ãmit pinselsanierungen machen viele das schnelle geldÒ · thaler stra§e und das nikola-viertel...

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4 LANDSHUT ABENDZEITUNG MONTAG, 12. 3. 2018 WWW.AZ-LANDSHUT.DE „Mit Pinselsanierungen machen viele das schnelle Geld“ Von Christoph Reich E r hat keine Berührungs- ängste mit dem Denk- malschutz. Ganz im Ge- genteil: Rudi Napholtz arbeitet mit der Behörde eng zusam- men. Er möchte alten Häusern wieder Leben einhauchen, sie zum Strahlen bringen. „Pinsel- sanierungen“, wie Rudi Nap- holtz das schnell geldbringen- de Renovieren von Häusern nennt, widerstreben ihm dage- gen zutiefst. Die Geschichte der jahrhundertealten Gemäuer sollte man respektieren, sagt er. Und wenn er von seinem neuesten Projekt spricht, glän- zen seine Augen. „In der Schön- brunner Straße entsteht gerade ein wunderschönes Haus, ob- wohl es momentan noch eine Ruine ist und viele Risse hat.“ Genauso begeistert ist er, wenn er über „sein“ Landshut spricht. AZ: Herr Napholtz, was ist Ihre Lieblingsecke in der Stadt? RUDI NAPHOLTZ: In Landshut entdecke ich immer wieder viele schöne Plätze, wo man zur Ruhe kommen kann. Das kann auch eine Parkbank sein, wo man über die Dächer von Landshut schauen kann. Ganz oben im Hofgarten, da ist so eine. Es war schon früher einer meiner Lieblingsplätze. Wo trinken Sie am liebsten ei- nen Kaffee? Mir schmeckt der Kaffee am besten im Humidor-Haus in der Neustadt. Da ist es auch sehr schön zum Verweilen. Nette Leute kommen rein, und es entstehen immer wieder neue, anregende Gespräche. Aber die Altstadt ist und bleibt der schönste Ort in Landshut. Ich finde es zum Beispiel im La- vazza schön – oder im Neon und in den Eisdielen. Wo würde man Sie sonst noch in der Stadt treffen? Gerade am vergangenen Wo- chenende habe ich mit einigen Freunden eine Boazn-Tour ge- macht. Wir besuchten Lokale, die wir noch nicht kannten. Da- bei haben wir Sachen entdeckt, die einfach lustig und schön waren. Ich wusste gar nicht, dass es ein Lokal an der Inneren Münchener Straße gibt, das Syndikat heißt. Danach waren wir gegenüber vom Schwarzen Hahn in der Spuibar. Dort gibt es die beste Currywurst von Landshut. Gibt es Sachen in der Stadt, die Sie nicht so sehr mögen? Natürlich zählt nicht nur der Stadtkern zu Landshut, son- dern auch die äußeren Stadt- teile, wie zum Beispiel die Wolfgangsiedlung. Ich denke, insgesamt behandeln wir diese ein bisschen stiefmütterlich. Das müsste sich ändern. Ande- rerseits kann man wiederum sehen, dass sich auch etwas weiter weg vom Stadtkern, wenn man durch die Seligen- thaler Straße und das Nikola- viertel geht, vieles verändert hat. Die Baubranche boomt derzeit. Und das sieht man auch bei uns in Landshut. Jetzt versuchen viele, mit Im- mobilien das große Geld zu machen. Leidet nicht die Quali- tät darunter? Immobilien sind immer noch eine relativ sichere Investition. Da der Immobilienmarkt in den umgebenden Großstädten wie München und Regensburg leergefegt wurde, schielen jetzt viele Investoren in Richtung Landshut und hoffen, dass sie hier das große Geld machen können. Die Häuser werden schnell aufgehübscht und teuer verkauft. Das ist natürlich schlecht, aber dem Wandel der Zeit geschuldet, den wir nicht aufhalten werden können. Wird alles noch teurer, oder ist das Limit schon erreicht? Ich möchte im Kaffeesatz lesen können, um diese Frage zu be- antworten (lacht). Meine Prog- nose ist aber, dass die Preise wohl noch weiter nach oben gehen werden. Welche Fehler wurden ge- macht? Wir haben es leider verschla- fen, den sozialen Wohnungs- bau beizeiten voranzutreiben. Man kann leider nicht die letz- ten 15 Jahre in zwei Jahren auf- holen. Die jetzige demografi- sche Entwicklung macht uns ordentlich Druck. Für alle ist diese Entwicklung nicht gut, aber am meisten betroffen ist die Mittelschicht. Jetzt sind die Leute gezwungen, für ein Ei- genheim oder eine Mietwoh- nung noch tiefer in die Tasche zu greifen. Sind alte Häuser als Investiti- on noch attraktiv? Das ist pauschal so nicht zu be- antworten. Das muss man von Fall zu Fall prüfen. Es fällt aber auf, dass in der Altstadt und Neustadt überall Gerüste und Kräne stehen. Da sieht man: Die Sanierungen laufen gut. Al- lerdings ist es eher so, dass die unsanierten Objekte, die früher für den halben Preis angeboten worden sind, jetzt das Doppel- te oder gar das Dreifache kos- ten. Früher war ich der Mei- nung, ich muss jedes Objekt, das mir angeboten wurde, kau- fen. Aber jetzt denke ich: Nein, muss ich nicht, weil in fünf bis zehn Jahren wird es wieder günstigere Häuser geben. Wie kam es, dass Sie sich mit der Sanierung alter Häuser be- schäftigt haben? Ich bin ursprünglich gelernter Autosattler und Raumausstat- ter. In dieser Branche habe ich einige Jahre gearbeitet. Aber ich war jung und wollte auch noch andere Berufe kennenler- nen. Dann traf ich den Chef ei- ner Immobilienfirma, der hauptsächlich alte Häuser in Berlin und München gekauft, saniert und weiterverkauft hat. Dort hatte ich auch zum ersten Mal Kontakt mit dem Landes- amt für Denkmalpflege – und alles by doing gelernt. Was mussten Sie da ganau machen? Die erste Aufgabe, die mein Chef mir aufgetragen hatte, war, ein Parkett in einem alten Gebäude am Regierungsplatz zu schleifen. Wie empfanden Sie diese neue Arbeit? Das hatte mit der diffizilen Sattlerarbeit nichts zu tun, wo jeder Stich ins Leder sitzen muss. Bei meinem neuen Job war viel Muskelkraft gefragt. Ich musste vom Parkett erst eine Betonschicht herunter- klopfen. Nach zwei Tagen war ich ziemlich erschöpft und bat meinen Chef um eine Auszeit. Aber am nächsten Tag habe ich überlegt: Nee, das kann ich ihm nicht antun, jetzt muss ich mich da durchbeißen. So bin ich dann drangeblieben. Wie haben Sie den Sprung in die Selbstständigkeit ge- schafft? Mein Chef hat erkannt, dass ich sehr gut organisieren kann. So habe ich immer mehr Baustel- len von ihm bekommen, die ich leiten durfte. Je mehr ich lern- te, desto mehr brannte ich, mich selbstständig zu machen. Ich wusste, wenn ich einen Fliesenleger beschäftigen möchte, dann muss ich selber perfekt Fliesen legen können. So habe ich mir mit der Zeit alle handwerklichen Arbeiten selbst angeeignet. An welches Haus erinnern Sie sich gerne, das Sie saniert ha- ben? Das alte Torwärterhäuschen in der Schlossgasse war mein ers- tes eigenes Objekt, an dem ich drei Jahre lang gearbeitet habe. Dr. Mathias Ueblacker und Pe- ter Adler vom Denkmalschutz haben mir dabei sehr geholfen. Die gelungene Sanierung wurde sogar für den Bayerischen Re- novierungsorden vorgeschla- gen. Leider habe ich gegen die Nibelungenhalle in Passau ver- loren, was ich dann aber doch ganz gut verschmerzen konnte. Durch diese Arbeit habe ich be- wusst wahrgenommen, was ich schon in meinem Elternhaus gelernt hatte: das Alte zu schät- zen und zu bewahren. Morgen lesen Sie im zweiten Teil des AZ-Interviews: Wie manche Landshuter gegen den Denkmalschutz verstoßen – und wie gefährlich Leerstand für die Bausubstanz ist Im AZ-Interview spricht Rudi Napholtz über seine Leidenschaft für alte Gemäuer. Er saniert marode Häuser in Landshut – und er sagt, wie sich der Markt in der Stadt entwickeln kann Rudi Napholtz: „Der soziale Wohnungsbau wurde nicht beizeiten vorangetrieben“. Fotos (2): Christine Vinçon Die Wohnung in der Kirchgasse 236 ist ein Kleinod der Architektur. Zu dem Gebäude im Altstadtkern gehört auch ein Garten. Foto: Peter Litvai Das Haus in der Passage Rosengasse ist denkmalgeschützt. Im Durchgang zur Börmergasse befindet sich eine kleine Ruheoase für Passanten. Fotos (3): Napholtz Kirchgasse 239 – mit der Denk- malschutzmedaille ausgezeichnet. Das Torwärterhaus von 1460: Napholtz hat das neue Domizil in der Schlossgasse 166 zum architektonischen Juwel gestaltet. Neustadt 527: eine der außerge- wöhnlichsten Fassaden. Rudi Napholtz im Gespräch mit Redakteur Christoph Reich (r.) und Volontärin Carmen Merckenschlager. Kirchgasse 236: 1459 urkundlich erwähnt. Fotos: Alexandrina Slavescu AUF EINEN KAFFEE mit Rudi Napholtz Der 43-Jährige ist eigentlich gelernter Raumausstatter und Sattler. Doch haupt- sächlich kümmert er sich um verfallene Häuser in Landshut, die er nach Denk- malschutzrichtlinien sa- niert.

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Page 1: ãMit Pinselsanierungen machen viele das schnelle GeldÒ · thaler Stra§e und das Nikola-viertel geht, vieles ver ndert hat. Die Baubranche boomt derzeit. Und das sieht man auch

4 LANDSHUT ABENDZEITUNG MONTAG, 12. 3. 2018 WWW.AZ-LANDSHUT.DE

„Mit Pinselsanierungenmachen viele das schnelle Geld“

Von Christoph Reich

Er hat keine Berührungs-ängste mit dem Denk-malschutz. Ganz im Ge-

genteil: Rudi Napholtz arbeitetmit der Behörde eng zusam-men. Er möchte alten Häusernwieder Leben einhauchen, siezum Strahlen bringen. „Pinsel-sanierungen“, wie Rudi Nap-holtz das schnell geldbringen-de Renovieren von Häusernnennt, widerstreben ihm dage-gen zutiefst. Die Geschichte derjahrhundertealten Gemäuersollte man respektieren, sagter. Und wenn er von seinemneuesten Projekt spricht, glän-zen seine Augen. „In der Schön-brunner Straße entsteht geradeein wunderschönes Haus, ob-

wohl es momentan noch eineRuine ist und viele Risse hat.“Genauso begeistert ist er, wenner über „sein“ Landshut spricht.

AZ: Herr Napholtz, was ist IhreLieblingsecke in der Stadt?RUDI NAPHOLTZ: In Landshutentdecke ich immer wiederviele schöne Plätze, wo manzur Ruhe kommen kann. Daskann auch eine Parkbank sein,wo man über die Dächer vonLandshut schauen kann. Ganzoben im Hofgarten, da ist soeine. Es war schon früher einermeiner Lieblingsplätze.Wo trinken Sie am liebsten ei-nen Kaffee?Mir schmeckt der Kaffee ambesten im Humidor-Haus inder Neustadt. Da ist es auchsehr schön zum Verweilen.Nette Leute kommen rein, undes entstehen immer wiederneue, anregende Gespräche.Aber die Altstadt ist und bleibtder schönste Ort in Landshut.Ich finde es zum Beispiel im La-vazza schön – oder im Neonund in den Eisdielen.Wo würde man Sie sonst nochin der Stadt treffen?Gerade am vergangenen Wo-chenende habe ich mit einigenFreunden eine Boazn-Tour ge-macht. Wir besuchten Lokale,die wir noch nicht kannten. Da-bei haben wir Sachen entdeckt,die einfach lustig und schönwaren. Ich wusste gar nicht,dass es ein Lokal an der InnerenMünchener Straße gibt, dasSyndikat heißt. Danach warenwir gegenüber vom SchwarzenHahn in der Spuibar. Dort gibtes die beste Currywurst vonLandshut.Gibt es Sachen in der Stadt, dieSie nicht so sehr mögen?Natürlich zählt nicht nur derStadtkern zu Landshut, son-dern auch die äußeren Stadt-teile, wie zum Beispiel dieWolfgangsiedlung. Ich denke,insgesamt behandeln wir diese

ein bisschen stiefmütterlich.Das müsste sich ändern. Ande-rerseits kann man wiederumsehen, dass sich auch etwas

weiter weg vom Stadtkern,wenn man durch die Seligen-thaler Straße und das Nikola-viertel geht, vieles verändert

hat. Die Baubranche boomtderzeit. Und das sieht manauch bei uns in Landshut.Jetzt versuchen viele, mit Im-

mobilien dasgroße Geld zumachen. Leidetnicht die Quali-tät darunter?Immobilien sind immer nocheine relativ sichere Investition.Da der Immobilienmarkt inden umgebenden Großstädtenwie München und Regensburgleergefegt wurde, schielen jetztviele Investoren in RichtungLandshut und hoffen, dass siehier das große Geld machenkönnen. Die Häuser werdenschnell aufgehübscht und teuerverkauft. Das ist natürlichschlecht, aber dem Wandel derZeit geschuldet, den wir nichtaufhalten werden können.Wird alles noch teurer, oderist das Limit schon erreicht?Ich möchte im Kaffeesatz lesenkönnen, um diese Frage zu be-antworten (lacht). Meine Prog-nose ist aber, dass die Preisewohl noch weiter nach obengehen werden.Welche Fehler wurden ge-macht?Wir haben es leider verschla-fen, den sozialen Wohnungs-bau beizeiten voranzutreiben.Man kann leider nicht die letz-ten 15 Jahre in zwei Jahren auf-holen. Die jetzige demografi-sche Entwicklung macht unsordentlich Druck. Für alle istdiese Entwicklung nicht gut,aber am meisten betroffen istdie Mittelschicht. Jetzt sind dieLeute gezwungen, für ein Ei-genheim oder eine Mietwoh-nung noch tiefer in die Taschezu greifen.Sind alte Häuser als Investiti-on noch attraktiv?

Das ist pauschal so nicht zu be-antworten. Das muss man vonFall zu Fall prüfen. Es fällt aberauf, dass in der Altstadt undNeustadt überall Gerüste undKräne stehen. Da sieht man:Die Sanierungen laufen gut. Al-lerdings ist es eher so, dass dieunsanierten Objekte, die früherfür den halben Preis angebotenworden sind, jetzt das Doppel-te oder gar das Dreifache kos-ten. Früher war ich der Mei-nung, ich muss jedes Objekt,das mir angeboten wurde, kau-fen. Aber jetzt denke ich: Nein,muss ich nicht, weil in fünf biszehn Jahren wird es wiedergünstigere Häuser geben.Wie kam es, dass Sie sich mitder Sanierung alter Häuser be-schäftigt haben?

Ich bin ursprünglich gelernterAutosattler und Raumausstat-ter. In dieser Branche habe icheinige Jahre gearbeitet. Aberich war jung und wollte auchnoch andere Berufe kennenler-nen. Dann traf ich den Chef ei-ner Immobilienfirma, derhauptsächlich alte Häuser inBerlin und München gekauft,saniert und weiterverkauft hat.Dort hatte ich auch zum erstenMal Kontakt mit dem Landes-amt für Denkmalpflege – undalles by doing gelernt.Was mussten Sie da ganaumachen?Die erste Aufgabe, die meinChef mir aufgetragen hatte,war, ein Parkett in einem altenGebäude am Regierungsplatzzu schleifen.Wie empfanden Sie diese neueArbeit?Das hatte mit der diffizilenSattlerarbeit nichts zu tun, wojeder Stich ins Leder sitzenmuss. Bei meinem neuen Jobwar viel Muskelkraft gefragt.Ich musste vom Parkett ersteine Betonschicht herunter-klopfen. Nach zwei Tagen warich ziemlich erschöpft und batmeinen Chef um eine Auszeit.Aber am nächsten Tag habe ichüberlegt: Nee, das kann ich ihmnicht antun, jetzt muss ichmich da durchbeißen. So binich dann drangeblieben.Wie haben Sie den Sprung indie Selbstständigkeit ge-schafft?Mein Chef hat erkannt, dass ichsehr gut organisieren kann. Sohabe ich immer mehr Baustel-len von ihm bekommen, die ichleiten durfte. Je mehr ich lern-te, desto mehr brannte ich,mich selbstständig zu machen.Ich wusste, wenn ich einenFliesenleger beschäftigenmöchte, dann muss ich selberperfekt Fliesen legen können.So habe ich mir mit der Zeit allehandwerklichen Arbeitenselbst angeeignet.An welches Haus erinnern Siesich gerne, das Sie saniert ha-ben?Das alte Torwärterhäuschen inder Schlossgasse war mein ers-tes eigenes Objekt, an dem ichdrei Jahre lang gearbeitet habe.Dr. Mathias Ueblacker und Pe-ter Adler vom Denkmalschutzhaben mir dabei sehr geholfen.Die gelungene Sanierung wurdesogar für den Bayerischen Re-novierungsorden vorgeschla-gen. Leider habe ich gegen dieNibelungenhalle in Passau ver-loren, was ich dann aber dochganz gut verschmerzen konnte.Durch diese Arbeit habe ich be-wusst wahrgenommen, was ichschon in meinem Elternhausgelernt hatte: das Alte zu schät-zen und zu bewahren.

Morgen lesen Sie im zweitenTeil des AZ-Interviews:Wie manche Landshutergegen den Denkmalschutzverstoßen – und wie gefährlichLeerstand für die Bausubstanz ist

Im AZ-Interview spricht

Rudi Napholtz über

seine Leidenschaft für

alte Gemäuer. Er saniert

marode Häuser in

Landshut – und er sagt,

wie sich der Markt in der

Stadt entwickeln kann

Rudi Napholtz: „Der soziale Wohnungsbau wurde nicht beizeiten vorangetrieben“. Fotos (2): Christine Vinçon

Die Wohnung in der Kirchgasse 236 ist ein Kleinod der Architektur. Zu dem Gebäude im Altstadtkern gehört auch

ein Garten. Foto: Peter Litvai

Das Haus in der Passage Rosengasse ist denkmalgeschützt. Im Durchgang zur Börmergasse befindet sich eine

kleine Ruheoase für Passanten. Fotos (3): Napholtz

Kirchgasse 239 – mit der Denk-

malschutzmedaille ausgezeichnet.

Das Torwärterhaus von 1460: Napholtz hat das neue Domizil in der

Schlossgasse 166 zum architektonischen Juwel gestaltet.

Neustadt 527: eine der außerge-

wöhnlichsten Fassaden.

Rudi Napholtz im Gespräch mit Redakteur Christoph

Reich (r.) und Volontärin Carmen Merckenschlager.

Kirchgasse 236: 1459 urkundlich

erwähnt. Fotos: Alexandrina Slavescu

AUF EINEN KAFFEEmit

Rudi Napholtz

Der 43-Jährige ist eigentlichgelernter Raumausstatterund Sattler. Doch haupt-sächlich kümmert er sichum verfallene Häuser inLandshut, die er nach Denk-malschutzrichtlinien sa-niert.

Page 2: ãMit Pinselsanierungen machen viele das schnelle GeldÒ · thaler Stra§e und das Nikola-viertel geht, vieles ver ndert hat. Die Baubranche boomt derzeit. Und das sieht man auch

4 LANDSHUT ABENDZEITUNG DIENSTAG, 13. 3. 2018 WWW.AZ-LANDSHUT.DE

„Der Leerstandmacht Probleme“

Von Christoph Reich

AZ: Herr Napholtz, Sie stam-men aus Rumänien. Hatten Sieschon dort etwas für alte Bau-ten übrig?RUDI NAPHOLTZ: Ich bin inSatu Mare geboren. Meine Hei-matstadt ist, genauso wieLandshut, 800 Jahre alt. Es gibtdort auch wunderschöne alteHäuser, die ich aber als Jugend-licher nicht wirklich wahrge-nommen habe. Erst als ichkürzlich dort im Urlaub war,habe ich sie bewusst betrachtetund an ihnen sehr viele schöneVerzierungen und kleineSkulpturen wie Engelsköpfeund Drachen entdeckt. Ichkann jetzt darüber nur speku-lieren, ob mich dieses Umfeld,in dem ich meine Kindheit undJugend verbracht habe, fürmeine spätere Passion geprägthat.Wenn Sie andere Städte besu-chen, sehen Sie sich diese Orteaus dem Blickwinkel einesHäusersanierers an?Das kann ich jetzt gar nichtmehr anders. Ich erinneremich: Wir sanierten am Isarge-stade gerade das alte Finanz-amt und waren auf der Suchenach alten Türen. An einemverlängerten Wochenende inRom habe ich dann etwa 350Türen fotografiert, aber auchviele Kanaldeckel.Warum Kanaldeckel?Die haben mich fasziniert. Diemuss man sich in Rom genaueranschauen: Kanaldeckel mitSonnenmustern, Gesichternund jeder Menge Wappen.Und was war mit den Türen?Haben Sie am Isargestade Tü-ren nach römischem Mustereingebaut?Na ja, ich hatte vier Zeichnun-gen aufgrund der Fotos ange-

Im zweiten Teil des

AZ-Interviews spricht

Altbau-Sanierer

Rudi Napholtz über

Denkmalschutz-Verstöße

– und was alte Häuser

nachhaltig gefährdet

fertigt und dem Landesamt fürDenkmalpflege präsentiert. Siewurden leider nicht geneh-migt. Allerdings hat mir die Be-hörde schöne Alternativen vor-geschlagen.Wenn jemand jetzt ein altesHaus hätte, das saniert wer-den müsste, was würden Sieihm raten?Ich finde es immer ganz wich-tig, dass der Kunde sagt, was ermit dem Haus machen möchte.Will er es selbst beziehen odervermieten? Soll das Haus ener-getisch saniert werden? Wasist wichtig: Fenster, Türen, Fas-sade? Und dann findet man fürjeden Kunden eine Lösung, dieauf ihn zugeschnitten ist. Es istnatürlich auch eine Frage desBudgets.Wie reagieren Sie, wenn derKunde sich nicht an den Denk-malschutz halten möchte?Wenn ein Kunde zum Beispielunbedingt einen Durchbruchfür eine Türe an einer Wandaus dem 17. Jahrhundertdurchführen möchte, dannwerde ich Alternativen dazuvorschlagen. Und wenn derKunde damit nicht einverstan-den ist, dann werde ich dasProjekt nicht annehmen.Aber der Kunde darf doch oh-nehin nicht alles machen,wenn er ein denkmalgeschütz-tes Haus besitzt?Der Kunde kann leider fast allesmachen. Wer sich darüber hin-wegsetzt, wird zwar gerügt,aber richtige Konsequenzengibt es nicht. Er darf dann nurnicht erwarten, dass er das,was er gemacht hat, auch nochsteuerlich abschreiben kann.Gibt es Häuser, die so stark be-schädigt sind, dass sie nichtmehr sanierungsfähig sind?Die gibt es immer wieder –auch in Landshut. Der Grunddafür ist, dass diese Häuserüber Jahrzehnte leer gelassenworden sind.Was passiert mit diesen Häu-sern?Diese verlassenen Häuser küh-len aus, und in die Wände ziehtFeuchtigkeit ein. Und wenn soein Haus dann zehn Jahre langleer gestanden ist, gibt es nach

einer Sanierung große Proble-me. Denn beim sukzessivenAustrocknen des Gebäudestrocknen auch die alten Stuck-decken oder Balken so starkaus, dass sie Jahre später ausei-nandergehen und irreparableSchäden am Haus anrichten.Könnten Sie sich vorstellen, ineinem Neubau zu wohnen?Ja, das kann ich mir sehr wohlvorstellen. Bis dato habe ichaber noch kein neues Haus ge-baut, weil ich mir das nicht zu-getraut habe. Bei einem Neu-bau scheint alles möglich, allesgrenzenlos zu sein. Bei einemalten Haus bekomme ich abermeine Grenzen gesetzt. Dortfinde ich eine Struktur vor, diemir hilft, meine Pläne umzu-setzen. Das heißt aber nicht,dass ich bei denkmalgeschütz-ten Häusern auf modernenKomfort verzichten muss.

Sie sind mit 16 Jahren nachDeutschland gekommen. Wel-che Erwartungen hatten Siedamals?In Rumänien lebte ich in einemzehnstöckigen Wohnhaus mit82 Parteien. Es war eine schö-ne, behütete Kindheit, in derich viele Freunde hatte. Als ichmit meinen Eltern nach Lands-hut kam, war hier alles neu fürmich: bunte Werbung, vieleverschiedene Automarken unddas Farbfernsehen. Ich hatteLust, Neues zu entdecken undzu erleben. Doch ich vermissteauch meine alte Heimat undvor allem meine Freunde. Ichweiß es noch sehr genau, dassich viele Nächte abends gebetethabe: Lieber Gott, schenk mirwieder Freunde. Das war meinsehnlichster Wunsch. Es wareine harte Zeit, bis ich die ers-ten Kontakte knüpfen konnte.Wie haben Sie in Landshutschließlich neue Freunde ge-funden?Meine große Leidenschaft istdas Tanzen, am liebsten mag

ich lateinamerikanische Tänze.Und so habe ich durch dieTanzschule Peterhansel auchneue Freundschaften schließenkönnen.Wie würden Sie die Bayern be-schreiben?Die Bayern sind an sich etwaszurückhaltende Menschen. Eskann eine Weile dauern, bis sieeinen mögen. Deshalb mussman sich erst beweisen, bis sieeinem Respekt oder Anerken-nung zollen. Aber sie sind auchehrlich und sagen ihre Mei-nung gerade heraus.Und wie ist der Landshuter?Der Landshuter ist sehr eigen,aber ich zähle mich mittlerwei-le auch zu ihnen. Es gibt vielesogenannte Alphatiere in derStadt. Aber auch viele Men-schen, die herzlich und aufge-schlossen sind – das dauert al-lerdings eine Weile. Da mussman schon selber die Initiativeergreifen, damit sie einen einwenig besser kennenlernenund annehmen.Was gibt es in unserer Stadt,das Ihnen nicht so gut gefällt?Die einzige Kritik: Das städti-sche Marketing könnte manverbessern.Was sollte man verbessern?Um etwas zu verbessern,bräuchte man ein eigenes Bud-get, um ein Konzept zu entwi-ckeln, das Hand und Fuß hat.Ich gebe Ihnen nur ein kleinesBeispiel: Ich wollte letztes Jahrzu Silvester tanzen gehen inLandshut. Doch im Internethabe ich keine Veranstaltungmit Tanzmusik gefunden. Dasfand ich nicht gut. Vor allemFremde haben es schwer, diesich in der Stadt nicht ausken-nen. Da könnte man eine Appentwickeln, mit deren Hilfezum Beispiel alle Veranstaltun-gen des Tages abrufbar sind. Sokönnte auch jemand, der nochfremd in der Stadt ist, schnellAnschluss finden. Unsere Stadtist zwar wunderschön, aber ichwürde mich als Verantwortli-cher deshalb nicht darauf ver-lassen und mich ausruhen,sondern mich fragen: Wie ma-chen wir unsere Stadt zu-kunftsfähig?

„Ich hatte Lust,Neues zu entdeckenund zu erleben“

AUF EINEN KAFFEEmit

Rudi Napholtz

Der 43-Jährige ist eigentlichRaumausstatter, hat abereine Passion für alte Häuser,die er nach Richtlinien desDenkmalschutzes saniert.

Ein akribischer Denkmalerhalter: Rudi Napholtz hat auch die Ussar-Villa mit viel Liebe zum Detail saniert. Foto: Christine Vinçon

LANDSHUT kompakt

Nach Unfall weitergefahrenLANDSHUT Am Sonntag zwischen 12 und 13.30 Uhr ist einUnbekannter am Graf-Pocci-Weg 1 gegen einen geparktenblauen VW Golf gefahren und anschließend geflüchtet. Wiedie Polizei mitteilt, befindet sich der Schaden an der hinte-ren Stoßstange und beträgt rund 400 Euro. Statt den Vorfallzu melden, flüchtete der Fahrer vom Ereignisort. Die Polizeibittet um Zeugenhinweise unter ☎ 92520.

Windschutzscheibe beschädigtLANDSHUT In der Nacht auf Sonntag hat ein Unbekannter ander Pulverturmstraße 15 gegen die Windschutzscheibe einesschwarzen BMW X 3 geschlagen. Den entstandenen Schadenbeziffert die Polizei mit rund 500 Euro.

Einbruch in KleingartenanlageLANDSHUT Ein Unbekannter ist am Gutenbergweg, im Bereichder Kleingartenanlage hinter dem Eisstadion, in ein Garten-häuschen eingebrochen. Wie die Polizei mitteilt, beschädig-te er dort einige Einrichtungsgegenstände.

Verkaufsoffener SonntagLANDSHUT Im Industriegebiet und im Gewerbegebiet Münch-nerau werden zum verkaufsoffenen Sonntag am 18. März,von 13 bis 18 Uhr, entlang der Benzstraße, Ottostraße undHofmark Aich Halteverbotszonen eingerichtet. Dafür ist aberdas Parken an dem Einkaufstag ausnahmsweise im Indus-triegebiet auf dem „BMW-Parkplatz“ an der NeidenburgerStraße und im Gewerbegebiet Münchnerau auf dem Mitar-beiterparkplatz hinter dem „LA-Park“ möglich. Auf die Park-plätze wird mittels Schildern hingewiesen.

Eine runde Sachefür Informatiker

Für Informatiker ist das einrundes Jubiläum – schließlichwird die Zahl 16 in der Infor-matik oft als 0x10 ausgedrückt.

Die Feier wird am 23. März ab16 Uhr im Audimax (ZH 007)stattfinden.

Ein Höhepunkt wird die Fest-rede von Manfred Broy, Grün-dungspräsident und Geschäfts-führer des Zentrum Digitalisie-rung Bayerns. Er wird über dieInformatik als Treiber des digi-talen Wandels sprechen. Zu-

dem geben DekanDieter Nazareth,Studierende undEhemalige Rück-und Ausblicke aufdie Entwicklungder Fakultät. AlleAlumni sind zurFeier eingeladen.Um Anmeldungwird gebeten:www.haw-lands-hut.de/0x10Jah-reFakultaetInfor-matik

Die Fakultät Informatik

der Hochschule

Landshut feiert am

23. März ihr 16-Jähriges

Seit 16 Jahren besteht die Fakultät Informatik der

Hochschule Landshut schon.