rätsel: eine symbolträchtige nutzpflanze

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© 2005 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.biuz.de 6/2005 (35) | Biol. Unserer Zeit | 421 | MAGAZIN Kulturen der Rätselpflanze finden wir heute außer im Mittelmeerraum in Südafrika, Indien, Japan, Australien sowie in vielen Ländern Nord- und Südamerikas. Weite Verbreitung hat sie in Kalifornien gefunden, wohin sie um 1770 durch Missionare ge- langte. Th. Jefferson, der dritte Präsi- dent der USA, rühmte sie als „das wahrscheinlich größte Himmelsge- schenk“. Erwähnt sei noch, dass die Nutz- pflanze auch Künstler zu inspirieren vermochte. A. Huxley verfasste 1936 einen meisterhaften Essay über sie. V. van Gogh malte von ihr achtzehn Bilder und berichtete schwärmerisch seinem Bruder Theo: „Das alte sil- berne Laub und das Silbergrün vor Blau und dazu der Orangeton der auf- geworfenen Erde. Das alles ist völlig anders als die Vorstellung, die wir uns im Norden davon machen.“ Frage 1: Wie heißt die Pflanze mit ihrem wissenschaftlichen Na- men? Frage 2: Welches Land führt zwei Zweige der Rätselpflanze in seinem Staatswappen? Manfred Keil, Neckargemünd nicht weniger als hundertvierzigmal erwähnt. Namentlich ist sie auch im Koran zu finden, beispielsweise in der 24. Sure. In einem 2002 erschienenen Buch von W. Hondelmann über „Die Kulturpflanzen der griechisch-römi- schen Welt“ finden wir die Rätsel- pflanze im Kapitel über Obstgehölze. Der Autor schreibt dazu: „Die Nen- nung … unter den Obstgehölzen mag ein wenig verwundern, … Gleich- wohl wird die Frucht, botanisch eine Steinfrucht, selbst in vielfältiger Weise genutzt und ist überdies das Primärprodukt.“ Die Früchte gehen aus verhältnis- mäßig kleinen, weißlichen Blüten hervor, die im Mai und Juni erschei- nen. Sie sitzen in blattachselständigen Trauben (Abbildung 1), sind vierzäh- lig, weisen aber nur zwei Staubblätter auf. Bestäubt werden sie durch den Wind, seltener durch Insekten. Die kurzgestielten, schmal elliptischen Blätter sind oberseits grün, unterseits silbrig. Die reifen Steinfrüchte er- reichen die Größe kleiner Pflaumen (Abbildung 2). Systematisch gehört die Rätsel- pflanze in eine Familie, die weltweit 24 Gattungen mit 615 Arten umfasst. Davon sind bei uns in Mitteleuropa vier Gattungen mit je einer Art ver- treten. RÄTSEL | Eine symbolträchtige Nutzpflanze Schon im Altertum (nachweislich seit dem 3. Jahrtausend v. Chr.) wurde die Rätselpflanze in Kultur genom- men. Sie gilt als Symbol für Sesshaf- tigkeit, Versöhnung zwischen Gott und Menschen, unblutig errungenen Sieg, Frieden, Ordnung und Recht- schaffenheit, göttliche und menschli- che Weisheit, Fruchtbarkeit, Reich- tum, Altwerden, Geduld. Bei so viel Symbolhaftigkeit verwundert es nicht, dass Zweige von ihr sogar im Staatswappen eines Landes am östli- chen Mittelmeer zu finden sind. In dieser Gegend ist auch ihre Urheimat zu suchen. Noch heute wächst hier ein sparriger, niedriger Strauch, der als Wildform in Frage kommt. In der griechischen Mythologie spielt die Rätselpflanze eine große Rolle, zum Beispiel beim Streit zwi- schen zwei Göttern um den Besitz der Stadt Athen oder in der Odyssee bei der Blendung des Riesen Poly- phem sowie beim Ehebett, das der Irrfahrer aus ihrem harten, schön ge- maserten Holz gezimmert hatte. Der Römer Columella (um 60 n. Chr.) spricht von ihr als dem ersten und vornehmsten unter den Bäumen („primam omnium arborum“). Die Bibel nimmt in ihren beiden Testamenten fast hundertmal Bezug auf die Rätselpflanze; das aus den Früchten gewonnene Produkt wird ABB. 1 Blütenstand der Rätsel- pflanze. Bild: LAK. ABB. 2 Blätter und reife Früchte. Bild: LAK. Schicken Sie bitte Ihre Lösung bis zum 9. Januar 2006 an die Redaktion „Biologie in unserer Zeit“, Föhrenweg 6, D-68305 Mannheim. Verlost wird dreimal… In Heft 5/2005 suchten wir: Stubenfliege (Musca domestica) Gewonnen haben Dr. Iris Grote, Bonn Marvin Petereit, Lüneburg Max Fochtmann, Radkersburg Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

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Page 1: Rätsel: Eine symbolträchtige Nutzpflanze

© 2005 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.biuz.de 6/2005 (35) | Biol. Unserer Zeit | 421

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Kulturen der Rätselpflanze findenwir heute außer im Mittelmeerraumin Südafrika, Indien, Japan, Australiensowie in vielen Ländern Nord- undSüdamerikas. Weite Verbreitung hatsie in Kalifornien gefunden, wohinsie um 1770 durch Missionare ge-langte. Th. Jefferson, der dritte Präsi-dent der USA, rühmte sie als „daswahrscheinlich größte Himmelsge-schenk“.

Erwähnt sei noch, dass die Nutz-pflanze auch Künstler zu inspirierenvermochte. A. Huxley verfasste 1936einen meisterhaften Essay über sie.V. van Gogh malte von ihr achtzehnBilder und berichtete schwärmerischseinem Bruder Theo: „Das alte sil-berne Laub und das Silbergrün vorBlau und dazu der Orangeton der auf-geworfenen Erde. Das alles ist völliganders als die Vorstellung, die wiruns im Norden davon machen.“

Frage 1: Wie heißt die Pflanzemit ihrem wissenschaftlichen Na-men?

Frage 2: Welches Land führt zweiZweige der Rätselpflanze in seinemStaatswappen?

Manfred Keil, Neckargemünd

nicht weniger als hundertvierzigmalerwähnt. Namentlich ist sie auch imKoran zu finden, beispielsweise inder 24. Sure.

In einem 2002 erschienenenBuch von W. Hondelmann über „DieKulturpflanzen der griechisch-römi-schen Welt“ finden wir die Rätsel-pflanze im Kapitel über Obstgehölze.Der Autor schreibt dazu: „Die Nen-nung … unter den Obstgehölzen magein wenig verwundern, … Gleich-wohl wird die Frucht, botanisch eineSteinfrucht, selbst in vielfältigerWeise genutzt und ist überdies dasPrimärprodukt.“

Die Früchte gehen aus verhältnis-mäßig kleinen, weißlichen Blütenhervor, die im Mai und Juni erschei-nen. Sie sitzen in blattachselständigenTrauben (Abbildung 1), sind vierzäh-lig, weisen aber nur zwei Staubblätterauf. Bestäubt werden sie durch denWind, seltener durch Insekten. Diekurzgestielten, schmal elliptischenBlätter sind oberseits grün, unterseitssilbrig. Die reifen Steinfrüchte er-reichen die Größe kleiner Pflaumen(Abbildung 2).

Systematisch gehört die Rätsel-pflanze in eine Familie, die weltweit24 Gattungen mit 615 Arten umfasst.Davon sind bei uns in Mitteleuropavier Gattungen mit je einer Art ver-treten.

R Ä T S E L |Eine symbolträchtige NutzpflanzeSchon im Altertum (nachweislich seitdem 3. Jahrtausend v. Chr.) wurdedie Rätselpflanze in Kultur genom-men. Sie gilt als Symbol für Sesshaf-tigkeit, Versöhnung zwischen Gottund Menschen, unblutig errungenenSieg, Frieden, Ordnung und Recht-schaffenheit, göttliche und menschli-che Weisheit, Fruchtbarkeit, Reich-tum, Altwerden, Geduld. Bei so vielSymbolhaftigkeit verwundert esnicht, dass Zweige von ihr sogar imStaatswappen eines Landes am östli-chen Mittelmeer zu finden sind. Indieser Gegend ist auch ihre Urheimatzu suchen. Noch heute wächst hierein sparriger, niedriger Strauch, derals Wildform in Frage kommt.

In der griechischen Mythologiespielt die Rätselpflanze eine großeRolle, zum Beispiel beim Streit zwi-schen zwei Göttern um den Besitzder Stadt Athen oder in der Odysseebei der Blendung des Riesen Poly-phem sowie beim Ehebett, das derIrrfahrer aus ihrem harten, schön ge-maserten Holz gezimmert hatte. DerRömer Columella (um 60 n. Chr.)spricht von ihr als dem ersten undvornehmsten unter den Bäumen(„primam omnium arborum“).

Die Bibel nimmt in ihren beidenTestamenten fast hundertmal Bezugauf die Rätselpflanze; das aus denFrüchten gewonnene Produkt wird

A B B . 1 Blütenstand der Rätsel-pflanze. Bild: LAK.

A B B . 2 Blätter und reife Früchte. Bild: LAK.

Schicken Sie bitte Ihre Lösung bis zum 9. Januar2006 an die Redaktion „Biologie in unserer Zeit“,Föhrenweg 6, D-68305 Mannheim. Verlost wirddreimal…

In Heft 5/2005 suchten wir:Stubenfliege (Musca domestica)

Gewonnen haben• Dr. Iris Grote, Bonn• Marvin Petereit, Lüneburg• Max Fochtmann, Radkersburg

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.