mikrozellen zur voltammetrischen und polarographischen bestimmung mit kleinen probenvolumina

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Mikrozellen zur voltammetrischen und polarographischen Bestimmung mit kleinen Probenvolumina Siegfried Ebel, Franz-Josef Plaeke und Peter Surmann Institut ffir Pharmazie und Lebensmittelchemie der Bayerischen Julius-Maximilians Universitfit Wfirzburg, Am Hubland, D-7800 Wiirzburg, Bundesrepublik Deutschland Fachbereich Pharmazie und Lebensmittelchemie der Philipps-Universitfit Marburg, Marbacher Weg 6, D-3550 Marburg/Lahn, Bundesrepublik Deutschland Microliter-Vessels for Use in Voltammetry and Polarography of Small Sample Volumes Summary. For use in the microliter range in drug analysis, vessels for voltammetry and polarography are described. Using dropping mercury electrodes a glass type system with 180 gl volume is described with construction details. Rotat- ing disc electrodes need larger volumes while voltammetric analyses with solid electrodes are possible with vessels of only 80 gl with the symmetrical three-electrode technique. Determinations of some drugs are given as examples: methotrexate with differential-pulse and alternating current polarography, chlorpromazin by anodic oxidation at a glassy carbon electrode. Zusammenfassung. Mikrozellen werden vorgestellt ffir die voltammetrische und polarographische Arzneimittelanalyse im Bereich von lal-Proben. Ffir die Verwendung mit der Quecksilbertropfelektrode wird ein Ganzglassystem mit 180 gl Volumen beschrieben. Rotierende Scheibenelektro- den erfordern gr6gere Volumina, w/ihrend voltammetrische Analysen mit Festk6rperelektroden bei 80 gl Zellvolumen mit der symmetrischen Dreielektrodentechnik m6glich sind. Als Beispiele werden erw/ihnt: die Bestimmung von Metho- trexat mit Hilfe der differentiellen Puls- sowie der Wechsel- strompolarographie und die Bestimmung yon Chlorproma- zin durch anodische Oxidation an der Glaskohleelektrode. Einfiihrung Voltammetrische Analysenverfahren - hierbei wird der StromfluB in Abh/ingigkeit yon der angelegten Spannung gemessen und ausgewertet - besitzen gegeniber anderen Analysenmethoden eine Reihe yon Vorteilen. Es lassen sich elektrochemisch reduzierbare oder oxidierbare Substanzen bestimmen. Da selbst sehr geringe Str6me sehr genau meB- bar sind, besitzen diese Verfahren eine sehr hohe Empfind- lichkeit. In geeigneten F/illen ist die Empfindlichkeit so hoeh, dab dfinnschiehtchromatographisch getrennte Substanzen nach Elution [1, 2] oder auch direkt in Gegenwart des Sor- bens [3] polarographisch quantitativ bestimmbar sind. Nachteilig ist bei der Verwendung yon Festk6rperelektroden das Auftreten von Adsorptionsph/inomenen und bei der Polarographie als Spezialfall der Voltammetrie an der trop- fenden Quecksilberelektrode die Begrenzung des MeBbe- reichs auf der oxidativen Seite. Wegen ihrer hohen Empfind- lichkeit kommt diesen Analysenverfahren in der pharmazeu- Fresenius Z Anal Chem (1985) 321:660--665 Springer-Verlag 1985 tischen Analytik ein hoher Stellenwert zu. Allerdings bildet in vMen F/illen das insgesamt hohe Zellvolumen wiederum eine Einschr/inkung. Bei der Anwendung der Voltammetrie bzw. Polarographie zur Bestimmung von Arzneistoffen oder deren Metaboliten im Blutserum w/ire es von enormem Vor- tel, wenn man eine Bestimmung aus 50-100 gl Serum di- rekt durchffihren k6nnte. Das Nutzvolumen einer solchen Mikrozelle sollte deshalb etwa 200 bis 300 gl nicht iiber- schreiten. Versuche zur Verringerung des MeBvolumens in der Po- larographie wurden bereits vor mehr als 15 Jahren begonnen und haben vor allem in der Inversvoltammetrie am h/ingen- den Quecksilbertropfen zu beachtlichen Erfolgen geffihrt. F fir die Polarographie (an der tropfenden Quecksilberelek- trode) sind praktisch keine Untersuchungen auf Minimie- rung des Analysenvolumens bekannt. Demgegenfiber ist eine Reihe von Arbeiten aus der Voltammetrie bekannt. Die von Kissinger [4] beschriebene Anordnung besitzt den groBen Nachteil der unsymmetrischen Zellgeometrie. Die von Curran [5] und Wang [6] beschriebenen Mikrozellen sind symmetrisch aufgebaut, aber unpraktisch in der An- wendung. Auf Curran [5] gehen die Dreielektroden-Meg- technik und die symmetrische Anordnung zurfick (sog. Thin-Layer Voltammetry). Eine Mel3zelle zum Arbeiten mit einer rotierenden Edelmetallelektrode mit ca. I ml Nutzvo- lumen wurde von Bruckenstein beschrieben [7]. Mikrozelle fiir die Polarographie Eine Mikrozelle zur Verwendung mit einer tropfenden Quecksilberelektrode ist in Abb. 1 dargestellt. Das Nutzvo- lumen betr/igt ca. 300 gl. Die Zelle kann fest montiert wer- den. Das Ffillen und Spfilen der MeBzelle erfolgt fiber einen dfinnen Teflonschlauch mit Hilfe einer Spritze durch eine entsprechende Bohrung. Durch eine weitere Bohrung kann ein Teflonschlauch zum Entgasen mit Stickstoff bis in die L6sung eingeschoben werden. Zieht man diesen Schlauch zuriick, verbleibt eine str6mende Schutzgasatmosph/ire fiber der L6sung. Bodenquecksilber, Analysenl6sung und Spill- flfissigkeit k6nnen fiber eine am Boden angebrachte Boh- rung abgesaugt werden. Ein entsprechendes Gewinde er- laubt es, handelsfibliche Bezugselektroden (Metrohm, Herisau) einzuschrauben. Als Material der Zelle kann Plexi- glas, KelF oder auch Teflon verwendet werden. Es ist aller- dings zu beachten, dag unter Umst/inden Adsorptionsph/i- nomene (vor allem an Plexiglas) an diesen Materialien auf- treten k6nnen. Will man eine Dreielektrodenteehnik (Mel-, Bezugs- und Hilfselektrode) anwenden, so kann die aufgezeigte

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Page 1: Mikrozellen zur voltammetrischen und polarographischen Bestimmung mit kleinen Probenvolumina

Mikrozellen zur voltammetrischen und polarographischen Bestimmung mit kleinen Probenvolumina Siegfried Ebel, Franz-Josef Plaeke und Peter Surmann Institut ffir Pharmazie und Lebensmittelchemie der Bayerischen Julius-Maximilians Universitfit Wfirzburg, Am Hubland, D-7800 Wiirzburg, Bundesrepublik Deutschland Fachbereich Pharmazie und Lebensmittelchemie der Philipps-Universitfit Marburg, Marbacher Weg 6, D-3550 Marburg/Lahn, Bundesrepublik Deutschland

Microliter-Vessels for Use in Voltammetry and Polarography of Small Sample Volumes

Summary. For use in the microliter range in drug analysis, vessels for voltammetry and polarography are described. Using dropping mercury electrodes a glass type system with 180 gl volume is described with construction details. Rotat- ing disc electrodes need larger volumes while voltammetric analyses with solid electrodes are possible with vessels of only 80 gl with the symmetrical three-electrode technique. Determinations of some drugs are given as examples: methotrexate with differential-pulse and alternating current polarography, chlorpromazin by anodic oxidation at a glassy carbon electrode.

Zusammenfassung. Mikrozellen werden vorgestellt ffir die voltammetrische und polarographische Arzneimittelanalyse im Bereich von lal-Proben. Ffir die Verwendung mit der Quecksilbertropfelektrode wird ein Ganzglassystem mit 180 gl Volumen beschrieben. Rotierende Scheibenelektro- den erfordern gr6gere Volumina, w/ihrend voltammetrische Analysen mit Festk6rperelektroden bei 80 gl Zellvolumen mit der symmetrischen Dreielektrodentechnik m6glich sind. Als Beispiele werden erw/ihnt: die Bestimmung von Metho- trexat mit Hilfe der differentiellen Puls- sowie der Wechsel- strompolarographie und die Bestimmung yon Chlorproma- zin durch anodische Oxidation an der Glaskohleelektrode.

Einfiihrung

Voltammetrische Analysenverfahren - hierbei wird der StromfluB in Abh/ingigkeit yon der angelegten Spannung gemessen und ausgewertet - besitzen gegeniber anderen Analysenmethoden eine Reihe yon Vorteilen. Es lassen sich elektrochemisch reduzierbare oder oxidierbare Substanzen bestimmen. Da selbst sehr geringe Str6me sehr genau meB- bar sind, besitzen diese Verfahren eine sehr hohe Empfind- lichkeit. In geeigneten F/illen ist die Empfindlichkeit so hoeh, dab dfinnschiehtchromatographisch getrennte Substanzen nach Elution [1, 2] oder auch direkt in Gegenwart des Sor- bens [3] polarographisch quantitativ bestimmbar sind. Nachteilig ist bei der Verwendung yon Festk6rperelektroden das Auftreten von Adsorptionsph/inomenen und bei der Polarographie als Spezialfall der Voltammetrie an der trop- fenden Quecksilberelektrode die Begrenzung des MeBbe- reichs auf der oxidativen Seite. Wegen ihrer hohen Empfind- lichkeit kommt diesen Analysenverfahren in der pharmazeu-

Fresenius Z Anal Chem (1985) 321:660--665 �9 Springer-Verlag 1985

tischen Analytik ein hoher Stellenwert zu. Allerdings bildet in vMen F/illen das insgesamt hohe Zellvolumen wiederum eine Einschr/inkung. Bei der Anwendung der Voltammetrie bzw. Polarographie zur Bestimmung von Arzneistoffen oder deren Metaboliten im Blutserum w/ire es von enormem Vor- tel, wenn man eine Bestimmung aus 50-100 gl Serum di- rekt durchffihren k6nnte. Das Nutzvolumen einer solchen Mikrozelle sollte deshalb etwa 200 bis 300 gl nicht iiber- schreiten.

Versuche zur Verringerung des MeBvolumens in der Po- larographie wurden bereits vor mehr als 15 Jahren begonnen und haben vor allem in der Inversvoltammetrie am h/ingen- den Quecksilbertropfen zu beachtlichen Erfolgen geffihrt. F fir die Polarographie (an der tropfenden Quecksilberelek- trode) sind praktisch keine Untersuchungen auf Minimie- rung des Analysenvolumens bekannt. Demgegenfiber ist eine Reihe von Arbeiten aus der Voltammetrie bekannt. Die von Kissinger [4] beschriebene Anordnung besitzt den groBen Nachteil der unsymmetrischen Zellgeometrie. Die von Curran [5] und Wang [6] beschriebenen Mikrozellen sind symmetrisch aufgebaut, aber unpraktisch in der An- wendung. Auf Curran [5] gehen die Dreielektroden-Meg- technik und die symmetrische Anordnung zurfick (sog. Thin-Layer Voltammetry). Eine Mel3zelle zum Arbeiten mit einer rotierenden Edelmetallelektrode mit ca. I ml Nutzvo- lumen wurde von Bruckenstein beschrieben [7].

Mikrozelle fiir die Polarographie

Eine Mikrozelle zur Verwendung mit einer tropfenden Quecksilberelektrode ist in Abb. 1 dargestellt. Das Nutzvo- lumen betr/igt ca. 300 gl. Die Zelle kann fest montiert wer- den. Das Ffillen und Spfilen der MeBzelle erfolgt fiber einen dfinnen Teflonschlauch mit Hilfe einer Spritze durch eine entsprechende Bohrung. Durch eine weitere Bohrung kann ein Teflonschlauch zum Entgasen mit Stickstoff bis in die L6sung eingeschoben werden. Zieht man diesen Schlauch zuriick, verbleibt eine str6mende Schutzgasatmosph/ire fiber der L6sung. Bodenquecksilber, Analysenl6sung und Spill- flfissigkeit k6nnen fiber eine am Boden angebrachte Boh- rung abgesaugt werden. Ein entsprechendes Gewinde er- laubt es, handelsfibliche Bezugselektroden (Metrohm, Herisau) einzuschrauben. Als Material der Zelle kann Plexi- glas, KelF oder auch Teflon verwendet werden. Es ist aller- dings zu beachten, dag unter Umst/inden Adsorptionsph/i- nomene (vor allem an Plexiglas) an diesen Materialien auf- treten k6nnen.

Will man eine Dreielektrodenteehnik (Mel-, Bezugs- und Hilfselektrode) anwenden, so kann die aufgezeigte

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Abb. 1. Mikrozelle ffir die Polarographie (Nutzvolumen ca. 300 lal; Material: Teflon, Plexiglas). 1 {)ffnung ffir tropfende Hg-Elektrode; 2 Bohrung ffir Teflonschlauch (Entlfiftung); 3 Bohrung fiir Teflon- schlauch (Ftillen, Spfilen); 4 Megraum; 5 eingeschraubte Bezugs- elektroden; 6 Bohrung zum Absaugen; 7 Bodenquecksilber

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1 cm

Abb. 2. Mikrozelle ffir die Dreielektrodentechnik in der Polarogra- phie. 10ffnung ffir tropfende Hg-Elektrode; 2 Bohrung ffir Teflon- schlauch (Entlfiftung); 3 Bohrung ffir Teflonschlauch (Ffillen, Spfi- len); 4 MeBraum; 5 eingeschraubte Bezugselektroden; 6 einge- schraubte Hilfselektrode; 7 Bodenquecksilber

Mikrozelle leicht abgewandelt werden (Abb. 2). Nachteilig bei beiden Zellen ist, dab unter den Elektroden lediglich ein kleines Volumen verbleibt. Es mul3 folglich darauf geachtet werden, dab nach einer bestimmten Analysenzahl das Bodenquecksilber ebenfalls entfernt wird, um Elektroden- kurzschlfisse auszuschlieBen. Unter Verwendung der Rapid- polarographie 1/iBt sich diese MeBzelle praktisch genauso verwenden wie eine normale Mel3zelle mit mehreren ml Volumen und auch die erhaltenen Polarogramme un- terscheiden sich in ihrem Verlauf nicht von normal auf- genommenen Polarogrammen. Die Empfindlichkeit - be- zogen auf die vorgelegte Analysenkonzentration - ist ebenfalls mit der normalen Polarographie vergleichbar.

Kalibrierungen an mehreren polarographisch leicht be- stimmbaren Arzneistoffen zeigten die prinzipielle Brauch- barkeit auf, zeigten aber gleichzeitig die Problematik der verwendeten Werkstoffe. Bei niedrigen Konzentrationen traten Adsorptionseffekte an der Zellwand auf, die zu nicht- linearen Kalibrierfunktionen ffihrten oder aber zu nichtre- produzierbaren Analysenergebnissen AnlaB gaben. Es wurde deshalb auf Glas als Werkstoff ausgewichen, da bier die Adsorptionserscheinungen - zumindest bei den von uns

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Abb. 3. Mikrozelle f/Jr die Polarographie (Nutzvolumen ca. 180 gl; Material: Glas). 1 Tropfende Quecksilberelektrode; 2 Teflon- schlauch zur Entgasung und Belfiftung; 3 seitlicher Schenkel zur Aufnahme von Bezugs- und Gegenelektrode; 4 Megraum; 5 Elek- trolytgef/iB der Bezugselektrode; 6 Platindraht (bei Dreielektroden- technik); 7 Schliffhahn

untersuchten Substanzen - nicht so stark in den Vorder- grund traten.

Eine Mikrozelle in Ganzglasausffihrung ist in Abb. 3 dargestellt. Als Bezugselektrode dient ebenfalls eine handels- fibliche Elektrode (Metrohm, Herisau), wobei der seitliche Schenkel der MeBzelle so ausgeffihrt ist, dab das Elektrolyt- gef/il3 (EA 1078/2; Metrohm, Herisau) direkt in die Analy- senl6sung eintauchen kann. Soll mit einer Dreielektroden- technik gearbeitet werden, kann ein Platindraht ebenfalls durch diesen Schenkel eingeffihrt werden.

Der senkrechte Schenkel nimmt die Quecksilbertropf- elektrode auf. Zur Verringerung des Nutzvolumens ist er unten entsprechend abgeschrfigt. Die Entgasung erfolgt fiber einen dfinnen Teflonschlauch, der durch eine Bohrung im senkrechten Schenkel eingeffihrt ist. Ein Schliffhahn nimmt das abtropfende Quecksilber auf und dient gleichzei- fig zum Ablassen. Das Nutzvolumen dieser Zelle liegt bei ca. 180 ~1.

Mikrozellen fiir rotierende Edelmetallelektroden

Ffir das Arbeiten mit rotierenden Edelmetallelektroden kann die in Abb. 2 aufgezeigte Mikrozelle unmittelbar ver- wendet werden. Nachteilig ist jedoch die Unsymmetrie der drei Elektroden zueinander. Aus diesem Grunde wurde die MeBzelle zu der in Abb. 4 wiedergegebenen Anordnung um- gebaut. Die Bezugselektrode wird am Boden der MeBzelle eingeschraubt. Verwendet wurden auch hier handelsfibliche Bezugselektroden, die ffir die elektrochemische Detektion in der HPLC angeboten werden (Metrohm, Herisau). Dutch Abdrehen des Elektrodenk6rpers wurde Platz geschaffen, einen Platiming aufzupressen, der als Hilfselektrode bei der Dreielektrodentechnik fungiert. Das Nutzvolumen betr/igt ca. 1000 gl.

Mikrozellen fiir die Voltammetrie mit Festk6rperelektroden

Kann man mit stationfiren Festk6rperelektroden voltamme- trische Bestimmungen der zu untersuchenden Substanzen durchffihren, so ist es m6glich, Mel3zellen mit wesentlich verkleinerten Nutzvolumina bis herab zu ca. 50 pl zu ver- wenden. Das Konstruktionsprinzip geht auf Curran [5] zu- rfick, besitzt folglich einen symmetrischen Aufbau und ist ffir die Dreielektrodentechnik ausgelegt. Wesentlicher Kon- struktionsunterschied ist die Verwendung von KelF-Di-

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1 cm

Abb. 4. Mikrozelle zum Arbeiten mit rotierenden Edelmetallelektro- den (Nutzvolumen ca. 1,000 gl; Material: Teflon, Plexiglas). 1 Off- nung ffir rotierende Elektrode; 2 Bohrungen mit Teflonschlfiuchen ffir Ffillen, Spiilen, Entgasen; 3 Mel3raum (Nutzvolumen ca. 1,000 gl); 4 Platinring (Hilfselektrode); 5 Diaphragma; 6 Ag/AgC1- Bezugselektrode (Metrohm); 7 Ableitung Bezugselektrode; 8 Ab- leitung Hilfselektrode

stanzringen anstelle einer Mikrometeranordnung. Ein un- terschiedliches Nutzvolumen kann durch verschieden hohe Distanzringe erreicht werden. Die Zelle ist so ausgelegt, dab handelsfibliche Elektroden (Metrohm, Herisau) verwendet werden k6nnen.

Die in Abb. 5 vorgestellte Mel3zelle arbeitet mit einer unten liegenden MeBelektrode (z. B. glassy carbon-Elek- trode) und einer oben angeordneten Ag/AgC1-Bezugselek- trode. Ahnlich der vorgestellten Me6zelle ffir das Arbeiten mit rotierenden Edelmetallelektroden ist auch hier die Hilfs- elektrode als Platinring ausgeffihrt und auf die Bezugselek- trode aufgepreBt. AuslaB- und Einla66ffnungen gestatten das Fiillen und Sp/.ilen der Me6zelle.

Eine Alternative zu dieser Konstrukt ion ist in Abb. 6 dargestellt. Konstruktionsunterschied ist die kegelstumpf- artige Dimensionierung des MeBraumes, die allerdings eine etwas aufwendigere feinmechanische Ausfiihrung der i.ibri- gen Bauteile aus Kunsts toff nach sich zieht. Besonders pr/i- zise muB die Dichtung ffir die Arbeitselektrode angefertigt werden. Die Bezugselektrode ist mit der Hilfselektrode als mechanische Einheit ausgeffihrt und wird einfach als Deckel auf das Unterteil aufgesetzt. Hierdurch ergibt sich eine v611ig unproblematische Handhabung.

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Abb. 5. Konstruktion einer Mikrozelle (Dfinnschichtzelle) fiir die Voltammetrie mit symmetrischer Anordnung von drei Elektroden (Nutzvolumen 100 Ixl). 1 Ableitung Bezugselektrode; 2 Ableitung Hilfselektrode; 3 Bezugselektrode (Metrohm); 4,5 Bohrungen mit eingepal3ten Teflonschliuchen zum Ffillen und Spiilen; 6 Kopfteil der Mel3zelle; 7 Pt-Ring; 8 Diaphragma; 9 Teflon-Distanzring; 10 Mel3raum; 11 glassy-carbon-Elektrodentip; 12 Verschraubungs- ring; 13 FuBteil der MeBzelle; 14 Arbeitselektrode (Metrohm); 15 Ableitung der Arbeitselektrode

[I

Polarographische Bestimmung von Methotrexat

Methotrexat (1) wird wegen seines Eingriffes als Folsfiure- Antagonist in die Purin-Biosynthese als Cytostat icum arz- neilich verwendet. Eine Kontrolle der auftretenden Konzen- trationen im Serum und Urin ist erforderlich, um einerseits einen wirksamen Spiegel zu erreichen, der aber andererseits wegen der Toxicit/it nicht wesentlich iiberschritten werden darf. Die polarographische Bestimmung von Methotrexat in pharmazeutischen Zubereitungen wurde in der Literatur beschrieben [8]. Hierbei wurde die differentielle Pulspolaro- graphie (DP) in N a O H (c = 0,1 mol/1) und HC1 (c = 0,2 mol/ 1) mit 50 mV Pulsamplitude verwendet. Es wurden Konzen- trationen im Bereich yon 10 bis 40 gg/ml mit einem Fehler

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Abb. 6. Mikrozelle zum Arbeiten mit station/iren Festk6rperelektro- den (Nutzvolumen ca. 80btl; Material: Teflon, Plexiglas). 1 MeBzellenoberteil (als Deckel ffir das Unterteil); 2 O-Ring zur Fixierung der 3 Ag/AgC1-Bezugselektrode; 4 Diaphragma; 5 Platinring (Hilfselektrode); 6 MeBzellenk6rper; 7 Mel3raum; 8 Dichtung aus Teflon oder KelF; 9 Arbeitselektrode mit glassy- carbon-Elektrodentip; 10 einschraubbares MeBzellenunterteil

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von etwa 0,5% (n = 7, aus der Kalibrierung ermittelt) be- stimmt. Bei der Bestimmung des Methotrexats im Plasma lag der Fehler bei etwa 2,1% (gespikte artifizielle Probe).

Abb. 7. Bestimmung von Methotrexat (1) mit Hilfe der differentiel- len Pulspolarographie (Pulsamplitude -40mV). Experimentelle Daten: Britton-Robinson-Puffer pH 2,2; Megbereich - 200 bis -450 mV vs Ag/AgC1-Elektrode; AU = - 1 V bei 0,5 mm/tarop und tdrop = 0,6 s. c = 3,07; 6,14; 7,68 gg/ml

Tabelle 1. MeBdaten der Kalibrierung der Methotrexat-Bestim- mung

C DP c AC1 AC2 [gg/ml] iv [gg/ml] i v ip

[nA] [hA] [nA]

3,07 16,8 0,1228 12,00 4,42 6,14 35,2 0,1842 22,50 6,38 7,68 44,4 0,2456 30,00 8,42 9,21 52,0 0,3070 39,83 10,63

10,75 64,0 0,3684 49,00 12,46 12,28 74,5 0,4298 54,83 13,96 13,82 82,6 0,4912 65,00 16,00 15,35 93,4 0,5526 73,17 18,13 16,89 100,4 0,6140 80,17 20,21 18,42 110,9 0,6754 87,83 21,75

0,7368 95,67 23,50

COOH

COOH NH2 H3C~..~,,.~ H

Methotrexat (1)

,..,. .... . ;.;'-'--'""

In der oben beschriebenen Ganzglas-Mikrozelle (diese wurde wegen der Versuche im ng-Bereich eingesetzt) ergaben sich mit Hilfe der differentiellen Pulspolarographie sehr gut auswertbare MeBkurven (Abb. 7). Die MeBbedingungen k6nnen der Abbildungslegende entnommen werden. Das Gesamtvolumen der Analyse betrug jeweils ca. 180 gl. Die Daten der Kalibrierung einschlieglich der aus der Kalibrie- rung resultierenden experimentellen, statistisch definierten Bestimmungsgrenze [9] sind in Tabelle I bzw. 2 aufgelistet. Die angeffihrten MeBwerte sind Mittelwerte aus jeweils drei Messungen.

Zur Verbesserung der Empfindlichkeit und Erniedrigung der Bestimmungsgrenze wurde auBer der differentiellen Pulspolarographie auch die Wechselstrompolarographie [10] eingesetzt, da diese Technik ein verbessertes Nachweis- verm6gen und h6here Empfindlichkeit, insbesondere bei re- versiblen Systemen, aufweist [11]. Bei dieser Methode wird die Gleichspannung fiber eine Treppenfunktion mit jedem Tropfen erh6ht und dabei mit einer sinusf6rmigen Wechsel- spannung (Ueff = 10 mV) konstanter Amplitude und Fre- quenz moduliert. Den resultierenden Wechselstromanteil mif3t man phasen- und frequenzselektiv (~0 = 0 ~ bei der- selben (co = 75 Hz) (AC1-Polarographie) oder bei der dop- pelten Anregungsfrequenz (AC2-Polarographie). Typische Mel3kurven der ACt-Technik sind in Abb. 8 aufgezeigt.

Wegen der manuell nut ungenau festlegbaren Basislinie sind die Ergebnisse nicht so pr/izise wie bei der differentiellen Pulspolarographie, die Bestimmungsgrenze wird jedoch von etwa 400 ng/ml auf etwa 25 ng/ml verbessert. Eine Verbesse-

I10 nA

-E

Abb. 8. Bestimmung von Methotrexat (1) mit Hilfe der AC1-Polaro- graphie (Uoff= 10mV; ~o=0~ Experimentelle Daten wie bei Abb. 7. c = 122,8; 184,2; 245,6 ng/ml

rung der Megtechnik bringt der Einsatz der rechnergekop- pelten Polarographie [12] bei Verwendung von Mikrozellen, wenn man die Basislinienerkennung und -festlegung fiber ein entsprechendes Approximationsverfahren [13, 14] durch- ffihrt.

Das Basislinienproblem lfigt sich aber auch noch auf anderen Wegen besser 16sen. Einmal k6nnte man die ACI- Polarogramme mit Hilfe geeigneter Ausgleichsfunktionen gl/ittend differenzieren oder aber die AC2-Polarographie einsetzen, die ebenfalls quasi zu abgeleiteten MeBkurven ffihrt. Bei beiden Verfahren wird eine konstant ansteigende Basislinie eliminiert. Eine parabolisch verlaufende Basis- linie - dieses trifft im verwendeten MeBbereich in etwa zu - wird zu einer besser auswertbaren, konstant ansteigenden Basislinie. Bei der AC2-Polarographie kommt hinzu, dab der Gleichstrom- und Kapazit/itsstromanteil noch besser unterdrfickt wird als bei der ACi-Technik. Typische Mel3- kurven sind in Abb. 9 wiedergegeben.

Die Tabellen 1 und 2 enthalten die MeBdaten aller drei genannten MeBtechniken ffir die Kalibrierungen der Metho- trexat-Bestimmung in der Mikrozelle nach Abb. 4 sowie die Daten der Kalibrierung.

Ffir die AC2-Technik sind noch zwei wichtige Anmer- kungen zu machen: St6rungen durch die Matrix lassen sich umgehen, wenn man lediglich den positiven oder den negati- ven Teil der MeBkurve auswertet. Die f/Jr die Technik ange- gebene Bestimmungsgrenze 1/il3t sich durch Verlagerung des Kalibrierbereiches zu niedrigeren Konzentrationen noch mindestens um den Faktor 3 verbessern.

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O i%inal

I2.5 nA -E

Abb. 9. Bestimmung von Methotrexat (i) mit Hilfe der AC2-Polaro- graphie. Experimentelle Daten wie bei Abb. 8. c = 368,4; 245,6; 122,8 ng/ml

Tabelle 2. Daten der Kalibrierung

DP ACI AC2

Empfindlichkeit [nA/gg m1-1] 6,176+_0,049 135,0+_2,0 31,22_+0,29

sdv (iv) [nA] 0,599 0,865 0,018 Bestimmungsgrenze

[gg/ml] 0,399 0,026 0,018

+E AU

Abb. 10. Voltammogramme bei der Bestimmung von Chloroproma- zin mit DP. (e= 5.10 -6 mol/1 in 5% HzSO4) in Mikrozellen (150 lal). A Unsymmetrische Anordnung von 2 Elektroden; B sym- metrische Anordnung von 2 Elektroden; C symmetrische Anord- nung yon 3 Elektroden

Voltammetrische Bestimmung von Thioridazin

Die polarographische Bestimmung von Phenothiazinen ist reduktiv erst dann m6glich, wenn durch chemische Derivati- sierung reduzierbare Seitengruppen eingefiihrt werden oder aber die Phenothiazine zu den entsprechenden Sulfoxiden oxidiert werden. Ubliche Derivatisierungsreagentien sind HNO3/NOs [15, 16], Br2 [17, 18] oder H202 [19]. An Fest- k6rperelektroden ist auch eine oxidative voltammetrische Bestimmung m6glich, die auf einer anodischen Oxidation zum Radikalkation beruht. Als MeBelektroden k6nnen da- bei rotierende Edelmetallelektroden [20, 21], Graphit in Sili- conkautschuk [22] oder glassy carbon-Elektroden eingesetzt werden.

664

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1__ 200 nA B

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C

3 6 ppm Abb. 11. Kalibrierkurven der voltammetrischen Bestimmung von Chlorpromazin in einer 1 ml-Zelle (A) und einer 100 gl Mikrozelle (B). glassy-carbon-Elektrode, 3 mm ~ , DP 20 mV, 5 mV/s

c'

Chlorpromazin (2)

N[•'CH 3

I ~ S ~ l ' / S ' c H3

Thioridazin (3)

Die oxidative voltammetrische Bestimmung von Chlor- promazin (2) wurde an einer GlaskohMektrode in einer unsymmetrischen MeBanordnung mit zwei Elektroden (Zelle aus Abb. 2, Hilfselektrode nicht angeschlossen), einer symmetrischen Anordnung mit zwei Elektroden (Vorl/iufer der Zelle aus Abb. 4 ohne ringf6rmige Hilfselektrode) und einer symmetrischen Anordnung yon drei Elektroden (Abb. 4) untersucht. Welchen Fortschritt die letzte Anord- nung bringt, geht aus Abb. 10 hervor.

Die Reproduzierbarkeit der Messungen ist gut. In Abb. i 1 sind zwei Kalibrierkurven aufgezeigt, die einmal in einer 1 ml-Zelle und zum anderen in einer 100 gl-Zelle vermessen werden. Eine Verkleinerung des Zellvolumens scheint eine schwache Nichtlinearitfit mit sich zu bringen. M6glicherweise spielen Adsorptionserscheinungen eine Role, da das Verhiltnis Oberfl/iche/Nutzvolumen ungfinsti- ger liegt.

Als Bestimmungsverfahren ftir Thioridazin (3) und ande- ren Phenothiazin-Derivaten im lal-Bereich erschien uns je- doch die oxidative voltammetrische Bestimmung an der glassy carbon-Elektrode in der oben beschriebenen Mikro- zelle (Abb. 6) am geeignetsten. Da die bei der anodischen Oxidation gebildeten Radikalkationen in 10% H2SO4 rela-

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200 nA

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Abb. 12. Voltammetrische Bestimmung von Thioridazin (2) durch anodische Oxidation an der glassy carbon-Elektrode ( ~ 6 ram). Experimentelle Daten: MeBbereich 150 bis 850 mV vs Ag/AgC1- Elektrode, DP + 10 mV, 5 mV/s. c = 4,25; 6,8 gg/ml

tiv stabil sind, wurde als Leitelektrolyt 10% H2SO 4 einge- setzt. Typische Vol tammogramme sind in Abb. 12 wiederge- geben. Bei der Messung ist unbedingt da rau f zu achten, dab in der Mel3zelle keinerlei Konvekt ionen mehr auftreten, da dann verffilschte Megkurven resultieren. Es ist zu beachten, da6 methodenbedingt schlechtere Reproduzierbarkei ten auftreten. Im vorliegenden Fal l ergeben sich im Konzentra- t ionsbereich von 4 bis 10 gg/ml Standardabweichungen in der Gr66enordnung von 4%. Die Bestimmungsgrenze liegt bei etwa I ~g/ml.

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Eingegangen am 4. Dezember 1984

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