nachruf für prof. dr. med. dr. h. c. mult. hans erhard bock

2
Z Rheumatol 63:436–437 (2004) DOI 10.1007/s00393-004-0662-8 ZfRh 662 NACHRUF Nachruf für Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Hans Erhard Bock Prof. Dr. Ekkehard Genth ( ) ) Rheumaklinik und Rheumaforschungsinstitut Burtscheider Markt 24 52066 Aachen, Germany Am 12. Juli 2004 ist Professor Dr. med. Dr. h.c. Hans Erhard Bock in Tübingen gestorben. Noch am 9. Januar hat er im Rahmen eines eindrucksvollen akademischen Festaktes der Eberhard-Karls-Uni- versität in Tübingen seinen 100. Geburtstag gefeiert. Die Deut- sche Gesellschaft für Innere Medi- zin hat aus diesem Anlass ihren Nestor und ihr Ehrenmitglied ausführlich gewürdigt. Mehr als 800 Gäste aus Politik, Gesellschaft, Medizin und Wissenschaft, darun- ter viele seiner Schüler und Weg- gefährten, nahmen an dieser be- eindruckenden Feier zu Ehren ei- nes herausragenden Arztes und akademischen Lehrers teil. Wie nur wenige hat Hans Er- hard Bock die Innere Medizin sei- ner Zeit geprägt. Er war einer der großen Generalisten, auch jenseits der Inneren Medizin, der es meis- terlich verstand, diese Auffassung von Medizin an seine Schüler zu vermitteln. Die so genannte Bock’sche Schule – von Professor Wolfgang Gerok in seiner Lauda- tio zum 100. Geburtstag von H. E. Bock ausführlich gewürdigt – verband hohes fachliches und persönliches Engagement unter- schiedlicher Persönlichkeiten und interdisziplinäres Grundverständ- nis der Innere Medizin. Fordern und Fördern waren die Maximen seines Handelns. Hohe persön- liche Disziplin und Leistungs- bereitschaft kennzeichneten diese Schule. „Ich bin stolz, Lehrmeis- ter von Mehrleistern zu sein“ wurde er oft zitiert. H. E. Bock studierte Medizin bei bekannten Lehrmeistern ver- schiedener Universitäten. Er habi- litierte sich für Innere Medizin bei Franz Volhard und übernahm 1949 die Leitung der medizini- schen Klinik in Marburg und 1962 in Tübingen. Seine wissenschaftlichen Inte- ressen umfassten die gesamte In- nere Medizin, insbesondere die Hämatologie und Onkologie und die Arzneimitteltherapie. Im Be- sonderen gelang es ihm, naturwis- senschaftlich hervorragend aus- gebildete Mitarbeiter zu gewinnen und in die vielfältige Forschungs- landschaft vor allem der Tübinger medizinischen Klinik und ihres Umfelds zu integrieren. Dabei war es ihm besonders wichtig, Er- gebnisse aus den Grundlagen- bereichen in die praktische Medi- zin umzusetzen. Hans Erhard Bock verstand sich auch als Förderer der Rheu- matologie und Immunologie, die zu seiner Zeit noch keine eigen- ständigen Schwerpunkte der In- neren Medizin waren. Von 1957 bis 1958 war er Präsident der Deutschen Gesellschaft für Rheu- matologie. In seiner „Schule“ wa- ren zahlreiche namhafte Rheuma- tologen und Immunologen, unter ihnen Joachim Kalden, Karl-Her- mann Meyer zum Büschenfelde, Gert Riethmüller, Peter A. Berg, Martin Franke und Walter Hartl. Als Student, Doktorand, Medizi- nalassistent und Stationsarzt an der Medizinischen Klinik war H. E. Bock für mich eine der prä- genden Persönlichkeiten. Seine Vorlesung zur Klinik und Syste- matik der Inneren Medizin, ein packender diffentialdiagnostischer Intensivkurs, war eines der High- lights der damaligen medizini- schen Ausbildung. Hans Erhard Bock wurde für sein Wirken vielfältig geehrt. Her- vorzuheben sind zahlreiche Eh- rendoktorate, die Mitgliedschaft in der Deutschen Akademie der Naturforscher „Leopoldina“, die Verleihung der Paracelsus-Medail- le für die ärztliche Fortbildung und die Verleihung der Gustav- von-Bergmann-Medaille. Das persönliche Vorbild, seine asketische Lebensweise, seine un- ermüdliche Wissbegier und Krea- tivität und die Gegenwärtigkeit seiner Person charakterisierten ihn als Lehrer. Die beeindrucken- de Feier zu seinem 100. Geburts- tag ließ diesen Geist noch einmal lebendig werden. Prägende per- sönliche Erlebnisse und verläss- liche Unterstützung hatten viele der Gäste in der Begegnung mit H. E. Bock erfahren. Auch im für ihn oft beschwerli- chen Alter blieb er seiner individu- ellen Lebensführung treu. Seine Jahresberichte spiegelten seine vielfältigen Aktivitäten, Kontakte und seine persönliche Anteilnahme wieder. Mit regelmäßiger Bewe- gung, Musik und Lektüre auch neuer Literatur hielt er sich körper- lich und geistig fit. Eindrucksvoll die Demonstration seiner Vitalität Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Hans Erhard Bock

Upload: ekkehard-genth

Post on 25-Aug-2016

220 views

Category:

Documents


2 download

TRANSCRIPT

Z Rheumatol 63:436–437 (2004)DOI 10.1007/s00393-004-0662-8

ZfR

h662

NACHRUF

Nachruffür Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult.Hans Erhard Bock

Prof. Dr. Ekkehard Genth ())Rheumaklinikund RheumaforschungsinstitutBurtscheider Markt 2452066 Aachen, Germany

Am 12. Juli 2004 ist Professor Dr.med. Dr. h.c. Hans Erhard Bockin Tübingen gestorben. Noch am9. Januar hat er im Rahmen eineseindrucksvollen akademischenFestaktes der Eberhard-Karls-Uni-versität in Tübingen seinen100. Geburtstag gefeiert. Die Deut-sche Gesellschaft für Innere Medi-zin hat aus diesem Anlass ihrenNestor und ihr Ehrenmitgliedausführlich gewürdigt. Mehr als800 Gäste aus Politik, Gesellschaft,Medizin und Wissenschaft, darun-ter viele seiner Schüler und Weg-gefährten, nahmen an dieser be-eindruckenden Feier zu Ehren ei-nes herausragenden Arztes undakademischen Lehrers teil.

Wie nur wenige hat Hans Er-hard Bock die Innere Medizin sei-ner Zeit geprägt. Er war einer dergroßen Generalisten, auch jenseitsder Inneren Medizin, der es meis-terlich verstand, diese Auffassungvon Medizin an seine Schüler zuvermitteln. Die so genannteBock’sche Schule – von ProfessorWolfgang Gerok in seiner Lauda-tio zum 100. Geburtstag vonH. E. Bock ausführlich gewürdigt– verband hohes fachliches undpersönliches Engagement unter-schiedlicher Persönlichkeiten undinterdisziplinäres Grundverständ-nis der Innere Medizin. Fordernund Fördern waren die Maximenseines Handelns. Hohe persön-liche Disziplin und Leistungs-bereitschaft kennzeichneten dieseSchule. „Ich bin stolz, Lehrmeis-ter von Mehrleistern zu sein“wurde er oft zitiert.

H. E. Bock studierte Medizinbei bekannten Lehrmeistern ver-schiedener Universitäten. Er habi-litierte sich für Innere Medizinbei Franz Volhard und übernahm1949 die Leitung der medizini-schen Klinik in Marburg und1962 in Tübingen.

Seine wissenschaftlichen Inte-ressen umfassten die gesamte In-nere Medizin, insbesondere dieHämatologie und Onkologie unddie Arzneimitteltherapie. Im Be-sonderen gelang es ihm, naturwis-senschaftlich hervorragend aus-gebildete Mitarbeiter zu gewinnenund in die vielfältige Forschungs-landschaft vor allem der Tübingermedizinischen Klinik und ihresUmfelds zu integrieren. Dabeiwar es ihm besonders wichtig, Er-gebnisse aus den Grundlagen-bereichen in die praktische Medi-zin umzusetzen.

Hans Erhard Bock verstandsich auch als Förderer der Rheu-matologie und Immunologie, diezu seiner Zeit noch keine eigen-ständigen Schwerpunkte der In-neren Medizin waren. Von 1957

bis 1958 war er Präsident derDeutschen Gesellschaft für Rheu-matologie. In seiner „Schule“ wa-ren zahlreiche namhafte Rheuma-tologen und Immunologen, unterihnen Joachim Kalden, Karl-Her-mann Meyer zum Büschenfelde,Gert Riethmüller, Peter A. Berg,Martin Franke und Walter Hartl.Als Student, Doktorand, Medizi-nalassistent und Stationsarzt ander Medizinischen Klinik warH. E. Bock für mich eine der prä-genden Persönlichkeiten. SeineVorlesung zur Klinik und Syste-matik der Inneren Medizin, einpackender diffentialdiagnostischerIntensivkurs, war eines der High-lights der damaligen medizini-schen Ausbildung.

Hans Erhard Bock wurde fürsein Wirken vielfältig geehrt. Her-vorzuheben sind zahlreiche Eh-rendoktorate, die Mitgliedschaftin der Deutschen Akademie derNaturforscher „Leopoldina“, dieVerleihung der Paracelsus-Medail-le für die ärztliche Fortbildungund die Verleihung der Gustav-von-Bergmann-Medaille.

Das persönliche Vorbild, seineasketische Lebensweise, seine un-ermüdliche Wissbegier und Krea-tivität und die Gegenwärtigkeitseiner Person charakterisiertenihn als Lehrer. Die beeindrucken-de Feier zu seinem 100. Geburts-tag ließ diesen Geist noch einmallebendig werden. Prägende per-sönliche Erlebnisse und verläss-liche Unterstützung hatten vieleder Gäste in der Begegnung mitH. E. Bock erfahren.

Auch im für ihn oft beschwerli-chen Alter blieb er seiner individu-ellen Lebensführung treu. SeineJahresberichte spiegelten seinevielfältigen Aktivitäten, Kontakteund seine persönliche Anteilnahmewieder. Mit regelmäßiger Bewe-gung, Musik und Lektüre auchneuer Literatur hielt er sich körper-lich und geistig fit. Eindrucksvolldie Demonstration seiner Vitalität

Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult.Hans Erhard Bock

437E. GenthNachruf für Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Hans Erhard Bock

mit einem Kopfsprung vom Drei-meterbrett im Uhlandbad inTübingen bei seinem 80. Geburts-tag. Im Rahmen des AkademischenFestakts zu seinem 100. Geburtstaghielt Prof. Dr. Dr. h.c. mult. WalterJens einen Festvortrag zum Thema:„. . . und lerne unermüdlich dazu:

Über den Gewinn des Altwerdens“.Er verwendete als Leitmotiv dieWorte auf einem Gemälde vonFrancisco Goya im Prado: Aúnaprendo (Ich höre nicht auf zu ler-nen). H. E. Bock schloss seine Dan-kesadresse mit dem Resümee, dasses sich lohnt alt zu werden, wenn

man sich noch bewegen kann, be-wegt werden kann und andere be-wegen kann, wenn man noch Freu-de empfinden und bereiten kannund die Geduld hat, auf solche Mo-mente zu warten.

Ekkehard Genth, Aachen