nachruf auf prof. dr. med. sven effert
TRANSCRIPT
P. HanrathJ. Meyer
Nachruf auf Prof. Dr. med. Sven Effert
Z Kardiol 89:362–363 (2000)© Steinkopff Verlag 2000 NACHRUF
Prof. Dr. P. HanrathMedizinische Klink I – RWTH AachenPauwelsstraße 30D-52057 AachenTel.: 0241/8089300 o. 301Fax: 0241/8888414E-mail: [email protected]
Prof. Dr. J. MeyerII. Medizinische Klinik und PoliklinikJohannes-Gutenberg-Universita¨tLangenbeckstraße 1D-55131 Mainz
Am 9. Januar 2000 verstarb in Aa-chen im Alter von 77 Jahren nachkurzer, schwerer Krankheit Prof. Dr.med. Sven Effert.
Er wurde am 31. Ma¨rz 1922 inAachen geboren. Sein beruflicherStart war durch den Krieg nichtleicht. Nach Arbeitsdienst undKriegseinsatz mit Verwundungkonnte er die fu¨r diese Generationtypische Odyssee des Medizinstudi-ums nach seiner Gefangenschaft inDusseldorf beenden. Nach einerAusbildung in Pathologie trat er1948 in die von E. Boden geleiteteI. Medizinische Klinik in Dusseldorfein. Neben der engagierten Arbeitam Krankenbett galt sein wissen-schaftliches und klinisches Interessefruh der Anwendung der Naturwis-senschaften, besonders der Physikund der Elektrotechnik in der Kar-diologie. In dieser wissenschaftli-chen Arbeitsrichtung ist er von sei-nem sehr gescha¨tzten Lehrer,F. Grosse-Brockhoff, mit dem ihneine vertrauensvolle und engeFreundschaft verband, sehr gestu¨tztund gefordert worden.
Der Ruf auf den Lehrstuhl fu¨r In-nere Medizin I der RWTH Aachen1966 war fur ihn wie fur die tech-nische Hochschule ein Glu¨cksfall.Sein Verdienst besteht darin, dass erdas große Potential der Ingenieur-leistungen der RWTH fu¨r die Medi-zin nutzbar gemacht hat. Das wares, was ihn von Anfang an reizte.S. Efferts besondere Begabung, na-
turwissenschaftliche technische Zu-sammenha¨nge zu erfassen, sie geis-tig und technisch umzusetzen sowiein der klinischen Praxis anzuwendenwar die Voraussetzung, dass er denFortschritt der deutschen Kardiolo-gie nach dem Kriege entscheidendmitgepragt und nicht nur mitverfolgthat.
Auf seine Initiative wurde mitMitteln der Volkswagenstiftung1973 das Helmholtz-Institut fu¨r Bio-medizinische Technik gegru¨ndet. Erwar neben seiner Ta¨tigkeit als Lehr-stuhlinhaber fu¨r Innere Medizingleichzeitig der erste Direktor diesesInstituts.
Neben dem Schweden I. Edlerund Hertz za¨hlt S. Effert mit zu denVatern der klinischen Echokardio-graphie, dem heutzutage wichtigstennicht invasiven kardiologischen Un-tersuchungsverfahren. 1959 gelangihm die Erstbeschreibung eines Vor-hofmyxoms. Eine Diagnose, die bisdato nur postmortal oder intraopera-tiv gestellt werden konnte.
Die Erstimplantation einesSchrittmachers in Deutschland imJahre 1961 geht auf Sykosch undEffert zuruck. Die erste Defibrilla-tion bei Kammerflimmern bzw. ersteKardioversion bei Vorhofflimmernam geschlossenen Thorax inDeutschland wurden 1961 bzw.1963 von ihm in Du¨sseldorf durch-gefuhrt. Er entdeckte zusammen mitS. Buchner die Auslo¨semechanis-men tachykarder Herzrhythmus-
SvenEffert
363P. Hanrathund J. MeyerNachrufauf Prof. Dr. med.SvenEffert
storungendurchfruhzeitigeinfallen-de ventrikulare Extrasystolen.DieseersteBeschreibungdes„Vorzeitig-keitsindexes“wurdespater vonLown „R auf T-Phanomen“genannt.
Die fruhenAachenerJahrewarennebender Echokardiographieundder Schrittmachertherapieinsbeson-deredemAusbauder intensivmedi-zinischen,kontinuierlichen,elektro-kardiographischenund hamodyna-mischenÜberwachung mit auto-matischerArrhytmieanalyseund derErforschungder Fruhphasedesaku-ten Myokardinfarktesgewidmet.
Effert hat esin denvielenJahrenseinerTatigkeit mit bewundernswer-tem Geschickverstanden,die raum-lichen, technischen,personellenundfinanziellenRessourcenfur die kli-nischeTatigkeit und die ForschungseinerMitarbeiterbereitzu stellen.Er hattedazudie Gabe,auchdasgeistig-menschlicheUmfeld fur einelangfristigangelegte, erfolgreicheArbeit zu schaffen. Er verfugte uberdie notwendigeBegeisterungsfa¨hig-keit, die Einsatzfreudeund dasrich-tige Maß an wissenschaftlicher Ag-gressivita¨t und kritischeDistanz,dienotig sind,um jungeMitarbeiterzustimulierenund ihnendie wissen-schaftlichenFreiraumezu ihrer Ent-faltungzu geben.In diesemKlimadessensiblenUmgangsder Kolle-genmiteinanderkonnteeineViel-zahlwichtigerPublikationenim na-tionalenund internationalenSchrift-
tum entstehen.Eine großeZahl sei-ner breit ausgebildetenSchuler ha-benleitendePositionenubernom-menund werdenseineTraditionausÜberzeugungfortsetzen.Wichtigwar ihm stets,dassseineMitarbeiterdie Offenheit,Ehrlichkeitund Loya-litat, die er ihnenentgegenbrachte,und die ihm fundamentalwichtigwaren,auchzuruckgaben.Bei allemInteressean der Wissenschafthattefur ihn aberder PatientselbststetsdasPrimat.Ein auf personlichesVertrauenbasierendesArzt-Patien-tenverha¨ltnis war ihm in einerZeit,wo die Medizin immermehrvonder Technikdominiertzu werdendrohtevon großerBedeutung.
ZahlreicheVerpflichtungeninFachgesellschaftenund bei nationa-len und internationalenKongressenhabenS. EffertswissenschaftlichenLebenswegbegleitet.Er war Pra-sidentder DeutschenGesellschaftfur Herz-,und Kreislaufforschung,fur InternistischeIntensivmedizinund fur BiomedizinischeTechnik,Mitglied der Akademieder Natur-forscherLeopoldina,der Nordrhein-WestfalischenAkademieder Wis-senschaften,InternationalFellow derAmericanHeartAssociation,Ehren-mitglied der DeutschenGesellschaftfur Kardiologie,fur InnereMedizin,fur InternistischeIntensiv-und Not-fallmedizinsowiefur Biomedizi-nischeTechnik.1985erhielter dasBundesverdienstkreuz1. Klasse,
1988denPioneerAwardder WorldFederationof Ultrasoundin Medici-ne und Biology, 1993denPaul-Mo-rawitz-Preisund 1994die LudwigHeilmeyer-Medaille in Gold. Ihmwurde1997von der EuropeanSo-ciety of Cardiologydie wissen-schaftlicheMedaille fur „PioneeringWork in Developingthe ClinicalSienceof Echocardiography“ verlie-hen.Er erhielt1999die Carl-Luwdwig-Medaillein Gold derDeutschenGesellschaftfur Kardio-logie.
S. Effert war nicht nur eineau-ßergewohnlicheArtzpersonlichkeitund Wissenschaftler, sondernauchein hommede lettres,hochstbele-sen,witzig und geistreichin der Ar-gumentation.Er blieb abertrotz sei-ner rheinischenOffenheitvon Naturauszuruckhaltend,abwartendundkritisch. Kumpaneiwar ihm ver-hasst.Wer aberseinVertrauenundseineFreundschafteinmalgewon-nenhatte,konntesich ein Lebenlang auf ihn verlassen.
Der Dank und die Wertscha¨tzungseinerPatienten,Schuler und Kolle-gengeltenseinergroßen,integrenPerso¨nlichkeit als Arzt, Forscherund Lehrer, die unsstetsin Erinne-rung bleibenwird.
P. Hanrath,AachenJ. Meyer, Mainz