narbenpflege, narbenpflaster und behandlung

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17 CHAZ 10. Jahrgang 1. Heft 2009 CME-FORTBILDUNG Chirurgie der Narben Grundlagen, Prävention und Behandlungsmethoden Gunther Arco, Raymund E. Horch J ede Operation führt unweigerlich zu einer Narbe. Durch minimal-invasive Verfahren wird zwar seit längerem versucht, chirurgische Zugänge und damit auch die Zugangsnarben zu minimieren, den- noch können auch kleinere Narben störend sein. Dass dieses Phänomen der Narbenbildung nach chirurgischen Eingriffen als Problem empfunden wird, zeigt sich momentan an der aktuellen Diskus- sion über den Versuch einiger Chirurgen, mit Ope- rationen durch den Magen, die Vagina oder andere Körperöffnungen – unter Inkaufnahme der bewuss - ten Perforation von Hohlorganen – zu versuchen, selbst kleinere Narben zu vermeiden. Die Begeiste- rung für die unter der Abkürzung NOTES bekannt gewordene Technik hat dazu geführt, dass neue chir- urgische Instrumente entwickelt werden. Im gegen- wärtigen, noch eher experimentellen Stadium wer- den hier sogar potenzielle neue Komplikationen in Kauf genommen, die man zu beherrschen glaubt. Die Wundheilung, die Narbenbildung und deren Einflussfaktoren sind ein sehr komplexes und gleich- zeitig wichtiges Thema, da sie seit jeher zum täg- lichen Brot des Chirurgen gehören. Nach einem gelungen Eingriff hofft jeder Operateur, dass sich im Anschluss eine schöne Narbe bildet, weil die Patien- ten den Wert beinahe jeder Operation zumindest zum Teil am kosmetischen Resultat eben dieser Narbe messen. Dies ist verständlich, weil in der Regel die Wunde und später die Narbe oft das Ein- zige sind, das der Patient mit eigenen Augen sehen kann [1]. Die Bildung einer kosmetisch oder funk- tionell störenden Narbe oder gar eines Keloids gehören somit naturgemäß zu den bekannten und unangenehmen postoperativen Szenarien. Auch Narben, die primär heilen, können unbefriedigend sein, etwa wenn sie einen Konturfehler aufweisen Wenn der narbige Umbau einer Wunde in einem sehr schmalen, etwas helleren Strich endet, so haben wir eine reife unauffällige Narbe als Resultat einer Primärheilung und alle sind zufrieden. Doch auch Narben, die primär heilen, können unbefriedigend sein, etwa wenn sie einen Konturfehler aufweisen (Abb. 1–3) oder dehiszent und atroph werden (Abb. 4). Reife Narben, mit oder ohne Konturstörungen erkennt man daran, dass sie bereits erblasst sind. Eine Narbe, die noch stark gerötet erscheint, ist ent- weder noch unreif oder bereits hypertroph oder es handelt sich um ein Keloid. Obwohl sowohl hyper- trophe Narben als auch Keloide seit langem bekann- Die Literatur zeigt ein weites Spektrum an Empfehlungen zur Behandlung von Narben - bildungsstörungen, wobei insbesondere Konturstörun- gen reifer Narben sehr gut chirurgisch behandelt wer- den können. Für Keloide und hypertrophe Narben jedoch wurden bisher nur wenige Therapieansätze durch kon- trollierte, randomisierte Stu- dien evaluiert, so dass der- zeit das Gros der Empfeh- lungen überwiegend empi- risch ist. Mit zunehmendem Wissen über Ablauf und Feh- ler der Narbenbildung wird man sich einerseits nochmals über die klinische Narben- einteilung Gedanken machen müssen, um dann entspre- chende Be handlungsstrate- gien stadiengerecht einset- zen zu können. Andererseits werden sich dadurch auch neue Therapieansätze entwi- ckeln. Abb. 1a–d Schema verschiedener Konturstörungen: a) Erhabene Narbe bei erhöhter Spannung b) Taschenbildung bei diagonaler Kontraktur aufgrund einer schrägen Inzision c) Stufenbildung bei Adaptation von Hautseiten mit ver- schiedener Dicke (z.B. bei Lappen) d) Trapdoor-Phänomen bei halbkreisförmiger Kontraktur bei parallel verlau- fenden Narben a b c d

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17CHAZ • 10. Jahrgang • 1. Heft • 2009

C M E - F O R T B I L D U N G

Chirurgie der Narben Grundlagen, Prävention und Behandlungsmethoden

Gunther Arco, Raymund E. Horch

Jede Operation führt unweigerlich zu einer Narbe.Durch minimal-invasive Verfahren wird zwar

seit längerem versucht, chirurgische Zugänge unddamit auch die Zugangsnarben zu minimieren, den-noch können auch kleinere Narben störend sein.Dass dieses Phänomen der Narbenbildung nachchirurgischen Eingriffen als Problem empfundenwird, zeigt sich momentan an der aktuellen Diskus-sion über den Versuch einiger Chirurgen, mit Ope-rationen durch den Magen, die Vagina oder andereKörperöffnungen – unter Inkaufnahme der bewuss -ten Perforation von Hohlorganen – zu versuchen,selbst kleinere Narben zu vermeiden. Die Begeiste-rung für die unter der Abkürzung NOTES bekanntgewordene Technik hat dazu geführt, dass neue chir-urgische Instrumente entwickelt werden. Im gegen-wärtigen, noch eher experimentellen Stadium wer-den hier sogar potenzielle neue Komplikationen inKauf genommen, die man zu beherrschen glaubt.Die Wundheilung, die Narbenbildung und derenEinflussfaktoren sind ein sehr komplexes und gleich-zeitig wichtiges Thema, da sie seit jeher zum täg-lichen Brot des Chirurgen gehören. Nach einemgelungen Eingriff hofft jeder Operateur, dass sich imAnschluss eine schöne Narbe bildet, weil die Patien-ten den Wert beinahe jeder Operation zumindest

zum Teil am kosmetischen Resultat eben dieserNarbe messen. Dies ist verständlich, weil in derRegel die Wunde und später die Narbe oft das Ein-zige sind, das der Patient mit eigenen Augen sehenkann [1]. Die Bildung einer kosmetisch oder funk-tionell störenden Narbe oder gar eines Keloidsgehören somit naturgemäß zu den bekannten undunangenehmen postoperativen Szenarien.

Auch Narben, die primär heilen, können unbefriedigend sein, etwa wenn

sie einen Konturfehler aufweisen

Wenn der narbige Umbau einer Wunde in einemsehr schmalen, etwas helleren Strich endet, so habenwir eine reife unauffällige Narbe als Resultat einerPrimärheilung und alle sind zufrieden. Doch auchNarben, die primär heilen, können unbefriedigendsein, etwa wenn sie einen Konturfehler aufweisen(Abb. 1–3) oder dehiszent und atroph werden (Abb.4). Reife Narben, mit oder ohne Konturstörungenerkennt man daran, dass sie bereits erblasst sind.Eine Narbe, die noch stark gerötet erscheint, ist ent-weder noch unreif oder bereits hypertroph oder eshandelt sich um ein Keloid. Obwohl sowohl hyper-trophe Narben als auch Keloide seit langem bekann-

Die Literatur zeigt ein weitesSpektrum an Empfehlungenzur Behandlung von Narben -bildungsstörungen, wobeiinsbesondere Konturstörun-gen reifer Narben sehr gutchirurgisch behandelt wer-den können. Für Keloide undhypertrophe Narben jedochwurden bisher nur wenigeTherapieansätze durch kon-trollierte, randomisierte Stu-dien evaluiert, so dass der-zeit das Gros der Empfeh-lungen überwiegend empi-risch ist. Mit zunehmendemWissen über Ablauf und Feh-ler der Narbenbildung wirdman sich einerseits nochmalsüber die klinische Narben-einteilung Gedanken machenmüssen, um dann entspre-chende Be handlungsstrate-gien stadiengerecht einset-zen zu können. Andererseitswerden sich dadurch auchneue Therapieansätze entwi-ckeln.

Abb. 1a–d Schema verschiedener Konturstörungen: a) Erhabene Narbe bei erhöhter Spannung b) Taschenbildungbei diagonaler Kontraktur aufgrund einer schrägen Inzision c) Stufenbildung bei Adaptation von Hautseiten mit ver-schiedener Dicke (z.B. bei Lappen) d) Trapdoor-Phänomen bei halbkreisförmiger Kontraktur bei parallel verlau-fenden Narben

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te Narbenbildungsstörungen sind, herrscht großeKonfusion bei deren Unterscheidung – was hin-sichtlich einer adäquaten Therapie jedoch von gro-ßer Bedeutung ist. Denn die beiden Narbenbilder

Bei der hypertrophenNarbe und beim Keloidkommt es zu nicht zu einem Rückgang der Fibroblastenaktivität.

Abb. 2 Kontur-abfall bei unter-schiedlicherDermis-/Sub- kutisdicke

Abb. 3 Trapdoor-Phänomen

Abb. 4 Atrophe und dehiszente Narbe

Abb. 5 Zeitlicher Ablauf und Inein-andergreifen der Entzündungspha-sen

unterscheiden sich sowohl in der Morphologie, inder Histopathologie als auch in der Immunhisto-chemie und haben ebenso wenig gemeinsam wie einTumor und ein Trauma [2]. Hypertrophe Narbenund Keloide sind die größte Herausforderung in derNarbenbehandlung.Um diese Krankheitsbilder und die unterschied-lichen Behandlungsansätze besser zu verstehen, ist eshilfreich noch einmal den Ablauf der Wundheilungin Erinnerung zu rufen (Abb. 5):1. Entzündungsphase (Inflammatory Phase, ersterbis vierter Tag): Nach einer anfänglichen Entzün-dungsreaktion und Hyperämie kommt es zur Bil-dung eines Blutkoagels, mediatorenvermittelt wan-dern neutrophile Granulozyten, Fibroblasten undMonozyten in die Wunde ein.2. Granulationsphase (Proliferation Phase, zweiterbis 16. Tag): Im Vordergrund stehen die Angioneo-genese und Matrixneubildung, indem insbesonderevon Fibroblasten große Mengen Kollagene undderen Vorstufen synthetisiert werden.3. Epithelialisierungsphase (Remodeling Phase, fünf-ter bis 25. Tag): Es kommt zur Reifung und Orga-nisation des Kollagen, wobei Typ-III-Kollagen zumGroßteil in Typ-I-Kollagen umgewandelt wird undeine Ausrichtung der Fasern stattfindet. DurchHemmung der Gewebe-Metalloproteinasen (TMP)bauen Matrix-Metalloproteinasen das überschüssigproduzierte Kollagen wieder ab.

Bei der hypertrophen Narbe und beim Keloidkommt es nun nicht zu einem Rückgang der Fibro -blastenaktivität durch Apoptose und Hemmung derTMP, vielmehr schreitet die Herstellung von extra-zellulären Matrixproteinen ungehemmt und ohneAusrichtung voran [3, 4]. Im histologischen Präpa-rat finden sich sowohl bei hypertrophen Narben alsauch bei Keloiden eine hohe Vaskularisation, einvermehrtes Vorkommen von Myofibroblasten undFibroblasten sowie viele wirbelförmig angeordnetekollagene Faserbündel. Prädisponierend sind einHauttyp Fitzpatrick III und höher, ein jugendlichesLebensalter, erhöhte Hautspannung und das Aus-maß eines vorangegangenen Traumas [5]. Auch die

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chirurgische Technik gilt als ein wesentlicher Faktorfür die Entstehung von Narbenbildungsstörungen.Sollte nun trotz aller Vorsichtsmaßnahmen eineStörung der Narbenbildung auftreten, gilt es dieserichtig einzuschätzen, um zur richtigen Therapie zugelangen. Konturstörungen bei reifen Narben sindBlickdiagnosen und somit sehr einfach zu stellen,ebenso die Narben, die eine funktionelle Störung aneinem Gelenk bewirken. Schwieriger wird es hinge-gen schon zwischen einer unreifen Narbe, einerhypertrophen Narbe und einem Keloid zu unter-scheiden. Da die Therapieansätze aber gänzlichunterschiedlich sind, ist es sehr wichtig die jeweiligenStörungen der Narbenbildung korrekt zuzuordnen.

Ein Keloid unterscheidet sich von der hypertrophen Narbe makroskopisch dadurch, dass es über den ursprüng-

lichen Wundrand hinaus wächst

Die unreife Narbe lässt sich durch zeitliche Ana- mnese gut herausfiltern: Die letzte Inzision/Traumaliegt weniger als sechs Monate zurück. Darüber hin-aus zeigt sie eine rückläufige Tendenz bezüglich derRötung und Erhabenheit spätestens ab der sechstenWoche. Sollte keine rückläufige Tendenz vorliegen,muss davon ausgegangen werden, dass entweder einKeloid oder eine hypertrophe Narbe vorliegt. EinKeloid unterscheidet sich von der hypertrophenNarbe makroskopisch dadurch, dass es über denursprünglichen Wundrand hinaus wächst [6]. His-tologisch findet sich in den hypertrophen Narbeneine deutlich verringerte Organisation der kollage-

nen Fasern. Die Kollagenfaserbündel sind flach,schlecht von einander abzugrenzen und liegen wel-lenförmig parallel zu Oberfläche. Beim Keloid hin-gegen findet sich eine noch deutlich schlechtereultrastrukturelle Organisation: Es zeigen sich breite,eosinophile, lichtbrechende Fasern, die völlig unge-ordnet liegen. Kollagene Faserbündel fehlen beina-

Tabelle 1 Vancouver Scar Scale

Unreife Narbe Eine gerötete, manchmal juckende oder schmerzende Narbe. Viele dieser Narben werden mit der Zeit flach, die Pigmentierung kann heller, gleich oder dunkler als die Umgebungshaut sein.

Gerade hypertrophe Narbe Eine gerötete, über das Hautniveau erhabene, manchmal juckende Narbe, die sich auf die ursprüngliche Verletzung/Inzision beschränkt. Sie tritt einige Wochen nach der Operation auf und kann innerhalb der ersten drei bis sechs Monate deutlich wachsen. Nach einer statischen Phase bildet sie sich zum Teil zurück. Nach zwei Jahren Reifungszeit bleibt meist eine seilähnliche, etwas verbreitete Narbenformation zurück (Abb. 8).

Dehiszente hypertrophe Narbe Sie hat zusätzlich die Tendenz deutlich breiter zu werden als die ursprüngliche Verletzung/Inzision ohne diese jedoch zu verlassen (Abb. 9).

Kleines Keloid Eine fokal entstandene, juckende, rote Narbenformation, die die ursprüngliche Verletzung verlässt. Sie neigt sehr zu Rezidiven (Abb. 10).

Großes Keloid Eine mehr als 0,5 cm große rote Narbe, die über die ursprüngliche Verletzung/Inzision hinaus wächst und typischerweise mit starkem Juckreiz bzw. Schmerzen verbunden ist. Das Narbenwachstum kann mehrere Jahre anhalten (Abb. 11).

Histologisch findet man bei hypertrophen Narbeneine deutlich verringerteOrganisation der kollagenen Fasern.

Abb. 6 Histologischer Schnitt aus einer hypertrophenNarbe

Abb. 7 Histologischer Schnitt aus einem Keloid

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he vollständig. Die meisten Kapillaren in hypertro-phen Narben und Keloiden sind durch überschie-ßende Endothelzellbildung verschlossen, wodurch

sich eine deutliche Gewebehypoxie findet. Es wirdangenommen, dass dies die Folge der gesteigertenRevaskularisierungsprozesse ist, die sich durch Bil-dung von sogenannten Kollagenknötchen auszeich-nen. Diese bestehen aus einer dichten Ansammlungvon Fibroblasten und von ihnen linear ausgehendenKollagenfibrillen; im histologischen Schnitt ist die-ses Bild ganz typisch für hypertrophe Narben undKeloide [7–9] (Abb. 6, 7).Mustoe et al. empfehlen zur differenzierteren klini-schen Einschätzung die „Vancouver Scar Scale“(Tabelle 1) heranzuziehen, die eigentlich zur Klassi-fizierung von Verbrennungsnarben (s. Abb. 8–11)entwickelt wurde [10].

Therapieoptionen und deren Stellenwert

Es sind eine Reihe von Therapieoptionen beschrie-ben, doch nur wenige sind wirklich evidenzbasiert.Im folgenden Teil sollen die unterschiedlichen Mög-lichkeiten kurz vorgestellt werden:

Konservative TherapiemaßnahmenAus der großen Fülle der konservativen Therapie-optionen besitzen lediglich Silikongelfolien undintraläsional appliziertes Kortison tatsächlich einenachgewiesene Wirkung [10].Kortisoninjektionen: Intraläsional verabreichtes, lipo-somal gebundenes Kortison hat sich als effektiveTherapie erwiesen mit Ansprechraten zwischen 50und 100 Prozent sowie Rezidivquoten zwischenneun und 50 Prozent. Bei Keloiden gilt es als The-rapeutikum der ersten Wahl, bei hypertrophen Nar-ben als Mittel der zweiten Wahl [11–15]. Eine weitereVerbesserung lässt sich durch die Kombination mitder chirurgischen Exzision oder der Kryotherapieerzielen [16, 17]. Bei der Injektion empfiehlt es sichzuerst mit einem Lokalanästhetikum den Narben-grund zu infiltrieren und anschließend die Triamci-nolonlösung direkt in die Narbe spritzen, wobei einBlanching-Effekt sichtbar sein sollte (Abb. 12).

Silikongelfolien: Die Applikation von Silikongelfo-lien gilt allgemein als effektiv sowohl bei hypertro-phen Narben als auch bei Keloiden. Die Behandlungführt zu einem deutlichen Rückgang der Narben-masse und der Rötung sowie zu einem Aufweichender Narbe. Die Behandlung sollte frühestens ab dem14. postoperativem Tag beginnen, da das Silikonsich sonst sogar negativ auf die Wundheilung aus-

Abb. 8 GeradehypertropheNarbe

Abb. 9 Dehiszente hypertrophe Narbe

Abb. 10 Kleines Keloid

Abb. 11 Großes Keloid

Die Wirkung von Silikongelfolien und intraläsional verabreichtemKortison ist ein klinisch häufig gesehener Effekt.

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wirken kann. Silikonhaltige Cremes und Gele kön-nen bei Risikopatienten präventiv verwendet wer-den, während Silikongelfolien therapeutisch einge-setzt werden. Dabei sollte die Anwendung übereinen Zeitraum von mindestens zwei Monaten erfol-gen [18, 19] (Abb. 13).Obwohl im klinischen Alltag viele weitere konser-vative Therapieansätze wie beispielsweise die Kom-pressionstherapie als Goldstandard gelten und viel-fach mit teilweise sogar sehr guten Erfolg angewen-det werden, beruhen sie jedoch entweder auf empi-rischen Werten oder befinden sich sogar noch imexperimentellen Stadium ohne vorliegende Lang-zeitergebnisse.

Kompressionstherapie: Die sechs- bis zwölfmonatigeKompression von Narben mit durchschnittlichenDrücken von 15 bis 40 mmHg durch Tragen ent-sprechend geschnittener Kleidung bringt erfah-rungsgemäß eine Verbesserung der Narbensitua-tion [20, 21] zumindest für den Zeitraum der Anwen-dung [22, 23]. Drücke unter 15 mmHg führen nicht

zu einem Reifungsprozess der Narbe, bei Drückenüber 40 mmHg können Schwellungen, Parästhesien,Hautmazerationen und Ulzerationen auftreten. Vorallem bei Verbrennungspatienten ist die Kompres-sionstherapie in vielen Zentren ein Standartvorgehenzur Vermeidung von hypertrophen Narben [24].Darüber hinaus wird Kompressionskleidung beibereits etablierten hypertrophen Narben eingesetzt.Das Ergebnis hängt unter anderem von der betrof-fenen Region ab: So hat sich Kompressionskleidungan den Beugeseiten von Gelenken und Rumpf nichtbewährt; auch das Ansprechen an Oberarmen undOberschenkeln ist nur mäßig, da die benötigtenDrücke nicht vollständig und konstant aufgebautwerden können [25].

Radiotherapie: Sie erreicht ihren höchsten Wir-kungsgrad in Kombination mit einer chirurgischenExzision. Verschiedene Regime werden empfohlenmit Wirkungsgraden zwischen zehn und 94 Prozent,wobei Elektronenstrahltherapien, die 24 bis 48 Stun-den nach einer chirurgischen Exzision starteten, miteiner Gesamtdosis zwischen 1500 und 2000 Rad dengrößten Wirkungsgrad erzielten [26, 27]. Wegen derpotentiellen Gefahr einer kanzerogenen Wirkunggehört die Radiotherapie zu den Therapieoptionender zweiten Wahl.

Brachytherapie: Als Alternative zur herkömmlichenStrahlentherapie wurde der Versuch unternommen,mit Hilfe der postoperativen Brachytherapie einetherapeutische Strahlendosis in das problematischeNarbengewebe zu applizieren, da man bei diesergeringere Nebenwirkungen erwartete. Erste Ergeb-nisse der HDR-Brachytherapie mit dreimal sechsGray waren hinsichtlich der Rezidivraten vielver-sprechend, wobei jedoch festgehalten werden muss,dass der Nachuntersuchungszeitraum relativ kurzwar. Einige Anwender dieses Therapieverfahrensberichten zusätzlich über unangenehme, lang andau-ernde Wundheilungsstörungen [28, 29].

Lasertherapie: Lasertherapien sind ganz allgemein inder Nachbehandlung von Narben etabliert. Währendherkömmliche CO2- und YAG-Laser bei hypertro-phen Narben lediglich zu vorübergehenden Verbes-serungen führten [30, 31], zeigte ein 585 nm PulsedDye Laser gute Ansprechraten. Eine Kombinationmit intraläsionalem Kortison brachte jedoch keineVerbesserungen im Vergleich zur Monotherapie [32].Die Anwendung der Lasertherapie bei Keloidenbringt keine zufriedenstellenden Ergebnisse [33].

Abb. 12 Applikation von intraläsionalem Kortison mitsichtbarem Blanching-Effekt

Abb. 13 Silikongelfolie

Die Laserbehandlung ist ein anerkanntes Verfahren in der Narbenbehandlung.

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Kryotherapie: Kontakt- oder Sprühkryochirurgiemit flüssigem Stickstoff kann zu einer signifikantenVerbesserung bis zur kompletten Regression sowohlvon hypertrophen Narben als auch von Keloidenführen. Das Hauptproblem bleibt, dass sie nur fürkleine Narbenareale anwendbar ist [34–36]. DieKombination mit intraläsionalem Kortison steigertden Effekt der Kryotherapie noch einmal deutlich[37]. Ein neuer, äußerst vielversprechender Thera-pieansatz ist eine intraläsionale Kryotherapie übereine longitudinal in die Narbe eingebrachte Nadel.In ersten Studien liegen die Remissionsraten desNarbenvolumens pro Sitzung bei 50 Prozent [38].

5-Fluorouracil (5-FU): Die Wirksamkeit dieses intra-läsional verabreichten Chemotherapeutikums konn-te bereits nachgewiesen werden, sowohl bei hyper-trophen Narben als auch Keloiden. Die Anwendungselbst scheint sicher und effektiv zu sein [39]. Lang-zeitergebnisse stehen allerdings noch aus.

Bleomycin: Für Bleomycin gilt dasselbe wie für das 5-FU. Dieses Chemotherapeutikum hat jedoch denNachteil, dass es häufig angewendet werden mussund die Injektionen sehr schmerzhaft sind. Darüberhinaus wirkt Bleomycin bei Dosierungen höher als400 IE lungentoxisch bis hin zur Lungenfibrose [40].

Eine Fülle von unterschiedlichen Präparaten wird zurflankierenden Therapie von Narben angeboten. Eini-ge der typischen und besonders häufig in der täg-lichen Praxis verwendeten Substanzen sind bei-spielsweise Salben aus Zwiebelextrakten, Heparinund Allantoin (Contractubex), sogenannte dermo-funktionale Substanzen (wie etwa Terprolin), unter-schiedliche Öle und Heilpflanzen, hormonhaltigeCremes und Tinkturen, die Vitamin A oder dasweibliche Hormon Östrogen (nur bei Frauen!) ent-halten, und flüssige Silikongele (z.B. Dermatix, Scar-ban u.a.).

Operative TherapiemaßnahmenChirurgische Exzision [41]: Die chirurgische Exzisionist Grundlage bei der Behandlung aller ausgereiftenNarben, hypertrophen Narben sowie aller fortge-schrittenen therapieresistenten Keloide. Die Indika-tion zum Schnitt ist allerfrühestens sechs Monatenach der vorangegangenen Verletzung/Inzision zustellen, um nicht Gefahr zu laufen einfach nur eineunreife Narbe überzubehandeln, die auch ohneIntervention gut abgeheilt wäre.

Generell gilt, dass die Spannung gut verteilt werdensollte – einerseits durch ausreichende subkutaneMobilisation andererseits durch eine ordentlichesubkutane Adaptation. Die Enden der Dermis selbstsollten sich dann locker einander gegenüber liegenund mit Intrakutannähten oder Einzelknopfnähtenverschlossen werden [10, 16]. Das Fadenmaterialsollte mindestens für zwei bis drei Wochen belassenwerden. Für die Planung der gewählten Schnittfüh-rung muss man sich immer zwei Fragen stellen:

� Wie hoch ist die erwartete Spannung?� Wie verläuft die Narbe zu den Hautspaltlinienund den funktionelle/ästhetischen Einheiten?

Bei Narben, die günstig zu den Hautspaltlinien lie-gen und nicht besonders breit sind, reicht eine spin-delförmige Exzision aus. Diese Art der Ausschnei-dung hat sich auch bei Konturstörungen bewährt,wobei der Niveauunterschied am besten entwederdurch Ausdünnung des erhabenen Teils der Wundeoder durch Formung einer Plikatur des niedrigenTeils der Wunde ausgeglichen wird - oder bei hohemNiveauunterschied durch eine Kombination beiderTechniken.Muss eine der beiden oben gestellten Fragen odergar beide mit „JA“ beantwortet werden, so ist bei derKorrektur darauf zu achten, dass es zu einer Umver-teilung des bisherigen Zuges auf die Narbe kommt.Eine Reihe von Techniken steht uns hierzu zur Ver-fügung:

Die S-förmige Exzision: Dadurch lässt der Span-nungsverlauf gerade bei geringen Abweichungenvon den Hautspaltlinien gut verteilen.

Die Z-Plastik: Nach spindelförmiger Exzision desNarbenareals lässt sich durch Z-förmige Erweite-rung der Inzision im 60-Grad-Winkel eine Z-förmi-ge Lappenplastik anfertigen. Nach ausreichendersubkutaner Mobilisation werden die Enden derLappenspitzen nun jeweils in das gegenüberliegendeEck geschwenkt und vernäht (Abb. 14). Es werdendadurch zwei Effekte erreicht: Einerseits verläuft derHauptspannungsvektor nun im 90-Grad-Winkelzur ursprünglichen Narbe und andererseits wirdder Zug auf die Narbe insgesamt verringert, daGewebe von der Seite in Längsrichtung einge-schwenkt wird und dadurch eine Zugentlastung aufdie Längsstrecke der Narbe stattfindet. Auf diese Artund Weise lassen sich auch hervorragende Kontrak-turen auflösen.

Bei der chirurgischen Exzision von Narben undKeloiden muss die Span-nung gut verteilt werden.

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Die serielle Z-Plastik kommt vor allem bei längeren Narben zur Anwendung

Die serielle Z-Plastik: Als Sonderform der oben ange-führten Technik können mehrere Z-förmige Inzi-sionen nacheinander gelegt werden. Die Technik derUmschneidung und Mobilisation bleibt dieselbe wievorher beschrieben. Sie kommt vor allem bei länge-ren Narben zur Anwendung, da bei der Umschnei-dung eines einzelnen Z die Schenkel desselben oft-mals zu weit zur Seite reichen würden. (Abb. 15).

Die Vier-Lappen-Z-Plastik: Bei dieser Sonderform derZ-Plastik werden die Z-Schenkel nicht im üblichen60-Grad-Winkel gezeichnet sondern im 90-Grad-Winkel und anschließend noch einmal von der Lap-penspitze aus halbiert. Daraus ergibt sich ein großerLängengewinn über die ursprüngliche Narbe hin-weg, ohne dass an der Lappenbasis allzu großeZugkräfte auftreten – was beim Ausgleich narben-bedingter Gelenkkontrakturen sehr vorteilhaft ist,da besonders viel Strecke gewonnen werden kann.Der Nachteil ist jedoch, dass die dann letztlich sehr

Abb. 14 Z-Plastik: DurchUmschneidung zweier Verlänge-rungen in etwa 60gradigem Winkelentsteht die Z-Formation. NachMobilisation und Umlagerung derSpitzen gegeneinander kommt eszur Korrektur des ursprünglichenNarbenverlaufs.

Abb. 15 Serielle Z-Plastik: Bei län-gerer Korrektur des Narbenver-laufs kann man auch mehrere Z-Plastiken in Serie anfertigen. DerVorteil ist, dass man zu den Seitenhin Platz spart.

Abb. 16 Vier-Lappen-Z-Plastik bei einer Daumenad-duktionskontraktur

Ist eine herkömmliche Z-Plastik oder eine Vier-Lappen-Z-Plastik nichtmöglich, kann die Korrekturdurch zwei gegenläufige Z-Plastiken erfolgen.

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Abb. 17a, b Gegenläufige Z-Plastik am medialen Lidwinkel: a) Inzision und Anheben des vorzuschiebenden latera-len Lappens b) Vorschub des Lappens unter Streckengewinn in vertikaler Richtung.

a

spitz auslaufenden Lappenenden von der Durch-blutung her sicher kritischer sind als die einer her-kömmlichen Z-Plastik, was ihren Einsatz auf gutdurchblutete Hautareale beschränkt (Abb. 16).

Gegenläufige Z-Plastik: Ist eine herkömmliche Z-Plastik oder eine Vier-Lappen-Z-Plastik aus Platz-gründen (z. B. medialer Augenwinkel) nicht möglich,so kann eine Narbenkorrektur durch zwei gegen-läufige Z-Plastiken erfolgen (Abb. 17a, b). Voraus-setzung ist eine gute Mobilisierbarkeit des Gewebes.

Die W-Plastik: Als Narbenexzisionslinien werden inLängsrichtung zwei Reihen einander direkt gegen-überliegender Dreiecke eingezeichnet die spindel-förmig auslaufen. Anschließend wird die dazwi-schen liegende Narbe ausgeschnitten und die Wund ränder etwa fünf bis 15 mm mobilisiert. DieLappenspitzen werden nun in die korrespondieren-den Täler eingenäht, anschließend wird der Nar-benzug durch die dazwischen liegenden Nähte inLängsrichtung verteilt (Abb. 18–21). Der Vorteil die-ser Methode ist, dass sie auch in Regionen ange-wandt werden kann, bei denen zur Seite hin wenigPlatz vorhanden ist und damit ein Z-Plastik ohneTangierung der funktionellen oder ästhetischen Ein-heiten schwer durchführbar ist wie etwa im Gesicht(Abb. 22, 23). Nachteilig ist jedoch, dass erneut hoheSpannung auf die Wunde kommt, jedoch in günsti-gerer Verteilung der Zugvektoren als es bei einer sim-plen spindelförmigen Exzision der Fall wäre.Insgesamt ist die alleinige chirurgische Exzision keinegute Therapieoption, wenn es um hypertrophe Nar-ben oder gar Keloide geht, da die Rezidivquoten zwi-

Abb. 18 W-Plastik 1: Zickzack -förmige Umschneidungder Narbe an beiden Seiten.

Abb. 19 W-Plastik 2: Nach Aufschneiden der Narbe lie-gen die jeweiligen Spitzen und Täler einander direktgegenüber.

Abb. 20 Nach Wundverschluss entsteht die typische W-förmige Narbenform.

Abb. 21 Exzidat bei serieller W-Plastik

bDie alleinige chirurgischeExzision weist Rezidiv-quoten von 45 bis 100 Prozent auf.

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schen 45 bis 100 Prozent liegen [42–45]. Das peri- undpostoperative Management der Narbe sind entschei-dend für das Ergebnis eines gut geplanten chirurgi-schen Eingriffs. In Kombination mit intraläsional ver-abreichtem Kortison sinken die Rezidivquoten unter50 Prozent [42]. Bei Narben, die nicht auf herkömm-liche Therapien ansprachen, lässt sich die Exzision miteiner perioperativen Bestrahlung kombinieren, wobeidann die Rezidivquoten bei etwa zehn Prozent liegensollen – allerdings unter Inkaufnahme einer fakulta-tiv kanzerogenen Wirkung der Radiatio [46].

Therapiealgorithmus

1. Empfehlungen zur Prävention [10, 47]Schon bei der Planung von chirurgischen Eingriffenkann die Wahrscheinlichkeit für eine Narbenbil-dungsstörung minimiert werden, indem man dieInzisionslinien möglichst den Langerschen Haut-spaltlinien anpasst (Abb. 24, 25). Auch die chirur-gische Technik selbst ist von größter Wichtigkeit –nach allgemeiner Auffassung lassen sich Narbenbil-dungsstörungen durch intraoperative Beachtungfolgender Faktoren reduzieren [48]:� Streng vertikale Schnittführung durch die Haut,� Atraumatische Behandlung der Wundränderdurch Vermeidung zu starker Zug- und Kompres-sionskräfte auf die Wunde (oftmals bietet ein länge-rer Hautschnitt mehr Übersicht intraoperativ undweniger Wundkomplikationen postoperativ),� Verwendung eines Hautnahtmaterials, das sei-nerseits keine Fremdkörperreaktion oder Granu-lombildung auslöst,

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Abb. 22 Beispiel für die Anwendung von W- und Z-Plas-tiken im Gesicht anhand der funktionellen und ästheti-schen Einheiten

Abb. 23 Ergebnis von verschiedenen im Gesicht durch-geführten Z-Plastiken. Kreis: Beispiel für eine falschangewendete Z-Plastik

� Reduktion und gleichmäßige Verteilung der Span-nung auf die Narbe durch entlastende Subkutan-nähte sowie die Anwendung nicht elastischer Pflas-terklebestreifen.Bei Patienten mit leicht erhöhtem Risiko zur Ent-wicklung zur pathologischen Narbenbildung (Haut-typ Fitzpatrick III oder höher sowie Operationen anPrädilektionsstellen wie Sternum oder Schulter) soll-te unmittelbar nach der Epithelialisierung mit demTragen von Silikongelfolien begonnen werden undzwar mindestens 12 Stunden am Tag, optimalerweiseaber 24 Stunden täglich über mindestens einenMonat. Bei Patienten mit stark erhöhtem Risiko zur patho-logischen Narbenbildung (bereits an anderen Kör-perstellen hypertrophe Narben oder Keloide) emp-fiehlt sich zusätzlich die Verabreichung von intra-läsionalem Kortison perioperativ.

2. Empfehlungen zur Therapie von Problemnarben [10, 41, 47]Narben mit Konturstörungen, atrophe und dehis zenteNarben: Die chirurgische Exzision unter Beachtungder beschriebenen Techniken ist die einzig allgemeinanerkannte Methode. Postoperativ ist das Tragenvon Silikongelfolien ab der dritten Woche für ins-gesamt mindestens einen Monat hilfreich.

Unreife Narben: Da schwer vorherzusehen ist, obsich eine solche Narbe nicht doch noch in einehypertrophe Narbe umwandelt, sollte bei allen Nar-ben mit fortbestehender Rötung über den erstenMonat hinaus Silikongelfolien zur Anwendung

Schon bei der Planung chirurgischer Eingriffe kanndas Risiko für eine gestörteNarbenbildung minimiertwerden.

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Abb. 24 Langersche Hautspaltlinien beider Frau

Abb. 25 Langersche Hautspaltlinienbeim Mann

Gerade hypertrophe Narben: Stellt sich nach Silikonauflage über mindestens zwei Monatekeine Besserung ein, so empfiehlt sich die monatliche lokale Kortison -instillation.

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kommen. Wenn nach vier Wochen keine Besserungeintritt, so kann die Therapie mit Kompressions-kleidung ergänzt werden. Bei weiterer Therapiere-sistenz wäre eine Pulsed-Dye-Laserbehandlung einegute Therapieoption.

Gerade hypertrophe Narben: Bei hypertrophenNarben ist die topische Anwendung von Silikongel-folien die Therapie der ersten Wahl. Stellt sich nachSilikonauflage über mindestens zwei Monate keineBesserung ein, so empfiehlt sich die monatlichelokale Kortisoninstillation. Sollte dies nach sechsMonaten nicht zu einer Remission führen, so kanndie Behandlung durch Tragen von Kompresssions-kleidung unterstützt werden. Für den Fall, dass derkonservative Therapieansatz für 12 Monate ohneErfolg bleibt, muss man die chirurgische Exzisionmit intraoperativer Kortisoninfiltration als nächsteTherapiestufe erwägen. Dabei sollte man postope-rativ die intradermalen Nähte länger als gewöhnlich(mindestens vier Wochen) belassen und weiterhineinmal monatlich Kortison spritzen. Als vielver-sprechende Alternativen bieten sich vor allem dieintraläsionale Kryotherapie sowie die 585 nm Pul-sed-Dye-Lasertherapie an.

Dehiszente hypertrophe Narbe:Wegen der teilweise problematischen

Narbenverläufe sind frühzeitig chirurgische Eingriffe indiziert

Dehiszente hypertrophe Narbe:Diese in erster Liniebei Verbrennungen auftretende Narbenform sollteerfahrungsgemäß primär mit einer Kombinationvon Silikongelauflagen und Kompressionskleidungbehandelt werden. Unterstützend wird die Anwen-dung von Massagen und Physiotherapie empfohlen.Aufgrund der teilweise problematischen Narben-verläufe mit konsekutiver Ausbildung von Gelenk-kontrakturen sind frühzeitig chirurgische Eingriffeindiziert. Daher sollte die Behandlung komplexerVerbrennungsnarben den Verbrennungszentren vor-behalten sein.

Kleines Keloid: Bei Auftreten von kleinen Keloidenist derzeit die simultane Therapie aus intraläsiona-lem Kortison und Silikongelauflagen die Behand-lung der ersten Wahl. Auch lokaler Druck –wie etwaOhrclips bei den häufigen aurikulären Keloiden –hat sich als hilfreich erwiesen. Stellt sich keineRemission ein, so sollte eine Narbenexzision durch-geführt werden, wobei auf die beschriebenen Tech-niken zurückgegriffen werden sollte. Die intraope-

rative Verabreichung von lipidgebundenem Korti-son sowie eine entsprechende Folgebehandlung sindobligat, da die Rezidivhäufigkeit ansonsten inak-zeptabel hoch ist. Die Kombination chirurgischerMaßnahmen mit einer kurz darauf folgenden Radio-therapie sollte insbesondere beim Keloidrezidiverwogen werden, man sollte sich der möglichenRisiken einer Bestrahlung aber immer bewusst sein.

Großes Keloid: Die Behandlung ist sehr komplex,bringt oftmals große Weichteilprobleme mit sich undsollte daher den erfahrenen plastischen Chirurgenvorbehalten sein. Da es sehr häufig zu funktionellenBeeinträchtigungen kommt (Gelenkkontraktur) undda ein Keloid zudem sehr schmerzhaft sein kann, istdie primäre chirurgische Exzision unter Verlagerungder lokalen Wundverläufe immer der erste Thera-pieschritt. Zusätzlich sollte intraoperativ lipidge-bundenes Kortison in die Wundränder injiziert wer-den. Nach der chirurgischen Exzision sollten post-operativ Silikongelfolien sowie weitergehende Kor-tisoninfiltrationen über sechs Monate erfolgen. Daes aber trotz dieser Maßnahmen sehr häufig zuRezidiven kommt, sollte man eine Radiatio bereitsbei der ersten chirurgischen Exzision erwägen. BeiKeloidrezidiven kann eine unmittelbar postoperati-ve Radiatio das Risiko eines erneuten Rezidivsdeutlich senken. Stellt sich auch unter dieser Behand-lungskombination kein Erfolg ein, so ist die Anwen-dung von 5-FU oder Bleomycin der nächste Schritt.Bei weiterhin bestehender Therapieresistenz habenauch sehr experimentelle Methoden wie die Verab-reichung von Interferon ihre Berechtigung.

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Dr. med. Gunther ArcoKlinik für Plastische und HandchirurgieUniversitätsklinikum ErlangenKrankenhausstraße 1291054 ErlangeneMail: [email protected]

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