parodontologie und praxis: kratzen und putzen oder was oder wie? · 2016-02-23 · 86 schweiz...

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Zahnmedizin aktuell Schweiz Monatsschr Zahnmed, Vol 111: 1/2001 85 Zahnmedizin aktuell Parodontologie und Praxis: Kratzen und Putzen oder was oder wie? Vor 40 Jahren wurde durch die Arbeiten von Loë die Parodontologie auf eine wissenschaftlich gesicherte Grundlage gestellt. Gingivitis und Parodontitis als Infektionskrankheiten: Das führte anfänglich zu einem Rundumschlag gegen die Plaque als Ganzes und dies undifferen- ziert bei allen Patienten. In der Zwischenzeit hat man dazu gelernt, und in den letzten Jahren wurden Diagnose und Therapie massiv verfeinert. Wie sieht das in der Praxis aus? Ein Interview mit Dr. Gérald Mettraux* SSO: Dr. Mettraux, würden Sie bitte Ihre Tätigkeit kurz vorstellen? Mettraux: 1985 habe ich in Bern eine Spezialpraxis für Parodontologie eröff- net; ich arbeite zu 60% als Parodontolo- ge, die übrigen 40% sind allgemeine Zahnmedizin. Daneben habe ich ein Pensum als externer Oberarzt an der Universität. SSO: Sie sind also einerseits mit den jeweils neusten Forschungsresultaten und geltenden Behandlungskonzepten vertraut, haben aber den Kontakt zur «Normalpraxis» und den ihr eigenen Problemen behalten? Mettraux: So ist es. Ich habe bewusst auf die Exklusivität verzichtet. Hier Allge- meinpraxis – dort Spezialpraxis oder Universität: Das sind nun einmal zwei Paar Schuhe. SSO: Was meinen Sie damit? Mettraux: Ganz einfach: Ich will nicht aus den Augen verlieren, wie der Alltag des Generalisten aussieht. Beim Spezia- listen kommen die Patienten vorsortiert und vormotiviert an, da besteht die Ge- fahr des röhrenförmigen Gesichtsfeldes. SSO: Parodontologie ist an der Uni seit Jahrzehnten ein Prüfungsfach. Kann denn der Generalist seine Parodontalpatienten nicht selbst verarzten? Mettraux: Es gibt viele Allgemeinprakti- ker, die hervorragende Parodontologie betreiben; aber die sehr schwierigen Fäl- le profitieren doch von gehäufter Erfah- rung – und Erfahrung häuft sich eben eher beim Spezialisten. Das gilt übrigens für jedes andere Fachgebiet genau gleich. SSO: Parodontologie: Viele Leute verstehen darunter: Putzen, Putzen und noch einmal Putzen... Mettraux: Das war einmal... Nein, die Parodontologie besteht nicht mehr nur aus Kratzen, Schneiden und Putzen. Wir haben heute recht präzise Diagnostik- methoden für die verschiedenen Formen der Parodontitis, und die verschiedenen Parodontitiden werden auch verschieden behandelt. Wir haben neue Applikations- formen für unsere Medikamente, es gibt die Regenerations-Techniken. Ja – und dann die Implantate, die Periimplanti- tis... Allerdings, wenn Sie schon von Put- zen, Putzen sprechen: Da haben Sie auch wieder Recht; denn ohne die initiale Hy- gienephase und ohne eine lebenslange Erhaltungstherapie ist der Misserfolg vorprogrammiert: schade für Zeit und Geld! Übrigens ein rechtes Problem, das nur durch eine intensive Zusammenar- beit Zahnarzt–DH in den Griff zu be- kommen ist. SSO: Darauf möchte ich gerne noch zu spre- chen kommen. Aber vorerst eine andere Fra- ge: Stimmt es, dass die Patienten nichts von ihrer Parodontitis merken, bis es fünf vor zwölf ist? Mettraux: Jein. Informierte Menschen können ein Frühsymptom selber feststel- len, nämlich Bluten beim Zähneputzen. Aber nicht alle Menschen sind infor- miert. Und nicht alle gehen regelmässig zum Zahnarzt. Mehr Information und bessere Kommunikation, das könnte viel Ärger ersparen. SSO: Das heisst, wenn ich recht verstehe: Noch immer liegt die Verantwortung für die rechtzeitige Erkennung einer Parodontitis bei den Zahnärzten? Mettraux: Ja. Deshalb gehört zu jeder Zahnkontrolle auch die Beurteilung des Zahnfleisches, und das bite wing lässt Veränderungen der Knochenstruktur und -topografie erkennen. SSO: Und dann? Ich meine: Wenn Paro- dontitis-Symptome vorliegen? Mettraux: Dann muss der Zahnarzt über die Befunde, die möglichen Folgen und die Behandlungsmöglichkeiten infor- mieren. (Nicht vergessen: Der Gesprächs- inhalt gehört in die Krankengeschichte, besonders auch ein allfälliges Desinte- resse an der Behandlung, das ist ganz wichtig!) – Ja, und dann eben behandeln oder überweisen. SSO: Sie legen offenbar grosses Gewicht auf die Krankengeschichte? Mettraux: Auf jeden Fall! Nur so kann der Zahnarzt, wenn nötig, später nach- weisen, dass die Parodontitis erkannt und der Patient rechtzeitig informiert wurde. SSO: Die Sensibilisierung der Allgemein- praktiker für das Parodont und für ihre Ver- antwortung: Hat das Folgen für die Speziali- sten? Mettraux: Ja. Es gibt mehr Überweisun- gen. SSO: Also sehr erfreulich? Mettraux: Ja und nein! Vor allem zwei Probleme machen mir zu schaffen: Die Langzeit-Betreuung und der verschlepp- te Fall. SSO: Die Langzeit-Betreuung? Mettraux: Ja. Leider ist die Parodontitis nach abgeschlossener Behandlung nicht ausgeheilt wie eine Erkältung. Das Indi- viduum, das eine Parodontitis entwickelt hat, ist lebenslang dafür prädisponiert. Ohne entsprechende Nachsorge kann es leicht zum Rezidiv kommen. Und genau hier liegt die Crux: Nachsorge heisst: engmaschige Kontrollen und, um Ihre Worte zu gebrauchen, Putzen, Putzen... Wer zur Risikogruppe gehört, braucht einen viel höheren Hygienestandard als der Nicht-Risiko-Typ. SSO: Das heisst für Sie? Mettraux: Damit kommen wir auf das Thema «Hygieneteam DH–Zahnarzt» zurück. Nachsorge heisst: DH-Stunden noch und noch. Zur Illustration: Wollte ich alle mir anvertrauten Parodontalpa- tienten in meiner Praxis weiter betreuen, müsste ich eine Hygieneklinik mit ich- weissnichtwievielen DHs betreiben. Das gilt wohl für alle PAR-Spezialpraxen. SSO: Der Spezialist muss also notgedrungen die Patienten für die Nachsorge an die über- weisenden Kollegen zurückgeben? Mettraux: Früher oder später, ja. Und in jedem Fall muss abgesprochen werden, wie diese Nachsorge aussehen soll und wer wofür die Verantwortung trägt. Der DH-Auftrag und die Behandlungsinter- valle müssen festgelegt werden. All diese Absprachen, die Berichte und Telefonate – das ist schon recht happig. Aber man kommt nicht darum herum; sonst kann es passieren, dass der Patient sich gut be- treut wähnt – und zuletzt sitzt er zwi- schen Stuhl und Bank. SSO: Sie sprachen vorhin vom «verschlepp- ten Fall».

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Page 1: Parodontologie und Praxis: Kratzen und Putzen oder was oder wie? · 2016-02-23 · 86 Schweiz Monatsschr Zahnmed, Vol 111: 1/2001 Zahnmedizin aktuell Mettraux: Ja, das ist ein heikles

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Zahnmedizin aktuell

Parodontologie und Praxis: Kratzen und Putzen oder was oder wie?

Vor 40 Jahren wurde durch die Arbeiten von Loë die Parodontologie auf eine wissenschaftlichgesicherte Grundlage gestellt. Gingivitis und Parodontitis als Infektionskrankheiten: Dasführte anfänglich zu einem Rundumschlag gegen die Plaque als Ganzes und dies undifferen-ziert bei allen Patienten. In der Zwischenzeit hat man dazu gelernt, und in den letzten Jahrenwurden Diagnose und Therapie massiv verfeinert.

Wie sieht das in der Praxis aus?Ein Interview mit Dr. Gérald Mettraux*

SSO: Dr. Mettraux, würden Sie bitte IhreTätigkeit kurz vorstellen?Mettraux: 1985 habe ich in Bern eineSpezialpraxis für Parodontologie eröff-net; ich arbeite zu 60% als Parodontolo-ge, die übrigen 40% sind allgemeineZahnmedizin. Daneben habe ich einPensum als externer Oberarzt an derUniversität.

SSO: Sie sind also einerseits mit den jeweilsneusten Forschungsresultaten und geltendenBehandlungskonzepten vertraut, haben aberden Kontakt zur «Normalpraxis» und denihr eigenen Problemen behalten?Mettraux: So ist es. Ich habe bewusst aufdie Exklusivität verzichtet. Hier Allge-meinpraxis – dort Spezialpraxis oderUniversität: Das sind nun einmal zweiPaar Schuhe.

SSO: Was meinen Sie damit?Mettraux: Ganz einfach: Ich will nichtaus den Augen verlieren, wie der Alltagdes Generalisten aussieht. Beim Spezia-listen kommen die Patienten vorsortiertund vormotiviert an, da besteht die Ge-fahr des röhrenförmigen Gesichtsfeldes.

SSO: Parodontologie ist an der Uni seitJahrzehnten ein Prüfungsfach. Kann dennder Generalist seine Parodontalpatientennicht selbst verarzten?Mettraux: Es gibt viele Allgemeinprakti-ker, die hervorragende Parodontologiebetreiben; aber die sehr schwierigen Fäl-le profitieren doch von gehäufter Erfah-rung – und Erfahrung häuft sich ebeneher beim Spezialisten. Das gilt übrigensfür jedes andere Fachgebiet genaugleich.

SSO: Parodontologie: Viele Leute verstehendarunter: Putzen, Putzen und noch einmalPutzen...Mettraux: Das war einmal... Nein, dieParodontologie besteht nicht mehr nuraus Kratzen, Schneiden und Putzen. Wirhaben heute recht präzise Diagnostik-methoden für die verschiedenen Formen

der Parodontitis, und die verschiedenenParodontitiden werden auch verschiedenbehandelt. Wir haben neue Applikations-formen für unsere Medikamente, es gibtdie Regenerations-Techniken. Ja – unddann die Implantate, die Periimplanti-tis... Allerdings, wenn Sie schon von Put-zen, Putzen sprechen: Da haben Sie auchwieder Recht; denn ohne die initiale Hy-gienephase und ohne eine lebenslangeErhaltungstherapie ist der Misserfolgvorprogrammiert: schade für Zeit undGeld! Übrigens ein rechtes Problem, dasnur durch eine intensive Zusammenar-beit Zahnarzt–DH in den Griff zu be-kommen ist.

SSO: Darauf möchte ich gerne noch zu spre-chen kommen. Aber vorerst eine andere Fra-ge: Stimmt es, dass die Patienten nichts vonihrer Parodontitis merken, bis es fünf vorzwölf ist?Mettraux: Jein. Informierte Menschenkönnen ein Frühsymptom selber feststel-len, nämlich Bluten beim Zähneputzen.Aber nicht alle Menschen sind infor-miert. Und nicht alle gehen regelmässigzum Zahnarzt. Mehr Information undbessere Kommunikation, das könnte vielÄrger ersparen.

SSO: Das heisst, wenn ich recht verstehe:Noch immer liegt die Verantwortung für dierechtzeitige Erkennung einer Parodontitis beiden Zahnärzten?Mettraux: Ja. Deshalb gehört zu jederZahnkontrolle auch die Beurteilung desZahnfleisches, und das bite wing lässtVeränderungen der Knochenstrukturund -topografie erkennen.

SSO: Und dann? Ich meine: Wenn Paro-dontitis-Symptome vorliegen?Mettraux: Dann muss der Zahnarzt überdie Befunde, die möglichen Folgen unddie Behandlungsmöglichkeiten infor-mieren. (Nicht vergessen: Der Gesprächs-inhalt gehört in die Krankengeschichte,besonders auch ein allfälliges Desinte-resse an der Behandlung, das ist ganzwichtig!) – Ja, und dann eben behandelnoder überweisen.

SSO: Sie legen offenbar grosses Gewicht auf

die Krankengeschichte?Mettraux: Auf jeden Fall! Nur so kannder Zahnarzt, wenn nötig, später nach-weisen, dass die Parodontitis erkanntund der Patient rechtzeitig informiertwurde.

SSO: Die Sensibilisierung der Allgemein-praktiker für das Parodont und für ihre Ver-antwortung: Hat das Folgen für die Speziali-sten?Mettraux: Ja. Es gibt mehr Überweisun-gen.

SSO: Also sehr erfreulich?Mettraux: Ja und nein! Vor allem zweiProbleme machen mir zu schaffen: DieLangzeit-Betreuung und der verschlepp-te Fall.

SSO: Die Langzeit-Betreuung?Mettraux: Ja. Leider ist die Parodontitisnach abgeschlossener Behandlung nichtausgeheilt wie eine Erkältung. Das Indi-viduum, das eine Parodontitis entwickelthat, ist lebenslang dafür prädisponiert.Ohne entsprechende Nachsorge kann esleicht zum Rezidiv kommen. Und genauhier liegt die Crux: Nachsorge heisst:engmaschige Kontrollen und, um IhreWorte zu gebrauchen, Putzen, Putzen...Wer zur Risikogruppe gehört, brauchteinen viel höheren Hygienestandard alsder Nicht-Risiko-Typ.

SSO: Das heisst für Sie?Mettraux: Damit kommen wir auf dasThema «Hygieneteam DH–Zahnarzt»zurück. Nachsorge heisst: DH-Stundennoch und noch. Zur Illustration: Wollteich alle mir anvertrauten Parodontalpa-tienten in meiner Praxis weiter betreuen,müsste ich eine Hygieneklinik mit ich-weissnichtwievielen DHs betreiben. Dasgilt wohl für alle PAR-Spezialpraxen.

SSO: Der Spezialist muss also notgedrungendie Patienten für die Nachsorge an die über-weisenden Kollegen zurückgeben?Mettraux: Früher oder später, ja. Und injedem Fall muss abgesprochen werden,wie diese Nachsorge aussehen soll undwer wofür die Verantwortung trägt. DerDH-Auftrag und die Behandlungsinter-valle müssen festgelegt werden. All dieseAbsprachen, die Berichte und Telefonate– das ist schon recht happig. Aber mankommt nicht darum herum; sonst kannes passieren, dass der Patient sich gut be-treut wähnt – und zuletzt sitzt er zwi-schen Stuhl und Bank.

SSO: Sie sprachen vorhin vom «verschlepp-ten Fall».

Page 2: Parodontologie und Praxis: Kratzen und Putzen oder was oder wie? · 2016-02-23 · 86 Schweiz Monatsschr Zahnmed, Vol 111: 1/2001 Zahnmedizin aktuell Mettraux: Ja, das ist ein heikles

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Mettraux: Ja, das ist ein heikles Thema.Obschon, wie gesagt, Parodontologie seit30 Jahren oder so ein Prüfungsfach ist,werden noch immer viele Patienten erstin einem fortgeschrittenen Stadiumüberwiesen, in einem Stadium, in demoft ganze Zahngruppen nicht mehr ge-rettet werden können. Wenn sie vonihrem Zahnarzt rechtzeitig informiertwurden und auf eine Behandlung ver-zichtet haben: dann ist es ihr Problem.Wenn nicht: dann ist es mein Problemund das der Vorbehandler. Dann kommtnämlich unweigerlich die Frage: «Warumhat mein Zahnarzt denn nicht schonfrüher...»

SSO: Ich verstehe. Warum ist denn das aberIhr Problem?Mettraux: Das bringt mich in einenLoyalitätskonflikt. Es gibt einen Paragra-fen in der Standesordnung, der es verbie-tet, die Arbeit der Kollegen zu kritisieren,oder so ähnlich.** Wenn ich nun aberden oder die Vorbehandelnden durchverniedlichende Aussagen decke, dannhabe ich die Interessen des Patientenverraten.

SSO: Und? Wie ziehen Sie den Kopf aus derSchlinge?

Mettraux: Indem ich antworte, dass ichden Grund nicht kenne.

SSO: Deshalb also haben Sie vorhin so aufdie Krankengeschichte insistiert: weil einkurzes Gesprächsprotokoll den Zahnarztspäter vor ungerechtfertigten Vorwürfen oderAnsprüchen schützen kann. Haben Sie nochweitere Empfehlungen an Ihre Kollegen?Mettraux: Ach, was heisst Empfehlun-gen – ich mag Schulmeisterei nicht. Abervielleicht soviel: Gerade beim Familien-zahnarzt, der seine Patienten über Jahreoder Jahrzehnte regelmässig sieht, drohtdie Gefahr der Betriebsblindheit. Es lohntsich deshalb, auch langjährige Patientenin gewissen Abständen zu untersuchen,wie wenn es das erste Mal wäre.

SSO: Sie haben da noch eine Broschüre mit-gebracht...Mettraux: Richtig: «Gesundes Zahn-fleisch ist kein Zufall».*** Die Schweiz.Gesellschaft für Parodontologie (SSP)hat sie vor zwei Jahren an die Adresse derPatienten herausgegeben. Durch Wortund Bild wird der Laie mit der Blutungals Frühsymptom einer möglichen Par-odontitis vertraut gemacht. Wir hoffen,damit einen Beitrag zur Verminderung

der schweren, fortgeschrittenen Fälle zuleisten.

SSO: Wollen wir zum Schluss noch einenBlick in die Zukunft werfen?Mettraux (lacht): Sie haben wohl vonder Idee gehört, auf gentechnischem Wegein drittes Set natürlicher Zähne zukreieren? Ich will nichts ausschliessen.Aber bis es so weit ist, werden wir nochlange an der Wurzeloberfläche des zwei-ten Sets hart arbeiten müssen. Wohl wer-den in Entwicklung stehende neue In-strumente und Medikamente diese Ar-beit erleichtern – dafür kommt eine neueWelle Arbeit auf uns zu: Je mehr Implan-tate gesetzt werden, umso mehr Periim-plantitis wird es geben...

SSO: Dr. Mettraux, besten Dank für das Ge-spräch. ■

*** Dr. Mettraux betreibt seit 1985 eineparodontologische Spezialpraxis inBern. Er war von 1996 bis 2000 Präsi-dent der Schweizerischen Gesell-schaft für Parodontologie (SSP.)

*** SSO Standesordnung 98, Artikel 15:«Bei der Beurteilung der beruflichenTätigkeit eines Kollegen übt derZahnarzt Zurückhaltung. Er unter-lässt es, den Kollegen blosszustel-len.» (Die Redaktion)

*** Die Broschüre «Gesundes Zahn-fleisch ist kein Zufall» ist in deutscherund französischer Sprache erhältlichbei: Sekretariat SSP, Section de MédecineDentaire, 19, Rue Barthélémy Menn,1211 Genève 4, Tel. 022. 382 91 45.

Die Begriffe «Zahnarzt» und «Patient» sindgeschlechtsneutral gebraucht.

«Junior Investigator» – Preis derSchweizerischen Gesellschaft für Rekonstruktive Zahnmedizin (SSRD)

Der Fonds der SSRD hat einen Preis ausgeschrieben, der die beste Arbeit auf demGebiet der zahnärztlichen Prothetik oder einem Grenzgebiet, die von einem jun-gen Wissenschaftler veröffentlicht wurde, mit dem «Junior Investigator Preis» aus-zeichnet.Jeder Schweizer Zahnarzt mit gültigem Universitätsdiplom kann sich für den Preisbewerben, wenn er zur Zeit der Anmeldung nicht mehr als drei Publikationen, we-der als Autor noch als Koautor, veröffentlicht hat. Der Bewerber muss Erstautor derangemeldeten Arbeit sein. Wurde die Arbeit bereits veröffentlicht, darf die Publika-tion nicht mehr als 2 Jahre zurückliegen.

Arbeiten müssen bis zum 1. Juni 2001 dem Präsidenten der wissenschaftlichenKommission:Prof. Dr. Matthias BickelZahnmedizinische Klinik der Universität Bern ZMKFreiburgstrasse 7Postfach 643010 Bern 10eingeschrieben zugesandt werden.

Ein Begleitbrief mit Personalien, Curriculum vitae, einer Liste allfälliger Publikatio-nen und einer unterschriebenen Bestätigung, aus welcher hervorgeht, dass der Be-werber das Reglement eingesehen und anerkannt hat, muss beiliegen. Das Regle-ment kann beim Präsidenten der wissenschaftlichen Kommission bezogen werden.Arbeiten können in den Landessprachen sowie in Englisch geschrieben werden.

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«Angst», sagt Ruedi Baumann, der imMedizinischen Kurszentrum «Trummle-hus» in Langenthal Kurse aus der Praxisund für die Praxis veranstaltet, «Angst istnicht einfach negativ. Es handelt sich umeine ganz normale biologische Schutz-funktion in Situationen, die als bedroh-lich und unangenehm empfunden wer-den». Mit dieser Erkenntnis macht derZahnarzt oder die Zahnärztin den erstenSchritt hin zu einem bessern Verständnis

für die Angst des Patienten. Und damitauch zu einem bessern Verständnis seinereigenen Angst und seiner Ratlosigkeitangesichts eines zitternden, blassen,manchmal würgenden und oft extremschmerzempfindlichen Menschen, in des-sen Mundhöhle er arbeiten soll.Wie aber kann diese Angst beidseitig ab-gebaut werden? Die überraschende Ant-wort von Jakob Röthlisberger, Langnau:Eine entspannte Behandlung ist nicht

allein mithilfe einer isolierten Technikmöglich, sondern nur innerhalb einesvon Ruhe, Respekt, Einfühlungsvermö-gen und Vertrauen geprägten Praxiskli-mas. In dieselbe Richtung geht die Erfah-rung des Kieferorthopäden und Kinder-zahnarztes Beat Widmer, Suhr, der beiseiner Arbeit mit Kindern von «Psycho-prophylaxe» spricht. Darunter verstehter: auf verbaler wie auf nonverbaler Ebe-ne die Vermittlung eines Gefühls der Ge-borgenheit; die altersgerechte Erklärungder Behandlungsabläufe; geschickte Ab-lenkung vom eigentlichen Geschehen;Zeichen der Anerkennung.

Schnelle Wirkung – schneller RückgangAls wichtige «Hilfsmittel», die – alleinoder kombiniert – die Patienten dabeiunterstützen, sich zu entspannen, wur-den in Langenthal Hypnose und Lachgasvorgestellt: Beide sind altbekannt undaltbewährt, beide standen über längereZeit etwas in Verruf, beide stossen heutezunehmend wieder auf das Interesse vonMedizin und Zahnmedizin. In den USAbeispielsweise arbeiten heute 30 bis40 Prozent der Zahnärzte wieder mitLachgas.Die Bedingung: Beide Techniken müssenvollständig beherrscht werden. Wer sieanwendet, muss über Indikationen undKontraindikationen Bescheid wissen.Die Erfahrung: Das zahnärztliche Teamkann stressfrei am entspannten, aber an-sprechbaren Patienten arbeiten, dessenSchmerzschwelle deutlich erhöht ist: Sosind, wie die Hypnosespezialistin BeaBucher, Basel, beobachtet hat, für Extrak-tionen zwar Lokalanästhetika erforder-lich, die gewöhnliche konservierende Be-handlung ist aber zum grossen Teil ohneSpritze möglich. Sowohl bei der Arbeitmit Lachgas wie mit Hypnose tritt dieWirkung rasch ein und verliert sich nachAbschluss der Behandlung wieder rasch.Die wirtschaftliche Bilanz gemäss Erfah-rungen von Kursteilnehmern: Der Zeit-aufwand dürfte beim ersten Mal etwasgrösser sein als bei einer Lokalanästhesieohne entspannenden Einstieg. Danach

Der behutsame Umgang mit Angst braucht Zeit – und spart Zeit

«Schmerz und Angst»Christine Iselin-Kobler

Ein Patient, der am liebsten noch unter der Tür seinem Fluchtbedürfnis nachgäbe und danachmit schreckgeweiteten Augen und verkampften Händen auf dem Stuhl sitzt: Jede Zahnärztinund jeder Zahnarzt kennt die Situation. An einem Kurs in Langenthal regten Praktiker zusanften Methoden im Umgang mit Angst und Schmerz an. Ihre Bilanz: Am Anfang erfordertdie Entspannung beispielsweise mittels Hypnose und/oder Lachgaseinsatz etwas Zeit. Län-gerfristig aber ist der Gewinn für alle Beteiligten gross.

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aber, sagt Jakob Röthlisberger, der in sei-ner Praxis täglich drei- bis viermal Sug-gestionen und Lachgas kombiniert, «istder Zeitaufwand für mich bei schwieri-gen Patienten kleiner als ohne Lachgas».

Kritische PatientenIn Selbstversuchen konnten die Kursteil-nehmer und -teilnehmerinnen erfahren,wie sie sich in der Rolle des Patientenfühlen, dem ein Zahnarzt Lachgas verab-reicht und gleichzeitig behutsam völligeEntspannung suggeriert und sie vertieft.Der Lachgasanteil im Gemisch Sauer-stoff/Lachgas wird dabei langsam er-höht, bis die – geringe – Standarddosie-rung erreicht ist. Als Grundregel gibtJakob Röthlisberger an: Im Zweifelsfallsei die Dosierung niemals zu erhöhen,sondern immer zu reduzieren. Zur Aus-leitung und Erholung nach der Behand-lung erhält der Patient Sauerstoff allein;den Schluss bilden ein Gespräch und dieRückmeldung durch den Patienten. Die-

se fiel nach der «Vorführbehandlung» inLangenthal rundum gut aus – obwohl dieLernenden kurz zuvor selbstironischfestgestellt hatten, die heikelsten Patien-ten seien die Zahnärzte selber!Trotzdem: Noch immer laufen Kurse zurein technischen Fragen den in psycho-logisch-therapeutische Bereiche vor-stossenden Weiterbildungsangebotenden Rang ab, wie der Leiter des Kurs-zentrums in Langenthal erfahren hat.Lediglich ein Dutzend Interessiertemochten sich mit der Angst – ihrer eige-nen und derjenigen der Patienten – unddem Schmerz auseinander setzen. Werallerdings den Versuch einmal gewagthat, wird möglicherweise auf diesemWeg weitergehen: Nicht nur, weil er dieErfahrungen als überzeugend beurteilt,sondern längerfristig durchaus auch aus

materiellen Überlegungen heraus, wieam Kurs im «Trummlehus» festgestelltwurde; denn das Interesse der Patientenfür schmerzfreie Behandlungen istgross.

Kontakte:Informationen zum Thema «Angst undSchmerz» sowie die Kontaktadressen derReferentin und der Referenten sind er-hältlich bei: Ruedi BaumannMedizinisches Kurszentrum «Trummlehus»Postfach4901 LangenthalTelefon: 062/922 17 39Fax 062 922 74 10 ■

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Mit der vollumfänglichen Finanzierungüber Zuwendungen und Spenden vondritter Seite ist es Professor Daniel Busergelungen, innert knapp acht Monatenaus einem alten Hörsaal ein nach neus-ten technischen Feinheiten eingerichte-tes Auditorium zu realisieren. Der positi-ven Einstellung durch die Universitäts-leitung gewiss, projektierte und realisierteBuser zusammen mit guten Architektenseinen Plan, nämlich ein topmodernesAuditorium zu bauen. Dieses neue Audi-torium ist das Herzstück für die vom Res-sort Fortbildung angebotenen Weiterbil-dungskurse. Zu Ehren des grossen For-schers und Lehrers wurde das neueAuditorium André Schroeder Audito-rium getauft. Seit 1997 haben die Zahn-medizinischen Kliniken der UniversitätBern über 50 Kurse veranstaltet. Höhe-punkt war das im Dezember 1999 durch-geführte Bone-Symposium mit 980 Gäs-

ten aus 42 Ländern, aus welchem einÜberschuss von Fr. 100 000.– resultierte.Diesen abzutragen fiel dem gelerntenZahnarzt offenbar gar nicht schwer, wieChristian Schäublin den Projektinitiatorbeschreibt. «Normalerweise muss ich mitleeren Händen die Meute ermuntern, daszu tun, was zu tun ist», schildert der Uni-rektor seine tägliche Arbeit.Was aus Überschuss, Zuwendungen undSpenden Schönes gemacht werdenkann, durfte Professor André Schroedermit Familie persönlich erleben. Schülerund Lehrer haben einen einzigartigenLabel entwickelt, dessen Wirkung sichbereits bei der Donatorensuche bemerk-bar machte. Der Name des ehemaligen

hindeuten, dass hier beste Qualität anFachwissen vermittelt wird?Wir haben die Aufgabe so zu lösen ver-sucht, indem wir mit dem Mittel des Vor-hangs eine theatralische Inszenierung

Einweihungsfeier André Schroeder Auditorium

Auf Überschüssen sitzenAnna-Christina Zysset

«Auf Überschüssen sitzen und sich fragen, was man tun soll.» Mit diesen Worten begrüssteProfessor Dr. Christian Schäublin die zur Eröffnungsfeier geladenen Gäste. Mit einer ge-bührenden Feier, an der alle am Projekt Beteiligten und die grösseren Spender eingeladen wor-den sind, wurde das topmoderne André Schroeder Auditorium an den ZahnmedizinischenKliniken der Universität offiziell eingeweiht.

Prof. André Schroeder

Prof. Christoph Schäublin, Rektor derUniversität Bern

Drei ausländische Gäste: Dr. J. Beagle,Prof. D. Cochran und Dr. C. ten Brug-genkate

Gedanken und Erläuterungen zur Neugestaltung des Foyers und des André Schroeder AuditoriumsB. Gysin

Mit der exklusiven Farbwahl für den neuen Hörsaal, nämlich Veilchenblau, setzte BéatriceGysin, Kunstschaffende, Atelier Hofenmühle in Wohlen Be, Akzente im neugestalteten Audi-torium der Zahnmedizinischen Kliniken der Universität Bern. Hier die von ihr gehalteneRede zur Eröffnungsfeier am 21. November 2000.

Wie gestaltet man einen Eingangsbereichzu einem attraktiven Empfangsraum um,wenn die Haustechnik dominiert wie ineinem Keller? Wie stimmt man die An-

kommenden darauf ein, dass sie hier In-formationen bekommen, auf dem aktu-ellsten Stand der Wissenschaft? Sollnicht bereits der Empfangsbereich darauf

Dekans der medizinischen Fakultät bürgtin nationalen und internationalen Fach-gremien für Qualität. Schroeders umfas-sende wissenschaftlichen Kenntnisseund grosse klinische Erfahrung sowieseine Begeisterungsfähigkeit und seinWitz hatten seine Lehrtätigkeit geprägt.Mit dem Auditorium André Schoeder hatBern einen wesentlichen Akzent gesetzt.Der neukonzipierte Regieraum, ganz inschwarz, ist mit modernsten Projek-tionsgeräten wie Hochleistungsbeamer,VHS-Recorder, Fernseher, CD-Playerund Internetanschluss ausgestattet. Er-möglicht wurde dieses Projekt dankSpenden aus der ganzen Welt. NebenGönnerbeiträgen der Dentalindustrie,von Stiftungen und Berufsverbänden ha-ben auch über 250 Privatzahnärzte einenpersönlichen Beitrag geschickt. Selbstaus dem Ausland trafen Checks vonZahnärzten ein, die einen Teil ihrer Aus-und Fortbildung in Bern absolviert hattenund mit dieser Geste ihre Verbundenheitund Dankbarkeit ausdrücken wollten.Die SMfZ wünscht dem Initiator, näm-lich dem frisch gewählten Ordinarius fürOralchirurgie und Stomatologie, Freude,anhaltende Begeisterungsfähigkeit fürForschung, Lehre sowie Unternehmer-geist. ■

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wagten. Die Reminiszenz an das Theaterist durchaus beabsichtigt: Der Auftragwar, etwas Aussergewöhnliches zu ge-stalten. Der Vorhang wird sich jedochnicht öffnen, denn die Vorstellung findetim Auditorium statt. Der schillernde Stoffdeckt lediglich das grosse Wandbild zu.Dieses erscheint nur noch bruchstück-haft. Das Bruchstückhafte ruft nach Er-gänzung. Wenn die versteckten Bildteiledurch die Betrachtenden in ihrer Vorstel-lung ergänzt würden, entstünde dann soetwas wie ein virtuelles Kunstwerk.Die Farbe des Vorhangs wurde im Innen-raum weitergeführt. Die Besucherinnenund Besucher sollen nicht aus der erwar-tungsvollen Stimmung herausgeholtwerden, wenn sie das Auditorium betre-ten. Zugegeben, es ist eine ausserge-wöhnliche, eine exklusive Farbe. Veil-chenblau. Eine Farbe der Tiefe und derWeite. Wenn Sie bei Tageslicht hier he-reinkommen und zuerst überrascht sinddurch den weiten Blick nach draussen,auf die Bäume, auf die nahe Umgebung,können Sie in der Wandfarbe eine Ergän-zung zur Farbe des Himmels draussenentdecken. Und wie in der Natur, bedingtdurch das unterschiedliche Tageslicht,verändert sich auch im Innenraum dieFarbe im Wechsel vom natürlichen Lichtzum Kunstlicht. Wenn tagsüber das Bläu-liche dominiert, leuchtet im Kunstlichtein rötlicher Schimmer auf. Farbe ist stetsim Entstehen begriffen. Sicher werdenSie sich in dieser Farbstimmung gut kon-zentrieren können. Und problemlos wer-den Sie es schaffen, zwei sich normaler-weise ausschliessende Dinge gleichzeitigzu tun: seriös arbeiten und blau machen.Als ich das Auditorium das erste Mal be-trat, gab es hier eine Reihe beein-

druckender Porträts mit breiten Passe-partouts, goldgerahmt, beschriftet mitKarolinger-Minuskel. Ich liebe Fotografi-en. Sie sind eingefrorene Augenblicke imLebensfluss eines Menschen. Diese Pro-fessoren und Klinikdirektoren schienenmir jedoch etwas einsam in ihren Gold-rahmen, und ich habe vorgeschlagen,dass sie näher zusammengerückt wer-den. Eine Gruppe verdienstvoller Män-ner auf dem Höhepunkt ihrer Karriere.Aber Kunst muss Fragen stellen: Ich be-trachtete die einzelnen Bilder genau, be-gann mir die vielfachen Lebenshinter-gründe zu den einzelnen Gesichtern vor-zustellen. Und aus dem Resultat einesflüchtigen Augenblicks beim Fotografenwurden Menschen, die einmal Kinderwaren, die Geschwister und Spielgefähr-ten hatten, die eingebettet und be-

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schenkt waren mit einem Familienum-feld, das Entwicklungen zuliess, die zuSpitzenleistungen führen können. DasResultat meiner Imagination sehen Sie inder dritten Bildergruppe. Wenn dieseFragen provozieren, ist dies durchausbeabsichtigt. Der mittlere Block ist nochmehrheitlich leer. Er wird sich mit derZeit bebildern und erinnert daran, dasswir stets in einem Prozess drin sind, denwir kaum überblicken können. DenkenSie an das kühne Vorhaben eines Ka-

thedralbaus: Diejenigen, die bei derSteinsetzung dabei waren, konnten nichtwissen, wie das Werk einmal aussehenwird. Und jene, die es beendeten, habenlängst den Bezug zu den Anfängen derIdee verloren. Aber jeder Beitrag warnötig zur Verwirklichung des Gesamten.Ich freue mich, wenn meine Gestal-tungsarbeit zum Gelingen Ihrer Visionund Ihres Auftrags beiträgt. ■

wäre wesentlich wirkungsvoller als nochso viele Vorschriften und Kontrollen.

4. Die Ausgaben werden weiter stei-gen.Die demografische Entwicklung, vor al-lem aber die Fortschritte in Medizin-Wissenschaft und -Technik bedingen,dass die Kosten des Gesundheitswesensweiter steigen werden, und zwar weiter-hin stärker als das Volkseinkommen. Die-se Feststellung ist eine alte Leier; trotz-dem kümmert sich niemand darum, wieman in Zukunft mit dieser Entwicklungumgehen will. Dass man sie einfach mitden heutigen Strukturen bewältigenkann, scheint doch fraglich.

5. Die Politik ist völlig auf die Ausga-bensteigerung fixiert.Die Politik hat Jahre damit verplempert,untaugliche Vorstösse gegen die «unzu-mutbaren Krankenkassenprämien» zudiskutieren. Was war da nicht alles zuhören! Aus den letzten rund 12 Monatensei nur erinnert an Globalbudgets, Ge-bietsmonopole, Tiers payants, Aufhe-bung des Kontrahierungszwangs, Zulas-sungsstopp zur sozialen Krankenversi-cherung. Die Mehrzahl dieser Vorstössezielt darauf ab, zu korrigieren, was diePolitik seinerzeit verschlampt hat: dieEinführung eines Numerus clausus fürdas Medizinstudium. Es wäre unseremVolk zu gönnen, wenn seine Vertreterbald wieder prospektiv und fundiert überden sich tatsächlich stellenden Proble-men brüten würden – und das sind ebennicht nur Probleme der Finanzierung.

6. Die positiven Seiten und die ge-samtwirtschaftlichen Effekte des Ge-sundheitswesens werden nicht be-achtet.Die Qualität des Gesundheitswesens istkaum je Gegenstand politischer Debat-ten. Sie ist es allenfalls dann, wenn esdarum geht, den Leistungserbringernweitere Fesseln anzulegen, z.B. in Formvon Auflagen in der Weiter- und Fortbil-dung. Auch das Argument der Arbeits-plätze wird kaum je vorgebracht, unddoch ist das Gesundheitswesen mit sei-nen weit über 300 000 Arbeitsplätzeneine der wichtigsten Branchen unsererWirtschaft.

7. Politische Eingriffe gefährdenQualität und Bestand des heutigenGesundheitswesens.Politische Eingriffe ins Gesundheitswe-sen sollten obligatorisch einer «Gesund-heitsverträglichkeitsprüfung» unterzo-

Zusammenfassung eines an der Präsidentenkonferenz SSO vom 17./18. November 2000gehaltenen Referates

7 Thesen zum GesundheitswesenPeter Jäger

Spricht man vom schweizerischen Gesundheitswesen, so geht es bei Politikern und in den Me-dien meistens um steigende Krankenkassenprämien, überflüssige Spitalbetten, unverschämteArzttarife oder weggeworfene Medikamente. Nur gelegentlich ist Erfreuliches zu hören, soetwa der Umstand, dass die Schweiz eines der weltbesten Gesundheitssysteme habe (wobeiKritiker meist die Ungerechtigkeit der Kopfprämien monieren).

Auf Seiten der Bevölkerung fällt auf, dassder Anteil derjenigen, die sich nicht fürFragen des Gesundheitswesens interes-sieren, von 1997 bis 2000 von 14 auf21 Prozent zugenommen hat; diejenigen,die angeben, «sehr interessiert» zu sein,haben von 33 auf 22 Prozent abgenom-men. Auch die Wahrnehmung der Kran-kenversicherung als finanzielles Problemgeht tendenziell zurück (von 37 auf34 Prozent). Wollen 65 Prozent bei denKrankenkassenverwaltungen und 61 Pro-zent bei den Privatspitälern sparen, sosind es bei den Ärzten nur noch 43, beiden Medikamenten 35 und beim Leis-tungsangebot der Krankenkassen 22 Pro-zent.Es ist unübersehbar, dass gesundheitspo-litische Prioritäten von der Bevölkerunganders eingeschätzt werden als von denPolitikern. Aus diesem Umstand seienhier sieben Thesen zum Gesundheitswe-sen formuliert:

1. Die Leute wollen lieber zahlen alsverzichten.Der Gedanke, in Zukunft eine mögli-cherweise wichtige medizinische Be-handlung nicht zu erhalten, ist offen-sichtlich stärker als der Wunsch, tiefereKassenprämien zu bezahlen. Damit dürf-te bis auf weiteres klar sein, dass einemassive Kürzung des Leistungskatalogeskeine Aussicht auf Erfolg hat. Die Energi-en würden heute besser darauf gerichtet,

das bestehende System zu optimieren,statt um jeden Preis Kostensenkungenanzustreben.

2. Die Gesundheitskosten sind für denNormalhaushalt durchaus finanzier-bar.Mit einem Anteil von 4,67 Prozent amdurchschnittlichen schweizerischen Haus-haltbudget wird man kaum glaubhaft be-haupten können, die Prämien für die fastalles umfassende Grundversicherungseien ruinös. Diejenigen, die sich Spital-Zusatzversicherungen gönnen, wendendafür ein weiteres Prozent ihres Budgetsauf.

3. Ausnahmesituationen erfordernAusnahmeregelungen.Wer in unserem reichen Land finanziellnicht in der Lage ist, die Prämien für dieGrundversicherung zu bezahlen, befin-det sich in einer Ausnahmesituation. Ei-ne solche Ausnahmesituation muss mitAusnahmeregelungen schnell und un-bürokratisch beseitigt werden. Unzuläs-sig ist es aber, das ganze System auf eini-ge Ausnahmesituationen auszurichten.Diese grundsätzliche Überlegung mussauch auf Seiten der Leistungserbringergelten: Wer das System missbraucht, sollim Wiederholungsfall bestraft werden,und zwar bis hin zum Entzug der Praxis-ausübungsbewilligung. Die generalprä-ventive Wirkung einer solchen Ordnung

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gen werden. Mit immer mehr zuneh-menden gesetzlichen Auflagen, mit Rap-porten, Formularen und Berichten allerArt verringert sich die produktive Ar-beitszeit des Medizinalpersonals, ohnedass die Aufgaben geschmälert (oder gar

der Tarif angehoben!) würden. Was hierbetrieben wird, ist eine versteckte undäusserst unzweckmässige Rationierungder Arbeitszeit von Ärzten und Pflege-personal. ■

SMfZ: Welche Änderungen in der strategi-schen Ausrichtung gingen mit dem neuenUnternehmen einher?Eine grundsätzliche Änderung in derstrategischen Ausrichtung wurde nichtvorgenommen. Ziel blieb es, die Kundenmit den gewünschten Leistungen und ei-nem attraktiven Preis zu bedienen. Undes sollte auch Platz bleiben, um zukunfts-orientierte Projekte anzugehen.Natürlich ging die Fusion von so vielenverschiedenen Firmen nicht spurlos amUnternehmen vorbei. Das hat die Kala-dent deutlich zu spüren bekommen.Doch ich denke, dass wir unsere Kräftejetzt wieder voll und ganz auf die Gestal-tung unserer Zukunft ausrichten könnenund letztlich innerlich gestärkt und umeinige Erfahrungen reicher aus der Neu-organisation hervorgehen.

SMfZ: Welche Position nimmt die Asklia/Kaladent heute im Dentalmarkt ein?Unser Marktanteil liegt derzeit im Handelbei 45%, und wir möchten ihn mit über-zeugenden Konzepten und differenzier-ten Leistungen weiter ausbauen. Wir stre-ben dabei jedoch keinesfalls eine Markt-beherrschung an. Das würde von unsererKundschaft nicht geschätzt und wäre an-gesichts der zunehmenden Konkurrenzaus dem In- und Ausland auch gar nichtmöglich. Unser Ziel ist es vielmehr, mitguten Produkten und starken Dienstleis-tungen weitere Kundinnen und Kundenzu überzeugen und zu gewinnen.

SMfZ: Wo liegen die Vorteile für Ihre Kun-dinnen und Kunden?Unsere Stärke liegt darin, dass wir dereinzige, wirklich gesamtschweizerischtätige Anbieter sind. Mit unseren siebenNiederlassungen sind wir überall er-reichbar und können unsere Dienstleis-tungen direkt und nahe beim Kundenanbieten. Unsere Logistik – verbundenmit der in der Schweiz einzigartigen E-commerce-Lösung – garantiert Qua-lität und Schnelligkeit. Überdies verfü-gen wir mit 50 top-qualifizierten Techni-kern über eine gut ausgebaute und kom-petente Serviceorganisation. Und nichtzuletzt erlaubt es unsere Marktposition,ein Vollsortiment zu preislich attraktivenBedingungen anzubieten.

SMfZ: Wohin gehen die Entwicklungen imDentalmarkt? Welche Dienstleistungen wirdKaladent in Zukunft ihren Kunden vermehrtanbieten?Zahnärztinnen und Zahnärzte sind kos-tenbewusster geworden und befindensich häufig ebenfalls in einem Konkur-

Verbrauchserhebung 1998

Small is beautiful!

Kaladent zwei Jahre nach der FusionAnna-Christina Zysset

In den letzten 48 Monaten hat sich die Landschaft der Dentaldepots stark verändert. Die neuformierte Asklia-Tochter Kaladent hat ihre anfängliche Marktdominanz mit einem Marktan-teil von 80% verloren und kontrolliert heute nur noch knapp die Hälfte des Marktes. NeueKonkurrenz – zum Teil aus den eigenen Reihen – hat sich gebildet. Sie erkämpfte sich einenfesten Platz im Markt und gewann Umsatz. In dieser neuen Konstellation kamen Preise undMargen stark unter Druck. Alle Depots kämpfen heute um ihre Rentabilität. Der Kuchen istsozusagen neu verteilt.Wie die Kaladent auf der heutigen Basis aufbauen möchte und wie die Zukunft angegangenwird, konnte die SMfZ-Redaktorin vom neuen Geschäfsführer, Manuel Ruchti, erfahren.

SMfZ: 1998 wurde die Medidenta AG in dieAsklia/Kaladent eingegliedert. Die KaladentAG ihrerseits entstand aus einer Verschmel-zung der Dentex AG, Zürich, der Michel& Cie. AG, Bern, der Ernest Muller SA, Lau-sanne, sowie der R. Vix AG, Basel. Was wardas Ziel dieser Fusion?Keine der ehemaligen fünf Firmen wieseine kritische Grösse auf, die es erlaubthätte, auch in Zukunft im Markt beste-hen und die raschen Entwicklungenmithalten zu können. Mit der Fusionwurden mehrere Ziele erreicht: Die Ka-

ladent ist heute gesamtschweizerischtätig und verfügt über eine Ausgangsla-ge im Markt, aus der die Zukunft aktivangegangen werden kann. Ausserdemkonnten auf der Kostenseite durch Zu-sammenlegung der Logistik und ande-rer Funktionen erste Synergien genutztwerden.

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renzumfeld. Auch die Bedürfnisse ihrerPatienten haben sich verändert. Wirmöchten in Zukunft – neben dem eigent-lichen Handel mit zahnärztlichen Pro-dukten und der Serviceorganisation – dieZahnärztin und den Zahnarzt im gesam-ten täglichen Arbeitsumfeld unterstüt-zen, damit sie sich noch besser auf ihrHauptgebiet, die zahnmedizinische Leis-tung, konzentrieren können. Daher erar-beiten wir derzeit mit potenziellen Part-nern neue Geschäftsmodelle für Zahn-arztpraxen. Viele dieser Lösungen basie-ren auf neuen Technologien und dem In-ternet. Diese Projekte erarbeiten wir zu-sammen mit unserem zahnmedizini-schen Fachbeirat .

SMfZ: Gibt es weitere Vorteile, die für Kala-dent sprechen?Sicher! Wir gehen davon aus, dass dieDentalbranche in den nächsten Jahren

europaweit weitere Veränderungen er-fahren wird. Die Kaladent hat bereits ei-nen ersten Veränderungsprozess hintersich und kann aus diesen Erfahrungenlernen. Dank einer etwas breiter abge-stützten Struktur, grossen Kenntnissenunserer Mitarbeiterinnen und Mitarbei-ter und vielen internationalen Kontaktenhaben wir die Möglichkeit, andere Leis-tungen schneller anzubieten. Dies zeigtz.B. unsere E-commerce-Lösung, die alseine der ersten Branchenlösungen über-haupt vor über einem halben Jahr einge-führt wurde und bald in eine nächste, indie dritte Version geführt wird. Heutewerden bereits über 15% unseres Ver-brauchsmaterialgeschäftes über diese In-ternet-Lösung abgewickelt.In dieser Art gibt es noch viele Ideen undKonzepte, die wir im nächsten Jahr imInteresse unserer Kundschaft angehenund umsetzen möchten. ■

handlungsmöglichkeiten können imPrinzip zahnlose Patienten wie teilbe-zahnte Patienten behandelt werden.DAVID MOONEY, USA, berichtete über Ge-webe-Engineering im Kiefer-Gesichts-Bereich. Dabei unterschied er zwischenkonduktiven Methoden (zum Beispielgeführte Knochenregeneration), indukti-ven Methoden (zum Beispiel Zuführenvon Wachstumsfaktoren) und Zelltrans-position.

Die zweite Session befasste sich mit demThema der Behandlungsplanung beimImplantatpatienten. In einem ersten Teilwurde in zwei Vorträgen auf die Bedeu-tung der Risikoabschätzung eingegan-gen. JAN LINDHE, Schweden, beleuchteteanhand eines über 29 Jahre lang doku-mentierten Falles eines Parodontitispati-enten in exzellenter Art die parodontalenAspekte zu diesem Thema. Die schwieri-ge Frage, wann ein Zahn erhalten oderextrahiert werden sollte, beantworteteer in verblüffend ehrlicher Art: I don’tknow. Bei der Lösung eines Falles stelleer sich immer wieder die Frage, wie manes anders oder vor allem besser machenkönne. Faktoren, die die Antwort bezüg-lich Zahnerhaltung/-extraktion beeinflus-sen, sind die folgenden: An erster Stellesteht bei periradikulären pathologischenVeränderungen die Abklärung der Zahn-vitalität, um zu berurteilen, ob die Läsiondurch eine endodontische oder parodon-tale Pathologie verursacht ist. Ist dieLäsion endodontisch oder parodontalbedingt? Ebenso von Wichtigkeit ist einBehandlungsplan, der nicht nur einepunktuelle, sondern eine gesamthafteSicht zu Grundlage hat. Lindhe vertrittden Standpunkt, dass Wurzeln von OK-Molaren so lange wie möglich erhaltenwerden sollten, da häufig ein tief rei-chender Sinus maxillaris eine einfacheImplantation verunmöglicht. Weiterewichtige Faktoren in der Risikoabschät-zung sind die Erwartungen des Patien-ten, die Fähigkeiten des Zahnarztes so-wie die Art des Behandlungsplanes.URS BRÄGGER, Bern, gab eine Übersichtüber die einzubeziehenden Risikofakto-ren (endodontische, prothetische, im-plantologische) bei der Implantatfallpla-nung.In einem zweiten Teil wurden drei Fälleim Plenum von einem Expertengremiumbestehend aus MATEO CHIAPASCO, Italien,URS BRÄGGER, Bern, HERMAN OOSTERBECK,Holland, JAN LINDHE, Schweden, THOMAS

D. TAYLOR, USA, und THOMAS G. WILSON,USA, diskutiert. Für eine lebhafte Dis-kussion sorgten die zwei Moderatoren

ITI World SymposiumEine Symbiose zwischen Wissenschaft, Klinik und Technologie

Hans Peter Hirt, Olten, und Erwin Meier, Rapperswil

Vom 19. bis zum 21. Oktober fand im Luzerner Kultur- und Kongresszentrum das ITI WorldSymposium statt. 2000 Besucher aus allen fünf Kontinenten konnten Neues und Bewährtesaus dem Fachgebiet Implantologie erfahren. Das wissenschaftliche Programm mit verschiede-nen Hauptvorträgen wurde ergänzt durch Kurzvorträge (Parallelveranstaltungen) sowiedurch eine Posterausstellung. Dem Organisationskomitee ist es gelungen, das Fachgebiet derImplantologie unter spezieller Berücksichtigung des ITI-Systems mit internationalen Referen-ten mittels einer breiten Palette von Vorträgen darzustellen.

Die Eröffnungsrede hielt BundespräsidentAdolf Ogi. Er verglich die Erfolgsge-schichte des ITI mit der Erfolgsgeschich-te der Schweiz und dankte in seiner cha-rismatischen und typischen Art all denBesuchern, welche den Weg in dieSchweiz gefunden hatten.

Die erste Session stand unter dem Thema«Was verspricht die Zukunft?» KLAUS

KERNIG, Deutschland, eröffnete dieseSession mit einem allgemeinen undnicht fachspezifisch gehaltenen Referatüber Politik und Technologie. Die techno-logische Entwicklung der Industrie wur-de in einen Zusammenhang gestellt mitPolitik, Massenmedien und Gesellschaft,und die komplexen Zusammenhänge

wurden aus den verschiedenen Blick-punkten erklärt und kommentiert.HARALD LÖE, Norwegen, beschrieb diegrossen Veränderungen der letzten Zeit.Kariesfreiheit ist bei Jugendlichen keineSeltenheit mehr und Parodontitis istnicht mehr der Hauptgrund für Zahnver-lust. Zudem werden immer neue Ent-deckungen in den Bereichen Diagnostik,Materialien und Technologien geschaf-fen, sodass es in Zukunft die Norm seinkönnte, die eigene Bezahnung bis an seinLebensende zu erhalten.DAVID FELTON, USA, zeigte die Verände-rungen in den Behandlungsmodalitätenin der letzten Zeit und die Veränderungen,welche dank der Implantologie möglichwaren. Dank den implantologischen Be-

KONGRESSE / FACHTAGUNGEN

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URS BELSER, Schweiz, und EDWIN ROSEN-BERG, USA, welche die Experten mit grund-sätzlichen Fragen zur Behandlungspla-nung konfrontierten. Am Schluss wurdedie tatsächlich durchgeführte Behand-lung vorgestellt. Das Publikum konntedabei akustisch über die Applausstärkedie Lösung gutheissen oder ablehnen. Eswar erfrischend zu erfahren, dass auchdie Experten sehr unterschiedliche Be-handlungsvorschläge machten und di-vergierende Prioritäten setzten. So zumBeispiel extrahiert T. Wilson im Gegen-satz zu J. Lindhe die OK-Molaren lieberfrühzeitig, um einem parodontalen Kno-chenverlust vorzubeugen oder bei insuf-fizientem Knochenangebot eine Sinus-bodenelevation durchzuführen. Ein an-deres Statement von Oosterbeck war,dass fehlende Zähne keine Krankheitdarstellen. In einem Punkt waren sich al-le einig: eine Diagnose – viele Behand-lungsmöglichkeiten.

Die dritte Session befasste sich mit Hei-lungszeiten und dem Thema der Sofort-und Frühbelastung von Implantaten. DA-VID COCHRAN, USA, wies auf die Vorteileder SLA-Oberfläche bei ITI-Implantatenhin und die dadurch resultierendenMöglichkeiten von verkürzten Einheil-zeiten gegenüber der konventionellenTPS-Oberfläche. Er hat zudem eine Mul-ticenter-Studie von sechs Zentren vorge-stellt. Dabei wurden 372 ITI-Vollschrau-ben-Implantate mit SLA-Oberfläche be-obachtet. Dabei sind drei Implantatenicht knöchern eingeheilt, und bei weite-ren zwei Implantaten konnte die Restau-ration erst nach einer Verlängerung derEinheilzeit durchgeführt werden. In einer

weiteren vorgestellten Feldstudie, welchein 75 Privatpraxen durchgeführt wurde,wurden 1835 Implantate beobachtet, vonwelchen fünf nicht knöchern einheilten.14 Implantate konnten erst nach einerverlängerten Einheilzeit prothetisch ver-sorgt werden. Diese Zahlen zeigen, dassSLA-Implantate zuverlässig einheilen(99%) und gar über 98% nach sechs Wo-chen belastet werden konnten.ROBERT JAFFIN, USA, und YOSHIKAZU

SOEJIMA, JAPAN, berichteten über Sofort-belastung von Implantaten in zahnlosenKiefern. Robert Jaffin berichtete von über30 Patienten mit einem Total von mehrals 200 Implantaten. Um eine erfolgrei-che Behandlung zu erzielen, müssenverschiedene Kriterien beachtet werden,wie zum Beispiel Knochenqualität, An-zahl und Verteilung der Implantate. YOS-HIKAZU SOEJIMA berichtete über seineprothetischen Erfahrungen und die An-forderung bezüglich Stabilität und Pass-genauigkeit an das Provisorium bei einerimplantatgetragenen und sofortbelaste-ten Brücke über den gesamten Zahnbo-gen.

Die Session wurde parallel durchgeführt.Im kieferchirurgischen Modul berichtetenULRICH JOOS, Deutschland, JOHANNES

KLEINHEINZ, Deutschland, REMY BLAN-CHAERT, USA, LEON ASSEAL, USA, undJÖEL FERRI, Frankreich, zu implantologi-schen Themen aus dem Fachgebiet derKieferchirurgie wie Rekonstruktionen vonTumorpatienten, biomechanische Aspek-te von Platten- und Schraubenfixationen,Aspekte der Knochenregeneration unddie Applikation von Distraktoren.

Im parallel dazu laufenden Modul wur-

den Forschungsbeiträge aus dem Fach-gebiet der Implantologie im Rahmen vonKurzvorträgen präsentiert. DANIELE BOT-TICELLI, Schweden, berichtete über dieKnochenheilung bei SLA-Implantaten.Die Implantate wurden in Defektsitua-tionen zusammen mit einer Kollagen-membran eingesetzt, die Tierstudie wur-de histologisch ausgewertet. CHRIS TEN

BRUGGENKATE, Holland, stellte eine Lang-zeitstudie der holländischen ITI-Mitglie-der vor, welche mehr als 15400 Implan-tate umfasst. LEIFF PEARSON, Schweden,berichtete über die Vorzüge der SLA-Oberfläche nach erfolgter Periimplantis-behandlung. Dabei beobachtete er imGegensatz zu glatten Oberflächen eineReosseointegration der SLA Implantate,welche etwa dreifach erhöht war. Mitdiesem Vortrag gewann er einen Preis fürden besten Forschungsbeitrag des ITIWorld Symposiums 2000. PAUL QUINLAN,USA, berichtete über untersuchte SLA-Implantate im Hundemodell. Die Im-plantate wurden nach unterschiedlichenHeilungszeiten untersucht. Dabei be-richtete er selbst nach Sofortbelastungüber eine normale Integration. THOMAS

VON ARX, Bern, stellte eine Hundestudievor, bei welcher Implantate in Defektsi-tuationen eingesetzt wurden und gleich-zeitig eine Kieferkammaugmentation mitverschiedenen Knochenersatzmaterialien(autologer Knochen, Tricalzium-Phos-phat und Bio-Oss in Kombination mitePTFE-Membranen) durchgeführt wur-de. Dabei zeigte autologer Knochen inKombination mit Membranen die zuver-lässigsten Resultate. MARIO ROCCUZZO,Italien, stellte eine Doppelstudie SLAversus TPS vor. DEAN MORTON stellte eineStudie vor mit SLA-Implantaten undverkürzten Einheilzeiten, bei welchennur die Indikation des Einzelzahnersat-zes untersucht wurde. Auch hier konntedie Zuverlässigkeit der SLA Implantatedokumentiert werden. KWON KUNG-ROCK stellte eine Studie vor, bei welcherdie Präzision der Syn-Octa-Transfer-Kappen untersucht wurde. NEIL MEREDITH,Grossbritannien, stellte die Methode derResonanz-Frequenz-Analyse vor. Mit die-ser Methode kann die knöcherne Veran-kerung beurteilt werden. Diese neueMessmethode eignet sich, um zu beur-teilen, ob ein Implantat knöchern einge-heilt ist, ob es zum Beispiel bereits voll-umfänglich belastet werden kann. NINA

TSAI, USA, untersuchte Entzündungszel-len im Bereiche des subgingival liegen-den Microspaltes zwischen Implantatund Sekundärteil. Es wurde kein Unter-schied festgestellt zwischen Implantaten,

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bei welchen das Sekundärteil nach einergedeckten Einheilzeit und einer Distanz-operation oder direkt nach der Insertioneingedreht wurde.

In dieser fünften Session wurde in 20-minütigen Vorträgen über chirurgischeVorgehensweisen bei der Implantatbe-handlung berichtet. JAY BEAGLE, USA,sprach über die Sofortimplantation vonITI- Implantaten in frische Extraktionsal-veolen. Er ging dabei auf die Vorteile derSofortimplantation, auf die Indikationenund Kontraindikationen sowie die chir-urgische Technik ein. Er zeigte jedochauch die Probleme auf, die bei der Sofort-implantation auftreten.GUIDO PETRIN, Deutschland, stellte seineMethode der Kammaugmentation inZusammenarbeit mit DIETER WEINGART,Deutschland, vor. Dabei werden die bes-ten Resultate mit autologem Knochen inKombination mit einer Membran erzielt.Sie geben heute den resorbierbarenMembranen den Vorrang, da sich eineEntfernung erübrigt und weniger Dehis-zenzen auftreten. Sie verwenden Block-transplantate zur Unterstützung einerKollagenmembran, welche ohne Fixationeine genügende Stabilität erlangt.FARHAD BOLTCHI, USA, sprach über plas-tische Parodontalchirugie im Zusam-menhang mit Implantaten. Rezessionenund fehlende Papillen stellen bei Implan-tatversorgungen mit ästhetischem An-spruch Probleme dar. Er strich dabei dieBedeutung der präventiven Mass-nahmen hervor und stellte Techniken mitgestielten und freien Transplantaten zurOptimierung der Ästhetik vor. Bindege-webstransplantate entnimmt er vorzugs-weise am Tuber.STEPHEN CHEN, Australien, präsentierteeine Studie über Sofortimplantationenmit GBR, wobei titanverstärkte e-PTFE-Membranen verwendet werden in Kom-bination mit Bindegewebstransplanta-ten, die das nach der Extraktion beste-hende Weichgewebsdefizit überbrücken.Dadurch wird ein spannungsfreier Wund-verschluss ohne Periostschlitzung mög-lich und das Risiko einer Dehiszenz re-duziert.ROBERTO DEL SARDO, Italien, stellte seineTechnik des Sinusliftes mit Osteotomenfür ITI-Implantate vor. Bei einem redu-zierten vertikalen Knochenangebot von4–8 mm wird der Sinusboden von einemkrestalen Zugang aus durch das Implan-tatbett angehoben. Als Füllmaterial wirdautologer Knochen und Bio-Oss ver-wendet. So kann eine vertikale Augmen-tation von bis zu 5 mm erzielt werden.

KENNETH LEE, Kanada, zeigte seine Fällevon Versorgungen im Oberkieferfront-zahnbereich mit Sofortimplantaten, wo-bei mittels forced eruption die Implan-tatregion vorbereitet wurde.GEORG BACH, Deutschland, stellte eineStudie vor, in der die Laser-Behandlungder Periimplantitis mit der konventionel-len Behandlung verglichen wurde. DieDekontamination mit einem Dioden-La-ser verbesserte dabei die Resultate übereinen Beobachtungsraum von 60 Mona-ten.KARL DULA, Bern, sprach über die radio-logische Abklärung eines Implantatpati-enten. Dabei wies er auf die biologischenRisiken hin, vor allem der CT-Untersu-chung, die eine hohe Strahlenbelastung(ca. 15 Mal mehr als ein OPG) bedeutet.Er gab Empfehlungen über den Einsatzder entsprechenden Röntgentechnikenab.MATEO CHIAPASCO, Italien, stellte die Dis-traktionsosteogenese als neue Methodefür die vertikale Kieferkammaugmentati-on vor. Im Vergleich mit den bisher etab-lierten Augmentationsverfahren zeigteer die Vor- und Nachteile dieser neuenTechnik, die bei geeigneter Indikation er-staunliche Resultate ergibt. Eines derwichtigsten Kriterien ist dabei die Grössedes zu distrahierenden Fragmentes: DieKnochenbreite sollte mehr als 6 mm unddie Lückenbreite mehr als 2–3 Zahnein-heiten betragen.A. STRICKER, Deutschland, berichtete überdie erfolgreiche Anwendung von SLA-

Implantaten in Kombination mit der Si-nusbodenelevation, wobei ein lateralesFenster präpariert und als Füller autolo-ger Knochen aus der Crista iliaca ver-wendet wurde. Sinusschleimhaut-Perfo-rationen, die in einem Drittel der Fälleauftraten, wurden mit Fibrinkleber ver-schlossen. Auf die Anwendung von PRPwurde hingewiesen.ROBERT LAMB, USA, stellte seine Methodein der Versorgung des zahnlosen Patien-ten mit einer festsitzenden Oberkieferre-konstruktion vor. Er verwendet eine amGaumen fixierte Bohrschablone, mobili-siert den Mukoperiostlappen minimal,setzt Massivsekundärteile ein und belas-tet die Implantate sofort über ein zemen-tiertes Brückenprovisorium.PEDRO TORTAMANO, Brasilien, sprach überdie klinischen Kriterien für die Entschei-dung für eine Sofortbelastung der Im-plantate. Wichtige Faktoren sind dieKnochenqualität, die Primärstabilität, dieImplantatoberfläche (SLA) und die Artder Belastung.

Parallel zur chirurgischen Session fandeine prothetisch ausgerichtete Sessionstatt. Die Referenten DANIEL WISMEIJER,Holland, FRANK HIGGINBOTTOM, USA,HIDEAKI KATSUYAMA, Japan, GERY SOLNIT,USA, WOLFGANG TRUMM, Deutschland,ANTHONY DICKINSON, Australien, TAKA-YUKI TAKEDA, Japan, GABRIELE CARUSO, Ita-lien, KERSTIN FISCHER, Schweden, LARRY

BROWN, Grossbritannien, SIEGFRIED

HECKMANN, Deutschland, und RICHARD

Fonds der Schweizerischen Gesellschaft für Rekonstruktive Zahnmedizin (SSRD) für zahnärztliche Forschung

Der Fonds der SSRD bezweckt durch finanzielle Unterstützung die Ermöglichungund Förderung wissenschaftlicher Forschung auf dem Gebiet der zahnärztlichenProthetik.Aus dem Fonds dürfen sowohl Wissenschaftler, die massgebend an Projekten be-teiligt und beschäftigt sind, als auch Geräte finanziert werden. Der Bewerber mussMitglied oder ständiger Gast der SSRD sein. Gesuchsteller, die nicht der SSRD an-gehören, können nur unterstützt werden, wenn mindestens ein SSRD-MitgliedMitwirkender des Forschungsteams ist.Die Gesuche können während des ganzen Jahres beim Präsidenten der wissenschaft-lichen Kommission eingereicht werden, wo auch die notwendigen Unterlagen undFormulare bezogen werden können:

Prof. Dr. Matthias BickelZahnmedizinsche Klinik der Universität Bern ZMKFreiburgstrasse 7Postfach 643010 Bern 10

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KINSEL, USA, waren mit Präsentationenan diesem Block beteiligt.Es wurde über den klinischen Erfolg vonverschiedenen Arten von abnehmbarenSuprastrukturen berichtet. Andere The-men waren die Weichgewebeoptimie-rung mittels Provisorium, Konzepte fürdie Frühbelastung mit dem Syn-Octa-System, Krafteinwirkung auf natürlicheZähne und Implantate, Implantate undOrthodontie, festsitzende Versorgung desOberkiefers mit Metallgerüst in Kombi-nation mit IPS-Empress-2-Keramik undder passive Sitz bei zementierten Supra-strukturen. Die Sofortbelastung der Im-plantate bei Oberkiefer-Totalrekonstruktionen wurde angespro-chen ebenso wie die bei Einzelzahn-implantaten oder die optimale prächirur-gische Planung.

Die sechste Session befasste sich mitdem Thema Ästhetik in der Implantolo-gie. URS BELSER, Genf, und DANIEL BUSER,Bern, zeigten in einem gemeinsamen Re-ferat, dass es für den Behandler immereine Herausforderung ist, ein ästhetischhervorragendes Resultat zu erzielen. Ein-zelzahnlücken zeigen gute Resultate,wenn sie nach dem heute gültigen Kon-zept des restoration-driven implant pla-cement behandelt werden. KlinischeNachuntersuchungen über fünf Jahrezeigten an über 100 Implantaten auch imweiteren Verlauf gute Resultate und auchästhetisch stabile Resultate. Dagegenzeigen sich oft Probleme bei der Versor-gung von Mehrfach-Zahnlücken in derästhetischen Region. Insbesondere ist es

nach heutigem Stand des Wissens sehrschwierig, Papillen zwischen zwei be-nachbarten Implantaten zu erhalten. Beinahem interimplantären Abstand (weni-ger als 2 mm ausgehend von der Implan-tatschulter) resorbiert oft die Knochenla-melle teilweise erst nach der protheti-schen Rekonstruktion. Daraus resultierteine verkürzte Papille und dadurch einkompromittiertes ästhetisches Resultat.Die beiden Referenten zeigten Beispielevon alio loco behandelten Patienten, wel-che sich an der Klinik zur Verbesserungder ästhetischen Situation vorstellten. Daeine nachträgliche Korrektur beispiels-weise von zu nah gesetzten Implantatennicht möglich oder erst nach einer Ex-plantation möglich ist, wurde anhanddieser Beispiele gewarnt. Die Versorgungvon Mehrfachlücken in der ästhetischenRegion ist meist sehr komplex und einungenügendes ästhetisches Resultatkann leicht in einer «Katastrophe» en-den.REGINA MERICSKE, Bern, und DIETER

WEINGART, Deutschland, berichtetenüber Ästhetik bei zahnlosen Patienten.Neben den Kriterien der «intraoralen»Ästhetik sind zusätzlich die Kriterieneiner optimalen Gesichtsästhetik zuberücksichtigen. Insbesondere festsit-zende Rekonstruktionen im Oberkieferstellen für den Behandler eine grosseHerausforderung bezüglich Anzahl derImplantate sowie der exakten Implantat-position dar. Zudem sind in einigen Fäl-len orthognate Eingriffe notwendig, umein zufrieden stellendes Resultat zu er-halten. Patienten mit Defektsituationen

oder Atrophien zeigen oft zuverlässigereResultate, sofern sie mit Hybridprothe-sen versorgt wurden. HerausnehmbareProthesen zeigen auch Vorteile bei pho-netischen Problemen, und die Hygienedes Patienten ist bei hybridprothetischenArbeiten oft einfacher.STEPHEN DOVER, Grossbritannien, zeigteim abschliessenden Referat die Behand-lungsmodalitäten von extraoralen Epi-thesen, welche bei Patienten mit konge-nitalen Defekten, bei Status nach Traumaoder nach Resektionen zur Anwen- dungkommen. Solche Epithesen werden nachMöglichkeit mit Hilfe von osseointe-grierten Implantaten verankert und wer-den selbst bei Patienten, welche eine Ra-diotherapie durchlaufen haben, ange-wandt.

Das ITI World Symposium in Luzern be-leuchtete in einer sehr konzentrierten Formalle Bereiche der oralen Implantologie. DasThema ist bei vielen Kollegen auf grosses In-teresse gestossen. Das Kultur- und Kongres-szentrum in Luzern war bis auf den letztenPlatz ausverkauft. Das nächste ITI WorldSymposium findet im Jahre 2002 in SanDiego statt.Der Kongress wird zudem auf CD publiziert,dem interessierten Leser ist es dadurch mög-lich, die Vorträge mit Originalbildern undTon zu Hause im Detail zu studieren. DieCD wird für SFr. 150.– durch das InstitutStraumann in Waldenburg vertrieben. ■

Adhäsive Restauration: State of the ArtFelix Stutz, Winterthur

Mit Hilfe modernster, multimedialer Digitaltechnik präsentierte Prof. Dr. Ivo Krejci (Vorste-her der Division für Kariologie, Endodontologie und Kinderzahnmedizin der UniversitätGenf) am Samstag, den 2. Dezember im Vivadent Training Center in Schaan eine kurzweiligeund hochinteressante Weiterbildung zum Thema: Adhäsive Restauration, State of the Art. DieHauptschwerpunkte waren thematisch gegliedert nach Fissurenversiegelung, Oberflächen-konditionierung, direkte und indirekte adhäsive Restauration.

In einer einleitende Feststellung betonteProf. Krejci, dass in der restaurativenZahnmedizin dem Zeitfaktor und derkorrekten Verarbeitung des Materials ne-ben der richtigen Indikation zur Res-tauration eine Schlüsselrolle zukommt.Die Materialdiskussion ist dabei eher se-kundär.Gegliedert nach den drei StandardsSchutz der Zahnhartsubstanz, funktio-

nelle und ästhetische Restauration er-folgte eine Bewertung der Materialgrup-pen. Zum Thema Amalgam wurde aufdie häufige Rissbildung in der Zahnhart-substanz auf Grund von merkuroskopi-scher Expansion hingewiesen, die lang-fristig zu Teilfrakturen der Zahnhartsub-stanz führen. Ein ähnlicher Vorbehaltbesteht gegenüber Keramikinlays und -onlays auf Grund ihres extrem hohen

E-Moduls. Compomere eignen sich nichtfür die definitive Versorgung im bleiben-den Gebiss. Demgegenüber sind sie inMilchzähnen indiziert. Im Übrigen ist dieklinische Relevanz ihrer Fluoridfreiset-zung umstritten. Komposit ist laut Prof.Krejci ein universelles Restaurationsma-terial für viele Indikationen, mit Ausnah-me der Veneers, wo Keramik auf Grundder besseren Oberflächenbeschaffenheitbevorzugt wird.

FissurenversiegelungenDer Langzeiterfolg der Fissurenversiege-lung wird durch die Applikationstechnikerzielt. Grundsätzlich sollen Fissuren nichtmehr mit der Sonde sondiert werdenund Versiegelungen nur unter optimalenBedingungen, d.h. Kofferdam-Applika-tion, gelegt werden. Die Kariesdiagnostikin der Fissur erfolgt optisch mit Hilfe von

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Lupenbrillen oder des OP-Mikroskopsund mittels Laserfluoreszenz als secondopinion. In der Phase des Zahndurch-bruches werden Fluoridlacke appliziert.Legen von Sealern im okklusalen Kon-taktpunktbereich führt zu Frakturen desVersieglers und nachfolgend zu Undich-tigkeiten und zu Sekundärkaries. Des-halb ist der Fissurenversiegler sehr ge-zielt in geringer Dicke in die Fissur zu ap-plizieren. Das Reinigen der Fissuren mitBimsstein unter Verwendung der Lupen-brillen oder noch besser mit Al2O3 wirdempfohlen. Das Operationsmikroskopwurde als Option gezeigt. Um eine maxi-male Penetration des Gels ins Fissuren-system zu erreichen, bietet sich die Ver-wendung eines Ultraschallansatzes wiebei der Inlayzementierung an. Zwischenden verschiedenen Fissurenver-sieglerarten chemisch härtend, lichthär-tend, gefüllt oder ungefüllt gibt es in derLiteratur keine wesentlichen Unterschie-de. Das Helioseal Chroma erlaubt durchdie temporäre Kontrastfärbung währendder Lichtpolymerisation eine optimaleKontrolle der Applikation und eine zu-verlässige optische Kontrolle im Recall.Ein Recall innerhalb von 6 Monaten undein Nachsealing bei allfälligen (Teil-)Ab-platzungen ist notwendig. In diesem Zu-sammenhang verwies Krejci darauf hin,dass experimentell bereits auf eine inter-dentale Versiegelung hingearbeitet wird:Produkte auf der Basis kationischer Poly-merisation werden im Labor getestet.

BondingDas selektive Bonding-Prinzip ist für«Adhäsive Restaurationen» und für kon-ventionelle Kompositfüllungen im Sei-tenzahnbereich State of the Art. NachKavitätenpräparation erfolgt deren Ver-siegelung mit einem Dentinadhäsivsys-tem. Nach der Polymerisation der Bon-dingschicht erfolgt die trockene, selektive

Nachpräparation der Schmelzrand- par-tien und der approximalen Dentinstufenmit rotierenden, bzw. ultraschall-oszillierenden, diamantierten Instru-menten. Nach Ätzung des Schmelzes mitH3PO4 werden die approximalen Den-tinstufen nochmals konditioniert und ge-primt. Anschliessend werden Schmelz-rand- und Dentinrandbereiche mit Bon-ding benetzt und dieses wird lichtpoly-merisiert. Während dieser Arbeitsschrittewerden keine Matrizen verwendet, umeine «Seenbildung» im Kavitäteninnernzu vermeiden. Erst nach erfolgter Etab-lierung der Haftung geht man zumAnlegen eines Teilmatrizen-/Keilsystemsfür die Kavitätenfüllung über. Das Ab-sprayen der geätzen Schmelzränder kon-taminiert die Oberfläche der Dentinver-siegelung im Innern der Kavität. Zwi-schen Komposit und Dentinversiegelungentsteht dadurch eine Art Stressbreaker.Bei den echten One-bottle-Systemensind Konditionierung und Benetzungin einem Schritt zusammengefasst. DieSchichtbildung wird dadurch erreicht,dass das Material erneut aufgetragenwird, wobei es nach jeder Applikationpolymerisiert werden muss. WerdenOne-bottle-Systeme korrekt angewen-det, ist meist kein Zeitgewinn gegenüberkonventionellen Adhäsivsystemen zu er-reichen.Der Verwendung von Flowables zurKavitätenunterfüllung (elastic bonding)steht Krejci kritisch gegenüber, weil ers-tens eine hohe Schrumpfung auftritt undzweitens der elastische Bonding-Effekt(E-Modul) kaum so hoch ist, dass eineelastische Kompensation der Polymeri-sationsschrumpfung erfolgt.Eine Frage aus dem Publikum betrafdas Ätzen sklerosierten Dentins: Ist dieÄtzung mit konditionierendem Primerausreichend? Laut Krejci ist die Literaturin diesem Punkt kontrovers.

Postoperative SchmerzenEine interessante Hypothese von Krejciist, dass die intratubuläre Flüssigkeitsver-schiebung, welche für die postoperativenBeschwerden verantwortlich ist, insbe-sondere dann auftritt, wenn eine maxi-male Randabdichtung der Füllung erfolgtist und gleichzeitig die Dentintubuli amKavitätenboden durch ein Abreissen desDentinadhäsivs an dieser Stelle offen lie-gen. Eine optimale Dentinversiegelung(selective bonding) hilft dies zu vermei-den. Die Abdichtung des Dentins mitGlutaraldehyd (GLUMA) zur Dentinver-siegelung ist eine weitere, allerdings we-niger wirksame Methode. Krejci emp-fiehlt bei Zahnhalsüberempfindlichkeiteher das Anbringen einer adhäsiven Po-lymerschicht (z.B. Seal & Protect Dents-ply). Zu einer Zwischenfrage zur Verwen-dung von Carisolv und der Verlässlichkeitder Dentinhaftung erläuterte Krejci, dassCarisolv nicht vollständig selektiv auf ka-riöses Gewebe wirkt und dass zudem di-verse Haftsysteme nicht kompatibel mitCarisolv sind.

Direkte PulpaüberkappungenEin zurzeit kontrovers diskutiertes The-ma ist die direkte Pulpaüberkappungdurch Dentinbonding. Krejci als ein Ver-fechter dieser Methode weist auf grund-legende Indikationen und Kontraindika-tionen hin: Die Läsion soll minimal seinund nicht bluten. Vorgängig darf keineÄtzung der Kavität mit H3PO4 stattfin-den und die Dentinhaftung soll im Selec-tive-bonding-Prinzip erfolgen. Das Alterdes Patienten ist nicht entscheidend. DieVerwendung von H2O2 oder NaOCl zurReinigung der Kavität ist nicht ange-bracht, da sie die Dentinhaftung negativbeeinflussen kann. Die Verwendung vonoberflächlich wirkenden Lasern (wiez.B. supergepulster CO2) zur Blutstillungscheint zu funktionieren und ist zurzeit

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in Untersuchung. Gegen die direkteÜberdeckung der Pulpa mit CaOH2

spricht die Hohlraumbildung infolge derResorption des Materials und die poröseund undichte Struktur des durch CaOH2

induzierten Tertiärdentins.

Adhäsive RestaurationenBei adhäsiven Restaurationen ist mini-mal invasives Vorgehen oberstes Gebot,und zwischen initalen Präparationen(Erstversorgungen) und Präparationenbei Füllungsersatz (Zweitversorgungen)ist strikte zu unterscheiden. Eine tropfen-förmige Präparation mit Randabschrä-gung ist bei mittelgrossen Erstversorgun-gen State of the Art. Bei dieser Art derKavitätenpräparation ist die Schichttech-nik sekundär. Bei der Zweitversorgungwird von einer kastenförmigen Kavitätausgegangen. Hier muss die marginaleAdaptation in der Regel über eine auf-wändige Schichttechnik optimiert wer-den. Zur Präparation der interdentalenPartien werden Ultraschallansätze emp-fohlen, um eine optimale Randgestal-tung unter maximaler Schonung der Ge-genzähne zu erreichen.

FarbwahlIm Seitenzahnbereich hat sich für denDentinkern die Verwendung von TetricCeram A3.5 D oder A3 D und für dieSchmelzpartien Tetric Ceram transparentbewährt. In den kommenden Monaten

wird laut Krejci im Bereich der Farben ei-niges in Bewegung geraten.

LichtpolymerisationEin wesentlicher Punkt bei der Polymeri-sation ist die Schrumpfung des Kompo-sits und der daraus resultierenden Vor-spannung der Kavitätenwände. Eine kor-rekte Schichttechnik hilft diesen Stresszu minimieren.Vorgestellt wurde die ver-tikale Methode mit Lichtkeilen und vor-geformten transparenten Teilmatrizen.Die Verwendung von Metallmatrizen istnur bei «Adhäsiven Restaurationen» miteiner deutlichen Randschrägung zuempfehlen. Beim so genannten «softlight curing» ist die marginaleAdaptation unmittelbar nach dem Legender Füllung gegenüber der konventionel-len Polymerisationsmethode leicht bes-ser. Die Werte der marginalen Adaptationgehen jedoch nach Kaubelastung aufähnliche Werte wie beim «full light cu-ring» zurück.Ein grosses Nein gab es für Plasmalam-pen infolge fehlender Tiefenhärtung undinfolge schlechterer marginaler Adaptati-on. Hingewiesen wurde von Krejci aufdie neue Generation der LED-Lampen.Die zurzeit auf dem Markt befindlichenSysteme sind in ihrer Leistung noch zuschwach, leistungsfähigere Geräte sindbereits angekündigt. Sie könnten dennächsten Technologiesprung in derLichtpolymerisation ermöglichen. ■

klassischen Brånemark-Implantat mehrals verdoppelt und beträgt bei den Brå-nemark-NovumTM-Implantaten 1,5 mm.Eindrücklich wurde anhand des Videosdas subtile chirurgische Vorgehen ge-zeigt. In kleinsten Schritten wird mittelsvier Schablonen-Typen und zwei para-median, temporär gesetzten Stabilisie-rungsschrauben das Implantatbett an ge-nau definierten Orten vorbereitet. DieZeitdauer für das Setzen der 3 Implanta-te beträgt durchschnittlich 2 Stunden.Nur für erfahrene Implantologen ist die-se komplexe chirurgische Technik zuempfehlen. Eine vereinfachte Prothetikmacht den grossen operativen Zeitauf-wand wieder wett, so entfällt zum Bei-spiel die Abdrucknahme, da mit vorge-fertigten Primär- und Sekundärgerüstengearbeitet wird. Sehr wichtig und vonentscheidender Bedeutung für den Be-handlungserfolg ist einmal mehr diepräprothetische Planung, die auch mitHilfe von Röntgenbildern (OPT, FR, Auf-biss) durchgeführt wird. Als Vorteil für die«Same-Day-Teeth» sieht der Referentdas Bestehen von vorgefertigten Gerü-sten und Schablonen, das die Prothetikvereinfacht, mit entsprechender Redukti-on der Behandlungszeit und -kosten. Als Nachteile wurden erwähnt:Das Gerüst diktiert die Fixturen-Position,das bedingt interforaminal einen idealenu-förmigen Zahnbogen mit genügendKnochen in Höhe und Breite. Da ein Me-tallrand sichtbar bleibt, eignet sich dasVerfahren nur bei Patienten ohne ausge-sprochene ästhetische Ansprüche.Schliesslich wird ein ausdauernder Pati-ent mit guter Mundöffnung (minimal50 mm) vorausgesetzt.Langzeiterfahrungen an einem grösserenPatientengut fehlen, die Kurzzeitresultatevon BRÅNEMARK et. al. (1999) sind aber er-mutigend mit nur 3 von 147 nicht osseo-integrierten Fixturen während einer Be-obachtungszeit von 6 Monaten bis 3 Jah-ren. Alle drei Fixturen wurden 1–3 Mo-nate nach der Operation zum Misserfolgund sie konnten mit dem vorgefertigtenSchablonen-Instrumentarium unter derbestehenden Brückenrekonstruktion aus-gewechselt werden. In der Diskussionund als Schlussvotum wurde betont, dassdie Indikation für das Brånemark-Novumgegeben ist, falls (1) das minimale inter-foraminale Knochenvolumen 13 mm inder Vertikalen und 7 mm in der Sagittalenbeträgt, (2) der interforaminale Zahnbo-gen u- oder n-förmig ist und (3) eine ske-lettale Klasse entweder I oder III vorliegt.Der typische Novum-Patient hat keinehohen ästhetischen Erwartungen, ver-

Bericht über das Anwendersymposium TiUniteTM

Brånemark System® introduces ......Bernhard Knell

Brånemark NovumTM

Multi-Unit-Distanzhülse: Weniger ist mehrTiUniteTM: Mehr als eine rauhe Oberfläche...

Felix Zumstein (Geschäftsführer Nobel Biocare Schweiz) begrüsste über 350 Zuhörer im über-vollen Festsaal des Grand Hotel Dolder, Zürich, mit der Bemerkung: Die Firma Nobel Bioca-re feiert einen historischen Tag, da heute das TiUnite Mk III & Mk IV auf dem Markt er-scheint.

Brånemark NovumTM

Unterstützt durch eine Dia- und Video-Projektion hielt Dr. med. dent. StephanStuder (Zürich) ein hoch stehendes Refe-rat über ein neues Behandlungskonzeptfür die Rehabilitation des zahnlosen Un-terkiefers, das Brånemark NovumTM.Am gleichen Tag werden in den zahnlo-sen Unterkiefer 3 Implantate gesetzt undeine definitive Unterkieferbrücke fest-sitzend verschraubt eingegliedert. Die

Brånemark-NovumTM-Implantate werdenalso unmittelbar nach dem chirurgischenEingriff verblockt und noch gleichentagsbelastet.Kennzeichen der verwendeten Implan-tate sind: Querschnitt von 5 mm undeine Gewindelänge von 11,5 mm miteinem zusätzlichen transmukosalen An-teil von 6 mm. Um eine grössere phy-sikalische Stabilität zu erzielen, wurdedie Höhe des Hexagons gegenüber dem

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langt jedoch eine feste prothetische Re-konstruktion fürs «herzhafte» Abbeissen.Das Brånemark-Novum eignet sich ins-besondere für präprothetische Patienten,für medizinisch komprimierte Patienten(Status nach offener Herzchirurgie, nachTransplantationschirurgie) und für Tu-morpatienten, insbesondere nach Radio-therapie im posterioren Unterkieferseg-ment.

Multi-Unit-DistanzhülseAuch das zweite Referat des frisch ge-backenen Oberassistenten Dr. med. dent.Ronald Jung (Zürich) bestach durch sei-nen klaren, methodischen Aufbau. Erstellte die Multi-Unit-Distanzhülsen alsattraktive Vereinfachung in der Implan-tat-Prothetik unter dem Schlagwort:«Less is More!» vor (Abb. 1).

ner Titanlegierung, was eine geringereSchrauben-Friktion, aber eine grössereSchrauben-Festigkeit und damit eine 20%höhere Vorspannung zur Folge hat. DieSchraubenverbindung ist stabiler und dieMaterialermüdung geringer (Abb. 3).

ten bei der Entfernung von maschinellenImplantaten vs. TiUnite-Implantaten ei-ne auffällige Verbesserung der Haftungdes Knochens am Implantat.Bisher wurden 33 Patienten mit TiUnitekonventionell versorgt, und bei 21 Pati-enten wurden die Implantate sofortbelastet. Die noch kurzen Erfahrungensind ermutigend, Langzeitresultate (z.B.in Bezug auf die periimplantäre Kno-chen- und Weichgewebsantwort) müs-sen noch abgewartet werden. Abschlies-send stellte Dr. Glauser die berechtigterhetorische Frage: Wieso soll eine seit35 Jahren bewährte Oberfläche verlassenwerden? Seine Antwort: Mit dem neuenSystem kann eine Optimierung in Rich-tung schnellere prothetische Versorgung,kürzere Implantate und bessere Ästhetikangestrebt werden.

Die Firma Nobel Biocare liess es sich nichtnehmen, im Anschluss an das Anwender-symposium sämtliche Teilnehmer noch zueinem Apéro einzuladen. ■

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An Stelle der verschiedenen Abutmentty-pen Standard, EsthetiCone oder Mirus-Cone ist bei mehrgliedrigen Brücken- undStegrekonstruktionen nur noch ein Dis-tanzhülsentyp notwendig. Das Designentspricht einer Non-Hex-Konstruktion,die Distanzhülsen verfügen über einenvormontierten Kunststoffhalter, die ver-schiedenen Abutmenthalter und diverseSchraubenzieher werden damit unnötig.Für den Kliniker wird die Abutment-In-sertion vereinfacht und es resultiert eineZeitersparnis für den Zahnarzt wie auchfür den Patienten (Abb. 2).

Das Non-Hex-Design des Multi-UnitAbutment hat folgende technische Cha-rakteristika: Die auftretenden Rotations-kräfte werden durch die Rekonstruktionaufgefangen, die ausgezeichnete Passge-nauigkeit bleibt bestehen. Neu sind dieMulti-Unit-Abutment-Schrauben aus ei-

TiUniteTM: Experimentelle und wissenschaftliche GrundlagenAuf humorvolle Art führte sich derschwedische Referent JAN GOTTLOW, DDSPhD (Göteborg) ein und versuchte eineeher trockene Materie dem wohl mehr-heitlich aus Praktikern bestehendenPublikum schmackhaft zu machen.Unter TiUniteTM hat man eine neuartige,kontrolliert oxidierte Titanoberfläche aufder gesamten Schraubenoberfläche derbewährten Fixturen Mk III und Mk IV desBrånemark-Systems zu verstehen. DiePorösität und Rauheit der Schrauben-oberfläche nimmt von coronal nach apicalzu. Man verspricht sich durch das neueOberflächendesign eine bessere Primär-stabilität und eine frühere Belastbarkeitder gesetzten Implantate (Abb. 4–6).Tierexperimentelle Studien an Hundenund Hasen zeigten histo-morphologischund biomechanisch (removal torque) ei-ne signifikante Vergrösserung des Im-plantat-Knochenkontakts. Die Primär-stabilität wurde einer experimentellenResonanz-Frequenz-Analyse unterzo-gen, und auch hier waren die Resultatevon TiUnite im Vergleich zu den bishe-rigen Brånemark-Implantaten besser.Schliesslich schnitten auf Grund tierex-perimenteller Studien die TiUnite-Im-plantate auch im Vergleich zu anderen inder Schweiz verwendeten Implantatenbezüglich biomechanischer und histolo-gischer Kriterien gut ab.

TiUniteTM: Klinische ErfahrungenIn gewohnt souveräner Art und Weisebeschrieb Dr. med. dent. R. GLAUSER

(Zürich) die ersten klinischen Erfahrun-gen mit dem TiUnite unter dem Motto:«More than a rough surface!».Die neue Titanoberfläche führt nicht nurtierexperimentell zu einem verbessertenKnochen-Implantat-Kontakt. Auch eige-ne Untersuchungen am Menschen zeig-

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Prothetik

Marxkors R:Lehrbuch der zahnärztlichen Prothetik3. Aufl., 338 S., 718 Abb., SFr. 176.–,Deutscher Zahnärzteverlag, Köln (1999).ISBN 3-934280-05-6

Ziel des vorliegenden Lehrbuches ist dieVermittlung des prothetischen Basiswis-sens. Der Autor beabsichtigt, die riesigeStoff-Fülle im Fach Prothetik auf einübersichtliches und lernbares Mass zukomprimieren. Auf die Darstellung vonspezifischen Verfahren und Methodenwird bewusst verzichtet. Im Weiteren solldem Leser das Wissen für die Beratungder Patienten über die differenzialthera-

peutischen Möglichkeiten und eine be-fundgerechte Therapie vermittelt wer-den.Die 338 Seiten des Buches sind über-sichtlich gegliedert. Die 718 Abbildungenund Skizzen sind einfach und klar. Sieverdeutlichen den gut lesbaren Text.Das erste Viertel des Buches ist dem fest-sitzenden Zahnersatz gewidmet. Bei derPräparationstechnik wird u. a. auf die Be-sonderheiten jedes einzelnen Zahneseingegangen. Die Abformung mittelsKorrekturabdruck mit K-Silikonen wirddetailliert beschrieben. Andere Metho-den werden erwähnt und die Fehlerquel-len bei der Abformung diskutiert. An-hand konkreter Beispiele werden dieAbformmethoden weiter verdeutlicht.

Dann wird die Modellherstellung unddas Modellieren von Kronen erklärt.Kurze Abschnitte sind den Verblendkro-nen, der Legierungswahl, der Eingliede-rung und den Vollkeramikkronen gewid-met. Das wichtige Kapitel des Zementie-rens ist für ein Lehrbuch ungenügendausgefallen. Anschliessend werden dieStiftaufbauten erklärt. Im Abschnitt überdie Brücken werden Überlegungen zurPfeilerqualität, zur Statik und Brücken-ausdehnung sowie der Brückenkons-truktion angestellt. Zum Schluss werdenunter dem Titel Planungsgrundsätze/-kriterien Vorschläge für viele klinischeSituationen gemacht.Der Abschnitt zur abnehmbaren Prothe-tik gliedert sich in die Kapitel «Die Par-tielle Prothese» und «Rehabilitation desZahnlosen». Der Teil zur partiellen Pro-thetik beginnt mit der Beschreibung derBauelemente. Die Diagnostik und diePlanung von Klammerprothesen werdendetailliert beschrieben. Dazu gehörenu.a. auch Überlegungen zu statischenProblemen und zur Verbindung der Pro-these mit dem Restgebiss. Die einfacheKunststoffprothese wird ebenso be-schrieben wie komplizierte, kombiniertfestsitzend/abnehmbare Prothesen.Der Rehabilitation des Zahnlosen ist einFünftel des Buches gewidmet. Die Anfer-tigung von Totalprothesen ist von derAnamnese bis zur Nachsorge umfassendbeschrieben. Verschiedene Abformtech-niken und Methoden zur Bestimmungder Kieferrelation werden erklärt. DerLeser bekommt zahlreiche Hinweise zurZahnaufstellung. Im Kapitel Nachsorgewird das Thema Okklusion, speziell auchdie Zusammenhänge mit den Kieferge-lenksbewegungen, erklärt. Das Kapitelschliesst mit Erläuterungen zu Sonder-fällen wie Schlotterkamm, unter sich ge-henden Kämmen, Prothesenstomatitis,weich bleibenden Prothesenbasen undeinigen Hinweisen zur präprothetischenChirurgie unter Einschluss von Implan-taten.Ein kurzes Kapitel beschäftigt sich mitdem festsitzenden und abnehmbarenSofortersatz, im Speziellen mit der Im-mediatprothese.Ein umfassendes Kapitel ist mit «Befund-adäquate Therapie» betitelt. Einleitendwerden grundlegende Gedanken ange-stellt zu den Zielen und den erfolgsre-levanten Faktoren einer prothetischenBehandlung. Dazu gehören auch Überle-gungen zur Wirtschaftlichkeit und Qua-lität. Die Bedeutung einer patientenbe-zogenen Planung und die Informationdes Patienten werden betont. Das Gesag-

Universitätsnachrichten

Anerkennung zum zahnärztlichen StrahlenschutzsachverständigenProf. Dr. Urs Brägger, Dr. Karl Dula

Seit 1997 existieren in der Schweiz vom BAG anerkannte Kurse zur Ausbildung zumzahnärztlichen Sachverständigen im Strahlenschutz. Diese Kurse mussten eingeführt werden,da das Strahlenschutzgesetz vom 22.3.1991 verlangt, dass Betriebsbewilligungen für Rönt-genanlagen nur erteilt werden, wenn der Gesuchsteller nachweisen kann, dass eine Person mitder Ausbildung zum Sachverständigen im Strahlenschutz die Verantwortung zur Einhaltungdes Strahlenschutzgesetzes übernimmt.

In der Strahlenschutzverordnung vom22.6.1994 wurde zunächst vorgesehen,dass Kurse zur Ausbildung dieses Sach-verständigen und die notwendigen Prü-fungen von der Aufsichtsbehörde (BAG)hätten durchgeführt werden müssen. Inden Schlussfolgerungen der zahlreichenSitzungen der vom BAG eingesetzten«Arbeitsgruppe Ausbildung der Ärzteund Zahnärzte im Bereich Strahlen-schutz» vom 23.10.1996 in Bern wurdeaber festgehalten, dass die Universitäts-zentren der Schweiz sowohl mit der Aus-bildung als auch mit der Prüfung beauf-tragt werden sollten. An der UniversitätBern wurde seit dem Studienjahr 1997/98Dr. Dula mit einem Lektorat für Strah-lenschutz betraut, in dessen Rahmen ei-ne gesonderte Strahlenschutzvorlesungsowie ein Strahlenschutzpraktikum eta-bliert wurden, wodurch die vom Gesetz-geber vorgegebenen und vom BAG prä-

zisierten Inhalte der Ausbildung zumzahnärztlichen Sachverständigen an derUniversität Bern erfüllt wurden. Zu-nächst versuchte dann 1998 der damaligeSSO-Präsident, Dr. Hirzel, eine gesamt-schweizerisch geltende, offizielle Verfü-gung vom BAG zu erwirken, dass dieAusbildung während des Studiums offi-ziell anerkannt würde, was bis dato abernoch nicht erfolgt ist. Nach verschiede-nen Kontakten mit dem BAG erhieltDr. Dula jedoch am 13. September 2000eine Anerkennungsverfügung vom BAGfür den im Grundstudium integriertenStrahlenschutzkurs zum Erwerb desSachverstandes nach Art. 18 Strahlen-schutzgesetz (StSG), wodurch im Jahr2000 gesamtschweizerisch die erstenSachverständigen im Strahlenschutz mitdiesem Ausbildungsgang an den Zahn-medizinischen Kliniken der UniversitätBern ernannt werden durften. ■

BUCHBESPRECHUNGEN

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te wird anschliessend anhand zahlreicherFälle verdeutlicht. Die vielen möglichenoralen Zustandsbilder werden kategori-siert. In den einzelnen Kategorien wer-den anschliessend ausgewählte Situatio-nen genauer besprochen. Es werden ver-schiedene Therapievorschläge mit ihrenVor- und Nachteilen gegen einander ab-gewogen.Den Abschluss des Buches bilden einigekürzere Kapitel. Unter dem Titel «Gebiss-funktion» werden Angaben zurOkklusion, zu Kiefergelenksbewegungen,Kaubewegungen gemacht und die Funk-tionsanalyse nach Gerber schrittweiseerklärt. Ein weiteres Kapitel beschäftigtsich mit der Entstehung und Behandlungvon Myoarthropathien. Das Hauptge-wicht liegt dabei auf der Okklusion. An-dere Faktoren werden nur am Rande er-

wähnt. Im Kapitel «Ausstrahlende un-klare Gesichtsschmerzen» wird auf dieRolle der Psychosomatik in der Zahn-heilkunde hingewiesen. Es werden An-gaben zur Ätiologie und Diagnostik ge-macht. Das Gesagte wird mit einigenFallbeispielen erläutert. Speziell wird aufdas Burning-Mouth-Syndrom eingegan-gen. Ein weiteres Kapitel widmet sich derGerontoprothetik. Im Zentrum steht dieverminderte Adaptationsfähigkeit des äl-teren Menschen. Die therapeutischenKonsequenzen werden dargestellt. DasBuch schliesst mit einem Kapitel «Psy-chagogik». Darunter versteht der Autordie Führung des Patienten. Dazu ge-hören vor jeder Therapie die Anamneseund die Information über die Planung,aus der die Zustimmung des Patientenzur Therapie folgt. Der Autor weist auch

auf die Bedeutung des Behandlungszeit-punktes hin und schliesst mit einigenHinweisen auf das Verhalten bei Misser-folgen.Das Literaturverzeichnis ist leider sehrkurz. Das ist zu bedauern. UmfassendeHinweise zu weiterführender Literaturwären in einem Lehrbuch, das sich be-wusst auf das Basiswissen beschränkt, fürden Lernenden sehr hilfreich. Ein rechtumfassendes Sachverzeichnis schliesstdas Buch ab.Das Buch vermittelt prothetisches Basis-wissen, wie es von Prof. Marxkors inMünster gelehrt wird. Es umfasst diag-nostische, planerische und therapeuti-sche Überlegungen wie auch Beschrei-bungen von Behandlungen step-by-step.Einige Themenkreise sind meiner Mei-nung nach auch bei der Beschränkungauf das Basiswissen zu knapp ausgefal-len. Dazu gehört ganz klar das Gebiet derImplantologie, das heute in die thera-peutischen Überlegungen mit einbezo-gen werden sollte.

Werner Kündig, Kreuzlingen

Universitätsnachrichten

Staatsexamensfeier 2000 am Zentrum für Zahn-, Mund- und KieferheilkundeStefan J. Paul, Zürich

An der Universität Zürich konnten am 27. Oktober 2000 im Hauptgebäude der Alma Mater26 Absolventinnen und Absolventen die wohlverdienten Zahnarzt-Diplome in Empfang neh-men. Die Festansprache wurde von Prof. Dr. Dr. Felix Lutz gehalten. Den Anerkennungspreisder Schweizerischen Zahnärztegesellschaft 2000 für das beste Staatsexamen erhielten zu glei-chen Teilen die Herren Michael Imrich und David Röttig.

Die 8 Damen und 18 Herren in alphabetischer Reihenfolge: Augello Marello, Bert-schinger Marco, Hälg Gian-Andrea, Hussain Abbas A., Imrich Michael, Korff Su-sanne L., Kundert Sascha D., Lublovary Andrea Silvia, Maetze Yvonne, MunzingerJan A., Ponti Marco B.A., Preiss Axel P., Röttig David, Ruhstaller Petra A., Rutz Gor-dian, Schildknecht Franziska R., Sekulovski Anna, Signorelli Luca F., Sisera Massi-miliano, Sylejmani-Hundozi Luljeta, Tepper Stefan A., Troxler Kilian H., TschütscherPirmin H., Vagenknecht-Meier Brigitt M., Werder Peter R., Wessner Bastien (FotoZZMK).

Myoarthropathien

Carlsson G E, Magnusson T:Behandlung temporomandibulärerFunktionsstörungen in der Praxis203 S., 208 Abb., DM 178,–, Quintessenz,Berlin (2000). ISBN 3-87652-372-9

Im Quintessence-Verlag, Chicago, er-schien 1999 die englische Originalausga-be «Management of temporomandibulardisorders in the general dental practice»,die von Alexander Kosfeld in der SchweizMonatsschr Zahnmed, 110: 546 (2000)bereits vorgestellt wurde. Nun liegt auchdie deutsche Übersetzung dieses Werkesvor.Das klinisch orientierte Buch, das sich anAllgemeinpraktiker wendet, beinhaltetdie Problematik der Myoarthropathien(MAP) und ihre einfachen konservativenBehandlungsmethoden. Weiter beschrie-ben sind die Kriterien zur Identifizierungund Diagnostik von Patienten mit chro-nischen komplexen Schmerzen, die zuSpezialisten überwiesen und multidis-ziplinär behandelt werden.Die Autoren gehen auf vier Themen ein:Grundlagen der Problematik (Beschrei-bung, Epidemiologie und Ätiologie), Er-krankungen und Symptomatologie, Diag-nose und Differenzialdiagnose (Funk-tionsstörungen und orofaziale Schmer-zen) und Behandlungsmöglichkeiten. Kli-

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nische Fälle illustrieren das vorgestellteKonzept.In den ersten drei Kapiteln wird auf dieGrundlagen der Problematik eingegan-gen, dies aus der Sicht der Geschichteder MAP, der Epidemiologie und derÄtiologie. Ersichtlich wird daraus, dassheutzutage noch viele zum Teil ge-gensätzliche Theorien und zahlreicheunbeantwortete Fragen existieren. Trotz-dem möchten die Autoren auf Grund ih-rer Erfahrung und mittels wissenschaft-lich abgesicherter Erkenntnisse ein fürdie Praxis brauchbares Konzept zumUmgang mit MAP-Patienten anbieten.Die Kapitel 4–7 geben eine ausführliche,gut dokumentierte Beschreibung sowohlder Erkrankungen der Kiefergelenke, desBruxismus, der Zahnabrasion als auchder Symptome bei den Funktionsstörun-gen wieder. Die klare Textsprache istmit gutem Bildmaterial ergänzt. Das Ka-pitel über «Symptome» enthält auch in-teressante Informationen über orofazialeSchmerzen und über die verschiedenenTypen von Kopfschmerzen. Eine Be-schreibung der Pathophysiologie derMuskulatur, der Grundlage der Muskel-schmerzen, fehlt leider.Die Kapitel 8 und 9 widmen sich der«Diagnose der Funktionsstörungen» undder «Differenzialdiagnose». Die Diag-nostik auf Grund der Anamnese, der kli-nischen Untersuchung und der bildge-benden Verfahren der Kiefergelenke ist

klar beschrieben und mit zahlreichen kli-nischen Bildern illustriert. In der Diskus-sion über die Differenzialdiagnose be-sprechen die Autoren die Störungen vonNachbarstrukturen, welche die MAP-Symptome imitieren können: Störungenund Erkrankungen der Ohren, der Sinus,der Speicheldrüsen, Neuralgien und Er-krankungen der Zähne. Für die Diagnoseder MAP stellen die Autoren eine ein-fache Klassifikation von arthrogenen,myogenen oder kombinierten Störungenvor. Leider fehlt in diesem Kapitel dieIdentifizierung der Kofaktoren, die eben-so Teil der Diagnosestellung ist.Auf die «Therapie» wird in den nachfol-genden Kapiteln eingegangen. Die wich-tigen Voraussetzungen für eine Therapieder temporomandibulären Funktions-störungen werden zuerst diskutiert: Dadie MAP in der Regel fluktuierend undselbst limitierend sind und die genaueÄtiologie nicht bekannt ist, ist eine symp-tomatische Behandlung indiziert (Re-duktion der Schmerzen, der Angst undder Überbelastungen) mit einer Kombi-nation von Beratung/Beruhigung,Verhal-tenslenkung, pharmakologischer undphysikalischer Therapie. Weiter folgt dieBeschreibung dieser konservativen Be-handlungsformen wie Kieferübungen,interokklusale Schienen, Behandlungvon Schnarchen und Schlafapnoe, Regis-trieren der Kieferhaltung und okklusalesEinschleifen. Jede Methode wird detail-

liert mit Indikationen und Wirkungsme-chanismus erklärt, und – wenn relevant –auch mit Kontraindikationen oder Ne-benwirkungen.Ein ganzes Kapitel widmen die Autorender Illustration des vorgestellten Kon-zepts, das 30 Fälle mit Anamese, Befund,Therapie und Kommentaren beinhaltet.Das Buch schliesst mit einem willkom-menen Kapitel über Definitionen der Be-griffe ab und mit einem etwas limitiertenLiteraturverzeichnis der wichtigsten Arti-kel und Bücher, welche die Grundlagedieses Werkes bilden.Dieses Buch hat die Qualität, ein solidesBehandlungskonzept zu vermitteln. Diestrotz Kontroversen und offenen Fragenim MAP-Bereich. Der Textverlauf ist di-daktisch mit Titeln und Untertiteln gutgelöst, und am Ende jedes Kapitels wer-den die «Schlüsselideen» in wenigenZeilen zusammengefasst. Das Buch er-leichtert dem Allgemeinzahnarzt denUmgang mit MAP-Patienten und denStudierenden der Zahnmedizin eine gutverständliche erste Kontaktaufnahmemit dem komplexen Gebiet der MAP.Kritik ist an den reduzierten Literaturan-gaben zu üben. Zudem haben die Auto-ren keine Literaturhinweise in den Texteingearbeitet, um die Lektüre des Bucheszu erleichtern, was jedoch die Arbeitwirklich interessierter Leser erschwert.

Isabelle Windecker-Gétaz, Bern

Internationale Dental-Schau Köln27.–31. März 2001Eintrittskarten-/KatalogeDauerkarte*: Fr. 20.–Katalog: Fr. 19.–* Mit den Eintrittskarten können Busse, Bahnen und Züge der KVB und

des VSR kostenlos benützt werden.

Weitere Informationen und Bestellung bei:Büro KölnMesseHandelskammer Deutschland–SchweizTödistrasse 60, 8002 ZürichTel. 01/283 61 11Fax 01/283 61 21E-Mail: [email protected]: www.koelnmesse.ch

Buchung sowie weitere Reisearrangements:BTI Kuoni Event Solutions, MessenKuoni AGTel. 01/224 22 41Fax 01/224 22 29E-Mail: [email protected]

Diagnostik

Faller R V (Ed.):Assessment of Oral Health. Diagnostic Techniques and ValidationCriteria204 S., 81 Abb., 20 Tab., SFr. 196.–,Karger, Basel (2000).ISBN 3-8055-7030-9

Hand aufs Herz, wer hat nicht schonfestgestellt, dass er oder sie in der tägli-chen Praxis diagnostische Verfahren an-wendet, deren Vor- und Nachteile sowieMöglichkeiten er oder sie nicht oder nuraus den Gebrauchsanweisungen derGerätehersteller kennt? Solche Informa-tionen auf wissenschaftlicher Basis sind,wenn auch nicht über alle heute ge-bräuchlichen, so doch über einige mo-derne oder noch in Entwicklung stehen-de Diagnosetechniken, in diesem 17. Bandder «Monographs in Oral Science» zu-sammengefasst.Die Darstellung der Verfahren bestehtaus acht von verschiedenen Autoren ver-fassten Kapiteln, die zum Teil als wissen-

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schaftliche Arbeiten, zum grösseren Teiljedoch als Übersichten konzipiert undimmer mit ausführlichen Literaturver-zeichnissen versehen sind. Ein neunterAbschnitt befasst sich schliesslich mitden Methoden, die zur Überprüfung,d.h. Validierung, von Diagnosetechnikenherangezogen werden können. Themendes ersten Kapitels sind die direkte digi-tale Röntgentechnik zur Identifikationvon approximaler oder okklusaler Karies,die Möglichkeiten der Bildverarbeitungzur Verbesserung der Diagnosen undneue, über die routinemässige klinischeAnwendung hinausgehende Entwick-lungen, die die quantitative Erfassungund dreidimensionale Rekonstruktionkariöser Läsionen erlauben. Im nächstenAbschnitt wird eine Methode vorgestellt,bei der mit einem Papierstreifen Cytoki-ne aus dem Gingivaepithel (nicht derSulkusflüssigkeit) aufgesogen werden,um über eine quantitative Bestimmungvon Interleukin-1 eine Gingivitis zudiagnostizieren. Das dritte Kapitel befasstsich mit einer noch nicht klinisch ange-wandten Technik, der optischen Kohä-renz-Tomografie, die rückgestreutes La-serlicht interferometrisch analysiert undauf diesem Weg Schichtbilder erzeugt.Neben den physikalischen Grundlagendes Verfahrens werden Beispiele vonnicht invasiv erzeugten Schnittbilderndurch parodontale Weichgewebe wieauch Zahnhartsubstanzen mit und ohnepathologische Veränderungen vorge-stellt. Im folgenden Abschnitt kommt diewohl am weitesten verbreitete Diag-nosemethode der Parodontologie, näm-lich die Sondierung und intraorale Rönt-gentechnik zur Erfassung von parodon-talem Attachment-Verlust, zur Sprache.Bei diesem Thema werden denn auchnicht neue, revolutionäre Entwicklungenvorgestellt, sondern vielmehr die Mög-lichkeiten des Verfahrens, wie z.B. die Re-produzierbarkeit und Genauigkeit, ana-lysiert. Breiten Raum nimmt in einemweiteren Abschnitt die Beschreibung ei-ner Technik zur qualitativen und quanti-tativen Erfassung von oralen Ober-flächen ein. Die Methode basiert auf derDigitalisierung von Replikas und erlaubtz.B., Attrition von Restaurationen, Pla-que, Abrasion durch Zahnreinigung oderdie Form von Präparationen zu beschrei-ben. Ausschliesslich der quantitativenErfassung von Plaque dient das im sechs-ten Kapitel vorgestellte Verfahren, beidem ein mit Fluorescein (einem Fluoro-chrom) gefärbter Biofilm bei UV-Lichtfotografiert und mit bildanalytischenTechniken vermessen wird. Die im fol-

genden Abschnitt erläuterte Methode,die bereits in die Praxis Einzug gehaltenhat und einigen Zahnärzten vielleichtbekannt ist, basiert ebenfalls auf Fluores-zenz, dient aber der Diagnose oder auchdem longitudinalen Monitoring von Ka-ries. Dieses Verfahren beruht darauf, dassZahnhartsubstanzen bei Beleuchtungmit Laserlicht fluoreszieren und die Flu-oreszenz durch eine kariöse Entkalkungdes Schmelzes reduziert wird.Alle Kapitel des Buches sind ausführlichund anschaulich illustriert mit Beispielenbildgebender Verfahren und grafischenDarstellungen. Zusammen mit dem all-gemein verständlichen Text vermitteln sieausgezeichnete, wissenschaftlich fun-dierte Kenntnisse über die physikali-schen und technischen Grundlagen derVerfahren wie auch deren praktische An-wendung, allerdings nicht im Stil einesKochbuches und sozusagen als Ersatz fürdie Gebrauchsanweisungen. Wenn auchein Teil der vorgestellten Techniken nochnicht die Praxisreife erreicht hat, kann ichdas Werk doch allen angehenden undpraktizierenden Zahnärzten wärmstenszur Lektüre empfehlen.

Hans-Ulrich Luder, Zürich

se nur wenige epidemiologische Studienvorliegen und für die Stützung der zwei-ten These der Informationsträger nochnicht selektiert werden konnte. Die vor-liegenden Erkenntnisse sprechen aucheher dafür, dass es sich bei Parafunktio-nen um erlernte und nicht vererbte Ver-haltensmuster handelt. Die Analyse vonMorbidität und möglicher Korrelationenerfolgt in unterschiedlichen Kategorienwie Geschlecht, Alter, Stress, Persönlich-keit oder dentale Situation. Die Autorinweist dabei darauf hin, dass allein dashäufige gemeinsame Auftreten zweieroder mehrerer Aspekte nur selten denSchluss zulassen, dass es einen eindeuti-gen Zusammenhang oder eine Entwick-lung zwischen diesen Parametern gibt.Findet man Parafunktionen und eine ge-störte Okklusion vor, so ist demzufolgeder Schluss nicht zulässig, dass fehler-hafte Zahnkontakte oder Füh-rungsverhältnisse die Parafunktionenauslösten oder umgekehrt. Ein speziellesKapitel dieses Buches ist dem nächtli-chen Bruxismus gewidmet. Da dentaleParafunktionen häufig nachts auftreten,ist die Beschreibung der «Schlafarchitek-tur» und der bisherigen Erkenntnisse ausNachtschlafanalysen von besonderemInteresse. Trotz der grossen individuellenUnterschiede lassen sich einige Gesetz-mässigkeiten feststellen, die über die Artnächtlicher Parafunktionen initialen Auf-schluss geben. Ausführlich wird auf dietherapeutischen Möglichkeiten bei den-talen Parafunktionen eingetreten, wobeipsychologische Behandlungsformen wieEntspannung, Hypnose, Selbstbeobach-tung, Biofeedback, Selbstkompetenztrai-ning und Emotionssensibilisierung imVordergrund stehen. Dabei wird auf dieBedeutung der Kombinationstherapiemit physikalischen Methoden, Massage,Craniosacraltherapie und Akupunkturhingewiesen. Die medikamentöse Thera-pie mit Antiphlogistika, Analgetika undMuskelrelaxantien erfolgt als adjuvanteMassnahme. Die Schienentherapie isteher als ein Schutz vor den drohendenSchäden und nicht als Therapie der zuGrunde liegenden Problematik zu be-trachten. Anhand von zwölf Krankenge-schichten werden typische Fallbeispielesowohl aus der Sicht des Patienten alsauch des Therapeuten vorgestellt. Ausdiesen Fallberichten lassen sich zahlrei-che relevante Hinweise für die täglichePraxis gewinnen. Angaben zu Anamneseund Befund geben dem Praktikerschliesslich wichtige Hinweise für dieStrukturierung seines eigenen Vorgehensbei der Diagnosefindung. Dieses gut do-

Parafunktionen

Johnke G:Psychische Aspekte dentaler Parafunktionen. Knirschen – Mahlen– Pressen112 S., 42 Abb., SFr. 114.–, Schlütersche,Hannover (2000). ISBN 3-87706-564-3

Parafunktionen im Bereich des stomato-gnathen Systems sind stereotype, aus derNorm geratene Aktivitäten der Zähne,der Zunge sowie der Kau- und mimi-schen Gesichtsmuskulatur, die nichtmehr zielgerichtet und zweckgeführtsind. Die sich wiederholenden Bewegun-gen können mit unterschiedlichemKraftaufwand ausgeführt werden undjeweils unterschiedlich lang dauern. Eshandelt sich zumeist um unbewusst ab-laufende Prozesse. Das vorliegende, mitoralen Dysfunktionen befasste Buch be-schreibt in einem einführenden Kapiteldie unterschiedlichen Arten okklusalerund oraler Parafunktionen sowie ihreManifestationen. Bei der Diskussion mög-licher Ursachen stehen psychische Fak-toren wie Stress, Verdrängung, Zwangs-und selbstverletzendes Verhalten im Vor-dergrund. Auch auf soziale Ursachen undgenetische Parameter wird eingetreten,wobei für die Bestätigung der ersten The-

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kumentierte und auf der aktuellen Lite-ratur abgestützte Buch kann aufgrundder kliniknahen Abhandlung oraler Para-funktionen jedem wissenschaftlich oderpraxisorientierten Leser bestens empfoh-len werden.

Christian E. Besimo, Brunnen

mente blieben dabei unerwähnt. DieLektüre dieses Buches lässt eine ganzeReihe von heute etablierten biologischenGrundlagen und konstruktiven Aspektender prothetischen Rehabilitation mit Prä-zisionsattachments vermissen. So kanndie Beschreibung der Behandlungspla-nung ohne Diskussion der Pfeilerevalua-tion und -auswahl anhand biologischerParameter nur Stückwerk bleiben. Eben-so wird die sekundäre Pfeilerverblockungund Optimierung des Designs von Hy-bridprothesen durch Einzelattachmentsvermisst. Die Vermeidung ausgedehnterund oder aufwendig verschraubterBrückenkonstruktionen durch eine reinePrämolarenokklusion, Unterteilung inkleine, unabhängige Segmente oderPfeilervermehrung mit Implantaten fandauch keine Berücksichtigung. Die im-plantatgetragenen Suprastrukturen sindebenfalls aufwendig verschraubt und tra-gen den aktuellen Tendenzen in der Im-plantologie kaum Rechnung. Die Litera-turverzeichnisse der einzelnen Kapitelumfassen jeweils nur wenige, zumeist äl-tere Zitate, die dem interessierten Leserauch nicht weiterhelfen. Zusammenfas-send muss leider festgestellt werden,dass die vorgestellten prothetischenKonzepte nicht mehr unseren Vorstellun-gen entsprechen und auf Grund des ge-genwärtigen Wissensstandes nicht zuüberzeugen vermögen.

Christian E. Besimo, Brunnen

zu beantworten, soweit dies bis heuteüberhaupt möglich ist. Er stützt seineAusführungen auf eine 50-jährige Mit-beteiligung an der Entwicklung der mo-dernen Medizin und auf seine ehemaligepraktische Tätigkeit als langjährigerChefarzt eines mittleren Regionalspitals.Deutlich kommt im Text zum Ausdruck,dass verschiedene alternative Therapie-verfahren eine Bereicherung der Heil-kunst und eine wertvolle Ergänzung zurnaturwissenschaftlichen Schulmedizindarstellen. Tatsächlich hat in neuerenJahren in der westlichen Medizin einUmdenken eingesetzt. Für schweizeri-sche Verhältnisse belegen drei Neuerun-gen diesen Wandel: 1) Die Schaffung vonneuen Lehrstühlen an einigen Univer-sitäten für einzelne, als komplementärdeklarierte Heilverfahren. 2) Die Locke-rung restriktiver gesetzlicher Bestim-mungen, um ausgewählte komple-mentäre Heilverfahren als Leistungender Grundversicherung zuzulassen. 3) DieSchaffung von Fähigkeitsausweisen fürMitglieder der FMH, die zugelassenekomplementäre Verfahren ihrer schulme-dizinischen Tätigkeit angliedem möch-ten. Fundamentale und unverzichtbareBasis der Heilkunde bleibt aber in jedemFall die naturwissenschaftlich abgesi-cherte Schulmedizin. «Das Buch handeltvom Kranksein des Menschen und vomkontroversen Disput zwischen zerstritte-nen Jüngern des Äskulap. Möge es einemvertretbaren Konsens der Meinungendienen und eine pragmatische Koopera-tion all jener fördern, die sich einer seriö-sen Heilkunde verschrieben haben»,wünscht der Verfasser in seinen Schluss-bemerkungen. Mit einem umfangreichenLiteraturverzeichnis und einem Registerschliesst die interessante und lesens-werte Schrift.

Theo Brunner, Oberglatt

Prothetik

Jenkins G, Gidden J:Geschiebe – Ein erfolgreicher Wegzum Zahnersatz160 S., 368 Abb., DM 168,–, Quintessenz,Berlin (2000). ISBN 3-87652-397-4

Die Autoren stellen im vorliegendenBuch ihr klinisches Konzept für die An-wendung von Präzisionsattachmentsvor. In einem ersten Kapitel wird kurz aufdie Behandlungsplanung eingetreten.Anschliessend wird die Versorgung vonverkürzten bzw. unterbrochenen Zahn-reihen mit Verlängerungs- oder Schalt-prothesen beschrieben und durch zahl-reiche labortechnische sowie klinischeAbbildungen dokumentiert. Ein weiteresKapitel ist den Deckprothesen gewidmet.Dabei stehen Steg-Gelenk- und -Ge-schiebe-Konstruktionen mit individuellgefertigten und konfektionierten Attach-ments sowohl auf Zähnen wie auf Im-plantaten im Vordergrund. Die sekundärePfeilerverblockung mit Kugel- oder Zy-linderankern findet keine Berücksichti-gung. Ausführlich wird die Verwendungeiner Vielzahl von Präzisionsattachmentsfür die brückenprothetische Versorgungvorgestellt, beispielsweise bei disparalle-ler Pfeilerstellung, als Spannungsbrecheroder zur prospektiven Planung. Das Frä-sen von Schulter-Rillen-Geschieben undvon Steg-Geschieben wird anhand vonzwei klinischen Fällen demonstriert. Dasumfang- reichste Kapitel befasst sich mitfestsitzenden Suprastrukturen auf Im-plantaten. Individuell gefertigte undkonfektionierte Konstruktionsteile ge-langen hier als Aufbauten und erneut alsSpannungsbrecher zwischen mehrerenBrückenteilen zur Anwendung. Die prä-chirurgisch-prothetische Planung alsGrundlage für die Herstellung komple-xer festsitzender Suprastrukturen auf Im-plantaten gelangt nicht zur Diskussion.In einem abschliessenden Kapitel wirdeine ganze Reihe von Präzisionsattach-ments in Form von extra- und parakoro-nalen Geschieben, Gelenken, Kugel-und Zylinderankern sowie Stegen kurzbeschrieben. Neuere Verankerungsele-

Schulmedizin – Alternativmedizin

Leemann-Rauber R A:Heilkunst im Wandel – Wissenswertesüber Kranksein, Gesundwerdenund Wellness2., ergänzte Aufl., 387 S., 6 Tab., SFR 44.–,Zürcher Oberländer Buch Verlag,Wetzikon (1999). ISBN 3-85981-197-5

Trotz aller Fortschritte der naturwissen-schaftlichen Schulmedizin gewinnen al-ternative Heilkonzepte oder komple-mentäre Heilverfahren weltweit an Be-achtung und entsprechen einem Be-dürfnis. Schulmedizin und Komple-mentärmedizin, Alternative Heilverfah-ren, Paramedizin, Kurpfuscher, Quack-salber, Scharlatane – um diese Inhaltedreht sich die Diskussion im vorliegen-den aktuellen Buch. Was macht thera-peutisch Sinn, was ist zweifelhaft, was istabzulehnen? In neun Teilen geht der Au-tor diesen in der Fachwelt zum Teil um-strittenen Fragen nach und versucht sie

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Parodontologie

Sigusch B, Müller B, Klinger G,Glockmann E:Die Effizienz der Wurzelglättung beeinflusst das Ergebnis der Antibiotikatherapie bei marginalerParodontitisDtsch Zahnärztl Z 55: 482–486 (2000)

In der vorliegenden Studie wurde bei31 Patienten in einem Zeitraum von2 Jahren die Frage untersucht, inwieweitdie Wurzelglättungsfrequenz bei Gabezusätzlicher Antibiotika einen Einflussauf das Therapieergebnis bei früh einset-zender Parodontitis (early onset paro-dontitis, EOP) hat. Hierzu wurden diePatienten in 3 Gruppen eingeteilt, wobei2 Gruppen (n = 21) nach abgeschlosse-ner supra- und subgingivaler Konkre-mententfernung in der nächsten Sitzungeiner Wurzelglättung unterschiedlicherInstrumentationsfrequenz unterzogenwurden. Die Reinigung der Zähne er-folgte mit Gracey-Finierküretten. DieInstrumentationsfrequenz stand in Kor-relation zur Sondierungstiefe. Die Thera-pie wurde durch eine am selben Tag be-ginnende Antibiose mit dem Metronida-zolpräparat Vagimid® (2�500 mg/d, 8d)unterstützt. Eine Kontrollgruppe (n = 10)erhielt nur die Antibiose. Eine Wurzel-glättung fand bei dieser Gruppe nichtstatt.Die klinische Untersuchung (Ausgangs-untersuchung) erfolgte nach der Initial-therapie. Klinische Nachuntersuchungenfanden 6 bzw. 24 Monate nach der Wur-zelglättung statt. Die Recallfrequenz lagin den ersten 6 Monaten bei 6 Wochen,dann bis zu 24 Monaten bei 12 Wochen.Als Messparameter wurden der Plaque-index nach Sillness/Löe, der Sulkus-Blu-tungsindex nach Mühlemann/Son, dieSondierungstiefe (in Millimeter) und derAttachmentlevel herangezogen.Nach abgeschlossener Initialbehandlungwaren bei den 31 untersuchten Patientensowohl Plaque als auch Entzündungszei-chen deutlich reduziert. Bei den späterenUntersuchungen liessen sich für alleGruppen beim Vergleich der Ausgangs-werte mit den Untersuchungen nach 6bzw. 24 Monaten statistisch signifikanteVeränderungen feststellen. Die Gruppe

mit der höchsten Instrumentationsfre-quenz zeigte dabei die besten Werte fürSondierungstiefe und Attachmentge-winn. Bei der Gruppe mit reiner Antibio-se veränderten sich die Werte kaum.Die Autoren schliessen aus den Ergeb-nissen, dass ein Therapieerfolg in stärke-rem Masse durch die Wurzelglättung alsdurch die adjuvante systemische Anti-biose bestimmt wird bzw. eine adjuvanteAntibiotikatherapie nur im Rahmen ei-ner sinnvollen mechanischen Behand-lung zum Erfolg führen kann.

Mark Jentsch, Basel

gebildet. Diese Reaktion kann interpre-tiert werden als Reaktion auf das chirur-gische Trauma und als Fremdkörperreak-tion. In der Folge schwächte sich die Ent-zündungsreaktion bei Gore-Tex ab, unddie Kapsel wurde dünner, d.h., das Mate-rial wird sehr gut toleriert.Im Gegensatz dazu zeigten alle resor-bierbaren Membranen auch am 21. Tagnoch eine deutliche Entzündungsreak-tion.Vicryl verursachte die ausgeprägtesteFremdkörperreaktion, während bei Re-solut schon am 4. Tag ein Einwachsenvon Bindegewebe in die Membran zubeobachten war. Zudem wurden bei Re-solut Abstossungsreaktionen und Haut-ulzerationen am 10. Tag beobachtet. Re-solut erfüllt die Anforderungen an einMaterial für die GTR somit nicht, da es zufrüh resorbiert wird.In dieser Studie waren bei Gore-Tex undBio-Gide die geringsten Entzündungs-und Fremdkörperreaktionen zu beobach-ten. Bis heute ist allerdings noch nichtganz klar, inwieweit die Entzündungsre-aktionen die Osteogenese beeinflussen,obwohl einzelne Studien zeigen konn-ten, dass die Osteogenese sehr empfind-lich auf eine Entzündung reagiert. ZurKlärung dieser Frage sind weitere Stu-dien notwendig.

Elisabeth Schmid-Meier, Zürich

ZEITSCHRIFTEN

Guided tissue regeneration (GTR)

Zhao S, Pinholt E M, Madsen J E, Donath K:Histological evaluation of differentbiodegradable and non-biodegradable membranes implanted subcutaneously in ratsJ Craniomaxillofac Surg 28: 116–122(2000)

Obwohl seit längerer Zeit verschiedeneMembranmaterialien für die gesteuerteGewebereaktion am Patienten verwen-det werden, ist dies die erste Studie, dieAufschluss gibt über die unterschiedli-chen Gewebereaktionen in der Frühpha-se nach Implantation des Fremdmate-rials.Folgende Materialien wurden verglichen:

Resorbierbar– Bio-Gide (Schweine-Kollagen)– Resolut (Polyglykol/Polylactat)– Vicryl (Polyglykol/Polylactat)

Nicht resorbierbar– Gore-Tex (Polytetrafluoroäthylen)

Bei 24 Ratten wurden subkutan dorsal je5 standardisierte Taschen gebildet undzufällig verteilt je eine Membran von8�8 mm eingelegt. Eine Tasche diente alsKontrolle.In 3 Gruppen zu je 8 Tieren wurden dieRatten jeweils am 4., 10. und 21. Tag ge-opfert.In der Umgebung aller Membran enthal-tenden Taschen hatte sich am 4. Tag einefibröse Kapsel mit Entzündungszellen

Orale Prophylaxe

Behrendt A, Oberste V, Wetzel W E:Untersuchungen zum Fluoridgehaltvon EisteesOralprophylaxe 22: 86–92 (2000)

Eistee-Produkte werden überwiegendauf der Basis von Schwarztees herge-stellt. Sie zählen zu den so genannteninnovativen Erfrischungsgetränken. IhrKonsum stieg in Deutschland von 1991mit 0,2 Liter pro Person auf 8,2 Liter für1998 an. Eistees werden immer häufigerauch von Klein-,Vorschul- und Schulkin-dern konsumiert. Es bestehen Hinweise,dass Eistees von Kleinkindern in zuneh-mendem Masse als Flaschen- undSchnabeltassengetränke eingenommenwerden. Ziel der besprochenen Untersu-chung war es, den Fluoridgehalt von33 Eistee-Produkten zu ermitteln undden möglichen Einfluss dieser Getränkeals systemische und lokale Fluoridquelleihrer potenziellen Kariogenität gegen-überzustellen. Es wurde der Fluoridge-halt der Standardauflösungen von zehnin körnig-pulveriger Konsistenz und von23 als flüssige Fertigprodukte vorliegen-

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den Eistees potentiometrisch bestimmt.Als Süssstoffe enthielten die Eistees ver-schiedene Zucker, allein oder in Kombi-nation mit Maltodextrinen, Glukosesiru-pen und Zuckerersatzstoffen. Nur für einProdukt ergab sich der Hinweis aus-schliesslich auf Acesulfam und Aspar-tam. Die Menge der Süssungsmittel wur-de bei 17 Produkten auf der Verpackungdeklariert und variierte zwischen 0,2 und0,9 g/100 ml Teegetränk. An Säuerungs-mitteln waren sämtlichen Tees Zitro-nensäure oder Zitronensaft beigegeben.Die ermittelten Fluoridgehalte lagen für5 Produkte unter 0,6 ppm, für 9 Produktezwischen 0,6 und 1,0 ppm, für 15 Pro-dukte zwischen 1,1 und 1,5 ppm und fürjeweils 2 Produkte zwischen 1,6 und2,0 ppm bzw. über 2,0 ppm. Die pulveri-gen Eistee-Produkte wiesen signifikanthöhere (p = 0,02) Fluoridwerte auf als dieFlüssigprodukte. Für keines der unter-suchten Produkte war die Fluoridkon-zentration auf den Verpackungen unterden Inhaltsstoffen deklariert. Aus den Er-gebnissen lässt sich schliessen, dass diemeisten Eistees beachtliche karies-protektive bis überhöhte Fluoridkonzent-rationen enthalten.Werden Eistees von Kleinkindern aufGrund ihres Süssgeschmacks in grösserenMengen eingenommen, so besteht beigleichzeitiger Fluoridaufnahme aus Tab-letten, Speisesalz, Trinkwasser oder wei-teren Fluoridquellen die Gefahr einerÜberdosierung. Die für die Eistee-Herstel-lung verwendeten Schwarztees kommenaus der Sicht der Autoren wegen der nach-gewiesenen guten Bioverfügbarkeit ihrerFluoride auch als mögliche Ursache für ei-ne erhöhte Prävalenz der Zahnfluorose inFrage. Koffein ist in der Lage, die Biover-fügbarkeit von Fluoriden zu steigern. Ei-stees weisen mit 32 bis 157 mg/l eine mitCola-Getränken (100 mg/l) vergleichbareKoffeinmenge auf. Zudem reagieren Kin-der sowie Jugendliche gegenüber Koffeinempfindlicher als Erwachsene. Aus dieserSicht kann der übermässige Genuss vonEistee-Getränken als gesundheitlich be-denklich eingestuft werden. Da bei kei-nem der untersuchten Produkte der Fluo-

Zahnerhaltung

Studer S P, Wettstein F, Lehner C,Zullo T G, Schärer P:Long-term survival estimates of castgold inlays and onlays with theiranalysis of failures J Oral Rehabil 27: 461–472 (2000)

50 Personen, denen in der Klinik für Kro-nen- und Brückenprothetik, Teilprothetikund Zahnärztliche Materialkunde, Zent-rum für Zahn-, Mund- und Kieferheil-kunde der Universität Zürich bzw. ineiner Privatpraxis seit 1950 insgesamt303 Goldinlays (153) und Onlays (150)eingegliedert worden waren, wurden kli-nisch und röntgenologisch nachunter-sucht. 274 (90%) der 303 restauriertenZähne waren im Zeitpunkt der Behand-lung vital und 29 (10%) endodontischversorgt. Alle Inlays/Onlays wurden kon-ventionell zementiert: 296 mit ZnO-Phosphatzement, 6 mit Glasionomerze-ment und 1 blieb temporär zementiert.Resultate der Nachuntersuchung: Diemittlere Beobachtungszeit der 303 Res-taurationen lag bei 18,7 (s.d. ± 9,5) Jah-ren. 86% der Inlays/Onlays standenmehr als ,5 Jahre und 30% mehr als20 Jahre in Funktion. 261 Restaurationenkonnten bei der Nachkontrolle als er-folgreich taxiert werden, 42 (13,8%) wa-ren Misserfolge. Die geschätzten Überle-bensraten nach Kaplan-Meyer waren96,1% (± 1,1%) nach 10 Jahren, 87,0%(± 2,2%) nach 20 Jahren und 73,5%(± 5,4%) nach 30 Jahren. Bei den 42 Mis-serfolgen handelte es sich in 25 (62%)

Fällen um solche biologischer und in 17(38%) Fällen um solche technischerNatur. Die Gründe für die biologischenMisserfolge betrafen: Sekundärkaries17 Fälle (40%), Zahnfrakturen 4 Fälle(9%), endodontische Behandlung 2 Fälle(5%), Primärkaries 1 Fall (2%), Parodon-talprobleme 1 Fall (2%). Gründe für dietechnischen Misserfolge: Retentionsver-lust 13 Fälle (30%), extensive Abrasion3 Fälle (7%), neue Brückenkonstruktion 1Fall (2%). Sekundärkaries und Reten-tionsverlust waren somit die häufigstenMisserfolgsursachen. Es ist möglich, dassdie Misserfolgsrate durch adhäsive Befes-tigung der Goldrestaurationen niedrigergehalten werden kann. 12 (41%) von 29auf endodontisch behandelten Zähnenzementierten Restaurationen endeten inMisserfolgen. Demgegenüber bliebennur 30 (11%) von 274 auf vitalen Zähnenzementierten Inlays/Onlays ohne Erfolg.Der endodontisch behandelte Zahnmuss dementsprechend ausdrücklich(statistisch signifikant) als Risikofaktorbetrachtet werden. Der Restaurationstyp(Inlay versus Onlay) wie auch die Lokali-sation der Restauration (Prämolaren-/Molarenbereich) beeinflussten hingegendie Funktionsdauer nicht. Nur einer (2%)der 50 Probanden war mit dem ästheti-schen Resultat seiner (16) Onlays nichtzufrieden. Bei 231 (76%) restauriertenZähnen trat nach dem Zementieren kei-ne Hypersensibilität auf. Bei 72 (24%)Zähnen konnte hingegen eine solchefestgestellt werden; sie klang aber jeweilsnach einigen Monaten wieder ab. Vo-rübergehende Überempfindlichkeit wur-de für Onlays häufiger (43 von 150) an-gegeben als für Inlays (29 von 153). We-gen unerträglicher Überempfindlichkeiteines Zahnes nach der Zementierungmusste aber keine Restauration ersetztwerden. Auf Grund dieser Untersu-chungsresultate kann die gegosseneGoldrestauration als bewährte, dauer-hafte und kostengünstige Behandlungs-möglichkeit betrachtet werden, sofernder Patient nicht ausdrücklich zahnfarbe-ne Füllungen wünscht.

Theo Brunner, Oberglatt

ridgehalt auf der Verpackung deklariertwar, wird deren Erfassung bei der Fluorid-Anamnese schwierig. Schliesslich ist zubeachten, dass bei der Evaluation deraufgenommenen Fluoridmenge nichtnur Mineralwässer und Eistees zuberücksichtigen sind, sondern auch Li-monaden, die ebenfalls sehr hohe Fluo-ridkonzentrationen aufweisen können.

Christian E. Besimo, Brunnen