medium gas 2009.3
DESCRIPTION
medium gas 2009.3TRANSCRIPT
medium gasDas Magazin für die Kunden und Partner der VNG-Gruppe | 18. Jahrgang | 3. Ausgabe | Oktober 2009
Schwerpunkt: GasbeschaffungEnergie aus dem hohen Norden sorgt für Sicherheit in Europa
Deutsche Erdgasförderung mit Perspektive? Wie viel Potenzial hat deutsches Erdgas noch?
„Wir müssen noch einen weiten Weg gehen“Im Interview mit Tord Pedersen von der VNG Norge
Inhalt
2
Impressum
medium gas Das Magazin für die Kunden und Partner der VNG-Gruppe | VNG – Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft | Braunstraße 7, 04347 Leipzig | Postfach 24 12 63, 04332 Leipzig | Tel. 0341 443 - 0 | Fax 0341 443 - 2057 | www.vng.de | Redaktion Unternehmenskommunikation | Verantwortliche Redakteurin Mandy Nickel Tel. 0341 443 - 2045 | [email protected] | Redaktionsbeirat Helge Andrä, Dr. Reinhard Böhm, Mike Diekmann, Christian Dubiel, Lydia Schuster, Bernhard Kaltefleiter, Siegbert Ketelhut, Kerstin Kietzke, Dr. Stephan Krein, Heinz Möller, Birgit Reiss, Uwe Ringel, Olaf Schneider, Susann Surma, Karsten Wendler | Redaktionsschluss für diese Ausgabe 28.09.2009 | für die nächste Ausgabe 30.10.2010 | Auflage 4 200 | Gestaltung, Herstellung Erik Sittauer | Militzer & Kollegen GmbH | Reproduktion und Druck Scan Color Leipzig GmbH | Fotos wenn nicht anders angegeben VNG | Titelseite Haben Großes vor in Norwegen: Tord Pedersen, seit Oktober neuer Geschäftsführer der VNG Norge (li.), und Dr. Volker Busack, Leiter Gasbeschaffung E&P bei VNG. Foto: Dirk Brzoska
Aktuell
Markt Schwerpunkt
AKTUELL
4 VNG Polska gegründet
4 Bioenergiepark Hof gestartet
4 Kooperation von WINGAS und VNG
beim Erdgasspeicher Jemgum
5 Heuchert ab 1. September 2010
neuer Vorstandsvorsitzender
5 Online-Marktplatz für Bio-Erdgas
5 Energiepolitik kompakt
MARKT
6 Stadtwerke Wittenberge GmbH
Das Licht bleibt an Energie für die Stadt zwischen
Turm und Strom.
12 Gaspool startet
Ein H-Gas-Marktgebiet von Aachen bis Zwickau
Am 1. Oktober startete das neue
marktübergreifende Marktgebiet.
14 Schweiz
Grüezi, Erdgas Schweizer Erdgaswirtschaft spielt
wichtige Rolle in Europa.
18 caplog-x
Datenübertragung 2.0 Die Bedeutung des Prozessdaten-
managements nimmt stetig zu.
20 Marketing/Kundendienst
Vertrieb.Consult Ab Oktober bietet VNG ein neues
Management-Seminar an.
21 GDMcom
Mit den Kunden auf einer Wellenlänge Umfassender Service für
Breitbandlösungen.
22 Gastbeitrag Forum Erdgas
Wettbewerb als Entdeckungs- verfahren
23 Aktuelle Termine
SCHWERPUNKT: GASBESCHAFFUNG
26 Norwegen
Energie aus dem hohen Norden sorgt für Sicherheit in Europa Sven E. Svedman weiß um die Wichtig-
keit einer guten Zusammenarbeit.
28 Illustration
29 Interview
„Wir haben noch einen weiten Weg vor uns“ Im Gespräch mit Tord Pedersen
von der VNG Norge.
32 Inländische Gasbeschaffung
Deutsche Erdgasförderung mit Perspektive? Noch reichen die Erdgasvorräte in
Deutschland für 15 bis 20 Jahre.
34 E&P
Suche langen Atem! Die Suche und Förderung von Erdöl
und Erdgas verlangt viel Ausdauer.
36 E&P
Top 11 der Exploration und Produktion in Norwegen Wissen Sie, wie tief die tiefste
Bohrung in Norwegen ist?
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
3 medium gas | 2009.3Editorial
Bernhard Kaltefleiter,
Leiter Unternehmenskommunikation
Neue Wege gehen
Liebe Leserinnen und Leser,
es ist ziemlich genau 150 Jahre her, dass ein
gelernter Eisenbahnschaffner ein neues Zeit-
alter einläutete. Edwin L. Drake hatte die Idee,
nach Öl zu bohren. Anstatt es – wie zuvor üblich
– beim Austritt aus unterirdischen Quellen an der
Oberfläche abzuschöpfen. Drakes Zeitgenossen
fanden sein Vorhaben absurd. Doch Drake ließ
sich nicht beirren und am 27. August 1859 sprudelte nach seiner Bohrung in
Titusville (Pennsylvania) das Schwarze Gold aus einer unterirdischen Quelle.
Drakes beharrlicher Pioniergeist leitete den Beginn des Erdölzeitalters ein, denn
durch dieses Verfahren stand Erdöl erstmals in größeren Mengen zur Verfügung.
Allerdings hat sich der Ölpreis seither doch vergleichsweise eher erfreulich
entwickelt. Das Öl aus Drakes Quelle hätte nach heutigen Maßstäben stolze
700 Dollar pro Barrel gekostet.
Die Quellen für Öl und Gas sprudeln auch heute noch ununterbrochen – dennoch
hat sich der globale Energiemarkt in den vergangenen 15 Jahren verändert.
Vor allem unter dem Einfluss stark wachsender Volkswirtschaften wie China,
Indien und Brasilien sowie deren steigendem Energiehunger entwickelt sich
ein Wettbewerb um die weltweit verfügbaren Rohstoffe.
Unter diesen Voraussetzungen wird das Gasgeschäft nicht einfacher – obwohl
die Energiereserven nachweislich noch viele Jahrzehnte reichen. Die neuen
Bedingungen lassen für Europa vor allem eine Schlussfolgerung zu: langfristige
Versorgungssicherheit kann nur durch Diversifizierung gewährleistet werden. In
dieser Hinsicht sind sich alle Experten einig. Die Basis werden aber weiterhin
langfristige Lieferverträge zwischen Importeuren und internationalen Produ-
zenten bleiben. Europäische und globale Integration beförderten Themen wie
Versorgungssicherheit und Diversifizierung aus dem nationalen Universum in
eine globale Sphäre. Deutschland, und vor allem VNG, stellen sich darauf ein
und arbeiten stets zielstrebig an einer zuverlässigen, sicheren Erdgasversor-
gung ihrer Kunden.
Im Wettlauf um die weltweiten Reserven müssen Unternehmen wie VNG gut
aufgestellt sein – und bereit sein, neue Wege zu gehen. Neue Wege entstehen
nur durch diese Bereitschaft. Und dabei gilt immer noch die Erkenntnis von Henry
Ford: „Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist.“
Ihr Bernhard Kaltefleiter
UMSCHAU
38 Erdgas-Technik
150 Jahre DVGW – Technik aktiv gestalten
Der DVGW als Erfolgsgarant der
technischen Selbstverwaltung.
40 24-h-Rennen
Hubschrauberfliegen im Wohnzimmer
Schnell, schneller, am schnellsten
– der Erdgas-Scirocco.
42 Interview
„Es war ein echter Marathon“ medium gas im Gespräch mit
dem VW-Entwicklungsvorstand.
43 Betrieb/Technologie
Erdgasspeicherkonferenz in Moskau Internationale Konferenz
zur Betriebssicherheit von
Untergrundgasspeichern.
FEATURE
44 10 Gründe, die Stadt Prag zu besuchen
46 4. Erdgas-Challenge-Day in Leipzig
47 Leipziger Kunst seit 1949
48 Edvard Grieg – ist der berühmteste Komponist Norwegens ein halber Leipziger?
Umschau
Feature
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
4 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Unternehmensnachrichten
Leipzig. Im Juli hat VNG die hundertprozentige Tochter VNG Polska Sp. z o.o. (VNG Polska) gegründet.
Das Unternehmen bündelt die Beteiligungen der VNG-Gruppe an der HANDEN Sp. z o. o., zuständig für
Gasimport und Gashandel, und der NYSAGAZ Sp. z o. o., zuständig für das Wärmegeschäft. Die Gaz
Energia S. A. (G.EN), verantwortlich für die Gasdistribution, wird in einem zweiten Schritt bis Ende
2009 zur VNG-Polska-Gruppe gehören. G.EN ist seit 2005 eine hundertprozentige Tochter von VNG.
Weitere Informationen: www.vng-pl.com
Foto: Dirk Brzoska
Hof. In Bayern, hat VNG erstmals mit der Pro-
duktion von Biogas begonnen. „Mit dem Start
der Biogaserzeugung setzen wir unser Enga-
gement für erneuerbare Energien konsequent
fort“, betont Dr. Gerhard Holtmeier, Vorstand
Gasverkauf/Technik bei VNG. „Wir wollen das
Potenzial nachwachsender Rohstoffe auch zu-
künftig ausbauen und damit unser Bezugsport-
folio erweitern“, so Holtmeier weiter.
Der Bioenergiepark Hof/Saale ist das jüngste
Bauvorhaben der gegründeten Projektgesell-
schaft BGA Bioenergie GmbH, an der VNG über
seine Tochter BALANCE VNG Bioenergie GmbH
zu knapp 75 Prozent beteiligt ist. Der zweite
Investor ist die i4r Beteiligungsgesellschaft
mbH aus Lüneburg. Das Gesamtinvestitions-
volumen der drei baugleichen Biogasanlagen
beträgt neun Millionen Euro. Bis Mitte 2010
soll die zweite Anlage fertig gestellt sein.
Nach Abschluss der kompletten Bauarbeiten
bis Mitte 2011 werden insgesamt 2,1 Mega-
watt elektrische Leistung, umgerechnet über
17 Millionen Kilowattstunden umweltscho-
nend erzeugter Strom pro Jahr ins örtliche
Stromnetz der HEW Hof Energie+Wasser GmbH
eingespeist. Das entspricht einer Versorgungs-
leistung von rund 4.500 Haushalten.
Weitere Informationen: www.bgahof.de
Einen ausführlichen Beitrag zur Biogasanlage in Hof
lesen Sie in der 4. Ausgabe 2009.
Leipzig, Kassel. VNG und WINGAS haben die Absicht erklärt, bei der Entwick-
lung des Kavernenspeichers Jemgum im niedersächsischen Landkreis Leer
zusammenzuarbeiten. VNG beabsichtigt als Speicherbetreiber, etwa ein Drittel
der geplanten Speicherkapazitäten von WINGAS zu übernehmen.
Laut Aussagen der beiden Partner bietet Jemgum perfekte Bedingungen für die
Errichtung des Untertage-Erdgasspeichers. Die unterirdischen Salzstöcke der
Region machen dank ihrer geologischen Eigenschaften die Erdgasspeicherung
überaus sicher. Kaum ein anderer Salzstock in Nord-West-Europa bietet einen
derart hohen Erkundungsgrad und die bereits sicher nachgewiesene Eignung
als Kavernenspeicherstandort.
VNG Polska gegründet
Bioenergiepark Hof gestartet
Kooperation von WINGAS und VNG beim Erdgasspeicher Jemgum
Foto: Wintershall
5 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
Heuchert ab 1. September 2010 neuer Vorstandsvorsitzender
Leipzig. Der Aufsichtsrat von VNG hat Dr. Karsten Heuchert mit Wirkung ab 1. September 2010 zum
Vorstandsmitglied und neuen Vorstandsvorsitzenden ernannt.
Dr. Heuchert tritt damit im nächsten Jahr die Nachfolge für den jetzigen Vorstandsvorsitzenden,
Prof. e. h. Dr. Klaus-Ewald Holst an. Gleichzeitig legte Dr. Heuchert sein Mandat als Vorsitzender
des Aufsichtsrates nieder. Neu gewählter Vorsitzender des Aufsichtsrates ist Dr. Rainer Seele, Vor-
standsvorsitzender der Wintershall Holding AG.
Energiepolitik kompakt
Barroso: „EU-Supernetz“ hat Priorität
Eines der nächsten großen europäischen Projekte
muss nach Ansicht von EU-Kommissionspräsi-
dent Jose Manuel Barroso „die Schaffung eines
europäischen Supernetzes für Strom und Gas“
sein. Das „Supernetz“ solle dazu beitragen, den
wachsenden Energiebedarf der EU „intelligenter“
zu decken.
Als Bestandteile des Netzes werden die Ostsee-
pipeline und die Nabucco-Gaspipeline aufgelistet,
die in den kommenden fünf Jahren verwirklicht
werden müssten. Außerdem müsse auch der
Mittelmeer-Verbundplan umgesetzt und Ver-
bundnetze für die Gas-, Strom- und Ölversorgung
gebaut werden.
EU-Kommission will mehr Informationen über nationale Energieprojekte
Die EU-Staaten sollen der EU-Kommission künftig
alle zwei Jahre berichten, welche Investitionen
in die nationale Energieinfrastruktur geplant
seien und wie die Projekte vorankämen. Die
Informationen seien wichtig, um abzuschätzen,
wo in der EU Infrastrukturlücken drohen, sagte
EU-Energiekommissar Andris Piebalgs.
„Deutschland plädiert im Sinne des Bürokratieab-
baus dafür, sich auf die bestehenden und durch
das dritte Energiebinnenmarktpaket deutlich
ausgebauten Instrumente zur Datenabfrage zu
beschränken“, heißt es in einer Stellungnahme
des Bundeswirtschaftsministeriums.
zu Guttenberg für Energieministerium
Die Energiepolitik in Deutschland muss nach
Einschätzung von Bundeswirtschaftsminister
Karl-Theodor zu Guttenberg nach der Bundestags-
wahl in einem Ministerium gebündelt werden. Er
habe in den vergangenen Monaten die Erfahrung
gemacht, sich „teilweise über Monate hinweg in
so genannten ideologischen Grabenkämpfen um
Halbsätze“ zu befinden. „Wir verlieren hiermit
unglaublich viel Zeit“, so zu Guttenberg. Auch in
der Energiewirtschaft sind Stimmen laut gewor-
den, die Aufgaben zu bündeln. „Es muss endlich
wieder eine konsistente Energiepolitik geben“,
sagte die Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung
des Bundesverbandes der Energie- und Wasser-
wirtschaft (BDEW), Hildegard Müller.
Foto
: W
inte
rsh
all
Online-Marktplatz für Bio-ErdgasLeipzig/Halle. VNG und die MITGAS Mitteldeutsche Gasversorgung
GmbH haben einen ersten nationalen Online-Marktplatz für Bio-Erdgas
entwickelt. Ab Januar 2010 ermöglicht die Handelsplattform registrierten
Marktteilnehmern das Kaufen und Verkaufen von Bio-Erdgasmengen
im Internet. Auf der Online-Plattform sind Bio-Erdgasmengen an den
virtuellen Handelspunkten der deutschen Gas-Marktgebiete handelbar.
Grundlage zwischen den Handelspartnern bildet ein standardisierter
Liefervertrag. „Dieser innovative Internet-Marktplatz wird eine weitere
Möglichkeit bieten, den marktorientierten Handel mit Bio-Erdgas
auszubauen“, berichtet Dr. Gerhard Holtmeier, VNG-Vorstand Gasver-
kauf/Technik. Die Registrierung als Marktteilnehmer wird bereits einige
Wochen vor der Online-Freischaltung im Januar 2010 möglich sein.
Mehr Wärme durch Mais und Co: Pflanzen wie Mais und Roggen sind
wichtige Rohstoffe für die Erzeugung von Biogas. Daraus wiederum lässt
sich durch Aufbereitung Bio-Erdgas erzeugen, das VNG und MITGAS ab
Januar 2010 auf einer eigenen nationalen Online-Plattform vertreiben.
Foto: Dirk Brzoska
Kurzmeldung nach Redaktionsschluss:15.10.2009: Der Aufsichtsrat von VNG hat heute beschlossen, dass Klaus-Dieter Barbknecht (51) mit Wirkung zum 1. November 2009 das Vorstands-ressort Kaufmännisches und Personal bei VNG übernimmt und damit die Nachfolge von Prof. Dr. Gerhardt Wolff antritt, der mit Ablauf des 31. Oktober 2009 in den Ruhestand geht. Weiterhin bestellte der Aufsichtsrat von VNG Michael Ludwig mit Wirkung zum 1. November 2009 zum ordentlichen Mitglied des Vorstandes bis 31. Oktober 2014. Ludwig übernimmt das Ressort Gasbeschaffung und ist damit zukünftig verantwortlich für den Gas-einkauf sowie die Upstream-Aktivitäten von VNG.
6 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Stadtwerke Wittenberge GmbH
Das Licht bleibt anZiel der Sommerexkursion ist die Prignitzstadt Wittenberge und ihre Stadtwerke. Wenn man sich
ihr auf der wald- und wiesenumsäumten Bundesstraße 189 nähert, grüßt sie schon aus der Ferne
mit ihren markanten Türmen und einer atemberaubend schönen Aussicht auf die hier besonders
breite Elbe. Das brandenburgische Wittenberge versteht sich im Internet als „l(i)ebenswerte Stadt
zwischen Turm und Strom“. Das stimmt so schon auf den ersten Blick.
Von Helmut Rosan, freier Redakteur
Ein zweiter Blick fällt etwas differenzierter aus.
Seit der gesellschaftlichen Wende hat die Stadt
mehr als ein Drittel ihrer Einwohner verloren. Von
einst rund 30 000 Bürgern 1989 leben hier der-
zeit nur noch etwas über 19 000. Dieser nahezu
typische ostdeutsche Zustand ist auch hier durch
die Deindustrialisierung begründet. Als „Stadt der
Nähmaschinen“ erwarb sich Wittenberge über die
Landesgrenzen hinweg einen guten Ruf. Neben
dem SINGER-Nähmaschinenwerk (später „Veritas“
mit 3 000 Beschäftigten) gab es ein Zellstoff- und
Zellwollewerk (3 000 Beschäftigte) und die Mär-
kischen Ölwerke (800 Mitarbeiter). Geblieben sind
das frühere Reichsbahnausbesserungswerk (heute
Fahrzeuginstandhaltung der Deutschen Bahn mit
800 Beschäftigten) und von der einstigen Zell-
wolle eine kleine Firma namens „Prignitz Chemie“.
Die Ära als Industriestadt ist unwiederbringlich
vorbei. Man mag dies bedauern, zurückdrehen
lässt sich die Zeit nicht. Und dennoch ist hier
Die Elbe vor den Toren Wittenberges. Foto: Gerhard Baack
7 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
nicht etwa Pessimismus, sondern kreativ Neues
angesagt. Über die unübersehbaren Fortschritte
bei der Wiederbelebung der idyllischen Altstadt
mit ihren vielen roten Backsteinhäusern und der
ideenreichen Umgestaltung der imposanten In-
dustriearchitektur hinaus gibt es bereits konkrete
Pläne für den Aufbau einer Fachhochschule und
eines Binnenhafens, der im perspektivischen
Glücksfall sogar den jetzt schon überfüllten
Hamburger Containerhafen entlasten könnte.
Eine Hafengesellschaft ist gegründet und dem
Vernehmen nach gibt es auch schon Gelder aus
dem Konjunkturpaket der Bundesregierung.
Dafür, dass in Wittenberge das Licht an bleibt
und künftig immer heller erstrahlt, sorgen mit viel
Engagement und Ideenreichtum kluge Männer
und Frauen. Und im tatsächlichen Wortsinn tun
dies die Mitarbeiter der Stadtwerke Wittenberge
GmbH (SWW).
Zu Gast bei der Stadtwerke Wittenberge GmbH
Der zweckmäßige und moderne SWW-Hauptsitz
befindet sich in schöner Lage unmittelbar am Wald-
rand an der Bentwischer Chaussee 1 im Ortsteil
Lindenberg. Hier empfangen mich freundlich und
aufgeschlossen die Geschäftsführerin Eveline
Geisler und der Prokurist Christian Kantor zu einem
Informationsgespräch.
Die SWW verantwortet die Versorgung Witten-
berges mit Strom, Gas sowie Wasser und die Ab-
wasser-Betriebsführung. Hier sind 44 Mitarbeiter
beschäftigt, darunter vier Auszubildende.
Ihre Leistungen für die Stadt sprechen für sich: Die
Umsatzerlöse für 2008 betrugen in der Stromver-
sorgung 9 039 T€, in der Gasversorgung 9 611 T€
und in der Wasserversorgung 1 736 T€. Der Absatz
in diesem Zeitraum betrug bei Strom 49 GWh, bei
Gas 180 GWh und bei Wasser 892 T m3.
Natürlich wissen meine Gastgeber, dass ich mich
vorrangig für das Thema Erdgas interessiere. So
lässt mich Eveline Geisler wissen, dass Wittenberge
als eine der ersten Städte in den neuen Bundes-
ländern nach der gesellschaftlichen Umgestaltung
in den Jahren 1992/93 auf Erdgas umgestellt hat.
Damit konnte der Industrie, dem Gewerbe, den
Wärme- und Haushaltskunden ein preiswerter
und vor allem umweltfreundlicher Energieträ-
ger angeboten werden. Christian Kantor ergänzt:
„Gerade diese Umstellung war mit einem hohen
finanziellen Aufwand verbunden. Heute sind ca.
7 800 Gaszähler im Versorgungsgebiet vorhanden
und ein Rohrnetz von 105,5 Kilometern Länge
verlegt, von denen 24 Kilometer Rohre für Gasmit-
teldruck, 74 Kilometer für Gasniederdruck sowie
2,5 km für Gashochdruck benötigt werden. Seit
1995 wird die Wärmeversorgung der Stadt durch
ein erdgasbetriebenes Kraft-Wärme-Heizwerk
gesichert.“ Im Versorgungsgebiet werden über
Der Hauptsitz der Stadtwerke Wittenberge in der Bentwischer Chaussee 1. Fotos: SWW
Eveline Geisler Christian Kantor
8 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Fortsetzung von Seite 7
Das Licht bleibt an
19 000 Einwohner in 14 500 Haushalten sowie
zahlreiche Gewerbe und kommunale Einrichtungen
mit Erdgas versorgt.
Auch im Fall der kostengünstigen Erdgastankstelle
gehören die Wittenberger zu den Vorreitern in den
östlichen Bundesländern. Bereits am 28. Sep-
tember 2002 wurde eine solche gut platzierte
Einrichtung an der viel befahrenen Bundesstraße
189 eröffnet.
SWW-Sonderaktion für den Erhalt
der Wirtschaftskraft
Unbedingt erwähnenswert ist eine beispielhafte
Aktion der SWW für den Erhalt der Wirtschafts-
kraft und die Sicherung von Arbeitsplätzen in
Wittenberge. Viele Unternehmen und Gewerbe-
treibende der Elbestadt stehen auf Grund der
sich rasant ausbreitenden Rezession in einem
äußerst komplizierten Wirtschaftsjahr. Gerade
in derart schweren Zeiten ist es wichtig, einen
starken und zuverlässigen Partner wie die SWW
an der Seite zu haben. Die SWW hat sich daher für
eine Sonderaktion entschlossen. Ziel soll es sein,
Unternehmen und Gewerbetreibende finanziell zu
entlasten und die Leistungen des so genannten
elBpower-Sondervertrages weiter zu verbessern.
Neben den preiswerten elBpower-Konditionen
bietet die SWW ihren Vertragskunden eine weitere
Einsparmöglichkeit an: zusätzlich erhalten sie eine
an ihren Jahresverbrauch gekoppelte preisredu-
zierte Menge. Die SWW senkt für diese Menge
den aktuellen Arbeitspreis um 1,00 Cent/kWh
(netto).
VNG ist ein zuverlässiger Partner
Auf meine Frage zum Verhältnis der SWW zur VNG,
die Wittenberge seit vielen Jahren mit Erdgas ver-
sorgt, sind Eveline Geisler und Christian Kantor
voll des Lobes. Dabei steht die Zuverlässigkeit von
VNG oben an. Hervorgehoben werden die kurzen
und schnellen Wege bei der effizienten Lösung
anstehender Fragen. Das betrifft insbesondere
die enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit
dem VNG-Verkaufsleiter Reinhard Küster und
mit der Mannschaft des VNG-Marketings. Letz-
tere sind übrigens nur einen Tag nach meinem
Besuch in Wittenberge als fleißige Helfer bei den
traditionellen Elblandfestspielen zugange, bei
denen die SWW zu den Hauptsponsoren zählt.
„Wir finden jedenfalls bei der VNG immer ein
offenes und verständnisvolles Ohr“, freut sich
Eveline Geisler.
Dafür weiß sie sich auf sehr charmante Art auch
bei ihrem Gast aus Leipzig zu revanchieren und
lässt sich partout nicht davon abbringen, mich
in die Stadt zu begleiten und mit den wichtigsten
Sehenswürdigkeiten vertraut zu machen. Dabei
erweist sich Eveline Geisler als kenntnisreiche
Stadtführerin, der glattweg ihr Zweitberuf sein
könnte. Sie gibt ein leidenschaftliches Plädoyer
für die moderne Umgestaltung Wittenberges.Letzte Bühnenarbeiten zur Jubiläums-Gala der X. Elblandfestspiele. Foto: Helmut Rosan
9 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
Zuerst geht es zum Areal der alten Ölmühle, wo
gerade die letzten Arbeiten an der aufwändigen
Bühnentechnik für die mittlerweile X. Elbland-
festspiele laufen. Die unmittelbar an der Elbe
gelegene imposante Industriearchitektur verfügt
auch über eine wundervoll rustikale Gastrono-
mie sowie eine Strandbar samt Liegestühlen und
Beachball-Platz. Schritt für Schritt zieht hier neues
Leben ein. Auch an den Hotel-Umbau eines der
markanten roten Backsteingebäude denkt man
bereits. Weiter geht es in die Bahnstraße, dem
schönen Boulevard der Stadt, wo sich auch das
SWW-Kundenzentrum befindet. Weitere Stati-
onen sind das beeindruckende Kulturhaus am
Paul-Lincke-Platz samt Tourismusinformation, der
Steintorturm, der als ältester Bau der Stadt gilt,
das Rathaus und der Elbehafen, wo sich Urlauber
auf Yachten, Motorbooten und rund um etliche
Wohnwagen tummeln. Ein großes Dankeschön für
das Gespräch und die interessante Stadtführung –
ganz besonders, da Eveline Geisler eigentlich in
ihrem verdienten Jahresurlaub ist.
Engagement und Durchsetzungsvermögen sind of-
fensichtlich die herausragenden Stärken von Eveline
Geisler, die seit September 2006 die SWW als Ge-
schäftsführerin leitet. Ihre Laufbahn im Unternehmen
begann sie 1994 als kaufmännische Leiterin, wurde
1996 Prokuristin und stellvertretende Geschäftsfüh-
rerin. Die gebürtige Mecklenburgerin (Mecklenburg-
Vorpommern) studierte nach dem Abitur zunächst
in Rostock Maschinenbau. Nach der Geburt ihrer
Tochter unterbrach sie wegen mangelnder Betreu-
ungsmöglichkeiten das Studium. Danach absolvierte
Eveline Geisler eine Lehre als Industriekauffrau und
absolvierte 1980 bis 1985 ein Fernstudium in Gotha
als Ökonomin. Eine solche berufliche Entwicklung
fordert ein beachtliches Maß an Willensstärke. Eine
Eigenschaft, die bei aller Emanzipation für eine
Frau in Führungsposition wohl immer noch in ganz
besonderem Maße vonnöten ist. Eveline Geisler
winkt bescheiden ab und verweist auf die große
Unterstützung, die sie durch ihre Familie – Ehemann,
Tochter, Sohn und zwei Enkel – erfährt.
Christian Kantor begann 1993 bei der SWW und
ist seit Oktober 2007 Prokurist. Der gelernte In-
standhaltungsmechaniker ist gebürtiger Prignitzer
und absolvierte an der Fachhochschule Köthen
ein Studium im Fach Maschinen- und Anlagenbau
mit der Spezialisierung zum Ingenieur für Energie-
anlagenbau. Christian Kantor ist verheiratet und
Vater einer Tochter.
Impressionen einer l(i)ebenswerten Stadt
Wittenberge gilt als das Tor des Landes Branden-
burg zur Elbtalaue inmitten der Natur in einer der
faszinierendsten Flusslandschaften Deutschlands,
im UNESCO-Biosphärenreservat Flusslandschaft
Elbe-Brandenburg. Ein Elberadweg führt auf der
Krone des Elbdeichs von Havelberg bis Dömitz.
Das Wasser der Elbe, der Stepenitz und anderer
Flüsse bringt Motorboot- und Kanutouristen durch
idyllische Landschaften bis nach Mecklenburg
oder Sachsen-Anhalt.
Der Steintorturm mit seinen Zinnen, der Bleistift-
turm der evangelischen Kirche, die helmförmige
Kuppel des Rathausturmes, der Singer-Uhrenturm
Das SWW-Kundenzentrum. Foto: SWW
10 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Fortsetzung von Seite 9
Das Licht bleibt an
mit der zweitgrößten Turmuhr Europas und auch
der wuchtige Wasserturm – sie alle gehören zum
prägenden Panorama der Stadt.
Die Überlieferungen zur Stadtgeschichte sind
vergleichsweise spärlich. Erstmals wird auf einer
am 22. Juli 1300 datierten Urkunde Wittenberge
erwähnt.
Zur führenden Produktionsstätte wurde das 1903
errichtete SINGER-Nähmaschinenwerk. Das Werk
wurde nach 1945 auf Grund eines alliierten Befehls
völlig demontiert. Erst 1951 gelang die Wiederauf-
nahme der Produktion unter dem Firmennamen
„Veritas“. Das Unternehmen entwickelte sich zu
einer der modernsten Fertigungsstätten Europas,
die einst neben dem Otto-Versand den gesamten
Ostblock belieferte. Der Konkurrent „Pfaff“ zeigte
1990 kein Interesse, die Treuhand verkaufte an
einen windigen Indonesier, der nie Geld über-
wies. Nach 88 Jahren lief am 20. Dezember 1991
die letzte Nähmaschine vom Band – schwarz la-
ckiert und mit Trauerflor. Übrig geblieben von der
großen Tradition ist ein kleines „Nähzentrum“ in
der Bahnstraße. Die Maschinen kommen von der
Firma „Pfaff“, die heute in Schweden und China
produzieren lässt, von „Brother“ und „Janome“,
die ausschließlich in Asien fertigen.
Große Aufmerksamkeit gilt der Wiederbelebung der
Altstadt. So konnte der Platz vor dem Steintorturm
saniert und neu gestaltet werden. Der Steintorturm
wurde neu eingedeckt und seine Fassade saniert.
Auch die Steinstraße und der Kirchplatz erhielten
im Rahmen der Altstadtsanierung ein neues und
ansprechendes Aussehen.
Was hat der 1866 in Berlin geborene Operetten-
komponist Paul Lincke mit Wittenberge zu schaffen,
dass ihm hier sogar am Kulturhaus ein mit schönen
Platanen überdachter Platz gewidmet wurde?
1881 kam er nach Wittenberge und erhielt hier
seine musikalische Grundausbildung. Über seine Das Kulturhaus am Paul-Lincke-Platz. Foto: Siegmar Luft
Das Rathaus der Stadt Wittenberge. Foto: Helmut Rosan
11 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
Kurzchronik1875: Inbetriebnahme der Gasanstalt unter der Leitung der „Allgemeinen-Gas-Actien-Gesellschaft Magdeburg“ | 1895: Erstes
elektrisches Licht auf dem Bahnhof in Wittenberge | 1899: Am 1. Oktober 1899 ging die Gasanstalt in Eigentum der Stadt
über | 1903: In den Jahren 1903 bis 1904 wurde das Wasserwerk in der Parkstraße errichtet | 1904: Neuformierung der städtischen
Eigenbetriebe zum „Städtischen Gas- und Wasserwerk Wittenberge“ | 1911: Fertigstellung und Inbetriebnahme des städtischen
„Elektrizitätswerkes“ in der Bad-Wilsnacker-Straße | 1949: Am 1. April wurden die Bereiche „Städtische Gas- und Wasserwerke“
mit den anderen kommunalen Eigenbetrieben wie Müllabfuhr, Fuhrpark, Packhof usw. zu dem neuen „Kommunalwirtschaftlichen
Unternehmen (KWU)“ vereinigt | 1972: Am 31. Juli wurde die Gasherstellung in Wittenberge eingestellt | 1990: Stromversorgung
durch die WEMAG AG, der Bereich Trink- und Abwasser wurde bis 1993 von der „Westmecklenburgischen Wasser GmbH“ Schwerin
geführt | 1991: Stadtverordnetenbeschluss/Absichtserklärung zur Gründung der Stadtwerke mit 49 % Fremdbeteiligung |
1993: Eigentumsübernahme der Trink- und Abwasseranlagen durch die Stadt, Bau und Übergabe der Kläranlage in Hinzdorf |
1994: Ab 1. Januar aktive Betriebsaufnahme der Stadtwerke Wittenberge GmbH in den Bereichen der Trinkwasserversorgung und
Betriebsführung Gasversorgung/Fernwärme und Abwasserbehandlung | 1995: Am 1. April übernahm die Stadtwerke Wittenberge
GmbH die Stromversorgung für die Stadt Wittenberge | 1998: Beginn/Fertigstellung des Neubaus Umspannwerk Wittenberge
durch WEMAG und SWW | 1999: Einweihung Schalt- und Überwachungszentrale der SWW, Einweihung des eigenen Kundenbe-
ratungsbüros in der Bahnstraße | 2002: Eröffnung der Erdgastankstelle am 28. September an der B 189 | 2005: Umzug in das
rekonstruierte Verwaltungsgebäude in Lindenberg
Lehrzeit bemerkte er: „In dem kleinen Wittenberge
habe ich den Grundstein für mein Schaffen als
Komponist gelegt und dort gelernt, was andere
auf Akademien nie erfahren haben.“ Bereits zum
Abschluss der Wittenberger Lehrzeit entstand
1884 der Marsch „Gruß an Wittenberge“. Seine
bekannteste Operette „Frau Luna“ erlebte 1899
mit grandiosem Erfolg ihre Uraufführung.
Am 11. Juni 2009 wurden in Wittenberge die ersten
„Stolpersteine“ in der Innenstadt verlegt. Mit
dieser Aktion soll an das in der Nazizeit erlittene
persönliche Leid von Wittenbergern jüdischen
Glaubens erinnert werden. Als Zeichen gegen
das Vergessen und Verdrängen des Naziunrechts
wurden vorerst neun „Stolpersteine“ mit den per-
sönlichen Daten im öffentlichen Raum mit Bezug
auf den Lebens- und Arbeitsbereich der Betroffenen
in den Gehweg eingelassen.
Trotz „Frau Luna“ lebt man in der schönen kleinen
Elbestadt augenscheinlich keineswegs hinter
dem Mond, wehrt sich gegen das Vergessen und
hat den Blick klar nach vorn gerichtet.
Blick auf den Hafen. Der Elberadweg zieht viele Touristen an. Fotos: Gerhard Baack, Siegmar Luft
Der Steintorturm.
12 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
GASPOOL startet
Ein H-Gas-Marktgebiet von Aachen bis ZwickauAm 1. Oktober startete das neue übergreifende Marktgebiet für H-Gas in Deutschland. Im Markt-
gebiet GASPOOL sind die Marktgebiete von fünf deutschen Ferngasnetzbetreibern vereint – ein
Novum für mehr Wettbewerb.
Von Dr. Ulf Kreienbrock, Geschäftsführer
Balancing Services GmbH, Berlin
Viele Monate intensiver gemeinsamer Arbeit
haben die Fachteams der beteiligten Partner in
die Marktgebietskooperation gesteckt, damit
GASPOOL wie vorgesehen am 1. Oktober 2009
starten konnte. Speziell für die IT-Fachleute
hieß das, alle wesentlichen Online-Funktionen
spätestens Anfang August bereitzustellen. Am
3. August war es dann so weit: Netzbetreiber und
Bilanzkreisverantwortliche konnten sich über die
Internetseite www.gaspool.de für ihr Online-Portal
registrieren. Seit dem 24. August ist außerdem die
Registrierung für das Regelenergieportal möglich.
Bis Anfang September hatten sich die meisten
Bilanzkreisverantwortlichen und nachgelagerten
Netzbetreiber bereits für das Portal angemeldet.
Sogar Bilanzkreisverträge konnten bereits online
abgeschlossen und verwaltet werden.
Aus drei mach eins
GASPOOL ist die Marktgebietskooperation der
Ferngasnetzbetreiber Gasunie Deutschland Ser-
vices GmbH, ONTRAS – VNG Gastransport GmbH,
WINGAS TRANSPORT GmbH & Co. KG, DONG Energy
Pipelines GmbH sowie StatoilHydro Deutschland
GmbH. Geschäftsführer sind Ludger Hümbs, Ingrid
Peters und Dr. Ulf Kreienbrock. Ab 1. Oktober 2009
bietet GASPOOL einen gemeinsamen Bilanzie-
rungsraum, der mehr als 300 nachgelagerte Netze
von den Importpunkten bis zum Endkunden in
nahezu ganz Deutschland miteinander verbindet.
Mit ihrer Kooperation erweitern die Netzbetreiber
die Möglichkeiten für einen offenen und wettbe-
werbsintensiven Erdgasmarkt. Der Aufwand für
die Gasversorgung verringert sich. Neuen Ener-
gieanbietern wird das Geschäft insbesondere mit
Haushaltskunden erleichtert, so dass am Ende
nicht zuletzt der Verbraucher profitiert.
Mit GASPOOL haben Transportkunden zugleich
einen durchgängigen Bilanzierungsraum zwischen
den internationalen Netzkopplungspunkten an
den Grenzen zu Polen, der Tschechischen Repu-
blik, Dänemark, den Niederlanden und Belgien.
Zudem bietet der neue GASPOOL Hub den Händ-
lern eine Alternative zu etablierten europäischen
Handelspunkten.
Der neu geschaffene Transport- und Handelsraum
ist ein zentraler Baustein zur Erhöhung der Versor-
gungssicherheit in Deutschland. Mitten in Europa
liegend verbindet GASPOOL sechs EU-Länder
untereinander und bietet einen direkten Anschluss
an die wichtigen Erdgaslieferanten Norwegen
und Russland. Zudem sind über 80 Prozent der
in Deutschland verfügbaren Speicherkapazitäten
über das Marktgebiet erreichbar, darunter auch
die größten Gasspeicher des Landes. Mehr als die
Hälfte der jährlich in Deutschland transportierten
H-Gas-Mengen fließt durch die Ferngasnetze des
neuen Marktgebietes.
Als Bilanzkreisnetzbetreiber gemäß GABi Gas 1
bzw. KoV III 2 übernimmt GASPOOL das gesamte
Bilanzkreismanagement im Marktgebiet. Die Ge-
sellschaft führt das Umlagekonto für Regel- und
Ausgleichsenergie, übernimmt das Abschließen
von Bilanzkreisverträgen und den Abschluss der
Bilanzkreise, den Ausgleich von Differenzmengen
in Bilanzkreisen, die Beschaffung der benötigten
Regelenergie, erfüllt entsprechende Veröffentli-
chungspflichten und betreibt die dazu notwendigen
Datenkommunikationssysteme.
13 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
O
G A S U N I E
T
R
A D
G A S P O O LA N
G G
N
S T A T O I L H Y D R O
W
Einer für alle
Die GASPOOL Balancing Services GmbH ist als
Dienstleister für die beteiligten Unternehmen
tätig. Einzelne Aufgaben übernehmen wiederum
die Mitarbeiter der Kooperationspartner im Auftrag
von GASPOOL. Unterstützt werden sie durch eine
aufgabenoptimierte, gemeinsame neue IT-Struktur
sowie neu etablierte Prozessabläufe.
Eigenverantwortlich bleibt jeder Netzbetreiber
weiterhin für die Vermarktung von Kapazitäten
sowie den Betrieb, die Wartung und den Ausbau
seines eigenen Leitungssystems. Damit stehen
die Ferngasnetzbetreiber der Kooperation noch
mehr als bisher in direktem Wettbewerb um Trans-
portkunden.
Alles online
Der Abschluss von Bilanzkreisverträgen und
deren Betreuung im Marktgebiet GASPOOL er-
folgt ausschließlich über ein Online-Portal. Nach
erfolgreicher Registrierung können nachgela-
gerte Netzbetreiber Deklarationsmeldungen für
Ein-/Ausspeisungen in einen Bilanzkreis an den
Bilanzkreisnetzbetreiber GASPOOL versenden.
Bilanzkreisverantwortliche wie auch nachgelagerte
Netzbetreiber können zudem die Liste der Bilanz-
kreise und Sub-Bilanzkonten im Marktgebiet (BK-
Nummern) einsehen. Bilanzkreisverantwortliche
können darüber hinaus neue Bilanzkreisverträge
und Sub-Bilanzkonten abschließen sowie Dekla-
rationsmeldungen nachgelagerter Einspeise-/
Ausspeisenetzbetreiber einsehen.
Der Ein- und Verkauf von Regelenergie erfolgt
ausschließlich über das neue Regelenergieportal.
Es gibt zwei Produkte in verschiedenen Varianten:
Bei „Flexibility, Parken und Leihen“ wird das Gas
an physischen Entry- oder Exit-Punkten angestellt.
Wählt man „nur Parken“ bzw. „nur Leihen“ oder
greift auf das Produkt „Commodity“ mit den Al-
ternativen „Day-ahead“ oder „Long-term“, wird
dies entweder an einem physischen Netzpunkt
oder am GASPOOL-Hub, dem virtuellen Handels-
punkt des neuen Marktgebietes, erfüllt. Beide
Produkte ermöglichen das Angebot von Losen
mit jeweils 30 MW Stundenleistung. GASPOOL
handelt die Regelenergiemengen ausschließlich
zum Arbeitspreis. Die Anbieter können dabei zwi-
schen Festpreisen oder Auf- bzw. Abschlägen auf
einen Spotmarktpreis wählen.
Ausblick
Mit GASPOOL hat sich die Anzahl der H-Gas-Markt-
gebiete in Deutschland entscheidend verringert.
Händler, Netzbetreiber und Kunden profitieren
gleichermaßen von einem einheitlichen Wettbe-
werbsraum zwischen Emden und Saarbrücken,
Aachen und Frankfurt/Oder.
1 Beschreibung des Grundmodells der Ausgleichs- und Bilanzierungsregeln im Gassektor (Anlage 2 zum Beschluss „Festlegungsverfahren Ausgleichsleistungen
Gas“ der 7. Beschlusskammer der Bundesnetzagentur vom 28. Mai 2008) (GABi Gas)2 Vereinbarung über die Kooperation gemäß § 20 Abs. 1 b) EnWG zwischen den Betreibern von in Deutschland gelegenen Gasversorgungsnetzen vom 19.07.2007
in der Fassung vom 29.07.2008 (KoV III)
14 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Schweiz
Die Schweiz zählt mit einem jährlichen Erdgasverbrauch von rund 36 Mrd. kWh zu einem
kleinen Markt in Europa. Trotzdem spielt das Land alles andere als eine Nebenrolle –
ganz nach dem Motto „klein, aber fein“.
Von Mandy Nickel, Redaktion
Schweizer Sonderstatus
Die Schweiz war schon immer ein bisschen anders.
Laut Gesetz hat das Land keine Hauptstadt und
kein Staatsoberhaupt. Bundes- aber eben nicht
Hauptstadt ist Bern, alle wesentlichen Sachfragen
werden von den Eidgenossen direkt entschieden.
Vier Amtssprachen werden in der Alpenrepublik
gesprochen, dazu kommen noch hunderte Orts-
dialekte. Und – die Schweiz ist zwar seit 2002
Mitglied der UNO, nicht aber Mitglied in der Euro-
päischen Union.
Autarke Stromversorgung
So verwundert es nicht, dass die Schweiz auch
bei der Energieversorgung einen eigenen, aut-
arken Weg eingeschlagen hat – zumindest was
die Stromerzeugung betrifft. Das Land versorgt
sich zu 100 Prozent selbst; Atomstrom wird zur
Grundlastabdeckung, Strom aus Wasserkraft zur
Strukturierung verwendet. Die erzeugten Mengen
übertreffen den eigenen Bedarf sogar um ein
Vielfaches, so dass die Schweiz Nettoexporteur
für Strom ist – vor allem in Richtung Italien.
100 % Erdgasimport
Anders verhält es sich dagegen im Erdgasmarkt.
Weil die Schweiz über keine eigenen Ressourcen
verfügt, muss sie Erdgas zu 100 Prozent impor-
tieren. Auch das ist noch ein Sonderstatus in
Europa, auch wenn er dem Schweizer Selbstver-
ständnis nach Unabhängigkeit widerstrebt. Rund
36 Milliarden kWh beträgt der jährliche Verbrauch
für die private und gewerbliche Wärmeproduktion.
Damit hat Erdgas einen Anteil von rund 10 Prozent
Grüezi, Erdgas
Sch
we
ize
r M
att
erh
orn
15 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
am Gesamtenergieverbrauch. Im europaweiten
Vergleich macht der Erdgas-Bedarf der Schweiz
weniger als ein Prozent desjenigen der gesamten
EU aus. Die größten Mengen bezieht die Schweiz
aus Norwegen und dem niederländischen Gro-
ningen-Feld, der Anteil von russischem Erdgas
beträgt dagegen lediglich rund 21 Prozent.
Genossenschaftlicher Erdgasmarkt
Rund drei Viertel der benötigten Mengen werden
von der SWISSGAS Schweizerische Aktienge-
sellschaft für Erdgas, kurz Swissgas, importiert.
Das Unternehmen verfügt über mehrere Erdgas-
bezugsverträge und bündelt den Bedarf der vier
Regionalversorger Erdgas Ostschweiz AG, Erdgas
Zentralschweiz AG, Gasverbund Mittelland AG
und Gaznat SA. Die vier Unternehmen haben die
gemeinnützige Einkaufsgenossenschaft Anfang
der 1970er Jahre gegründet und halten seither
auch Anteile an ihr. Ein weiterer Aktionär ist der
Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG).
Die Versorgung der rund 870 gasversorgten Ge-
meinden 1 übernehmen die knapp 100 lokalen
Gasversorger. Sie sind an den Regionalgesell-
schaften beteiligt und greifen damit ebenfalls
auf das Swissgas-Portfolio zurück. Die restlichen
ca. 25 Prozent vom inländischen Gasbedarf be-
schaffen sich die Regionalgesellschaften und die
einzelnen lokalen Erdgas-Versorger direkt von
ausländischen Anbietern.
Fehlende Speicherkapazitäten
Die größten Erdgasmengen werden in der Schweiz
traditionell im Winter benötigt. Auf eigene Unter-
grundgasspeicher, die gerade in den kalten Mo-
naten zum Ausgleich von Bedarfsschwankungen
1 (Quelle: Jahresbericht
2008 des VSG)
Quelle: Jahresbericht 2008 des VSG, S. 2
1976
1978
1980
1982
1984
1986
1988
1990
1992
1994
1996
1998
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
0 5000 10 000 15 000 20 000 25 000 30 000 35 000
Erdgas-Aufkommen Schweiz(Bruttoverbrauch HO in Gigawattstunden, GWh)
Importportfolio der Schweizer Erdgas-Wirtschaft2007, Zahlen 2008 noch nicht verfügbar in %
50
21 21
8
Europäische Union
Sonstige
Norwegen
Russland
Entwicklung Erdgasnachfrage und Gasverbrauch nach Verbrauchergruppen
2006
in %
38,5
6,7
34,020,7
Haushalte
Sonstige
Verkehr0,1
Industrie
Dienstleistungen29,0
31,0
32,0
30,0
2000
31,4
2001
32,7
2002
32,1
2003
34,0
2004
35,0
2005
36,0
2006
35,0
2007
34,2
37,0
33,0
35,0
36,0
34,0
Mrd
. k
Wh
16 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
genutzt werden, muss die Schweiz jedoch geo-
logisch bedingt verzichten. Um dennoch Erdgas
strukturiert ins Land zu bringen, hat vor allem die
Swissgas Speicherkapazitäten in Deutschland und
Frankreich gebucht. Laut Unternehmensaussage
ist Swissgas über ihr Leitungsnetz mit über 100
Untertagespeichern in Westeuropa verbunden.
Den Mangel an inländischen Speichern gleicht
die Schweiz übrigens auch durch zwei weitere
Besonderheiten aus: entsprechend gestaltete
Importverträge und unterbrechbare Lieferungen
an größere Industriekunden.
Wichtiges Transitland
Seit 1974 gelangt das Erdgas für den Schweizer
Markt zum überwiegenden Teil über die Trans-
europa Naturgas Pipeline bei Wallbach ins Land.
Diese Transitgasleitung ist ein Teilstück der Erdgas-
Hochdruckleitung Holland–Italien. Sie durchzieht
die Alpenrepublik von Nord nach Süd und stellt
damit die Versorgung der Schweiz sicher. Auch für
die Versorgung Italiens mit Erdgas aus dem Norden
ist die Leitung von großer Bedeutung. Für Betrieb
und Unterhalt des Leitungsabschnittes zwischen
Wallbach östlich von Basel und Griespass an der
schweizerisch-italienischen Grenze ist die Tran-
sitgas AG verantwortlich. An ihr sind Swissgas,
die italienische ENI und die E.ON Ruhrgas AG
beteiligt. Über das „Transitgas-System“ werden
rund 80 Prozent der Erdgasimporte der Schweiz
umgesetzt. Von der Transitgas aus führen wichtige
regionale Transportleitungen in die Ostschweiz,
ins Mittelland, in die Zentralschweiz sowie in die
Westschweiz. Neben der Erdgastransitleitung
gibt es in der Schweiz übrigens noch weitere Im-
portpunkte – damit ist die Schweiz nicht nur auf
der Beschaffungs-, sondern auch auf der Infra-
strukturseite diversifiziert. Aufgrund ihrer Lage
und der vorhandenen Pipelineanbindungen ist
die Schweiz ein wichtiges Bindeglied zwischen
Nord- und Südeuropa.
Schweiz stellt sich dem Wettbewerb
Obwohl die Schweiz nicht Mitglied der EU und
damit auch nicht offiziell an die Regeln im libera-
lisierten Gasmarkt gebunden ist, kann und will
sie sich der europaweiten Marktöffnung nicht
Fortsetzung von Seite 15
Grüezi, Erdgas
Der schweizerische Erdgasmarkt ist durch den
überregionalen Importeur SWISSGAS Schwei-
zerische Aktiengesellschaft für Erdgas (Swiss-
gas) sowie durch vier große regionale Gasver-
sorger geprägt. Die Erdgas Ostschweiz AG
(EGO), die Gasverbund Mittelland AG (GVM),
die Erdgas Zentralschweiz AG (EGZ) und die
Gaznat SA (Gaznat) sind Aktionäre der Swiss-
gas und beziehen von ihr derzeit einen Großteil
ihrer benötigten Gasmengen über langfristige
Verträge. Für die lokale Gasversorgung sind
in der Schweiz rund 100 Gemeindebetriebe
oder Stadtwerke verantwortlich.
In aller Kürze: Erdgasmarkt Schweiz
Struktur des Schweizer Erdgasmarktes und seine Infrastrukturanbindungen in Europa
Der Einstieg von VNG in den Schweizer Erdgasmarkt kommt
nicht von ungefähr. Seit 2003 hat VNG vertragliche Bezie-
hungen mit der Schweizer Gaswirtschaft, insbesondere mit
der EGO. Im März 2009 haben VNG und Swissgas die SET
Swiss Energy Trading AG mit Sitz in Zürich gegründet. Die
neue Gesellschaft bezweckt die Optimierung der schwei-
zerischen Erdgasbeschaffung im kurzfristigen Bereich und
zugleich eine Stärkung des Erdgas-Handelsgeschäftes
von VNG. Im Einklang damit wurden und werden auch die
Beziehungen zu allen Schweizer Regionalversorgern und
der Swissgas beständig ausgebaut.
VNG und die Schweiz
Fallentor
Höchst
WallbachOltingue/Rodersdorf
DEUTSCHLAND
ÖSTERREICH
ITALIEN
EGO
FRANKREICH
EGO
Gaznat
GVM
BernEGZ
Passo Gries
Swissgas
Transitgas
17 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
Swiss Energy Trading
SET
www.swissgas.ch (Swissgas)
www.transitgas.ch (Transgas AG)
www.erdgas.ch (Verband der Schweizerischen Gasindustrie – VSG)
www.swiss-energy-trading.ch (SET Swiss Energy Trading)
Interessante Links
verschließen. Ganz im Gegenteil: die Schweiz ist
daran interessiert, Chancen – vor allem aus kurz-
fristigen Handelsgeschäften – zu nutzen. Einen
ersten Schritt sind die Swissgas und die Erdgas
Ostschweiz gegangen, als sie im vergangenen Jahr
ein neues Handels- und Vertragsmanagementsys-
tem eingeführt haben. Das von der VNG-IT-Tochter
ECG Erdgas Consult Leipzig entwickelte Programm
kann die komplexen Bezugs- und Lieferverträge
verwalten und stellt damit die Grundlagen für alle
Aktivitäten im liberalisierten Gasmarkt dar.
Eigene Trading-Gesellschaft
Um die Trading-Aktivitäten
der Swissgas und ihrer vier
Regionalgesellschaften zu
bündeln, wurde im März 2009
die SET Swiss Energy Trading AG mit Sitz in Zürich
gegründet. Mitanteilseigner mit 35 Prozent ist
VNG. Oberste Aufgabe der neuen Gesellschaft
ist es, überschüssige Gasmengen der schwei-
zerischen Gesellschaften zu vermarkten bzw.
fehlende Mengen kurzfristig europaweit, u. a. an
den Handelspunkten, zu beziehen. Dazu betreibt
das Unternehmen eine Erdgas-Handelsplattform,
die gemeinsam von den vier Regionalversorgern
sowie VNG genutzt werden kann. Im Rahmen dieser
Energiehandelsplattform wird sich VNG mit ihren
Erfahrungen im Gashandel als Partner einbringen
und auf langfristiger Basis auch als Handelspartner
der SET tätig sein.
Großes Potenzial für Erdgas
Auch wenn der Erdgas-Verbrauch in der Schweiz
im europäischen Vergleich eher gering erscheint,
wird dem hiesigen Markt Entwicklungspotenzial
vorausgesagt. Vor allem in der privaten Wärmeer-
zeugung lässt sich der Erdgasabsatz durchaus
noch steigern. Rund 56 Prozent entfallen im Wär-
memarkt noch immer auf den Energieträger Heizöl.
Als weitaus wichtigerer Wachstumsfaktor gilt
jedoch der Einsatz von Erdgas in der Strompro-
duktion. Grund ist die Versorgungslücke, die in
knapp 10 Jahren auf die Schweiz zukommen wird.
Während Umweltverbände auf Alternative Energien
und die Stromproduzenten auf neue Atomkraft-
werke setzen, favorisieren die Gaswirtschaft und
der Bund den Ausbau von Gas-Kombikraftwerken.
Bisher spielen die – im Unterschied zu den meisten
europäischen Ländern – noch keine Rolle bei der
Stromerzeugung. Gaskraftwerke stehen allerdings
aufgrund ihrer CO2-Emissionen in der Diskussion.
Manch einer favorisierte sie daher auch nur als
kurzfristige Lösung. Ob die Pläne deshalb umge-
setzt werden können, ist bisher noch offen.
Die Schweiz ist nicht Mitglied der EU – und damit auch nicht
an die energiewirtschaftlichen und rechtlichen Regularien
aus Brüssel gebunden. Im Gasmarkt sieht die Schweiz – im
Gegensatz zum Strommarkt – auch keinen gesetzgeberischen
Handlungsbedarf. Seit 1964 ist im Rohrleitungsgesetz eine
Regelung für Transporte Dritter auf dem Hochdrucknetz
(Druck > 5 bar) festgeschrieben. Auf dieser Basis finden seit
2001 Erdgastransporte von der deutschen Grenze durch die
Schweiz nach Italien statt.
Freier Marktzugang
Die Schweiz muss ihr Erdgas zu 100 Prozent importieren. Das war aber nicht immer so. Von 1985 bis 1994 wurde in Fins-
terwald im Entlebuch ein kleines Erdgasvorkommen ausgebeutet. Rund 73 Millionen Kubikmeter Erdgas wurden damals
gefördert. Das Projekt wurde allerdings eingestellt, weil die Fördermengen sanken und die Erdgaspreise zu niedrig waren.
Aufgeben will die Schweiz ihre eigenen Förderbestrebungen aber nicht ganz: im Sommer hat die Schweizer Firma Petrosvbri
verkündet, dass sie im November dieses Jahres unter dem Genfer See mit der Suche nach Erdgas und Erdöl beginnen wird.
Die Aussicht auf Erfolg ist laut Geologen gar nicht schlecht, allerdings ist noch offen, wie viel Erdgas unter dem See lagert
und ob sich dessen Förderung überhaupt rentiert. Für ein stückweit Unabhängigkeit scheint den Schweizern aber jede noch
so aufwändige Suche lohnenswert.
Schweizer Erdgasproduktion
Quelle: Hermann Kemetmüller
18 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
caplog-x
Datenübertragung 2.0Im liberalisierten Gasmarkt gewinnt der Austausch von sensiblen Gasdaten zunehmend an Bedeu-
tung. Mit der Prozessdienstleistung bietet caplog-x eine Lösung zur Gesamtabdeckung der Wert-
schöpfungskette von der Messdatenerfassung über die Datenübertragung bis hin zur technischen
und kommerziellen Datenverarbeitung aus einer Hand. medium gas sprach mit dem Geschäftsführer
von caplog-x über die Datenübertragung in der neuen Gaswelt.
Herr Dr. Stoll, bitte erklären
Sie uns mit ein paar einfachen
Worten, was caplog-x ist.
Die caplog-x GmbH ist eine
Ser vicegesellschaf t, die
den im liberalisierten En-
ergiemarkt entstandenen
Marktakteuren umfassende
Services rund um das The-
ma Datenerfassung, -über-
tragung und -verarbeitung
bereitstellt.
Was haben Gasversorger
und Transportnetzbetreiber
davon, wenn sie caplog-x
einsetzen?
Für Transportnetzbetreiber
decken wir mit einer flexiblen
Infrastruktur die gesamte Informationskette von
der Messung vor Ort bis hin zur netzbezogenen
Bereitstellung von Daten, wie z. B. Lastflusssimu-
lation, Ausrollen von Standardlastprofilen und
Gasbeschaffenheitsermittlung ab.
Darüber hinaus stellen wir Mehrwertdienste zur
Verfügung, wie z. B. messtechnische Services,
Zählerfernüberwachung, Consulting für Biogas-
messanlagen und Datenvisualisierung in einem
Informationsportal.
Gashändler nutzen caplog-x-Leistungen zur Ver-
besserung ihrer Bedarfsprognose durch zeitnahe
Bereitstellung von Messdaten ihrer RLM-Kunden.
Außerdem unterstützen wir sie bei der Anwen-
dung von Nominierungsersatzverfahren sowie
Abwicklung von unternehmensübergreifenden
Kommunikationsprozessen.
Sie sagen, dass caplog-x den Weg in die neue,
liberalisierte Gaswelt sichert. Wie muss man sich
das praktisch vorstellen?
Wir können schnell und flexibel auf die sich stetig
ändernden Marktbedingungen reagieren, weil
wir langjährige Partnerschaften zu den Innova-
tionsführern bei der Messtechnik und Software-
entwicklung haben. Hier meine ich im Speziellen
die ECG Erdgas-Consult GmbH und die PSI AG. Wir
können durch die enge Zusammenarbeit unsere
Dienstleistungsangebote jederzeit entsprechend
anpassen.
Ursprünglich ist caplog-x eine von VNG initiierte
Marke für Energiedatenmanagement. Seit An-
fang dieses Jahres werden alle Produkte jedoch von
einer eigenen Gesellschaft – der caplog-x GmbH
– vermarktet, an der VNG lediglich eine Minder-
heitsbeteiligung besitzt. Warum der Umbau?
Die Akzeptanz dieses breiten Dienstleistungs-
spektrums für die unterschiedlichen Marktrollen
erfordert Unabhängigkeit und Neutralität. Die ist
nur durch eine selbstständig agierende Gesell-
schaft zu erreichen.
Das von der caplog-x GmbH genutzte System
zur geeichten Datenübertragung „cerdat-x“
wurde jüngst von der Physikalisch-Technischen
Bundesanstalt und den Landeseichämtern zer-
tifiziert und zur Verwendung im geschäftlichen
Verkehr zugelassen. Es ist damit das einzige
System zur geeichten Übertragung von Gasmess-
daten auf dem Markt. Wie sind die Reaktionen
darauf?
Die zusammen mit dem Partner Elster GmbH
entwickelte Systemlösung zur signierten Daten-
Dr. Peter Stoll, Geschäfts-
führer der caplog-x GmbH
19 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
übertragung „cerdat-x“ stellt einen Meilenstein
bei der Bereitstellung von geeichten Daten für
Abrechnungssysteme dar.
Dementsprechend groß ist das Interesse der etab-
lierten Zähler- und Gerätehersteller an der Lösung.
Bisher gab es ein positives Feedback und viele
Unternehmen zeigten die Bereitschaft, „cerdat-x“
in unterschiedliche Gerätekomponenten zu inte-
grieren.
Zur Versorgung des Rekonstruktionssystems für
Gasbeschaffenheiten im Netz der ONTRAS werden
derzeit Daten bereits signiert übertragen. Bis
zum Jahresende sollen alle Einspeisemengen
aus Gasübergabestationen und den Untergrund-
gasspeichern sowie ca. 50 % der Ausspeisemengen
mittels „cerdat-x“ erfasst werden.
Ist die Inanspruchnahme von Dienstleistungen
der caplog-x GmbH eigentlich über nationale
caplog-x ist der Firmenname der caplog-x GmbH. Es ist ein Kunstwort, bestehend aus den engl. Begriffen capture (Daten
erfassen), logging (Daten protokollieren) und exchange (Daten austauschen).
cerdat-x ist eine Marke der caplog-x GmbH. Sie bezeichnet das von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zugelassene und bei der caplog-x GmbH
eingesetzte Verfahren zur signierten Übertragung von geeichten Messdaten. Dabei werden die Informationen in der Station geeicht gemessen und signiert und
anschließend erst übertragen und verarbeitet. Die Signierung vor Ort ermöglicht es dem Anwender, die Daten jederzeit mit Hilfe eines beim Eichamt per Download
zur Verfügung gestellten Prüftools auf Unversehrtheit zu überprüfen. Anders als bisher können die so erfassten Messdaten über beliebig lange Zeiträume mit
einer Signatur versehen abgespeichert werden und sind somit auch außerhalb der jeweiligen Gasmessstationen geeicht verfügbar. Alle Prozessdaten werden
auf Anforderung in einem branchenunabhängigen, gesicherten Webportal unter www.messdatenportal.de bereitgestellt.
Bei dem Markennamen cerdat-x handelt es sich ebenfalls um ein Kunstwort, das sich aus den engl. Begriffen certified (beglaubigt), data (Daten) und exchange
(Austausch) zusammensetzt.
Weitere Informationen unter www.caplog-x.de und www.cerdat-x.de
caplog-x und cerdat-x
Grenzen hinaus möglich, also beispielsweise
europaweit nutzbar?
Ja, die Möglichkeit der europaweiten Nutzung
besteht. Für den Geschäftsdatenaustausch wird
es bereits genutzt. Bei Messdaten haben wir
durch Mobilfunk und durch eine Schmalbandsa-
tellitenkomponente die Möglichkeit, europaweit
Daten zu erfassen und anwendungsbezogen be-
reitzustellen.
Soll das heißen, dass Sie den Messdatentransfer
auch außerhalb von Europa, also beispielsweise
in China oder den USA anbieten könnten?
Derzeit konzentrieren wir uns vorwiegend auf
den europäischen, insbesondere den deut-
schen Markt. Aber wenn es erforderlich
ist, werden wir nicht zögern, einen
Kollegen zum Chinesischkurs
zu schicken.
20 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Marketing/Kundendienst
Vertrieb.Consult – Wir sind auf Absatz spezialisiert.Herausforderung
Energiewirtschaft
Die Achterbahnfahrten des Ölpreises
in den letzten Jahren, der unaufhalt-
same Siegeszug der erneuerbaren
Energien, erhöhter Kostendruck der
Regulierungsbehörde, steigende
Gewinnforderungen der Anteilseig-
ner, ein ganz neues Bewusstsein
der Kunden, die aktuelle Wirtschaftskrise u.v.m.
– eine Vielzahl interner und externer Faktoren
stellen die Marketing- und Vertriebsabteilungen
von Energieversorgern beinahe täglich vor neue
Herausforderungen. Sowohl Haushalts- als auch
Industrie- und Gewerbekunden finden sich in
einer zunehmend komplexeren Welt wieder, in
der sie auch zum Thema Energieversorgung kaum
noch selbst durch alle notwendigen Informati-
onen navigieren können. Lieferanten, Anteilseig-
ner und Gesellschafter optimieren Strukturen,
Kooperationen und Gewinne.
In diesem Spannungsfeld stehen die Eckpunkte
der Absatzpolitik ständig im Focus der Unterneh-
menspolitik:
• Innovative Produkte
• Werthaltige Preismodelle
• Verkaufsfördernde Kommunikation
• Absatzstarker Vertrieb
• Erfolgreiche regionale Markenführung
• Erlösorientierte Kooperationen
Antwort auf die relevanten
Fragen zu diesen Punkten
gibt es ab Oktober 2009
– mit Vertrieb.Consult.
Seminar für das Management
Vertrieb.Consult ist ein Projekt von VNG. Es richtet
sich an Führungskräfte in Geschäftsleitung, Ver-
trieb und Marketing von Stadtwerken und Regio-
nalversorgern. Ein ganzheitlicher Beratungsansatz
stellt sicher, dass die gemeinsam entwickelten
Ideen, Konzepte und Empfehlungen sich eng am
Markt orientieren und sich erfolgreich umsetzen
lassen. In Tagesseminaren wird gebündelt Fach-
wissen vermittelt. Dafür konnten Experten aus
Wirtschaft und Lehre gewonnen werden.
Zusätzliche Beratungsangebote
Im Anschluss an ein Tagesseminar lassen sich auch
Vertrieb.Consult In-House-Workshops buchen, auf
denen die Unternehmenssituation gemeinsam mit
Führungskräften und Mitarbeitern diskutiert und
Strategien für die Zukunft festgelegt werden. Für
die Umsetzung stehen individuelle Beratungs-
pakete zur Verfügung. Durch diesen modularen
Aufbau können Unternehmen – ganz nach ihren
Bedürfnissen – in jedes Thema einsteigen. Zusätz-
lich organisiert Vertrieb.Consult in regelmäßigen
Abständen absatzrelevante Foren, in denen es
um Informationsaustausch und den Aufbau eines
vertriebsorientierten Netzwerkes geht.
Auftakt im Oktober in Berlin
Die Auftaktveranstaltung für Vertrieb.Consult
fand am 20. Oktober 2009 zum Thema „Preis-
gestaltung“ in Berlin statt. Unter dem Motto
„Verdienen Sie schon oder senken Sie noch Ihre
Preise?“ erhielten die Seminarteilnehmer einen
Überblick über die derzeit erfolgreichsten Preis-
strategien im Wettbewerb. Die Referenten gaben
unter anderem einen Überblick über die aktuelle
Entwicklung der Preisangebote im Energiemarkt
und dazu auch praxisnahe Handlungsempfeh-
lungen. Zum Abschluss wurden Beispiele für
Produktbepreisungen präsentiert, mit denen
es bereits gelungen ist, die Kundenbindung
nachhaltig zu steigern.
Sie haben Interesse an Vertrieb.Consult? Gern sen-
den wir Ihnen unsere Imagebroschüre, Anmelde-
unterlagen und weitere Informationen zu:
Kerstin Tümmler
Telefon: 030 20613094-7451
Besuchen Sie unsere Website:
www.vertrieb-consult.de
Vertrieb.Consult
Ma
He
der Kunden di
21 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
GDMcom
Mit den Kunden auf einer WellenlängeIm April 2009 hat die GDMcom Gesellschaft für Dokumentation und Telekommunikation mbH (GDMcom) 50 Prozent der Anteile
der HEAG Lictor übernommen. An der Gesellschaft, die in die lictor GmbH umfirmiert wurde, hält die Gas-LINE GmbH & Co. KG
weiterhin 50 Prozent der Geschäftsanteile. Das Kerngeschäft der lictor GmbH besteht in der Bereitstellung maßgeschneiderter
Breitbandkommunikationslösungen und Kommunikationsnetzverbindungen.
Foto
: G
DM
com
/Mic
ha
el B
ad
er
Von Katrin Lehmann, GDMcom
Zu den Haupttätigkeitsfeldern der lictor zählen
die Vermarktung von Übertragungswegen für
Telekommunikationsdienste sowie das Planen,
Errichten und Betreiben von Telekommunikati-
onslinien. lictor bietet ihren Kunden skalierbare
Produkte mit Bandbreiten zwischen 2 Mbit/s und
1000 Mbit/s sowie optische Kanäle (Wellenlängen)
mit einer Übertragungskapazität von 2,5 Gbit/s
und 10 Gbit/s.
lictor greift auf vorhandene Netzinfrastrukturen zu
und bietet somit den Anschluss an alle relevanten
Points-of-Presence und Telehäuser in den hie-
sigen Metropolen. Die permanente Überwachung
(24h/365d) der Übertragungswege im eigenen
Network-Management-Center sorgt für höchste
Sicherheit und Verfügbarkeit.
Schnelle Reaktions- und kurze Instandsetzungs-
zeiten und ein Netz von Servicestützpunkten ga-
rantieren im Bedarfsfall ein hochgradiges Service-
niveau. Dabei setzt lictor auf zukunftsweisende
Technologien, innovative Lösungen sowie die
Kernkompetenzen der beteiligten Gesellschafter
und namhaften Systemlieferanten.
Zu den Zielgruppen der lictor gehören unter an-
derem Kabel- und Funknetzbetreiber, Telekom-
munikationsgesellschaften, Versorgungsunter-
nehmen, Betreiber von Einkaufscentern und
Gewerbegebieten sowie Kommunen in Regionen,
die mit Breitbandkommunikationslösungen un-
terversorgt sind. Diese so genannten „weißen
Flecken“ können mit vertretbarem Aufwand an
bereits existierende Infrastrukturen angebunden
werden.
lictor erarbeitet zusammen mit ihren Kunden
spezifische Lösungen und bietet umfassende
Beratungsleistungen für komplexe Bandbreiten-
projekte von der Analyse über die Planung bis
hin zur Implementierung und Inbetriebnahme der
Netzwerklösungen.
GasLINE ist 1996 von 15 deutschen Fern- und Regionalgasgesellschaften gegründet worden.
Mehr als 100 nationale und internationale Telekommunikationsunternehmen vertrauen und
nutzen bereits das LWL-Netz der Gas-LINE, das in mehr als 30 Städten an Telehäuser und
PoPs (Points of Presence) angeschlossen ist. Der weitere Netzausbau erfolgt kontinuierlich
und entsprechend den kundenspezifischen Bedürfnissen und Anforderungen.
GasLINE – das Unternehmen
GDMcom – das Unternehmen
Als 100%-ige Tochtergesellschaft der VNG – Verbundnetz Gas AG erbringt die GDMcom
Serviceleistungen auf dem Gebiet der Kommunikations-, Kabel- und IT-Technik, übernimmt
die Dokumentationsleistung von Leitungen und technischen Anlagen und unterstützt ihre
Kunden bei Anforderungsanalysen, Projektmanagement und der Entwicklung von IT-Lö-
sungen für Netzbetreiber.
Weitere Informationen zu den Unternehmen und Produkten finden Sie im Internet unter
www.gdmcom.de und www.gasline.de.
22 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Gastbeitrag
Wettbewerb als EntdeckungsverfahrenDie globale Finanzkrise hat mit dazu beigetra-
gen, dass die Beschaffungskosten für Erdgas
und infolgedessen auch die Preise für Endkunden
vorerst deutlich gesunken sind. Im Wahlkampf
war jedoch in den Medien erneut von Vorwürfen
gegen die Gasversorger zu lesen. Im Auftrag der
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen wurde
durch einen Energiewirtschaftler eine Studie ver-
fasst, in der ausgerechnet wurde, was aktuell ein
angemessener Preis für die Kilowattstunde sein
müsste. Im Durchschnitt – so sein Ergebnis – habe
ein Haushalt trotz Preissenkungen zwischen 13,7 %
(Thüringen) und 26,6 % (Bremen) innerhalb einer
Jahresspanne 90 Euro zu viel gezahlt. Der Preis-
verfall beim leichten Heizöl, an das bekanntlich
in einigen Lieferverträgen der Einkaufspreis von
Erdgas gebunden ist, hätte rein rechnerisch bei
vielen Anbietern noch stärkere Preissenkungen
hergegeben. Eine kühne Behauptung, hinter der
sich ein großes Missverständnis verbirgt.
Die Gaswirtschaft steht mittlerweile auch im End-
kundengeschäft voll im Wettbewerb. Auch wenn
es gewiss noch Gebiete im ländlichen Raum gibt,
in denen ein Anbieterwechsel nur sehr einge-
schränkt möglich ist, steht mittlerweile außer
Frage, dass der Wettbewerb auf dem Gasmarkt
in weiten Bereichen in Schwung gekommen ist
und marktfernen Preisen klare Grenzen setzt. Das
bestätigen auch die zuständigen Behörden und
sogar viele Verbraucherschützer. Doch Studien wie
die eingangs erwähnte suggerieren, Wettbewerb
müsse automatisch zu gleichen Verkaufsprei-
sen aller Anbieter führen, was im Umkehrschluss
dann bedeutet, wo Preisunterschiede herrschen,
funktioniere der Wettbewerb nicht. Das ist ein
glatter Fehlschluss. Hinzu kommt, dass es eben
nicht möglich ist, „den richtigen Preis“ zentral
zu ermitteln und als realistischen Einheitspreis,
der die Versorgung sichert, vorzuschreiben. An-
sonsten wäre Wettbewerb ein mühseliges und
verschwenderisches Verfahren, auf das man besser
verzichten sollte. Doch Wettbewerb bleibt das
einzig probate Verfahren zur Entdeckung ange-
messener Kosten, Preise und Mengen.
Wo Unternehmen im Wettbewerb stehen, sind sie
darum bemüht, die Kosten gering zu halten und
nach Möglichkeit durch attraktive Preise Kunden
zu gewinnen. Jedes eigenständige Unternehmen,
somit auch jeder Gasversorger, verfolgt hier seine
eigene Strategie und erweist sich dabei als mehr
oder weniger glücklich und unternehmerisch erfolg-
reich. Grundsätzlich ist es klug, das Bezugsport-
folio zu diversifizieren. So werden etwa in der
Beschaffung ganz unterschiedliche Lieferverträge
abgeschlossen, die zu unterschiedlichen Zeiten
und Fristen auch abweichende Preise beinhalten.
Manche Lieferungen besitzen dabei eine Ölpreis-
bindung, andere nicht. Die entstehende Vielfalt
ist in einer Studie gar nicht zu überblicken.
Und auch die Kalkulation der Verkaufspreise ist
keinesfalls so eindimensional, wie das im Fazit
einer solchen Studie suggeriert wird. Allein die indi-
viduellen Bezugsportfolios der Versorger verlangen
eine entsprechende individuelle Preisgestaltung.
Hinzu kommen unterschiedliche Prognosen und
Risikoeinschätzungen. Die Globalisierung des
Gasmarktes macht dies nicht einfacher.
Es ist vor diesem Hintergrund leicht zu verstehen,
dass eine Rechnung, in der Preissenkungen eins
zu eins mit dem Preisverfall von leichtem Heizöl
verglichen werden, eine unzulässige Simplifizie-
rung der tatsächlichen Wettbewerbsaktivitäten
darstellt. Man kann nur hoffen, dass sich die Ver-
braucher davon nicht beeindrucken lassen.
Andrej Krocker
Projektleiter Forum Erdgas
Forum Erdgas ist eine Initi-
ative ostdeutscher Erdgas-
Unternehmen, die sich dem
Dialog und der Information
über den Energieträger Erdgas
verpflichtet fühlen. Der Kreis
organisiert einen offenen Mei-
nungsaustausch, auf dessen
Basis das Forum Erdgas an der
öffentlichen Diskussion über
aktuelle Fragen der Energie-
politik teilnimmt.
23 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
Datum Veranstaltung Ort
November
05./06.11.2009 Kommunikations-, Medien- und Marketingtreffen von VNG Leipzig
06.–07.11.2009 Azubi- und Studientage von Stadtwerke Leipzig, Kommunale Wasserwerke und VNG Leipzig
08.11.–11.11.2009 Messe „Gäste“ Leipzig
11.11.–27.11. Fotoausstellung „Engagement zeigt Gesicht“Rathaus Berlin
Tempelhof/Schöneberg
17.11.2009 Internationales Forum „Erdgas Russland 2009“ Moskau
24.–25.11.2009 ICG-Stadtwerkekongress „Multitalent Stadtwerke“ Dresden
27.11.–30.11.2009 Fotoausstellung „Engagement zeigt Gesicht“ Gewandhaus Leipzig
Dezember
01.12.–22.12.2009 Fotoausstellung „Engagement zeigt Gesicht“ Landesbibliothek Dresden
Januar
19.–21.01.2010 17. Handelsblatt Jahrestagung Berlin
21.–24.01.2010 Messe „Partner Pferd“ Leipzig
Februar
09.–11.02.2010 E-World Essen
16.–20.02.2010 Bautec Berlin
Aktuelle Termine: November 2009 bis Februar 2010Fotoausstellung „Engagement zeigt Gesicht“ wieder auf WanderschaftOft sagen Bilder mehr als Worte: Die Fotodokumentation „Engagement zeigt Gesicht“ greift in diesem
Jahr bereits zum achten Mal diesen Gedanken auf und stellt das Leben und Wirken der Verbundnetz-
Botschafter vor. Die Wanderausstellung präsentiert in großformatigen Bildern die Gesichter und
Geschichten, die hinter all den Mühen, Anstrengungen, aber auch der Freude stehen, die es mit sich
bringt, wenn man etwas für Andere tut.
Ausstellungsorte:
Universitätsbibliothek Rostock (12.10.–06.11.) | Rathaus Berlin Tempelhof/Schöneberg (11.11.–27.11.) |
Gewandhaus zu Leipzig (27.11.–30.11.) | Landes-, Staats- und Unibibliothek Dresden (01.12.–22.12.)
Weitere Informationen zu den Fotoausstellungen finden Sie unter: www.verbundnetz-der-waerme.de
24 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
VNG ist seit 2006 kontinuierlich einen neuen Weg bei der Exploration
und Produktion von Eigenerdgas gegangen. Noch liegt aber ein
langer Weg vor dem Unternehmen. v. l.: Rolf Gregor Skaar (VNG Norge,
Stavanger), Tord Pedersen (Managing Director der VNG Norge) und
Dr. Volker Busack (Leiter Gasbeschaffung E&P bei VNG). Foto: Dirk Brzoska
25 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
Schwerpunkt: GasbeschaffungDer globale Erdgasmarkt hat sich in
den vergangenen 15 Jahren dramatisch
verändert. Die verbleibenden Reserven
liegen in der Hand einiger weniger Pro-
duzentenländer und Unternehmenskon-
glomerate. Bisherige Netto-Exporteure –
unter ihnen auch europäische Staaten
wie Großbritannien und die Nieder-
lande – müssen ihren Bedarf zunehmend
über Importe decken. Wachstumsnati-
onen wie Indien und China sind zu den
größten Energieverbrauchern aufge-
stiegen und machen ihren Einfluss auf
den Beschaffungsmärkten deutlich.
Erdgas ist zu einem teuren Gut ge-
worden. Jeder will es haben, um Wirt-
schaftswachstum und Wohlstand zu
sichern. Unter den Voraussetzungen
wird das Gasgeschäft nicht einfacher
– obwohl die Energiereserven nach-
weislich noch viele Jahrzehnte rei-
chen. Im Wettlauf um die weltweiten
Reserven müssen Unternehmen wie VNG
deshalb gut aufgestellt sein – und bereit
sein, neue Wege zu gehen.
„Wege entstehen dadurch,
dass man sie geht.“
(Franz Kafka)
26 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Norwegen
Energie aus dem hohen Norden sorgt für Sicherheit in EuropaNorwegisches Erdgas trägt maßgebend zur hohen Versorgungssicherheit in Deutschland und Europa
bei. Sven Erik Svedman, norwegischer Botschafter in Deutschland, weiß um die gute norwegisch-
deutsche Energiezusammenarbeit und sieht auch zukünftig großes Potenzial.
Foto: Christoph Busse
Von Sven E. Svedman, Botschafter
Norwegen ist heute einer der weltweit größten
Lieferanten von Erdgas und der zweitgrößte Erd-
gaslieferant nach Europa. Mit Rohrleitungen auf
dem Meeresboden in der Nordsee war Deutschland
unter den ersten Ländern, die durch Lieferungen
von Erdöl und Gas mit den Feldern auf dem nor-
wegischen Kontinentalsockel verbunden wurden.
Norwegen liefert seit über dreißig Jahren Erdgas
nach Deutschland und deckt heute an die 30 %
des deutschen Verbrauchs. In Gesprächen mit
Deutschen pflege ich allerdings etwas vereinfacht
zu sagen, dass jede dritte deutsche Erdgasheizung
mit norwegischem Erdgas läuft.
Durch neue Verträge über Lieferungen von Erdgas
über Jahre hinweg haben sich die Energiever-
bindungen zwischen Norwegen und Deutsch-
land weiter entwickelt und sind ständig enger
geworden. Langfristige Abkommen sorgen für
Investitionssicherheit für die Produzenten auf
dem norwegischen Festlandsockel und für Liefer-
sicherheit für die Kunden auf dem europäischen
Kontinent. Die norwegische Regierung hat sich
zum Ziel gesetzt, die Produktion von Erdgas von
derzeit 100 Mrd. Sm3 (Standard Kubikmeter) im
Jahr auf zwischen 115 und 140 Mrd. Sm3 jährlich
im Jahr 2020 zu erhöhen. Dies hat eine erhöhte
Produktion auf einzelnen bestehenden Feldern zur
Folge, aber auch den Ausbau neuer Felder. Es sind
große Erwartungen an die Möglichkeiten für den
weiteren Ausbau der Erdöl- und Gasproduktion in
den Nordgebieten geknüpft. Auf dem norwegischen
Kontinentalsockel ist die Produktion von Erdgas
– umgeformt zu LNG – auf dem Feld „Snøhvit“ in
der Barentssee angelaufen. Ebenso ist der Ausbau
des Erdölfeldes „Goliat“ an gleicher Stelle auf den
Weg gebracht. Aber: Die hohen Erwartungen sind
nicht weniger an die Gebiete weiter östlich in der
Barentssee, in Russland, gerichtet. Hier suchen
norwegische Gesellschaften wie StatoilHydro die
Zusammenarbeit mit russischen und internatio-
nalen Partnern unter anderem für den Ausbau des
Shtokmanfeldes.
Norwegische Behörden legen großen Wert darauf,
dass bei der Erdöl- und Gasgewinnung die beson-
ders gefährdete arktische Umwelt gewahrt und
Rücksicht auf die Ausnutzung anderer wichtiger
„Mehr als fünfzehn Jahre, nachdem die ersten Ver-träge zwischen der VNG – Verbundnetz Gas Aktien-gesellschaft und norwegischen Erdölgesellschaften wie Statoil und Hydro abgeschlossen wurden, wird etwa ein Drittel des von VNG umgesetzten Gases aus Norwegen geliefert. VNG hatte damals, wenige Jahre nach der Wende, eine Vorreiterrolle bei der Arbeit Deutschlands zur Diversifikation von Quellen für Energielieferungen und somit zur Versorgungs-sicherheit über Jahre hinaus.“
Sven E. Svedman | Botschafter
27 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
Ressourcen wie Fisch und Meerestiere genommen
wird. Dadurch, dass die norwegischen Behörden
strenge Anforderungen stellen, haben sie dazu
beigetragen, dass die Erdöl- und Gasförderung auf
dem norwegischen Festlandsockel wahrschein-
lich die umweltfreundlichste in der Welt ist. Die
norwegischen Behörden legen auch großen Wert
darauf, dass der norwegische Festlandsockel für
viele Akteure offen sein soll. Eine große Anzahl
ausländischer Gesellschaften hat verstanden,
dass Norwegen äußerst konkurrenzfähige Bedin-
gungen hat und sind bereit, sich an den großen
Investitionen zu beteiligen, die notwendig sind,
wenn Erdöl und Gas in großen Meerestiefen und
unter zum Teil sehr schwierigen klimatischen
Verhältnissen gewonnen werden sollen. In dieser
Hinsicht sehe ich es als sehr positiv, dass sich VNG
auf dem norwegischen Festlandsockel etabliert hat
und das Ziel verfolgt, 10 % des eigenen Umsatzes
bis 2020 von dort zu liefern.
Als großer Produzent von fossilen Brennstoffen be-
schäftigt man sich in Norwegen damit, wie wir dazu
beitragen können, die Verunreinigungen durch
Klimagase zu reduzieren. Eine Maßnahme, für die
man sich stark engagiert, ist die Abscheidung und
Speicherung von CO2 (genannt Carbon Capture
and Storage – CCS). Hintergrund dafür ist, dass
norwegische Unternehmen bereits mehrjährige
Erfahrung mit der Abscheidung und Speicherung
von CO2 aus der Gasproduktion auf den Feldern
„Sleipner“ in der Nordsee und „Snøhvit“ in der
Barentssee besitzen. In beiden Fällen wird CO2
zuverlässig und sicher in geeigneten geologischen
Formationen unter dem Meeresboden gelagert. Um
zu einer globalen Technologieentwicklung für CCS
beizutragen, ist eine größere Demonstrationsan-
lage auf Mongstad bei Bergen im Bau.
Ein anderer Weg, um die notwendigen Klimaziel-
setzungen zu erreichen, ist der weitere Ausbau
erneuerbarer Energien. Norwegen ist in diesem
Zusammenhang schon weit vorangekommen, da
nahezu 100 % des Elektrizitätsbedarfes des Landes
durch Wasserkraft gedeckt werden. Jetzt engagieren
wir uns insbesondere für den verstärkten Ausbau
der Windkraft entlang der langen norwegischen
Küste, sowohl an Land wie auch Offshore, und auf
die erhöhte Nutzbarmachung von Biomasse, unter
anderem aus der Forst- und der Landwirtschaft.
Norwegische Wasserkraft kann im Übrigen eine
wichtige Rolle für die Balance bei der Produktion
erneuerbarer Energien auf dem europäischen Kon-
tinent erhalten. Dafür werden Untersee-Kabelver-
bindungen für den Austausch von Strom benötigt
– viele solcher sind in der Planung.
Die bilateralen Verbindungen zwischen Norwegen
und Deutschland sind stärker als je zuvor. Dies
betrifft Politik, Wirtschaft und Kultur. VNG hat
sich auf bewundernswerte Art und Weise bei der
Arbeit zur Stärkung dieser Verbindungen im breiten
Sinne engagiert. Im vergangenen Jahr initiierte
VNG zum Beispiel ein Symposium in Leipzig, bei
dem unsere 15-jährige Energiepartnerschaft im
Mittelpunkt stand. Vertreter aus Wirtschaft, Politik
und Wissenschaft diskutierten unter anderem über
die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen
für die europäische Energiesicherheit.
Auch im wissenschaftlichen und kulturellen Bereich
ist das Engagement groß. VNG fördert Stipendien-
programme im Rahmen der Hochschulkooperation
zwischen den Universitäten in Trondheim und
Freiberg. Zudem unterstützt sie zusammen mit
norwegischen Partnern seit vielen Jahren Kultur-
institutionen wie den gemeinnützigen Edvard-
Munch-Haus e.V. in Rostock-Warnemünde. Solche
Projekte sind eine gute Basis für internationalen
Austausch und Völkerverständigung.
Für mich sind dies wichtige Teile eines großen
Bildes einer ständig engeren Zusammenarbeit
zwischen norwegischen und deutschen Akteuren,
Unternehmen und Behörden. Selbst wenn wir
ein gutes Stück vorangekommen sind, sehe ich
ständig neue Möglichkeiten und Potenziale für
eine verstärkte Zusammenarbeit.
Sven Erik Svedman ist Bot-
schafter des Königreiches
Norwegen. Er war lange Zeit
in führenden Positionen im
norwegischen Außenministe-
rium und u. a. als Botschafter
in Paris und Tel Aviv tätig. Im
August 2007 übernahm Sved-
man die Nachfolge von Bot-
schafter Bjørn Tore Godal.
Der Autor
28 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
„Sie verstehen nur Chinesisch? Wir bieten Übersetzungshilfe unter www.global-gas-shop.com“
29 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
Interview
„Wir haben noch einen weiten Weg vor uns“Es ist wichtig, sich klug zu verstärken und sich für die Zukunft gut aufzustellen. Das muss das Motto
gewesen sein, als VNG im April dieses Jahres die Endeavour Energy Norge (EEN) übernommen hat.
Immerhin gehört der Explorationsspezialist zu den Besten in Norwegen. medium gas sprach mit
Tord Pedersen, der bisher Geschäftsführer bei EEN war und im Oktober die Leitung der VNG Norge AS
übernommen hat.
Herr Pedersen, Sie haben über 25 Jahre Erfahrung
im internationalen Upstream-Geschäft. Was reizt
Sie am meisten an Ihrer neuen Aufgabe bei der
VNG Norge?
VNG Norge ist ein kleines Unternehmen, aber wir
sind Teil der VNG-Gruppe mit ihrer langfristigen
Ausrichtung, einer guten Strategie, einer starken
lokalen Präsenz in Deutschland und einer stolzen
Geschichte. Wir betrachten das als eine Chance, ein
neues Geschäft für VNG aufzubauen. Natürlich sind
die Exploration und das Upstream-Geschäft immer
mit vielen Risiken behaftet und es gibt viele Höhen
und Tiefen. Von außen betrachtet, könnte man fast
schon Angst haben vor den technischen und finan-
ziellen Herausforderungen. Wenn wir jedoch Geduld
haben und hart arbeiten, können wir maßgeblich
die Zukunft der VNG-Gruppe mitgestalten.
VNG hat die Endeavour Energy Norge AS (EEN) 1
im April übernommen. Wie haben Ihre Leute in
Oslo auf die Übernahme reagiert – insbesondere
in Anbetracht der angedachten Fusion von VNG
Norge und EEN?
Zunächst einmal kam es nicht unerwartet, dass
Endeavour ihre Tochterfirma in Norwegen verkauft.
Trotzdem war die Nachricht für uns alle doch etwas
überraschend. Jetzt, ein halbes Jahr später, sind
wir alle glücklich darüber, zur VNG-Gruppe zu
gehören. Wir haben keine Mitarbeiter verloren und
alle wollen weiter für das fusionierte Unternehmen
arbeiten. Wir haben sogar einige neue Mitarbeiter
eingestellt. Wir freuen uns darauf, Kollegen und
Freunde der Mitarbeiter in Stavanger und Leipzig
zu werden.
EEN war seit 2005 Teil der US Endeavour Group.
Jetzt, vier Jahre später, kommt die neue Mutterge-
sellschaft aus Deutschland. Wird sich dadurch an
Ihrer Art zu arbeiten etwas ändern?
Auf jeden Fall wird sich vieles an der Art zu ar-
beiten ändern. VNG hat eine sehr viel längere
Perspektive und ist finanziell viel stärker aufge-
stellt als es Endeavour war. VNG hat auch eine
andere Strategie.
Tord Pedersen studierte Geo-
logie an der Universität Trond-
heim. Er hat über 25 Jahre
Erfahrung im internationalen
Upstream-Geschäft. Er hat im
Vereinigten Königreich, in den
USA, in Ägypten, Südafrika
und im Nahen Osten gearbei-
tet. Pedersen hat in Führungs-
positionen in mehreren Un-
ternehmen gearbeitet, unter
anderem bei ConocoPhillips,
Saga Petroleum, Norsk Hydro
und Endeavour Energy.
Am 1. Oktober hat Tord Pe-
dersen die Leitung von VNG
Norge AS übernommen.
Tord Pedersen
1 Das Unternehmen wurde kurze Zeit später
in VNG Norge (Operations) AS umbenannt.
Fotos: Dirk Brzoska
30 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Man konzentriert sich nicht auf den Aktienkurs
von morgen oder trifft Entscheidungen mit einer
amerikanischen „Cowboy-Mentalität“. Stattdes-
sen hat VNG eine Perspektive von 20 Jahren. VNG
ist sehr viel solider und nimmt sich die Zeit für
vernünftige Analysen.
Das hat Einfluss auf die Art, wie wir arbeiten und
wie wir denken. Das gibt uns ohne jeden Zweifel
einen vorhersehbareren und zuverlässigeren Ta-
gesablauf und erleichtert uns die Planung für das
nächste Jahr und die kommenden Jahre.
VNG Norge wurde 2006 gegründet, die ersten
Lizenzen wurden im Jahr 2007 gekauft und heute
ist das Unternehmen bereits Betreiber von vier
Lizenzen. Das ist eine rasante Entwicklung für
so ein junges Unternehmen. Gehört VNG Norge
bereits in den Kreis der großen Explorations-
unternehmen?
Nein, eindeutig nicht. VNG Norge hat bis jetzt
26 Lizenzen. Ein Drittel davon ist verbunden mit
Produktionsfeldern und zwei Drittel sind reine
Explorationslizenzen. Es reicht nicht, wenn man als
Betreiber eine Bohrung niedergebracht hat. Wenn
wir etwa 25 bis 30 aktive Explorationslizenzen
haben, 5–7 Bohrungen pro Jahr niederbringen und
zwei oder drei Produktionsfelder besitzen, dann
sind wir da, wo wir hin wollen. Dann sind wir ein
nachhaltiges Unternehmen, das zu den Mittel-
großen der Öl- und Gasunternehmen in Norwegen
gehört. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Wir
müssen gute Ergebnisse vorweisen, Öl und Gas
finden und beweisen, dass wir im Wettbewerb
überleben können. Das dauert seine Zeit.
Wie lange?
Wenn wir beständig sichere Bohrergebnisse lie-
fern, neue Felder entdecken und ein Arbeitgeber
werden, für den die Leute gerne arbeiten wol-
len, dann werden wir in ein bis zwei Jahren ein
spürbares Wachstum verzeichnen können. Aber
eines muss klar sein: Wir werden niemals zur Liga
der ganz großen Öl- und Gasunternehmen wie
Exxon, Shell oder Total gehören. Das ist auch nicht
unsere Absicht.
Werden Sie weitere Unternehmen übernehmen,
um schneller zu wachsen?
Über die Strategie wurde noch nicht entschieden.
Das wird sicherlich Gesprächsthema im Aufsichtsrat
in den nächsten Monaten sein. Wachstum können
wir auf vielen verschiedenen Wegen erreichen.
Der wichtigste Faktor ist, dass wir mehr Lizenzen
bekommen. Wir müssen über ein großes Portfolio
an Lizenzen verfügen, wir müssen es ständig mit
neuen Lizenzen speisen und ein gutes Verständnis
für die Bereiche entwickeln, in denen wir arbeiten.
Es ist ein wenig wie Monopoly: Wenn man bohrt und
die Quelle trocken ist, muss man entscheiden, ob
man die Lizenz behalten will oder sie durch neue
Chancen ersetzt.
Betreiber zu sein heißt, eine große Verantwor-
tung zu übernehmen – sowohl organisatorisch
als auch finanziell!
Natürlich haben wir als Betreiber eine große Ver-
antwortung. Wir müssen die Erwartungen vieler
Interessengruppen erfüllen, wie zum Beispiel die
der Eigentümer von VNG Norge, der Angestellten
und der norwegischen Behörden. Eine Lizenz ist
eine Erlaubnis zur Exploration und Produktion,
aber sie kann einem auch wieder entzogen werden.
Man muss sie sich also verdienen. Man muss alle
geltenden gesetzlichen Vorschriften einhalten,
und man muss als Betreiber sicher und umwelt-
freundlich arbeiten. Es ist ein kontinuierlicher
Verbesserungsprozess und die Verantwortung
liegt nicht allein bei der Geschäftsleitung, sondern
beim ganzen Unternehmen.
Endeavour hat zwei Jahre gebraucht, um sich
als Betreiber zu qualifizieren und diesen Status
wollen wir aufrecht erhalten. Dafür müssen wir
hart arbeiten.
Mehrere Explorations- und Entwicklungsboh-
rungen wurden in der norwegischen Nordsee und
im Nordmeer in diesem Jahr bereits niedergebracht.
Gibt es dazu (hoffentlich) gute Nachrichten?
Fortsetzung von Seite 29
„Wir haben noch einen weiten Weg vor uns“
31 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
VNG hat in diesem Jahr an insgesamt sieben Boh-
rungen teilgenommen. Eine davon liegt im Cyclops-
Prospekt, wo VNG erstmals als Betriebsführer
auftritt. Derzeit prüfen wir zusammen mit unserem
Lizenzpartner die Ergebnisse der Bohrung, um
festzustellen, welches wirtschaftliche Potenzial
die Fundstelle hat und wie die nächsten Schritte
aussehen werden. Der Erdgasfund ist ausgespro-
chen ermutigend, da er unsere Explorationsmetho-
dik in diesem Gebiet bestätigt, sodass wir voller
Vertrauen weiter arbeiten können.
Bis voraussichtlich 2017 will VNG 10 Prozent
seines Beschaffungsziels aus eigener Produk-
tion beziehen. Die bis jetzt entdeckten Reserven
und Ressourcen sind aber doch sicherlich nicht
ausreichend, oder?
Die Produktion von Brage und Njord liefert nur einen
geringen Prozentsatz am Gesamtziel von 10 Prozent.
Auch die Entdeckungen und die Bohrungen, die wir
bis jetzt niedergebracht haben, werden wahrschein-
lich nicht ausreichen, um dieses Ziel zu erreichen.
Wir könnten das gewünschte Ziel für einen kurzen
Zeitraum erreichen, aber wir brauchen mehr Lizenzen
und müssen kontinuierlich weiter arbeiten, um dieses
Niveau zu halten. Das ist zum jetzigen Zeitpunkt die
große Herausforderung für das Unternehmen.
VNG Norge AS ist eine internationale Upstream-Gesellschaft, die sich auf die Exploration und Produktion von Erdgasreserven in der
Nordsee spezialisiert hat. Die Endeavour Energy Norge AS wurde kurz nach dem Anteilserwerb durch VNG in VNG Norge (Operations)
AS umbenannt. Bis Oktober 2009 sollen beide Unternehmen unter dem bekannten Namen VNG Norge AS zusammengeführt werden.
Die Geschäftsleitung übernimmt Tord Pedersen.
Weitere Informationen erhalten Sie unter www.vng.no
VNG Norge AS
Lizenzen
von VNG Norge
Welche Ideen verfolgt VNG, um Upstream- und
Downstream-Geschäft zu kombinieren?
Wir werden sicherlich kein Gas fördern, wenn
wir es nicht verkaufen können. Wir müssen
das Gas nicht in unser deutsches Pipelinesys-
tem einspeisen, sondern wir können es
zum Beispiel auf dem britischen Markt
verkaufen. Das Upstream- und Down-
stream-Geschäft muss räumlich ja nicht
verbunden sein. Wichtig ist, dass ein inte-
griertes Unternehmen an der gesamten
Wertschöpfungskette teilnimmt.
Eine letzte Frage: In welchem Um-
fang werden Sie den VNG-Konzern
auch bei der Exploration außerhalb
von Norwegen unterstützen?
VNG Norge hat viele Mitarbeiter mit Erfahrung aus
Auslandseinsätzen. Einige von uns haben vorher
im Vereinigten Königreich, im Nahen Osten, in
Nordafrika und in Russland gearbeitet. Ich bin
davon überzeugt, dass wir der VNG-Gruppe auf
jeden Fall helfen können. Gleichwohl haben wir
ja keine Leute übrig. Unser Unternehmen muss
sich in erster Linie auf den Ausbau des Geschäfts
in Norwegen konzentrieren.
32 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Inländische Gasbeschaffung
Deutsche Erdgasförderung mit Perspektive?In Deutschland werden heute rund 20 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus inländischen Quellen
gefördert. Würden keine neuen Vorkommen entdeckt, wäre der deutsche Erdgasvorrat in etwa 15 bis
20 Jahren aufgebraucht. Hat die deutsche Erdgasförderung damit ihre Perspektive verloren?
Von Dipl.-Geol. Hans Jörg Mager
Erdgas trägt rund ein Fünftel zur Energieversorgung
Deutschlands bei. Die Produktion aus inländischen
Lagerstätten ist dabei ein wichtiger Eckpfeiler.
Seit bald 50 Jahren wird in Deutschland Erdgas für
den überregionalen Verbrauch gefördert. Vor etwa
40 Jahren ging die Erdgaslagerstätte Salzwedel-
Peckensen in der Altmark in Produktion. Anfang der
1970er Jahre strömten bereits knapp 20 Mrd. m³
Erdgas aus deutschen Quellen. Um diese Mar-
ke pendelte die Inlandsproduktion bis über die
Jahrtausendwende hinaus. In den letzten Jahren
allerdings haben die jährlichen Fördermengen und
die Reserven an Erdgas verstärkt abgenommen.
Im vergangenen Jahr trug heimisches Erdgas mit
knapp 16 Mrd. m³ rund 16 % zur Versorgung des
deutschen Erdgasmarktes bei.
Über die Hälfte des Erdgasaufkommens, 8,6 Mrd. m³
bzw. 55,7 %, stammt aus den zehn produktions-
stärksten der rund 80 in Betrieb befindlichen Felder
in Deutschland. Unter ihnen ist auch das einzige
deutsche Offshore-Erdgasfeld in der Nordsee.
Die Felder Völkersen Z1 und Söhlingen Pool im
Gebiet zwischen Elbe und Weser sowie das Feld
Siedenburg im Fördergebiet zwischen Weser und
Ems produzieren dabei mit je über einer Milliarde
Kubikmetern Jahresleistung. Alle diese Lagerstät-
ten liegen im Bundesland Niedersachsen, wo rund
94 % des heimischen Erdgases überwiegend aus
230 bis 280 Mio. Jahre alten Gesteinsschichten
des Zechstein und Rotliegenden gefördert werden.
Weitere 3 % kamen 2008 aus Schleswig-Holstein
und rund 3 % aus Sachsen-Anhalt.
Betrugen die sicheren und wahrscheinlichen Reser-
ven zur Jahrtausendwende noch rund 340 Mrd. m³
bei einer Jahresproduktion von ca. 20 Mrd. m³,
so verbuchten die Erdgasfördergesellschaften
in Deutschland Anfang dieses Jahres noch etwa
180 Mrd. m³ Reserven bei einer Jahresförderung
von 15,5 Mrd. m³. Diese Reserven sind mit kon-
ventioneller Technik gewinnbar.
Um mehr über die Zukunftsperspektive der Erdgas-
produktion in Deutschland zu erfahren, muss man
das darüber hinaus noch vorhandene Potenzial an
Erdgasressourcen betrachten. Hierzu wird heute
ausschließlich unkonventionelles Erdgas aus
geringdurchlässigen Formationen, so genanntes
Tight Gas, gezählt, dessen Potenzial nach neu-
Deutschland verfügt über viele Erdgas- und Erdöllagerstätten – zum weit überwiegenden Teil
in Norddeutschland. Daneben gibt es Lagerstätten im Alpenvorland, im Oberrheintal und im
Thüringer Becken (Quelle: WEG).
33 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
esten Schätzungen bei bis zu 150 Mrd. m³ liegt.
Darüber hinaus gibt es noch weitere unkonven-
tionelle Erdgasmengen. Dazu zählt zum Beispiel
Coal Bed Methane, also an Kohle gebundenes
Erdgas, oder auch das so genannte Shale Gas,
das in pre-permischen Schwarzschiefern unter
der norddeutschen Tiefebene vermutet wird. Über
diese Erdgasmengen sind keine belastbaren Zah-
len bekannt.
Das Tight-Gas-Potenzial ist nur zu erschließen mit
neuen, innovativen Methoden und Technologien.
Diese zu entwickeln erfordert einen immer höheren
finanziellen Aufwand.
Die Inlandsinvestitionen der im Wirtschaftsver-
band Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V. zusam-
mengeschlossenen Erdöl-Erdgasunternehmen
in Deutschland haben sich seit 2003 nahezu
verdoppelt und lagen im vergangenen Jahr bei
470 Mio. Euro. Dazu zählen neben den Aufwen-
dungen in den Ausbau und Erhalt der Förderung
aus bestehenden Lagerstätten auch Investitionen
in Forschung und Entwicklung innovativer Explo-
rations- und Gewinnungsmethoden, in die Hoch-
schulausbildung und die Nachwuchsförderung.
Die Forschungsanstrengungen zielen zum einen
auf eine Erhöhung der Ausbeute aus bestehenden
Lagerstätten. Ein weiterer Zukunftsschwerpunkt
ist die Erschließung des Tight-Gas-Potenzials.
Dabei konzentrieren sich die F&E-Anstrengungen
seit einiger Zeit auf ein tieferes Verständnis der
geologischen Geschichte, eine verbesserte Inter-
pretation seismischer Daten, auf Fortschritte bei
der Lagerstättencharakterisierung und auf Optimie-
rungen im Bereich der Bohrtechnik, kurz, auf eine
bessere Erfolgsprognose von Tight-Gas-Projekten.
Dies ist – mit wechselnden F+E-Schwerpunkten
– ein kontinuierlicher, interdisziplinärer Prozess,
der immer wieder neue Erkenntnisbausteine gene-
riert. Ein Beispiel: Ging es vor Jahren zuerst darum,
eine Lagerstätte durch eine mehr oder weniger
horizontal im Förderhorizont geführte Bohrung
erfolgreicher auszubeuten, wurde in der Folge
in geringer durchlässigen Formationen aus der
Horizontalstrecke heraus mittels der Frac-Techno-
logie unter hohem Druck von rund 1.000 bar eine
Rissfläche erzeugt, über die das Gas in größeren
Mengen gefördert werden konnte. Bald schon
wurden dann mehrere parallele Rissflächen in solch
einer Horizontalstrecke aufgepresst, so genannte
„Horizontal Multi-Fracs“. Heute können aus einem
Bohrloch heraus mehrere horizontale Strecken in
die verschiedenen Richtungen gebohrt und dann
mehrfach gefract werden. Jetzt geht es darum,
den Prozess weiter zu optimieren – die Erfolgs-
wahrscheinlichkeit zu erhöhen und die Kosten
im Griff zu halten, z. B. um eine Verbesserung der
Zuflussbedingungen über diese Rissflächen, um
eine bessere Kontrolle der Ausbreitung der Fracs
oder um eine Vereinfachung der untertägigen
Komplettierung.
Bei weiter steigenden Kosten für die Entwick-
lung und den Einsatz neuer Technologien zur Auf-
rechterhaltung der Erdgasförderung stellt sich
die Frage, wann sich die Schere öffnet, wann sich
der Aufwand nicht mehr rechtfertigen lässt. Eine
Antwort darauf gibt der internationale Ölpreis, an
dem sich die Gaspreise indirekt orientieren. Eine
Antwort darauf kann aber auch die Regierung in
Niedersachsen geben, die die Förderabgabensätze
für das im Land geförderte Erdgas festlegt. Diese
liegen zurzeit bei 36 % der Erlöse und stellen
damit einen bedeutenden Kostenfaktor für die
Förderunternehmen dar.
Die in Deutschland aktiven Förderunternehmen
sind entweder Töchter internationaler Konzerne
oder sie sind über Tochterfirmen international
bei der Suche und Förderung von Erdgas aktiv.
Damit wird eine Investition in Deutschland immer
in Konkurrenz zu einer internationalen Investition
entschieden. Die Entwicklung der Investitionen
in die deutsche Erdgasförderung ist dabei ein
positives Signal.
Fazit: Die Erdgasförderung in Deutschland hat
eine Zukunft. Neben politisch-wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen spielen dabei technische
Entwicklungen die wesentliche Rolle. Der Aufwand
hierzu steigt ständig. Die Gewinnungsindustrie
investiert in die Ausbildung sowie in die Forschung
& Entwicklung innovativer Erkundungs- und Förder-
technologien und in die technische Hochrüstung
der Förderanlagen. Dabei geht es vor allem darum,
den Rückgang der Förderung und den Abbau der
Reserven zu verlangsamen und nicht um das Errei-
chen neuer (oder alter) Förderleistungen. Auf diese
Weise ist eine Erdgasförderung in Deutschland
noch in drei oder vier Jahrzehnten denkbar.
Dipl.-Geol. Hans Jörg Mager
ist Chefredakteur der Zeit-
schrift ERDÖL ERDGAS KOHLE.
Seit über 20 Jahren gibt er zu-
sammen mit Thomas Vieth
und Harald Jordan die einzige
deutschsprachige technisch-
wissenschaftliche Fachzeit-
schrif t auf dem Gebiet der
Gewinnung, Verarbeitung
und Anwendung von Erdgas
und Erdöl heraus.
www.oilgaspublisher.de
Der Autor
34 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Suche langen Atem!Eigene Erdgasquellen aufzutun ist sehr langwierig und kostenintensiv. Nur wer einen
langen Atem hat, der wird belohnt – mit wertvollen Funden in Form von Öl und Gas.
1. PräqualifizierungDie Präqualifizierung ist ein System des Norwegischen
Ministeriums für Erdöl und Energie, des Norwegian
Petroleum Directorate (NPD) und der Petroleum Safety
Authority (PSA). Dabei wird geprüft, ob der Bewerber
geologisches und technisches Know-how sowie ausrei-
chende finanzielle Ressourcen, eine gesicherte Position
im heimischen Absatzmarkt, umfassende Erfahrung
im Arbeits- und Umweltschutz und ein langfristiges
Engagement in Norwegen nachweisen
kann. Nur wer präqualifiziert ist,
darf Produktionslizenzen auf
dem norwegischen Kontinen-
talschelf erwerben.
Die Präqualifizierung erhält
man entweder als Lizenzneh-
mer oder als Betriebsführer.
2. Organisations- aufbau vor OrtUm den Anforderungen der
Präqualifikation zu entspre-
chen, müssen Unternehmen eine
fundierte Organisation vor allem in
den Bereichen Geologie, Geophysik,
Bohr- und Fördertechnik und im Bereich
HSE (Gesundheit, Sicherheit, Umwelt-
schutz) aufbauen.
3. LizenzerwerbDas Ölgesetz „Petroleum-Loven“ sieht ein mehrstufiges
Lizenzverfahren vor, mit dem das Öl- und Energieminis-
terium über die Entwicklung und Nutzung der Vorkommen
entscheidet.
Produktionslizenzen werden in zwei Verfahren vergeben:
a) durch die jährlichen APA-Angebotsrunden
(Awards in Predefined Areas) und
b) durch die aller 2–3 Jahre durchgeführten regulären
Lizenzrunden für unerforschte (immature) Gebiete.
Auf Basis der eingereichten Bewerbungen entscheidet das
Ministerium über die Zusammensetzung der Konsortien in
den zu vergebenden Lizenzen.
Eine weitere Möglichkeit des Lizenzerwerbs
besteht darin, sich auf ein Angebot
eines Unternehmens hin in existie-
rende Explorationslizenzen oder
Felder mit bereits nachgewie-
senen Reserven einzukaufen
(das so genannte Farm-In-Ver-
fahren). Auch hier müssen die
norwegischen Behörden ihre
Zustimmung erteilen.
4. SeismikMit der Vergabe der Explora-
tionslizenzen wird auch ein
umfangreiches Arbeitspro-
gramm für die Explorations-
phase verbindlich, das die
Lizenzeigentümer in einer An-
fangsphase innerhalb einer vorge-
gebenen Zeitspanne von üblicherweise
drei bis fünf Jahren abarbeiten müssen. Dazu zählen in erster
Linie die Akquisition und Auswertung seismischer Daten sowie
mindestens eine Explorationsbohrung nach erfolgter Drill-or-Drop-
Entscheidung (Bohren oder Lizenzrückgabe). Am Ende der Initial-
phase wird entweder ein Entwicklungsplan (PDO) eingereicht oder die
Konsortialpartner entscheiden, dass die Lizenz zurückgegeben wird.
35 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
5. Probebohrungen (Explorationsbohrungen)Sprechen seismische und geophysikalische
Messungen dafür, dass innerhalb der Lizenz Koh-
lenwasserstoffe zu finden sind, er-
folgt eine Probebohrung. Sie
belegt das Vorhandensein
von Öl und/oder Gas,
verbunden mit einer
sehr groben Reservoir-
abschätzung, jedoch
noch nicht die genaue
förderbare Menge.
6. Aufschluss- und Erweiterungs- bohrungenWar eine Probebohrung
er folgreich, werden
Aufschluss- und Er-
weiterungsbohrungen
abgeteuft, um die Wirt-
schaftlichkeit der Funde
zu belegen. Wie viele
Bohrungen notwendig sind,
kann man nicht pauschalisieren
– manchmal reichen 2–3 Erweiterungs-
bohrungen, manchmal sind es auch 10.
7. EntwicklungsphaseWenn die Bohrungen Erdgas in wirtschaftlich rentab-
ler Menge nachgewiesen haben, beginnen die Vor-
bereitungen für die Produktion. Um die Erlaubnis für
die Entwicklung eines Fundes zu erhalten, muss der
Betriebsführer jedoch zuvor zusammen
mit seinen Partnern einen Ent-
wicklungs- und Produktionsplan
(plan of development and ope-
ration, auch PDO) ausarbeiten
und dem norwegischen Ener-
gieministerium zur Freigabe
vorlegen. Sofern alle Vorgaben
erfüllt sind, kann losgelegt
werden.
8. Produktions- bohrung + ProduktionVon einer Plattform werden
Produktionsbohrungen abgeteuft
und die Anbindung an das bestehende
Leitungsnetz auf dem Meeresboden hergestellt. Ist
das Bohrloch fertig, wird die Fördergarnitur eingebaut
– danach Erdöl und Erdgas quasi so lange gefördert,
bis das Reservoir leer ist. Gegebenenfalls kann die
Produktionsfähigkeit und -dauer durch zusätzliche
technische Maßnahmen erhöht werden.
9. Außerbetriebnahme/StilllegungIn allen Phasen der Exploration und Produktion müssen die Belange von
Umwelt und Meeresbewohnern respektiert und gewahrt werden. Deshalb
gibt der norwegische Staat Auflagen vor wie etwa, dass nach der Außer-
betriebnahme von Plattformen alles „sauber“ zurückgelassen werden
muss. In den meisten Fällen bedeutet das, dass Anlagen entfernt und an
Land gebracht werden müssen.
36 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Mehr als 50 Unternehmen haben sich
seit 2000 präqualifiziert, unter ihnen im
Oktober 2006 auch VNG.
Mit drei Mitarbeitern ist die
VNG Norge vor drei Jahren
gestartet – mittlerweile
ist das Team auf über 16
angestiegen. Rechnet man
die neuen Mitarbeiter der VNG Norge
(Operations) dazu, dann sind es fast 40.
Weit über 650
Produktions-
lizenzen (PL)
auf dem norwegischen Kontinental-
schelf hat das Ministerium bisher ver-
geben.1 Allerdings sind einige davon
nicht mehr aktiv.
Die bisher vom NPD freigegebenen 2D-seismischen Daten vom
Norwegischen Kontinentalschelf belaufen sich mittlerweile auf eine
Länge von 1.236.564,27 km. Zum Vergleich: Der Umfang der Erde be-
trägt ca. 40.000 km. Man könnte also mit den Daten die Erde knapp
31-mal umrunden. Von der bisher geschossenen 3D-Seismik liegen
keine Flächendaten auf dem NPD vor.
53 Explorations- und Erweiterungsbohrungen
wurden in diesem Jahr bisher auf dem Kontinental-
schelf abgeschlossen – dabei gab es insgesamt
27 Funde. VNG hat ihre erste Boh-
rung als Betriebsführer übrigens
Ende Juni abgeteuft – das Resultat
steht allerdings noch aus.2
Um 3,3 Grad Celsius je 100 Meter steigt durchschnittlich die Temperatur bei Bohrungen.
Diese Temperaturzunahme mit der Tiefe wird als geothermischer Tiefengradient bezeichnet.
Top 11
der Exploration und Produktion in Norwegen
37 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
Foto: Dirk Brzoska
Mehr als 10 Pläne zur Stilllegung hat das
norwegische Ministerium für Erdöl und
Energie auf dem NCS bisher genehmigt.
1 Quelle: www.npd.no/engelsk/cwi/pbl/en/index.htm 2 Quelle: www.npd.no/expdrill/Tabell_letebronner_
current_aar_e.htm (Stand vom 13.08.2009)
So groß ist durchschnittlich die
Chance, auf dem norwegischen
Kontinentalschelf bei einer
Bohrung eines Prospekts fündig
zu werden. Dabei spielt vor allem
auch die Qualität der vorberei-
tenden Arbeiten (seismische
Auswertungen) eine entschei-
dende Rolle.
So tief ist die tiefste Bohrung auf dem norwegischen Kontinentalschelf. Abgeteuft wurde sie
in der PL 050 auf dem Gullfaks Feld. In der Regel gehen Bohrungen ca. 2000 bis 4000 Meter
nach unten. Möglich sind mittlerweile aber nicht mehr allein vertikal nach unten führende,
sondern auch horizontale Bohrungen. So lassen sich Lagerstätten erreichen, die sich mehrere
Kilometer von der Plattform entfernt befinden.
Die größte Wassertiefe trat bei der Bohrung 6603/12-1
(PL 326) mit 1376 m auf, Betriebsführer ist A/S Norske Shell.
Die Bohrung hat geschätzte Gasreserven in Höhe von 10–100
Mrd. m3 Gas ergeben. Übrigens: Es geht noch tiefer von der
Wasseroberfläche bis zum Meeresboden, zum Beispiel im
Schwarzen Meer (ca. 2000 bis 2200 Meter) oder vor der brasi-
lianischen Küste (2500 Meter).
Das größte Gasfeld auf dem NCS bis
heute ist das Troll Feld vor der Küste
Bergens. Die förderbaren Reserven liegen
bei schätzungsweise 1330,7 Mrd. m3 Gas.
Im Vergleich: im Juli dieses Jahres hat Statoil
Hydro einen kleineren Gasfund in der
PL 159D gemacht, mit geschätzten förder-
baren Reserven von 0,6–3 Mrd. m3 Gas.
38 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Erdgas-Technik
150 Jahre DVGW –Technik aktiv gestalten
Von Dr.-Ing. Walter Thielen,
Hauptgeschäftsführer des DVGW
Seit 150 Jahren hat die Gas- und Wasserwirt-
schaft ihren DVGW. Die Beweggründe für seine
Entstehung sind klar und haben bis heute nichts
von ihrer Bedeutung verloren: Damals wie heute
ging bzw. geht es um Sicherheit, Hygiene und
Zuverlässigkeit in der deutschen Gas- und Was-
serwirtschaft unter besonderer Berücksichtigung
des Umweltschutzes – mit positiven Auswir-
kungen nicht zuletzt auch auf die wirtschaftliche
Prosperität unseres Landes. Hierin ist aber auch
ein wichtiger Aspekt beinhaltet, der den DVGW
von anderen Vereinen und auch von Verbänden
unterscheidet, die allein die Interessen ihrer Mit-
glieder bedienen. Die Satzung des DVGW spricht
hier eine deutliche Sprache. Der Vereinszweck
ist die Förderung des Gas- und Wasserfaches in
seiner Gesamtheit in technisch-wissenschaft-
licher Hinsicht.
Viele unserer heutigen Problemstellungen und
Herausforderungen im Gas- und Wasserfach waren
vom Grundsatz her schon unseren Vereinsvorfah-
ren bekannt. Dies zeigt deutlich, dass der DVGW
damals wie heute seine Aufgabe als der zentrale
Akteur bei der Entwicklung von Lösungsansät-
zen und Innovationen hat. Etwa alle fünf Jahre
verdoppelt sich heute das technische Wissen.
Auch das Gas- und Wasserfach muss sich diesem
Fortschritt angleichen. Dies gilt nicht nur für die
rein technischen Aspekte, sondern bedarf darüber
hinaus einer entsprechenden Qualifikation des
Personals auf allen Ebenen.
Als wichtigster Baustein des Erfolges der Gas- und
Wasserbranche sind sicherlich bestens ausgebil-
dete und engagierte Mitarbeiter in den Unterneh-
men zu nennen. Daneben hat sich als weiterer
Erfolgsgarant das System der „technischen Selbst-
verwaltung“ etabliert. Es basiert darauf, dass die
technischen Regeln als „allgemein anerkannte
Regeln der Technik“ von der Branche selbst aktiv
mit gestaltet werden. Der Gesetzgeber nimmt –
beispielsweise im Energiewirtschaftsgesetz
– direkten Bezug auf das DVGW-Regelwerk als
Grundlage für eine sichere Gas- oder Trinkwas-
serversorgung. Die Ausgestaltung dieser Regeln
gießt er dann jedoch nicht starr in Gesetze und
Verordnungen, sondern überlässt sie der Selbst-
verwaltung.
In nahezu 500 Gremien des DVGW wird das tech-
nische Regelwerk von den Fachleuten entwickelt.
Allen interessierten Kreisen werden die Mitarbeit
und die Mitsprache ermöglicht. So entsteht ein
neutrales und unabhängiges Regelwerk. Auch die
Bundesnetzagentur beteiligt sich nunmehr unter
dem Dach des DVGW an der technischen Selbst-
verwaltung. Dies ist ein weiteres Indiz für die hohe
Qualität und die Effizienz des Systems „Technische
Selbstverwaltung“. Wer die im DVGW entwickelten
Regeln einhält, handelt rechtssicher.
Der DVGW ist weltweit der älteste technisch-wis-
senschaftliche Verein im Gas- und Wasserfach. Er
pflegte in seiner gesamten Geschichte internatio-
nale Kontakte, innerhalb und außerhalb Europas.
Die intensive Mitarbeit in den europäischen und
internationalen Gremien ermöglicht es, die na-
tionale Systematik und die bewährten Anforde-
Dr.-Ing. Walter Thielen ist
Diplom-Ingenieur im Fach
Maschinenbau. Er hat 1981
am Institut für Verfahrens-
technik an der RWTH Aachen
promoviert und hat danach im
Anlagenbau der L. & C. Stein-
müller GmbH in Gummers-
bach gearbeitet. Seit 1999 ist
Thielen Hauptgeschäftsführer
des DVGW in Bonn.
Der Autor
39 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
rungen der Gas- und Trinkwassertechnik schon
im frühen Normungsstadium in den europäischen
Normen festzuschreiben. Ziel ist es, das deutsche
Sicherheitsprinzip, das auf dem DVGW-Regelwerk
beruht, auch in anderen Ländern zu verankern.
Die Zusammenarbeit gerade mit potenziellen Mit-
gliedsstaaten der Europäischen Union festigt die
Technische Selbstverwaltung für die Zukunft in
einem Europa ohne Grenzen.
Wer oder was aber genau macht den DVGW aus?
Ich bin der Meinung, es sind seine Mitglieder: Die
mehr als 9100 persönlichen Mitglieder, die Mit-
gliedsunternehmen und natürlich die Menschen,
die in diesen Unternehmen arbeiten und den DVGW
mit ihrem Engagement mit Leben füllen! Sie alle
haben seit Bestehen des DVGW vieles bewegt.
Nicht zuletzt daher rührt der Erfolg der deutschen
Gas- und Wasserwirtschaft mit Vorbildfunktion
auch für viele andere Länder – innerhalb und
außerhalb Europas.
Um so mehr stellt der DVGW im 150. Jahr seines
Bestehens den Menschen in den Mittelpunkt sei-
nes Handelns. Der Mensch ist es, der die Technik
bedient und die Umwelt, in der er lebt, dadurch
ein Stück weit menschlicher macht. Eine kontinu-
ierliche Aufgabe bleibt es dabei stets, junge Men-
schen für unsere Arbeit zu begeistern und von den
Idealen einer sicheren und qualitativ hochwertigen
Gas- und Wasserbranche zu überzeugen.
Auch die aktuellen Herausforderungen an die
Branche lassen sich immer wieder auf die As-
pekte Sicherheit, Hygiene und Umweltschutz
fokussieren. Wettbewerb und Entflechtung haben
zu drastischen Veränderungen der Strukturen
insbesondere in der Energiewirtschaft geführt,
die bei weitem noch nicht abgeschlossen sind.
Die Entwicklung des Rechtsrahmens führte zur
Regulierung des Energiemarktes und fordert
damit einhergehend auch eine Modernisierung
des Ordnungsrahmens in der Wasserwirtschaft.
Eine neue Energie- und Klimapolitik richtet das
Augenmerk auf die Themen Versorgungssicherheit
für die Importenergien und den Ressourcenschutz
durch erneuerbare Energien. Die bis dato inte-
grierten Unternehmen sind einem grundlegenden
Wandel unterworfen: Unbundling, Kostensenkung
durch optimierten Netzbetrieb, neue Dienstlei-
stungs- und Servicestrukturen sind nur einige
Begriffe hierzu. Klimawandel und Klimaschutz
fordern insbesondere beim Energieverbrauch
höhere Effizienz zum Beispiel mit neuen Erdgas-
Plus-Technologien oder der Einspeisung von Bio-
Erdgas ins Erdgasnetz. Die gesellschaftlichen
Veränderungen durch den demographischen
Wandel mit damit einhergehenden rückläufigen
Verbräuchen und die Reaktionen auf das erhöhte
Sicherheitsbedürfnis durch ein nachhaltiges
Krisenmanagement bergen weiteres Verände-
rungspotenzial.
Seit 150 Jahren engagieren sich Fachleute mit viel
Herzblut im DVGW. Auch die VNG trägt den Verein
mit über 100 aktiven Mitarbeitern als Vereinsmit-
glied, in der Regelsetzung, der Weiterbildung,
durch den Besuch von Veranstaltungen und nicht
zuletzt auch als Hauptsponsor unserer Jubiläums-
veranstaltung, die am 22. und 23. September in
der Messe Leipzig stattfand. Für Ihr Engagement
danke ich Ihnen.
Der DVGW (Deutsche Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e.V.) ist der technisch-wissen-
schaftliche Verein im Gas- und Wasserfach. Er setzt sich für die technischen Standards für eine
sichere und zuverlässige Gas- und Wasserversorgung ein. In diesem Zusammenhang erarbeitet
er technische Regeln, prüft, zertifiziert und überwacht gas- und wasserfachliche Produkte,
Personen, Unternehmen und Qualitätsmanagementsysteme und initiiert und fördert innovative
und praxisrelevante Forschungsvorhaben.
Weitere Informationen: www.dvgw.de und www.150-jahre-dvgw.de
40 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Hubschrauberfliegen im WohnzimmerIn etwa so muss man sich eine Runde auf der wohl legendärsten Rennstrecke der Welt, der Nürburgring-Nordschleife, vorstellen.
Beim 37. ADAC Zürich 24-h-Rennen stellten sich dieses Jahr zusammen mit 170 Startern zwei erdgasbetriebene Volkswagen
Scirocco GT24-CNG dieser Herausforderung.
Von Alexander Wirp, VNG
Der dreimalige Formel-1-Weltmeister Jackie Ste-
wart bezeichnete schon 1968 die Nürburgring-
Nordschleife auf Grund ihrer anspruchsvollen
Streckenführung sowie der angrenzenden Flora
als „Grüne Hölle“. Bis heute verlangt die Berg-
und-Talbahn in der Eifel mit einer Länge von über
25 km den Rennfahrern höchste Fahrzeugbe-
herrschung ab. Streckenabschnitte mit Namen
wie „Flugplatz“ oder „Galgenkopf“, im Übrigen
ein Ort, an dem die Markgrafen von Nürburg im
Mittelalter ihre Delinquenten aufknüpften, las-
sen erahnen, welches fahrerische Können den
Piloten abverlangt wird. Insbesondere bei einem
Rennen zweimal rund um die Uhr wird selbiges
gefordert. Dieses Jahr bewiesen vor 235.000
Fans zwei mit Erdgas betankte und knapp 300 PS
starke VW Scirocco, dass auch dieser Kraftstoff
bei einem der härtesten Rennen auf einer der
schwierigsten Rennstrecken der Welt Siegerlor-
beeren ernten kann.
Motor Zweiliter Hubraum, Reihen-4-Zylinder mit Abgas-Turbolader
Leistung ca. 300 PS
Max. Drehmoment ca. 330 Nm
Leergewicht 1130 kg
Tankvolumen 44 kg Erdgas (130 Oktan)
Getriebe 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (DSG)
Scirocco GT24-CNG
Foto: Volkswagen Motorsport
Rennatmosphäre am Nürburgring.
24-h-Rennen
41 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
Erdgas vor Benzin
Für den ersten Paukenschlag sorgten die Erdgas-
Sciroccos bereits im Qualifikationstraining. Wäh-
rend sich ganz vorne die Audi-Armada, bestehend
aus vier gut 500 PS starken R8 LMS, mit diversen
ebenso starken Porsche und einem Ford GT um die
Pole-Position stritten, zeigte der Erdgas-Scirocco
mit der Startnummer 115 seinen benzinbetrie-
benen Brüdern – drei an der Zahl – wie man am
schnellsten die 25,359 km lange Eifel-Achter-
bahn umrundet. Der direkte Vergleich fiel mit rund
drei Zehntelsekunden Vorsprung zu Gunsten des
Erdgas-Modells aus. Die nötige Energie im Tank
lieferte eine mobile Betankungsanlage der erdgas
mobil GmbH mit 300 bar Druck.
Windschattenduelle an der Spitze
Nach dem Start des Rennens um Punkt 16 Uhr
am Samstagnachmittag bot sich den Zuschauern
ein packender Beginn. In der ersten Rennstunde
duellierte sich der Ford GT, mit der historisch
korrekten Startnummer 40 als Reminiszenz an
die Siege der Ford GT 40 beim 24-h-Klassiker von
Le Mans in den sechziger Jahren, im Zentime-
terabstand mit dem späteren Gesamtsieger, der
Equipe um Lokalmatador Olaf Manthey mit ihrem
Porsche 911 GT3 RSR. Eng ging es generell beim
diesjährigen 24-h-Rennen zu.
Der ADAC als Veranstalter hatte im Vorfeld ein
ausgeklügeltes Reglement entwickelt, um ein
ausgewogenes Kräfteverhältnis zwischen konzep-
tionell unterschiedlichen Autos herzustellen. Die
Teilnehmer dankten es mit aufregenden Überhol-
manövern. So gab es in den ersten 18 Rennstunden
nicht weniger als 22 Führungswechsel, Rekord
für das seit 1970 ausgetragene Rennen. Ring-
Veteran Hans-Joachim „Strietzel“ Stuck, damals
Strecke Nürburgring-Nordschleife
Eröffnung 1927
Länge 25,359 km
Höhenunterschied ca. 300 Meter
Max. Steigung 17 %
Max. Gefälle 11 %
Kurven 40 Links- bzw. 50 Rechtskurven
Nürburgring
erster Sieger des Rennens und dieses Jahr als Audi
R8-Pilot am Start, urteilte: „So hart wurde noch
nie gekämpft auf der Nordschleife“. Die Entschei-
dung ließ bis 11:20 Uhr am Sonntagvormittag auf
sich warten. Technische Schwierigkeiten des bis
dahin in Führung liegenden Audi R8 brachten den
23. Führungswechsel sowie die Entscheidung für
den Manthey-Porsche. Nach rekordverdächtigen
155 Runden und einer zurückgelegten Distanz von
3.933 km wurden sie nach 24 Stunden mit der
schwarz-weiß karierten Flagge als Gesamtsieger
abgewunken.
Doppelsieg für Erdgas
Im Windschatten der Spitze fuhr der von den Profi-
piloten Vanina Ickx, Peter Terting, Klaus Niedzwiedz
und Thomas Klenke bewegte erdgasbetriebene
Scirocco GT24-CNG mit der Startnummer 115 auf
den beachtlichen 17. Gesamtrang und siegte
frei von technischen Defekten souverän in der
Klasse für alternative Antriebe. Das Schwester-
auto, pilotiert von den Automobil-Journalisten
Bernd Ostmann, Peter Wyss und John Barker sowie
VW-Entwicklungsvorstand Dr. Ulrich Hackenberg
belegte trotz mehrerer unfreiwilliger Ausritte in der
Nacht den zweiten Rang in der Klasse für alternative
Antriebe. Doppelsieg für Erdgas!
Sieger in der alternativen An-
triebsklasse mit dem Scirocco
GT24-CNG: Thomas Klenke
(D), Peter Terting (D), Vanina
Ickx (B), Klaus Niedzwiedz (D).
Foto: Volkswagen Motorsport
Mit der Betankungsanlage der erdgas mobil GmbH wird das Erdgas mit 300 bar Druck in den Scirocco gepumpt. | erdgas mobil
Geschäftsführer Dr. Timm Kehler im Gespräch mit Rennamazone Vanina Ickx vor dem Start des 24-h-Rennens.
Foto
: V
olk
swa
ge
n M
oto
rsp
ort
42 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Interview
„Es war ein echter Marathon“Volkswagen Entwicklungsvorstand Dr. Ulrich Hackenberg pilotierte beim diesjährigen 24-h-Rennen
auf dem Nürburgring einen erdgasbetriebenen Scirocco GT24-CNG. medium gas sprach mit ihm über
seinen Renneinsatz auf dem „Ring“ und das Potenzial von Erdgas als Kraftstoff.
Herr Dr. Hackenberg, welche Eindrücke haben das
24-h-Rennen und Ihr Einsatz mit dem Scirocco
GT24-CNG bei Ihnen hinterlassen?
Es war ein echter Marathon, den unsere Mann-
schaft und unsere Autos sehr gut gemeistert haben.
Gleichzeitig haben wir gezeigt, dass Erdgas als
Kraftstoff zu Unrecht ein unscheinbares Image
trägt und dass Erdgas-Fahrzeuge genauso viel
Leistung und Sportlichkeit vermitteln können wie
herkömmliche Automobile. Unsere Entscheidung,
mit unserer EcoFuel-Erdgas-Technologie bei einem
der härtesten Wettbewerbe der Welt anzutreten,
hat sich als richtig erwiesen.
Das Engagement von Volkswagen beim 24-h-Ren-
nen war sehr groß. Gibt es dabei einen Technolo-
gietransfer aus dem Motorsport in die Serie?
Serienfertigung und Motorsport sind gerade beim
Scirocco GT24 sehr eng verknüpft. Wir wollen unter-
streichen, dass die Technologien, die jeder Kunde
bei Volkswagen kaufen kann, auch im harten Renn-
sport bestehen. Beispielsweise stammen die elek-
tromechanische Lenkung und das DSG-Getriebe
des Renn-Scirocco aus der Serienproduktion.
Im Gegenzug lernt die Serienentwicklung vom
Motorsport, wenn unsere EcoFuel-Technologie
härtesten Belastungsproben auf der Rennstrecke
unterzogen wird.
Welches Potenzial sehen Sie für den Kraftstoff
Erdgas im Rennsporteinsatz und darüber hinaus
insbesondere im alltäglichen Straßenverkehr.
Erdgas ist ein sauberer, kostengünstiger und
leistungsfähiger Kraftstoff, der auf der Straße
und auf der Rennstrecke sehr viel Potenzial hat.
Das belegt das Fahrerlebnis mit dem Passat TSI
EcoFuel genauso wie der erfolgreiche Einsatz des
Scirocco GT24-CNG. Ich gehe davon aus, dass der
Marktanteil der EcoFuel-Modelle in den nächsten
Jahren spürbar steigen wird.
Volkswagen setzt den neuen TSI EcoFuel derzeit
im Passat und Touran ein. In welchen weiteren
VW-Modellen oder Fahrzeugen anderer Konzern-
marken ist der Einsatz dieses Motors zukünftig
noch geplant?
Richtig, im Passat als auch im Touran kommt un-
ser durchzugsstarker 1.4 TSI Motor mit doppelter
Aufladung zum Einsatz. Wer diese Autos einmal
gefahren hat, erlebt, dass sich Sparsamkeit, Um-
weltverträglichkeit und Durchzugsstärke sehr
wohl miteinander verbinden lassen – dieser Motor
bereitet einfach auch Fahrspaß. Und damit ist klar,
dass wir das Thema weiterverfolgen werden und
neue Modelle planen. So wird die nächste Gene-
ration des Golf, basierend auf dem modularen
Querbaukasten ebenfalls für den CNG-Betrieb
vorbereitet sein – und damit können auch viele
weitere Modelle, die darauf basieren, mit Erdgas-
Antrieb erhältlich sein.
Herr Dr. Hackenberg, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Alexander Wirp.
Mitglied des Markenvorstands Volkswagen
für den Geschäftsbereich „Entwicklung“ seit
dem 1. Februar 2007
Dr. Ulrich Hackenberg wurde 1950 in Herne
geboren. Er promovierte 1985 an der RWTH
Aachen im Fachbereich Fahrzeugtechnik und
wechselte danach zur Audi AG. Dort über-
nahm er die Leitung der Hauptgruppe „Fahr-
zeugmechanik“ und ab 1989 unter anderem
die Technische Projektleitung der gesamten
Produktpalette. Von 1998 bis 2002 leitete er
den Bereich „Aufbauentwicklung“ bei der
Volkswagen AG und war für die Pkw-Konzept-
entwicklung verantwortlich. Daneben war er in der Technischen Entwicklung bei Rolls Royce
Bentley Motor Cars Ltd. tätig. 2002 kehrte Hackenberg zur Audi AG zurück, wo er unter anderem
die Sparte „Konzeptentwicklung, Entwicklung Aufbau, Elektrik/Elektronik“ leitete.
Dr. Ulrich Hackenberg
Quelle: Volkswagen
43 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
Betrieb/Technologie
Erdgasspeicherkonferenz in Moskau
Auf dem UGS Bad Lauchstädt wurden bereits Sondenmessung gemeinsam mit dem russischen
Unternehmen Gazpromenergodiagnostika durchgeführt.
Von Christina Fenin
Seit mehreren Jahren bearbeiten VNG und die
russische Firma Gazpromenergodiagnostika The-
men der Zustandsbewertung von Sonden auf den
Untergrundgasspeichern. Dazu wurden bereits im
vergangenen Jahr Messungen an 3 Sonden der UGS
Kirchheilingen und Bad Lauchstädt durchgeführt.
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind für
VNG die Grundlage für intensive Auswertungen
und Diskussionen mit Speicherbetreibern, Geo-
physikern und anderen Speicherspezialisten.
Um andere Speicherbetreiber in Russland und Eu-
ropa auf die gemeinsame Arbeit von VNG und Gaz-
promenergodiagnostika aufmerksam zu machen,
haben beide Unternehmen eine internationale
Konferenz zu Fragen der Betriebssicherheit von
Untergrundspeichern veranstaltet. Die Konferenz
in Moskau fand unter der Schirmherrschaft von
Gazprom statt.
Die Teilnehmer, unter ihnen alle russischen
Speicherbetreiber und eine Reihe internationa-
ler Vertreter, konnten sich im Verlauf der Konfe-
renz über die Mittel und Methoden notwendiger
Zustandsuntersuchungen an oberirdischen und
untertägigen Anlagen informieren.
Auf eine sehr positive Resonanz stießen die Bei-
träge von VNG zum Datenmanagement für die
Sondenkonstruktionen und die Erfahrungen der
Deckgebirgsüberwachung bei der Erhöhung des
Speicherdrucks in Bad Lauchstädt.
Gleichzeitig wurde die Konferenz genutzt, um
einen Vertrag mit der Gazpromenergodiagnostika
zu weiteren Diagnosemessungen an den Sonden
von VNG für 2009 und mit der VNIIGAZ zu gas-
dynamischen Berechnungen der OTA Bernburg
zu unterzeichnen. Der Vorstand der Gazprom,
Oleg Aksjutin, betonte die Wichtigkeit der Zu-
sammenarbeit beider Unternehmen auf allen
Gebieten und sicherte seine Unterstützung hier-
bei zu.
Die begonnene Arbeit auf dem Gebiet der Be-
triebssicherheit der Untergrundspeicher wird
weitergeführt und soll im nächsten Jahr mit der
2. Internationalen Konferenz zu diesem Thema
gekrönt werden – diesmal in Leipzig!
Christina Fenin arbeitet im
Bereich Betrieb/Technologie
bei VNG. Die Diplomingenieu-
rin ist als Leiterin für die tech-
nischen Kooperationen sowie
Forschungs- und Entwick-
lungsprojekte zuständig.
Die Autorin
Die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit zwischen
Gazprom und VNG blickt auf eine mehr als 10-jährige Ge-
schichte zurück. Erstmals werden nun auf der Moskauer Kon-
ferenz die gemeinsamen Projekte und Forschungsvorhaben
einem breiten Fachpublikum vorgestellt. Die Veranstaltung
zeigt, dass die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit
dem Wissenszuwachs beider Unternehmen zugutekommt.
Deshalb werden auch zukünftig die Innovations- und For-
schungsergebnisse in die gemeinsamen Arbeitsprozesse
der Unternehmen einfließen.
Langjährige technische Zusammenarbeit
44 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
10 Gründe, die Stadt Prag zu besuchenDie tschechische Hauptstadt Prag lockt mit einer einzigartigen Atmosphäre, wunderschönen
Gebäuden, viel Charme – und ganz nebenbei auch mit einem Büro der VNG Energie Czech.
Lesen Sie, was man sich in Prag ansehen muss und wo man den Puls der Stadt am besten spürt.
2. Genau 13 große
Prager Brücken aus
verschiedenen Zeiten
kann der Besucher
überqueren, um von einem Ufer der
Moldau zum anderen zu gelangen.
Die Karlsbrücke ist die bekannteste. 4. In der Prager Innenstadt
sind mehrere kulturgeschicht-
liche Routen markiert, denen
man auch ohne Anleitung
zielgerichtet folgen kann.
Zu den beliebtesten Spazier-
gängen gehören unter anderem:
die Karlsbrücke, der Kaiser-
garten am Hradschin, der Volks-
garten sowie das Gebiet um die
Sternwarte und den Aussichts-
turm am Petřín.
1. Das historische Zentrum Prags gehört seit
1992 zum UNESCO-Welterbe. Alte Häuser im Stil der
Romanik und Gotik, zahlreiche Kirchen und roman-
tische Gassen verleihen der
Hauptstadt der Tschechischen
Republik ihren Charme.
Stadtansichten
Fotos: Dirk Brzoska
3. Die Karlsbrücke
ist außerdem eines
der Wahrzeichen
der Stadt Prag. Jahr-
hundertelang bildete
sie den einzigen
befestigten Brückenschlag über die Moldau und somit den
zentralen Handelsweg. Sie zählt zu den ältesten Steinbrücken
Europas und ist nur für Fußgänger geöffnet – ein Muss für
jeden Prag-Besucher.
5. Prag vom Fluss aus zu erleben ist ebenfalls ein einzig-
artiges Erlebnis. Die Stadt wird auch „Venedig an der Moldau“
genannt. Vom Ausflugsboot aus kann man das Panorama der
Stadt bewundern: Vorbei am Salon der Expo 58, die Prager
Burg, die Karlsbrücke, das Rudolfinum, das Nationaltheater.
Die Dampfer legen übrigens nahe der Cech-Brücke an und ab.
Von Franziska Manz, freie Journalistin
PRAG
45 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
6. Die Prager Burg ist
das größte geschlossene
Burgareal der Welt und
heute die offizielle Resi-
denz des Präsidenten der
Tschechischen Republik.
Sie beherbergt gleich
mehrere touristische
Anziehungspunkte,
wie beispielsweise den
St. Veits-Dom mit der Königsgruft oder das „Goldene Gässchen“.
Dieses ist vor allem aus zwei Gründen berühmt: Hier sollen
Alchimisten am Werk gewesen sein, die künstlich Gold und den
Stein der Weisen herstellten, und im Haus Nummer 22 wohnte
Franz Kafka.
7. Prag hat im Laufe seiner Geschichte eine eigene
Kaffeehauskultur entwickelt. Das heimelige Milieu und
die freundschaftliche Atmosphäre machen die vielen
Cafés so beliebt. Das berühmteste ist das Café Slavia,
direkt gegenüber vom Nationaltheater. Bereits 1881
eröffnet, wurde es schnell zum Treffpunkt vieler Künst-
ler und Intellektueller. Von den flussseitigen Fenstern
des Cafés hat man einen hervorragenden Blick auf das
Prager Schloss. Ganz in der Nähe liegt auch das Café
Louvre – ein elegantes Jugendstilcafé, das bereits von
Kafka und Einstein besucht wurde.
8. Ein weiteres Wahrzeichen der Stadt ist der Wenzels-
platz. Mit über 700 Metern Länge gehört er zu den größten
Plätzen Europas. Immer wieder war er politischer Schau-
platz, wie zum Beispiel bei der Ausrufung der Tschechischen
Republik im Jahre
1918. Bis heute ist
der Wenzelsplatz
aufgrund seiner
schönen Atmos-
phäre durch viele
Cafés und Restau-
rants sowie Fassa-
den im Barock und
Jugendstil bis spät
in den Abend sehr
belebt.
9. Zu jeder Jahreszeit kann man
zahlreiche Konzerte besuchen, vom
großen Sinfonieorchester bis zur
Kammermusik. Täglich wird in den
Jazzlokalen der Stadt Live-Musik
geboten und dazu genießt man am
besten ein berühmtes und allseits
beliebtes tschechisches Bier – das
Nationalgetränk der Einwohner.
Seit 1082 wird in Prag Bier gebraut
und normalerweise aus Halbliter-
gläsern getrunken. Nur wenn Sie
besonders auffallen wollen, verlan-
gen Sie ein malé pivo – ein kleines
0,3-l-Bier.
10. Zu guter Letzt sollte auch ein Besuch auf dem Žižkover
Fernsehturm nicht fehlen. Von hier aus hat man die Stadt ganz
im Blick und außerdem ist dies wohl der einzige Ort in Prag, von
dem man das Ungetüm selbst nicht sehen kann.
Tipp:
Prag lässt sich am besten in bequemen
flachen Schuhen erkunden. Da 90 % des
Bodens in der Innenstadt mit Kopfsteinpflas-
ter ausgelegt ist, sind in Absatzschuhen
schmerzende Füße vorprogrammiert.
Foto
: C
hri
stia
n S
chn
eid
er
„Svijany“, eine der
ältesten Brauereien in
Tschechien, wird von
der VNG-Gruppe mit
Erdgas beliefert
46 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Olympiastützpunkte im sportlichen Wettstreit
4. Erdgas-Challenge-Day in LeipzigVor fünf Jahren wurde das „Verbundnetz für den
Sport“, aus dem mittlerweile mit Yvonne Bönisch
(Judo), Michael Rösch (Biathlon), Fanny Fischer
(Kanu) und Britta Steffen (Schwimmen) schon vier
Olympiasieger hervorgegangen sind, gegründet.
Insgesamt werden in diesem Projekt zurzeit 89
junge Sportler aus den acht ostdeutschen Olym-
piastützpunkten gefördert.
In Markkleeberg bei Leipzig trafen sich die Sportle-
rinnen und Sportler mit ihren Projekt-Paten Kerstin
Förster, Hartwig Gauder, Uwe-Jens Mey, Sven Ottke,
Frank-Peter Roetsch und Jens Weißflog auf Initiative
des Olympiastützpunktes Leipzig und unterstützt
durch die MITGAS zum „4. Erdgas-Challenge-Day“.
Am Strand des Markkleeberger Sees traten die
Teams aller acht ostdeutschen Olympiastützpunkte
in sportlichen Wettkämpfen, unter anderem im
Kanu-Polo, Wasser-Radfahren und Schlittenziehen
gegeneinander an. Die zweite Wettkampfserie
fand auf der Wildwasserstrecke des Kanuparks
Markkleeberg statt. Abschließender Höhepunkt
war traditionell das Fußballspiel, bei dem sich
die „Verbundnetz-Kicker“ mit Kapitän Sven Ottke
knapp mit 2:4 den „Leipziger Ratsherren“ ge-
schlagen geben mussten. Den Gesamtsieg fuhr
der Gastgeber-OSP Leipzig ein.
Weitere Informationen: www.verbundnetz-fuer-den-sport.de
47 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
Die Ausstellung kann vom 4. Oktober 2009 bis 10. Januar
2010 im Museum der Bildenden Künste besucht werden.
Weitere Informationen zu den Öffnungszeiten erhalten
Sie im Internet unter www.mdbk.de
Ausstellung
Leipziger Kunst seit 1949
„EAST – Zu Protokoll“ ist seit 3. Oktober im Museum der Bildenden Künste in Leipzig zu sehen.
60/40/20 – 60 Jahre Kunst in Leipzig: Unter die-
sem Motto startete am 4. Oktober im Museum
der Bildenden Künste in Leipzig eine Ausstellung.
Der Arbeitstitel gibt für die Ausstellung ein zeit-
politisches Raster vor: 60 Jahre Leipziger Kunst
(1949–2009), davon 40 Jahre Kunstentwicklung
in der DDR (1949–1989) und 20 Jahre Kunst-
entwicklung im wiedervereinigten Deutschland
(1989–2009). Ein vielfältiges Bild des in den letzten
60 Jahren in Leipzig entstandenen künstlerischen
Schaffens wird in einer bis dahin nicht gezeigten
Breite vorgestellt.
Die Ausstellung zeigt pointiert die Konflikte
der 50er Jahre im Rahmen der „Formalismus-
debatte“, sie dokumentiert in Kontinuität über
sechs Jahrzehnte den Dialog zwischen Literatur
und Bildender Kunst in Leipzig. Unter dem Titel
„Genealogie“ zeigt die Ausstellung auch die
Lehrer-Schüler-Beziehung an der Hochschule für
Grafik und Buchkunst. Die „Aktion Fotografie“ der
50er Jahre wird als Keimzelle subjektiver Fotografie
in Leipzig vorgestellt. Der Künstler Jörg Herold wid-
met sich der Geschichte der Galerie Eigen+Art.
Außerdem wird die documenta-Präsenz der Leip-
ziger Maler 1977 in Kassel und ebenso die Ins-
tallation „Segel der Zeit“ in Altenburg (1985) von
Künstlern aus dem Umfeld des „Leipziger Herbst-
salons“ dargestellt. Ein weiteres Kapitel widmet
sich der Leipziger Stadtlandschaft, die viele Leip-
ziger Maler dokumentarisch aber auch sentimental
verklärend ins Bild gesetzt haben.
Im Rahmen der Ausstellung 60/40/20 zeigt VNG
ab dem 3. Oktober 2009 als Gast im Museum der
Bildenden Künste in Leipzig ihre neue Fotosamm-
lung „EAST – Zu Protokoll“ zu den Ereignissen
der Friedlichen Revolution im Herbst 1989 aus
unterschiedlichen biografischen Perspektiven.
Im jüngsten Fotoprojekt, EAST (zu Protokoll),
werden eindrucksvolle Momentaufnahmen zum
Herbst ’89, kombiniert mit der dazugehörigen
Geschichte, vorgestellt. Der Fotograf ermöglicht
dem Betrachter einen Blick auf seinen persön-
lichen Herbst ’89.
Das Fotoarchiv von VNG ist ein historisches Zeugnis
des gesellschaftlichen Wandels der ehemaligen
DDR zwischen 1992 und 2000. Die neu erworbenen
fotografischen Werke für „EAST – Zu Protokoll“
zeigen einen scheinbar unberührten Alltag ab-
seits der politischen Bühnen der Zeit zwischen
August 1989 und Januar 1990. 75 Fotografinnen
und Fotografen wurden um ein persönliches Bild
aus diesem historisch bedeutsamen Zeitraum in
Deutschland gebeten. Die meisten der 220 Foto-
grafien sind unbewusst entstanden. Erst mit dem
Blick in die Vergangenheit wurden sie aus ihren
Archiven als ein Zeugnis dieser Zeit ausgewählt.
Die Fotografen haben dazu ihre Erinnerungen
aufgeschrieben oder Textdokumente aus der Ent-
stehungszeit zur Verfügung gestellt. In einem
Begleitdokument zur Fotosammlung „EAST – Zu
Protokoll“ sind diese für den Besucher chronolo-
gisch zusammengetragen.
Foto
: Fr
an
k-H
ein
rich
Mü
lle
r
48 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Kunst & Kultur
Edvard Grieg – ist der berühmteste Komponist Norwegens ein halber Leipziger?
Von Prof. Dr. Patrick Dinslage
Als Edvard Grieg als Fünfzehnjähriger Anfang
Oktober 1858 in Leipzig eintraf, konnte er nicht
ahnen, welche Bedeutung diese Stadt einmal für
ihn erlangen sollte. Leipzig war auf dem Wege,
eine europäische Metropole der Musik zu werden,
gleichberechtigt mit Wien und Paris. Leipzigs Ruf
als Musikstadt ruhte auf drei Säulen: Die Erste war
das 1743 gegründete Leipziger
Gewandhausorchester (seit 1781
unter diesem Namen), das eines
der besten Orchester unter der
Leitung von namhaften Dirigenten
in Deutschland war. Als zweite
Säule ist die Tradition der Bach-
Pflege in Leipzig zu nennen. In
diesem Zusammenhang mit der
Bewahrung des Erbes von Johann
Sebastian Bach wie auch bei der
dritten Säule ist der Name Felix
Mendelssohn Bartholdy eng mit
der musikalischen Entwicklung in
Leipzig verknüpft. Mendelssohn
wurde Gründungsrektor der ers-
ten professionellen Musikausbildungsstätte in
Deutschland, des 1843 in Leipzig gegründeten
Konservatoriums der Musik. Dieser Institution
gelang es sehr schnell, einen weit über die Lan-
desgrenzen Sachsens und den deutschsprachigen
Raum hinausreichenden Ruf als führende Ausbil-
dungsstätte für eine professionelle Musikerkar-
riere zu erlangen. Da auch Edvard Griegs Mutter
Gesine Hagerup in Hamburg eine Musikausbildung
erhalten hatte, war es gar nicht so verwunderlich,
dass auch ihr begabter Sohn Edvard zur weiteren
Förderung nach Deutschland geschickt wurde.
Die Edvard-Grieg-Forschungsstelle wurde
1995 an der Westfälischen Wilhelms-Universi-
tät Münster gegründet. Ihr erster Leiter war der
Musikwissenschaftler Professor Dr. Ekkehard
Kreft. Als dieser 2004 in den Ruhestand trat,
wurde Krefts Stelle nicht wiederbesetzt. Die
Zukunft der Edvard-Grieg-Forschungsstelle
war ungewiss und gefährdet. Mit großer Un-
terstützung des im Juli 2005 verstorbenen
Präsidenten der Universität der Künste Berlin,
Professor Lothar Romain, setzte sich Pro-
fessor Dr. Patrick Dinslage dafür ein, dass
die Edvard-Grieg-Forschungsstelle von der
Universität Münster an die Universität der
Künste Berlin verlegt wurde.
Edvard-Grieg-Forschungsstelle an der UdK Berlin
Das Porträt von Edvard Grieg stammt ungefähr aus der Zeit, in der die legendäre Begegnung
zwischen ihm, Brahms und Tschaikowsky in Leipzig stattfand.
49 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
Vier Jahre studierte Edvard Grieg die Fächer Klavier
und Komposition am Leipziger Konservatorium.
Sein Abschlussexamen im Saal des Gewandhauses
im April 1862 bestritt er unter anderem mit eigenen
Kompositionen. Diese waren ihm so gut gelungen,
dass sie von dem in Leipzig ansässigen Musik-
verlag Peters ein Jahr später als Griegs Opus 1
gedruckt und herausgegeben wurden.
Während seines ganzen Lebens kam Grieg immer
wieder nach Leipzig. Griegs Naturell ließ ihn immer
Sehnsucht nach den Orten empfinden, an denen
er gerade nicht war. So fühlte er sich in Norwe-
gen – sei es in der Hauptstadt Christiania (seit
1925 Oslo) oder in seiner Heimatstadt Bergen –
oft abgekoppelt vom Strom der musikalischen
Entwicklung in Mitteleuropa. Und es war Leipzig,
wo alle diese Entwicklungsfäden zusammenlie-
fen. Hier traf er sich mit Freunden und Kollegen,
machte wichtige Bekanntschaften und erlebte
große musikalische Erfolge bei den Aufführungen
seiner Werke, die dann aber sehr häufig von der
Konzertkritik vernichtend vorgestellt wurden.
Der in Leipzig als Chefkritiker für die Zeitschrift
„Signale für die musikalische Welt“ schreibende
Rezensent Eduard Bernsdorf hatte sich geradezu
darauf eingeschossen, Griegs Musik in seinen
Artikeln zu verreißen.
Ein schönes Beispiel für das gesellschaftliche
Leben großer Musiker in Leipzig soll der Silves-
terabend 1887 sein. Zu Weihnachten waren noch
die sich in Leipzig aufhaltenden norwegischen
Komponisten Edvard Grieg, Christian Sinding
und Johan Halvorsen fast unter sich, nur der eng-
lische Komponist Frederik Delius war auch bei der
Feier, zu der der Leiter des Musikverlags Peters,
Dr. Max Abraham, dem Ehepaar Grieg eine ganze
Kiste Likör hatte zukommen lassen. Nach Halvorsens
Erzählung trug der nach seinen Worten der Stimmung
sehr förderliche Likör den Namen „Magenbehagen“.
Eine Woche später trafen sich auf einer – heute wür-
de man sagen „Silvesterparty“ – drei große europä-
ische Komponisten im Hause des russischen Geigers
Adolf Brodsky. Peter Tschaikowsky war nach Leipzig
gekommen, um das Gewandhausorchester zu diri-
gieren. Auf dem Programm stand Tschaikowskys
erste Orchestersuite in d-Moll op. 43. Brahms hatte
die Aufführung seines neuen c-Moll-Klaviertrios
op. 101 am folgenden Neujahrstag vor sich. Und das
Ehepaar Grieg war schon – wie des Öfteren auf der
Flucht vor den norwegischen Wetterverhältnissen
während des Winters – seit einigen Wochen in Leip-
zig. Grieg hatte am 10. Dezember mit Brodsky seine
3. Violinsonate in c-Moll op. 45 im Gewandhaus
uraufgeführt. Dieses Silvesterfest brachte eine
spontane und innige Freundschaft zwischen Grieg
und Tschaikowsky mit sich; eine freundschaftliche
Beziehung Griegs zu Brahms entstand erst einige
Jahre später in Wien, kurz vor Brahms’ Tod.
Tschaikowsky erzählt in seinen „Musikalischen
Erinnerungen“ über seine erste Begegnung mit
Grieg im Hause seines Landsmanns Brodsky am
Silvesterabend 1887. Er berichtet dort: „Während
Auszug aus den Elegischen
Melodien, Opus 34, Hjertesår
(Herzwunden)
Quelle: Edition Peters
50 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature
24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22
Fortsetzung von Seite 49
Edvard Grieg – ist der berühmteste Komponist Norwegens ein halber Leipziger?
der Probe des neuen Trios von Brahms, bei welcher
ich mir in Betreff der Tempi einige Bemerkungen
erlaubte, die vom Komponisten sehr gütig auf-
genommen wurden, trat ein Herr von sehr kleinem
Wuchs, von schwächlichem Aussehen, mit Schul-
tern von ungleicher Höhe, hochwallenden blonden
Locken und spärlichem, beinahe jünglingshaftem
Bartwuchs ins Zimmer. Die Gesichtszüge dieses
Mannes, dessen Äußeres aus irgendwelchem
Grunde bei mir sofort Sympathie erweckte, hatten
nichts Besonderes, man konnte sie weder hübsch
noch regelmäßig nennen, aber ungewöhnlich
anziehend. Mittelgroße blaue Augen, die an den
Blick eines unschuldigen Kindes erinnerten, nah-
men sofort den Beschauer gefangen. Ich war nicht
wenig erfreut, als es sich bei der gegenseitigen
Vorstellung erwies, dass der Besitzer dieser mir
so sympathischen Augen und der Träger dieses
mir so sympathischen Kopfes ein Musiker war,
dessen tief empfundene Melodien schon lange
Foto
s: D
irk
Brz
osk
a
Anlässlich des Jahrestages des Hitler-Attentats am 20. Juli
1944 fand in der Nikolaikirche in Leipzig ein Konzert für von
den Nationalsozialisten Verfolgte statt. Kooperationspartner
waren VNG und die Internationale Edvard-Grieg-Gesellschaft.
Auf dem Programm standen Werke von Edvard Grieg wie die
„Zwei Elegischen Melodien“ für Streichorchester sowie ein
Requiem des norwegischen Komponisten Ståle Kleiberg.
Aufgeführt wurden die Werke vom Residenz Orchester Berlin
unter Leitung von Jon Bara Johansen und dem Ernst Senff Chor.
Das Residenz Orchester Berlin wurde im Jahr 2004 von Jon Bara
Johansen gegründet. Das Kammerorchester führte bereits
zahlreiche Werke von der Klassik bis hin zur zeitgenössischen
Musik auf. Der Ernst-Senff-Chor ist ein semiprofessionelles
Ensemble, das mit namhaften Orchestern und Dirigenten
arbeitet. Seit mehr als 40 Jahren wird der Chor regelmäßig zu
Konzerten in Berlin, ganz Deutschland sowie internationalen
Festivals eingeladen.
www.jon-bara.com
www.ernst-senff-chor.de
Gedenkkonzert für die Opfer der „Gruppe 20. Juli 1944“
51 medium gas | 2009.3
4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231
Prof. Dr. Patrick Dinslage ist Dekan der
Fakultät Musik und Vizepräsident der Uni-
versität der Künste Berlin (UDK). Der promo-
vierte Musikwissenschaftler und Professor
für Musiktheorie leitet die Edvard-Grieg-
Forschungsstelle. Dinslage hat seit vielen
Jahren seinen Forschungsschwerpunkt in
der Musik Nordeuropas und speziell in der
Musik Edvard Griegs. 1998 hielt er sich auf
Einladung der Norwegischen Akademie der
Wissenschaften zu einem halbjährigen For-
schungsaufenthalt in Oslo auf. Er arbeitete
während dieser Zeit in einer internationalen
Forschungsgruppe zum Thema „Edvard
Grieg in National and International Cul-
ture“. 2004 wurde er zum Vizepräsidenten,
2007 zum Präsidenten der Internationalen
Edvard-Grieg-Gesellschaft gewählt.
Der Autor
mein Herz gewonnen hatten. Es war Edvard Grieg,
der ausgezeichnete norwegische Komponist, der
sich schon seit fünfzehn Jahren bedeutender Popu-
larität sowohl in Russland wie im skandinavischen
Norden erfreute.“
Seit nunmehr fast vier Jahren befindet sich im
ehemaligen Gebäude des Musikverlags Peters die
Edvard-Grieg-Gedenk- und Begegnungsstätte. Mit
diesem seinem Hausverlag hatte Grieg gut ein Jahr
nach jenem denkwürdigen Silvesterabend einen
Generalvertrag abschließen können, der einerseits
dem Verlag das alleinige Recht an Griegs Werken
und andererseits Grieg und später auch seiner
Frau Nina eine gute finanzielle Lebensgrundlage
sicherte. Die Einrichtung der Gedenkstätte in die-
sem für Grieg über fast fünfzig Jahre so wichtigen
Gebäude und die Integration der Gedenkstätte
in das neue Kulturprojekt „Leipziger Notenspur“
zeigen, dass die Stadt Leipzig sich „ihres“ großen
norwegischen Komponisten bewusst geworden
ist. Das kürzlich in der Leipziger Nikolaikirche
stattgefundene Gedenkkonzert für die „Gruppe
20. Juli 1944“ mit einem Requiem des zeitge-
nössischen norwegischen Komponisten Ståle
Kleiberg und zwei besonderen Kompositionen
von Edvard Grieg – darunter sein letztes Werk
aus dem Jahre 1906, die vier Psalmen op. 74 –
belegt einmal mehr, wie sehr Grieg als eben „hal-
ber Leipziger“ im Bewusstsein der Leipziger Bürger
weiterlebt.
medium gas | 18. Jahrgang | 3. Ausgabe | Oktober 2009
Die Deutsche Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e.V. wird 150 Jahre alt!
Wir gratulieren dem DVGW herzlich zu seinem 150-jährigen Bestehen und freuen uns auch weiterhin
auf eine gute partnerschaftliche Zusammenarbeit.
VNG ist seit 1990 Mitglied im DVGW und unterstützt
durch persönliche Mitarbeit die einzelnen technischen
Komitees des Vereins.
Bereits seit der Gründung von VNG bestand eine
Mitgliedschaft in der damaligen Kammer der Technik,
welche nach der Wende im DVGW anerkannt wurde.
Fotos: Christian Schneider, Christoph Busse