnormativ

strategischstrategisch

Personal-führung

Strategien Aufbau-organisation

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Ziele

Vision

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Horizontale Koordination

Gover-nance

Leistungs-orientierung

Aufträge

Prozesse

Info

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551.3 System der Unternehmensführung

(vgl. Kotler/Bliemel, 2006, S. 25). Marketing ist ein Planungs­ und Durchführungspro­zess der Konzeption, Preisfindung, Förderung und Verbreitung von Ideen, Waren und Dienstleistungen, um Austauschprozesse zur Zufriedenstellung der Kunden herbeizuführen. Damit steht es für die Ausrichtung eines Unternehmens auf die Anforderungen der Märkte und Kunden und bedeutet weit mehr als den Verkauf von Produkten (vgl. Kotler et al., 2007, S. 40 f.).

�� Qualitätsorientierte Unternehmensführung richtet alle Mitarbeiter und Unterneh­mensbereiche auf die Erfüllung der Kundenanforderungen aus (vgl. Kap. 8.1).

�� Logistik unterstützt die Unternehmensführung bei der integrierten Planung, Orga­nisation, Steuerung, Abwicklung und Kontrolle des gesamten Material­ und Waren­flusses mit den damit verbundenen Informationsflüssen (vgl. Jünemann, 1989, S. 18).

�� Controlling soll die Unternehmensführung bei der Erreichung der Ergebnisziele unterstützen. Es sichert die Rationalität von Entscheidungen durch Transparenz in Ergebnissen, Finanzen, Prozessen und Strategien. Es gestaltet und integriert das Planungs­ und das Kontrollsystem, ohne dessen Inhalte zu bestimmen. Es koor­diniert die Führungsfunktionen und ­ebenen und sichert die dazu erforderliche Informationsversorgung (vgl. Dillerup, 2009b, S. 398). Damit trägt das Controlling zur Rationalitätssicherung der Unternehmensführung durch Entlastung, Ergänzung, Begrenzung und Ausrichtung auf die entscheidungsrelevanten Aspekte der Unter­nehmensführung bei (vgl. Möller/Stoi, 2002, S. 561 ff.).

�� Chancen- und risikoorientierte Unternehmensführung identifiziert, bewertet und aggre­giert die Chancen und Risiken eines Unternehmens systematisch, um Chancen zu nut­zen und Risiken zu steuern, zu überwachen und darüber zu informieren (vgl. Kap. 8.4).

�� Innovationsorientierte Unternehmensführung bringt neue Produkte, Dienstleistun­gen oder Verfahren hervor und setzt sie wirtschaftlich erfolgreich im Markt durch (vgl. Kap. 8.6).

Management Summary

�� Führungsebenen unterteilen sich nach der Tragweite der Führungsaufgaben in die normative, stra-tegische und operative Ebene der Unternehmensführung. Sie bilden ein hierarchisches System. Die übergeordnete Ebene setzt den Rahmen für die untergeordnete Ebene, die dort konkretisiert und umgesetzt wird.

�� Die normative Unternehmensführung bestimmt die Identität eines Unternehmens in Werten, Zielen, Verhaltensweisen sowie organisatorischen Normen und fasst diese Elemente in einer Mission zu-sammen. Sie sichert die Lebens- und Entwicklungsfähigkeit.

�� Die strategische Unternehmensführung ist auf die Entwicklung bestehender und die Erschließung neuer Erfolgspotenziale ausgerichtet und beschreibt die hierfür erforderlichen Ziele, Leistungs-potenziale und Vorgehensweisen.

�� Die operative Unternehmensführung befasst sich mit der Planung, Steuerung und Kontrolle der lau-fenden Aktivitäten eines Unternehmens, um die bestehenden Erfolgspotenziale möglichst effizient zu nutzen.

�� Der Führungsprozess gliedert sich in Planung, Steuerung und Kontrolle. Er ist das Grundmuster der Problemlösung im Rahmen der Unternehmensführung.

Qualität

Logistik

Controlling

Chancen und Risiken

Innovation

1. Grundlagen der Unternehmensführung56

�� Die Lenkung durch die Unternehmensführung richtet das Unternehmen auf dessen Ziele aus. Durch eine Kombination aus Steuerung und Regelung werden sowohl einwirkende Störungen im Vorfeld berücksichtigt, als auch die Ergebnisse des Unternehmens kontrolliert.

�� Die Gestaltung dient dem Aufbau von Führungssystemen. Sie sichert die Handlungsfähigkeit der Unternehmensführung und ist damit eine Voraussetzung der Lenkung.

�� Die Entwicklung des Unternehmens sichert die Überlebens- und Anpassungsfähigkeit und wirkt auf die Gestaltung und Lenkung der Unternehmensführung ein.

�� Die Ziele der Unternehmensführung bestehen darin, das Unternehmen erfolgreich zu lenken, seine Führungskreisläufe zu gestalten und es im Hinblick auf zukünftige Anforderungen zu entwickeln.

�� Führungsfunktionen untergliedern die Unternehmensführung nach den Inhalten des Führungshan-delns in Planung und Kontrolle, Personal und Organisation. Um diese Teilfunktionen erfüllen zu können, sind Informationen erforderlich. Die Gestaltung des Informationsflusses ist Aufgabe des Informationsmanagements als Unterstützungsfunktion der Unternehmensführung.

�� Aus den Ebenen und Funktionen der Unternehmensführung entsteht ein integriertes System. Es kann als neungliedrige Pyramide mit umlaufendem Informationsfluss dargestellt werden.

�� Die Unternehmensführung ist horizontal und vertikal aufeinander abzustimmen, um als integriertes System seine Wirkung entfalten zu können.

�� Unterstützungsfunktionen wie z. B. Marketing, Controlling oder Qualitätsmanagement sind speziali-sierte Dienstleister der Unternehmensführung.

Literaturempfehlungen

Bleicher, K.: Das Konzept integriertes Management, 8. Aufl., Frankfurt/New York 2011.

Ulrich, H.: Die Unternehmung als produktives soziales System: Grundlagen der allge­meinen Unternehmungslehre, Bern 2001.

2. Normative Unternehmens-führung

Info

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nnnormativ

strategisch

operativ

OrganisationPlanung &Kontrolle

Personal

2.1 Grundlagen normativer Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . 59

2.2 Unternehmenswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622.2.1 Philosophie, Moral und Ethik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 632.2.2 Unternehmensphilosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 682.2.3 Werteorientierte Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . 712.2.4 Nachhaltige Unternehmensführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

2.3 Unternehmensziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1022.3.1 Globale Umweltanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1042.3.2 Unternehmensvision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1112.3.3 Unternehmenspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1202.3.4 Ziele und Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

2.4 Unternehmenskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1322.4.1 Ebenen und Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1332.4.2 Klassifikationen und Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

2.5 Unternehmensverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1392.5.1 Formen der Unternehmensverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1392.5.2 Corporate Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

2.6 Unternehmensmission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

592.1 Grundlagen normativer Unternehmensführung

2.1 Grundlagen normativer Unternehmensführung

Leitfragen

�� Welche Aufgaben hat die normative Unternehmensführung?�� Aus welchen Elementen besteht die normative Unternehmensführung?�� Wie wirken diese Elemente zusammen?

Als oberste Führungsebene im integrierten System der Unternehmensführung beschäf-tigt sich die normative Unternehmensführung mit den Führungsaufgaben, welche den Rahmen für die strategische und operative Ebene bilden (vgl. Kap 1.3.1). Sie prägt damit das Unternehmen und verleiht ihm Persönlichkeit und Identität.

Die normative Unternehmensführung bestimmt die Identität eines Unternehmens in Werten, Zielen, Verhaltensweisen sowie organisatorischen Normen und fasst diese Elemente in einer Mission zusammen. Sie sichert die Lebens­ und Entwicklungsfähigkeit des Unternehmens.

!

Abb. 2.1.1: Normative Ebene im integrierten System der Unternehmensführung

Info

rmatio

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nnnormativ

strategisch

operativ

OrganisationPlanung &Kontrolle

Personal

Die Ziele und daraus abgeleitete zentrale Aufgabenbereiche der normativen Unterneh-mensführung sind (vgl. Bleicher, 1995, S. 23; Bleicher, 2011, S. 89):

�� Legitimität : Um die nachhaltige Existenz des Unternehmens sicherzustellen, sind die Unternehmens-Umwelt-Beziehungen zu gestalten. Unternehmen sind Elemente überge-ordneter Systeme. Dies können etwa die Branche oder das Land sein. Sie beziehen ihre

Legitimität

2. Normative Unternehmensführung60

Existenzberechtigung daraus, dass sie einen nützlichen Beitrag zu diesen übergeordne-ten Systemen leisten. Die Positionierung des Unternehmens gegenüber seiner Umwelt ist wichtig, um die Lebensfähigkeit eines Unternehmens zu gewährleisten. Da sich die Umwelt evolutionär verändert, sind auch die Umweltanforderungen einem ständigen Wandel unterworfen. Um diesem gerecht zu werden, hat die Unternehmensführung für die erforderliche Entwicklungsfähigkeit zu sorgen. Dies kann durch reaktive Anpassung, aktive Umweltbeeinflussung oder gezielte Aus lösung von Umweltänderungen geschehen.

�� Unternehmensidentität (Corporate Identity): Jedes Unternehmen verfügt über eine eigene Persönlichkeit. Diese Unternehmensidentität besteht aus unverwechselbaren, indivi-duellen Merkmalen und Eigenschaften und gibt dem Unternehmen ein „Gesicht“. Sie schafft ein Selbstverständnis des Unternehmens und dient der Darstellung nach innen und außen. Dadurch profiliert sich das Unternehmen in doppelter Hinsicht: Zum einen gewinnt das Unternehmen Kontur gegenüber externen Anspruchsgruppen wie Kunden, Lieferanten, Mitarbeitern oder der Gesellschaft. Auf der anderen Seite ermöglicht die Identität den Mitarbeitern und Eigentümern, sich mit dem Unternehmen zu identifizieren.

Sowohl in der Literatur als auch in der Unternehmenspraxis herrscht eine nahezu ba-bylonische Begriffsvielfalt über die Elemente normativer Unternehmensführung und deren Zusammenhänge. Als Basis für das Verständnis und die Gestaltung der norma-tiven Unternehmensführung ist jedoch eine eindeutige Definition erforderlich. Daher wird nachfolgend von folgenden Elementen und Verknüpfungen ausgegangen, die in Abb. 2.1.2 zusammengefasst werden.

�� Die Unternehmenswerte beschreiben die Werthaltungen und den ethischen Anspruch des Unternehmens. Damit wird das Unternehmen legitimiert. Die Unternehmens­philosophie bestimmt die Normen als Maßstab für das Handeln der Unternehmens-führung. Damit ist sie der Ausgangspunkt der normativen Unternehmensführung und beeinflusst alle weiteren Elemente (vgl. Kap. 2.2).

�� Die Unternehmensziele sind normative Vorstellungen über einen zukünftigen Zustand, der durch Handlungen erreicht werden soll. Unternehmensziele zeigen, was das Un-ternehmen mit seinen Werten erreichen will und geben ihm dadurch eine Richtung. In der Vision kommt die interne Anspruchshaltung des Unternehmens zum Ausdruck. Sie beschreibt das angestrebte Zukunftsbild des Unternehmens. Damit schafft sie Sinn für jegliches Handeln und soll Identifikation, Motivation und Engagement bei den Mitarbeitern auslösen. In der Unternehmenspolitik werden neben der internen An-spruchshaltung der Vision auch die Anforderungen von Anspruchsgruppen wie z. B. Staat, Eigentümern oder Mitarbeitern an das Unternehmen berücksichtigt (vgl. Kap. 2.3).

�� Die Unternehmenskultur ist die Gesamtheit historisch gewachsener sowie gemein-sam gelebter Normen und Denkhaltungen aller Führungskräfte und Mitarbeiter, die etwa in deren Verhalten, Kommunikation, Entscheidungen, Handlungen und Symbolen sichtbar werden (vgl. Kap. 2.4).

�� Die Unternehmensverfassung beinhaltet grundlegende Regelungen über die Organe eines Unternehmens sowie deren Rechte und Pflichten. Diese Bestimmungen werden auch als Corporate Governance bezeichnet. Sie bilden einen Ordnungsrahmen für das Verhalten der Führungskräfte und Mitarbeiter (vgl. Kap. 2.5).

�� In der Unternehmensmission werden die Ziele, Verhaltensnormen und organisatori-schen Regelungen zusammengefasst. Sie beantwortet die Frage, warum ein Unterneh-men existiert und wonach es strebt. Die Mission beschreibt den Zweck und Auftrag des Unternehmens und konkretisiert dessen zukünftige Entwicklung in Form eines angestrebten Selbstbilds. Ihre wesentlichen Aussagen werden oft als Leitbild schrift-lich fixiert (vgl. Kap. 2.6).

Identität

Elemente

Werte

Philo sophie

Ziele

Vision

Politik

Kultur

Verfassung

Mission

612.1 Grundlagen normativer Unternehmensführung

Abb. 2.1.2: Zusammenhänge und Elemente der normativen Unternehmensführung

Info

rmatio

n

IInnffoo

rrmmaattiioo

nnnormativ

strategisch

operativ

OrganisationPlanung &Kontrolle

Personal

Unternehmenswerte

Ethik und Philosophie

Unternehmenskultur

Verhaltens-normen

Unternehmensverfassung

OrganisatorischeNormen

Unternehmensmission

Anspruch und Selbstbild

Unternehmensziele

Vision und Politik

Unternehmensziele

Vision und Politik

Management Summary

�� Die normative Unternehmensführung bestimmt die Identität eines Unternehmens in Werten, Zielen, Verhaltensweisen und organisatorischen Normen und fasst diese Elemente in einer Mission zusam-men. Sie sichert dadurch die Lebens- und Entwicklungsfähigkeit des Unternehmens.

�� Hauptaufgaben normativer Unternehmensführung sind die Gestaltung der Umweltbeziehungen sowie der Identität des Unternehmens.

�� Die normative Unternehmensführung besteht aus den Elementen Unternehmenswerte, -ziele, -kultur, -verfassung und -mission.

Literaturempfehlungen

Bleicher, K.: Das Konzept Integriertes Management, 8. Aufl., Frankfurt a. M. 2011.

Bleicher, K.: Aufgaben der Unternehmensführung, in: Corsten, H./Reiß, M. (Hrsg.): Handbuch für Unternehmensführung: Konzepte, Instrumente, Schnittstellen, Wies-baden 1995, S. 19–32.

2. Normative Unternehmensführung62

2.2 Unternehmenswerte

Leitfragen

�� Was beinhaltet die Unternehmensphilosophie?�� Welche Rolle spielt die Unternehmensethik?�� Welchen Einfluss haben die Werte auf die Unternehmensführung?�� Was zeichnet eine nachhaltige Unternehmensführung aus?

Unternehmen sind durch eine Vielzahl konkurrierender Werte und Interessen ihrer Stakeholder, insbesondere ihrer Mitarbeiter, charakterisiert. Eine zentrale Aufgabe der Unternehmensführung ist es, die Werte eines Unternehmens festzulegen und den Mit-arbeitern nahezubringen. Diese Werte sind umso wichtiger, je weniger prognostizierbar die Entwicklung der Unternehmensumwelt ist (vgl. Bleicher, 2004, S. 101). Ihre Bedeutung wird darüber hinaus dadurch verstärkt, dass traditionelle Werte in unserer heutigen Gesellschaft zunehmend verloren gehen (vgl. Müller, 2004, S. 144 ff.). Die Suche nach Orientierung ist deshalb für die Legitimation des Handelns als rechtfertigende Norm von Bedeutung. Nimmt die Unternehmensführung diese Aufgabe nicht aktiv wahr, dann wird sie auf die vielfältigen Werte der Mitarbeiter und der Unternehmensumwelt nur noch reagieren können. Damit verliert sie ihre Handlungsautonomie und unterliegt der „normativen Kraft des Faktischen“ (vgl. Lay, 1996, S. 178).

Abb. 2.2.1: Unternehmenswerte im integrierten System der Unternehmensführung

Info

rmatio

n

IInnffoo

rrmmaattiioo

nnnormativ

strategisch

operativ

OrganisationPlanung &Kontrolle

Personal

632.2 Unternehmenswerte

Die Unternehmenswerte umfassen neben den Werthaltungen auch den ethischen An-spruch des Unternehmens. Sie legitimieren das Unternehmen und bestimmen seine Normen als Maßstab des Handelns. Sie bilden den Ausgangspunkt der normativen Unternehmensführung und beeinflussen das gesamte Unternehmen (vgl. Kap. 2.1). Als Verhaltensgrundsätze für die Mitarbeiter und die Unternehmensführung schaffen sie Klarheit, Integration und Sinn. Zusammengefasst bilden die Werte als grundlegende Philosophie das „Gewissen“ eines Unternehmens (vgl. Bleicher, 2004, S. 104).

2.2.1 Philosophie, Moral und Ethik

Zum besseren Verständnis der Unternehmenswerte werden zunächst einige Grund-begriffe erläutert. Das Wort Philosophie stammt von den beiden griechischen Wörtern „Philos“ (Freund/Vertrauter) und „Sophia“ (Weisheit) ab. Philosophie bedeutet demnach „mit der Weisheit befreundet“ oder gemäß dem antiken griechischen Philosophen Platon „das Streben nach Weisheit“ (vgl. Ferber, 2008, S. 12). Es wird zwischen theoretischer und praktischer Philosophie unterschieden. Während die theoretische Philosophie sich mit der Wahrheit bezüglich der Wirklichkeit („das, was ist“) auseinandersetzt, wird in der praktischen Philosophie systematisch über die Welt, den Menschen und das Denken im Hinblick auf „das, was getan werden soll“ nachgedacht (vgl. Fenner, 2008, S. 4).

Der Begriff Ethik hat seine etymologischen Wurzeln im griechischen Wort „Ethos“. Aristoteles bezeichnete Ethik als eine bestimmte Art philosophischen Denkens (vgl. Fenner, 2008, S. 3). Die Übersetzung des Wortes ist mehrdeutig, so kann unter Ethik sowohl „Gewohnheit, Sitte, Brauch“ bzw. „allgemein anerkannte Normen“, als auch „Charakterhaltung“ im Sinne von „Sinnesart oder Denkweise“ verstanden werden. Die erste Interpretation wird auch als Moral bezeichnet. Der Begriff leitet sich aus dem latei-nischen Wort „Mores“ ab und umfasst eine Tugend oder Sitte, also Verhaltens weisen, die mit gelebten und überlieferten Gewohnheiten übereinstimmen (vgl. Höffe, 2009, S. 306). Ethos bildet die Summe aller Wertvorstellungen, Tugenden, Normen und Regeln, die der Stabilisierung einer Gesellschaft dienen.

Abb. 2.2.2: Zusammenhang zwischen Moral, Ethos, Ethik (in Anlehnung an Dietzfelbinger, 2008, S. 65)

Ethik Reflektierte Normen/Werte Ethik-Kodex

Moral Gewohnheiten Überzeugungen

hoch

gering

Zeitliche Entwicklunggering hoch

Ref

lexi

on Ethos Werte, Tugenden Regeln für Gruppen

Philosophische Ethik ist somit eine wissenschaftliche Reflektion über das Ethos, ein kritisches Hinterfragen und gegebenenfalls eine Revision von tradierten Normen und Wertvorstellungen (vgl. Tokarski, 2008, S. 47).

Grund­legen de Philo sophie

Philosophie

Ethik

Moral

Philoso­phische Ethik

2. Normative Unternehmensführung64

Die philosophische Ethik befasst sich im Wesentlichen mit folgenden Fragen (vgl. Fenner, 2008, S. 2; Hepfer, 2008, S. 9):

�� Wie soll ich bzw. wie sollen wir handeln? Es geht dabei um die Art und Weise der Handlung und die daraus resultierenden Konsequenzen. Die Antwort auf diese Fra-ge definiert die normativen Geltungen der „richtigen“ praktischen Umsetzung. Die Aufgabe der Ethik liegt dabei in der Darstellung allgemeiner Bewertungsmaßstäbe zur Beurteilung der Realität. Es ergeben sich ethische Prinzipien wie bspw. der „ka-tegorische Imperativ“ (vgl. Abb. 2.2.4).

�� Warum ist diese Handlung richtig? Die Ethik wird genutzt, um Handlungen zu rechtfertigen.

Zur Beantwortung dieser Fragen kann die philosophische Ethik in mehrere Disziplinen unterteilt werden (vgl. Göbel, 2010, S. 16; Hepfer, 2008, S. 15):

�� Deskriptive Ethik beschreibt empirisch geltende Wertvorstellungen und Normen einer historisch-kulturellen Gemeinschaft.

�� Normativ e Ethik beinhaltet Bewertungsmaßstäbe und beantwortet die Frage, wie der Einzelne handeln soll.

�� Metaethik ist die Reflektion über die Methoden, mit denen inhaltliche moralische Forderungen begründet werden. Sie untersucht die Zulässigkeit von Begründungen und Argumentationen der Ethik. Zudem werden moralische Ausdrücke wie „gut“, „schlecht“, „richtig“, „sollen“ oder „Pflicht“ definiert.

Abb. 2.2.3: Bereiche der Ethik (vgl. Göbel, 2010, S. 17)

Ebene Gegenstandsbereich Methodik

Deskriptive Ethik Was wird für das Gute gehalten? Empirisch, beschreibend

Normative Ethik Was ist das Gute? Analytisch

Metaethik Sind Aussagen über das Gute wahrheitsfähig? Bewertend

Die normative Ethik mit ihren allgemeinen Wertmaßstäben bewirkt die Legitimation von Handlungen im Sinne einer angewandten Ethik. Dabei sind die Ethikansätze auch im Kontext des Wandels der Gesellschaft zu sehen (vgl. Düwell, 2011, S. 3 ff.; Jonas, 2003, S. 7 ff.):

�� Antike Ethik : Normativ-ethische Fragestellungen wurden bereits in der An-tike diskutiert, um das Leben in der Gemein-schaft bestmöglich zu ge-stalten. Die prominentes-ten Philosophen sind dabei Sokrates (469 bis 399 v. Chr.) und sein Schüler Platon (427 bis 347 v. Chr.) sowie Aristoteles (384 bis 322 v. Chr.), die sich vor allem mit Fragen der Vernunft beschäftigten. Die Befähigung zu gutem und damit tugendhaf-tem Handeln wird demnach nicht durch eine Lehre vermittelt, sondern ist nur durch Selbsterkenntnis zu erlangen. Sinn und Zweck des menschlichen Strebens liegen im Erreichen des Glücks durch tugendhaftes Handeln. Platon erweiterte dies durch die

Deskriptiv

Normativ

Metaethik

Antike Ethik

652.2 Unternehmenswerte

vier Kardinaltugenden, welche die Idee des Guten beschreiben. Dies sind Weisheit, Tapferkeit, Mäßigung und Gerechtigkeit. Als Begründer der Ethik als eigenständige wissenschaftliche Disziplin gilt Aristoteles. Für ihn steht nicht das theoretische Wissen um die Tugend im Vordergrund, sondern die Erziehung zu Charaktertugenden. Er unterscheidet in dieser Hinsicht zwei Tugendarten: Intellektuelle Tugenden lassen sich mit der Vernunft erkennen bzw. aus der Erkenntnis ableiten. Ethische Tugenden können hingegen nur durch Gewöhnung an tugendhaftes Handeln im Sinne einer leitenden inneren Handlungsmotivation erlangt werden. Dieser Ansatz gilt als we-sentliche Grundlage moderner Wirtschaftsethik.

�� Mittelalterlich­christliche Ethik ist durch religiöse Aspekte ge-prägt. Nach Aurelius Augustinus (354 bis 430 n.  Chr.) findet das menschliche Streben seine Erfüllung in Gott. Somit wird die phi-losophische Ethik auf ein theologisches Fundament gestellt. Auf-grund des Sündenfalls Adams erkennt Augustinus dem Menschen vernünftiges und begründbares Handeln ab. Diese Annahme des Irrationalismus verhinderte die Weiterentwicklung der Ethik als wissenschaftliche Disziplin. Erst Thomas von Aquin (1225 bis 1274) entwickelte in Anlehnung an Aristoteles erneut ein eigenständiges ethisches System. Er hält den Menschen für fähig, Wahres und Gutes zu erkennen. Die natürliche Vernunft des Menschen ist al-lerdings beschränkt und vermag den göttlichen Ursprung nicht zu verstehen. Die übernatürliche Wahrheit lässt sich danach nur durch Offenbarung durchdringen. Thomas von Aquin ergänzt die von Platon geprägten Kardinaltugenden durch die theologischen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe. Nur darin sieht er die Möglichkeit zur Vollendung des menschlichen Lebens.

�� Neuzeitliche Ethik richtet sich an der Leitfrage aus, was ein Indi-viduum tun soll. Prägend ist dabei die Pflichtethik von Immanuel Kant (1724 bis 1804). Es geht um die Verallgemeinerung ethischer Grundsätze mit einer Verbindlichkeit für alle Menschen (formale bzw. materielle Ethik). Die Rechtfertigung ethischer Grundsätze (Moral) führt Kant auf die Vernunft zurück. Diese ist argumen-tativer Kritik zugänglich und stützt sich nicht auf zufällige Ge-gebenheiten. Als Kriterium für die Beurteilung der Grundsätze dient der kategorische bzw. unbedingte Imperativ. Dieser kann in verschiedenen Formeln ausgedrückt werden, wie Abb. 2.2.4 zeigt. Umgangssprach-lich wird hierfür auch das Sprichwort „Was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg’ auch keinem andern zu“ verwendet.

Abb. 2.2.4: Formeln des kategorischen Imperativs (vgl. Kant, 2008, S. 51)

Grundformel Naturgesetzformel Selbstzweckformel

„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein all-gemeines Gesetz werde.“

„Handle so, als ob die Ma-xime deiner Handlung zum allgemeinen Naturgesetz werden sollte.“

„Handle so, dass du die Mensch-heit, sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden ande-ren, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest“

Neben der Pflichtenethik wurde in dieser Epoche auch der Utilitarismus (lat. utilitas = Nützlichkeit, Nutzen) von Jeremy Benthams (1748 bis 1832) und John Stuart Mills (1806 bis

Mittel alter­lich­ christ­liche Ethik

Neuzeit liche Ethik

2. Normative Unternehmensführung66

1873) geprägt. Zentrales Bewertungskriterium einer Handlung ist dabei deren Nützlichkeit. Moralische Richtigkeit zeichnet sich durch die „Nützlichkeit zur Zunahme an Glück“ aus. Daraus leiten sich das Nutzenkalkül und der Ra tionalitätsanspruch der Ökonomie ab.

�� Ethik des 20. Jahrhunderts : In der modernen Zeit bis heute stand zunächst die Frage der Lebensführung bzw. „was moralisch gut ist“ im Vordergrund. Die materiale Wertethik nach Max Schelers (1874 bis 1928) befasst sich mit sittlichen Werten. Dominierend sind dabei ein inneres Wertgefühl und eine daraus resultierende Weltanschauung. Diese ist nicht an eine Pflicht wie bei Kantgeknüpft, sondern an ein aus dem Menschen selbst stammendes Bedürfnis. Ethische Werte lassen sich dadurch als objektiver Maßstab und Orientierungspunkt moralischen Handelns auf-fassen. Als Gegenpol stellt Hans Jonas (1903 bis 1993) die Gültig-keit der materialen Wertethik in Frage. Angesichts des technolo-gischen Fortschritts hat der Mensch immer mehr Mög lich keiten, die Natur zu verändern. Die Ethik darf sich deshalb nicht nur auf das Zwischenmenschliche beschränken, sondern muss auch den Umgang mit der Natur berücksichtigen. Seine Verantwor­tungsethik bezieht den Aspekt kollektiver Praxis und die Reich-weite irreversibler Handlungen auf die Zukunft mit ein. Jonas definiert ebenfalls einen Imperativ: „Handle so, dass die Wir-kungen deiner Handlungen nicht zerstörerisch sind für die künftigen Möglichkeiten solchen Lebens“ (Jonas, 2003, S. 36). Einer der aktuellsten Ethikansätze ist die Diskursethik von Jürgen Habermas (geb. 1929). Sie knüpfen eben-falls an Kant an und stellen keine allgemein gültigen Normen auf. Ethisches Handeln ist demnach abhängig vom Kontext und der Situation (vgl. Habermas, 2001). Beispiels-weise kann eine Fehlerfreiheit von 90 Prozent in einem Handelsbetrieb ethisch un-problematisch sein, während dies für einen medizinischen Eingriff nicht akzeptabel wäre. Unvoreingenommenheit, Zwang-losig keit oder Sachverständigkeit sind etwa Kriterien, um einen Ausgleich zwischen unterschiedlichen Zielvorstellungen zu er-reichen. Es werden also keine Handlungsregeln aufgestellt, son-dern eine Auseinandersetzung mit Moral gefordert. Es wird nicht beurteilt, was gut oder schlecht ist, sondern sowohl eigene Ansprüche eines Unternehmens begründet, als auch die Argu-mente anderer Stakeholder angehört.

Moderne Ethik vertritt die Vorstellung, dass ethische Prinzipien durch einen Diskurs zu entwickeln sind. Der Diskurs ist gleichsam ein Prüfungsverfahren von Normen und ihrer Geltungsfähigkeit. Damit gelten nur diejenigen Normen, welche die Zustimmung aller Betroffenen finden (vgl. Habermas, 2001, S. 12). Auf diese Weise bilden sich Werte.

Werte sind Vorstellungen, Ideen, Normen oder Verhaltensweisen, die in einer Gemein­schaft als wünschenswert anerkannt sind und den Menschen in dieser Gemeinschaft als Orientierung dienen (vgl. Düwell, 2011, S. 548).

!

Ethik des 20. Jahr­hunderts

Materiale Wert ethik

Ver ant wor­tungs ethik

Diskurs ethik

672.2 Unternehmenswerte

Werte werden von der vorherrschenden Kultur bestimmt. Die Objektivierung erfolgt durch Verallgemeinerung und ist unabhängig von der Anerkennung durch einzelne Subjekte. Da die immer komplexer werdende Gesellschaft stets mit neuen Problemen und Fragestellungen konfrontiert wird, sind unterschiedliche ethische Diskurse und damit eine Spezialisierung der Ethik erforderlich. Es haben sich angewandte Ethiken für verschiedene Lebensbereiche entwickelt, wie etwa in der Medizin, Ökologie oder Wirt-schaft. Die Aufgabe der Wirtschaftsethik liegt in der Auseinandersetzung mit der Frage, wie moralische Normen und Ideale sich in einer modernen Wirtschaft durchsetzen können. Wenn die folgenden theoretischen Bedingungen erfüllt wären, wäre ethisches Verhalten im Markt überflüssig (vgl. Pieper/Thurnherr, 1998, S. 204):

�� Nach dem Prinzip der unsichtbaren Hand wird ein volkswirtschaftliches Optimum dadurch geschaffen, dass alle Akteure ihre Selbstinteressen verfolgen.

�� Märkte sind mit so vielen Anbietern und Nachfragern besetzt, dass vollständige Konkurrenz herrscht.

�� Es gibt keine Transaktionskosten.

Da diese Idealbedingungen nur in der Theorie vorkommen, erfordert die Praxis eine Ethik des Wirtschaftens. Diese Wirtschaftsethik reflektiert das ökonomische Denken und Handeln (vgl. Düwell, 2011, S. 303). Sie untersucht die Beziehung zwischen ökono-mischen Grundlagen, gesellschaftlichen Werten, Sitten und Normen sowie die inner-halb eines Unternehmens bestehende Moral. Daher kann sie in die folgenden Bereiche unterteilt werden (vgl. Albach, 2005, S. 16; Göbel, 2010, S. 88):

�� Ordnungsethik umfasst die Handlungsebene innerstaatlicher und überstaatlicher Organisationen. Sie bewertet die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Ins-titutionen und gestaltet diese mit Hilfe der Ordnungspolitik. Wettbewerbspolitik zielt etwa auf eine Öffnung von Märkten oder effizienten Wettbewerb. Derartige Rahmenordnungen gesellschaftsdienlicher Marktwirtschaft werden in Form von Regeln bzw. Institutionen durch die Politik festgelegt.

�� Unternehmensethik befasst sich mit den Unternehmen in einem ordnungs-ethischen Kontext. Unternehmen sind demnach einerseits moralische Akteure, an-derseits werden sie aber auch durch die ordnungspolitische Rahmenordnung mit-bestimmt.

�� Individualethik bezieht sich auf die Handlungen einzelner Personen. Dabei geht es um die Verantwortung als Konsument, Produzent, Mitarbeiter oder Investor gegen-über sich selbst und der eigenen Umwelt. Der einzelne Akteur verfolgt dabei nicht nur einen unmittelbaren Nutzen zur Zielerreichung, sondern berücksichtigt auch soziale und moralische Regeln.

Unternehmensethik umfasst als Teil der Unternehmensphilosophie die moralischen Maßstäbe eines Unternehmens. Sie legitimieren das Handeln eines Unternehmens und beschreiben dessen moralische und gesellschaftliche Verantwortung.

!Ethisches Wirtschaften steht in der Marktwirtschaft immer im Spannungsfeld zwischen Moral und Ökonomie. Das ethisch legitime Streben nach Gewinn kann negative Auswir-kungen für bestimmte Gruppen nach sich ziehen. Diesen Grundkonflikt gilt es, durch eine entsprechende Unternehmensethik zu lösen. Sie liefert einen Beitrag zur Legitima-tion der Unternehmen in ihrer unternehmerischen Freiheit und Verantwortung inner-halb einer Wirtschaftsordnung (vgl. Steinmann/Löhr, 1994, S. Vf.). Die Unternehmensethik

Wirtschafts­ethik

Ordnungs­ethik

Unterneh­mensethik

Individual­ethik

Unterneh­mensethik

2. Normative Unternehmensführung68

beschreibt damit die Erweiterungen betriebswirtschaftlicher Rationalität um ethische Belange. Dabei wird die ausschließliche Ausrichtung an ökonomischen Zielen kritisiert und das Stiften von Sinn und Legitimität gefordert. Unternehmen sind als juristische Personen Träger von Rechten und Pflichten und besitzen damit Moralfähigkeit. Ihre Moral folgt aus ihren selbst auferlegten Normen und Werten. Die Unternehmensethik reflektiert diese Werte hinsichtlich der Frage, was ökonomisch relevant und moralisch legitim ist (vgl. Leisinger, 1997, S. 18).

Welche Werte vorherrschend und gemeinhin als legitim betrachtet werden, hängt von der religiösen und kulturellen Prägung ab. Darüber hinaus wandeln sich Werte im Laufe der Zeit. Wie Abb. 2.2.5 zeigt, haben sich die Werte in Deutschland in den letzten 60 Jahren mehrfach grundlegend verändert (vgl. Homburg, 2015, S. 48). Ein solcher Wer-tewandel einer Gesellschaft wirkt sich auch auf die Philosophie der darin agierenden Unternehmen aus. Die Entwicklung reicht von einer reinen Ausrichtung an ökonomi-schen Zielen über die Integration sozialer Werte bis zu einer werteorientierten bzw. nachhaltigen Unternehmensführung.

Abb. 2.2.5: Wertewandel und Unternehmensphilosophie in Deutschland (in Anlehnung an Homburg, 2015, S. 48)

• Individualismus• Beziehungen /

Kommunikation• Authentizität• Prosperität/Leistung• Realismus• Flexibilität

• Hedonismus• Ich-Bezogenheit• Erlebnisorientierung• Oberflächlichkeit• Selbstdarstellung

• Unabhängigkeit• Selbst-

verwirklichung• Alternative

Lebenswege• Konsumkritik• Soziale Bewe-

gungen: Frieden, Ökologie, Frauen

• Prosperität• Materieller

Wohlstand• Soziale

Sicherheit• Aufsteigen• Prestige• Konsum

• Recht und Ordnung

• Leistung und Disziplin

• Leben, um zu arbeiten

• Pflichtgefühl

Sein, Haben, Genießen

Genießen und Exponieren

Sein und Selbstbestimmung

Haben und Zeigen

Aufbauen und Erhalten

UnübersichtlichkeitSchneller, höher, weiter

Alternativen zum genormten Leben

Wirtschafts-wachstum

Vorrang der Wirtschaft

1990/2000er1980er1970er19681960er1950er

Öffe

ntlic

her

Pro

test

Traditionelle Werte

Materielle Werte

Postmaterielle Werte

PostmoderneWerte

• Generationen-gerechtigkeit

• Ökologisches Bewusstsein

• Soziale Pluarlität

Sein,Verantwortung

Nachhaltigkeit

2010er

Nachhaltige Werte

2.2.2 Unternehmensphilosophie

Die Unternehmensphilosophie basiert auf den ethischen Überzeugungen sowie der Erziehung und Erfahrung der prägenden Personen eines Unternehmens. Sämtliche Mitarbeiter des Unternehmens sollen sich nach diesen Werten richten und ihr Handeln wird danach gemessen. Werden diese Werte durch die Unternehmensführung glaubhaft verkörpert und kommuniziert, so wirken sie integrierend und verdeutlichen den Sinn des Handelns. Sie drücken auch die Verantwortung eines Unternehmens gegenüber sei-nen Mitarbeitern und der Gesellschaft aus (vgl. Ulrich/Fluri, 1995, S. 314). Mit den Werten der Unternehmensphilosophie definiert die Unternehmensführung ihre Verantwortung für ihr Handeln und die Lösung von moralischen und gesellschaftlichen Konflikten. Aufgrund des Wandels gesellschaftlicher Werte kann die Unternehmensphilosophie nicht allgemeingültig und zeitlos sein.

Werte­wandel

692.2 Unternehmenswerte

Die Unternehmensphilosophie umfasst die grundlegenden Einstellungen und Über­zeugungen eines Unternehmens. Sie bilden die Werte, welche das Denken und Handeln aller Mitarbeiter beeinflussen (vgl. Ulrich/Fluri, 1995, S. 312).

!Inhalt einer Unternehmensphilosophie sind die meist verdeckten, unreflektierten, hin-tergründigen und unausgesprochenen Werte einer Unternehmenskultur (vgl. Schein, 1984, S. 3 f.). Die Unternehmensphilosophie bringt nicht nur die gelebten Werte eines Unternehmens zum Ausdruck, sondern vielmehr die angestrebten bzw. gewünsch-ten Einstellungen und Verhaltensweisen (vgl. Bleicher, 2004, S. 104). Damit hat sie den Charakter einer angestrebten Norm, die sämtlichen Handlungen des Unternehmens zugrunde liegen sollte.

Die Unternehmensphilosophie enthält die ethischen, moralischen und sozialen Ein-stellungen und Werte eines Unternehmens (vgl. Ulrich, 1990, S. 12). Kurzfristig gesehen sind Moralverstöße zu Gunsten des Unternehmenserfolgs zwar verlockend, aber auf lange Sicht kommt kein Unternehmen ohne Moral und Werte aus. Unternehmen werden von ihren Stakeholdern an moralischen Maßstäben gemessen. Daher ist ein Verhalten innerhalb bestimmter Normen und Werte unumgänglich, um langfristig erfolgreich zu sein. Ethisch zweifelhaft ist nicht das Streben nach Gewinn, sondern mit welchen Mitteln dies geschieht (vgl. Steinmann/Löhr, 1994, S. 112). Ein Ausweg aus dem Dilemma zwischen Gewinnstreben und Moral ist die Berücksichtigung der Mitverantwortung des Unternehmens für das Gemeinwohl (Corporate Citizenship) .

Im Sinne der Diskursethik können Unternehmen nach ihrem ethischen Verhalten in folgende Gruppen eingeteilt werden (vgl. Bruton, 2011, S. 50 f.):

�� Unmoralische Unternehmen orientieren sich ausschließlich an ihren eigenen Interes-sen und handeln bewusst unethisch. Dabei werden etwa Gesetze und Vorschriften verletzt. Beispiele hierfür sind die Bilanzfälschungen bei dem US-amerikanischen Energiekonzern Enron oder dem Abgasskandal bei Volkswagen , der für das Unterneh-men und seine Aktionäre zu hohen Verlusten führte.

�� Legalistische Unternehmen engagieren sich nicht für ethisches Verhalten, sondern führen ausschließlich die gesetzlich vorgeschriebenen Verhaltensweisen und das unabdingbar Notwendige aus. Dabei steht der reine Gesetzestext und nicht dessen Sinn im Vordergrund.

�� Ethisch reaktive Unternehmen streben nach einem Ausgleich zwischen ökonomischen Zielen und moralischem Handeln. Ihr Verhalten geht somit über die gesetzlichen For-derungen hinaus. Dies geschieht allerdings eher aus Opportunismus oder aufgrund äußeren Drucks als aus eigener Überzeugung.

�� Ethisch engagierte Unternehmen sind davon überzeugt, dass ethisches Handeln auch in ihrem eigenen Interesse ist. Diese Art von Unternehmen bemüht sich um die Beachtung moralischer Werte und stellt etwa Verhaltenskodizes auf, um deren Einhaltung sicherzustellen.

�� Ethische Unternehmen sind durch moralische Werthaltungen geprägt, die von den Mitarbeitern geteilt werden und in die Unternehmenskultur eingebettet sind. Ethi-sches Verhalten bildet damit die Basis des Wertesystems und der Unternehmens-kultur.

Ethisch engagierte und ethische Unternehmen orientieren sich in ihrer Unternehmens-philosophie etwa an folgenden Empfehlungen:

Angestrebte Norm

Cor pora te Citizen ship

Unmoralisch

Legalistisch

Ethisch reaktiv

Ethisch engagiert

Ethisch

2. Normative Unternehmensführung70

�� Küng (1987, S. 7 ff.) definiert fünf praktikable Stichworte ethischen Führungsverhal-tens: Menschlichkeit, Brüderlichkeit, Wahrhaftigkeit, Zukunftsorientiertheit und Sinnhaftigkeit.

�� Enderle (1988, S. 132 ff.) stellt eine Goldene Regel auf: „Behandle den anderen, wie du selbst von ihm behandelt werden willst.“ Deshalb rät er, sich in die Rolle des Betrof-fenen zu versetzten und Entscheidungen unter dessen Blickwinkel zu treffen.

�� Grundsätze ethischer Unternehmensführung nach Lay (1996, S. 134 ff.) definieren das höchste ethische Gut: „Handle stets so, dass du in deinem und durch dein Handeln eigenes und fremdes personales Leben eher mehrst denn minderst“. Mit „personalem Leben“ ist dabei die Würde einer Person gemeint, die erhalten und entfaltet werden soll. Dazu hat die Unternehmensführung zwischen den Interessen von Kapital und Arbeit sowie zwischen denen des Unternehmens und seiner Umwelt zu vermit-teln. Ethik bezieht sich demzufolge auf einen Ausgleich zwischen sachlichen und personellen Anforderungen. Gute Führungskräfte sind in der Lage, beide Ziele zu verfolgen, statt diese in Konkurrenz zueinander zu sehen. Beispielsweise trägt die Erfüllung eines zusätzlichen Auftrags sachlich gesehen zur Kundenzufriedenheit und Umsatzsteigerung bei. Die ethische Beurteilung dieses Vorgangs hängt jedoch neben der Sachebene auch davon ab, ob dies für die handelnden Personen wie etwa die Mitarbeiter zumutbar ist. Die Erfüllung eines Auftrags, bei der „über Leichen gegangen wird“, ist somit unethisch.

�� Dyllick (1992, S. 225 f.) legt zwei Kriterien für ethisch angemessenes Verhalten fest: Danach ist eine Entscheidung moralisch angemessen, wenn sie gegenüber einem großen Kreis von Menschen vertreten werden kann und möglichst viele Bedürfnisse und Interessen der Betroffenen berücksichtigt.

Diese Empfehlungen und alle ethischen Erwägungen und Entscheidungen sind immer kontextgebunden. Dies verdeutlicht folgendes Beispiel: Für eine Produktionsfirma ist eine Fehlerfreiheit bei der rechtzeitigen Auslieferung der Ware von 98 Prozent ein recht guter Wert. Für den Bereich der Flugsicherung würde eine solche Fehlerfreiheit schnell zu einer Katastrophe führen. Je nach Kontext ist also genau zu unterscheiden, worum es sich handelt. Verwirrend daran ist nur: Was im einen Falle (etwa der Auslieferung) gut und richtig ist, kann im anderen Falle (etwa der Flugsicherung) Ausdruck von Schlam-perei, unsachgemäßer Arbeit und ethischem Versagen sein.

Wesentliche Kriterien ethischer Unternehmensführung sind (vgl. Hemel, 2007, S. 12 ff.):

�� Professionalität umfasst die sachrichtige, optimale Erbringung einer Leistung für die Kunden. Ein Unternehmen, das keine Wertschöpfung erbringt, handelt nicht ethisch, weil es dem eigenen, unternehmerischen Auftrag nicht gerecht wird. Professiona-lität als erstes Kriterium ethischer Unternehmensführung ist ethisch notwendig, aber nicht hinreichend. Es bedarf zudem der Glaubwürdigkeit, um den Unterschied zwischen der bestmöglichen wirtschaftlichen und der bestmöglichen ethischen Un-ternehmensführung zu begründen.

�� Glaubwürdigkeit beschreibt das Ausmaß der Übereinstimmung zwischen Ankün-digung und Handlung, also zwischen dem, was gesagt, und dem, was getan wird. Sie entsteht in der Wahrnehmung einzelner Personen. Glaubwürdigkeit wird zu einem kollektiven Phänomen, wenn die Beurteilung der Handlungsweise einer Un-ternehmensführung zu einer einhelligen Meinung führt. Möglich ist aber auch eine Divergenz der Meinungen nach dem Motto: „Die einen meinen dies, die anderen das“. Wenn die Informationsbasis jedoch hinreichend breit ist, herrscht häufig eine

Kontext­gebunden

Professio­nalität

Glaub­würdig keit

712.2 Unternehmenswerte

hohe Übereinstimmung bezüglich der Glaubwürdigkeit einer Führungskraft oder der Unternehmensspitze. Bei professionellen Fragen kann es zu sehr unterschiedlichen Auffassungen kommen. Ethisch geboten ist daher nicht die eine Wahrheit, sondern die Kombination von ausreichender Sachkenntnis und hinreichender Beschäftigung mit der Materie. Sind diese Voraussetzungen gegeben, dann kommt es auf die Glaub-würdigkeit, Authentizität und Integrität der handelnden Personen an.

�� Konfliktlösung: Da weder die Interessen noch die ethischen Maßstäbe der Beteiligten stets übereinstimmen, dient der Umgang mit Konflikten als ein weiteres Kriterium. Können Kontroversen ohne Beschädigung von Personen ausgetragen werden? Liegen alle relevanten Fakten auf dem Tisch oder gibt es „Tabuzonen der Entscheidungs-findung“? Eine Konfliktlösung setzt eine klare Situationsanalyse voraus: Wer will was, warum und zu welchem Zweck? Anschließend sind die eigenen Handlungs-möglichkeiten kritisch und selbstkritisch zu bewerten. Diese Bewertung mündet in einer Güterabwägung darüber, ob sich der Konflikt überhaupt lohnt und ob die für sinnvoll erachtete Klärung realistisch ist. In der Unternehmenspraxis wird dies häufig mit einem einfachen Slogan ausgedrückt: „Love it, change it or leave it“. Wenn eine Thematik unterhalb der Eskalationsschwelle bleibt, bricht somit kein offener Konflikt aus. Führt ein offener Konflikt zu „Kollateralschäden“, die der Einzelne nicht in Kauf nehmen will, dann wird er sich hüten, einen Konflikt anzusprechen. Handelt es sich dabei aber um kollektive, etwa durch Angst vor Arbeitsplatzverlust motivierte Handlungen, dann schadet eine solche, individuell sinnvolle Konfliktvermeidung letztlich dem betroffenen Unternehmen.

2.2.3 Werteorientierte Unternehmensführung

Da Unternehmen vielfältige Austauschbeziehungen mit unterschiedlichen Stakeholdern haben, ist die Fähigkeit zur Kooperation eine grundlegende Basis wirtschaftlichen Handelns. Kooperationen basieren auf Vereinbarungen und Vertrauen. Je größer das Vertrauen ausgeprägt ist, umso einfacher gestalten sich Vereinbarungen mit Partnern. Vertrauen basiert wiederum auf akzeptierten und durchsetzbaren Normen und Werten. Besonders global agierende Unternehmen stehen dabei vor der Herausforderung, sich kulturübergreifenden Werten zu verpflichten.

Die Wirkung gemeinsamer Werte lässt sich am Beispiel des Fußballs veranschaulichen. Haben die beteiligten Mannschaften unterschiedliche Vorstellungen von Fairplay und Gerechtigkeit und gibt es keine darauf beruhenden Spielregeln sowie Organe zu deren Durchsetzung, dann ist kein „schöner“ Fußball zu erwarten. Ohne Spielregeln, Schieds-richter, Qualifikationsregeln etc. würde vermutlich kein Fußballturnier zustande kom-men oder es müsste schon während der Vorrunde abgebrochen werden. Solange sich die Turnierteilnehmer auf einen Wertekonsens verständigen, sind die Orientierungen für den Wettbewerb gegeben. Dies beantwortet die Frage, warum sich auch Unterneh-men mit Moral und Ethik beschäftigen müssen. Die Finanz- und Wirtschaftskrise Ende der 2000er Jahre war beispielsweise auch eine Vertrauenskrise, was die Notwendigkeit vertrauensbildender Werte als Grundlage wirtschaftlichen Handelns verdeutlicht. Da Unternehmen in einer globalen Wirtschaft eine wesentliche Rolle spielen, ist ein Grund-verständnis auf gemeinsame Werte sowohl zwischen den Unternehmen als auch inner-halb der Unternehmen erforderlich.

Vertrauen ist die Basis eines gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Miteinanders (vgl. Bilgri, 2009, S. 155 f.). Ein Vertrauensverhältnis beinhaltet ein inhärentes Risiko. Zu Be-

Konflikt­lösung

Gemein­same Werte

Vertrauen

2. Normative Unternehmensführung72

ginn jeder Kooperation, egal, ob wirtschaftlicher oder sozialer Art, ist immer ein Ver-trauensvorschuss erforderlich. Der Vertrauende erwartet wohlwollendes und kompe-tentes Handeln von demjenigen, dem das Vertrauen entgegengebracht wird. Dabei setzt sich der Vertrauende über bestehende Informationsasymmetrien zwischen den Betei-ligten hinweg (vgl. Kühlmann, 2008, S. 56 f.). Vertrauen stabilisiert damit unsichere Er-wartungen und dient der Risikogestaltung. Die Frage, warum Vertrauen trotz seines inhärenten persönlichen Risikos geschenkt wird, liegt in der dadurch geschaffenen Vereinfachung. Es reduziert Komplexität, da auf Informations-, Absicherungs- und Kontrollmechanismen verzichtet wird. Dies beschleunigt die Zusammenarbeit und senkt darüber hinaus die Transaktionskosten (vgl. Luhmann, 2009, S. 27 ff.).

Vertrauen wird somit zu einem ökonomischen Erfolgsfaktor, dessen Bedeutung erst richtig deutlich wird, wenn es verloren geht. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Kenneth Arrow bezeichnet Vertrauen auch als „Schmiermittel im Getriebe der Ökonomie“ ( Kenning, 2010). Im Zeitalter der Globalisierung, die mit zunehmender Transparenz, Komplexität und Vernetzung verbunden ist, gewinnt das Vertrauen im Wirtschaftsleben an Bedeutung. Vertragliche Abmachungen, die geeignet sind, Vertrauen zu ersetzen, verlieren auf internationaler Ebene an Effizienz. Dies liegt u. a. an unterschiedlichen Rechtsordnungen und der daraus resultierenden Schwierigkeit, vertragliche An sprüche  durchzusetzen. Hinzu kommen räumliche Distanzen, Kulturunterschiede und steigende Dynamik in den Unternehmens umwelten. Eine Gesellschaft oder Wirtschaft ohne Vertrauen müsste viele Ressourcen in Kontrollmechanismen investieren. Vertrauen ist damit die Voraus-setzung für Kontinuität und Krisenresistenz im Wirtschafts- und Arbeitsleben und basiert auf den ethischen Werten der Wirtschaftsakteure (vgl. Bilgri, 2009, S. 156).

Die Frage, welche Werte einen Grundkonsens an unverrückbaren Maßstäben und persönlichen Grundhaltungen darstellen, versucht das „Projekt Weltethos“ zu beantworten (vgl. Küng/Kuschel, 1993). Es geht zurück auf den Schweizer Theologen Hans Küng, der da-von überzeugt ist, dass es ohne Frieden zwischen den Religionen keinen Frieden zwischen den Nationen geben kann. Er entwickelte ein Ethos der Menschheit, auf das sich die Vertreter aller Religio-nen im Jahr 1993 verständigten. Das Parlament der Weltreligionen verabschiedete 1993 in Chicago die Erklärung zum Weltethos, die vier unverrückbare Weisungen bzw. Verpflichtungen beinhaltet:

�� Gewaltlosigkeit und Ehrfurcht vor allem Leben.�� Solidarität und eine gerechte Wirtschaftsordnung.�� Toleranz und ein Leben in Wahrhaftigkeit.�� Gleichberechtigung und Partnerschaft von Mann und Frau.

Diese Weisungen stellen trotz aller Unterschiede bezüglich menschlichen Verhaltens, sittlichen Werten und moralischen Grundüberzeugungen die Gemeinsamkeiten aller Weltreligionen dar. Darauf aufbauend wurde mit dem United Nations Global Compact ein globaler Dialog gestartet, um einen Rahmen für vertrauensvolles globales Wirt-schaftshandeln und ein Weltwirtschaftsethos zu schaffen. Dabei sollten alle Stakehol-der einbezogen werden, das heißt u. a. Investoren, Kreditoren, Mitarbeiter, Lieferanten, Konsumenten und Gewerkschaften.

Vertrauen als Erfolgs­

faktor

Projekt Weltethos

United Nations Global

Compact

732.2 Unternehmenswerte

Globales Wirtschaftsethos

Am 6. Oktober 2009 wurde im UN­Hauptquartier in New York im Rahmen des United Nations Global Compact (vgl. www.unglobalcompact.org) das Manifest „Globales Wirtschafts­ethos – Konsequenzen für die Weltwirtschaft“ unterzeichnet (www.weltethos.org). Darin verpflichten sich die Unterzeichner auf international akzeptierte Verhaltensnormen des Wirtschaftslebens auf der Basis der von den Vereinten Nationen (UN) im Jahre 1948 proklamierten Menschenrechte. Erstunterzeichner des Manifests waren u. a. Repräsentanten der französischen Zentralbank, des UN Global Compact, des Ökumenischen Rats der Kirchen, der Stiftung Weltethos sowie Botschafter, Friedensnobelpreisträger, Universitäten und Unternehmer.

Darin wird ein globales Wirtschaftsethos als gemeinsame fundamentale Vorstellung über Recht, Gerechtigkeit und Fairness definiert. Es baut auf moralischen Prinzipien und Werten auf, die seit jeher von allen Kulturen geteilt und durch gemeinsame praktische Erfahrung getragen werden. Markt und Wettbewerb werden dabei auf eine ethische Grundlage gestellt. Diese beruht auf dem Prinzip der Humanität: Jeder Mensch – ohne Un­terschied von Alter, Geschlecht, Rasse, Hautfarbe, körperlicher oder geistiger Fähigkeit, Sprache, Religion, politischer Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft – besitzt eine unveräußerliche und unantastbare Würde. Das Grundprinzip der Humanität konkretisiert sich in Leitlinien für ein wertschaffendes und an Werten orientiertes Wirtschaften.

Das Manifest für ein Weltwirtschaftsethos beinhaltet global akzeptierte Prinzipien und Werte gesellschaftlichen Verhaltens. Das ethische Grundverständnis aller Menschen ist das Prinzip der Humanität. Menschlichkeit ist das grundlegende moralische Prinzip mit kulturübergreifenden Werten, die im Alltagsleben unverzichtbar sind. Es kann durch die folgenden Prinzipien und zentralen Werte konkretisiert werden (vgl. www.weltethos.org):

�� Prinzip der Nachhaltigkeit

– Gewaltlosigkeit: Jede Form von Gewalt als Mittel zum wirtschaftlichen Zweck ist abzulehnen. Sklavenarbeit, Zwangsarbeit, Kinderarbeit, körperliche Züchtigung sowie andere Formen der Verletzung international anerkannter Normen des Ar-beitsrechts sind zu achten. Alle Wirtschaftsakteure müssen in erster Linie den Schutz der Menschenrechte in ihren eigenen Organisationen sicherstellen. Darüber hinaus sind Anstrengungen zu unternehmen, dass sie in ihrem Einflussbereich nicht zu Menschenrechtsverletzungen ihrer Geschäftspartner oder anderer Partei-en beitragen oder gar von diesen profitieren. Gesundheitliche Beeinträchtigung von Menschen durch schlechte Arbeitsbedingungen ist zu vermeiden. Grundlegende Anforderungen der Gewaltlosigkeit sind auch Arbeitssicherheit, Produktsicherheit und die Unschädlichkeit der Produkte für die menschliche Gesundheit.

– Recht auf Leben: Mensch sein bedeutet in allen religiösen und ethischen Traditio-nen, rücksichtsvoll und hilfsbereit zu sein. Jeder Mensch, jedes Volk, jede Rasse und jede Religion soll anderen gegenüber Toleranz und Respekt entgegenbringen. Das bedeutet auch, Minderheiten jeder Art zu schützen. Der nachhaltige Umgang mit der natürlichen Umwelt durch alle Teilnehmer am Wirtschaftsleben ist ein hoher Wert des wirtschaftlichen Handelns. Die Verschwendung von natürlichen Ressourcen und die Verschmutzung der Umwelt sind durch umweltschonende Verfahren und Technologien zu minimieren. Zukunftsfähige, möglichst erneuer-bare Energien, sauberes Wasser und reine Luft sind Elementarbedingungen des Lebens, zu denen jeder Mensch Zugang haben muss.

�� Prinzip des Respekts

– Gerechtigkeit: Transparenz und Fairness sind Grundwerte eines Wirtschafts-lebens, das von Rechtstreue und Integrität gekennzeichnet ist. Die Einhaltung

Prinzip der Huma nität

Gewalt­losig keit

Recht auf Leben

Gerechtig­keit

2. Normative Unternehmensführung74

des nationalen und internationalen Rechts ist für alle Wirtschaftsakteure ver-pflichtend. Defizite in der Qualität oder der Erzwingung der Rechtsnormen eines Landes sind durch Selbstverpflichtung und -kontrolle auszugleichen. Korruption schadet dem Gemeinwohl, der Wirtschaft und den Menschen, weil sie systema-tisch zur Fehlallokation und zur Verschwendung von Ressourcen führt. Ziel ist die Zurückdrängung und Abschaffung aller korrupten und unlauteren Praktiken, wie etwa Bestechung und Kartellabsprachen, Patentverletzung und Industriespionage.

– Solidarität: Die weltweite Überwindung von Hunger und Unwissenheit, Armut und Ungleichheit der Lebenschancen ist das Ziel einer Gesellschafts- und Wirtschafts-ordnung, die auf Chancengleichheit, Verteilungsgerechtigkeit und Solidarität basiert.

�� Prinzip der Kooperation

– Kooperation: Wahrhaftigkeit, Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit sind Werte, ohne die Wirtschaftsbeziehungen nicht gedeihen können. Sie sind Voraussetzungen für Vertrauen im zwischenmenschlichen Miteinander sowie im ökonomischen Wettbewerb. Zudem gilt es, die Privatsphäre zu schützen sowie persönliche und berufliche Vertraulichkeit sicherzustellen.

– Aufrichtigkeit und Toleranz: Die Vielfalt der Überzeugungen, wie auch der indi-viduellen Begabungen und der Kompetenzen von Organisationen sind eine mög-liche Quelle globalen Wohlstands. Ihr Einsatz zum wechselseitigen Vorteil setzt die Akzeptanz gemeinsamer Werte und Normen, gemeinsames Lernen sowie die Toleranz gegenüber dem Anderen voraus. Die Diskriminierung von Menschen wegen ihres Geschlechts, ihrer Rasse, ihrer Nationalität oder ihres Glaubens ist unvereinbar mit den Prinzipien eines globalen Wirtschaftsethos.

�� Prinzip der Goldenen Regel der Gegenseitigkeit

– Partnerschaft drückt sich darin aus, am Leben, den Entscheidungen und den Erträgen der Wirtschaft teilhaben zu können. Dies variiert je nach kulturellen Voraussetzungen und ordnungspolitischen Rahmenbedingungen eines Wirt-schaftsraums. Das Recht, sich zusammenzuschließen und kollektive Interessen verantwortungsbewusst wahrzunehmen, ist ein überall anzuerkennender Min-deststandard.

– Fairness: Wechselseitige Achtung aller Beteiligten, gerade auch von Mann und Frau, ist sowohl Voraussetzung als auch Ergebnis wirtschaftlicher Kooperation. Sie basiert auf Respekt, Fairness und Aufrichtigkeit gegenüber dem Anderen, seien es nun die Verantwortlichen der Unternehmen, die Mitarbeiter, die Kunden oder andere Interessenträger.

Neben dem Humanismus als ethischem Grundverständnis gilt für Unternehmen in marktwirtschaftlichen Systemen auch das Prinzip der Wirtschaftlichkeit. Das Erzielen von Gewinn ist die Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit und den Bestand der Unternehmen und damit für deren soziales und kulturelles Engagement. Dazu müssen sich Unternehmen um ihr Überleben im Wettbewerb kümmern und Erfolgspotenziale aufbauen. Während die Grundwerte des Humanismus in einer werteorientierten Füh-rung umgesetzt werden, ist das Wirtschaftlichkeitsprinzip Gegenstand der Erschaffung von ökonomischem Wert und kann daher auch als wertorientierte Führung (vgl. Kap. 3.2) bezeichnet werden. Abb. 2.2.6 stellt die Werte und die zugehörigen Führungssysteme zusammenfassend dar.

Die Prinzipien und Werte beschreiben die grundlegenden Verantwortlichkeiten und Anforderungen wirtschaftlichen Handelns. Die werteorientierte Führung beantwortet

Solidarität

Kooperation

Auf richtig­keit und Toleranz

Partner­schaft

Fairness

Prinzip der Wirt schaft­

lich keit

752.2 Unternehmenswerte

die Frage, nach welchen Maßstäben ein Unternehmen organisiert, gesteuert und kont-rolliert werden soll, um es verantwortlich und human zu führen (vgl. Cube, 2011, S. 126).

Für ein werteorientiertes Führungssystem sind zunächst die moralischen Prinzipien und Werte festzulegen. Diese Kodifizierung der verpflichtenden Unternehmenswerte ist die Voraussetzung zur Bildung von Unternehmenszielen. Werte bieten Orientierung für Entscheidungen, formen die moralische Wahrnehmung der Mitarbeiter und entwickeln eine moralische Identität des Unternehmens. Daher macht es einen fundamentalen Un-terschied, auf Basis welcher Prinzipien und Werte ein Unternehmen geleitet wird. Eine Verpflichtung auf die vorgestellten humanistischen Werte bildet die Grundlage einer ethischen Unternehmensführung.

Die Bestimmung der Unternehmenswerte kann auf verschiedene Arten erfolgen. In vielen Fällen werden die Werte nicht formuliert, sondern übertragen sich auf das Unter-nehmen durch das Handeln zentraler Persönlichkeiten wie etwa des Firmengründers. Im Unternehmen werden diese Handlungsweisen dann durch Sozialisation weiterge-geben. Dies ist in den meisten kleinen und eigentümergeführten Betrieben der Fall. Wie das folgende Beispiel von Robert Bosch zeigt, können aber auch Großunternehmen maßgeblich durch Persönlichkeiten geprägt sein.

Eine weitere Möglichkeit zur Formulierung von Unternehmenswerten ist die Orien-tierung an Wertekatalogen von verschiedenen Vereinigungen wie etwa den Kirchen. Der Bund Katholischer Unternehmer e.V. bietet beispielsweise mit seinen „Zehn Geboten für Unternehmer“ eine Orientierungshilfe für werteorientierte Unternehmensführung (vgl. www.bku.de). Analog arbeitet der Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer in Deutsch-land e.V. (vgl. www.aeu-online.de) als Brücke zwischen Wirtschaft und Evangelischer Kirche. Neben den christlichen Kirchen gibt es auch Wertekataloge auf Basis ande-rer Religionen, überkonfessioneller Zusammenschlüsse oder dem Global Compact der Vereinten Nationen.

Kodifizie­rung der Werte

Prägende Persön­lichkeiten

Werte ka­taloge

Abb. 2.2.6: Werte­ und Wertorientierung als Bestandteil der Unternehmensphilosophie (in Anlehnung an Wieland, 2010, S. 80)

HumanismusEthisches Grundverständnis in der Gesellschaft

Nachhaltigkeit Respekt Kooperation Goldene Regel

GewaltlosigkeitLebensschutz

GerechtigkeitSolidarität

AufrichtigkeitToleranz

PartnerschaftFairness

Recht auf Leben Recht auf

Entfaltung Ökologische

Nachhaltigkeit

Antikorruption Soziale

Sicherheit Legalität Integrität

Vertrauen Diversity Individualität Schutz vor

Diskriminierung

Teilhabe Recht auf

Zusammen-schluss

Werteorientierte Führung

WirtschaftlichkeitMarktwirtschaftliche Basis

Überleben Gewinne

MärkteWettbewerb

RenditenRisiko

Beiträge für die Stakeholder Streben nach

Erfolgs-potenzialen

Wertsteigerung Gewinne Verzinsung Kapitaleinsatz Liquidität

Wertorientierte Führung

Unternehmensphilosophie

Corporate SocialResponsibility

Klassisch-ökonomische FührungCompliance

2. Normative Unternehmensführung76

Robert Bosch: „Lieber Geld verlieren als Vertrauen“

Von Robert Bosch, dem Gründer der Robert Bosch GmbH , ist überliefert, er habe nach dem Grundsatz gehandelt, lieber Geld zu verlieren als Vertrauen. Die Unan­tastbarkeit von Versprechungen, der Glaube an den Wert der Ware und an dasgegebene Wort standen ihm höher als ein vorübergehender Gewinn. Er versuchte stets, die Mitte zu halten zwischen einem Unternehmer, der sich behaupten muss und einem sozial denkenden Geschäftsmann. In seinem Sinne ist die Robert Bosch GmbH auch heute einer unternehmerischen Verantwortung zwischen Wirtschaft, Gesellschaft sowie Umwelt­ und Ressourcenschonung verpflichtet. Die Bosch­Philosophie lautet: „Nur wer klare Werte hat, kann die Zukunft gestalten“. Unter dem Titel „We are Bosch“ wurde für alle Mitarbeiter ein Orientierungsrahmen geschaffen, der verbindlich dar­stellt, welche Ziele verfolgt werden, wie die Mitarbeiter zusammenarbeiten und wofür das Unter nehmen steht. Die sieben Werte der Bosch­Gruppe, welche sich zum Global Compact der Vereinten Nationen bekennt, sind (vgl. www.bosch­presse.de):

1. Zukunfts­ und Ertragsorientierung

2. Verantwortung und Nachhaltigkeit

3. Initiative und Konsequenz

4. Offenheit und Vertrauen

5. Fairness

6. Zuverlässigkeit, Glaubwürdigkeit und Legalität

7. Kulturelle Vielfalt

Aufbauend auf die Kodifizierung der Unternehmenswerte sind diese weiter zu präzi-sieren und als Vorgaben zu implementieren . Dazu sind Instrumente, Kommunikation, Organisationsstruktur und Überwachungssysteme erforderlich. Von zentraler Bedeu-tung ist die Vorbildrolle der Unternehmensführer. Sie prägen mit ihren Handlungs- und Verhaltensmustern maßgeblich die als erstrebenswert empfundene Wertekultur.

Caux Round Table

Der Caux Round Table (CRT, vgl. www.cauxround table.de) wurde 1986 von dem Niederländer Frederik Philips, ehemaliger geschäftsführen­der Gesellschafter von Philips Electronics und dem Franzosen Olivier Giscard d’Estaing, damals Vizepräsident von INSEAD, gegründet. Der CRT ist ein internationales Netzwerk von Wirtschaftsführern, die sich für einen moralischen Kapitalismus und globale Unternehmensverantwortung einsetzen. In Kooperation mit dem United Nations Global Compact tritt der CRT für die weltweite Umset­zung seiner „Principles for Business“ ein. Diese Grundsätze für Geschäftsaktivitäten sollen einen Standard festlegen, mit denen das Geschäftsgebaren in der ganzen Welt bewertet werden kann. Zudem sollen die Ge­schäftsgrundsätze und ein Selbstauditierungssystem moralische Richtlinien in den praktischen Arbeitsalltag integrieren. Die Mitglieder des Caux Round Table verpflichten sich folgenden Grundsätzen und Werten:

�� Respektiere alle Stakeholder, nicht nur die Anteilseigner

�� Trage zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung und zum Umweltschutz bei

�� Ausländische Tochterunternehmen sollen zum dortigen sozialen Fortschritt beitragen

�� Respektiere die Gesetze

�� Achte Regeln und Konventionen

�� Unterstütze eine verantwortungsvolle Globalisierung

�� Achte die Umwelt

Im plemen­tie rung

772.2 Unternehmenswerte

Systeme zur Einhaltung und Durchsetzung der Unternehmenswerte sind Bestandteil der sog. Compliance. Damit soll die Regelkonformität zur Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien, aber auch von freiwilligen Kodizes und der Unternehmenswerte ge-währleistet werden. Die Compliance ist Teil einer ordnungsgemäßen Unternehmens-führung (Corporate Governance) und wird im Rahmen der Unternehmensverfassung (vgl. Kap. 2.6) dargestellt.

Aktivitäten eines Unternehmens, die sich nicht direkt auf wirtschaftliche Ziele, sondern auf die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung beziehen, werden unter dem Begriff Corporate Social Responsibility (CSR) zusammengefasst. Hierüber wird von den Unternehmen meist recht marketingwirksam berichtet. Regelmäßig werden auch Ranglisten börsennotierter Unternehmen erstellt, die nach der Berücksichtigung von Interessen der Mitarbeiter, Gesellschaft und Umwelt sowie der finanziellen Stärke und Transparenz aufgestellt werden (vgl. Kröher, 2005, S. 80 ff.). Die Messung und Bewertung gesellschaftlicher Verantwortung kann kaum objektiv erfolgen, denn sie hängt stark von der subjektiven Auswahl und Gewichtung der verwendeten Indikatoren ab.

Damit die Werte den Mitarbeitern eine Orientierung bieten können, sind sie in geeig-neter Form zu dokumentieren. In der Unternehmenspraxis erfolgt dies z. T. durch einen separaten Wertekodex. Die Unternehmensführung hat dabei eine Vorbildfunktion, die erhebliche Auswirkungen auf die Identifikation der Mitarbeiter und die Umsetzung der Werte in deren täglichem Handeln hat. Zur besseren Umsetzung können solche Grundsätze in einem Ethikkodex (Code of Ethics) zusammengefasst werden (vgl. Müller-Stewens/Lechner, 2011, S. 244).

Ethikkodex der Deutschen Post DHL Group

Die Deutsche Post DHL Group hat sich Unternehmenswerten in einem Verhaltens­ und Ethikkodex verpflichtet und berichtet regelmäßig über deren Umsetzung (DPDHL Codeof Conduct). Der Code of Conduct orientiert sich an internationalen Übereinkünften und Leitlinien wie der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, den Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation und dem Global Compact der Vereinten Nationen. Als wesentliche Elemente sind die Einhaltung von Menschenrechten, Chan­cengleichheit, Transparenz sowie eindeutige Positionen im Kampf gegen Diskriminierung, Bestechlichkeit und Korruption festgelegt. Einige Auszüge daraus sind etwa:

�� Gesetze und ethische Grundsätze: Wir handeln integer und halten die für unsere Geschäftstätigkeit geltenden gesetzlichen Vorschriften in allen Regionen und Ländern ein. Wir wissen, dass Gesetze und ethische Standards in den Ländern, in denen wir arbeiten, aufgrund nationaler Gegebenheiten voneinander abweichen können.

�� Menschenrechte: Die Deutsche Post DHL Group orientiert sich an den Grundsätzen des „Global Compact“ der Vereinten Nationen. Wir respektieren die Grundsätze der 1998 verabschiedeten Erklärung der Interna­tional Labour Organization über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit („Declaration on Funda­mental Principles and Rights at Work“) in Übereinstimmung mit nationalen Gesetzen und Gepflogenheiten. Wir achten die Menschenrechte innerhalb unseres Einflussbereichs und führen unsere Geschäfte in einer Weise, die uns zu einem bevorzugten Arbeitgeber macht. Wir bekennen uns ausdrücklich zur Abschaffung jeder Form von Zwangs­ und Kinderarbeit.

�� Transparenz: Wir verpflichten uns zum offenen Umgang mit unseren Kunden, Aktionären, Beschäftigten, Lieferanten, Geschäftspartnern sowie anderen Organisationen und Institutionen. Bei unserer Kommunika­tion – nach innen wie nach außen – haben Transparenz und Redlichkeit Priorität. Die Öffentlichkeit erhält Zugang zu Informationen unter Berücksichtigung der international anerkannten Standards für Corporate Governance.

�� Dialog mit Geschäftspartnern: Wir verpflichten uns zum Dialog und zur Partnerschaft mit unseren Ge­schäftspartnern in der ganzen Welt. Wir teilen die Grundprinzipien für ethisches Verhalten, gesellschaftliches

Compliance

Corporate Social Respon­sibility

Ethikkodex

2. Normative Unternehmensführung78

�� Engagement und umweltgerechtes Handeln mit unseren Lieferanten, Subunternehmern, Repräsentanten und Beratern. Wir vermitteln unsere Leitsätze unseren Geschäftspartnern und motivieren sie, ihrem Handeln dieselben Standards zugrunde zu legen.

�� Unternehmerische Verantwortung: Wir haben unsere Initia­tiven zur Unternehmensverantwortung unter dem Motto „Living Responsibility“ gebündelt. Wir konzentrieren unsere Bemühun­gen auf Verbesserungen in Bereichen, in denen wir glauben, den höchsten positiven Effekt zu haben: Umweltschutz und sozio­ökonomische Entwicklung. Wir befürworten und unterstützen weltweit die Verbreitung von Umwelt­ und Sozialstandards. Wir betrachten das Engagement unserer Beschäftigten und deren aktive Beteiligung als einen wichtigen Erfolgsfaktor für unsere Bemühungen. Wir unterstützen die gesellschaftliche Entwicklung durch Partnerschaften mit gemeinnützi­gen Organisationen. Wir sind uns bewusst, dass wir auch danach beurteilt werden, wie wir uns außerhalb unseres unmittelbaren Arbeitsumfeldes verhalten und bitten deshalb unsere Beschäftigten, die jeweilige Landeskultur zu respektieren und Verständnis für die Probleme der Gemeinschaften zu zeigen, in denen sie tätig sind. Wir erkennen die Auswirkungen unserer Geschäftstätigkeit auf die Umwelt an und verpflich­ten uns zur Verbesserung unserer Umweltbilanz durch präventive Umweltmaßnahmen und den Einsatz umweltfreundlicher Technologien. Wir haben uns ein messbares CO2­Effizienzziel gesetzt und bewerten und überwachen unsere Auswirkungen auf die Umwelt regelmäßig. Durch systematische Identifizierung und Nutzung ökologischer Innovationen streben wir danach, unsere Umweltbilanz mittels Umwelt­Audits und Risikomanagement kontinuierlich zu verbessern, um die natürlichen Ressourcen effizienter zu nutzen. Maßstab für unsere Prozesse und Dienstleistungen sind höchste nationale und internationale Umweltstan­dards.

2.2.4 Nachhaltige Unternehmensführung

Eine rein ökonomisch-orientierte Unternehmensführung strebt nach risikoadäquaten Renditen mit dem Fokus auf den Interessen der Eigentümer (Shareholder Value). Diese wertorientierte Unternehmensführung wird in Kapitel 3.2 dargestellt.

Verfolgt ein Unternehmen nicht nur ökonomische, sondern auch soziale Ziele, dann handelt es sich um eine werteorientierte Unternehmensführung. Diese berücksichtigt neben den Interessen der Eigentümer auch andere Anspruchsgruppen (Stakeholder Value), insbesondere die Mitarbeiter und die Gesellschaft.

Darüber hinaus wird bei einer nachhaltigen Unternehmensführung (Sustainability) auch die Ökologie einbezogen. Die Unternehmenswerte orientieren sich dabei an allen drei Dimensionen und betrachten auch die langfristigen Auswirkungen unternehme-rischen Handelns.

Der Begriff Nachhaltigkeit geht auf den Freiberger Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz zurück. Er forderte im Jahr 1732 in seinem Werk „Sylvicultura oeconomica“ zu nachhaltender Forstwirtschaft auf, um der damals herrschenden Holzknappheit entgegenzutreten (vgl. von Carlowitz, 1732). Danach sollte pro Jahr nicht mehr Holz geschlagen werden als nachwächst. Dieses Prinzip macht klar, worum es bei der Nachhaltigkeit geht. Damit wurde erstmals das ökonomische Ziel des effizienten Res-sourceneinsatzes mit dem ökologischen Ziel der dauerhaften Res-sourcennutzung verbunden. Neben der ökologisch-ökonomischen Dimension kommt außerdem auch der soziale Aspekt zum Tragen: Die Ressourcen sollen so genutzt werden, dass sie langfristig fort-

Share holder Value

Stake holder Value

Sustain­ability

792.2 Unternehmenswerte

bestehen, damit die heutige Lebensqualität zukünftig zumindest erhalten bleibt (vgl. Sietz, 2008, S. 7).

Heute wird Nachhaltigkeit meist auf Basis der sog. Brundtland-Kommission der Weltkommis-sion für Umwelt und Entwicklung (World Commission on Environment and Development, WCED) definiert, welche 1983 von den Vereinten Nationen als unabhängige Sachverständigen-kommission aus 19 Bevollmächtigten aus 18 Ländern gegründet wurde. Die Kommission erarbeitete 1987 unter dem Vorsitz der damaligen norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland Handlungsempfehlungen zur nachhaltigen Entwicklung.

Eine nachhaltige Entwicklung entspricht den Bedürfnissen der heutigen Generation, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden und deren Bedürfnisse einzuschränken (vgl. WCED, 1987, S. 25).

!Im Vordergrund steht dabei die Entwicklung und Erhaltung einer dauerhaften Befrie-digung der Bedürfnisse der Menschen. Dies setzt eine effiziente wirtschaftliche Ent-wicklung voraus, bezieht aber auch die ökologische und soziale Gerechtigkeit mit ein. Für alle Menschen einer Generation soll dieselbe Lebensqualität erreicht werden, unab-hängig etwa von deren Gesellschaftsschicht oder Herkunftsland. Neben dieser intrage­nerationellen Gerechtigkeit wird auch eine langfristige Perspektive gefordert, mit der eine intergenerationelle Gerechtigkeit angestrebt wird (vgl. Gminder, 2005, S. 90; Hauff/Kleine, 2009, S. 7). Die Langfristorientierung nachhaltiger Entwick-lung kommt prägnant in der überlieferten Aussage des Indianer-häuptlings und Medizinmanns der Hunkpapa-Lakota-Sioux Sitting Bull (1831–1890) zum Ausdruck: „Wir haben die Erde nicht von unseren Ahnen geerbt, wir borgen sie uns von unseren Kindern.“ Für Unternehmen bedeutet daher nachhaltiges Wirtschaften, den nächsten Generationen ein intaktes ökologisches, soziales und öko-nomisches Gefüge zu hinterlassen (vgl. Rat für Nachhaltige Entwick-lung, 2011).

Intra­ und intergene­rationelle Gerech­tigkeit

Abb. 2.2.7: Nachhaltigkeit als Wert­, Werte­ und Ökologieorientierung

Ökologieorientierung

Ökologie Soziales

Ökonomie

Werteorientierung

Wertorientierung

UmweltenWettbewerb

RenditenRisiko

FairnessPartnerschaft

GerechtigkeitSolidarität

AufrichtigkeitToleranz

Ökologische Ressourcen Generationengerechtigkeit

Nachhaltigkeit

2. Normative Unternehmensführung80

Nachhaltige Unternehmensführung verfolgt gleichermaßen ökonomische, ökologi­sche und soziale Ziele und strebt dabei inter­ und intragenerationelle Gerechtigkeit an (in Anlehnung an WCED, 1987, S. 25).

!Im Jahre 1992 fand die United Nations Conference on Environment and Development (UNCED) in Rio de Janeiro statt, bei der sich 178 Staaten mit der Unterzeichnung der Rio- Deklara-tion verpflichteten, eine nachhaltige Entwicklung in ihren Ländern umzusetzen. In Verbindung mit weiteren Beschlüssen und Abkommen, wie etwa der Biodiversitätskon-vention oder der Klimarahmenkonvention, wurde daraus das Aktionsprogramm „ Agenda 21“ aufgestellt. Es enthält Ziele und Maßnahmen für eine nachhaltige Entwick-lung von Staaten und Unternehmen. Private Unternehmen werden zur Nachhaltigkeit angehalten, um „mit weniger mehr zu erreichen“. Durch effizienten Einsatz von Res-sourcen sollen sowohl die Kosten der Unternehmen, als auch die Auswirkungen auf die Umwelt reduziert werden (vgl. BMU, 2008, S. 255). In den Folgekonferenzen von 2002 in Johannesburg und 2012 in Rio de Janeiro wurden die erzielten Fortschritte bilanziert und neue Aktionspläne erarbeitet. Allerdings existieren nach wie vor unterschiedliche An-sätze und Konzepte der Nachhaltigkeit und daraus resultierend unterschiedliche Auffassungen und Interpretationen. So führen etwa die Konzepte der starken und schwachen Nachhaltigkeit zu gegensätzlichen Positionen (vgl. Hauff/Kleine, 2009, S. 33):

�� Schwache Nachhaltigkeit bedeutet, dass Natur durch ökonomisches oder soziales Kapital substituiert werden kann, solange der gesamte Kapitalbestand für zukünfti-ge Generationen erhalten bleibt. Ein Beispiel wäre der wirtschaftliche Aufschwung Chinas, der für die Bewohner der Städte einen deutlichen Zuwachs an Wohlstand ermöglicht hat. Allerdings ist das hohe Wirtschaftswachstum mit starken Verschmut-zungen von Luft und Wasser sowie der Einschränkung von Menschenrechten ver-bunden.

Starke und schwache

Nach­haltigkeit

Abb. 2.2.8: Globale Ziele der UN­Agenda 2030 (www.globalgoals.org/de)

812.2 Unternehmenswerte

�� Starke Nachhaltigkeit hingegen ist nur dann gegeben, wenn jede Kapitalart für sich gesehen zunimmt bzw. zumindest keine davon zurückgeht. Eine Substitution zwi-schen den Kapitalarten wird ausgeschlossen und ist daher für unternehmerisches Handeln nicht anwendbar. Vielmehr bedarf es der Etablierung und Einhaltung von Regeln, wie etwa dem Prinzip des von Carlowitz, dass die Nutzung natürlicher Res-sourcen auf Dauer nicht größer sein darf als deren Regenerationsrate.

Der politische Prozess wurde 2015 mit dem United Nations Gipfeltreffen in New York fortgeführt, bei dem die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ verabschiedet wurde. Sie soll in Form eines Weltzukunftsvertrags helfen, die gemeinsame Verantwortung für Menschen und den Planeten zu übernehmen und allen Menschen weltweit ein Leben in Würde, Frieden, Freiheit und einer intakten Umwelt zu ermöglichen. Dazu wurden 17 globale Ziele definiert, die das Prinzip der Nachhaltigkeit mit der ökonomischen, ökologischen und sozialen Entwicklung verknüpfen.

2.2.4.1 Konzepte nachhaltiger Unternehmensführung

Nachhaltige Unternehmensführung basiert gleichzeitig auf den drei Dimensionen Öko-nomie, Ökologie und Soziales. Diese werden auch als sog. Triple Bottom Line bezeich-net (vgl. Sawczyn, 2011, S. 18). Das Zusammenwirken der drei Dimensionen und deren gleichberechtigte Berücksichtigung in der Unternehmensführung ist Gegenstand un-terschiedlicher Konzepte unternehmerischer Nachhaltigkeit:

�� Das Drei­Säulen­Modell symbolisiert nachhaltige Entwicklung als Dach, welches auf den Säulen Ökonomie, Ökologie und Soziales ruht (vgl. Hauff/Kleine, 2009, S. 118).

�� Beim Schnittmengen­Modell werden die drei Dimensionen als Kreise dargestellt und deren innerer Schnittkreis stellt die nachhaltige Entwicklung dar (vgl. Kleine, 2008, S. 76).

�� Das Nachhaltigkeitsdreieck nach Schaltegger (2007, S. 14) betont hingegen die Abhän-gigkeiten der drei Dimensionen (vgl. Abb. 2.2.9).

Abb. 2.2.9: Nachhaltigkeitsdreieck (vgl. Schaltegger, 2007, S. 14)

Nachhaltige Unternehmens-

führung

Ökologie Soziales

Ökonomie

Ökologische

Öko-Effiz

ienz Sozio-Effizienz

Effektivität

Ökonomische Effektivität

Soziale Effektivität

Für Unternehmen stehen die langfristige Existenzsicherung und die dadurch erforder-liche ökonomische Effektivität im Vordergrund. Im Sinne einer ökonomischen Wert-orientierung (vgl. Kap. 3.2) ist die Dimension Ökonomie daher das übergeordnete Ziel,

Globale Ziele

Triple Bottom Line

2. Normative Unternehmensführung82

welches bei allen Entscheidungen der Unternehmensführung langfristig erreicht werden muss (vgl. Weber et al., 2012, S. 17). Um nachhaltig ökonomisch erfolgreich zu sein, sind die Ressourcen möglichst effizient zu nutzen. Natürliche Ressourcen in der ökologischen Dimension sowie Mitarbeiter und Gesellschaft in der sozialen Dimension sollen dabei effizient eingesetzt werden, so dass die ökonomischen Ziele bestmöglich unterstützt werden. Die Ökoeffizienz wird etwa durch die Verringerung schädlicher Umwelteinwir-kungen gesteigert und die Sozioeffizienz durch die Steigerung und Erfüllung sozialer Anliegen erreicht. Aber erst die Integration ökologischer, sozialer und ökonomischer Ziele führt zu einer nachhaltigen Entwicklung. Ökonomische Effektivität ist dann ge-geben, wenn sich das Verhältnis zwischen Wertschöpfung und den ökologischen bzw. sozialen Auswirkungen verbessert (vgl. Schaltegger, 2007, S. 14).

Eine nachhaltige Unternehmensphilosophie beinhaltet ökonomische, soziale und öko-logische Grundwerte, welche je nach normativer Vorgabe und Relevanz für das Un-ternehmen unterschiedlich ausgeprägt sind. Sie sind zusammenfassend in Abb. 2.2.10 dargestellt.

Abb. 2.2.10: Wert­, Sozial­ und Naturorientierung als Basis einer nachhaltigen Unternehmensphilosophie

EthikWertebasis

Respekt Kooperation Goldene Regel

GerechtigkeitSolidarität

AufrichtigkeitToleranz

PartnerschaftFairness

Antikorruption Soziale

Sicherheit Legalität Integrität

Vertrauen Diversity Individualität Schutz vor

Diskrimi-nierung

Teilhabe Recht auf

Zusammen-schluss

Sozialorientierung

ÖkologieÖkologische Basis

Effizienz

Ökologische Ressourcen

Generationen-gerechtigkeit

Artenschutz Ressourcen-

schutz Energie-

effizienz CO2-Effizienz Entropie

Langfrist-orientierung Regenerations-

fähigkeit Lebenszyklen Supply Chain-

Integration

Naturorientierung

Corporate Social Resonsibility

ÖkologischeFührung

ÖkonomieMarktwirtschaftliche Basis

Überleben Gewinne

MärkteWettbewerb

RenditenRisiko

Beiträge für Stakeholder Streben nach

Erfolgs-potenzialen

Wertsteigerung Gewinne Verzinsung Kapitaleinsatz Liquidität

Wertorientierung

Ökonomische Führung Compliance

Perspektive

Nachhaltige Unternehmensführung

Die Integration der drei Dimensionen gelingt, wenn diese miteinander in Beziehung gesetzt und verknüpft werden. Den Zusammenhang zwischen der Erreichung ökono-mischer Ziele und der Realisierung ökologischer und sozialer Ziele zeigt Abb. 2.2.11.

Demnach lassen sich folgende Ausprägungen unternehmerischer Nachhaltigkeit unter-scheiden:

�� Compliance­orientierte Nachhaltigkeit erfüllt bei den ökologischen und sozialen Zielen lediglich gesetzliche oder gesellschaftliche Mindestanforderungen. Dies dient somit nur der Einhaltung der Compliance-Richtlinien und damit der Legalität unter-

Inte gra tion ökolo­

gischer, sozia ler

und öko­no mischer

Ziele

Com­pliance­

orien tiert

832.2 Unternehmenswerte

nehmerischen Handelns. Die getroffenen Maßnahmen sind unabhängig von deren ökonomischer Zweckmäßigkeit durchzuführen. In welcher Form die in Abb. 2.2.11 gestrichelt dargestellte Austauschbeziehung tatsächlich verläuft, ist unerheblich, da Punkt A als Mindeststandard erreicht werden muss. Beispiele sind Umweltschutz-maßnahmen zur Einhaltung gesetzlicher Emissionswerte oder die Erfüllung von Un-fallschutzrichtlinien. Dies umfasst häufig sog. End-of-pipe-Maßnahmen, wie etwa die Nachrüstung von technischen Anlagen, um vorgeschriebene Grenzwerte zu erfüllen.

�� Nachhaltigkeit als Erfolgsfaktor bedeutet eine Unternehmensführung im Bereich zwischen den Punkten A und B der Abb. 2.2.11. Dort existiert eine sich gegensei-tig verstärkende Austauschbeziehung zwischen der Erreichung ökonomischer und ökologisch-sozialer Ziele. Dabei kann gleichzeitig sowohl der ökonomische, als auch der ökologisch-soziale Erfolg gemehrt werden. Den Kosten für ökologische oder soziale Maßnahmen stehen ökonomische Chancen gegenüber. Dies kann etwa der Fall sein, wenn durch Investition in erneuerbare Energien sich die Energiekosten senken lassen und gleichzeitig die Umwelt von Emissionen entlastet wird. Soziale Aktivitäten können ebenfalls sowohl den Mitarbeitern als auch der Wirtschaftlichkeit zugutekommen. So können etwa Maßnahmen zur Gesundheitsförderung auch die Krankheitskosten senken. Darüber hinaus lassen sich neue Kundengruppen anspre-chen oder neue Produkte und Dienstleistungen anbieten. Nachhaltigkeit in dieser Form ist somit in jedem Falle unternehmerisch sinnvoll.

�� Nachhaltigkeit aus Überzeugung beinhaltet eine partielle Substitution des Erfolgs in verschiedenen Nachhaltigkeitsdimensionen im Sinne schwacher Nachhaltigkeit. Im Bereich zwischen den Punkten B und C besteht eine Austauschbeziehung zwischen der Erreichung ökonomischer und ökologisch-sozialer Ziele. Ökologische oder sozia-le Verbesserungen gehen zu Lasten des ökonomischen Erfolgs, wodurch sich das Unternehmen vom kurzfristigen ökonomischen Optimum entfernt. Dies entspricht einer traditionellen Sichtweise, nach der ökologische und soziale Aktivitäten reine Kostenverursacher sind. Dabei wird allerdings vernachlässigt, dass den Kosten häufig reduzierte Risiken gegenüberstehen. So kann beispielsweise auf zukünftige Ressourcenverknappungen, gesetzliche Auflagen oder Technologiewechsel schnel-

Erfolgs­faktor

Über­zeugung

Abb. 2.2.11: Zielbeziehungen unternehmerischer Nachhaltigkeit (in Anlehnung an Wall/Leitner, 2012, S. 256 f.; Wieland, 2010)

Ökonomie

B

C

Soziales & Ökologie

A

Compliance Erfolgsfaktor Überzeugung Altruistisch

2. Normative Unternehmensführung84

ler und besser reagiert sowie Image- und Akzeptanzverluste vermieden werden. Beispielsweise können umfangreichere Maßnahmen zum Gesundheitsschutz den sozialen Nutzen steigern, aber zu Lasten des kurzfristigen ökonomischen Nutzens gehen. In einer langfristigen Betrachtung kann jedoch der ökonomische Nutzen, etwa aufgrund reduzierter Krankheitstage und geringerer Fluktuation, ebenfalls verbessert werden. Diese Auswirkungen treten allerdings lediglich indirekt, mit Zeitverzögerungen und damit im Sinne eines möglichen langfristigen ökonomi-schen Erfolgs ein. Nachhaltigkeit in diesem Sinne bedeutet somit die Wahrneh-mung unternehmerischer Verantwortung. So lange der ökonomische Erfolg nicht unter den Ausgangswert ohne Nachhaltigkeitsbemühungen in Punkt A bzw. C fällt, entspricht diese Nachhaltigkeit einer verpflichtenden Unternehmensphilosophie. Derart ethisch-normative Beweggründe (vgl. Jänicke, 2010, S. 14) basieren auf der moralischen Verpflichtung des Unternehmens gegenüber seinen Stakeholdern und zumeist auf der persönlichen Werthaltung der Unternehmensinhaber. Vor allem in Familienunternehmen, in denen die langfristige Existenzsicherung das oberste Un-ternehmensziel darstellt, lässt sich häufig eine moralische Verpflichtung gegenüber den Mitarbeitern, der Gesellschaft und der Natur feststellen. Diese Grundeinstel-lung spiegelt sich seit dem 12. Jahrhundert im Ideal des „ehrbaren Kaufmanns“ mit Vorbildcharakter und Werteorientierung wider (vgl. Schwalbach/Klink, 2012, S. 219 ff.). Eine solche Pflicht des Unternehmers lässt sich auch dem deutschen Grundgesetz entnehmen, nach dem Eigentum verpflichtet und dem Wohle der Gesellschaft dienen soll (GG Art. 14 Abs. 2 S. 1).

�� Altruistische Nachhaltigkeit: Über den Punkt C hinausgehende ökologisch-soziale Aktivitäten senken sowohl kurz- als auch langfristig den ökonomischen Erfolg. Ein solcher Altruismus, alltagssprachlich auch als Selbstlosigkeit oder Gutmenschentum bezeichnet, geht somit über die üblichen ökologisch-sozialen Maßnahmen hinaus. Ein solches Verhalten ist in Non-Profit-Unternehmen anzutreffen. Da privatwirt-schaftliche Unternehmen ohne ökonomischen Erfolg nicht überlebensfähig sind, können solche Nachhaltigkeitsmaßnahmen nicht im Interesse des Unternehmens sein.

Verschiedene empirische Studien geben Einblicke in das Spektrum unternehmerischer Nachhaltigkeit in der Praxis. Nach einer Studie von Deloitte (2011) von 208 internatio-nalen Unternehmen in zehn Ländern sehen 20 Prozent der befragten Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit lediglich unter Compliance-Gesichtspunkten, während 70 Pro-zent es als einen Erfolgsfaktor betrachten. Lediglich 10 Prozent betreiben Nachhaltigkeit aus Überzeugung. Eine Studie unter vorwiegend deutschen Unternehmen (vgl. Isensee/Henkel, 2010) ergab, dass 20 Prozent Nachhaltigkeit Compliance-orientiert und 53 Prozent als Erfolgsfaktor sehen. 27 Prozent betreiben Nachhaltigkeit aus Überzeugung.

Die Einstellung eines Unternehmens zur Nachhaltigkeit wird stark durch die Wer-te der maßgeblichen Einflussgruppen, d. h. der Eigentümer, Führungskräfte und Mitarbeiter geprägt. Daneben spielt die Nachhaltigkeit in verschiedenen Ländern und Branchen eine unterschiedliche Rolle. So wurde in einer weltweiten Studie von Accenture unter 766  Unternehmen im Auftrag der UN die Bedeutung der Nachhal-tigkeit für den zukünftigen Geschäftserfolg nach Branchen untersucht (vgl. Lacy et al., 2010, S. 19). Die höchste Bedeutung wird in den Branchen Automobilindustrie (100 % Relevanz), Konsumgüterindustrie (98 %), Banken (97 %), Rohstoffgewinnung (96 %) sowie Energie (94 %) gesehen. In der Kommunikations-, Medien- und Unter-haltungsbranche kommt der Nachhaltigkeit danach die geringste Bedeutung zu. In Verbindung mit der relativen Kompetenz des Unternehmens zur glaubwürdigen Um-

Altruistisch

852.2 Unternehmenswerte

setzung nachhaltiger Unternehmensführung lassen sich die in Abb. 2.2.11 dargestellten Nachhaltigkeitsstrategien ableiten (in Anlehnung an Schmid, 1989, S. 129 ff.; Schulz, 2012, S. 280):

�� Defensive Nachhaltigkeitsstrategien sind dadurch geprägt, dass ein Unternehmen eine geringere Nachhaltigkeitskompetenz als seine Wettbewerber besitzt. Somit lassen sich daraus keine Wettbewerbsvorteile erzielen. Ist dies in der Branche auch nicht relevant, dann ist eine Compliance-orientierte Nachhaltigkeit ausreichend. So ist etwa für ein Medienunternehmen sicherzustellen, dass alle ökologischen Vorgaben eingehalten werden. Ist Nachhaltigkeit in einer Branche jedoch relevant, dann bedeutet dies einen Wettbewerbsnachteil, welcher zusätzliche Nachhaltigkeitsmaßnahmen zur Vermei-dung von Risiken erforderlich macht. Das Unternehmen sollte insbesondere nicht zum Opfer der öffentlichen Meinung werden oder Vertrauen beim Kunden verlieren. Dies kann von schadensbegrenzenden Maßnahmen bis hin zum Rückzug aus solchen Geschäftsfeldern reichen. Exemplarisch kann ein Telekommunikationsunternehmen sich mit energiesparenden Technologien präventiv beschäftigen, um Risiken von Än-derungen in der Gesetzgebung oder in der Wahrnehmung der Kunden zu begrenzen.

�� Offensive Nachhaltigkeitsstrategien eignen sich für Unternehmen mit hoher Nach-haltigkeitskompetenz. Auch wenn Nachhaltigkeit in der Branche nur wenig Relevanz besitzt, lassen sich dennoch ökologische und soziale Aktivitäten proaktiv nutzen. So kann diese etwa für ein Unternehmen der Möbelindustrie Kostenvorteile und Imageeffekte mit sich bringen. Trifft eine hohe Nachhaltigkeitskompetenz auf ein Branchenumfeld, in dem Nachhaltigkeit besonders relevant ist, so kann daraus sogar ein Wettbewerbsvorteil entstehen. Es lassen sich neue Märkte und Kundengruppen erschließen, Prämien für nachhaltige Unternehmensführung in den Produktpreisen durchsetzen oder Imagevorteile erzielen. Die Elektromobilität in der Automobilin-dustrie oder Bio-Lebensmittel sind Beispiele für eine solche Nachhaltigkeitsstrategie als Wettbewerbsvorteil.

Abb. 2.2.12: Nachhaltigkeitsportfolio und Normstrategien (in Anlehnung an Schulz, 2012, S. 278)

Offensive StrategienDefensive Strategien

Nachhaltigkeitskompetenz

niedrig hoch

Bra

nche

nrel

evan

z

Compliance

Risiko-begrenzung

ProaktiveNutzung

Wettbewerbs-vorteil

niedrig

hoch

2.2.4.2 Nachhaltigkeitsprinzipien und -berichte

Die Konzeption einer nachhaltigen Unternehmensführung basiert häufig auf den Nach­haltigkeitsprinzipien des Global Compact . Mit Beitritt zum Global Compact der Vereinten Nationen (vgl. Kap. 2.2.3) verpflichten sich die Mitglieder, die in Abb. 2.2.13 aufgeführten

Nachhaltig­keits strate­gien

Defensive Nach­haltigkeit

Offensive Nach haltig­keit

Nach­haltigkeits­prinzipien

2. Normative Unternehmensführung86

Prinzipien anzuerkennen, in Maßnahmen umzusetzen und in einer jährlichen Fort-schrittsmitteilung über deren Umsetzung öffentlich zu berichten.

Abb. 2.2.13: Nachhaltigkeitsprinzipien des Global Compact der Vereinten Nationen(vgl. www.unglobalcompact.org)

Prinzipien des Global Compact

Menschenrechte1 Unternehmen sollen den Schutz der internationalen Menschenrechte innerhalb ihres Einflussbereiches

unterstützen und achten sowie 2 sicherstellen, dass sie sich nicht an Menschenrechtsverletzungen mitschuldig machen.

3 Unternehmen sollen die Vereinigungsfreiheit und die wirksame Anerkennung des Rechts auf Kollektiv-verhandlungen wahren sowie ferner für

4 die Beseitigung aller Formen der Zwangsarbeit,5 die Abschaffung der Kinderarbeit und6 die Beseitigung von Diskriminierung bei Anstellung und Beschäftigung eintreten.

7 Unternehmen sollen im Umgang mit Umweltproblemen einen vorsorgenden Ansatz unterstützen,

8 Initiativen ergreifen, um ein größeres Verantwortungsbewusstsein für die Umwelt zu erzeugen und

9 die Entwicklung und Verbreitung umweltfreundlicher Technologien fördern.

Korruptionsbekämpfung

10 Unternehmen sollen gegen alle Arten der Korruption eintreten, einschließlich Erpressung und Bestechung.

Arbeitsnormen

Umweltschutz

Auf Initiative der Vereinten Nationen, des Global Compact sowie Standardsetzer, Unternehmensver-treter und Rechnungslegungsinstitutionen wird die Verknüpfung von Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung angestrebt. Dafür wurde das International Integrated Reporting Council (IIRC) gegründet. Das IIRC verfolgt das Ziel, ein weltweit akzeptiertes Rahmenkonzept für eine integrierte Berichterstattung (Integrated Reporting) zu schaffen (vgl. IIRC, 2013, www.theiirc.org). Dazu werden in einer integrierten Unternehmensbe-richterstattung finanzielle Elemente mit umweltbezogenen und sozialen Informationen sowie Angaben zur Corporate Governance kombiniert (vgl. Kap. 8.3.2).

Mit Hilfe der Kriterien der Global Reporting Initiative (GRI; vgl. Global Reporting Initiati-ve, 2006, S. 3) soll die Nachhaltigkeit eines Unternehmens zuverlässig und kontinuierlich dargestellt werden. Neben einer Stellungnahme der Unternehmensführung und der Beschreibung praktischer Maßnahmen zur Einhaltung der Prinzipien sind auch mess-bare Ergebnisse in Form standardisierter Nachhaltigkeitsindikatoren vorzuweisen. Die Indikatoren sind unabhängig von der Rechtsform, Größe, Branche oder dem Standort eines Unternehmens. Ein GRI­Nachhaltigkeitsbericht umfasst die Prinzipien der Be-richterstattung, gibt Einblick in die Organisation und Strategie des Unternehmens zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele und informiert über Schlüsselereignisse, Erfolge, Misserfolge, Auswirkungen, Risiken und Chancen. Die Leistungsindikatoren werden in Kern- und Zusatzindikatoren unterteilt, wobei nur die Kernindikatoren rechen-schaftspflichtig sind. Folgende Leistungsindikatoren werden unterschieden (vgl. Global Reporting Initiative, 2006, S. 7 ff.; www.globalreporting.org):

�� Ökonomische Leistungsindikatoren stellen vornehmlich den Kapitalfluss dar und zeigen die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens. Die benötigten Informa-tionen stammen im Wesentlichen aus dem Jahresabschluss. Daran anknüpfend werden die Kategorien Ökologie und Soziales in den Jahresabschlussbericht einge-

Inte grierte Bericht­

erstat tung

Global Repor ting

Initiative

Leis tungs­indika toren

872.2 Unternehmenswerte

bunden. Exemplarisch berichtet die BMW-Gruppe Indikatoren wie Finanzergebnisse, ROCE oder Pensionsrückstellungen.

�� Ökologische Leistungsindikatoren stellen die Auswirkungen der Unternehmensak-tivitäten auf die Ökosysteme zu Land, in der Luft und zu Wasser dar. Dies wird in insgesamt 29 ökologischen Indikatoren beschrieben, zu denen zusätzlich branchen-spezifische Kennzahlen hinzukommen können. So berichtet etwa die BMW-Gruppe über ihren Energie- und Wasserverbrauch und ihre CO2-Emissionen.

�� Soziale/gesellschaftliche Leistungsindikatoren umfassen 40 Kennzahlen zu den sozia-len und gesellschaftlichen Aktivitäten des Unternehmens. Für die BMW-Gruppe sind dies etwa die Anzahl an Auszubildenden, die Altersstruktur und der Frauenanteil der Belegschaft, die Fluktuation oder Fortbildungstage.

Abb. 2.2.14: Leistungsindikatoren der Global Reporting Initiative (vgl. Global Reporting Initiative, 2006, S. 20 ff.)

Kategorien LeistungsindikatorenGRI- Anzahl

ÖkonomieWirtschaftliche Leistung 4Marktpräsenz 3Mittelbare wirtschaftliche Auswirkungen 2

Ökologie

Materialien 2Energie 4Wasser 3Biodiversität 5Emissionen, Abwasser und Abfall 10Produkte und Dienstleistungen 2Einhaltung von Rechtsvorschriften 1Transport 1Gesamte Umweltschutzausgaben 1

Soziales

Arbeitspraktiken & menschenwürdige Beschäftigung, z.B. Chancengleichheit 14Menschenrechte, z.B. Vereinigungsfreiheit und Kinderarbeit 9Gesellschaft, z.B. Korruption und Einhaltung von Gesetzen 8Produktverantwortung, z.B. Gesundheit und Datenschutz der Kunden –

Mit der standardisierten Berichterstattung kann eine nachhaltige Unternehmensfüh-rung vergleichbar mit einem Finanzrating in drei Anwendungsebenen unterteilt werden. Diese spiegeln die Abdeckung der Nachhaltigkeitsdimensionen wider: Die Kategorie C erfüllt mit mindestens 10 veröffentlichten Indikatoren die geringsten Anforderungen. In der Kategorie B sind mindestens 20 Indikatoren erforderlich. Für die Kategorie A müssen alle Indikatoren berichtet werden.

Die Ergebnisse solcher Rankings können sowohl nachhaltige Unternehmen bestärken, als auch Druck auf weniger nachhaltige Unternehmen ausüben. Darüber hinaus kann die Berichterstattung extern geprüft und bestätigt werden, was mit einem zusätzli-chen Pluszeichen vermerkt wird und in der externen Kommunikation werbewirksam verwendet werden kann. Beispielsweise erreicht die BMW-Gruppe für ihre Nachhal-tigkeitsaktivitäten ein solches „A+“ (vgl. Report, 2015). Eine Studie der Wirtschaftsprü-fungsgesellschaft KPMG (vgl. KPMG, 2011, S. 3 ff.) verdeutlicht, dass von den 100 größten deutschen Unternehmen bereits rund 90 Prozent eine systematische Nachhaltigkeitsbe-richterstattung erstellen. Zudem zeigt die Studie, dass deutsche Unternehmen weltweit in der nachhaltigen Unternehmensführung eine Vorreiterrolle einnehmen. Die Leitlinien der Global Reporting Initiative werden von 68 Prozent der befragten Unternehmen genutzt. Daneben gibt es weitere Standards, wie etwa die Schlüsselkriterien für Umwelt, Soziales

An wen­dungs­ebenen