pontius, der biograph cyprians

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Pontius, der Biograph Cyprians Author(s): H. Dessau Source: Hermes, 51. Bd., H. 1 (Jan., 1916), pp. 65-72 Published by: Franz Steiner Verlag Stable URL: http://www.jstor.org/stable/4473548 . Accessed: 04/10/2013 00:35 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Franz Steiner Verlag is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Hermes. http://www.jstor.org This content downloaded from 144.32.128.14 on Fri, 4 Oct 2013 00:35:01 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

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Page 1: Pontius, der Biograph Cyprians

Pontius, der Biograph CypriansAuthor(s): H. DessauSource: Hermes, 51. Bd., H. 1 (Jan., 1916), pp. 65-72Published by: Franz Steiner VerlagStable URL: http://www.jstor.org/stable/4473548 .

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PONTIUS, DER BIOGRAPH CYPRIANS.

In einer Anzahl Handschriften der Werke Cyprians ist uns, ohne Nennung des Namens des Verfassers, eine Biographie des karthagischen Bischofs und Martyrers erhalten 1), die in der letzten Zeit wieder vielfach besprochen2) und sehr verschiedenartig beur- teilt worden ist. Wenn wir einigen in die Schrift eingestreuten Bemerkungen trauen durfen, ruhrt sie von einem Zeitgenossen Cyprians her, der dem Verstorbenen wenigstens in der letzten Zeit seines Lebens sehr nahe gestanden hatte, er hatte Cyprian in die Verbannung nach Curubis begleiten (c. 12) und genau ein Jahr spater, in Karthage, die letzte Nacht vor der Hinrichtung mit ihm zusammen verbringen durfen (c. 1 5). Dennoch ist die Schrift an tatsachlichen Angaben verhaltnismafig arm; man hat den Eindruck, als ob der Verfasser die Vorgange im groflen und ganzen als be- kannt voraussetze. Sogar einige auf Cyprian bezuigliche Schrift- stucke denkt sich der Verfasser in den Handen seiner Leser, nam- lich kurze Berichte iuber die in den Jahren 257 und 258 vor dem Proconsul von Afrika gegen Cyprian gefulhrten Verhandlungen, wie sie tatsachlich damals sofort verbreitet wurden und wie auch wir sie, wenn auch mannigfach verderbt, noch haben 3); auf den einen

1) Ill Hartels Cyprian p. XC-CX. 2) Harnack, Das Leben Cyprians von Pontius, die erste christliche

Biographie (Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristl. Literatur XXXIX, 1913 Heft 3). Reitzenstein, Die Nachrichten uiber den Tod Cyprians (Sitzungsber. der Heidelberger Akademie der Wissen- schaftein 1913, Abh. 14) S. 443ff. Corssen, Zeitschr. f. neutestamentliche Wissenschaft XV 1914 S. 285 ff.

3) Reitzenstein hat sich bemtiht festzustellen, welcher der zahl- reichen, in Handschriften des Mittelalters von ihm nachgewiesenen Fassungen der Acta diejenige Fassung geglichen hat, die der Biograph vor sich gehabt hat (und in den Handen seiner Leser voraussetzt), uncd er scheint mir trotz des Widerspruchs Franchis (Studi romani, rivista di archeologia II 1914 p. 189ff.) bewiesen zu haben, dali das zweite Yerhor Cyprians fur den Biographen sich auf die wenigen Fragen be-

Hermes LI. 5

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dieser Berichte, den vom J. 257, verweist der Verfasser geradezu (c. 11: quid sacerdos dei proconsule interrogante respondernt, sunt acta quae referant). Uber das Vorleben Cyprians geht die Schrift so gut wie mit Stillschweigen hinweg (c. 2); aber auch aus der Zeit seines Episcopats behandelt sie im wesentlichen nur einzelne Punkte, um sich schlieilich uiber die Confessio und das Martyrium ausfiihrlich zu verbreiten. Sehr karg ist die Schrift mit Nennung von Eigennamen; von Personennamen erscheint nur der Name des karthagischen Presbyters, der Cyprian dem Christentum zugefuhrt hatte (c. 4); die beiden Proconsuln, vor denen Cyprian gestanden hatte und die in jenen Verhandlungsberichten wiederholt genannt werden, werden keiner Namensnennung gewiirdigt, von Ortsnamen erscheint auf3er Karthago nur der Name des Stadtchens, in das Cyprian im J. 257 verwiesen worden war, Curubis (c. 12), tibrigens auch erst nachdem schon lange von dem Ort die Rede gewesen war, anscheinend ganz absichtslos, nicht um den Lesern den Namen mitzuteilen, der ihnen wohl ohnedies bekannt war. Qber- haupt ist die Absicht des Verfassers anscheinend weniger zu infor- miren und zu berichten als die seiner Meinung nach richtige Auf- fassung von allbekannten Tatsachen zu verbreiten und die Absichten und die Gemtitsverfassung seines Helden ins rechte Licht zu setzen 1).

So erklart es sich auch, dafi die Ruickkehr Cyprians von Curubis nach Karthago nichb in der Weise erzahlt wird, wie es hatte ge- schehen muissen, wenn die Tatsache den Lesern unbekannt gewesen ware. Jeder Leser wufite, daf Cyprian nicht in Curubis verblieben war, sondern in Karthago geendet hatte; und so konnte der Ver- fasser, ohne auch nur auf den Gedanken der Befuirchtung eines Mifi- verstandnisses zu kommen, sagen, die von der Regierung verfuigte Aufhebung der Verbannung habe im Plane der Vorsehung gelegen; Cyprian sollte die letzte Zeit seines Lebens in der Nahe seiner eigenen Gemeinde verbringen (c. 13)2).

schrankt hat, aus denen es in den Handschriften EMT besteht (so auch Corssen S. 288). Die in einer Wiirzburger Handschrift des IX. Jahr- hunderts (Y) erhaltene Fassung, der Reitzenstein eine besondere Bedeu- tung beilegt (S. 34. 66), ist, wie Franchi p. 211 nachgewiesen hat, eine- donatistische Umarbeitung.

1) UJnter den Bismarck - Biographien der neueren Zeit diirften ge- rade die besseren die Kenntnis der meisten Tatsachen bei den ersten Lesern voraussetzen und so spateren manches Ratsel aufgegeben haben.

2) Es ist nicht gainz zutreffend, wenn man gesagt hat, dafi der Ver-

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PONTIUS, DER BIOGRAPH CYPRIANS 67

Der Name des Verfassers ist, wie bereits gesagt, nicht uiber- liefert, aber da Hieronymus in seinem Katalog der christlichen Schriftsteller (de vir. ill. c. 68) ein egregium volumen vitae et passionis Cypriani erwahnt (so konnte man die uns erhaltene Schrift mit Fug und Recht bezeichnen), das einen gewissen Pontius zum Verfasser habe, der, wie der Verfasser unsrer Scbrift, mit Cyprian die Verbannung geteilt und ihm bis zum Tag des Martyriums zur Seite gestanden hatte, so hat man meistenteils unbedenklich die uns erhaltene Schrift jenem Pontius zugeschrieben. So neuerdings vornehmlich Harnack, der, entsprechend dem von ihm geglaubten, den Ereignissen gleichzeitigen Ursprung der Schrift, ihr einen au1ierordentlich hohen Wert beimifit. ,,Was ist die Schrift?" fragt Harnack S. 32: ,ein sicheres Dokument der afrikanischen Kirche aus der Mitte des 3. Jahrhunderts, verfafit von einem karthaginiensischen Kleriker" Pontius war nach Hierony- mus diaconus Cypriani gewesen -, ,,der Jahr und Tag mit

Cyprian in engster Gemeinschaft gelebt" und, fuigt Harnack weiter hinzu (S. 38), ,,das Werk Cyprians und ihn selbst richtig verstanden" hat. Aber Widerspruch ist nicht ausgeblieben. Nach Reitzenstein ist die Schrift ein Machwerk einer spaiteren, wenn auch vielleicht nicht viel spateren Zeit; ihr Verfasser hat die Briefe Cyprians und die bereits erwahnten Procefiverhandlungen vor sich gehabt und ausgenutzt, im ubrigen eigene willkiirliche Constructionen aufge- stellt1). Ich wulrde es nicht wagen, zu diesem Streit dasWort zu

fasser die Ruckkehr Cyprians nicht erwahne (Harnack S. 23) oder nrir erraten lasse (Corssen S. 289); er spricht von ihr so deutlich wie m6glich (c. 13): indulgentia ab ipsis qui eiecerant et qui occisuri erant missa est..., ut praesens et praesentes usw. Man hat auch daran Anstoli genommen, dali der Verfasser ein nicht unerhebliches und sehr charakteristisches Vorkommnis aus der letzten Zeit Cyprians, von dem wir durch ihn selbst wissen - die vereitelte Tberftlhrung des Bischofs nach Utika (ep. 81) -, mit Stillschweigen iubergeht; meiner Meinung nach ohne Grund. In einer der S 66 A. 1 erwahnten Bismarck - Biographien, und zwar einer besonders geschatzten, sucht man auch manche charakteristische und nicht unwichtige Tatsache vergebens; sei es, dali es dem Verfasser nicht lag, sich uiber dies und jenes zu auliern, oder dali er sich bei der Fiulle des Stoffs einiges hat entgleiten lassen. Ganz unmoglich ist es mir, mit Reitzenstein (S. 60) anzunehmen, der Verfasser der Cyprian-Bio- graphie habe jenen Vorfall sehr wohl gekannt, aber falschenderweise in sein Gegenteil verkehrt.

1) Reitzenstein S. 52ff.; ,,zwischen ihm und den Ereignissen steht 5*

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68 H. DESSAU

ergreifen, wenn ich es nicht fur meine Pflicht hielte, auf eine In- schrift auflnerksam zu machen, die moglicherweise zur ULsung der Frage beitraigt.

Von Cyprians Aufenthalt in Curubis spricht der Verfasser unsrer Schrift in eigentuimlicher Weise. Man sollte erwarten, daU er den Gleichmut oder den Heroismus ruhme, mit dem Cyprian die Verbannung ertragen habe. Aber davon ist nicht die Rede, konlte nicht die Rede sein, da allgemein bekannt war, daU der karthagische Bischof nicht nur seine Begleitung hatte auswahlen und in Curubis Besuche nach Belieben hatte empfangen dtirfen, sondern uberhaupt nichts von den Annehmlichkeiten dieses Lebens in Curubis entbehrt hatte. Einem Lobredner Cyprians muflte diese Tatsache unbequem sein, besonders da Cyprian noch immer vorgehalten wurde, er sei der Verfolgung unter Decius ausgewichen und habe sich in Sicherheit gebracht 1); jetzt war eine neue Verfolgung hereingebrochen, Cyprian war diesmal vor dem Proconsul erschienen und hatte Bekenntnis ab- gelegt, war aber mit einer Strafe davongekommen, die in Wirklichkeit keine Strafe war. Der Verfasser findet sich mit dieser Tatsache in der Weise ab, dafi er zunaichst die Frage nach dem Ort des Exils far gleichguiltig erklart, far gleichgulltig fur den Christen uiberhaupt und fur Cyprian insbesondere (c. 11). Der Christ fuhlt sich in dieser Welt uberhaupt als Fremdling (etianr propria in civitate peregrinus), aber auch nirgends als Verbannten, da er doch immer bei Gott ist (ad- mixtus (lei sui rebus exiliurn non potest compputare). Einem Cyprian wurde es aber auch in der Waste nicht am Notwendigen gemangelt baben; ihn wurden, wie dies einigen Heiligen des alten Testaments widerfahren sein soll, Engel oder Raben gespeist haben. Immerhin, fagt der Verfasser (c. 12) hinzu, ist mit Dank (gegen Gott) anzuerkennen, daf der Ort des Exils ganz so gewahlt war, wie ibn Cyprian sich nur wunschen konnte (es lag hier offenbar eine pro- videntia specialissima vor, Harnack S. 57). In der Schilderung der Annehmlichkeiten dieses Orts entwickelt der Verfasser eine eigen- tamliche Ausfuhrlichkeit und Warme. Wir bekommen zunachst zu horen, daf der Ort nicht direkt, aber doch nahe am Meere lag und also von Karthago nicht nur zu Land2) sondern auch zu Schiff

eine Tradition, die sogar schon Umgestaltungen erfahren hat. Es ist gar nicht mo5glich, daLi er der vertraute Schiiler Cyprians war' (a. a. 0. S. 67).

1) Vgl. Harnack S. 39. 2) Auf der Landstrafle zahlte man von Karthago bis Curubis 55 Mil-

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PONTIUS, DER BIOGRAPH CYPRIANS 69

leicht zu erreichen war, dab er von frischem Grun umgeben war, wie es Cyprian nach ad Donat. 1 liebte, und heilkraftige Quellen hatte 1). Er machte einen freundlichen Eindruck2), und war mit allem aus- gertistet, was der verwohnte Geschmack verlangte (deliciarumn om- nium paratura). Die Einwohner waren liebestatig und lie1ien es sich nicht nehmen, dem Fremden alles zu liefern, was ihm etwa mangelte. Sein Tisch dort war mit allem gedeckt, was dem Gerechten fuir die Zukunft in Aussicht gestellt ist (quidquid apponi eis ante promissum est, qui regnum et iustitiam dei quaerunt). Wollte er ungestort sein, so ehrte man auch diesen Wunsch (hospitiunt pro voluntate secretum). Wer so schrieb, muf Curubis in der Zeit seines Aufenthaltes dort sehr lieb gewonnen haben, wenn er nicht schon altere und nahere Beziehungen zu der Stadt hatte. SchlieElich ist zu bemerken, daf3 der Verfasser in eigentiimlicher Weise die Rechte betont, die Curubis durch den Aufenthalt Cyprians an dem Martyrer-Bischof erworben hatte. Da Cyprian schon von der ersten Nacht in Curubis an, infolge eines ausfuihrlich erzahlten Traumes, seines kunftigen, ein Jahr spater erfolgen sollenden Martyrer- tods gewifi war (und sich also in Curubis schon als Martyrer fuihlte), durfte Curubis nicht nur den Verbannten, sondern auch den Martyrer Cyprian sein eigen nennen (ut imnminentis martyrii pleniore fidu- cia non exulem tantummodo (Curubis sed et martyrem possideret). Wenn diese Empfindung nicht fingirt ist - in der Zeit des ent- wickelten Martyrer- und Heiligenkultus wuirde in der Tat eine solche Fiktion nicht auffallend sein, - muf der Verfasser der Christengemeinde von Curubis sehr nahegestanden haben.

Von dem Stadtchen Curubis ist sonst wenig die Rede, es wird fast nur bei den Geographen erwahnt. Im J. 256 hat es keinen Bischof nach Karthago entsandt, wahrend das benachbarte Neapolis dort vertreten war3). Auch die Inschriften haben nicht viel er-

lien (It. Ant.). Wenigstens hundert Millien weit pflegten unruhige Bischofe auch von christlichen Kaisern verwiesen zu werden (Cod. Theod. 16, 2, 35).

1) c. 11: fingam us locum ilium situ sordidum, squalidum vism, non salubres aquas, non arnoenitates viroris, non viciniami litoris (mit aquae salubres ist nicht etwa blof3 gesundes, unverdorbenes Trinkwasser ge- meint; dieses fiihrte der Stadt ein Aquadukt zu, dessen Reste die Reisenden ofters erwahnen, z. B. Ximenez zu CIL VIII 980. Wilmanns zu CIL VIII 977).

2) c. 11 nolo nunc describere loci gratiam; c. 12 apricurm . . . locum. 3) Sentent. episcop. n. 76 (Cyprian ed. Hartel p. 460). An Nea-

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geben. Einige wichtige beziehen sich auf die Befestigung der Stadt in caesarischer Zeit 1) und standen ohne Zweifel ursprtinglich an den Stadttoren oder andern hervorragenden Punkten der Stadtmauer; von den zahlreichen Ehreninschriften, die sicherlich auch in Curubis im Laufe der Kaiserzeit das Forum fillten, haben sich bis jetzt nur ganz wenige, 4-5, gefunden. Eine derselben lautet:

P 0 N T I*

C* HELVIO* C .F ARN * HONORA TO. AEDIL IIVIR* IIVIRQQ 11 ET. CVRAT. ALIMENT. DISTRIB

5 OB INSIGNES * LIBERALITA TES. IN * REM * PVB * ET. CIVES AMOREM . VIRO . BONO COL * IVL CVRVBIS D D P P

(seit 1738 bekannt; 1873 von Wilmanns gesehen CIL VIII 980; hier nach dem von Wilmanns mitgebrachten Abklatsch revidirt2)). Die Schrift ist, nach Wilmanns Urteil, die des 3. Jahrhunderts n. Chr.; doch ist zu bemerken, dafi die erste, eine Art Uberschrift darstellende Zeile einen andern Schriftcharakter zeigt, indem sie offenbar eine altere, stattlichere Schrift nachahmt, wie sie auch erheblich gr6ifere Buchstaben hat3). Der in der Inschrift Geehrte hatte die ordent- lichen Amter seiner Vaterstadt, die Aedilitat und das Duumvirat, das letztere mehrmals, und zwar sowohl in einem gewohnlichen als auch in mehreren fuinften Jahren als Quinquennale, bekleidet und war aufierdem curator alimentorumit distribuendorurn gewesen. Als solcher hatte er vielleicht mit der Verwaltung von Alimentar- stiftungen (zur Ernahrung armer Kinder) zu tun, wie sie auch in afrikanischen Stadten, wenn auch selten (viel seltner als in Italien)

polis Leptis (Harnack, Mission und Ausbreitung des Christentums 112 S. 246) wird hier nicht gedacht werden konnen.

1) CIL VIII 977. 979 und besser bei Momnmsen i. d. Z. XXX 1895 S. 456 Inser. select. 5319. 5320.

2) Z. 3 Ende und Z. 4 Anfang nach Wilmanns; der Spanier Ximenez, der die Inschrift um 1730 herum gesehen hat, las Z. 2 Ende (nach QQ) I IVL; Z. 3 Anfang II (fuir ET); der Abklatsch 1lfit die Stellen zweifel- baft. Z. 4 Ende sind die Buchstaben TR I B jetzt verloren.

3) Die Buchstaben der 1. Zeile sind 6112-7, die der uibrigen 5 Centi- meter hoch; aber wesentlicher ist der Unterschied der Breite, das 0 der 1. Zeile ist 6'1/2, derselbe Buchstabe in den iibrigen Zeilen nur 11/2-2 Centi- meter breit.

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vorkommen. Doch ist der Ausdruck hierfur auffallend und wenig zutreffend; und es ist nicht ausgeschlossen, daU in einer Zeit des Notstandes ein besonderer stadtischer Beamter die Verteilung von Lebensmitteln an die armere Bevolkerung iuberhaupt zu besorgen hatte. Dafi ein stadtischer Beamter als vir bonus belobt wird, hat zwar bei der Ausdrucksweise der Inschriften nicht viel zu bedeuten, verdient aber immerhin als ganz einzigartig vermerkt zu werden.

Der Name jenes vir bonus war C. Helvius Honoratus, Sohn des Gaius, aus der Tribus Arnensis; er fuihrte aber auch den Beinamen (signaum) Pontius. Pontius ist hier offenbar nicht der alte romische Gentilname, sondern einer jener unr6mischen, vielfach griechischen, rein willkurlichen Beinamen 1), die im 2. Jahrhundert n. Chr. be- gannen neben die eigentlichen Namen zu treten und sie im 4. Jahr- hundert schlieflich vielfach verdrangten; Pontius ist ein Name von genau derselben Art und Entstehung wie Pelagius, Potamius, Hyda- tius. In Ehreninschriften pflegte das Signum vom eigentlichen Namen getrennt zu werden und erscheint meistens, wie hier, auf der Leiste des Postaments im Genetiv2), mitunter in gr5fieren Buchstaben3). Vor Gericht duirfte unser Duovir von Curubis sich Helvius flono- ratus qui et Pontius genannt haben; seinen Mitburgern duirfte er vorzugsweise als Pontius bekannt gewesen sein (auch Cyprian hief3 bei seinen Mitburgern offenbar nach seinem Signum ThasciusS 4),

vit. 15: per Carthagivemn rumor increbuit produetum esse iami Thascium). Wir finden also im 3. Jabrhundert in Curubis, dem Stadtchen, in dem Cyprian einen Teil seines letzten Lebensjahres verlebte und in dem er zahlreiche Freunde und gewiI manche An- hanger gewann, in hervorragender Stellung einen Pontius; und denselben, nicht gerade haufigen Namen fulhrte, nach Hieronymus, ein treuer Anhanger Cyprians, der ihn nach Curubis begleitet, dort mit ihm gelebt und spater seine vita et passio geschrieben hat, also ein Schriftstuck von der Art des uns erhaltenen, in welchem des Aufenthalts in Curubis mit besonderer Warme gedacht wird

1) Vergl. Mommsen i. d. Z. XXXVII 1902 S. 446 ff. 2) Vergl. Mommsen a. a. 0. 1902 S. 451. 3) So z. B. CIL VI 1624 (diese aus der Mitte des 3. Jahrhunderts).

1684. 1690ff. 1698. 1699. 1723: 1748. 1768. 1769. CIL VIII 822 (auch diese aus der Mitte des 3. Jahrhunderts). Abbildungen solcher Inschriften bei Diehl, Inscr. Latin. 29a b.

4) Vergl. Harnack zu d. Stelle (S. 25).

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72 H. DESSAU, PONTIUS.

und deren Autor von Curubis' Anrecht auf Cyprian spricht wie ein Curubitaner.

Die Vermutung liegt nahe, dafi wir hier tiberall mit ein und derselben Person zu tun haben. Der Curubitaner Pontius wurde, nachdem er den Pflichten gegen seine Vaterstadt durch Ubernahme der Municipalamter und manche besondre Leistungen genulgt hatte, fur das Christentum gewonnen, schlol sich dem Bischof der nahen Metropole an und trat als Diacon in deren Clerus ein; als Cyprian nach Curubis verwiesen wurde, verstand es sich vou selbst, dafi Pontius ihn begleitete; als er nach dem Tode des Bischofs sich berufen ftihlte, seine letzte Lebenszeit zu beschreiben, hat er nicht verfehlt, seinen Gefiulen fur Curubis Ausdruck zu geben. Da1i er nicht ausdrtucklich sagt, ja nicht einmal andeutet, dafi er aus Curubis geburtig ist, ist nicht merk- wuirdig; nach seinen Anscbauungen (c. 11) war es gleichgtiltig, aus welcher Ortsgemeinde der Christ stammte; durch den Eintritt in die Geistlichkeit Karthagos hatte er in dieser Hauptstadt festen Fufi gefaft und dort, unter den Augen Cyprians, eine Wirksamkeit gefunden, die ihm, dulrfen wir annehmen, tiber alles ging; er durfte wohl, wenn er ohne aufieren Zwang Cyprian in die Ver- bannung begleitete, sich einen ecxul voluntarius (c. 12) nennen, auch wenn die Reise nach seiner eigenen fruiheren Heimat ging.

Wie man aber auch uber diese Vermutung urteilen mag, zu- fallig ist das Zusammentreffen des Namens Pontius als Individual- name1) bei einem angesehenen Curubitaner des dritten Jahrhunderts und bei einem Begleiter Cyprians in Curubis nicht. Es hat in Curubis einen Pontius gegeben, der in nahe Beziehungen zu Cy- prian getreten war und dem man wohl zutrauen durfte, daEi er ein Buch fiber Cyprian schreiben wuirde; diesem hat man die uns erhaltene Schrift, auch wenn sie etwa nicht von ihm herruihren sollte, schon fruh zugeschrieben; und dieser Tradition folgt Hie- ronymus bei der Nennung des Namens Pontius in seinem Schrift- stellerkatalog. Dafi die von Hieronymus geruhmte Schrift identisch ist mit der uns erhaltenen und diese der Zeit Cyprians selbst an- geh6rt, daran wird nicht zu zweifeln sein.

Charlottenburg. H. DESSAU.

1) Das Signum vererbt sich nicht vom Vater auf den Sohn (s. Mommsen a. a. 0. S. 452 A. 2).

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