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www.B–u–B.de BuB | 59 (2007) 11-12 767 Inhalt | BuB Foyer Lesesaal Magazin Aus dem Berufsverband Blickpunkt Internet Tausendsassa des Internet / Ein Weblog sorgt für optimale Verbreitung von Informationen (Jürgen Plieninger) ________________ 843 Fachliteratur Dietmar Strauch und Margarete Rehm: Lexikon Buch, Bibliothek (Konrad Umlauf) _________________ 845 Neue Fachliteratur ________________ 847 Seite 1 Raus aus der Bunkermentalität / Erkenntnisse vom 3. Bibliotheksleiter- tag der Firma Bond (Bernd Schleh) __ 769 Öffentliche Bibliothek Traumbibliothek in Gelb / Vorschulkinder und Erstleser ent- werfen eigenen Bibliotheksbereich (Karin Ollesch) 770 »Verbotene Worte« in die Bibliothek holen __________________ 772 Aus dem Haushalt gekippt / Thüringer Bibliotheken droht Ende der Landesförderung (Frank Simon-Ritz)________________ 772 Handbuch für den korrekten Umgang mit Kollegen und Kunden __ 773 Aktive Lobbyarbeit als Pluspunkt / Thüringer Bibliothekspreis 2007 geht nach Suhl ___________________ 774 Tagungen Älter, bunter, weniger / Fachstellen und Bibliotheken gestalten demografischen Wandel aktiv mit (Jürgen Seefeldt) __________________ 774 Lesen verbindet Generationen ______ 775 Workshop: Führen in Konflikten und Krisensituationen _____________ 776 Auch schon mal Trendsetter / Schulbibliotheken in Taiwan (Wolfgang Ratzek) _______________ 777 Nachrichten _____________________ 778 Herzogin Anna Amalia Bibliothek erstrahlt in altem Glanz ____________ 780 Termine Fortbildungen von November 2007 – Januar 2008____________________ 782 Newcomer-Treff des BIB auf dem Deutschen Bibliothekartag in Mannheim 2008 _______________ 784 Größtes Vorlesefest Deutschlands ___784 Markt __________________________ 785 Aus den Kommissionen: Arbeitsvorhaben der neuen Kommission für Ausbildung und Berufsbilder »Rent-a-Fobi« – ein Basisangebot der neuen Fortbildungs- kommission. – Aus den Landesgruppen: Ergebnis der Vorstandswahlen in Sach- sen LG Nordrhein-Westfalen zu Gast im WDR-Archiv. – Service: BIB-Fortbildun- gen BIB-Sommerkurs 2008 (Vorankün- digung) Mitgliedernachrichten _____ 848 Editorial ________________________ 769 Impressum ______________________ 793 Summary · Résumé _______________ 853 Stellenmarkt _____________________ 854 SCHWERPUNKT: Teaching Library Senden auf allen Kanälen / Wie sich die Bibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität zur Teaching Library entwickelt (André Schüller-Zwierlein) _________788 »Die Menschen hier haben genug von Shakespeare und Co.« / Die südafrikanische »Mother of Books« Gcina Mhlophe fordert im Interview ein Ende der sprachlichen und literarischen Fremdbestimmung _____ 829 Leuchttürme zwischen Bretterbuden und Lehmhütten / Township- Büchereien sollen Apartheid-Grenzen überwinden (Bernd Schleh) ________ 832 Drinnen Bücher – draußen Gemüse / Ein Besuch in der Mpumalanga- Bibliothek (Hella Klauser) __________ 834 Benutzerforschung Die Kunst des Beobachtens / Wie man Digitale Bibliotheken mit ethno- grafischen Methoden evaluiert (Elke Greifeneder, Michael Seadle) __836 Ausland Von der Gentleman’s Library zur exklusiven Forschungsbibliothek / Die privat finanzierte Boston Athenaeum Library feiert 200-jähriges Jubiläum (Gernot Gabel) ___________ 840 Informationskompetenz-Portal im Netz _________________________ 790 Recherche-Hilfe erwünscht, gerne auch online / Ergebnisse einer aktuellen Studierendenbefragung durch Hochschulbibliotheken in Bayern (Fabian Franke, André Schüller-Zwierlein) __________794 Von Basiswissen bis Fachinformation / Wie Bachelor-Studierende von den Bibliotheken der Freien Univer- sität Berlin geschult werden (Andrea Jeder, Mario Kowalak) _____799 »Ich muss einen Punkt haben, wo ich sage, jetzt ist Schluss« / Welche Rolle spielen Bibliotheken für die Arbeitsprozesse der Bachelor- Studierenden? – Interviews an der UB Bielefeld (Silvia Herb) __________ 800 Informationskompetenz als Lehrer- Fortbildung / Erfahrungen mit einem neuen Teaching Library-Modell an der Universitätsbibliothek Marburg (Esther Krähwinkel) _______________ 803 Trainingswerkstatt für Teaching Librarians / Hamburger Studierende lernen das Unterrichten – WebQuests für Lehrende und Praktiker (Ursula Schulz) ___________ 807 Kommentar: Wer früher lehrt, ist später tot / Vom aufhaltsamen Ende der wissenschaftlichen Bibliotheken (Jens Renner) ____________________ 812 Teaching Library – schon wieder?! / Aktueller Sammelband verschafft Übersicht zur dynamischen Entwick- lung der Materie (Ingeborg Simon) __ 814 Blickpunkt Wissenschaft Die Renaissance der Bibliografie / Hochschulevaluation eröffnet neue Chancen für Bibliotheken (Eric W. Steinhauer) _______________818 IFLA-Weltkongress Durban 2007 Afrikanische Trommelwirbel und ein Paukenschlag aus USA / Millionen- Spende beschleunigt Lobbyarbeit für Bibliotheken – Die IFLA auf dem Weg zum politischen Akteur (Bernd Schleh) ___________________ 820 »Die Politisierung der IFLA begann mit dem Kampf gegen die Apartheid«/ Kurz-Interview mit Ellen Tise _______ 822 BOBCATSSS: Die jungen Wilden der LIS __________________________ 826 Mit guten Ideen auf die politische Tagesordnung / Workshop der IFLA-Präsidentin zur erfolgreichen Lobbyarbeit (Bernd Schleh) ________ 827 Kongress-Splitter _________________ 828

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767Lesesaal | BuB 767Inhalt | BuB

Foyer

Lesesaal

Magazin

Aus dem Berufsverband

Blickpunkt InternetTausendsassa des Internet / Ein Weblog sorgt für optimale Verbreitung von Informationen (Jürgen Plieninger) ________________843

FachliteraturDietmar Strauch und Margarete Rehm: Lexikon Buch, Bibliothek (Konrad Umlauf) _________________845

Neue Fachliteratur ________________847

Seite 1Raus aus der Bunkermentalität / Erkenntnisse vom 3. Bibliotheksleiter-tag der Firma Bond (Bernd Schleh) __769

Öffentliche BibliothekTraumbibliothek in Gelb / Vorschulkinder und Erstleser ent-werfen eigenen Bibliotheksbereich (Karin Ollesch) 770

»Verbotene Worte« in die Bibliothek holen __________________772

Aus dem Haushalt gekippt / Thüringer Bibliotheken droht Ende der Landesförderung (Frank Simon-Ritz) ________________772

Handbuch für den korrekten Umgang mit Kollegen und Kunden __773

Aktive Lobbyarbeit als Pluspunkt / Thüringer Bibliothekspreis 2007 geht nach Suhl ___________________774

TagungenÄlter, bunter, weniger / Fachstellen und Bibliotheken gestalten demografi schen Wandel aktiv mit (Jürgen Seefeldt) __________________ 774

Lesen verbindet Generationen ______775

Workshop: Führen in Konfl ikten und Krisensituationen _____________776

Auch schon mal Trendsetter / Schulbibliotheken in Taiwan (Wolfgang Ratzek) _______________777

Nachrichten _____________________778

Herzogin Anna Amalia Bibliothek erstrahlt in altem Glanz ____________780

TermineFortbildungen von November 2007 – Januar 2008 ____________________782

Newcomer-Treff des BIB auf dem Deutschen Bibliothekartag in Mannheim 2008 _______________784

Größtes Vorlesefest Deutschlands ___784

Markt __________________________785

Aus den Kommissionen: Arbeitsvorhaben der neuen Kommission für Ausbildung und Berufsbilder • »Rent-a-Fobi« – ein Basisangebot der neuen Fortbildungs-kommission. – Aus den Landesgruppen: Ergebnis der Vorstandswahlen in Sach-sen • LG Nordrhein-Westfalen zu Gast im WDR-Archiv. – Service: BIB-Fortbildun-gen • BIB-Sommerkurs 2008 (Vorankün-digung) • Mitgliedernachrichten _____848

Editorial ________________________769

Impressum ______________________793

Summary · Résumé _______________853

Stellenmarkt _____________________854

SCHWERPUNKT: Teaching Library

Senden auf allen Kanälen / Wie sich die Bibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität zur Teaching Library entwickelt (André Schüller-Zwierlein) _________788

»Die Menschen hier haben genug von Shakespeare und Co.« / Die südafrikanische »Mother of Books« Gcina Mhlophe fordert im Interview ein Ende der sprachlichen und literarischen Fremdbestimmung _____829

Leuchttürme zwischen Bretterbuden und Lehmhütten / Township-Büchereien sollen Apartheid-Grenzen überwinden (Bernd Schleh) ________832

Drinnen Bücher – draußen Gemüse / Ein Besuch in der Mpumalanga-Bibliothek (Hella Klauser) __________834

BenutzerforschungDie Kunst des Beobachtens / Wie man Digitale Bibliotheken mit ethno-grafi schen Methoden evaluiert (Elke Greifeneder, Michael Seadle) __836

AuslandVon der Gentleman’s Library zur exklusiven Forschungsbibliothek / Die privat fi nanzierte Boston Athenaeum Library feiert 200-jähriges Jubiläum (Gernot Gabel) ___________840

Informationskompetenz-Portal im Netz _________________________790

Recherche-Hilfe erwünscht, gerne auch online / Ergebnisse einer aktuellen Studierendenbefragung durch Hochschulbibliotheken in Bayern (Fabian Franke, André Schüller-Zwierlein) __________794

Von Basiswissen bis Fachinformation / Wie Bachelor-Studierende von den Bibliotheken der Freien Univer-sität Berlin geschult werden (Andrea Jeder, Mario Kowalak) _____799

»Ich muss einen Punkt haben, wo ich sage, jetzt ist Schluss« / Welche Rolle spielen Bibliotheken für die Arbeitsprozesse der Bachelor-Studierenden? – Interviews an der UB Bielefeld (Silvia Herb) __________800

Informationskompetenz als Lehrer-Fortbildung / Erfahrungen mit einem neuen Teaching Library-Modell an der Universitätsbibliothek Marburg (Esther Krähwinkel) _______________803

Trainingswerkstatt für Teaching Librarians / Hamburger Studierende lernen das Unterrichten – WebQuests für Lehrende und Praktiker (Ursula Schulz) ___________807

Kommentar: Wer früher lehrt, ist später tot / Vom aufhaltsamen Ende der wissenschaftlichen Bibliotheken (Jens Renner) ____________________812

Teaching Library – schon wieder?! / Aktueller Sammelband verschafft Übersicht zur dynamischen Entwick-lung der Materie (Ingeborg Simon) __814

Blickpunkt WissenschaftDie Renaissance der Bibliografi e / Hochschulevaluation eröffnet neue Chancen für Bibliotheken (Eric W. Steinhauer) _______________818

IFLA-Weltkongress Durban 2007Afrikanische Trommelwirbel und ein Paukenschlag aus USA / Millionen-Spende beschleunigt Lobbyarbeit für Bibliotheken – Die IFLA auf dem Weg zum politischen Akteur (Bernd Schleh) ___________________820

»Die Politisierung der IFLA begann mit dem Kampf gegen die Apartheid«/ Kurz-Interview mit Ellen Tise _______822

BOBCATSSS: Die jungen Wilden der LIS __________________________826

Mit guten Ideen auf die politische Tagesordnung / Workshop der IFLA-Präsidentin zur erfolgreichen Lobbyarbeit (Bernd Schleh) ________827

Kongress-Splitter _________________828

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Foyer | BuB 769769Foyer | BuBEditorial

Raus aus der BunkermentalitätErkenntnisse vom 3. Bibliotheksleitertag der Firma Bond

Eine gute und eine weniger gute Nachricht haben die Re-ferenten beim 3. Bibliothekslei-tertag der Firma Bond Anfang Oktober in Frankfurt am Main den mehr als 100 Zuhörern überbracht. Die gute Nachricht war: Bibliotheken wird es auch künftig geben. Die schlechte: In den Bibliotheken muss sich viel ändern, damit die gute Nach-richt Realität wird.

Mit einem »Wake-up Kaff ee« begann der Bibliotheksleitertag. Das hätte es gar nicht gebraucht, denn spätestens als Meinhard Motzko seine Vorstellungen von der Bibliothek der Zukunft schilderte, war auch die letzte Bibliotheksleiterin im Saal hell-wach: »Wenn Sie mit Ihrer Ein-richtung bestehen wollen, dann führt an einer Öff nung abends und an den Wochenenden kein Weg vorbei.« Die Gewohn-heiten der Nutzer und deren Arbeits- und Lebensrhythmus hätten sich dramatisch geän-dert. Darauf müssten sich die Bibliotheken endlich einstellen, so der Bremer Sozialwissen-schaftler. »Oder wann sollen die Schüler der Ganztagesschule künftig in Ihre Bibliothek kom-men?«, fragte Motzko provo-kant.

Die Flexibilisierung der Ar-beitszeiten ist freilich nur der erste Schritt. Die Bibliothekare, forderte Motzko, müssten auch »raus aus ihrer Bunkermentali-tät«. Motzko: »Es wird künftig nicht ausreichen, nur die bür-gerliche Mitte mit Angeboten abzudecken.« Vielmehr sei es notwendig, neue Milieus zu erschließen. Dabei sollte die Zielrichtung eher nach un-ten als nach oben gehen. Und: Die Personalauswahl muss an diese Zielmilieus angepasst werden. Motzko zeigte auch gleich wie: »Wie wär’s, wenn die gepiercte Bibliothekarin Sams-

tagnacht zur LAN-Party in die Bibliothek einlädt?« Eine neue Zielgruppe wäre damit jeden-falls gewonnen. Einen weiteren Vorteil fügte Motzko schmun-zelnd an: »Sie können sicher sein, dass Ihnen von dieser Zielgruppe niemand ein Buch klaut.«

Sanierungsbedürftig sind nach Ansicht der Referenten aber nicht nur die realen Ange-bote in der Bibliothek, sondern auch die elektronischen Dienste – allen voran der Web-Auftritt. Bastian F. Zwaan, Geschäfts-führer von MediaLab Soluti-ons, ließ keinen Zweifel, wohin die Entwicklung gehen muss: »Die gesamte Sammlung sollte auf einen Klick greifbar sein.« Die Zukunft der Bibliotheken hänge wesentlich von der ein-fachen Zugänglichkeit der elek-tronischen Bestände ab. Dabei müssten die Web-Angebote der großen Internet-Firmen wie bei-spielsweise Google und Amazon als Richtschnur dienen. Zwaan gab den Zuhörern zu bedenken: »Sie dürfen nicht davon ausge-hen, dass die Nutzer dieselben Recherchekenntnisse wie Sie haben.«

Wie man sein elektronisches Angebot auf Vordermann brin-gen kann, erklärte anschließend Jens Redmer, der Direktor von Google Book Search für die Re-gionen Europa, Mittlerer Osten, Afrika und Russland. Über eine Million Bücher habe sein Un-ternehmen bereits digitalisiert. Dabei arbeite Google nicht nur mit Verlagen und den gro-ßen Bibliotheken zusammen. Redmer bot den Zuhörern an: »Wenn Sie mit Ihrer Bibliothek an Google Book Search teilneh-men wollen, dann melden Sie sich bei mir!«

Die kompletten Vorträge und die Beiträge der weiteren Referenten (Barbara Lison, Bremen; Ulrike Unterthur-ner, Dornbirn; Georg Ruppelt, Hannover / Moderation: Sus-anne Riedel – Vorsitzende des Berufsverbandes Information Bibliothek) sind unter www.bibliotheksleitertag.de abruf-bar.

Bernd Schleh

Das Netz nervt die VerlegerDas Gerede von digitalen Märkten klingt für Publikums-, Lexikon- und Schulbuchverleger nicht gerade nach Zukunftsmusik. Auf der Frankfurter Buchmesse machten Führungsleute von Cornelsen, Brockhaus und S. Fischer in einem Podiumsgespräch keinen Hehl daraus, dass die Netzwelt eine ungeliebte Baustelle ist und bisweilen ziemlich nervt.

Das Dilemma ist bekannt: Das herkömmliche Geschäftsmodell »Pay per Copy« funktioniert hervorragend, passt aber schlecht zu digitalen Inhalten. Und der deutsche Markt gilt als konserva-tiv. Lehrer möchten Tafel und Kreide einfach nicht wie in den USA gegen »Interactive Whiteboards« tauschen, berichtet Cornelsen-Geschäftsführer Martin Hüppe. Eine digitale Bildungsoffensive sei politisch gar nicht gewollt. Zugleich entwickele sich aber die Tech-nik rasant, und »Jugendliche machen alles mit dem Computer«. Ein handliches E-Lesegerät soll in der Dresdner E-Paper-Fabrik »Plastic Logic« schon 2008 millionenfach produziert werden. Es könnte wie der Blitz einschlagen, prophezeit Hüppe. »Wir haben nur eine Chance: Uns abzusetzen durch Qualität.«

Dagegen berichtet der S. Fischer-Geschäftsführer Lothar Klei-ner achselzuckend: »Für Belletristik sehen wir keinerlei Geschäfts-modell im Internet.« Die Autoren würden auch keine Mitmach- oder Fortsetzungs-Romane online schreiben wollen. Das Netz bleibt für ihn Werbefläche. Die Überlebensstrategie von Marion Winkenbach aus dem Brockhaus-Vorstand lautet: »Wir garantie-ren geprüfte Information.« Sie setzt unter anderem auf Koopera-tion mit »Zeit« und »Geo«. In anderen Häusern heiße es dagegen schlicht: Kostenfreie Inhalte, mehr Traffic, mehr Google, mehr Werbung, mehr Geld.

Nach einer solchen Diskussion fragt man sich wieder: Was wird aus Bibliotheken, wenn jeder Student sein E-Paper-Lesegerät besitzt und Schüler sowieso schon Online-Lexika befragen? Eine Strategie heißt bekanntlich, Dienstleistungen zu entwickeln und Informationskompetenz zu vermitteln. Den realen Angeboten der »Teaching Library« ist das Schwer-

punktthema dieses Heftes gewidmet, und zwar den Aktivitäten in wissenschaftlichen Bibliotheken, in denen kreativ »bibliothe-karische Geschäftsmodelle« für die digitale Hochschulwelt geschaffen werden.

Julia Hellmich (BuB-Redakteurin)

Auf der Buchmesse mag es Blogger und E-Medien geben, aber Bücher stehen im Mittelpunkt. Vielen Publikumsverlagen fehlt das Geschäfts-modell fürs Internet und »Pay per Copy« funktioniert hervorragend.

Foto: Julia Hellmich

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Öffentliche Bibliothek

Traumbibliothek in GelbVorschulkinder und Erstleser entwerfen eige-nen Bibliotheksbereich

Die Stadtbibliothek Chemnitz hat ein mutiges Projekt er-folgreich abgeschlossen: Die Mitarbeiter des Teams Jugend und Musik ließen Vorschulkin-der und Erstleser den Bereich für Zwei- bis Achtjährige selbst gestalten.

Zur Neueröff nung der Chem-nitzer Zentralbibliothek im Tietz im Oktober 2004 fühl-ten wir uns bestens ausgestattet mit:� 28 000 Medien für Kinder von zwei bis 14 Jahren, davon circa 8 000 für Zwei- bis Acht-jährige, nach der Signaturfarbe auch als »gelbe Gruppe« be-zeichnet; � 750 Quadratmeter Fläche für Besucher, großzügig, hell und mit warmen Farben gestaltet;� 110 neuen vier- beziehungs-weise fünfbödigen Bücherrega-len, 16 Trägern für AV-Medien, 4 Hörplätzen mit Sitzsäcken, Puppentheater und Malwand, 4 Opacs und 3 Internetarbeits-plätzen und einem Spielecom-puter;� dem off enem Veranstal-tungsbereich mit Podesten, der auch zum Spielen und Schmö-kern genutzt werden kann.

Doch der überraschend um fast 80 Prozent gestiegene Be-sucheransturm überrollte uns. Lese-, Hör- und Spielplätze wurden von Kindern und Eltern begeistert aufgenommen. Aber gerade wegen der gebotenen Menge und Vielfalt an Medien konnten vor allem jüngere Kin-der ohne unsere Hilfe kaum das für sie Richtige fi nden. Auch trauten sie sich kaum mit ihren Fragen an die Beratungstheke. Eltern, die unter Zeitdruck zum

Erstbesten griff en, ernteten von ihren Sprösslingen Protest.

Großer Andrang

Gleichzeitig stieg die Zahl der spielerischen Einführungen für Kindertagesstätten deutlich. Meist suchten die Kinder für ihre Projekte Medien zu ganz speziellen Th emen, konnten die-se aber in unserer an der KAB/Ki orientierten Aufstellung nicht selbstständig fi nden, auch die Erzieher brauchten bei der Durchforstung aller Bestands-gruppen unsere Hilfe. Neugier und Leselust wurden so nicht gefördert, sondern gebremst.

Die unbefriedigende Situati-on forderte geradezu neue Lö-sungen!

Bei der Suche danach gin-gen wir bereits davon aus, Kin-der dieser Altersgruppe in die Ideenfi ndung einzubeziehen.

Allerdings kannten wir nur ein vergleichbares Beispiel aus dem Bibliotheksbereich. In Bremen waren in das Projekt »Wir zau-bern uns ’ne Bibliothek« Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren einbezogen. Wir wollten aber mit Vorschulkindern und der ersten Klasse arbeiten.

Die Zweifel an der Realisier-barkeit waren groß: Kann das mit Kindern dieser Altersgruppe gelingen? Wie kann man ihre Wünsche und Meinungen er-fahren, ohne sie zu beeinfl ussen? Können sie genau erklären, was ihnen wichtig ist? Können wir diese Wünsche dann auch um-setzen?

Beinahe gleichzeitig starte-te in Chemnitz und Paderborn das Projekt »Kind und Ko«, das im Frühjahr 2005 durch die Bertelsmann Stiftung und die Heinz-Nixdorf Stiftung initiiert wurde und bis Ende 2007 läuft.

Es hat sich unter Federführung des Jugendamtes die Verbesse-rung der Bildungschancen von Kindern und die Gestaltung und Vernetzung frühkindli-cher Bildungsangebote ebenso wie die frühe Beteiligung der Kinder an der Gestaltung ihrer Lernprozesse zum Ziel gestellt. Allerdings hatte man bei Vor-bereitung des Projektes weder von Seiten der Initiatoren noch der beteiligten Chemnitzer Äm-ter an eine Einbeziehung der Stadtbibliothek gedacht, uns also nicht als Bildungspartner angesehen.

Umso höher ist es einzuschät-zen, dass wir die Steuerungs-gruppe von unserer Konzeption zur Umgestaltung des Kinder-bereiches für die jüngsten Nut-zer überzeugen konnten. Unser Projekt gehörte zu den 7 von 28 eingereichten, die bestätigt und damit auch gefördert wurden. In den Arbeitsgruppen, Foren und Fortbildungen im Rahmen von »Kind und Ko« bestärkten uns Pädagogen und Eltern sowie der neue sächsische Bildungs-plan für Kindertagesstätten in unserem Vorhaben.

Geplant hatten wir die Zu-sammenarbeit mit je zwei Vor-schulgruppen und ersten Klas-sen. Nach Gesprächen mit den Leitern von Kindertagesstätten und Grundschulen meldeten sich acht der zehn angesproche-nen Einrichtungen zurück. Um keine der neu geknüpften Kon-takte abzubrechen, realisierten wir das Projekt mit insgesamt zehn Gruppen (170 Kinder!) aus unterschiedlichen Wohn-gebieten, mit unterschiedlichen pädagogischen Konzepten und sozialem Umfeld.

Von November 2005 bis Juli 2006 besuchte jede Gruppe mindestens drei Veranstaltun-gen bei uns. Die erste Runde diente der spielerischen Einfüh-rung, für die Kindertagesstätten unter dem Motto »Tiger, Bär und noch viel mehr«, für die ersten Klassen als »Schatzsuche in Bibliothekarien«. Beides war mit einer Stöberphase und der Anmeldung der Einrichtung beziehungsweise der Schüler als Nutzer verbunden.

In den umgebauten Bücherregalen sind die Medien frontal präsentiert, alle Titelbilder können problemlos beim Durchblättern betrachtet wer-den. Fotos: Stadtbibliothek Chemnitz

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Kinder als Bibliotheksassistenten

In der zweiten Runde schlüpf-ten die Kinder in die Rolle von Bibliotheksassistenten, beurteil-ten das Angebot und die Prä-sentation der Medien sowie die Ausstattung und Gestaltung der »Kinderwelt«. Sie wurden auch vor die schwierige Aufgabe ge-stellt, Medien nach ihren Vor-stellungen zu sortieren.

Die letzte Runde begann mit einer Hausaufgabe: Die Kin-der sollten Vorschläge für ihre Traumbibliothek in Form von Bildern oder Modellen gestalten. Die Ergebnisse wurden uns fei-erlich übergeben und erläutert, dazu besuchten wir die Kinder in ihren Einrichtungen. Wäh-rend der Sommerferien 2006 wurden alle Bilder und Modelle in der Kinderbibliothek im Tietz in einer Ausstellung gezeigt.

Für uns, die Mitarbeiter des Teams Jugend und Musik, ge-staltete sich die Projektarbeit mit den Kindern beeindruckend und erfolgreich. Wir selbst konnten durch die gezielte Be-obachtung und Dokumentati-on unserer Veranstaltungen in Form von Fotos und Protokollen zahlreiche Erkenntnisse für die Medienpräsentation im Kinder-bereich, die Gestaltung eines le-sefördernden Umfeldes und die weitere bibliothekspädagogische Arbeit gewinnen.

Aus den fast 200 Wünschen fi lterten wir Schwerpunkte für die Umsetzung:� Bibliothek als Ort der Fanta-sie, der Märchen, des Abenteu-ers � kindgerechtes Orientie-rungssystem � Medienpräsentation frontal und niedriger � Abgrenzung des Bereiches für die Jüngsten� abgeschirmte Hörplätze und gemütliche ungestörte Lese- und Vorleseplätze

Um die Möblierungswünsche der Kinder fachgerecht, sicher-heitstechnisch und zum gestal-terischen Gesamtkonzept des Hauses passend realisieren zu können, erfolgte eine Ausschrei-bung für Lesezelt, Piratenboot, Hörplätze und Eingang. Zwei Kindermöbel- und Spielzeugde-signer erhielten den Zuschlag.

Die neue thematisch orien-tierte Beschilderung in Form von Signets und großer Be-schriftung wurde während der zweiten Veranstaltungsrunde von einer jungen Künstlerin entwickelt, den Kindern in der 3. Runde vorgestellt und zum Teil korrigiert. Im Anschluss entstanden verschiedene Forma-te für die Beschilderung an den Regalen, an den Medienkästen und für die Signaturschilder.

Den Umbau der vorhandenen Regale übernahm ein Tischler. �

Einladend wirkt das Lese-Piraten-Boot mit Sitzpolstern und Medienbe-hältnissen zum Thema »Ritter, Urmensch und Pirat«.

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»Verbotene Worte« in die Bibliothek holen

Zusammen mit der deutsch-bulgarischen Publizistin Tzveta Sofronieva hat die Phantastische Bibliothek Wetzlar das Netz-werk-Projekt »Verbotene Wor-te« ins Leben gerufen. Darin sollen politische, soziale, histo-rische und gesellschaftliche Be-griffe und Themen aufgegriffen werden, die in west- und osteu-ropäischen Kulturen und Spra-chen ganz unterschiedliche Be-deutungen haben. Die Leiterin der Phantastischen Bibliothek,

Bettina Twrsnick, erklärt: »Das Ziel ist, auf diese Weise Vorurtei-le und Missverständnisse abzu-bauen und somit eine interkultu-relle Kommunikation überhaupt erst zu ermöglichen.« Bibliothe-ken als »demokratische Orte« an der Nahtstelle zwischen Lite-ratur, Ethik, Geschichte und Po-litik, so Twrsnick weiter, könnten hier eine Plattform bieten: als Begegnungs- und Kommunika-tionsorte, indem sie ihre Räume öffnen, gezielt auf literarische Spurensuche gehen, Diskussi-onen um teilweise schwierige Themen anregen und dazu – in Deutschland – unbekannte Au-toren, Journalisten und Überset-zer aus den neuen EU-Ländern einladen. Wie das konkret aus-sehen kann, hat die Phantasti-sche Bibliothek Wetzlar in einer mehrjährigen Veranstaltungs-reihe vorgemacht. Eine Zusam-menfassung der Wetzlarer Akti-vitäten und Texte, Gedichte und Aufsätze kann jetzt nachgelesen werden in der Anthologie »Ver-botene Worte«, herausgegeben von Tzveta Sofronieva, Biblion Verlag, München 2005. Weite-re Informationen zu dem Pro-jekt gibt es bei Bettina Twrsnick ([email protected]).

Die vier Regalböden wurden durch Kästen auf dem Fußboden und in Blickhöhe der Vorschul-kinder ersetzt und erhielten fl e-xibel einsetzbare Abtrennungen für verschiedene Buchformate. Ein Schrägfachboden darüber dient der Präsentation neuen Medien. Alle Regale erhielten ein gelbes Stoff dach, an dem mit Klettband die Schilder befestigt werden können.

Die Übergabe an die Chem-nitzer Kinder im Rahmen eines Familienfestes wurde ein Rie-senerfolg: Fast 3 000 begeister-te Besucher feierten mit in der »Traumbibliothek in Gelb«:

Vorlese-Th ron und Piratenboot

Fahnen mit Schild, Krone und Ritterhelm deuten einen Burg-

eingang an und begrenzen so den gelb-orange-rot gestalteten Bereich der Zwei- bis Achtjäh-rigen in der Kinderbibliothek. Im mittelalterlich anmutenden Lesezelt mit vielen Polstern und Kissen könnte auch die Prinzes-sin auf der Erbse lagern, doch es lädt ein zum Schmökern und bietet mit seinem Th ron einen abgeschirmten Platz für die Vorlesepaten. Kleine Ritter und Prinzessinnen fi nden unter den mit Türmchen, Zinnen und Baldachinen verzierten Burgen zwei CD- Hörplätze. Abenteuer-lich wirkt das Lese-Piraten-Boot mit Sitzpolstern und Medienbe-hältnissen zum Th ema »Ritter, Urmensch und Pirat«.

In den umgebauten Bücher-regalen sind die Medien frontal präsentiert, alle Titelbilder kön-

nen problemlos beim Durch-blättern betrachtet werden, kindliche Neugier wird geweckt und gestillt. Die neue, weithin sichtbare Beschilderung erleich-tert den jüngsten Besuchern die Orientierung und Medien-auswahl unabhängig von ihrer Lesefähigkeit. Damit werden Entdecker- und Leselust ebenso gefördert wie die Selbstständig-keit beim Umgang mit Medien.

Auch jüngere Kinder fi nden ihre Lieblingsmedien selbst und können sie dank der Bild-Sig-naturschilder sogar problemlos wieder an den richtigen Platz stellen, denn eine alphabetische Ordnung gibt es nicht mehr. Dies ist allerdings bei ganz ge-zielten Titelwünschen mit hö-herem Suchaufwand für Eltern und Bibliothekare verbunden. Bücher, CD-ROMs, DVDs und Videos stehen im Medienmix, formatbedingt sind CDs, Kas-setten, Spiele und Zeitschriften in niedrigen Trägern und bun-ten Stapelkästen untergebracht.

Ein zusätzliches Ergebnis der Gespräche mit Pädagogen und Eltern ist ein »Medienangebot für Eltern« zur Gesundheitser-ziehung, Pädagogik und Psy-chologie, das neben dem Biblio-theksbereich für die Kleinsten präsentiert wird.

Täglich spüren wir die Begeis-terung der jüngsten Besucher. Erste statistische Auswertungen belegen den weiteren Anstieg von Nutzer- und Entleihungs-zahlen.

Karin Ollesch, Stadtbibliothek Chemnitz

Viele Wege führen zu

BuBForum Bibliothek und InformationGartenstraße 1872764 Reutlingen

Postfach 13 2472703 Reutlingen

Telefon 0 71 21/34 91-0Telefax 0 71 21/30 04 33

[email protected]

Aus dem Haushalt gekipptThüringer Bibliotheken droht Ende der Landesförderung

Die meisten Vertreterinnen und Vertreter der Öffentlichen Bibliotheken in Thüringen dürften einen Schreck bekom-men haben, als sie sich mit dem Entwurf für den Landeshaushalt 2008/09 beschäftigt haben. Waren hier – an versteckter Stelle – im Jahr 2007 noch 350 000 Euro als »Zuschüsse für Öffentliche Bibliotheken« ausgewiesen, so droht diese un-mittelbare Förderung ab 2008 auf Null reduziert zu werden.

Die Förderung der Öff entlichen Bibliotheken war bislang Teil des Kommunalen Finanzaus-gleichs. Eine Klage der Kom-munen gegen die Art der Auf-teilung der Mittel hat jetzt dazu geführt, dass es zu einer Neure-gelung kommt. Die Klage der Kommunen bezog sich gerade darauf, dass ein zu hoher Anteil der fi nanziellen Mittel, die vom Land an die Kommunen weiter-gegeben werden, mit Zweckbin-dungen versehen sind.

Im Hinblick auf die Kultur-förderung ergibt sich ein über-aus ungleichgewichtiges Bild. Auch Th eater und Orchester beispielsweise werden bis 2007 aus dem Kommunalen Finanz-ausgleich alimentiert (mit insge-samt über 60 Millionen Euro). Hier wurden allerdings im Rahmen des Haushaltsentwurfs 2008/09 Wege gefunden, diese Mittel in den Etat des Kultusmi-nisteriums zu überführen. Dies ist bislang bei Öff entlichen Bib-liotheken und bei Musik- und Jugendkunstschulen nicht ge-lungen – auch wenn die gesamte Förderung hier nur knapp 3,7 Millionen Euro umfasst. Gegen diese Ungleichbehandlung von Th eatern, Orchestern und Mu-seen auf der einen Seite und Bib-liotheken, Musikschulen und Jugendkunstschulen auf der an-deren Seite richten sich vielfäl-tige Proteste aus den Th üringer

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Bibliotheken. Unterstützung fi ndet dieser Protest aber auch über die Grenzen Th üringens hinaus.� Der Landesverband Th ürin-gen im Deutschen Bibliotheks-verband hat bereits im Juni in einer Pressemitteilung auf den drohenden Wegfall der Landes-förderung für Öff entliche Bib-liotheken hingewiesen.� Die Vorsitzende des Deut-schen Bibliotheksverbands, Prof. Gabriele Beger, hat sich in einem Brief vom 14. Juni an den Th üringer Ministerpräsidenten gewandt.� Engagierte Bibliothekslei-terinnen aus Th üringen haben sich am 15. August mit einem off enen Brief an die Vorsitzen-den des Haushalts- und Finanz-ausschusses sowie des Ausschus-ses für Wissenschaft, Kunst und Medien des Th üringer Landtags gewandt.� Der Vorsitzende des Landes-musikrats, der Vorsitzende des Verbands Bildender Künstler und die Sprecher des Th ürin-ger Literaturrats haben sich am

12. September in einer Presse-mitteilung gegen die geplanten Einsparungen in der Jugendkul-turarbeit gewandt. Hier werden die Probleme von Musikschu-len, Jugendkunstschulen und Öff entlichen Bibliotheken im Zusammenhang beleuchtet.

Darüber hinaus wurden und werden von den Vertreterinnen der Öff entlichen Bibliotheken in Th üringen sowie von der Leiterin der Landesfachstelle in Erfurt Gespräche mit Land-tagsabgeordneten aller Parteien geführt. Die Landesfachstelle hat auch Kontakte zu den kom-munalen Spitzenverbänden, zu Landräten und Bürgermeistern hergestellt. Es kommt jetzt dar-auf an, dass möglichst viele Bib-liothekare, Nutzer und »Lobby-isten« dieses Th ema aufgreifen und insbesondere den Landtags-abgeordneten, die letztlich über den Haushalt zu entscheiden haben, im wahrsten Sinne des Wortes auf die Pelle rücken.

Frank Simon-Ritz, Vorsitzender des Th üringer

Bibliotheksverbands

Handbuch für den korrekten Umgang mit Kollegen und Kunden

Nach kritischen Anmerkungen seitens der Direktion der Stadt-bücherei Stuttgart hinsichtlich Ernsthaftigkeit, Pflichtbewusst-sein und Erscheinungsbild der Auszubildenden und der Ver-mittlung dieser Werte während

der Ausbildung hat sich der hau-seigene Qualitätszirkel Ausbil-dung dieses Themas angenom-men. Herausgekommen ist ein »Handbuch der Selbstverständ-lichkeiten«, das den Umgang der Mitarbeiter untereinander und mit den Kunden verbessern soll. Erarbeitet wurde es von 20 Auszubildenden und Ausbildern an der Stadtbücherei. Es ist in-zwischen weit über den Ausbil-dungsbereich hinaus auf Interes-se gestoßen. Momentan wird in Stuttgart darüber nachgedacht, das Handbuch für alle Mitarbei-ter der Stadtbücherei verbind-lich zu machen. Künftig soll jeder neue Mitarbeiter das Handbuch zusammen mit einer kleinen Ein-führung bei Arbeitsantritt erhal-ten. Wer Interesse an dem Leit-faden hat, kann sich melden bei: Stadtbücherei Stuttgart, Bea-te Schrenk, Konrad-Adenauer-Straße 2, 70173 Stuttgart, E-Mail [email protected]

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Aktive Lobbyarbeit als PluspunktThüringer Bibliothekspreis 2007 geht nach Suhl

Im Sommer 2004 konnte sie als erste Öffentliche Bibliothek Thüringens einen Neubau beziehen, jetzt sind der neue Standort und die Service-angebote der Stadtbücherei Suhl aus dem kommunalen Leben der Stadt Suhl nicht mehr wegzudenken. So sieht es jedenfalls die Jury des Thüringer Bibliothekspreises der Spar-kassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen und des Thüringer Bibliotheksverbands. Sie hat die Stadtbibliothek Suhl mit dem Thüringer Bibliothekspreis 2007 ausgezeichnet. Die Bücherei ist die fünfte Preisträgerin seit 2003.

Als besonders auszeichnungs-würdig betrachtet Frank Si-mon-Ritz, der Vorsitzende des Th üringer Bibliotheksverbands, die um die Bibliothek herum or-ganisierte Lobbyarbeit. Bereits in der Planungs- und Bauphase der neuen Bibliothek sei es den Mitarbeiterinnen um Irmhild Roscher gelungen, starke Part-ner für das nicht alltägliche Bauvorhaben zu fi nden. Eine Benutzerbefragung, die Ende 2006 durchgeführt wurde, zeig-te deutlich, wie groß die Akzep-tanz ist, auf die die neue Biblio-thek stößt.

Beachtlich sind auch die Zah-len, mit denen die Bibliothek aufwarten kann. Bei 45 000 Einwohnern zählte die Biblio-thek im Jahr 2006 4 793 aktive Entleiher. Insgesamt wurden

mehr als 120 000 Besucher ge-zählt. Der Medienbestand von über 90 000 Büchern, Zeit-schriften und anderen Medien wird von Nutzern aus Stadt und Landkreis sehr gut angenom-men. So konnte man 2006 ins-gesamt 273 868 Entleihungen verzeichnen.

Th omas Wurzel, der Ge-schäftsführer der Sparkassen-Kulturstiftung, lobt ebenfalls den hohen Grad an Vernetzung, der die Stadtbücherei Suhl aus-

zeichnet. Von der Landeszen-trale für politische Bildung über die Rhön-Rennsteig-Sparkasse bis zu den Buchhandlungen der Stadt Suhl reiche die Palette der Unterstützer, die sich in vielfäl-tiger Weise für »ihre« Stadtbü-cherei engagieren.

Der Th üringer Bibliothek-spreis ist mit einem Preisgeld von 10 000 Euro verbunden. Die Förderpreise, die bislang den Hauptpreis ergänzt haben, werden in diesem Jahr nicht verliehen. Das auf Seiten der Stiftung eingeplante Preisgeld soll zur Unterstützung von Ver-anstaltungen insbesondere klei-nerer Bibliotheken zum »Tag der Bibliotheken« am 24. Oktober 2008 verwendet werden.

Der Medienbestand von über 90 000 Büchern,

Zeitschriften und anderen Medien wird von Nutzern

aus Stadt und Landkreis sehr gut angenommen.

Erratum

In dem Beitrag »Reading about Osama Bin Laden – does that make you a Terrorist?« von Helga Lüdtke in BuB Heft 9/2007, Seite 627 bis 632, wurde durch ein Versehen die deutsche Groß- und Klein-schreibung auch auf die engli-schen Zitate angewendet.

»Unsere Bibliothek mitten in der Stadt ist vernetzt mit der örtlichen Wirtschaft, koope-riert bei Öffnungszeiten mit der Werbegemeinschaft, er-füllt einen Bildungsauftrag, fördert lebenslange Weiterbil-dung und ist ein Standortfak-tor«, lobten mehrere Kommu-nalpolitiker die geleistete Ar-beit und schlossen dabei die Ehrenamtlichen ein.

� (Meller Kreisblatt vom 21. September)

Tagungen

Älter, bunter, wenigerFachstellen und Bibliotheken gestalten demografi schen Wandel aktiv mit

Auf Einladung des Landesbiblio-thekszentrums Rheinland-Pfalz fand die 55. Fachkonferenz der Bibliotheksfachstellen in Deutschland Mitte September in Neustadt an der Weinstraße statt. Das Thema der dreitä-gigen Tagung lautete »Den Wandel gestalten – Öffentliche Bibliotheken und demogra-fi sche Entwicklung«. Zum zweiten Mal war der erste Tag der Fachstellentagung für ein breites Publikum geöffnet.

In ihrer Eröff nungsrede be-tonte die rheinland-pfälzische Bildungs-Staatssekretärin Vera Reiß den großen Stellenwert der Bibliotheken als Bildungspart-ner für Kindergarten, Schule und Elternhaus. Insbesondere bei der Sprach- und Leseförde-rung und bei der Vermittlung von Informationskompetenz seien die Bibliotheken wegen ihrer hohen Nutzerzahlen un-verzichtbare Einrichtungen, die dank ihrer vielseitigen Angebote gut gerüstet seien. »Demogra-fi scher Wandel«, so Reiß, »ist nicht als Naturkatastrophe zu sehen, der wir hilfl os ausgeliefert sind. Durch vorausschauende Planung, zügig handelnde Poli-tik und eff ektive Entscheidun-gen lässt sich der Wandel im positiven Sinne mitgestalten.« Bildungspolitik muss heute zu den Kernaufgaben jeder Regie-rung gehören.«

Höhere Investitionen müssten vor allem für die Qualifi kation und Ausbildung der Kinder, für die Förderung und Integration von Migratenkindern und ihren Eltern sowie für die Unterstüt-zung des lebenslangen Lernens vorgenommen werden. Mit dem

Programm »Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an« und den verschiedenen Förderprojekten rund um Kin-dergarten und Ganztagsschule habe die Landesregierung in Rheinland-Pfalz wichtige Wei-chen gestellt. Auch die mit über 2,5 Millionen Euro bezuschuss-te Einrichtung von sogenannten Leseecken in über 300 Ganz-tagsschulen als »Keimzellen« von Schulbibliotheken bildet darin einen wichtigen Baustein.

Heinz Kolz, Geschäftsführer der »Zukunftsinitiative Rhein-land-Pfalz« (ZIRP), beleuchte-te die Anforderungen, auf die der Staat, die Kommunen und ihre Bibliotheken als elemen-tare Standorte der Kultur- und Bildungsinfrastruktur ange-sichts der älter werdenden Ge-sellschaft Antworten fi nden müssen. »Die klassische Al-terspyramide von einst wird in Kürze zum Döner mutieren«, kolportierte Kolz die Bevölke-rungssituation in Deutschland. Bibliotheken seien gefordert, ihr Dienstleistungsprofi l den neuen Gegebenheiten anzupassen: Ge-fragt als Impulsgeber und Orte der Generationenbegegnung könnten sie wichtige Beiträge zu mehr Lebensqualität leisten, bei der Bildung und lebenslanges Lernen auch als »Jungbrunnen im Alter« verstanden werden müssten.

Zur Fragestellung, in wel-chem Maße Bibliotheken als Problemlöser für die Kulturge-sellschaft von morgen auftreten und einen gesellschaftlichen Mehrwert leisten können, lie-ferte Birgit Dankert zahlreiche Gedankenanstöße. Ausgehend von den bibliothekarischen Sozialutopien der Siebziger- und Achtzigerjahre (Stichwort »Chancengleichheit für alle in einer menschlichen Stadt«) formulierte sie Ziele, Chan-cen und Problembereiche der modernen Bibliotheksarbeit in einer sich rasch verändernden multikulturellen Gesellschaft. Bibliotheken, so ihre Einschät-zung, haben gute Chancen, den digitalen Informationstransfer zu einem ihrer kulturellen An-gebote zu machen, wenn sie sich

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den Herausforderungen mit in-novativen Konzepten stellten. Eine »demokratische Zukunft«, so interpretierte Dankert den aktuellen Leitantrag der SPD unter dem Motto »Kultur ist unsere Zukunft«, sei ohne Erin-nerungskultur nicht vorstellbar und um diese zu gewährleisten, würden Bibliotheken als kultu-relle Stützpfeiler dringend benö-tigt.

Die Bibliothek als Learning Center

Dass sich die Bibliothek künftig mehr und mehr zum Learning Center wandeln müsse, wie es schon in mehreren angelsächsi-schen Staaten praktiziert würde, beschrieb Richard Stang von der Stuttgarter Hochschule der Medien. In Deutschland werde es seiner Meinung nach darum gehen, eine neue Bildungsinfra-struktur zu etablieren, die durch eine stringente Vernetzung von traditionellen primären und se-kundären Bildungs- und Kultu-reinrichtungen gekennzeichnet sein müsse. Bibliotheken würden dabei eine zentrale Rolle sowohl als Wissens- und Informations-dienstleister als auch als Lernort

für unterschiedliche Zielgrup-pen einnehmen. Allerdings, so meinte Stang, gehöre die heutige Einengung der Bildungsarbeit einzig auf die berufl iche Quali-fi zierung rasch korrigiert. Wich-tig sei es, mit kompetenten Ver-bündeten strategische Partner-schaften einzugehen, sodass auf die vielfältigen Anforderungen an Lernorte angemessen reagiert werden könne.

Beispiele ihrer erfolgreichen Bibliotheksarbeit mit und für Senioren erläuterte Gudrun Kulzer von der Stadtbibliothek Straubing. Seit 2003 läuft in der bayerischen Mittelstadt ein kommunales Bibliothekspro-jekt, in dem sich Männer und Frauen der »Generation 50plus« zu einem festen Kreis zusam-mengeschlossen haben und ge-meinsam – praktisch, planerisch und kreativ – in die Bibliotheks- und Veranstaltungsarbeit einbe-zogen werden.

Wie sehen die Räume der Öf-fentlichen Bibliothek 2025 aus? Lässt sich aus heutiger Sicht eine Vision für die Einrichtung der Bibliothek von übermorgen ent-werfen? Henner Grube von der ekz.bibliotheksservice GmbH in Reutlingen wagte einen Blick

Lesen verbindet Generationen

Unter dem Motto »Lesen ver-bindet Generationen« steht ein dreijähriges Mehrgenerationen-projekt des nordrhein-westfäli-schen Generationenministeri-ums und der Stiftung Lesen. Besonderes Merkmal des Pro-jektes: Lesepatinnen und -pa-ten aus einer Generation laden Interessenten aus (mindestens) einer anderen Generation zu ei-ner Lesung ein, um anhand ei-ner literarischen Vorlage in ein Thema einzuführen und an-schließend unter dem Genera-tionen-Blickwinkel miteinander darüber zu sprechen. Auf die-se Art sollen sich Alt und Jung in Unterschieden und Überein-stimmungen von Einstellun-

gen, Erfahrungen und Werten besser kennenlernen. Für das Projekt werden noch Mitstrei-ter gesucht: regionale Koope-rationspartner, zum Beispiel in Mehrgenerationenhäusern, Be-gegnungsstätten, Kindertages-stätten, Seniorenheimen und Bibliotheken, die die Schulun-gen der Lesepatinnen und -pa-ten sowie die Lesungen beher-bergen und Interessenten al-ler Generationen, die sich als Lesepatin oder -pate am Pro-jekt beteiligen möchten. Wei-tere Informationen gibt es auf den Internetseiten des Genera-tionenministeriums (www.mgf-fi.nrw.de) oder bei der Stiftung Lesen (Lesetelefon Nordrhein-Westfalen: 0 61 31/2 88 90 18; www.stiftunglesen.de/Lesen-verbindetGenerationen).

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in die Zukunft. Was er im De-tail beschrieb, war allerdings das Bild einer zeitgemäßen Bib-liothek, wie sie eigentlich heute überall ausgestattet sein müsste, damit sie auch in 20 Jahren noch als modern und zeitgemäß wir-ken kann.

Ausgehend von einer ak-tuellen ekz-Studie zur Biblio-theksinnovation machte Grube deutlich, mit welchem Profi l die Bibliothek von heute und

sehen werden sollte: Gefordert seien hohe Aufenthaltsqualität, gastliche Atmosphäre, guter Einrichtungskomfort, Vielfalt und Flexibilität der Räume. »Die zielgruppen- und anforderungs-gerechte Hybrid-Mediathek«, so Grube, »könnte das Erfolgsmo-dell der Zukunft werden.«

Integrationsort für Migranten

Von der gewünschten Vision zurück in die gelebte Reali-tät brachte Birgit Lotz von der Stadtbücherei Frankfurt am Main die Teilnehmer im ab-schließenden Vortrag über die Bibliothek als Lern- und Inte-grationsort für Migranten. Der Praxisbericht aus der »Interna-tionale Bibliothek« in der Stat-teilbibliothek Frankfurt-Gallus zeigte auf, dass Bibliotheken mit zielgerichteten Dienstleistungen eine hohe Akzeptanz auch unter ausländischen Mitbürgern errei-chen können, selbst wenn diese

Workshop: Führen in Kon-fl ikten und Krisensituationen

Konflikte entstehen überall dort, wo Menschen zusammen leben und arbeiten. Ohne sach-liche Auseinandersetzungen gäbe es keinen Fortschritt, ohne den Wettbewerb um Ideen und Ressourcen keine Inno-vation. Allerdings gibt es auch zwischenmenschliche Konflik-te, die die Bibliothek in der Sa-che nicht vorwärts bringen und die Arbeitsatmosphäre beein-trächtigen. Viele dieser Konflik-te entwickeln sich schleichend über einen längeren Zeitraum, während offene Konfrontatio-nen zwischen Mitarbeitern eher selten sind.

Gerade solche lange Zeit ver-deckten Konflikte, die an einem bestimmten Punkt umso heftiger aufbrechen, haben aber Auswir-kungen auf andere Mitarbeiter, auf das Betriebsklima und die Pro-duktivität. Im schlimmsten Fall arbeiten Mitarbeiter nicht mehr mit-, sondern gegeneinander. Ob sich Konflikte schädlich aus-wirken oder ob nicht sogar Nut-zen aus ihnen gezogen werden kann, darüber entscheidet letzt-lich der Umgang der Führungs-kräfte mit solchen Disharmo-nien.

Der Workshop zeigt Wege auf, wie man mit Konflikten umgehen und wie man sie, zum

Beispiel durch eine offene Dis-kussions- und Gesprächskultur, vermeiden kann. Er wird praxis-orientiert ausgestaltet sein und Beispiele aus dem Alltag der bibliothekarischen Führungs-kräfte aufgreifen. Die Teilneh-merinnen und Teilnehmer sollen daher Beispiele aus ihrer kon-kreten Arbeit mitbringen, die dann besprochen und diskutiert werden.Termin: 18. Februar, 10 Uhr, bis 19. Februar 2008, 16 UhrOrt: Deutsche Nationalbiblio-thek, Adickesallee 1, 60322 Frankfurt/MainVeranstalter: Management-kommission des DBVLeitung: Martin Fischer, Fischer-training, FreiburgZielgruppe: Leitungs- und Füh-rungskräfte in wissenschaftli-chen und Öffentlichen Biblio-thekenTeilnehmerzahl: 20 PersonenTeilnahmegebühr: 190 EuroAnmeldung: Bis zum 1. Februar 2008 unter Nennung der ausge-übten Funktion sowie der Erfah-rungen und Erwartungen zum Seminarthema bei:Dr. Michael HansenUniversitätsbibliothek MannheimSchloss, Ostflügel68131 MannheimTelefon: 06 21/1 81-30 18E-Mail: [email protected]

»Die klassische Alters-pyramide von einst wird in

Kürze zum Döner mutieren.« (Heinz Kolz, Geschäftsführer

der »Zukunftsinitiative Rheinland-Pfalz«)

morgen zwischen den Bereichen Kultur, Bildung und Soziales agieren müsse und nicht nur als Raum für Medien, sondern pri-mär als Raum für Menschen ge-

– wie in Frankfurt – aus über 100 Nationen stammen.

Wenn die Gesellschaft »äl-ter, bunter und weniger wird«, wie der Bremer Sozialwissen-schaftler Meinhard Motzko am zweiten Tag der Fachkonferenz die gegenwärtigen und zukünf-tigen sozialen Milieus laut Si-nus-Studie plakativ beschrieb, dann hätten gerade jene Biblio-theken gute Chancen, die ziel-gruppengenau und kreativ auf die Bedarfsveränderungen, die neuen Gruppierungen und ver-schiedenen Parallelgesellschaf-ten mit ihren Service- und Me-dienangeboten reagierten. Die

jüngst in mehreren Fachstellen der Bundesländer durch Fortbil-dungsprojekte unterstützte Pro-fi lbildung von Öff entlichen Bib-liotheken – in Rheinland-Pfalz unter dem Schlagwort »Bib-liothek 2010 plus« begonnen – wird dazu beitragen können, in den teilnehmenden Kommunen auf die anstehenden Herausfor-derungen fundierte Antworten zu fi nden. Eines ist sicher: Der demografi sche Wandel wird ein Schwerpunktthema der folgen-den Jahre bleiben.

Jürgen Seefeldt, Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz/Koblenz

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Zeitgemäßer Auftritt im Internet: Homepage der Kang Chiao Bilingual School Library (http://library.kcbs.tpc.edu.tw)

Auch schon mal TrendsetterSchulbibliotheken in Taiwan1

Ebenso wie beispielsweise in Singapur oder Südkorea besitzt Bildung in Taiwan einen hohen Stellenwert. Das gilt auch für die Institution Schule und deren Bibliotheken. Genauso wie das allgemeine Bibliothekssystem in Taiwan erfährt auch das Schul-bibliothekssystem eine rasante Entwicklung. Bedeutenden Einfl uss üb(t)en dabei eine Rei-he von bibliothekspolitischen Maßnahmen aus.

Zu diesen Maßnahmen zählen unter anderem:� Die Umsetzung eines Fünf-Jahres-Plans für Gymnasien, in dem auch die Verbesserung der Schulbibliotheken bezüglich Ausstattung, Personal, Dienst-

leistung und Fläche vorgeschrie-ben ist. � Die seit 1989 regelmäßig durchgeführten Seminare für Bibliothekare an Gymnasien.� Die Einrichtung eines Bei-rats für Schulbibliotheksma-nagement.� Verschiedene Maßnahmen zur Bibliotheksautomation, zum Beispiel ein gemeinsames System zum Austausch von bib-liografi schen Daten für Schul-bibliotheken.

Entgegen dem Anschein wer-den nicht nur Bibliotheken in Gymnasien gefördert, sondern auch in Real- und Grundschu-len. Ein Beispiel für diese Th e-se liefert die Taipei Municipal Dongmen Elementary School (www.tmps.tp.edu.tw/eng). Die Bibliothek der Grundschule gilt gar als Trendsetter in Taiwan. Im Juni 2005 nahm die von Hewlett-Packard gesponserte Grundschulbibliothek als erste »RFID-Bibliothek« in Taiwan überhaupt den Betrieb auf.

Die Schulbibliotheken im feinstrukturierten taiwanesi-schen Bibliothekssystem verste-hen sich als Lern- und Dienst-leistungszentren, in denen Lehr- und Lernprozesse unterstützt, begleitet und gefördert werden. Der Bestand aller taiwanesi-schen Schulbibliotheken um-fasste 2006 rund 47 Millionen Medien. Die Bibliotheksstatistik

1 Die Ausführungen beziehen sich auf Gespräche mit Schulbiblio-thekarInnen während der 36 Annual Conference of the Inter-national Association of School Libraries (IASL) im Juli 2007 in Taiwan (mit umfangreichem Bibliotheksbesuchsprogramm) sowie auf »Librarianship in Tai-wan«, Hrsg. von National Central Library, Taiwan 2007.

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für 2006 der National Central Library unterscheidet Biblio-theken in Senior High Schools (Gymnasien: 498 Bibliotheken), Senior Vocational High Schools (Berufsgymnasien), Special Schools (Förderschulen: k.A.2), Junior High Schools (Realschu-len: 736 Bibliotheken) und Ele-mentary Schools (Grundschu-len: 2 650 Bibliotheken).

Die Schulen und deren Bib-liotheken, die den Teilnehmer der diesjährigen Konferenz der International Association of School Libraries (IASL) im

reichhaltigen Besuchprogramm vorgestellt wurden, waren groß-zügige Anlagen, die eher an einen Universitätscampus er-innerten. Die meisten Schulen verfügen über eine luxuriöse Ausstattung. Das gilt besonders für die Taipei Municipal Yang-ping Elementary School, die über eine moderne Schwimm-halle mit beheiztem 25-Meter-Schwimmbecken (mit sieben Bahnen), einen großen Compu-ter-Raum, einen Audio- und Vi-deo-Saal mit circa 100 Plätzen und eine Bibliothek mit großzü-gigen Arbeitsplätzen verfügt.

Und noch etwas fi el auf: Die besuchten Bibliotheken über-raschten mit einem umfang-reichen und professionellen Programm, zu dem auch mal eine Tee-Zeremonie oder eine Musikdarbietung auf einem tra-ditionellen Instrument gehörte, sowie mit sehr gut aufbereitetem Informationsmaterial.

Prof. Wolfgang Ratzek, Hochschule der Medien Stuttgart

2 Insgesamt gab es 2006 680 Spe-cial Libraries, zu denen unter an-derem auch Parlaments-, Werks- und Förderschulbibliotheken gehören, sodass für die Förder-schulbibliotheken keine Angaben gemacht werden können.

Die Schulbibliotheken im feinstrukturierten taiwanesi-

schen Bibliothekssystem verstehen sich als Lern- und Dienstleistungszentren, in

denen Lehr- und Lernprozes-se unterstützt werden.

Berlin. Der Deutsche Biblio-theksverband (dbv) plant mit verschiedenen Partnern im nächsten Jahr eine Bibliotheks-kampagne unter dem Motto »Deutschland liest. Treff punkt Bibliothek« vom 23. bis 31. Ok-tober 2008. Alle Bibliotheken sind eingeladen, sich an dieser Kampagne mit einer oder meh-reren Veranstaltungen zu be-teiligen. In der Aktionswoche werden Bibliotheken ins Ram-penlicht gerückt: die vielen Le-sungen, Events, Vorlesestunden, Bibliotheksnächte und Aktio-nen, die zur Informations- und Medienkompetenz, Weiterbil-dung und Leseförderung in Bib-liotheken veranstaltet werden, werden zusätzlich zur lokalen Öff entlichkeitsarbeit mit einer vom dbv betreuten Website mit zentralem Veranstaltungskalen-der sowie durch Plakate, Lese-

zeichen, und Einladungskarten in einheitlichem Design bewor-ben. Zugleich werden Inserate mit prominenten Persönlichkei-ten in überregionalen Zeitungen Lobbyarbeit für Bibliotheken leisten. Diese bundesweite Ak-tionswoche soll der Auftakt sein für weitere jährliche Bibliotheks-kampagnen, um die innovativen Leistungen und kreativen Ange-bote der Bibliotheken für eine Woche in den Vordergrund zu stellen.

Bochum. Die Liste der Verdiens-te und Ehrungen von Hugo Ernst Käufer ist lang. In diesem Jahr ist eine weitere große Aus-zeichnung hinzugekommen: Der Bibliothekar, bekannte Autor und Literaturförderer aus Bochum erhielt den Verdienst-orden des Landes Nordrhein-Westfalen. Bei der Verleihung sagte Ministerpräsident Jürgen Rüttgers: »Er hat wie kein an-derer dazu beigetragen, dass gerade die jüngeren Autorinnen und Autoren im Ruhrgebiet mit

ihren Werken auf fruchtbaren Boden stießen. Wenn wir uns heute des Reichtums und der Vielfalt der Kulturlandschaft Ruhrgebiet erfreuen, dann ha-ben wir das Menschen wie Hugo Ernst Käufer zu verdanken.« Seine bibliothekarische Karriere hatte Käufer 1945 in der Stadt-bücherei Witten begonnen, von 1977 bis zum Beginn seines Ru-hestands im Jahr 1987 leitete er die Stadtbücherei Gelsenkir-chen.

Bonn. Die Mitgliederversamm-lung des Borromäusvereins hat ein »Positionspapier Bibliotheks-gesetze« für die auf Landes- und Bundesebene diskutierten Fra-gen zu Bibliotheksstandards und Entwürfen für Biblio-theksgesetze verabschiedet. Sie greift damit Anregungen der bibliothekspolitischen Diskus-sion auf, die auch Gegenstand der Beratungen der Kulturen-quete des Deutschen Bundes-tages sind. Das Positionspapier formuliert Grundlagen sowie inhaltliche Akzentsetzungen und gibt strukturelle Hinweise für die anstehenden Beratun-gen, die gerade auf der Ebene der Bundesländer stattfi nden. Für diese Diskussion möchten sich die Büchereifachstellen in den 15 Mitgliedsdiözesen des Borromäusvereins einbringen und den besonderen Stellenwert der kirchlichen Büchereiarbeit in Deutschland zur Geltung bringen: Rund 50 Prozent aller Öff entlichen Bibliotheken be-fi nden sich in kirchlicher Trä-gerschaft. Das Positionspapier steht online unter www.borro.de/enid/Aufsaetze.

Frankfurt/Main. Die Zentral-bibliothek mit Musikbibliothek der Stadtbücherei Frankfurt ist am 20. September in der Stadt-mitte, Hasengasse 4, offi ziell eröff net worden. Dort stehen jetzt 200 000 Medien, 160 Zeit-schriftentitel und 45 Zeitungen zur Auswahl.

Frankfurt/Oder. Als erste Bib-liothek in den neuen Bundes-ländern bietet die Frankfurter Stadtbibliothek seit Oktober die

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»Onleihe« an. Ihre Nutzer kön-nen jetzt digitale Medien aller Art von zuhause aus ausleihen. Sie benötigen dazu einen Nut-zerausweis und einen internet-fähigen Computer. Die Start-auswahl umfasst 9 000 digitale Medien aller Art – E-Papers wie den Spiegel, Hörbücher aus dem Sachbuch- und Belletristik-Bereich, Musik, Videos und E-Books. Ein Digital-Rights-Ma-nagement (DRM) sorgt dafür, dass der jeweilige Inhalt nur im Rahmen der mit Verlagen und Medienanbietern vereinbarten Lizenzmodelle genutzt werden kann. Am Ende der vorgesehe-nen Ausleihdauer erlischt die Nutzbarkeit – das Medium ist dann wieder für andere Inter-essenten verfügbar. Eine Rück-gabe ist nicht notwendig. Die »Onleihe« wird bereits in den Öff entlichen Bibliotheken von vier Städten – München, Ham-burg, Köln und Würzburg – angeboten. Möglich wird dies durch die Zusammenarbeit der Öff entlichen Bibliotheken mit der Wiesbadener DiViBib GmbH, dem nach eigenen An-gaben europaweit führenden Anbieter digitaler Onlinebiblio-theken.

Halle/Saale. Unter dem Motto »Kulturelle Überlieferung in der modernen Bibliothek« ha-ben Anfang September in Halle an der Saale die Bibliothekare Niedersachsens und Sachsen-Anhalts getagt. Im Rahmen der 17. Gemeinsamen Bibliotheks-tage der beiden Landesverbände des Deutschen Bibliotheksver-bands fand auch eine wissen-schaftliche Konferenz statt. Dabei ging es unter anderem um die Bedeutung des Buches in der digitalen Welt und um langfristige Projekte wie die große Nationalbibliografi e des 17. Jahrhunderts.

Hamburg. Seit Anfang Sep-tember ist die neue Bücherhalle Rahlstedt in Betrieb. Die Aus-leihfl äche wurde um 100 auf 550 Quadratmeter erhöht, es gibt ein umfangreiches Angebot für Kinder und Jugendliche. Nach den Bücherhallen in Lokstedt,

Alstertal und Mümmelmanns-berg ist Rahlstedt die vierte Bib-liothek in diesem Jahr, die an einem optimierten Standort als Neubau eröff net wurde.

Heidelberg. Die Direktorin der Stadtbücherei, Regine Wolf-Hauschild (Foto: P. Rothe), ist Ende Oktober in den Ruhestand beziehungsweise in die Freistel-lungsphase der Altersteilzeit ge-treten. Als Wolf-Hauschild am 7. Oktober 1975 – an ihrem 30. Geburtstag – die Ernennungs-urkunde zur Büchereidirektorin

erhalten hatte, war sie die jüngs-te Direktorin einer Großstadtbi-bliothek in Deutschland – und eine der wenigen weiblichen Führungskräfte in Bibliotheken dieser Größenordnung. In ihrer mehr als 30-jährigen Amtszeit hat sie die Stadtbücherei Hei-delberg zu einer der führenden Öff entlichen Bibliotheken in Deutschland ausgebaut. Seit Gründung des Bibliotheksindex BIX, an dessen Ausgestaltung und Konzeption die Heidelber-ger in Vorprojekten maßgeblich mitbeteiligt waren, spielten sie in den vordersten Reihen mit. Zweimal war die Stadtbücherei Heidelberg erstplatziert, drei-mal erreichte sie den zweiten und einmal den dritten Platz. Das Vorbild von Regine Wolf-Hauschild waren die angloame-

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rikanischen Bibliotheken. Als Austauschschülerin hatte sie in den USA in den Sechzigerjahren erfolgreiche Bibliotheksarbeit und insbesondere den angloa-merikanischen Auskunftsdienst kennengelernt. Später im Be-ruf studierte sie immer wieder vorbildliche Bibliotheken im Ausland und brachte zahlrei-che Anregungen mit nach Hei-delberg. Wolf-Hauschild war

Herzogin Anna Amalia Bibliothek erstrahlt in altem Glanz

Drei Jahre nach dem schweren Brand ist die sanierte Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Wei-mar am Tag der Bibliotheken (24. Oktober) mit einem Fest-akt wiedereröffnet worden. Das

zum klassischen Weltkulturer-be Weimars gehörende Biblio-theksstammhaus wurde nach dem verheerenden Feuer am 2. September 2004, bei dem auch 120 000 Bücher vernichtet oder beschädigt wurden, für knapp zwölf Millionen Euro wiederher-gestellt. Die beiden Fotos zeigen den Rokokosaal nach dem Brand

sowie nach der Sanierung. Dort sind rund 40 000 der insgesamt 900 000 Bände untergebracht. Die Gesamtkosten für den Wie-deraufbau der Buchbestände (Restaurierung und Wiederbe-schaffung) werden auf 67 Milli-onen Euro geschätzt: 17,2 Millio-nen Euro sind bereits vorhanden, davon 7 Millionen an öffentli-

chen Mitteln und 10,2 Millionen an privaten Spenden. Nach dem Brand haben fast 20 000 Perso-nen, Institutionen und Unterneh-men Geld gespendet. Die Herzo-gin Anna Amalia Bibliothek zähl-te im vergangenen Jahr 60 000 Benutzer.

Fotos: Maik Schuck / Quelle: Klassik Stiftung Weimar

und ist noch immer in zahlrei-chen Gremien, vor allem beim Deutschen Bibliotheksverband (dbv), aktiv.

München. Klaus-Dieter Leh-mann ist zum Nachfolger der Ende März 2008 aus dem Amt scheidenden Präsidentin des Goethe-Instituts, Jutta Lim-bach, gewählt worden. Leh-mann ist derzeit Präsident der

Stiftung Preußischer Kultur-besitz in Berlin. Zuvor war er Direktor der Stadt- und Univer-sitätsbibliothek Frankfurt am Main sowie Generaldirektor der Deutschen Bibliothek Frankfurt am Main.

Neuruppin. Christiane Müller, langjährige Leiterin der Stadt-bibliothek, ist nach 37-jähriger Tätigkeit in dieser Einrichtung

in den Ruhestand verabschie-det worden. Als Nachfolgerin hat Andrea Plagemann das Amt übernommen.

New York (USA). Die »New York Times« hat Mitte Septem-ber ihr Web-Archiv kostenlos zugänglich gemacht. Das Ma-nagement der weltbekannten Tageszeitung verspricht sich da-von mehr Google-Treff er, neue

Nachrichten

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Mit Ausdauer und Ideenreichtum

Ende September ist der Direk-tor der Stadt- und Regional-bibliothek Frankfurt/Oder, Al-brecht Schumann, in den Ru-hestand gegangen. Als junger Kreisbibliothekar in Bad Salzun-gen hatte Schumann eine neue Bibliothek aufgebaut, als stell-vertretender Direktor in Suhl und Erfurt sowie als Direktor in Frankfurt/Oder beschaffte er mit großer Ausdauer Finanz-mittel, um die Bibliotheken ent-

sprechend den gewachsenen Anforderungen zu erweitern beziehungsweise neu zu ge-stalten. Er sortierte die Bestän-de der wissenschaftlichen Bib-liothek in Erfurt und suchte für seine Bibliotheken Titel aus, die in anderen Öffentlichen Biblio-theken nicht vorhanden waren. In der DDR wurden keine Fahr-bibliotheken produziert. In Suhl entwickelte Schumann deshalb für das ländliche Bibliothekswe-sen Fahrbibliotheken ohne Ma-schinenteil, die von den LPG-Traktoren von Gemeinde zu Ge-meinde gefahren wurden. In Erfurt ließ er über sich ein Dis-ziplinarverfahren ergehen, als er es akzeptierte, dass Vertreter der evangelischen Jungen Ge-meinde bei einer Lesung Ängste über die Stationierung von Ra-keten zeigten. In der Wendezeit arbeitete Schumann im zentra-len Beirat des DBI mit.

Helmut Göhler

Leser und ein sattes Wachstum der Werbeumsätze. Unter Nyti-mes.com kann auf folgende In-halte gratis zugegriff en werden: Beiträge von 23 prominenten Kolumnisten, alle Inhalte des »New York Times«-Archivs von 1986 bis heute, Archiv-Mate-rial der »New York Times« von 1851 bis 1922 sowie auf Such- und Archivwerkzeuge wie den »News Tracker«.

Oldenburg. Die 33. Oldenbur-ger Kinder- und Jugendbuch-messe KIBUM fi ndet vom 10. bis zum 20. November statt. Sie steht in diesem Jahr unter dem Motto »Bonjour la France! KI-BUM triff t Frankreich«. Mehr als 400 französische Kinder- und Jugendbücher und über 2 000 Neuerscheinungen im Bereich der deutschsprachigen Kinder- und Jugendmedien werden vorgestellt. Daneben gibt es auf der größten nicht-kommerziellen Kinder- und Ju-gendbuchmesse Deutschlands auch wieder einen Raum mit ausgewähltem Multimedia-Be-stand. Weitere Informationen gibt es unter www.oldenburg.de/kibum.

Reutlingen. Die gemeinsame Freikarten-Aktion des Berufs-verbandes Information Biblio-thek (BIB) und der Frankfurter Buchmesse, bei der FaMI-Azu-bis kostenlos Eintrittskarten zur Frankfurter Buchmesse bekommen konnten, war ein großer Erfolg. In der Reutlin-ger Geschäftsstelle des BIB gingen Kartenwünsche aus ganz Deutschland und von Fa-MIs aller Fachrichtungen ein. Geschäftsführer Michael Reis-ser sagte: »Die Nachfrage war enorm. Wir haben gut 400 Ti-ckets versendet.«

Stockholm (Schweden). Das Goethe-Institut präsentiert im Rahmen des Jubiläumspro-gramms zu 100 Jahre Astrid Lindgren unter dem Titel »Pippi auf Deutschlandtour« eine Aus-stellung, die den Erfolg und die Popularität der schwedischen Kinderbuchautorin in Deutsch-land nachzeichnet. Über 130

Bücher von Lindgren sind in deutscher Sprache erschienen. Von den 145 Millionen weltweit verkauften Exemplaren gingen allein in Deutschland 30 Mil-lionen über den Ladentisch. Teile der Schau sind als Wan-derausstellung konzipiert. Wer die Ausstellung in Deutschland zeigen möchte, kann sich di-rekt mit dem Goethe-Institut in Stockholm, Mareike Röper, [email protected], in Verbindung setzen. Weitere Informationen gibt es auf der Astrid-Lindgren-Home-page: www.goethe.de/astridlindgren.

Treuen. Anlässlich des Schwei-zer Nationalfeiertags am 1. August unterzeichneten der Präsident des Schweizerisch-Deutschen Wirtschaftclubs e.V. Sachsen, Sachsen-Anhalt und Th üringen, Honorarkonsul Pe-ter S. Kaul, und die Leiterin der Sächsischen Landesfachstelle für Bibliotheken, Waltraud Frohß, eine Projektvereinbarung. Bei-de Partner bekunden darin ihr Interesse an der Förderung von schweizerischer Literatur, Kunst und Kultur in den kommuna-len Öff entlichen Bibliotheken Sachsens. Mit der Vereinbarung werden »Schweizer Literaturta-ge« jährlich in zwei ausgewähl-ten kommunalen Öff entlichen Bibliotheken Sachsens realisiert. Der Schweizerisch-Deutsche Wirtschaftsclub e.V. erklärt sich bereit, dieses Projekt aktiv zu unterstützen und Sponsoren aus seinen Mitgliedern zu ver-mitteln. Die Sächsische Lan-desfachstelle für Bibliotheken bereitet das Projekt mit den je-weiligen Stadt- beziehungsweise Gemeindebibliotheken und de-ren Trägern fachlich-inhaltlich vor, organisiert Lesungen mit schweizerischen Autoren und Ausstellungen und betreut die Öff entlichkeitsarbeit.

Wiesbaden. Laut Statistischem Landesamt war im Winterse-mester 2006/2007 der Anteil der Studierenden, die einen Ba-chelor oder Master ansteuerten, in folgenden Studiengängen be-sonders hoch: Sprach- und Kul-

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Hoch hinaus

Der wohl längste Bibliothekar Deutschlands (2,08 Meter) arbeitet in der Zentral- und Landesbibliothek Berlin – und spielt leidenschaftlich und er-folgreich Basketball: Otto Jagla hat mit der Senioren-nationalmannschaft bei den Weltmeisterschaften in Puer-to Rico den 6. Platz in der Al-tersgruppe Ü 55 belegt. Das Spiel um den fünften Platz vor ausverkaufter Halle mit Live-Übertragung im Fernse-hen gegen Puerto Rico wurde nach intensivem Spiel leider knapp verloren. In den Rei-hen der Gegner standen im-merhin mehrere Spieler, die schon 1972 bei den Olympi-schen Spielen in München im Einsatz waren.

Begeisterung und Können in Sachen Basketball hat Otto Jagla übrigens vererbt: Sein Sohn Jan Hendrik ist deutscher Basketball-Nationalspieler, in der beginnenden Saison tritt der Jungstar für das spanische Spitzenteam Joventud Bada-lona an.

Otto Jagla (Nummer 15) mit zwei Mannschaftskameraden beim Turnier in Puerto Rico

Foto: privat

Fortbildung

November

Podcasting für Biblio-thekarInnen – Internetradio selbst gemacht8. – 9. November – FU Berlin · BuB 10/2007

Tierfreund, Geolino & Co.– Kinderzeitschriften in Biblio-theken9. November – Stadtbibliothek & Kulturzentrum PFL Olden-burg · BuB 9/2007

Wir erzählen Geschichten10. – 11. November – FU Berlin · BuB 10/2007

Tage des Recherchierens: Rechtswissenschaften12. November – hbz, Köln · BuB 9/2007

Neues vom Buchmarkt12. November – Stadtbib-liothek Langenhagen · BuB 9/2007

Kompetenzorientierte Lese-förderung im Umgang mit Texten verschiedener Medien13. November – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Hannover · BuB 9/2007

Einführungskurs bibliothe-karisches Grundwissen für Neu- und Seiteneinsteiger13. – 15. November – Landes-fachstelle für Öffentliche Bib-liotheken Erfurt · BuB 9/2007

Basiskurs allegro-OEB-WIN: Katalogisieren für Einsteiger14. November – Büchereizent-rale Lüneburg · BuB 9/2007

Leseecken an Ganztags-schulen: Erfahrungsaustausch für weiterführende Schulen15. November – Casimiria-num, Neustadt/WeinstraßeVeranstalter: Landesbiblio-thekszentrum/Büchereistelle Neustadt

turwissenschaften allgemein (65 Prozent), Agrarwissenschaften, Lebensmittel- und Getränke-technologie (44 Prozent), Inge-nieurwesen allgemein (40 Pro-zent), Bibliothekswissenschaft, Dokumentation, Publizistik (36 Prozent) und Informatik (35 Prozent). Im Wintersemester 2006/2007 strebten insgesamt 329 800 Studierende einen Ba-chelor- und 55 700 einen Mas-terabschluss an. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Anzahl der Studierenden in Bachelorstudi-engängen um 63 Prozent und in Masterstudiengängen um 20 Prozent gestiegen. Insge-samt waren im Wintersemes-ter 2006/2007 an deutschen Hochschulen 1,98 Millionen Studierende eingeschrieben, 0,3 Prozent weniger als im Vorjahr. Bis 2010 sollen Bachelor- und darauf aufbauende Masterstu-diengänge fl ächendeckend ein-geführt werden, um das Ziel des Bologna-Prozesses – die Verein-heitlichung von Studienstruk-turen in Europa – zu erreichen. Zwar hat sich in den vergange-nen fünf Jahren der Anteil der Bachelor- und Masterstudie-renden an allen Studierenden verzehnfacht, jedoch betrug er 2006 erst gut 19 Prozent. Mit einem Anteil von 46 Prozent waren die meisten Studierenden weiterhin in Diplomstudien-gängen eingeschrieben. 11 Pro-zent der Studierenden wollten einen Lehramts- und 20 Prozent einen Fachhochschulabschluss erreichen.

Wildau. Die Technische Fach-hochschule Wildau (Branden-burg) hat im September ihre neue Bibliothek feierlich eröff -net. Das Informations-, Kom-munikations- und Medienzen-trum (IKMZ) bietet auf einer Hauptnutzfl äche von über 1 400 Quadratmetern und auf rund 12 000 laufenden Metern Buch-stellfl äche Raum für 93 000 Bücher und ist mit Lernpools, Lesekabinen und technischen Supports modern ausgestat-tet. Das Gebäude beherbergt auch die Mensa mit 350 Spei-seplätzen und 47 Plätzen in der Cafeteria.

Termine

Moderatoren: Heike Steck, Günter PflaumAnmeldung: (bis 8. Novem-ber) Landesbibliothekszent-rum/Büchereistelle Neustadt, Telefon: 0 63 21/39 15-21

Kostenfreie Informations-quellen für unsere Kunden, Teil 119. November – hbz, Köln · BuB 9/2007

»Neu dabei!« Grundlagen für neu ins Amt gekommene ehren- und nebenamtlich tätige Büchereileiter/innen20. November – Landesbibli-othekszentrum/Büchereistelle NeustadtVeranstalter: Landesbiblio-thekszentrum/Büchereistelle NeustadtReferenten: Cornelia Dietle, Thomas OberholthausGebühr: 20 EuroAnmeldung: (bis 13. Novem-ber) Landesbibliothekszent-rum/Büchereistelle Neustadt, Telefon: 0 63 21/39 15-21

Ausleihe mit Bibliotheca 200021. November – Landesbib-liothekszentrum/Bücherei-stelle NeustadtVeranstalter: Landesbiblio-thekszentrum/Büchereistelle NeustadtReferentinnen: Petra Brenzin-ger, Ursula DrostGebühr: 20 EuroAnmeldung: (bis 7. Novem-ber) Landesbibliothekszent-rum/Büchereistelle Neustadt, Telefon: 0 63 21/39 15-21

Recht in der Medienbearbeitung21. November – Internatio-nales Begegnungszentrum der Bauhaus-Universität Weimar · BuB 9/2007

Das Alphabet – ein Spiel mit Buchstaben22. November – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Hannover · BuB 9/2007

Neues vom Buchmarkt26. November – bibliothek am meer, Bad Zwischenahn · BuB 9/2007

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Rückblicke und Einblicke – 65 Jahre bibliothekarische Studiengänge in Stuttgart

Was haben die Büchereifach-schule Stuttgart, die Süddeut-sche Büchereischule, das Süd-deutsche Bibliothekar-Lehrin-stitut, die Fachhochschule für Bibliothekswesen (FHB), der Fachbereich Wissenschaftli-che Bibliotheken und Doku-mentationseinrichtungen an der Fachhochschule für öf-fentliche Verwaltung und die Hochschule für Bibliotheks- und Informationswesen (HBI) gemeinsam? Sie alle sind Vorgängereinrichtungen der Hochschule der Medien Stutt-gart (HdM) und verweisen auf die lange Tradition bibliothe-karischer Ausbildungs- und Studiengänge in Stuttgart.

65 Jahre bibliothekarische Ausbildung in Stuttgart sind ein Grund zu feiern. Der Stu-diengang Bibliotheks- und In-formationsmanagement lädt deshalb am 12. Dezember ab 18 Uhr Ehemalige und Freun-de zu einer Feierstunde in die Hochschule der Medien ein.

Auf dem Programm stehen Rückblicke von Prof. Peter Vo-dosek, Prof. Manfred Nagl so-wie Prof. Wolfgang Krueger, aber auch Einblicke in die ak-tuelle Arbeit der beiden Studi-engänge (Bachelor und Mas-ter), ihre Projekte, Aktivitäten und Planungen. Und natürlich soll für alle Gäste ausreichend Gelegenheit sein sich zu tref-fen, alte Kontakte zu pflegen und neue zu knüpfen.

Weitere Informationen und Anmeldung unter: www.hdm-stuttgart.de/bi

Termine

Konflikte in der Bibliothek26. November – Beratungs-stelle Hildesheim · BuB 9/2007

Bibliotheks-Management: Basiswissen Personalma-nagement26. – 27. November – FU Berlin · BuB 10/2007

Konflikte in der Bibliothek27. November – Büchereizent-rale Lüneburg · BuB 9/2007

Neues vom Buchmarkt28. November – Landesfach-stelle für Archive und öffentli-che Bibliotheken im Branden-burgischen Landeshauptar-chiv, Potsdam · BuB 9/2007

Kundenzufriedenheits-management – Gesprächs-verlauf & Problemlösung an der Theke28. – 29. November – FU Berlin · BuB 10/2007

With a Little Help from My Friends – (Work)Shopping für Flyers29. November – BGA Hennef · BuB 9/2007

Statistik mit Bibliotheca 200029. November – Landesbiblio-thekszentrum/Büchereistelle NeustadtVeranstalter: Landesbiblio-thekszentrum/Büchereistelle NeustadtReferenten: Petra Brenzinger, Thomas OberholthausGebühr: 30 EuroAnmeldung: (bis 15. Novem-ber) Landesbibliothekszent-rum/Büchereistelle Neustadt, Telefon: 0 63 21/39 15-21 bzw. Landesbibliothekszent-rum/Büchereistelle Koblenz, Telefon: 02 61/9 15 00-301

Institutionalisiertes Beschwerdemanagement in Bibliotheken: Chancen und Grenzen der Implementierung30. November – FU Berlin · BuB 10/2007

Dezember

»Entenhausen ist überall – auch in Fernost«: Comics und Mangas heute3. Dezember – Stadt- und Schulbibliothek Kelsterbach · BuB 10/2007

Bibliothekare als Informationsvermittler: Lokale und virtuelle Ressourcen nutzen – Dienste für virtuelle Bibliotheken entwickeln3. Dezember – FU Berlin · BuB 10/2007

allegro-OEB-WIN: Die neue Statistik5. Dezember – Büchereizent-rale Lüneburg · BuB 10/2007

Umgang mit Stress5. – 6. Dezember – FU Berlin · BuB 10/2007

Seminar für ehrenamtliche Vorlesepatinnen und Vorlesepaten6. Dezember – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Hannover · BuB 10/2007

Januar

Leseförderung für Kinder von benachteiligten (Migranten-)Familien8.–9. Januar – FU BerlinVeranstalter: FU-Weiterbil-dungszentrumReferentin: Friederike HaarGebühr: 50 EuroAnmeldung: FU Berlin, Weiterbildungszentrum, Telefon 030/83 85 14 58, E-Mail [email protected], www.fu-berlin.de/weiterbildung

Comic und Mangas14. Januar – FU BerlinVeranstalter: FU-Weiterbil-dungszentrumReferentin: Peter Lorenz, Harald KuhnGebühr: 60 Euro �

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In Berufsschulen, Ausbildungsbetrieben und Hochschulen entsteht Jahr für Jahr eine Vielzahl interessanter Arbeitsergebnisse. � Haben Sie im vergangenen Jahr in Ihrer Ausbildung auch ein inte-

ressantes Projekt bearbeitet?� Haben Sie ein spannendes Seminar besucht und zukunftsweisen-

de Seminarergebnisse erzielt? � Oder haben Sie ein interessantes Projekt im Rahmen eines Prak-

tikums im In- oder Ausland bearbeitet?

Möchten Sie Ihre Projekt- oder Seminarergebnisse der Berufsöffent-lichkeit vorstellen und sie mit Fachleuten oder anderen Studieren-den und Auszubildenden diskutieren?

Dann bietet der Newcomer-Treff des BIB das richtige Forum für Sie!

Der BIB (Berufsverband Information Bibliothek) bietet Auszu-bildenden und Studierenden beim 97. Deutschen Bibliothekartag (3. bis 6. Juni 2008) in Mannheim die Chance, ausgewählte Ar-beitsergebnisse in Form einer Postersession zu präsentieren.

Wenn Sie dabei sein wollen, bewerben Sie sich bitte per Mail bis zum 31. Januar 2008 mit � einer kurzen Beschreibung (maximal 2 Seiten) Ihrer Arbeit (Inhalt,

Arbeitsergebnisse, Erstellungszeitraum)� Angaben zu Ihrer Person (Ausbildungseinrichtung, Ausbildungs-

jahr oder Studiensemester, Kontaktdaten)

beim Bundesvorstand des BIBc/o Prof. Cornelia VonhofHochschule der Medien StuttgartWolframstraße 32, 70191 [email protected]

Die Arbeitsergebnisse können als Einzelarbeit oder als Teamarbeit entstanden sein. Sie sollten nicht älter als ein Jahr sein.

Call for Papers

Highlights aus Ausbildung und Studium –

Präsentation ausgewählter Projekte im Rahmen des

4. Newcomer-Treffs (NCT) des BIB

auf dem Deutschen Bibliothekartag in Mannheim

3. bis 6. Juni 2008

Größtes Vorlesefest Deutschlands

Die Wochenzeitung »Die Zeit« und die Stiftung Lesen mobili-sieren am Freitag, 23. Novem-ber, zum vierten Mal Bücher-freunde für den bundeswei-ten Vorlesetag im Rahmen der Initiative »Wir lesen vor«. Die Veranstalter rufen dazu auf, Kindern vorzulesen, in einem Kindergarten, einer Schule, ei-ner Bibliothek oder zu Hause.

Wie in den vergangenen Jahren beteiligen sich auch 2007 zahlreiche Politiker und Prominente am größten Vor-lesefest Deutschlands. Bis-her haben unter anderem Ul-rike Folkerts, Sarah Kuttner, Sandra Maischberger, Ma-rietta Slomka, Manuel An-drack, Tom Buhrow, Harald Martenstein, Ulrich Matthes, Hellmuth Karasek und Rezzo Schlauch zugesagt.

Unterstützt wird die Aktion vom Borromäusverein, dem Deutschen Bibliotheksver-band (DBV), dem Deutschen Verband Evangelischer Bü-chereien und dem Sankt Mi-chaelsbund.

Weitere Informationen gibt es bei Kay Stelter ([email protected]).

Veranstaltungen, die vom BIB angeboten werden, fin-den sich in der Rubrik »Aus dem Berufsverband«. Eine Sammlung von Links zu bib-liothekarischen Fortbildungs-veranstaltungen bietet die Website <www.bib-info.de/komm/knt_neu/fundgrub/bib_fobi.htm>.

Anmeldung: FU Berlin, Weiterbildungszentrum, Telefon 030/83 85 14 58, E-Mail [email protected], www.fu-berlin.de/weiterbildung

Bibliotheks-Management: Führungskompetenz17. –18. Januar – FU BerlinVeranstalter: FU-Weiterbil-dungszentrumReferentin: Caroline MeinkeGebühr: 200 EuroAnmeldung: FU Berlin, Weiterbildungszentrum, Telefon 030/83 85 14 58, E-Mail [email protected], www.fu-berlin.de/weiterbildung

Erlebniswelt Bücher: Kreativer und spielerischer Einsatz von Kinderbüchern24. Januar – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, HannoverVeranstalter: Akademie für Leseförderung der Stiftung LesenReferentin: Sarah Rickers, Stiftung LesenAnmeldung: (bis 9. Januar) www.akademiefuerlesefoerderung.de (Fortbildun-gen/Anmeldeverfahren), Anke Märk-Bürmann, Telefon: 05 11/12 67-215 [email protected]

Katalogisieren mit Bibliothe-ca 2000: Aufbauschulung29. Januar – Landesbiblio-thekszentrum/Rheinische Landesbibliothek KoblenzVeranstalter: Landesbiblio-thekszentrum/Büchereistelle Koblenz

Referentin: Sieglinde SchuGebühr: 20 EuroAnmeldung: (bis 14. Januar) Landesbibliothekszentrum/Büchereistelle Koblenz, Telefon: 02 61/9 15 00-301

Leseecken an Ganztagsschulen: Erfahrungsaustausch für Grundschulen und Förderschulen29. Januar – Casimirianum, Neustadt/WeinstraßeVeranstalter: Landesbiblio-thekszentrum/Büchereistelle NeustadtModeratoren: Heike Steck, Günter PflaumAnmeldung: (bis 15. Januar) Landesbibliothekszentrum/Büchereistelle Neustadt, Telefon: 0 63 21/39 15-21

Termine

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Markt

Zeutschel:Raffi nierte Entzerrung des Buchfalzes

pr. – Mit »Perfect Book« stellt der Scanner-Spezialist Zeut-schel ein innovatives Verfahren vor, das beim Einscannen von Büchern den Falzrücken optimal glättet. Die zusammen mit der Otto-von-Guericke Universi-tät in Magdeburg entwickelte Technologie basiert auf einem Stereo-Visions-System, das während des Scan-Vorgangs die 3D-Oberfl ächenform der Buch-seite erfasst. Bei der Ermittlung der 3D-Daten wird neben der üblichen hochaufl ösenden Zeilenkamera eine zusätzliche Matrixkamera eingesetzt.

Damit korrigiert »Perfect Book« die Verzerrung der Zeichen zur Buchmitte hin und erkennt au-tomatisch die Seitengrößen. Das Ergebnis: Die zum Buchfalz hin gestaucht verlaufenden Zeichen werden exakt gerade ausgerich-tet, die Seiten automatisch ge-trennt und im korrekten Format gescannt. Am Arbeitsablauf ändert sich für den Benutzer nichts, nach wie vor gibt es nur einen Scan-Lauf, auch ist keine weitere Lichtquelle notwendig.

Der Nutzen für den An-wender ist vielfältig: Er erhält eine optimale Bildqualität für Re-Prints der Buchseiten. Auf-grund des Ausblendens dunkler oder gar schwarzer Mittel- und Randstreifen lässt sich zudem der Tonerverbrauch spürbar re-duzieren. Und die Fehlerquote bei OCR-/ICR-Anwendungen wird deutlich gemindert, der Arbeitsablauf beschleunigt. »Perfect Book« ist mit den Zeut-schel Scanner-Serien OS 10000 und OS 12000 sowie in Verbin-dung mit der Zeutschel Capture Software OS 11 möglich.

»Mit der Vorstellung von ›Perfect Book‹ unterstreichen wir unseren Anspruch, Innova-tionsmotor im Markt für Auf-

MyiLibrary:Zugang zu E-Books über Swets

pr. – MyiLibrary Ltd., ein füh-render internationaler Anbieter von digitalen Inhalten und Teil der Ingram Digital Group, und Swets, ein führendes internatio-nales Unternehmen für Abon-nement-Management, haben eine enge Zusammenarbeit vereinbart.

MyiLibrary kooperiert mit Swets, damit die Kunden von einem leicht zu bedienenden und effi zienten Zugangspunkt auf E-Books und elektronische Zeitschriften zugreifen können. MyiLibrary bietet Zugang zu mehr als 70 000 E-Books, deren Inhalt von mehr als 300 führen-den Verlagen geliefert wird. Auf diese Weise ist ein unverzicht-bares Online-Nachschlagewerk für alle Unternehmen und In-stitutionen, die ihren Nutzern die neuesten und aktuellsten zur Verfügung stehenden E-Books bieten möchten, entstanden.

SwetsWise Subscriptions, das Kernstück von Swets innova-tivem SwetsWise-Portfolio, ist einer der umfassendsten Diens-te für das Management und die Beschaff ung von Zeitschrif-ten. Durch die Verbindung der Funktionen von MyiLibrary mit SwetsWise Subscriptions entsteht eine Plattform, auf der Organisationen sowohl ihre Zeitschriften-Abonnements als auch E-Books über eine einzige Schnittstelle verwalten können.

Datronic:»Software as a Service« für Medienzentren

pr. – Modernes computerge-stütztes Medienzentrums-Ma-nagement bietet Betreibern und Nutzern ständig neue Möglichkeiten. Software as a Service (SaaS) setzt sich immer mehr durch. Was im Biblio-theksbereich bereits vor drei Jahren Einzug gehalten hatte, ist nun auch für Medienzentren verfügbar. Die Internet-Lösung WinBIAP.net wurde von datro-nic in enger Zusammenarbeit mit dem Medienzentrum des Kreises Borken erweitert und für Medienzentren und Bildstellen angepasst.

Das Medienzentrum des Kreises Borken nutzt die Internet-Lö-sung WinBIAP.net seit August. DVDs, Videos, Dias und Filme können nun per Mausklick be-stellt werden. Die Kreisverwal-tung bietet Schulen, Kindergär-ten, Vereinen und Verbänden im Kreisgebiet circa 9 000 Medien und Vorführgeräte über das Internet an. Nutzerinnen und Nutzer des Medienzentrums können von zu Hause, in der Schule oder am Arbeitsplatz im elektronischen Katalog nachse-hen, welche Medien zu welchem Th ema angeboten werden und ob diese für einen gewünschten Zeitraum zur Verfügung stehen. Verfügbare Medien lassen sich

Markt

sichtsscanner zu sein. Das neu-artige 3D-Verfahren bietet An-wendern klare Nutzenvorteile und macht die Scanner-Serie OS 12000 zu einem einzigartigen Scannersystem zur Erfassung von Büchern und historischen Dokumenten«, erläutert Hans-Peter Heim, Geschäftsführer der Zeutschel GmbH.

www.zeutschel.de

– wie auch passende Vorführge-räte – am Bildschirm bestellen.

WinBIAP.net ist auch in der Lage, die Verwaltung und Dis-tribution digitaler Medien zu übernehmen. Schnittstellen zu digitalen Quellen wie DigiBib, DiViBib, EDMOND und an-deren sind jederzeit im System integrierbar. Basis für WinBI-AP.net bilden die Dotnet-Tech-nologien von Microsoft und die Terminal-Server-Lösung von Citrix. Deshalb benötigen die Kunden sowie auch die Mitar-beiter des Medienzentrums le-diglich einen einfachen PC mit Internet-Zugang. Gehostet wird die SaaS-Lösung vom Hersteller datronic in Augsburg.

Die Vorteile von SaaS liegen klar auf der Hand: Keine Inves-titions- und Migrationskosten, laufende Kosten nur entspre-chend der Nutzung, rasche Imp-lementierung, jederzeit aktuelle Releases und Patches, die Secu-rity ist permanent auf dem neu-esten Stand.

www.datronic.de

Die kombinierten Dienste von MyiLibrary und Swets wer-den seit September angeboten. Neben der Kooperation mit MyiLibrary steht den Swets-Kunden eine reichhaltige Aus-wahl an E-Book-Paketen von namhaften Fachverlagen zur Verfügung: Springer, Elsevier, Taylor & Francis, Royal Socie-ty of Chemistry, Karger, Cam-bridge University Press (außer Deutschland) und Th omson Gal.

www.myilibrary.com

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 788 Teaching Library

André Schüller-Zwierlein

Senden auf allen KanälenWie sich die Bibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität zur Teaching Library entwickelt

Der europäische Hochschulraum mit neuen Bachelor- und Master-Studien-gängen entwickelt sich rasant – und wird auch zu einem elektronischen Hochschul-raum. Die Recherchemedien verändern sich in kurzen Innovationszyklen, und die Vermittlung von Informationskompetenz wird immer wichtiger. Die Münchner Lud-wig-Maximilians-Universität (LMU) ist eine der größten Universitäten Deutsch-lands und gehört zu den drei Hochschu-len, die sich in der Exzellenzinitiative der Bundesregierung am besten behauptet haben. Ihre Universitätsbibliothek ist für die Organisation von umfassenden Informationskompetenz-Schulungen verantwortlich. Sie gelten zunehmend als klassische bibliothekarische Aufgabe – schließlich sind die Bestände nur für kompetente Benutzer wirklich zugäng-lich. André Schüller-Zwierlein berichtet in folgendem Beitrag, wie die Universitäts-bibliothek an der LMU sich zur Teaching Library entwickelt.

Das durchorganisierte, verschulte Studium, die hohe Zahl studienbeglei-tender Prüfungen und themenorien-tierte Module bewirken einen stetig

wachsenden Bedarf an den gleichen Büchern.

An einer der größten Universitäten Deutschlands, der Ludwig-Ma-ximilians-Universität München

(LMU) mit mehr als 40 000 Studierenden und über 7 000 Studienanfängern, ist die Umsetzung des »Bologna-Prozesses« in der heißen Phase: Bis zum Wintersemester 2009/10 werden alle Studiengänge auf Ba-chelor und Master umgestellt sein. In einer Übergangszeit werden mehrere Studien-modelle nebeneinander existieren. Gleich-zeitig werden die Studierendenzahlen mindestens bis 2011 deutlich ansteigen.

Wie die Londoner Bologna-Minister-konferenz im Mai 2007 gezeigt hat,1 sind europaweit bereits große Fortschritte bei der Umstellung auf das zweistufi ge Stu-dienmodell erreicht worden. Viele Hoch-schulen befi nden sich aber noch immer mitten in der Umgestaltung ihrer Studi-engänge.

Der Bologna-Prozess bedeutet immen-sen Aufwand für Lehrende und Univer-sitätsverwaltung in der Vorbereitung und Ausführung der Studiengänge, aber auch eine strategische Herausforderung für die Universitätsbibliothek. Sie muss ihre Or-ganisationsstruktur und ihre Kommuni-kationskanäle an neue Aufgaben und Zie-le anpassen. Die folgenden Erfahrungen aus der Universitätsbibliothek München dürften großenteils auch für andere größe-re Hochschulbibliotheken gültig sein.

Auswirkungen des Bologna-Prozesses auf die Hochschulbibliothek

Es ist bislang nicht hinreichend betont wor-den, dass der Bologna-Prozess Auswirkun-gen auf verschiedenste Betriebsbereiche der Hochschulbibliotheken hat. So macht sich ein Eff ekt der neuen Studiengänge im Alltag besonders bemerkbar: Das durch-organisierte, geradezu verschulte Studi-um, die hohe Zahl studienbegleitender Prüfungen sowie die themenorientierten Module bewirken einen stetig wachsenden Bedarf an den gleichen Büchern.

Dies führt erwerbungsseitig dazu, dass Erwerbungsprofi l und Etat der Universi-tätsbibliothek einen immer höheren Anteil an Lehrbüchern und Mehrfachexemplaren vorsehen müssen – angesichts schwinden-der Etats eine schwierige Aufgabe, zu de-ren Lösung an der Universitätsbibliothek München der systematische Ausbau des E-Book-Angebots beitragen soll.

Benutzungsseitig ist von Belang, dass der höhere Bedarf an den gleichen Bü-chern sowie die studienbegleitenden Prü-fungen zu einer erhöhten Nutzung von Präsenzbibliotheken als Lernort führen – nur dort sind die benötigten Lehrbü-

cher und Standardwerke stets griff bereit. Dies bringt allerdings auch Probleme mit sich: Beispielsweise nimmt die Zahl der verstellten Bücher und der Buchdiebstähle stark zu.

Ein anderer Eff ekt der neuen Studien-gänge ist ebenso deutlich wahrnehmbar: Der dichtere Studienablauf mit mehr Lern- und Prüfungsphasen bewirkt, dass Studierende wie Lehrende immer weniger Zeit zur Verfügung haben – das »ECTS«-Punkte-System geht vom Studium als Vollzeitbeschäftigung aus.

Diesen Eff ekt, der an der LMU bereits dazu führt, dass oft kaum mehr Hilfskräf-te für die Bibliotheksöff nung gefunden werden, gilt es bei der Gestaltung von Bibliotheksdienstleistungen aller Art zu berücksichtigen: Die Erleichterung der Benutzung und die Beschleunigung des Service müssen in Zukunft im Zentrum

bibliothekarischer Planungen stehen. Dies gilt für den Zugang zur Bibliothek, die Geschwindigkeit der Buchbereitstellung und die Beschilderung ebenso wie für den Zugang zu elektronischen Medien und die Gestaltung der Suchmöglichkeiten.

Weniger Zeit der Studierenden und Lehrenden bedeutet schließlich auch, dass die Bibliotheken proaktive Information und automatisierte Informationsdiens-te ebenso verstärkt anbieten müssen wie Selbstlernmöglichkeiten. Bologna, so lässt sich verkürzt sagen, erfordert verbesserte Zugänglichkeit und eine Vielfalt von Zu-gängen zu Information.

Aufgaben im Bereich der Vermittlung von Informationskompetenz

Massive Veränderungen für verschiedene Bereiche der Hochschulbibliothek ergeben sich auch aus ihren erweiterten Aufgaben in der Vermittlung von Informationskom-petenz. Der europäische Hochschulraum ist in wachsendem Maße auch ein elek-tronischer Hochschulraum. Die schnel-len Innovationszyklen der elektronischen Recherchemedien erfordern im Hinblick auf die Studien- und Berufstauglichkeit der Studierenden die professionelle, um-fassende und laufende Vermittlung von Informationskompetenz.

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Moderne Hochschulbibliotheken müssen sich nicht nur mit dem Abfrageverhalten in elektroni-schen Medien und dem Suchverhalten der Studierenden beschäftigen, sondern mit deren ge-samtem Informationsverhalten, also dem »information behaviour«.

Der europäische Hochschulraum ist in wachsendem Maße auch ein elektro-nischer Hochschulraum und erfordert

hohe Informationskompetenz.

1 www.dfes.gov.uk/londonbologna/index.cfm?fuseaction=content.view&CategoryID=23

2 Die Vermittlung der Schlüsselqualifi kati-on Informationskompetenz an der LMU München: Ein Lagebericht. Red.: André Schüller-Zwierlein. München: LMU, 2006 (http://epub.ub.uni-muenchen.de/archi-ve/00001349/01/lagebericht.pdf)

Die Gesamtversorgung einer großen Universität ist jedoch von der Universitäts-bibliothek allein nicht zu leisten, es gilt von vornherein nach effi zienten Kooperations-modellen zu suchen und sich eng am vor-handenen Bedarf zu orientieren. Dennoch ist die Universitätsbibliothek, hierüber besteht an der LMU mittlerweile weitge-hend Konsens, für die Organisation eines entsprechend hochwertigen Angebots in diesem Bereich verantwortlich.

Daher hat die Leitung der LMU die Universitätsbibliothek im Jahre 2006 ge-beten, einen Lagebericht zur Vermittlung von Informationskompetenz zu erstellen. Dieser sollte einerseits mittels einer Studie-renden- und einer Lehrenden-Befragung den Leistungsstand an der LMU sowie Aufwand, Defi zite und Desiderate heraus-stellen, andererseits Modelle der Zusam-menarbeit zwischen Fakultäten, Universi-tätsbibliothek und anderen Einrichtungen vorschlagen und damit als Handreichung für Planungen in den einzelnen Fächern dienen.

Die Ergebnisse des mittlerweile pu-blizierten Lageberichts2 geben wertvolle Hinweise für die Planung zukünftiger Lehrangebote. Die Studierenden-Befra-gung (über 4 300 Teilnehmer) zeigt zum Beispiel, dass Studierende ihren eigenen Nachholbedarf vor allem bei fachspezifi -schen Recherchemedien sehen, weniger bei Grundleistungen (Opac, Fernleihe et cetera) – und dies obwohl zentrale über-greifende Recherchemedien wie der KVK unter den Studierenden kaum bekannt sind.

Freiwillige Schulungsangebote werden unzureichend genutzt: 63 Prozent der Stu-dierenden haben noch kein Schulungsan-gebot in Anspruch genommen; von den verbleibenden 37 Prozent haben weniger als ein Drittel eine über eine Bibliotheks-führung hinausgehende Rechercheausbil-dung erhalten. Bei Fragen zur Recherche wenden sich die meisten Studierenden an Kommilitonen oder an das Internet, kaum an Dozenten oder Fachreferenten; ledig-lich die klassische Auskunft spielt hier noch eine nennenswerte Rolle. Die be-liebtesten Schulungsarten schließlich sind das Online-Training und das interaktive Arbeiten.

Die Lehrenden-Befragung mag auf Gründe für diese insgesamt unzufrie-denstellende Lage hindeuten: Informati-

onskompetenz, so zeigt sich, wird an der LMU in den meisten Fächern nur punk-tuell und oft zu früh vermittelt. Auch innerhalb eines einzigen Faches wird sie in verschiedenster Intensität und Tiefe vermittelt; gerade in den Naturwissen-schaften herrscht das On-demand-Modell vor. Informationskompetenz ist selten Be-standteil von Prüfungen. Oft muss oder

soll sie autodidaktisch erworben werden. Viele Lehrende sind zudem über vorhan-dene Schulungsangebote in ihrem Fach nicht ausreichend informiert.

Gleichwohl zeigte die Befragung auch das bestehende Interesse: In vielen Fä-chern wurde ein deutlicher Bedarf an ei-ner Erweiterung und Systematisierung der Ausbildung im Bereich Informations-kompetenz geäußert. In einer Reihe von Fächern waren Schulungen für Lehrende ein zusätzliches Desiderat. Als wichtigster Kooperationspartner in der Lehre wurde meist die Universitäts- beziehungsweise Fachbibliothek angesehen.

Der aus dem Lagebericht ersichtliche große Nachholbedarf in diesem Bereich3 hat an der LMU das Bewusstsein gestärkt, dass die Vermittlung von Informations-

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3 Die deutlichen Resultate des Lageberichts wurden im Folgejahr noch einmal durch eine Opac-Logfi le-Analyse untermauert, die Nut-zerverhalten und -vorlieben mit Blick auf die optimale Einstellung von Suchoberfl ächen und die Entwicklung neuer Angebote unter-suchen sollte: Über 34 Prozent aller Anfragen enden hier mit null Treff ern. Nur gut 3,4 Prozent der Nutzer verwenden Schlagwör-ter, doch nur knapp 1,2 Prozent verwenden die für eine Stichwortsuche wichtige Trun-kierung. Über zwei Drittel der Suchanfragen nutzen in der Advanced Search (Default-Ein-stellung) nur eine Suchzeile und nutzen sie damit wie eine Simple Search (nur schlech-ter, da hier nur ein Index durchsucht wird).

Das zentrale Portal www.informationskom-petenz.de ist ein Gemeinschaftsprojekt bib-liothekarischer Arbeitsgemeinschaften in mehreren Bundesländern und unterstützt die umfangreichen Schulungs- und Supportleis-tungen, die deutsche Bibliotheken täglich im Bereich Informationskompetenz erbringen.

Als Bindeglied zwischen den regionalen Ar-beitsgemeinschaften fördert es aktiv die loka-le und überregionale Kooperation zwischen Bibliotheken und stellt eine zentrale Plattform für die Sammlung und den freien Austausch von Informationen und Materialien zur Verfü-gung. Jede Bibliothek ist eingeladen, Vorhan-denes zu nutzen und Neues beizutragen.

In der Materialiendatenbank werden Schu-lungs- und Infomaterialien sowie Publikati-onen zur Informationskompetenz aus deut-schen und internationalen Bibliotheken ge-sammelt und erschlossen. So lassen sich Anregungen und nachnutzbare Unterlagen für die eigene Unterrichtspraxis effizient re-cherchieren.

Unter der Rubrik »Neue Meldungen« wer-den aktuelle Nachrichten zum Thema Infor-mationskompetenz angeboten; sie werden im Newsarchiv aufbewahrt und über den News-letter als Abo zur Verfügung gestellt.

Seit 2007 führen die Bundesländer Ba-den-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen eine gemeinsame Schulungsstatis-tik, die auch von weiteren Bibliotheken lokal oder gemeinsam genutzt werden kann. Die Gesamtergebnisse werden jährlich auf der Plattform publiziert. Die Daten der einzelnen Bibliotheken stehen diesen selbstverständ-lich für individuelle Auswertungen zur Ver-fügung.

Unter der Rubrik »Im Fokus« werden Ein-zelthemen von Managementfragen über Mar-ketingprobleme bis hin zu Veranstaltungsmo-dellen und didaktischen Methoden behandelt. Die Plattform bündelt Informationen zu sol-chen Kernthemen und ermöglicht so eine ra-sche Einarbeitung in ein komplexes Sachge-biet.

Die Arbeitsgemeinschaften für Informati-onskompetenz in Deutschland stellen sich und ihre Arbeitsergebnisse auf selbstständig ver-walteten Regionalseiten vor. Hier finden sich unter anderem Kontaktpersonen in den ein-zelnen Bibliotheken, Arbeitsergebnisse, Pro-tokolle, Blogs sowie Links zu Schulungs- und Kursangeboten.

Eine gemeinsame Arbeitsgruppe des Netzwerks Informationskompetenz Baden-Württemberg und der AG Informationskom-petenz NRW mit Unterstützung des Bibtu-tor-Projekts erstellt und pflegt ein Glossar zu Begriffen der Informationskompetenz, das in die Plattform eingebunden wird und über eine XML-Schnittstelle individuell nachgenutzt werden kann.Redaktion: Dr. Christiane Holtz, ULB Bonn; Dr. Annette Klein, UB Mannheim; Dr. Johan-nes Mikuteit, UB Kiel; Ulrike Pinkale, Biblio-thek der FH Gelsenkirchen; Gudrun Roweck, ULB Bonn; Dr. André Schüller-Zwierlein, UB München Hosting & Technische Bearbeitung: Universi-tätsbibliothek München Kontakt: [email protected]

Informationskompetenz-Portal im Netz

kompetenz Teil einer ganz klassischen bibliothekarischen Aufgabe ist, der Zu-gänglichmachung der Bestände: Erst In-formationskompetenz macht Bibliotheks-bestände wirklich zugänglich.

Informationskompetenz als verpfl ichtendes Element

Die Universitätsbibliothek München hat aus den Untersuchungen wichtige Ziele für die zukünftige Entwicklung ihres An-gebots abgeleitet: So sind im Hinblick auf die Einbindung der Vermittlung von In-formationskompetenz als verpfl ichtendes Element in die Bachelor- und Master-Stu-diengänge angesichts der großen Mengen von Studierenden höchst effi ziente, mehr-stufi ge und arbeitsteilige Schulungsange-bote zu gestalten.

Die Planungen für Veranstaltungen der Universitätsbibliothek München in den Bachelor-Studiengängen der philolo-gischen Fakultät sehen zum Beispiel eine Kombination von Fachreferenten, Di-plom-Bibliothekaren, Lehrenden, Tutoren und E-Learning vor. Die Konzepte der Mehrstufi gkeit und der Arbeitsteiligkeit sollen in den nächsten Semestern zunächst im Rahmen der freiwilligen Veranstaltun-gen erprobt, die Erfahrungen aus bereits existenten Bachelor-Veranstaltungen ge-nutzt werden.

Die Tutoriums- und E-Learning-Ele-mente entsprechen dem Grundsatz »IK kann man nicht lernen, IK muss man trainieren« und werden dem Wunsch der Studierenden nach interaktivem Arbeiten und nach Selbstlernmöglichkeiten gerecht. Die Universitätsbibliothek München wird zudem in den nächsten Jahren ihr E-Lear-ning-Angebot ausbauen (ein Lehrmodul mit Moodle ist in Planung; die in verschie-denen Bibliotheken bereits nachgenutzten eTutorials haben sich als Erfolgsmodell bei den Studierenden erwiesen). Und schließ-lich soll die zentrale Rolle der Kommili-tonen in der Vermittlung von Recherche-kenntnissen genutzt werden: In Zukunft sollen möglichst verstärkt studentische Multiplikatoren ausgebildet werden.

Mehr als 32 Prozent der Suchen bestehen aus nur einem Suchwort. Nur knapp 3,9 Prozent nutzen die zuschaltbaren Datenbanken (zum Beispiel Verbundkataloge). Über 4 Prozent der mehr als 25 000 Abfragen pro Tag schließ-lich bestehen aus fünf und mehr Suchwörtern innerhalb einer Suchzeile, sind also zu eng formuliert und fehleranfällig. Die Resultate der Logfi le-Analyse sind unter www.informa-tionskompetenz.de/fi leadmin/DAM/docu-ments/Ergebnisse%20der%20OPAC%20_902.pdf einsehbar.

4 Siehe zum Beispiel Teresa Y. Neely: Informa-tion Literacy Assessment: Standards-Based Tools and Assignments. Chicago, IL: ALA, 2006

Weitere wichtige Ziele für die Zukunft sind:� die enge Anbindung der Inhalte an die Studien-, Wissenschafts- und Berufspra-xis (hier ist an der Universitätsbibliothek München durch ein neues Fachreferatssys-tem in vielen Fächern ein engerer Kontakt zum Studienbetrieb möglich geworden), � die Kooperation mit weiteren Partnern (zum Beispiel führen die Universitäts-bibliothek München und die Bayerische Staatsbibliothek seit 2007 gemeinsam Schulungen für das Fachgebiet Slavistik/Osteuropa durch), � die Weiterbildung der Wissenschaft-ler im Recherche-Bereich, die Bereitstel-lung einer entsprechenden technischen Infrastruktur (etwa die Ausstattung des

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Leichte Benutzung und Service-Beschleunigung sind zentrale Anliegen. Dies gilt für den Zugang zur Bibliothek, die Buchbereitstellung und die Beschilderung ebenso wie für den Zugang zu elek-tronischen Medien und die Gestaltung der Suchmöglichkeiten.

Der geplante »UB-Stick« – ein USB-Stick mit Informationsmaterialien für neue UB-Nutzer – soll in Zukunft die Aufmerksamkeit der Studierenden

von Beginn an auf die Kompetenzen der Universitätsbibliothek lenken.

Schulungsraums mit einem didaktischen Netz), � die didaktische Fortbildung der Mitar-beiter � und die laufende Evaluierung der An-gebote sowie die Voraussetzungs- und Lernerfolgskontrolle (information literacy assessment).4

Die Untersuchungen haben auch dar-auf aufmerksam gemacht, dass es massiver Öff entlichkeitsarbeit bedarf, des »Sendens auf allen Kanälen«, um das Schulungsan-gebot der Bibliothek in der Hochschule zu etablieren: Über das Weblog der Uni-versitätsbibliothek kann interaktiv kom-muniziert werden. Ihre Veranstaltungen werden auf der Homepage, im Veranstal-tungs-System der Universität und in Vor-lesungsverzeichnissen angekündigt. Ihre E-Tutorials erreichen die Studierenden »just in time« – beim Recherchieren: Sie sind direkt im DBIS verfügbar, und wo

möglich, wird auf sie auch in den Daten-bankoberfl ächen selbst verwiesen.

Der geplante »UB-Stick« – ein USB-Stick mit Informationsmaterialien für neue UB-Nutzer – soll in Zukunft die Aufmerksamkeit der Studierenden von Beginn an auf die Kompetenzen der Uni-versitätsbibliothek lenken. Newsletter in-formieren die Lehrenden und Studieren-den über Recherche-Neuigkeiten.

Logfi le-Analysen ermöglichen gezielte Informationsaktionen (»Was tun bei null Treff ern?«) und die Einstellung von Schu-lungsveranstaltungen auf spezifi sche Pro-bleme. Befragungen sollen zu einem auf-gabenorientierten (im Gegensatz zu einem medienorientierten) Schulungsprogramm führen.

Eine detaillierte Schulungsstatistik schließlich dokumentiert die Leistungen der Bibliothek in diesem Bereich.

Die Vermittlung von Informations-kompetenz als Managementaufgabe

Der Aufbau eines solch breiten Angebots ist eine strategische und logistische Her-ausforderung, die eine planvolle Organi-sations- und Personalentwicklung nötig macht.5 Die Organisationsentwicklung besteht zu beträchtlichen Teilen in der Ge-

staltung neuer Prozesse und Abläufe über die klassischen Abteilungen hinweg:

Intern müssen effi ziente Veranstal-tungsmodelle gefunden, Veranstaltungen koordiniert, Räume und Prüfungen or-ganisiert, Präsentationen und Materialien erarbeitet,6 Bestände ergänzt, Kenntnisse gesammelt und ausgetauscht werden; eine Vielzahl kleiner Abläufe ist an die neuen Erfordernisse anzupassen.

Extern sind intensive Öff entlichkeits- und Lobbyarbeit, das Abpassen des rich-tigen Zeitpunkts für jeden Studiengang, das Einwerben von Mitteln (etwa Studien-gebühren), eff ektives Reporting, der Auf-bau von Kooperationen mit Lehrenden

und Institutionen in und außerhalb der Universität, der Aufbau von Kommuni-kationskanälen sowie diplomatische Ver-handlungen, die die veränderte Stellung der Universitätsbibliothek in der Univer-sität vermitteln, erforderlich.7

In der Praxis ist der Aufbau eines An-gebots zur Vermittlung von Informations-kompetenz jedoch vor allem eine Sache der Personalentwicklung. Die Einfüh-rung eines koordinierten Angebotes ist ein langwieriger Vermittlungs- und Entwick-lungsprozess, der hohe Anforderungen an den Projektmanager stellt: Es gilt, interne Kommunikationskanäle zu verbessern und Informationsinseln aufzulösen; Grup-

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Neben »neuen« Fachreferatstätig-keiten ist eine Stärke des »klassischen« Fachreferats nach wie vor von zentra-

ler Bedeutung: die Nähe zu den Studierenden und Lehrenden.

5 Vergleiche auch André Schüller-Zwierlein: Organisations- und Personalentwicklung in der Praxis: Der Bologna-Prozess an Deutsch-lands größter Universität als strategische und logistische Herausforderung. In: Tagungs-band Bibliothekskongress Leipzig, 2007 (im Druck)

6 Sinnvoll ist hier der Aufbau einer internen Knowledge-Base mit praktischen Lösungen, modularisierten Präsentationen, Vorlagen, Skripten und E-Learning-Elementen.

7 Solche Verhandlungen haben beispielsweise zur Aufnahme der Informations- und Me-dienkompetenz als Schlüsselqualifi kation in die Rahmenordnungen für die Bachelor- und Master-Studiengänge der LMU geführt.

8 Zu dieser Trias siehe T. D. Wilson: Models in Information Behaviour Research. Journal of Documentation 55(1999)3, Seite 249–270

9 In der Informationswissenschaft wird dies auch als »zone of intervention« bezeichnet (siehe Carol C. Kuhlthau: Refl ections on the Development of the Model of the Infor-mation Search Process (ISP): Excerpts from the Lazerow Lecture, University of Kentu-cky, April 2, 2007, Bulletin of the American Society for Information Science and Tech-

pen müssen zusammengeführt, berufl iche Identitäten umgebildet werden.

Hierzu bedarf es unter anderem ei-ner gezielten Fortbildung. Es gilt, Tätig-keitsprofi len und individuellen Karriere-plänen Rechnung zu tragen, Konfl ikte müssen moderiert, Mitstreiter gefunden werden, auch durch entsprechende Aus-wahl von Mitarbeitern bei Neubesetzun-gen. Schließlich sind auch vorhandene Potenziale für Schulungsveranstaltungen und andere Aufgaben besser zu ermitteln: An der Universitätsbibliothek München wurde zu diesem Zweck eine Liste der Spe-zial- und Fachkenntnisse der Mitarbeiter erstellt, die gerade in einem so großen Sys-tem nicht alle bekannt sind (Interessen-börse).

Der Aspekt der Personalentwicklung gilt auch für den Bereich Fachreferat: Die Auswirkungen des Bologna-Prozesses auf das Fachreferat lassen sich einfach aus den genannten Punkten ableiten, Veränderun-gen sind jedoch in der Praxis nicht immer einfach umzusetzen. Wie die Erfahrung zeigt, müssen traditionelle Tätigkeiten wie die Verschlagwortung zum Teil zurückge-fahren werden, um Raum für neue, nun oft terminlich gebundene Tätigkeiten in der Informationskompetenz-Lehre zu schaff en.

Für letztere sind substanzielle didakti-sche Fortbildungen erforderlich, die das Abhalten von Lehrveranstaltungen eben-so behandeln wie die Gestaltung von On-line-Lernangeboten und Informationsma-terialien, welche sich immer mehr zu einer zentralen Dienstleistung der Universitäts-bibliotheken entwickeln.

Lobby- und Marketingarbeit, Personal-führung und Projektmanagement treten als weitere neue Aufgaben hinzu. Neben diesen »neuen« Fachreferatstätigkeiten ist jedoch eine Stärke des »klassischen« Fachreferats nach wie vor von zentraler Bedeutung: die Nähe zu den Bedürfnissen der Studierenden und Lehrenden. Dies wird durch die steigende Bedeutung von Lehrbuchsammlungen und direkt semi-narrelevanter Literatur nur noch verstärkt. Bologna, so lässt sich zusammenfassen, er-fordert Publikumsnähe.

Nutzerforschung und E-Medien-Controlling

Publikumsnähe im Sinne des persönlichen Kontakts muss jedoch durch moderne Methoden der Nutzerforschung ergänzt werden. Der Bologna-Prozess intensiviert eine Entwicklung, die bei den Hoch-schulbibliotheken in den letzten Jahren verstärkt zu beobachten war: Sie müssen

sich nicht nur mit dem Abfrageverhalten in elektronischen Medien (information searching behaviour) und dem generellen Informations-Suchverhalten (information seeking behaviour) der Studierenden und Lehrenden beschäftigen, sondern mit de-ren gesamtem Informationsverhalten (in-formation behaviour):8 � Wie geben Studierende Information weiter (die Universitätsbibliothek Mün-chen versucht dies etwa mit social book-marking auf ihrem Publikationsserver zu unterstützen), � wann sind sie für Information emp-fänglich9 (die Münchner E-Tutorials ver-suchen, die Studierenden an einem emp-fi ndlichen Punkt, nämlich bei der Recher-che selbst, zu erreichen), � wie sammeln und speichern sie Infor-mation10 (die UB-News können etwa per

RSS der persönlichen Informationsumge-bung hinzugefügt werden), � wie verarbeiten sie sie weiter (die Uni-versitätsbibliothek München führt zuneh-mend Veranstaltungen zu Literaturver-waltungsprogrammen durch und ist um eine Campuslizenz bemüht), � wie publizieren sie sie (die Universi-

tätsbibliothek München bietet einen Dis-sertations- und Publikationsserver an und führt Schulungen zum Publikationsver-fahren bei Dissertationen durch), � in welchen Situationen stehen sie vor welchen Fragestellungen, � und schließlich auch, für einen europä-ischen Hochschulraum besonders wichtig: welche kulturellen und sozialen Faktoren beeinfl ussen den Zugang zu und den Um-gang mit Informationen (etwa Sprach-schwierigkeiten)?

Nur durch die schrittweise Analyse die-ses gesamten Komplexes können Hoch-schulbibliotheken ihr Angebot optimal auf die Bedürfnisse ihrer Nutzer ausrich-ten. Im Hinblick auf eine Etablierung re-gelmäßig einsetzbarer Analysemechanis-men wäre die Zusammenarbeit mit infor-mationswissenschaftlichen Institutionen wünschenswert. Leider ist die Entwick-lung der Nutzer(verhaltens)forschung in Deutschland bislang weit hinter der ang-lo-amerikanischen Entwicklung zurück-geblieben.11

Eine erweiterte Nutzungsanalyse würde sich auch auf den Bereich Erwerbung aus-wirken und den engen Zusammenhang von Erwerbung, E-Medien-Controlling und der Vermittlung von Informations-kompetenz verdeutlichen: Bei der massi-ven Investition in E-Medien an der Uni-versitätsbibliothek München (das direkt oder über SFX verfügbare Volltextangebot umfasst bei manchen Datenbanken we-sentlich über 50 Prozent – ein wichtiger Leistungsindikator) ist die Vermittlung

nology (June/July 2007) (www.asis.org/Bulletin/Jun-07/Kuhlthau.pdf))

10 Hier spricht man von »personal information collection«, die bei einem Informationsbe-dürfnis jeweils der allererste Nachschlagsort ist (vgl. Harry Bruce: Th e PAIN Hypothesis. In: Karen E. Fisher et al. (eds): Th eories of In-formation Behavior. Medford, NJ: Informati-onToday/asis&t, 2005, 270–274).

11 Vergleiche auch Karen E. Fisher et al. (eds): Th eories of Information Behavior. Medford, NJ: InformationToday/asis&t, 2005

12 Zu einigen Möglichkeiten des modernen E-Medien-Controlling vergleiche auch André Schüller-Zwierlein: Electronic Resource Ma-nagement für alle? Automatisierte Content-analyse mit Excel und VBA. In: Bibliotheks-dienst 41(2007)2, Seite 163–171

13 Vergleiche auch André Schüller-Zwierlein; Fabian Franke: Das Portal als professionelle Supportstruktur: www.informationskom-petenz.de und die Arbeit der Arbeitsge-meinschaften Informationskompetenz. In: Birgit Gaiser et al. (Hrsg.), Bildungsportale – Potenziale und Perspektiven netzbasierter Bildungsressourcen. München u.a.: Olden-bourg, 2007 (im Druck)

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Dr. André Schüller-Zwierlein, geboren 1972, ist seit 2003 Fachreferent für Eu-ropäische Philolo-gien und Leiter der Teilbibliothek Ger-manistik/Kompara-tistik an der Univer-

sitätsbibliothek München. Zuvor war er Mitarbeiter beim Handbuch der his-torischen Buchbestände (1993–2001) und beim Portal www.e-teaching.org (2002–2003). An der Universitätsbib-liothek München koordiniert er den Be-reich Informationskompetenz und ist für den Aufbau der Teilbibliothek Philolo-gicum verantwortlich. Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Informations-kompetenz im Bibliotheksverbund Bay-ern und Redaktionsmitglied des an der UB München gehosteten Portals www.informationskompetenz.de. – Kontakt: [email protected]

Redaktionsschluss für Heft 2/2008: 14. Dezember

Anzeigenschluss für Heft 2/2008: 11. Januar

(www.b-u-b.de)

(Bis 2000: »Buch und Bibliothek«)Fachzeitschrift des BIB . Berufsverband Information Bibliothek e.V.(www.bib-info.de)59. Jahrgang, Nr. 11/12, November/Dezember 2007ISSN 0340-0301

Herausgeber:Dr. Carola Schelle-Wolff, Hannover Prof. Dr. Konrad Umlauf, Berlin Prof. Cornelia Vonhof, StuttgartRedaktionsbeirat:Dale S. Askey, Kansas State University Library, Manhattan, KS .Prof. Jürgen Hering, Stuttgart . Dr. Jürgen Lodemann, Schriftsteller, Freiburg im Breisgau und Essen . Prof. Dr. Elmar Mittler, Göttingen . Dr. Horst Neißer, StadtBibliothek Köln . Walburgis Otte, Bibliothek der FH Olden-burg/Ostfriesland/Wilhelmshaven . Dr. Georg Ruppelt, Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek/Niedersächsische Landesbibliothek, Hannover . Barbara Schleihagen, Deutscher Bibliotheks-verband, Berlin . Dr. Harald Weigel, Vorarlberger Landesbibliothek, BregenzRedaktion:BuBPostfach 13 24 . 72703 ReutlingenGartenstraße 18 . 72764 ReutlingenTelefon (0 71 21) 34 91-0Telefax (0 71 21) 30 04 33E-Mail: [email protected]: Julia Hellmich (hel)Bernd Schleh (verantwortlich, slh) . unter Mitarbeit von Michael Reisser (rei)

Verlag und Anzeigenverwaltung:BOCK + HERCHEN VerlagPostfach 11 45 . 53581 Bad HonnefReichenbergerstraße 11 e . 53604 Bad HonnefTelefon (0 22 24) 57 75Telefax (0 22 24) 7 83 10E-Mail: [email protected]: Gabi Bott

Herstellung:Satz: Punkt & Pixel, Bad HonnefDruck: Strube OHG, GudensbergErscheinungsweise:zehn Hefte jährlich (Doppelhefte: Juli/Au-gust und November/Dezember)Preis:je Heft € 12,50, jährlich € 88,– Studierende sowie Mitglieder des VDB jährlich € 44,– Preise einschließlich Mehrwertsteuer und zuzüglich Versandgebühr.Für Mitglieder des BIB ist der Bezug im Mitgliedsbeitrag enthalten.BuB ist kündbar bis jeweils 15. November. Bezug durch den Verlag

von Informationskompetenz, also die aktive Förderung der Nutzung, das le-bensnotwendige Mittelstück zwischen der Bedarfsermittlung vor dem Kauf (bei-spielsweise durch »Overlap Analysis«) und der Analyse von Nutzungsstatistiken und Logfi les nach dem Kauf (zur Überprüfung von Erwerbungsentscheidungen). Denn nur was genutzt wird, kann auch auf Dau-er lizenziert werden.12

Neue Aufgaben erfordern neue Netzwerke

Um die große Zahl der Studierenden zu er-reichen, sendet die Universitätsbibliothek München also auf allen zur Verfügung ste-henden Kanälen. Nahezu alle Abteilungen der Bibliothek sind hieran beteiligt. Die Geschichte der Vermittlung von Informa-tionskompetenz durch Bibliotheken hat außerdem gezeigt, dass ohne enge inter-bibliothekarische Zusammenarbeit aus-reichende Lernangebote kaum gemacht werden können.

Um eine Infrastruktur für die Zusam-menarbeit zu schaff en und den Austausch zu verbessern, wurden in einigen Bundes-ländern Arbeitsgruppen gebildet: Die erste dieser AGs, die nordrhein-westfälische AG Informationskompetenz, wurde Anfang 2002 gegründet. Ebenfalls 2002 entstand die thüringenweite AG Benutzerschulung beim Landesverband Th üringen im Deut-schen Bibliotheksverband, 2005 dann auf Initiative der Universitätsbibliotheken Freiburg, Heidelberg und Konstanz das Netzwerk Informationskompetenz Ba-den-Württemberg und 2006 schließlich die AG Informationskompetenz des Bibli-otheksverbunds Bayern sowie die AG In-formationskompetenz im Gemeinsamen Bibliotheksverbund.

Dass es sich hierbei um hocheff ektive Strukturen handelt, zeigt das Beispiel der bayerischen AG Informationskompetenz: Ausgehend von einem Zehn-Punkte-Pro-gramm, organisierte sie innerhalb eines Jahres nach ihrer Gründung unter ande-rem eine bayernweite Studierendenbefra-gung mit über 13 000 Teilnehmern, um den Bedarf und die Desiderate an bayeri-schen Hochschulen im Bereich der Ver-mittlung von Informationskompetenz zu ermitteln. Die in diesem Heft vorgestell-ten Ergebnisse (siehe Seite 794–798) zei-gen trotz lokaler Unterschiede deutlich die Lücken im Kenntnisstand der bayerischen Studierenden und ihren klaren Wunsch nach einer wesentlichen Erweiterung des Veranstaltungsangebots.

Ebenfalls im ersten Jahr ihrer Tätigkeit war die AG Mitinitiator einer gemeinsa-

men Schulungsstatistik der Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern und Nord-rhein-Westfalen, die seit Januar 2007 ein-gesetzt wird. Sie ergänzt die Angaben der Deutschen Bibliotheksstatistik und wird ein wichtiges Bild der Leistungen deut-scher Bibliotheken in diesem Bereich er-bringen. Die Ergebnisse werden auf www.informationskompetenz.de veröff entlicht.

Um auch die Vernetzung der regiona-len Arbeitsgemeinschaften voranzutrei-ben, übernahm die Universitätsbibliothek München als Mitgliedsbibliothek der bayerischen AG Informationskompetenz die Verantwortung für den Relaunch des von der Universitäts- und Landesbiblio-thek Bonn begründeten Portals www.informationskompetenz.de: Betreut von Redaktionsmitgliedern aus den Arbeitsge-meinschaften, stellt es seit März 2007 eine unverzichtbare Informations-Infrastruk-tur für die bundesweite bibliothekarische Zusammenarbeit im Bereich Informati-onskompetenz dar (siehe auch Infokasten auf Seite 790).13

Gestützt durch ein enges Netz profes-sioneller Zusammenarbeit fühlt sich die Universitätsbibliothek München gut ge-rüstet für die Herausforderung, die der Bologna-Prozess für die deutschen Hoch-schulbibliotheken auch in der weiteren Zukunft bedeutet.

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 794 Teaching Library

Fabian Franke, André Schüller-Zwierlein1

Recherche-Hilfe erwünscht, gerne auch onlineErgebnisse einer aktuellen Studierendenbefragung durch Hochschulbibliotheken in Bayern

Die Vermittlung von Informationskompe-tenz gehört in immer stärkerem Maße zu den Kernaufgaben der Hochschulbiblio-theken.2 Voraussetzung für eine erfolgrei-che Strategie ist jedoch, dass regelmäßig Kenntnisstand und Defi zite der Studieren-den überprüft werden. Sechs Jahre nach der SteFi-Studie3, die bundesweit grund-legende Mängel in der Informationskom-petenz der Studierenden aufgezeigt hatte, hat die Arbeitsgemeinschaft Informati-onskompetenz im Bibliotheksverbund Bayern4 daher von November 2006 bis Februar 2007 eine Online-Umfrage unter den Studierenden von neun bayerischen Universitäten und fünf bayerischen Fachhochschulen durchgeführt.5 An der Befragung nahmen 13 792 Studierende teil. Die Ergebnisse sind für die jeweilige Hochschule unterschiedlich repräsenta-tiv.6 Insgesamt ergeben sich jedoch deut-liche Trends, die im vorliegenden Bericht analysiert werden.7

1 Die Autoren haben diesen Bericht im Auftrag der AG Informationskompetenz im Biblio-theksverbund Bayern verfasst.

2 Einen umfassenden Überblick bietet zum Beispiel Claudia Lux; Wilfried Sühl-Stroh-menger: Teaching Library in Deutschland: Vermittlung von Informations- und Medien-kompetenz als Kernaufgabe für Öff entliche und Wissenschaftliche Bibliotheken. Wies-baden: Dinges & Frick, 2004

3 Rüdiger Klatt et al.: Nutzung elektronischer wissenschaftlicher Information in der Hoch-schulausbildung. Dortmund, 2001, www.stefi .de.

4 Fabian Franke: »Arbeitsgruppe Informati-onskompetenz im Bibliotheksverbund Bay-ern«. In: Bibliotheksdienst 40(2006)6, Seite 754–756.

5 An der Universitätsbibliothek München

Die Nutzungszahlen der Daten-banken und der E-Zeitschriften

bestätigen, dass die Bereitstellung solcher E-Medien zu einer unverzicht-baren Dienstleistung der Hochschul-

bibliotheken geworden ist.

fand die Umfrage bereits vom 3.4. bis zum 28.7.2006 statt.

6 Zwischen 1,16 Prozent und 14 Prozent der Studierenden der einzelnen Hochschulen ha-ben an der Umfrage teilgenommen.

7 Die ausführliche Gesamtauswertung aller Er-gebnisse erscheint Anfang 2008.

8 Abweichungen zeigen sich lediglich bei Hochschulen mit zentraler Campusstruktur und langen Bibliotheksöff nungszeiten sowie bei Fakultäten mit hohem Präsenzanteil im Studium, in Praktika oder in Laboren (etwa Chemie oder Medizin). Hier werden E-Medi-en häufi g in der Bibliothek genutzt.

9 Fabian Franke; Oliver Sticht: Integration von Kursen der Universitätsbibliothek in die Studiengänge an der Universität Würzburg. In: Bibliotheksdienst 38(2006)4, Seite 504–516.

Im Folgenden werden die einzelnen Fragen und Ergebnisse der Online-Umfrage unter Studierenden von neun

bayerischen Universitäten vorgestellt und analysiert.

1. »Welchem Fachbereich gehören Sie an?«Die Ergebnisse dieser Frage wurden für lo-kale Zwecke erfasst. Sie werden im Folgen-den nur erwähnt, wenn sich signifi kante Unterschiede zwischen Fachkulturen oder Orten ergeben.

2. »Haben Sie die elektronischen Medien im Angebot der Bibliothek schon benutzt?«Fast 87 Prozent der Teilnehmer nutzen die traditionelle Hauptdienstleistung der Bibliotheken, den Online-Katalog (siehe Abbildung 1 auf der nächsten Seite). Dass immerhin 13 Prozent bisher keine Kata-logrecherche benötigt haben, könnte sich durch die Möglichkeit der Freihandsuche in Präsenzbibliotheken sowie die Konzen-tration einiger Fächer auf aktuelle Aufsatz-literatur (zum Beispiel Medizin) erklären.

Lediglich gut ein Drittel der Teilnehmer nutzt über den lokalen Katalog hinausge-hende Recherchemedien: So haben 33,21 Prozent schon einmal eine Katalogrecher-che im bayerischen Verbundkatalog/Gate-way Bayern durchgeführt beziehungs-weise dort eine Fernleihe angestoßen. Während sich dies teilweise durch die sehr gute örtliche Literaturversorgung erklären mag (etwa in München), spricht die Zahl insgesamt dafür, dass Literaturbedarf, Re-cherchewille oder Recherchefähigkeiten der Studierenden recht begrenzt sind.

Eine systematische Erhebung der Litera-turlage fi ndet im Regelfall nicht statt. Die Mechanismen landes- und bundesweiten Bibliografi erens sind oft unbekannt (KVK 9,29 Prozent).

Die Nutzungszahlen der Datenbanken (32,95 Prozent) und der E-Zeitschriften (31,46 Prozent) bestätigen, dass die Bereit-stellung dieser E-Medien zu einer unver-zichtbaren Dienstleistung der Hochschul-bibliotheken geworden ist. In Anbetracht der Tatsache, dass mittlerweile die wich-tigsten Bibliografi en eines Faches oft elek-tronisch zur Verfügung stehen, zeichnet sich jedoch hier noch massiver Informati-onsbedarf ab.

Zudem gibt es Unterschiede zwischen den Fachkulturen: Sind Geistes- und Kulturwissenschaften ebenso stark auf monografi sche wie auf Aufsatzliteratur angewiesen (und daher auf Kataloge eben-so wie auf Aufsatzdatenbanken – die Kata-lognutzung ist an geisteswissenschaftlich

geprägten Hochschulen besonders hoch), zeigt sich bei den Naturwissenschaften eine Konzentration auf Aufsatzliteratur.

Allgemein sind Nachfrage und Nut-zung vom vorhandenen Medienangebot und vom örtlichen Schulungsangebot abhängig. So werden zum Beispiel in Fä-chern, in denen viele elektronische Disser-tationen vorhanden sind, diese auch stär-ker genutzt.

3. »Haben Sie die elektronischen Medien im Angebot der Bibliothek schon einmal von zuhause aus benutzt?«Darauf antworteten 72,14 Prozent mit »Ja« und 23,27 Prozent mit »Nein« (4,59 Pro-zent unbeantwortet). Die hohe Zahl der

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Abbildung 2. Zufriedenheit mit dem Informations- und Schulungsangebot

Abbildung 1. Nutzung des elektronischen Bibliotheksangebots

Teilnehmer, die E-Medien von zuhause aus benutzen, zeigt den großen Mehrwert dieses Angebots.

Kurse und Schulungen müssen verstärkt diese Nutzungsmöglichkeit hervorheben. Besonders hohe Werte fi nden sich dort, wo entsprechende Mechanismen, wie der Zu-gang zu E-Medien von außerhalb, intensiv geschult werden.8

4. »Haben Sie das Schulungsangebot der Bibliothek schon einmal genutzt?«Auf diese Frage antworten 60,06 Prozent mit »Nein«, 38,12 Prozent mit »Ja« (1,82 Prozent unbeantwortet). Das Schulungs-angebot ihrer Bibliothek (ob im Rahmen von Kursen oder als Einzelveranstaltung) haben also die meisten der Teilnehmer noch nicht genutzt – zum Großteil haben Studierende nicht einmal eine Führung in ihrer Fachbibliothek absolviert. Sie treff en damit nahezu unvorbereitet auf die Re-chercheanforderungen im Studium.

Im Vergleich der Hochschulen und Fa-kultäten ist die Quote der Schulungsbesu-che dort besonders hoch, wo ein umfassen-des und in der Regel verpfl ichtendes Schu-lungsangebot besteht.9 Die verpfl ichtende Einbindung in Studiengänge und die In-vestition in umfassende, nach Fachkultur diff erenzierte Schulungsangebote sind richtungsweisend für eine nachhaltige Verbesserung der Informationskompetenz der bayerischen Studierenden.

5. »Welche Elemente des Schulungs-angebots der Bibliothek haben Sie genutzt?«Als Antwort nannten 33,24 Prozent »Bib-liotheksführungen«, 11,63 Prozent gaben »einmalige Schulungen« an und 0,39 Pro-zent nannten »regelmäßige Kurse«. Die

fehlenden 59,64 Prozent der Teilnehmer ließen diese Frage unbeantwortet.

Nur ein geringer Anteil der Studieren-den (gut 12 Prozent) erhält demnach eine über eine Führung hinausgehende Recher-cheausbildung. Studierende sind damit großenteils auf Kenntnisse angewiesen, die sie punktuell von Kommilitonen oder in anderen Th emen gewidmeten Kursen erwerben (vergleiche dazu Frage 9).

Bei einmaligen Schulungen schwanken die Werte lokal zwischen 6 und 33 Prozent – je nach Ausbau des Angebots. Regel-

mäßige Kurse werden noch kaum durch-geführt oder genutzt. Es muss daher ein Schwerpunkt der Hochschulbibliotheken bleiben, regelmäßige Kurse zu etablieren und in Bachelor- und Master-Studiengän-ge zu integrieren.

6. »Sind Sie mit dem Informations- und Schulungsangebot der Bibliothek zufrieden?«Knapp die Hälfte der Teilnehmer bewer-tet das Angebot an Schulungsveranstal-tungen, die Bibliotheken ergänzend zu

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Abbildung 4. Bevorzugter Schulungstyp

Abbildung 3. Wunsch nach erweiterten Angeboten

Dr. Fabian Franke ist Direktor der Universitätsbib-liothek Bamberg. – Kontakt: [email protected]; Dr. André Schüller-Zwierlein ist Fachreferent für Europäische Philologien und Leiter der Teilbibliothek Germanistik/Komparatistik an der Universitätsbibliothek München. – Kontakt: [email protected]

10 Eine große Sammlung entsprechender Mate-rialien und Unterlagen fi ndet sich zum Bei-spiel auf der bundesweiten Austauschplatt-form www.informationskompetenz.de

11 Vergleiche zum Beispiel die eTutorials der UB München: www.ub.uni-muenchen.de/etuto-rials.php

12 Vergleiche zum Beispiel Heinz Mandl; Birgit-ta Kopp: Blended Learning: Forschungsfra-gen und Perspektiven. (Forschungsbericht Nr. 182). München: LMU, 2006 (http://epub.ub.uni-muenchen.de/archive/00000905/01/Forschungsbericht182.pdf); und Johanna Dammeier: Informationskompetenzerwerb mit Blended Learning: Ergebnisse des Pro-jekts Informationskompetenz I der Bibliothek der Universität Konstanz. In: Bibliotheks-dienst 40(2006)3, Seite 314–330

wissenschaftlichen Lehrveranstaltungen durchführen, mit gut oder sehr gut (sie-he Abbildung 2 auf Seite 795). Allerdings empfi nden auch 11 Prozent das Angebot lediglich als ausreichend, mangelhaft oder ungenügend. Hier spiegelt sich die Tatsa-che, dass Bibliotheken bislang noch nicht in jedem Fach Schulungen anbieten, vor

allem aber der mangelnde Bekanntheits-grad des gesamten Schulungsangebots.

In jedem Fall bleiben deutliche Verbes-serungsmöglichkeiten in der Ausrichtung auf studentische Bedürfnisse, der Koope-ration mit Fachwissenschaftlern sowie der didaktischen Ausbildung der Bibliothe-kare.

7. »In welchem Bereich wünschen Sie sich ein erweitertes Angebot?«Selbstlernangebote haben für die Studie-renden große Bedeutung: Rechercheanlei-tungen (32,83 Prozent), Online-Training (18,47 Prozent), Online-Hilfetexte (14,45 Prozent), aber auch Online-Beratung (19,28 Prozent) zählen zu den häufi g ge-wünschten Leistungen (siehe Abbildung 3 auf dieser Seite).

Neben der technischen Optimierung der Informationsrecherche und der Ver-

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Zum Großteil haben Studierende nicht einmal eine Führung in ihrer

Fachbibliothek absolviert. Sie treffen damit nahezu unvorbereitet auf die

Rechercheanforderungen im Studium.

mittlung von Informationskompetenz durch Präsenzlehre muss daher auch die Bereitstellung entsprechender Selbstlern-möglichkeiten zum wissenschaftlichen Recherchieren ein zentraler Bestandteil einer Strategie zur Vermittlung von Infor-mationskompetenz sein.10 Obwohl einige bayerische Hochschulbibliotheken solche Angebote machen11, ist ein systematischer Ausbau notwendig.

Deutlich wird zudem ein großes In-teresse an fachspezifi schen Schulungen (32,77 Prozent), und Schulungen zu Me-dienarten (29,64 Prozent), die kompakt das notwendige Recherchewissen für das eigene Fach vermitteln. Die Vermittlung von Informationskompetenz im Rahmen von Einführungen oder Tutorien wird – im Widerspruch zur an vielen Hoch-schulen üblichen Praxis – überwiegend nicht als zu erweiternder Bereich angege-ben. Ebenfalls werden Führungen oder te-lefonische Beratung nicht als vordringlich angesehen.

Aus Sicht der Studierenden ist also ein Blended-Learning-Konzept, das Präsenz-lehre und elektronische Selbstlernangebo-

te kombiniert, sinnvoll.12 Damit zeichnet sich eine grundsätzliche Richtlinie für die Entwicklung des bayerischen Angebots zur Vermittlung von Informationskom-petenz ab.

8. »Wo sehen Sie bei sich den größten Nachholbedarf?«Dazu gaben 49,35 Prozent »Kenntnis von Recherchemedien Ihres Studienfaches«

an, 38,12 Prozent nannten »Kenntnis von Recherchetechniken/der Bedienung« und 23,72 gaben »Kenntnis von Grundfunkti-onen (Opac, Fernleihe, Zugang zu E-Me-dien) und Bibliotheken am Ort« an (20,54 Prozent unbeantwortet).

Zunächst geht es den Teilnehmern also darum, die fachrelevanten Recherche-

medien kennenzulernen (49,35 Prozent). Hochschulbibliotheken sind aufgefordert, die Vielfalt der einschlägigen Medien in Lehrveranstaltungen und Selbstlernan-geboten zu präsentieren. Bisher liegt der Schwerpunkt oft zu sehr auf der exempla-rischen Vermittlung formaler Recherche-techniken.

Eine strikte Ausrichtung auf das Stu-dienfach erscheint bei Angeboten zur Vermittlung von Informationskompetenz unabdingbar.

Auch der Schulungsbedarf im Bereich Recherchetechniken wird von den befrag-ten Studierenden als hoch eingeschätzt (38,12 Prozent). Die Annahme, Suchtech-niken könnten im Internetzeitalter einfach vorausgesetzt werden, entspricht nicht der Selbsteinschätzung der Umfrageteilneh-mer.

Fehlende Kenntnisse im Grundbereich der Bibliotheks- und Katalogbenutzung werden trotz des vielerorts guten Biblio-theksangebots noch von 23,72 Prozent als Defi zit gesehen, an einzelnen Hochschu-len besonders in den Naturwissenschaf-ten.

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Deutlich wird ein großes Interesse an fachspezifi schen Schulungen und

Schulungen zu Medienarten, die kompakt das notwendige Recherche-wissen für das eigene Fach vermitteln.

Bisher liegt der Schwerpunkt oft zu sehr auf der exemplarischen Vermitt-lung formaler Recherchetechniken.

13 André Schüller-Zwierlein (Red.): Die Ver-mittlung der Schlüsselqualifi kation Infor-mationskompetenz an der LMU München. Ein Lagebericht. München: LMU, 2006 (http://epub.ub.uni-muenchen.de/archive/00001349/01/lagebericht.pdf)

9. »An wen wenden Sie sich, wenn Sie eine Frage zur Recherche haben?«Um eff ektives wissenschaftliches Arbei-ten zu fördern, müssen Bibliotheken und Hochschulen die Professionalisierung der Vermittlung von Informationskompetenz betreiben. Derzeit stehen professionelle Informationsangebote in harter Konkur-renz zu informellen Kanälen.

So wenden sich nur wenige Studieren-de mit Fragen zur Literatur- und Infor-mationsrecherche an den Fachreferenten (7,49 Prozent) oder an Dozenten (22,74

Prozent). Gut 37 Prozent befragen da-gegen Internetquellen, und fast 2/3 der Studierenden (64,5 Prozent) wenden sich zunächst an Kommilitonen. »Kursunter-lagen« nannten 14,06 Prozent der Teil-nehmer, Rechercheanleitungen nannten 13,66 Prozent.

Die Nutzung der bibliothekarischen Auskunft (durchschnittlich 52,08 Pro-zent) ist stark von den lokalen Gegeben-heiten der ein- oder zweischichtigen Bib-liothekssysteme abhängig. (Die fehlenden 2,3 Prozent sind unbeantwortet.)

10. »Welchen Schulungstyp ziehen Sie vor?«Die Vorlesung (39,49 Prozent) und das

interaktive Arbeiten (38,96 Prozent) sind die bevorzugten Veranstaltungstypen der Studierenden (siehe Abbildung 4 auf Seite 796).

Nahezu ebenso beliebt ist das Online-Training (31,54 Prozent) – in Natur- und Geisteswissenschaften, und in besonderem Maße an der Universität mit den meisten Studierenden in Bayern, der LMU Mün-chen.

Der Einsatz aktivierender Methoden in den Lehrveranstaltungen der Bibliotheken bestätigt sich somit als zukunftsweisend. Wie in Frage 7 zeigt sich die Notwendig-keit der Verschmelzung von Präsenzlehre und E-Learning in einem Blended-Lear-ning-Konzept.

Fazit

Die Informationskompetenz der bayeri-schen Studierenden ist auch sechs Jahre nach der SteFi-Studie noch deutlich ver-besserungsfähig, das ist ein klares Ergeb-nis der Befragung. Defi zite sind sowohl im Bereich der Kenntnis fachspezifi scher Me-dien als auch bei den Recherchetechniken vorhanden.

Studierende wünschen ein erweitertes Angebot an fachspezifi schen Kursen so-wie an Online-Hilfen und Recherchean-leitungen im Sinne des Blended Learning. Dabei bevorzugen sie eine Kombination aus Vorlesungen, Übungen und Selbst-lernangeboten.

Bibliotheken und Hochschulen müssen ihr Angebot zur Vermittlung von Informa-tionskompetenz weiter ausbauen, um einer stärken Orientierung der Studierenden zu

informellen Quellen (Internet, Mitstudie-rende) entgegenzuwirken.

Damit sind grundlegende Entwick-lungslinien für die bayerischen Bibliothe-ken vorgezeichnet. Eine Ergänzung dieser

Studie durch eine Lehrendenbefragung, wie dies im Lagebericht der UB München (LMU) durchgeführt wurde,13 wäre wün-schenswert für weitere Planungen.

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An immer mehr wissenschaftlichen Biblio-theken ist das Vermitteln von Informations-kompetenz mit speziellen Schulungen in-zwischen eine Kernaufgabe. Die Universi-tätsbibliothek der Freien Universität Berlin bietet im Rahmen der Allgemeinen Berufs-vorbereitung in den Bachelor-Studiengän-gen seit dem Wintersemester 2004/2005 »Module zur Informations- und Medien-kompetenz«1 an. Das Modul »Informati-onskompetenz« wird vom Bibliothekssys-tem der Freien Universität Berlin betreut – Andrea Jeder und Mario Kowalak stellen das Angebot im Folgenden vor.

Die Bibliotheken der Freien Universität Ber-lin haben laut Bibliotheksordnung die ge-meinsame Aufgabe, eine benutzerorientier-te Literatur- und Informationsversorgung für Forschung, Lehre, Studium und sonsti-ge berufliche und wissenschaftliche Zwe-cke zu gewährleisten. Das Bibliothekssys-tem besteht aus der Universitätsbibliothek und neun weiteren Bibliotheksbereichen, in denen die Fachbibliotheken organisatorisch zusammengefasst sind.

Aufbau des Moduls

Das Modul Informationskompetenz für die Bachelor-Studierenden besteht aus den drei einwöchigen Teilmodulen »Basiswissen«, »Aufbauwissen« und »Fachinformations-kompetenz im Beruf«. Es ist offen für Stu-dierende aller Fachrichtungen. Dabei wer-den Basis- und Aufbaukurs schwerpunkt-mäßig jeweils von einem Dozententeam aus dem Informationszentrum der UB betreut.

Im abschließenden Fachinformations-kurs werden die Teilnehmerinnen und Teil-nehmer nach ihren Kernfächern/Studien-richtungen (Politik- und Sozialwissenschaf-ten, Naturwissenschaften, Geschichts- und Kulturwissenschaften, Philosophie und Geisteswissenschaften) aufgeteilt. Bei der Vermittlung von stärker fachlich orientierter Informationskompetenz wird die Universi-tätsbibliothek dann durch DozentInnen aus den Fachbibliotheken der Freien Universität unterstützt.

Der Gesamtzeitaufwand wird mit 150 Zeitstunden (davon 45 Stunden Präsenzzeit) angesetzt, was bei regelmäßiger Teilnah-

me und Bestehen der einzelnen geforder-ten Prüfungsleistungen mit fünf Leistungs-punkten (also einem Punkt pro 30 Zeitstun-den Aufwand) nach dem European Credit Transfer System (ECTS) belohnt wird.

Inhalte

Inhaltlich orientieren wir uns im Wesentli-chen an den bei Lux und Sühl-Strohmenger publizierten Standards für die Informations-kompetenz und den diesbezüglichen Indi-katoren.2 Qualifikationsziel des Moduls ist der effiziente Einsatz von elektronischen und konventionellen Informationsquellen für die berufliche Praxis sowie die Steige-rung der persönlichen Informationskompe-tenz zur Verbesserung der Berufsqualifizie-rung.

Didaktisches

Während der Präsenzphase wechseln sich Powerpoint-gestützte Dozentenvorträge mit Einzel- oder Gruppenarbeit ab. Die Er-gebnisse der Aufgaben werden durch die Teilnehmer vorgestellt und im Plenum dis-kutiert. Im Anschluss an die Präsenszeit gibt es unterschiedliche Aufgaben zu erfüllen, von der Nachbereitung eines Stoffes mittels Literaturstudium bis zur Lösung von etwas anspruchsvolleren Rechercheaufgaben. Da-bei wird der Einsatz der E-Learning-Platt-form »Blackboard« von DozentInnen und KursteilnehmerInnen positiv beurteilt.

Perspektiven

Das Modul wird zurzeit viermal jährlich durchgeführt. Obwohl nach der Erstellung des Grundkonzeptes der Vorbereitungs-aufwand deutlich sank, ist es dennoch ge-boten, sich immer wieder auf den sich ver-ändernden Informationsmarkt einzustellen. Neue Entwicklungen müssen laufend inte-griert werden, wie zum Beispiel Web 2.0-Anwendungen. Andere Vermittlungsformen im Bereich des Blended Learning sollten ent-wickelt und zusätzlich eingesetzt werden.

Andrea Jeder, Mario Kowalak

Von Basiswissen bis FachinformationWie Bachelor-Studierende von den Bibliotheken der Freien Universität Berlin geschult werden

Das Informationskompetenz-Modul der Bibliotheken der FU Berlin beinhaltet »Basiswis-sen«, »Aufbauwissen« und »Fachinformationskompetenz im Beruf«.

Foto: Rebecca Seemann

1 Das Modul wurde gemeinsam mit dem Aus-bildungs- und Beratungszentrum der Zedat (Zentraleinrichtung Datenverarbeitung) erar-beitet.2 Claudia Lux, Wilfried Sühl-Strohmenger: Teaching Library in Deutschland. Vermittlung von Informations- und Medienkompetenz als Kernaufgabe für Öffentliche und Wissenschaft-liche Bibliotheken. Wiesbaden: Dinges und Frick, 2004 (BIT.online – Innovativ; Band 9)

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Silvia Herb

»Ich muss einen Punkt haben, wo ich sage, jetzt ist Schluss«Welche Rolle spielen Bibliotheken für die Arbeitsprozesse der Bachelor-Studierenden? / Interviews an der UB Bielefeld

Was erwarten Bachelor-Studierende von einer Teaching Library? Welche Rolle spielen Bibliotheken in ihren Lern- und Arbeitsprozessen? Eine kleine empirische Studie an der Universitätsbibliothek Bie-lefeld ist solchen Fragen nachgegangen. Dabei ging es speziell um den Bedarf von Bachelor-Studierenden, die ihre Ab-schlussarbeit erstellen möchten. Es wurde eine schriftliche Befragung durchgeführt, an der 95 Lehrende teilnahmen, ergän-zend gab es Fokus-Interviews mit fünf Studierenden und vier Lehrenden. Ein Ergebnis: Offenbar brauchen die Bache-lor-Studierenden mehr Unterstützung bei wissenschaftlichen Arbeitstechniken, wie dem Eingrenzen eines Themas, dem Auswählen von Quellen und dem richtigen Zitieren.

Recherchieren, Zitieren, Präsentieren: Basiskompetenzen des wissenschaftlichen Arbeitens könnten zunehmend von Bibliotheksmitarbeitern vermittelt werden. Foto: Rebecca Seemann

Bei der Planung von Veranstaltungen zur Informationskompetenz-Ver-mittlung jonglieren Bibliotheken

mit Ressourcen, Lehrzielen und dem Be-darf der Zielgruppen. Die eigenen Res-

tronischer Zugriff smöglichkeiten auf stu-dienrelevante Informationen in den Blick genommen wurde. So zeigt eine HIS-Stu-die aus dem Jahr 2003, dass Studierende den Anteil der Zeit, die sie zu Studienzwe-cken am Computer verbringen, derzeit etwa mit 40 Prozent angeben.2

Derartige Studien beschäftigen sich aber selten mit dem Vermittlungsbedarf an Kenntnissen zur Literaturrecherche und -auswertung.

Eine kleinere empirische Studie an der Universität Bielefeld, durchgeführt im Auftrag des Arbeitsbereichs Studium, Lehre und Karriere, hat sich nun mit der Abfassung von Bachelorarbeiten befasst: Welche Ansprüche werden dabei von

sourcen kennt man. Die Lehrziele lassen sich aus Informationskompetenz-Stan-dards diff erenziert ableiten. Der Bedarf der einzelnen Zielgruppen muss ermittelt werden.

Die Einführung der neuen Bachelor-Studiengänge hat Auswirkungen auf Ab-lauf und Inhalt des Studiums. Für die Ge-staltung bibliothekarischer Schulungen ist die wichtigste Frage, ob und wie sich der Literaturbedarf der Hauptklientel, der Studierenden, verändert.

Nach der großen Studie zum Umgang mit elektronischer Fachinformation (Ste-Fi-Studie)1 zu Beginn des Jahrtausends gab es noch eine Reihe weiterer Studien, in denen die zunehmende Bedeutung elek-

den Lehrenden gestellt? Welche Proble-me treten auf? Wie fallen die Arbeiten aus?

Schriftliche Befragung und Fokus-Interviews

Es wurden 95 Lehrende schriftlich per E-Mail befragt. Ergänzend gab es zwei Fo-kus-Interviews mit einer Gruppe von fünf Studierenden und einer Gruppe von vier Lehrenden. Die Fokus-Interviews wurden nicht von der Bibliothek selbst und nicht im Zusammenhang mit Bibliotheksveran-staltungen erhoben. Ein Vorteil, denn dies schließt sogenannte »Intervieweff ekte« aus, also höfl ichen Beifall oder freundli-

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Lesesaal | BuB 801Schwerpunkt

Teaching Library

Silvia Herb, Ma-gister in Soziolo-gie, Psychologie und Rechtswissenschaf-ten, absolvierte ein Referendariat an der Universitätsbib-liothek Gießen und der Bibliotheksschu-

le Frankfurt am Main und ist seit 2005 als Fachreferentin für Soziologie und Koordinatorin für den Bereich Informa-tionskompetenz an der Universitätsbib-liothek Bielefeld tätig.- Kontakt: [email protected]

Für Studierende der Anfangssemester ist es schwierig zu erkennen, dass der

Prozess des wissenschaftlichen Arbeitens spiralförmig verläuft, und

vielfach zwischen Bibliothek und Schreibtisch hin- und hergependelt

werden muss.

ches Lob aufgrund der Gesprächssituati-on.

Schon vor Einführung der neuen Studi-enstrukturen wurde an den Hochschulen eine vermutete Senkung des inhaltlichen Anspruchs in den Bachelor-Studiengän-gen diskutiert. Fakt ist, dass für Bachelor-Arbeiten deutlich weniger Zeit zur Verfü-gung steht als für frühere Examensarbei-ten (nämlich sechs Wochen) und auch ihr Umfang geringer ist.

In der Bielefelder Erhebung fi ndet sich eine Frage in diese Richtung an die Leh-renden: »Bei Bachelorarbeiten ist – im Vergleich mit Abschlussarbeiten alter Art – die Menge verarbeiteter Literatur gerin-ger.« Diese Aussage wurde von 92 Prozent der Befragten bejaht. Für Bibliothekare bedeutet der geringere Literaturbedarf, dass man auf bestimmte Inhalte in Ver-anstaltungen für Bachelor-Studierende möglicherweise verzichten kann. Dadurch entsteht Freiraum für Informationen, die von dieser Zielgruppe dringender benötigt werden.

In einem Kommentar in den Studie-rendeninterviews heißt es: »Es gibt bei uns eine Veranstaltung, die heißt Arbeitstech-niken […] Also da geht es eigentlich nicht wirklich um Schreiben, sondern eben um Arbeitstechniken. Wo ist die Bibliothek, zum Beispiel, um mal ganz unten anzu-

fangen.« Die Bibliothek stellt im Gefüge der Hilfsmittel wissenschaftlichen Ar-

beitens nach diesem Zitat off enbar die unterste Stufe dar.

Die Formulierung betont zum einen die grundlegende Rolle der Bibliothek im Pro-zess des wissenschaftlichen Arbeitens: hier fängt man an. Sie lässt aber auch anklin-gen, dass die Arbeit in der Bibliothek nicht als Bestandteil der »eigentlichen« wissen-schaftlichen Arbeit begriff en wird.

Ein Zitat aus einer weiteren Antwort der Studierenden lautet: »Und Schreiben fängt nicht an, wenn ich mich hinsetze und irgendwie eine perfekte Endfassung schreibe, sondern fängt halt an, wenn ich Exzerpte schreibe und lese und Literatur suche und Stapel mache und so. Das fand ich total erleichternd, also dass ich irgend-wann so das Gefühl gekriegt habe, alles, was ich immer als unwichtig abgetan habe, gehört halt zum Schreiben dazu. Und ich muss nicht mehr ständig das Gefühl ha-ben, ich mache eigentlich noch gar nichts für die Hausarbeit, sondern ich mache ja schon Sachen.«

Für Studierende der Anfangssemester ist es schwierig zu erkennen, dass der Pro-zess des wissenschaftlichen Arbeitens nicht linear, sondern spiralförmig verläuft, und vielfach zwischen Bibliothek und eigenem Schreibtisch hin- und hergependelt wer-den muss. Dabei verläuft gerade bei Studi-enanfängern der thematische Reduktions-prozess noch besonders langwierig.

Dazu eine Interviewaussage eines Leh-renden: In den Veranstaltungen zur Ein-führung ins wissenschaftliche Arbeiten »… sollen sie [die Studierenden] eigentlich da hingeführt werden, durch die Anlei-tung der Tutoren, Eingrenzungskriterien für Fragestellungen zu fi nden, und gu-cken, sind das Sachen, die realisierbar sind – auch an Literatur, daran muss man ja auch denken. Und sie sollen immer wieder da hingeschubst werden: Werdet spezieller. Werdet spezieller. Das, was ihr da macht, ist zu groß, EU ist riesig, sucht euch einen Bestandteil – noch kleiner, noch kleiner, noch kleiner, noch kleiner, sucht euch den

1 Ergebnisse der SteFi-Studie sind online unter: www.stefi .de

2 Publikationen des Hochschul-Informations-Systems (HIS) sind abrufbar unter: www.his.de

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 802 Teaching Library

Lehrende sehen sich offenbar außerstande, diese Arbeitstechniken im Rahmen der Workloads selbst zu

vermitteln. Sie erwarten aber, dass die Studierenden über diese Kompeten-

zen verfügen.

kleinsten Bestandteil aus. Da werdet ihr wirklich einfach besser … Und die hören nicht drauf.«

Es wird hier ein zentrales Problem deutlich, mit dem Hochschullehrende im-mer wieder konfrontiert werden: Es fällt Studierenden enorm schwer, das Th ema einzugrenzen und in der Folge auch die Menge der auszuwertenden Literatur zu beschränken. Überdies wünschen sich 58 Prozent der Lehrenden in der Umfrage: »Studierende sollten vor der Anmeldung ihrer Bachelorarbeit die Recherche zu ihrem Th ema weitgehend abgeschlossen haben.« Wie können Bibliothekare den Studierenden in diesem Dilemma zur Sei-te stehen?

Die Studierenden haben selten Sorge, zu wenig Literatur zu fi nden. Sie fürchten stattdessen zu viel Literatur und die Auf-gabe, gerade so viel Relevantes auszuwäh-len, wie sie in der zur Verfügung stehenden Zeit bearbeiten können.

Meines Erachtens erhellt dieser Um-stand das Phänomen, dass trotz aller Wer-bemaßnahmen zu off enen (also nicht in Lehrveranstaltungen eingebundenen) bibliothekarischen Schulungen meist nur eine Handvoll Teilnehmer erscheinen. Studierende meiden Schulungsveranstal-tungen, wenn sie fürchten, dort zu lernen, wie sie immer mehr und mehr Literatur fi nden können. Bibliotheken sollten also vielmehr damit werben, dass sie dabei hel-fen, weniger, dafür aber die relevante, Lite-ratur zu fi nden.

In einem Interviewausschnitt wird ganz klar der Wunsch formuliert, dass es, »je-manden gibt, der sagt: Doch, das ist gut, kannst du so lassen, auch wenn es andere Literatur gibt. Aber wenn du das ganz al-leine entscheiden musst, dann bringt mich irgendwann fremde Literatur, die ich noch nicht kenne, auch durcheinander.«

Auch andere Studierende berichten von der Angst vor Literaturfl ut und Informati-onsfülle: »Also ich gucke mir erst mal Lite-ratur an, und dann suche ich was aus, […] ich versuche halt irgendwann, aufzuhören zu lesen, großfl ächig zu lesen, weil sonst fange ich nie an zu schreiben. Also ich muss so einen Punkt haben, wo ich sage, jetzt ist Schluss […]. Und dann versuche ich auch nicht mehr, noch mehr zu lesen, weil ich sonst auch unsicher werde. Also wenn ich dann auf einmal was lese, was jetzt irgendwie eine ganz andere Meinung widerspiegelt, dann werde ich, wenn ich alleine schreibe, unsicher.«

Recherchefähigkeiten eignen sich Stu-dierende heute, mehr oder weniger gut, während ihres langjährigen Umgangs mit Internetsuchmaschinen an. Sie sehen da-

her oft keinen Erläuterungsbedarf mehr. Hilfestellung wünschen sie sich sowohl bei der Auswahl geeigneter Informationsmit-tel als auch der sinnvollen Begrenzung von Treff ermengen.

Auch Zitiertechniken vermitteln

Auch ein anderes Problem wird in einigen wörtlichen Zitaten von Lehrenden deut-lich: »Inhaltlich lassen sich die Th emen gut aus den Seminaren ableiten, metho-disch, vor allem bei der Literatursuche und der Gliederung, dem Zitieren, zeigen sich große Probleme.« Ein off enbar etwas un-gehalteneren Lehrender drückt es in der schriftlichen Befragung so aus: »Richtige Zitationsweisen et cetera werden oftmals sehr schlecht beherrscht!!!«

Hier entsteht eine unter Teaching Libra-rians umstrittene Frage: ob sich nämlich bibliothekarische Schulungsveranstaltun-

gen auf die Handhabung von Informati-onsmitteln und ein paar grundlegende suchstrategische Tipps beschränken soll-ten oder ob fachwissenschaftliche Techni-ken des wissenschaftlichen Arbeitens, als solche kann man die im jeweiligen Fach geltende Zitierkonvention ja betrachten, von Bibliothekaren vermittelt werden sol-len.

Die Ergebnisse der Bielefelder Studie belegen einen Bedarf in die zweite Rich-tung: Lehrende sehen sich off enbar außer-stande, diese Techniken im Rahmen der engen Workloads selbst zu vermitteln. Sie erwarten aber, dass die Studierenden über diese Kompetenzen verfügen. Da einer-seits in der Bibliothek einschlägige Fach-kompetenz vorhanden ist und andererseits bibliothekarische Schulungsveranstaltun-gen nach »Lockmitteln« suchen, die die Teilnahme für Studierende interessanter machen, sollte dieses Potenzial nicht ver-schenkt werden.

Die Ergebnisse der Bielefelder Stu-die deuten insgesamt darauf hin, dass in bibliothekarischen Schulungsveran-staltungen für Bachelor-Studierende die Vermittlung grundlegender Informati-onsmittel (Bibliothekskatalog, fachliche Nachschlagewerke) ausreicht, aber mehr

methodische Hinweise (Zitierweisen, Th emeneingrenzung et cetera) gegeben werden sollten.

Oder, wie es eine Lehrende formulierte: »Okay, wo ist die Bibliothek, das ist eine gute Idee, wenn man das weiß. […] wenn man das ›Dahinter‹ mitlehren würde, wäre das ja schon mal keine schlechte Idee.« Ob damit gemeint sein soll, auch Organisato-risches »hinter« dem eigentlich Inhaltli-chen zu erklären, oder ob gemeint ist, sich mehr auf die Inhalte über das Organisa-torische hinaus zu konzentrieren, bleibt in dieser Formulierung zwar off en. Bib-liothekarisches Handeln jedenfalls wäre in beiden Fällen gefragt.

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Teaching Library

Esther Krähwinkel

Informations-kompetenz als Lehrer-Fortbildung Erfahrungen mit einem neuen Teaching-Library-Modell an der Universitätsbibliothek Marburg

Auch wissenschaftliche Bibliotheken profi lieren sich zunehmend als Orte der Fortbildung und des lebenslangen Lernens. Es entspricht der aktuellen Linie der Kultusministerkonferenz und des Bil-dungsministeriums, dass Hochschulen das Feld der Weiterbildung stärker in den Blick nehmen sollen. Bislang werden vor allem Öffentliche Bibliotheken mit Themen wie »Lebenslanges Lernen« und »Partner-schaft zu Schulen« assoziiert. Doch auch wissenschaftliche Bibliotheken entdecken auf diesen Feldern zunehmend Hand-lungsspielraum. Die Universitätsbibliothek Marburg zum Beispiel hat Erfahrungen mit fachübergreifenden Informations-kompetenz-Fortbildungen für Lehrer von Gymnasien und Gesamtschulen gesam-melt. Esther Krähwinkel skizziert den neuen Bildungsauftrag, den wissenschaft-liche Bibliotheken als Teaching Library aufgreifen können, stellt das Marburger Beispiel vor und benennt Chancen, aber auch Grenzen eines solchen Angebots.

Zielgerichtete Veranstaltungen für Lehrerinnen und Lehrer sind allerdings, bis auf Ausnahmen in

Niedersachsen oder auch Würzburg, bei beiden Bibliothekstypen kaum

zu entdecken.

1 Julia Willich; Karl-Heinz Minks: Die Rolle der Hochschulen bei der berufl ichen Weiter-bildung von Hochschulabsolventen. Sonder-auswertung der HIS-Absolventenbefragung der Abschlussjahrgänge 1993 und 1997 fünf Jahre nach dem Studienabschluss (Kurzinfor-mation HIS Hochschul-Informations-System A 7 /2004), Hannover 2004

2 Vergleiche beispielsweise: Bertelsmann Stif-tung: Öff entliche Bibliothek und Schule – neue Formen der Partnerschaft, Gütersloh 1997

3 Abzurufen unter www.biblio.tu-bs.de/schulprojekt

4 Claudia Lux; Wilfried Sühl-Strohmenger:

Teaching Library in Deutschland. Vermitt-lung von Medien- und Informationskom-petenz als Kernaufgabe für öff entliche und wissenschaftliche Bibliotheken, Wiesbaden, BIT-online innovativ (9), 2004, Seite 90

5 Realisierung der Ziele des Bologna-Prozesses. Nationaler Bericht 2004 für Deutschland von KMK und BMBF (www.kmk.org/doc/publ/BE_041220_Bologna_NationalerBericht%20Endfassung.pdf)

6 Pressemitteilung der Philipps-Universität: Netzwerk WissWeit – Weiterbildung auf Hochschulniveau (http://www.uni-marburg.de/zv/news/presse/2005_06_22_wissweit/text.html)

Bibliothek und Fortbildung – diese Verbindung ist vielfach noch unge-wöhnlich, auch wenn in der Diskus-

sion um lebenslanges Lernen Öff entliche Bibliotheken als Orte formellen und in-formellen Lernens zunehmend erkennbar sind. Weniger deutlich formuliert dagegen ist die Idee, dass, obwohl in Benutzungs-ordnungen explizit genannt, Universitäts-bibliotheken Orte der berufl ichen Fortbil-dung sein können.

Das mag daran liegen, dass Universitä-ten immer in Zusammenhang mit einer Universität und damit in Zusammenhang eines für eine langfristige Berufsausübung gemeinten Studiums gedacht sind. Doch sieht die Realität sowohl für viele Studie-rende als auch für viele Studierte und Be-rufstätige anders aus: Lernen und der Auf-bau von Kompetenzen werden zunehmend sequenzieller und damit auf verschiedene Phasen des Lebens verteilt.1

Ähnliches ist für die Verbindung von Schule und Bibliothek festzustellen. Auch

hier liegt der Focus deutlich auf Öff ent-lichen Bibliotheken,2 wenngleich die Zusammenarbeit von Schule und wissen-schaftlichen Bibliotheken in den letzten Jahren zunehmend an Profi l gewonnen hat. Insbesondere in Niedersachsen wird Oberstufenschülerinnen und -schülern unter dem Motto »Fit für die Informati-onsbeschaff ung in Niedersachsen« ein umfassendes Programm geboten.3

Zielgerichtete Veranstaltungen für Lehrerinnen und Lehrer sind allerdings, bis auf Ausnahmen in Niedersachsen oder auch Würzburg, für beide Bibliotheksty-

pen kaum zu entdecken: »Diese Form des verstärkten Kontakts zwischen Bibliothek und Schule ist noch nicht sehr verbreitet, da die Lehrer nur über begrenzt detaillierte Kenntnisse der Bibliothek, ihrer Bestände und Dienstleistungen verfügen und diese Ressourcen folglich nur vereinzelt in ihre Unterrichtsplanung einbeziehen.«4

Im Sinne einer nachhaltigen und kom-petenten Nutzung von Informationen ist letzteres aus Bibliothekssicht durchaus wünschenswert, zumal ein solcher Kon-takt keine beliebige Ausweitung hoch-schulbibliothekarischer Aufgaben ist. Er greift vielmehr Entwicklungen im Hoch-schulbereich auf.

Lehrerfortbildung – eine Aufgabe für Universitätsbibliotheken

Die inzwischen vielfach ausgebauten An-gebote zur Informationskompetenz und die Einbindung in die Bachelor- und Mas-terstudiengänge zeigen, dass Universitäts-bibliotheken konstruktiv mit den Verän-derungen in der bundesdeutschen Hoch-schullandschaft umgehen. Allerdings ist damit die Gestaltung wissenschaftlicher Bibliotheken als zukünftige Lehr- und Lernorte noch nicht abgeschlossen.

Für den weitergehenden Wandel wer-den in den nächsten Jahren unter anderem zwei Felder relevant sein: Fortbildungen und die Zusammenarbeit mit Schulen. Deutlich formuliert ist das im Nationalen Bericht 2004 für Deutschland.

Unter der Überschrift »Lebenslanges Lernen« wird als eine Aufgabe von Hoch-schulen explizit die Weiterbildung ge-nannt. Hochschulen, so lautet das Fazit, kommt »auch innerhalb der ›Strategie für lebenslanges Lernen in der Bundesrepub-lik Deutschland‹ […] eine besondere Be-deutung«5 zu.

Welche das aus Sicht von Universitäten sein kann, präzisiert der Vizepräsident der Universität Marburg 2005 anlässlich der Freischaltung eines Weiterbildungspor-

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Dr. Esther Krähwin-kel ist Bibliotheksas-sessorin und arbeitet als Bibliothekarin in der Bibliothek des Hessischen Staatsar-chivs Marburg. Nach einem sozial- und geschichtswissen-

schaftlichen Studium (Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Volkswirtschaftsleh-re und Europäische Ethnologie) folgte eine mehrjährige Tätigkeit an der Phi-lipps-Universität Marburg. Mit Fragen der Methodik und Didaktik setzte sie sich dabei unter anderem als Lehrbe-auftragte auseinander. Das Referenda-riat absolvierte sie von 2004 bis 2006 an der Universitätsbibliothek Marburg. Während dieser Zeit entwickelte sie ein Konzept zur Lehrerfortbildung an der UB Marburg. Anschließend formulierte sie für die Deutsche Gesellschaft für In-formationswissenschaft und –praxis ein Rahmenkonzept zum Thema »Informa-tionskompetenz und Schule«. – Kontakt: [email protected]

Fortbildungen und die Zusammen-arbeit mit Schulen werden in den

nächsten Jahren relevant sein. Deut-lich formuliert ist das im Nationalen

Bericht 2004 zum »Bologna-Prozess« für Deutschland.

Hochschulerkundungstage, Schnupperstudium, Schülerlabore und -workshops sind nur einige Angebote,

die sich inzwischen an fast jeder Hochschule fi nden lassen.

7 Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheks-verbände (Hrsg.): Bibliotheken ’93. Struktu-ren, Aufgaben, Positionen, Berlin 1994, Seite 35

8 Esther Krähwinkel: Universitätsbibliotheken und berufl iche Fortbildung: Möglichkeiten der Schulungen zur Informationskompetenz als zielgruppenorientiertes Angebot zur Inte-gration neuer Nutzergruppen; aufgezeigt an einem ausgewählten Beispiel, Berlin 2007, (Berliner Handreichungen zur Bibliotheks- und Informationswissenschaft, 179), abzu-rufen unter www.ib.hu-berlin.de/~kumlau/handreichungen/h179/h179.pdf

9 Drittes Gesetz zur Qualitätssicherung in hes-sischen Schulen, 29.11.2004, Gesetz- und

tals. Nach ihm übernimmt »im Marburger Lehrangebot […] die wissenschaftliche Weiterbildung eine wichtige Funktion. Sie vervollständigt die gestuften Strukturen (Bachelor und Master), in denen zukünf-tig vor dem Berufseinstieg studiert wird«.6

Der Abbau der Grenzen im Bildungs-bereich betriff t nicht nur die Erweiterung universitärer Aufgaben um Fortbildung. Vielmehr plädiert der Nationale Bericht 2004 umfassend für Kooperationen von Hochschulen mit Betrieben, Verbänden, der Arbeitsverwaltung, Weiterbildungs-einrichtungen und insbesondere mit

Schulen. Dies ist ein fast durchgängig zu fi ndender bildungspolitischer Tenor.

Insbesondere im Hinblick auf die Be-rufs- und Studienfachwahl haben Uni-versitäten ihre Angebote für Schülerinnen und Schüler in den letzten Jahren bestän-dig ausgeweitet: Hochschulerkundungsta-ge, Schnupperstudium, Schülerlabore und -workshops sind nur einige Angebote, die sich inzwischen an fast jeder Hochschule fi nden lassen.

Wie können die genannten Entwick-lungen – Fortbildung als Teil des univer-sitären Aufgabenspektrums und eine zu-nehmende Orientierung auf Schule – von wissenschaftlichen Bibliotheken aufge-griff en werden?

Zunächst sind Universitätsbibliotheken Bibliotheken des spezialisierten Bedarfs und damit gehört zu ihren Aufgaben auch »die Bereitstellung von Informationen zur Fort- und Weiterbildung auch in speziali-sierten Arbeitsbereichen«.7

Strategisches Handeln

Angesichts dieser Aufgabenspezifi zierung sind die beschriebenen Entwicklungen für Hochschulbibliotheken insofern wich-tig, als diese von ihnen in strategisches Handeln umgesetzt werden können. Die Ausweitung der Angebotspalette um Fortbildungen und der Einbezug weiterer Benutzergruppen wie Lehrerinnen und Lehrer würden somit nicht beliebig sein. Diese neuen Aufgabenfelder orientieren sich vielmehr an der neuen Aufgabenbe-schreibung von Universitäten und einer

von ihnen zunehmend ins Auge gefassten Bezugsgruppe.

Für die Universitätsbibliothek Mar-burg bot es sich zudem aus einem weiteren Grund an, ein Fortbildungsangebot für Lehrerinnen und Lehrer zu entwickeln.8

Ausschlaggebend war das seit dem 1. Ja-nuar 2005 gültige »Dritte Gesetz zur Qualitätssicherung in hessischen Schulen«. Mit diesem Gesetz und den dazu erlasse-nen Ausführungsverordnungen9 ist die hessische Lehrerfortbildung grundlegend umstrukturiert worden. Nach den neuen Regelungen sind hessische Lehrkräfte seit dem 1. August 2005 verpfl ichtet, sich in einem vorgeschriebenen Umfang fortzu-bilden und dieses in einem Portfolio nach-zuweisen.

Als mögliche Fortbildungseinrichtun-gen nennt das Gesetz explizit Universi-

Verordnungsblatt I, 19/2004, Seite 330. Verordnung zur Umsetzung des Hessischen Lehrerbildungsgesetzes (HlbG-UVO) vom 16.03.2005, (ABl. 4/2005, Seite 202).

10 Abzurufen unter www.uni-marburg.de/profi l/strategie/20060726/5, Seite 9

11 Luzian Weisel: Vermittlung von Informati-onskompetenz – Herausforderung für Schule und Unterricht, B.I.T. online 10(2007)3, Sei-te 209–213

12 Frederike Dauer: Lehrerschulungen in Osna-brück. Die etwas andere Art mit dem Problem der Facharbeit umzugehen, Bibliotheksdienst (36) 2002, Seite 1505–1510

13 Abzurufen unter www.uni-marburg.de/bis/service/infokom/lehrerfortbildung/lehrfl y

täten. Die Philipps-Universität Marburg greift dies insofern auf, als sie sich dem hessischen Wissenschaftsministerium ge-genüber in Zielvereinbarungen verpfl ich-tet, 2009 insgesamt 70 000 Euro über Fortbildungen zu erwirtschaften. Dabei erhoff t sie sich insbesondere eine Nachfra-ge nach der Lehrerfortbildung.10

Die bestehende Fortbildungsverpfl ich-tung legt dieses auch für Bibliotheken nahe. Es spricht jedoch nichts dagegen, ebenso in anderen Bundesländern entspre-chende Fortbildungen zur Informations-kompetenz anzubieten. Entscheidend ist das Ensemble der Änderungen in Schulen. Die Fortbildungspfl icht ist nur ein Teil da-von.

Weitere wichtige Aspekte wie die Ein-führung des Seminarfachs, die verstärkte Ausrichtung auf methodisches Lernen und neue Prüfungsleistungen, beispiels-weise Präsentationsprüfungen im Abitur,

erfordern eine zunehmende Aneignung und Unterrichtung von modernen Ar-beitstechniken – und Informationskomp-etenz ist ein Teil davon.

Dass der Bereich Schule und Informa-tionskompetenz Entwicklungspotenzial hat, davon zeugt nicht nur die erwähnte Initiative in Niedersachsen.11

Gleichzeitig stellt sich aber die Frage, wie dieses angesichts einer rückläufi gen Personalausstattung umzusetzen ist. Ein möglicher Weg kann die Schulung von Lehrerinnen und Lehrern anstelle von Schülern sein, wie es die Universitätsbib-liothek Osnabrück seit 2001 anbietet.12

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Teaching Library

Wie lassen sich solche Schulungen angesichts einer rückläufi gen Perso-nalausstattung umsetzen? Ein mögli-

cher Weg kann die Schulung von Lehrerinnen und Lehrern anstelle von

Schülern sein.

Der Abruf von Fortbildungen über Weiterbildungsdatenbanken scheint

keine genutzte Strategie zu sein.

Auch im Bereich der Lehrer-Fortbildung können Teaching Librarians aktiv werden und das lebenslange Lernen unterstützen. Foto: Rebecca Seemann

Gewusst wie – Kataloge, Datenbanken und Portale für den Unterricht

Die genannten Vorüberlegungen führten schließlich dazu, dass die Universitäts-bibliothek Marburg im Oktober 2006 eine fachübergreifende Schulung an zwei Nachmittagen zu je 90 Minuten für Leh-rerinnen und Lehrer der Schulformen Gymnasium und kooperative Gesamt-

schule durchführte. Ebenfalls möglich ist es, Veranstaltungen entsprechend der in Schulen bestehenden Fachschaften – Na-turwissenschaften, Gesellschaftswissen-schaften und Sprachen – zu konzipieren. Da aber für das erste Angebot dieser Art möglichst viele Lehrer angesprochen wer-

den sollten, wurde auf diese Möglichkeit verzichtet.

Beworben wurde die Fortbildung auf der Homepage der Bibliothek, in entspre-chenden Weiterbildungsdatenbanken und zudem durch einen Flyer, der an den Gym-nasien und Gesamtschulen in Marburg und im Umland verteilt wurde.13 Gemes-sen an der Zahl von schließlich zwölf An-meldungen ist der Aufwand, Flyer zu er-stellen, zu drucken und zu verteilen, hoch. Allerdings nahmen elf von zwölf Teilneh-mern daraufhin an der Schulung teil.

Der Abruf von Fortbildungen über Weiterbildungsdatenbanken scheint kei-ne genutzte Strategie zu sein. Gleichzeitig sollten die Flyer nicht nur auf die konkrete Veranstaltung aufmerksam machen, son-dern längerfristig in dem Sinn wirken, dass die Universitätsbibliothek als Fortbil-dungsanbieter prinzipiell wahrgenommen wird.

Die Fortbildungskonzeption entspricht dem Aufbau der anderen in der Universi-tätsbibliothek Marburg durchgeführten Schulungen: Blöcke zu 90 Minuten, Er-läuterung der Recherche- und Beschaf-

fungswege anhand auf die Gruppe ab-gestimmter Suchbeispiele und Übungs-phasen zur eigenen Vertiefung sind die Grundelemente.

Um die Suchbeispiele auswählen und um im Vorfeld den Kenntnisstand ab-schätzen zu können, füllten die Teilneh-mer mit der Anmeldung einen Fragebogen aus. Danach ergab sich, dass fast allen die Universitätsbibliothek, aber nur der Hälfte der Opac bekannt war. Fachdatenbanken

nutzte keiner der Teilnehmer, während aber alle regelmäßig, auch für die Unter-richtsvorbereitung, googlen. Das hat sich nun hoff entlich geändert.

Im Mittelpunkt des gesamten Kurses stand die thematische Recherche nach di-rekt verfügbaren Medien, die entweder für die Unterrichtsvorbereitung oder im Un-terricht selbst eingesetzt werden können. �

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Für ein Angebot spricht auch, dass damit Einnahmen zu erzielen sind. Allerdings ist der Rahmen für die

Preisfi ndung eng gesteckt.

14 Diese Entwicklung befürchteten Bibliothe-ken der Sektion IV im Deutschen Biblio-theksverband nach einer Befragung 2005. Vergleiche Werner Stephan: Was lernen wir aus Fragebogenaktionen? Auswertung der Fragebogenaktion der Sektion IV des DBV, 2005, Folienpräsentation abzurufen unter www.bibliotheksverband.de/sektion-4/dokumente/2005/Stephan.pdf

15 www.informationskompetenz de, newsar-chiv: Bayernweite Umfrage zu IK-Angeboten für Schüler, abzurufen unter http://www.informationskompetenz.de/newsarchiv/ak-tuelle-nachricht/news/97/archiv/?tx_ttnews%5Bpointer%5D=5&cHash=7ede1cbf81

16 Schule und Bibliothek. Bildungspartner für Lese- und Informationskompetenz, abzuru-fen unter www.oldenburger-bibliotheken.de

Mithilfe eines Fragerasters – Was suche ich? Was brauche ich? Wo suche ich? Wie suche ich? – wurden den Teilnehmern mit Suchbeispielen zu Unterricht, Didaktik und einzelnen Fächern wie beispielsweise Deutschunterricht Recherche- und Be-schaff ungswege erläutert beziehungsweise diese von ihnen selbst eingeübt.

Opac und Datenbank FIS Bildung

Dazu wurde in der ersten Veranstaltung mit dem Opac und in der zweiten Veran-staltung mit der bibliografi schen Daten-bank FIS Bildung gearbeitet. Dabei ging es nicht darum, den Opac beziehungswei-se FIS Bildung in allen Einzelheiten zu erläutern, sondern vielmehr darum, eine Vorstellung davon aufzubauen, was Ka-taloge und Datenbanken im Unterschied zum World Wide Web beinhalten, was sie an Informationen bieten, auf welchen We-gen diese zugänglich sind und wie diese Informationen weiterverarbeitet werden können.

Die Abschlussevaluation fi el ausgespro-chen positiv aus. Für die Teilnehmer war der vermittelte Inhalt durchweg wichtig. Sie schätzen ihn für ihren Unterricht als so relevant ein, dass sie die erworbenen Kenntnisse zukünftig in ihren Unterricht einbringen wollen.

Abzuwägen bleibt schließlich die Fra-ge nach Aufwand und Nutzen. Da viele Hochschulbibliotheken inzwischen Schu-lungen zur Informationskompetenz anbie-ten, kann darauf aufbauend vielfach mit abzusehendem Arbeitseinsatz eine weitere Konzeption für Lehrerinnen und Lehrer

Nichtsdestotrotz fi nden sich weiterhin bemerkenswerte Initiativen. Die bayeri-sche Arbeitsgemeinschaft Informations-kompetenz beispielsweise arbeitet gerade daran, auf Grundlage einer Umfrage die Rolle der bayerischen wissenschaftlichen Bibliotheken bei der Vermittlung von In-formationskompetenz an Schulen neu zu defi nieren.15 Entsprechendes haben die Oldenburger Bibliotheken bereits getan. Die Fachhochschulbibliothek, die Univer-sitätsbibliothek, die Landesbibliothek und die Stadtbibliothek erarbeiten gemeinsam bedarfsgerechte Angebote zum Training von Informationskompetenz mit dem Ziel einer Begleitung während der gesamten Schullaufbahn.16 Kooperatives Vorgehen scheint demnach eine Möglichkeit zu sein, der Zusammenarbeit zwischen Schule und wissenschaftlicher Bibliothek Gewicht zu verleihen.

erstellt werden. Gleichzeitig bedarf es aber auch einer gewissen Durchführungshäu-fi gkeit, um den jeweiligen Erarbeitungs-aufwand gering zu halten.

Für ein Angebot spricht auch, dass da-mit Einnahmen zu erzielen sind. Aller-dings ist der Rahmen für die Preisfi ndung eng gesteckt. Unabhängig der Fragen ei-ner entsprechenden Gebührenordnung oder der Möglichkeit, den tatsächlichen Aufwand berechnen zu können, bewegt sich, zumindest in Hessen, der Markt für

Lehrerfortbildung in einem Preissegment, das 50 Euro für eine zwei- bis dreistündige Schulung selten übersteigt.

Der Nutzen eines Lehrerfortbildungs-angebotes liegt eher in einer möglichen Profi lbildung der Bibliothek als Lehr- und Lernort. Inwieweit aber die Zusammen-arbeit von Schule und wissenschaftlicher Bibliothek allgemein verstetigt werden kann, wird sich erst in den nächsten Jah-ren abzeichnen.

Die Einführung der Hochschulautono-mie hat die Position von Universitätsbib-liotheken insofern verändert, als sie über Aufgaben, Ausrichtung und Haushalt direkt mit dem Präsidium verhandeln müssen. Aufgaben, die vermeintlich über die direkten Universitätsbelange hinaus-gehen, können dadurch an Bedeutung verlieren.14

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Teaching Library

Ursula Schulz

Trainingswerkstatt für Teaching Librarians Hamburger Studierende lernen das Unterrichten / WebQuests für Lehrende und Praktiker

In bibliothekarischen Studiengängen wer-den die Teaching Librarians von morgen ausgebildet. Am Department Information an der Hamburger Fachhochschule gehört Teaching Library als Wahlpfl ichtmodul im Bachelor-Studiengang »Bibliotheks- und Informationsmanagement« zum Angebot. Dabei wird unter anderem mit Web-Quests experimentiert, mit besonderen webbasierten Lernumgebungen. Die Pro-fessorin Ursula Schulz gibt einen Einblick in die Trainingswerkstatt für zukünftige Informationskompetenz-Vermittler aus der Hansestadt. Die WebQuests aus ihrem Unterricht sind online verfügbar – Ausprobieren erwünscht!

Alarmiert durch Studien zur man-gelhaften Informations- und Pro-blemlösungskompetenz von Schü-

lern und Studierenden1 übernehmen nun auch Deutschlands Bibliothekare Verant-wortung für die Informationsmündigkeit ihrer diversen Zielgruppen. Vorgaben der Akkreditierungsagenturen für die neu-en Bachelorstudiengänge, zu einem be-stimmten Prozentsatz sogenannte Schlüs-selkompetenzen2 in den neuen Curricula zu berücksichtigen, bieten zudem einen günstigen Rahmen für informationsdi-daktische Veranstaltungen an den Hoch-schulen. Dadurch wachsen Diplom-Bib-liothekaren und Fachreferenten neue Auf-gaben als Lehrende zu, für die viele nicht ausgebildet sind.

Als Department Information der Hoch-schule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg reagieren wir im Rah-men unseres Studiengangs Bibliotheks- und Informationsmanagement auf diese Entwicklung, indem wir unseren Studie-renden Qualifi zierungsmöglichkeiten als Teaching Librarians anbieten. Bereits für die Studierenden des auslaufenden Di-plomstudiengangs begannen wir in Zu-sammenarbeit mit Detlev Dannenberg3, mit Ausbildungskonzepten für die Lehr-tätigkeit zu experimentieren. Der neue Bachelorstudiengang bietet ein Wahl-pfl ichtmodul Teaching Library in einem Umfang von vier Semesterwochenstunden an (dafür gibt es sechs ECTS-Punkte).

Schon lange plädieren hochschuldidak-tische Zentren für einen Wandel der Lern-kultur:4 � vom Lehren zum Lernen,� vom Dozieren zum Moderieren,� vom Wissenserwerb zu Lernstrategien,� vom vorgegebenen zum problemlösen-

den Lernen.Als Antwort darauf suchen wir nach ent-sprechenden Formen der Vermittlung von Informationskompetenz, aber auch der Ausbildung von Teaching Librarians. Zurzeit experimentieren wir damit, Web-Quests in der Hochschullehre einzuset-zen.

Der erste Teil des vorliegenden Berichts wendet sich an Kolleginnen und Kollegen an den Ausbildungsstätten. Ich informiere darin über aktivierende Lernformen, die wir Hochschullehrende anwenden, um unsere Studierenden als Teaching Libra-rians zu qualifi zieren. Dabei kommt ein sogenanntes WebQuest zum Einsatz.

Der zweite Teil dieses Berichts wendet sich an Kolleginnen und Kollegen in der Praxis, die als lehrende Bibliothekare über alternative Lernformen nachdenken. Hier stelle ich ein WebQuest vor, das unsere Studierenden konzipiert und umgesetzt haben, um als zukünftige Teaching Libra-rians selbst eine neue Lernkultur zu prak-tizieren.

Vielleicht haben Sie Lust, die vorgestell-ten WebQuests aufzurufen, während Sie diesen Bericht lesen:� WebQuest »Teaching Library«: www.bui.haw-hamburg.de/pers/ursula.schulz/tl-webquest/index.html� WebQuest »GlobalAG«: www.bui.haw-hamburg.de/pers/ursula.schulz/webquest/home.html – Im Moment sind die Lerneinheiten 1, 3, 4 und 9 mit Inhalt ge-füllt.

Von der traditionellen Hochschullehre zum problemlösenden Lernen

Das Ausbildungskonzept für angehende Teaching Librarians verfolgt drei Grob-lernziele: � Die Studierenden kennen den State of

the Art der Teaching-Library-Bewe-gung.

� Sie können die Vermittlung von In-formationskompetenz als bibliotheka-rische Dienstleistung begründen und sind bereit, sie zu vertreten.

� Sie kennen aktivierende Formen der Lehre und können sie anwenden.

Von der Theorie zur Praxis

Unser erstes Training – noch im alten Di-plomstudiengang – bestand aus zwei auf-einanderfolgenden Seminaren, nämlich

1 Vergleiche Studieren mit elektronischen Fachinformationen (STEFI) unter www.stefi .de sowie: PISA 2000: Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationa-len Vergleich. – Opladen: Leske und Budrich, 2001

2 Zum Beispiel Positionspapier Schlüsselkom-petenzen. – Hrsg.: Zentrale Evaluations- und Akkreditierungsagentur Hannover (ZEVA), unter www.zeva.uni-hannover.de/eiqa/Stan-dards_SK.pdf

3 Detlev Dannenberg ist Diplom-Bibliothekar

an der Bibliothek der HAW Hamburg und Mitbegründer der Teaching-Library-Bewe-gung in Deutschland

4 Johannes Wildt: Vom Lehren zum Lernen: Zum Wandel der Lernkultur in modularisier-ten Studienstrukturen. In: Brigitte Behrendt et al. (Hrsg): Neues Handbuch der Hoch-schullehre: Lehren und Lernen effi zient ge-stalten. Berlin: Raabe. – Loseblattausg. Lfg. 13. Stand: April 2004. Kapitel A 3.1. Außer-dem: Herman Blom: Der Dozent als Coach. – Neuwied u.a.: Luchterhand, 2000

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 808 Teaching Library

Prof. Ursula Schulz, Jahrgang 1953, ar-beitet als Hochschul-lehrerin am Depart-ment Information der HAW Hamburg. Sie vertritt die Fächer Wissensorganisati-on, Informations-

dienstleistungen und Kommunikation. – Kontakt: [email protected]

Abbildung 1. Homepage des WebQuests »Teaching Library«

einer Einführung in die Th eorie und einer umfangreichen praktischen Übung. Für den theoretischen Teil stand die beachtli-che Sammlung unserer Bibliothek zu den Th emen Information Literacy und (Hoch-schul-)Didaktik zur Verfügung.

Die Studierenden wurden aufgefordert, ihre Präsentationen der rezipierten Fach-literatur und der begutachteten Webauf-tritte didaktisch zu refl ektieren und aufzu-bereiten. Bei einigen studentischen Teams war ganz off enbar ein Lerneff ekt durch Anregungen aus Fachtexten festzustellen: Ihre Präsentationen verschiedener Aspekte des State of the Art, pädagogischer Mo-delle und didaktischer Methoden wurden kreativer, pfi ffi ger, kurzweiliger.

Allerdings waren wir uns eines Dilem-mas bewusst: Während wir als Lehrende das Lernziel »aktivierende Lernformen kennen und anwenden« vorgaben, blieben wir selbst – zumindest im theoretischen Teil unseres Moduls – einer dozierenden Lernkultur verhaftet. Wir boten ein tra-ditionelles Hochschulseminar, in dem Referate gehalten und Vorträge von Prak-tikern besucht wurden. Eine Evaluation des Seminars zeigte außerdem, dass viele Studierende Anschauung durch Besuche in Teaching Libraries vermissten.

Das Nachfolgeseminar stand als Übung vollständig unter dem Motto »Do it!«. Die Studierenden erarbeiteten Lerneinheiten für eine Lehrveranstaltung, die Informa-tionskompetenz für Informatikstudenten an der HAW Hamburg vermitteln sollte. Als Leitfaden diente die Checkliste »Die Teaching OPL« der OPL-Kommission des Berufsverbandes BIB.5 Jeder Schritt bei der Erarbeitung des Konzepts für eine Lerneinheit wurde von einem Feedback der Lehrenden und Mitstudierenden be-gleitet und als »Lesson Learned« im End-konzept berücksichtigt.6

Zur Seminarleistung gehörte neben der Fertigstellung eines Konzepts und aller Lehrmaterialien für eine Lerneinheit auch deren Durchführung und Evaluation. Lei-der konnten unsere Studierenden ihr Se-minar für die Informatikstudenten nicht durchführen; es gab – wie so oft, wenn keine Credit Points zu erwerben sind – zu wenige Interessenten. Stattdessen stellten sich die Kommilitonen im Seminar als »Versuchskaninchen« zur Verfügung. Das hatte schließlich den Vorteil, dass jedes Team gut informiertes Feedback von ge-schulten Kommilitoninnen erhielt.

Dieser Übungsteil hat sich in unserem Training für angehende Teaching Librari-ans so weit bewährt, dass wir ihn beibe-halten wollen. Bleibt, eine glaubwürdige didaktische Konzeption für den ersten

Teil zu fi nden, für die Einführung in die Teaching-Library-Bewegung. Dieses Pro-blem löste eine Diplomandin für uns:

Das WebQuest »Teaching Library«

Unsere Trainingswerkstatt für Teaching Librarians wird von Diplomarbeiten fl ankiert und bereichert. So entstand im Sommersemester 2007 im Rahmen einer

Diplomarbeit7 ein WebQuest für die Teil-nehmer an dem Wahlpfl ichtmodul »Tea-ching Libary« im Bachelorstudiengang Bibliotheks- und Informationsmanage-ment (siehe Abbildung 1 auf dieser Seite). Es wird als Prototyp im Wintersemester 2007/2008 zum ersten Mal eingesetzt und getestet, bevor es seine endgültige Form und ein paar weitere Funktionen erhält. Die bisher von frontalen Inputs geprägte Einführung in den State of the Art der Teaching Library erhält hier die Form ei-nes Wettbewerbs, an dem mehrere studen-tische Teams teilnehmen.

Doch zunächst: Was ist ein WebQuest? Ein WebQuest ist eine – meist einfach

gestrickte – webbasierte Lernumgebung, die Problem lösendes Lernen strukturiert, mitunter konstruktivistisches Lernen unterstützt. Gleichzeitig zeigt es Wege zu Informationsressourcen auf, die auf dem Weg zur Problemlösung benötigt werden.8 In der Regel geht ein WebQuest von ei-nem Szenario aus und teilt den Lernenden unterschiedliche Rollen zu, die es ihnen ermöglichen, sich innerhalb dieses Sze-narios mit unterschiedlichen Sichtweisen auseinanderzusetzen. Fast immer fordert das WebQuest die Lernenden auf, ihre Erkenntnisse aus den Informationsquellen als Präsentation aufzubereiten. Und so lautet der über drei Sitzungen ver-teilte Auftrag an die Studierenden:9 Sie sind ein junges engagiertes Team (vier bis sechs Personen) und arbeiten in der Fach-bibliothek Wirtschaft und Soziologie an der Universität »Irgendwo-In-Deutschland«. Um mehr über Ihre Bibliothek zu erfahren, lesen Sie das Bibliotheksprofi l. Eines Tages

bekommen Sie eine E-Mail von einem Ihnen bekannten Kollegen aus einer anderen Stadt. Bitte lesen Sie diese!

***Sie beschließen, sich der Herausforderung

zu stellen und an dem in der E-Mail be-schriebenem Wettbewerb teilzunehmen. Da Sie noch nicht so viel über Teaching Library wissen, informieren Sie sich als erstes über das Th ema. Neben theoretischen Grundla-gen interessieren Sie sich auch für Praxisbei-spiele. Alles Notwendige für diesen Teil der Aufgabe fi nden Sie unter Ressourcen.

Im zweiten Schritt entwerfen Sie in Gruppenarbeit ein originelles Teaching-Li-brary-Konzept für Ihre Bibliothek. Über-

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Teaching Library

5 Detlev Dannenberg und Jana Haase: Die Teaching OPL. Hrsg. Berufsverband Infor-mation und Bibliothek / Kommisison für One-Person Librarians, 2006. (Checklisten; 13) unter www.bib-info.de/komm/opl/pub/check13.pdf

6 Sie können Beispiele für die erarbeiteten Lerneinheiten im Lernsystem Informations-kompetenz (LIK) ansehen und weiter verwen-den: In 10 Schritten zur Teaching Library, unter: www.lik-online.de/ergebnisse.shtml, Version vom 9. April 2007

7 Julia Eberenz: Einsatz von WebQuests in der Hochschullehre – Konzept eines WebQuests für den Einstieg in das Modul »Teaching Li-brary«. Hausarbeit zur Diplomprüfung an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Hamburg, 2007

8 Vergleiche auch Sonja Gerber: Einführung in die WebQuest-Methode – Überblick

Das WebQuest animiert die Studierenden dazu, sich theoretische Kenntnisse zur Teaching-Library-Idee

anzueignen und zu einem eigenen Konzept bibliothekarischer Dienst-

leistung umzusetzen.

Wir laden Kolleginnen und Kollegen an den Ausbildungsstätten dazu ein, das WebQuest »Teaching

Library« nachzunutzen und ihre Erfahrungen damit mit uns zu teilen.

legen Sie sich, was Sie alles als Lehrende Bibliothek gerne machen würden, wenn Sie nur das Geld dazu hätten! Gehen Sie dabei aber bitte von den Rahmenbedingungen Ih-rer Bibliothek aus (siehe Bibliotheksprofi l). Nicht vergessen: Ein Gesamtkonzept macht sich immer besser als wahllos zusammenge-würfelte Bestandteile!

Zum Schluss bereiten Sie eine kurze und möglichst überzeugende Präsentation Ihres Konzepts vor. Je origineller und unerwar-teter sie ist, desto mehr Chancen haben Sie, den Wettbewerb zu gewinnen! Die Anfor-derungen an die Präsentation fi nden Sie im Flyer zum Wettbewerb. Nach der Präsen-tation müssen Sie auf eventuelle kniff elige Fragen zu Ihrem Konzept gefasst sein. Aber auch Sie können natürlich Ihren Kommili-tonen interessante Fragen stellen. Jetzt kann die Arbeit beginnen! Bevor Sie aber loslegen, informieren Sie sich noch über den Ablauf des WebQuests.

Das WebQuest animiert die Studieren-den dazu, sich theoretische Kenntnisse

zur Teaching-Library-Idee eigenständig anzueignen und zu einem eigenen Kon-zept bibliothekarischer Dienstleistung in realistischer Umgebung umzusetzen. Dabei soll der Wettbewerbscharakter die Identifi kation der Studierenden mit den neuen Inhalten fördern. Die Diplomandin verfolgt mit ihrem WebQuest folgende Lernziele:10

� Studierende kennen den State of the Art der Teaching Library, die wichtigsten damit verbundenen Begriff e und ihre Be-deutung im Bibliothekswesen.� Sie verstehen die möglichen Probleme im Zusammenhang mit dem Th ema und kennen die Vorzüge von Teaching Library.� Sie kennen unterschiedliche Praxisbei-spiele.� Sie können anhand von bereits erwor-benem Wissen ein eigenes grobes Tea-ching-Library-Konzept für eine konkrete Bibliothek entwerfen. Dabei wählen sie nicht nur das Interessanteste aus den vor-gegebenen Quellen aus, sondern entwi-ckeln auch ihre eigenen Ideen.� Sie lernen ihre Arbeitsergebnisse kurz und interessant zu präsentieren und die Arbeit im WebQuest sachlich zu bewer-ten.

Für die Bewertung der Arbeitsergebnis-se stellt das WebQuest einen Jury-Bogen zur Verfügung, den die Studierenden und Lehrenden zur Evaluation der Beiträge zum Wettbewerb verwenden.11 Dadurch werden Qualitätskriterien bewusst und durch die Anwendung auf die Wettbe-werbsbeiträge mehrerer Teams verinner-licht.

Nach drei Sitzungen haben sich die Stu-dierenden eine Basis erarbeitet, auf der sie im praktischen Teil des Moduls eine in-formationsdidaktische Lehrveranstaltung konzipieren, begründen, durchführen und evaluieren – wie in Abschnitt »Von der Th eorie zu Praxis« oben in diesem Beitrag beschrieben.

Für die neuen Wahlpfl ichtmodule im Bachelor-Studiengang steht ein Zeitbud-get von zwei traditionellen Seminaren zur Verfügung. Damit sind wir in der glück-lichen Lage, den theoretischen und den praktischen Aspekt zu einer Lehrveran-

für Eilige unter: www.webquests.de/eilige.html

9 Julia Eberenz: Teaching Library – WebQuest für Studierende des Departments Informa-tion: Aufgabe, abrufbar unter: www.bui.fh-hamburg.de/pers/ursula.schulz/tl-webquest/aufgabe.html

10 Julia Eberenz (Anmerkung 7) Seite 5511 Julia Eberenz: Teaching Library: WebQuest

für Studierende des Departments Informati-on: Bewertung, abrufbar unter www.bui.fh-hamburg.de/pers/ursula.schulz/tl-webquest/bewertung.html

12 Konzept zur Vermittlung von Informati-onskompetenz durch Bibliothekare an der Universität Hamburg. Erarbeitet von der Arbeitsgruppe Informationskompetenz unter Federführung der SUB Hamburg, Juni 2006, unter: www.sub.uni-hamburg.de/informationen/projekte/agik_konzept.pdf

staltung zusammenführen zu können, die einer »Hochschule für Angewandte Wis-senschaften« angemessen ist.

Gleichzeitig legen die Hamburger Hochschulbibliotheken unter Federfüh-rung der Staats- und Universitätsbiblio-thek Carl von Ossietzky ein umfangrei-ches »Konzept zur Vermittlung von Infor-mationskompetenz durch Bibliothekare an der Universität Hamburg«12 vor, sodass der Wunsch unserer Studierenden nach Kontakt zu praktizierenden Teaching Li-braries in greifbare Nähe rückt.

Wir laden Kolleginnen und Kollegen an den Ausbildungsstätten dazu ein, das WebQuest »Teaching Library« nachzu-

nutzen und ihre Erfahrungen damit mit uns zu teilen; wir greifen ihre Anregungen gerne auf, um die Lernumgebung zu op-timieren.

Das WebQuest »GlobalAG« zur Vermitt-lung von Informationskompetenz

Für Kolleginnen und Kollegen in der Pra-xis, die als lehrende Bibliothekare über al-ternative Lernformen nachdenken, kann unser WebQuest »GlobalAG« von Interes-se sein (siehe Abbildung 2 auf Seite 811).

Im Wintersemester 2006/2007 erhielt eine kleine Gruppe Studierender den Auf-trag, im Rahmen ihres Projekts ein Web-Quest zum Th ema Informationskompe-tenz zu konzipieren. Das WebQuest soll aktivierende Lernformen unterstützen. Eine von neun Lerneinheiten war beispiel-haft umzusetzen.

Das WebQuest soll sich an Studieren-de im zweiten Semester unterschiedlicher Studiengänge wenden. Es ist als zweiter Teil eines dreistufi gen informationsdidak-tischen Rahmens gedacht, der die Studie-renden von der ersten Bibliothekseinfüh-rung bis zum fachspezifi schen Training vor der Bachelorarbeit begleitet.

Dabei sei die erste Stufe eine Orientie-rung in der Bibliothek für alle Studienan-fänger und die zweite Stufe – hier in Form des WebQuests – eine Lehrveranstaltung im zweiten Semester, die Neugierde und Interesse für Fragen der Informations-kompetenz weckt. Die dritte Stufe kann anlässlich der ersten größeren akademi-schen Arbeit angeboten werden, sodass

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 810 Teaching Library

Briefi ng, naive Vorrecherche, Refl exion und Planung, ergänzende

Recherche, Evaluation der Ergebnisse, angemessenes Zitieren, Präsentieren vor dem Auftraggeber, Feedback –

all das gehört zur Erfahrung der Studierenden.

13 Unter Mitwirkung von Kommilitoninnen konzipiert und umgesetzt von Pascal Ngoc Phu Tu

14 Die Firma GlobalAG – Eine deutsche Erfolgs-geschichte, unter: www.bui.haw-hamburg.de/pers/ursula.schulz/webquest/fi rma.html

15 Zur Erinnerung: Ein WebQuest ist eine webbasierte Lernumgebung, die Problem lösendes Lernen strukturiert und konstruk-tivistisches Lernen unterstützt. Gleichzeitig zeigt es Wege zu Informationsressourcen auf, die auf dem Weg zur Problemlösung benötigt werden. In der Regel geht ein WebQuest von einem Szenario aus und teilt den Lernenden unterschiedliche Rollen zu, die es ihnen er-möglichen, sich innerhalb dieses Szenarios mit unterschiedlichen Sichtweisen ausein-anderzusetzen. Fast immer fordert das Web-Quest die Lernenden auf, ihre Erkenntnisse aus den Informationsquellen als Präsentation aufzubereiten.

16 WebQuest »GlobalAG«. Verantwortlich: Ur-sula Schulz, unter: www.bui.haw-hamburg.de/pers/ursula.schulz/webquest/home.html

Studierende ihre fachspezifi schen Anlie-gen einbringen können und dadurch mo-tiviert sind.

Im zweiten Semester haben Studierende wenig Anlass, sich mit Fakten und Fein-heiten von Informationsressourcen und -formaten auseinanderzusetzen. Um Neu-gierde und Interesse zu wecken, setzt das WebQuest seinen Fokus auf die aff ektive Lernzieldimension und hoff t, kognitive Lernziele im Rahmen des Problem lösen-den Lernens en passant zu erreichen. Die Richtziele des Gesamtmoduls sind dem-nach: Die Studierenden� haben eine positive Haltung gegenüber

dem Th ema Informationskompetenz und verstehen seine Relevanz für das lebenslange Lernen,

� sind aufmerksam für eine Vielfalt von Informationstools und können die wichtigsten Typen in ihrem Nutzen einschätzen.

Produkt des studentischen Projekts ist das minimalistische, barrierefreie WebQuest »GlobalAG«.13 Seine Oberfl äche hat die Form eines Schreibtisches mit neun Schubladen links für neun Lerneinheiten und vier Schubladen rechts für Texte, die ein Szenario und einen Auftrag an die Ler-nenden enthalten.14 Darüber hinaus liegt auf dem Schreibtisch ein Handbuch mit Texten zum Nachschlagen.15

Das Szenario

Die Lernenden sind Studierende aus un-terschiedlichen Studiengängen. Das Web-Quest muss deshalb ein fachübergreifen-des Szenario anbieten, das eine Chance hat, Studierende aller Fachrichtungen zu interessieren. Die Lernenden nehmen die Rollen von Praktikanten in dem fi ktiven Unternehmen GlobalAG ein.16 Im Rah-men ihres Praktikums müssen sie ein Pro-jekt bearbeiten. Dies ist ihr Auftrag:

Ihr Projekt

Die GlobalAG will trotz wachsender Kon-kurrenz internationaler Marktführer blei-ben. Gute Kontakte zu den asiatischen Ge-schäftspartnern sind für uns ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Fauxpas und Missverständnis-se kann sich das Unternehmen nicht leisten. Die Auslandseinsätze unserer Mitarbeiter sind kostspielig. Zu viele Mitarbeiter kehren demoralisiert und unverrichteter Dinge aus dem Ausland zurück. »Interkulturelle Kom-petenz« ist ein Schlüsselbegriff des 21. Jahr-hunderts. Die GlobalAG hat dies erkannt: Unsere Abteilung Personalentwicklung soll sich um ein Coaching für die nächsten Aus-landseinsätze kümmern.

Wir als Personalentwicklung haben we-nig Zeit, uns in das Th ema einzuarbeiten. Fragen, die uns bewegen, sind:� Wo sollen wir anfangen, was ist wichtig?� An welche Experten können wir uns wen-

den?� Wie können wir bei den Mitarbeitern ein

Problembewusstsein wecken und für die interkulturellen Trainings motivieren?

Ihr Arbeitsauftrag

Von Ihnen als Praktikanten erwarten wir ein maßgeschneidertes Informationsdossier. Es soll die Grundlage für eine effi ziente Ein-

17 Ihr Projekt und Arbeitsauftrag, unter: www.bui.haw-hamburg.de/pers/ursula.schulz/webquest/auftrag.html

18 Zum Beispiel Mike Eisenberg: A Big6™ Skills Overview, unter www.big6.com/showartic-le.php?id=16. Auch: Information Literacy Competency Standards for Higher Educati-on. Hrsg.: Association of College & Research Libraries, unter www.ala.org/ala/acrl/acrlstandards/informationliteracycompetency.cfm

19 Einige Ideen für aktivierende Lernformen entnahmen unsere Studierenden folgenden Quellen: Besser lehren: praxisorientierte Anregungen und Hilfen für Lehrende in Hochschule und Weiterbildung / Arbeits-gruppe Hochschuldidaktische Weiterbildung an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau (Heft 2: Methodensammlung). Weinheim: Deutscher Studien Verlag, 1998. Außerdem: learn-line NRW – Methoden-sammlung – Anregungen und Beispiele für Moderatoren, unter: www.learn-line.nrw.de/angebote/methodensammlung

arbeitung in das Th ema »Interkulturelle Kommunikation« sein. Am Ende Ihres Prak-tikums werden Sie Ihr Dossier (mit einer Po-werpointpräsentation) unserer Abteilungs-leitung vorstellen.Ihre gemeinsame Präsentation enthält:� eine Defi nition der Begriff e »interkul-

turelle Kompetenz/interkulturelle Kom-munikation«,

� die ein bis zwei wichtigsten Einführun-gen in deutscher und/oder englischer Sprache,

� zwei anschauliche (grafi sche) Modelle in-terkultureller Kommunikation,

� zwei Beispiele für interkulturelle Kon-fl ikte (Fallstudien aus dem Wirtschafts-bereich),

� Informationen über Trainingsmaterial und Trainer im Bereich interkulturelle Kompetenz,

� Grafi ken, um Ihre Präsentation anschau-licher zu gestalten.

Außerdem geben Sie einen zweiseiti-gen Bericht über Ihre Vorgehensweise ab. Das Motto für Ihren Auftrag: Zeit ist Geld. Bitte stehlen Sie Ihrem Auftrag-geber keine Zeit, indem Sie ihm irrele-vante oder unseriöse Informationsquellen empfehlen.17

Die Lerneinheiten

Die Lernziele des WebQuests orientieren sich an der angelsächsischen, eher weit ge-fassten Vorstellung von Informationskom-petenz.18 Die Studierenden beschäftigen sich in neun Lerneinheiten und circa 15 Sitzungen von 90 Minuten mit folgenden Inhalten:� ein Informationsproblem verstehen

und die benötigte Information identi-fi zieren,

� Bewusstsein wecken für den eigenen gegenwärtigen Wissensstand: Von Google zum Invisible Web,

� Problembewusstsein für Suchbegriff e und Suchformulierungen wecken,

� gefundene Information hinsichtlich Nutzen und Seriosität evaluieren,

� wissen, dass und warum es Suchstrate-gien gibt,

� nützliche Ausgangspunkte für Recher-chen kennen,

� ein Quellenverzeichnis erstellen, Zitieren,

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Teaching Library

Abbildung 2. Homepage des WebQuests »GlobalAG«

Die Studierenden erhalten einen Nachweis, wenn sie an circa 15

Sitzungen teilgenommen und sie auch vorbereitet haben. Der Arbeitsauf-

wand dürfte drei ECTS entsprechen.

� Informationen präsentieren und dabei Plagiate vermeiden und

� Feedback geben und annehmen.Die Chronologie der Lerneinheiten folgt dem Prozess der Bearbeitung des Auftrags an die »Praktikanten«, also die Lernenden. Während die Studierenden die Lernein-heiten durchlaufen, erfahren sie in ihrer Rolle als Praktikanten und Auftragneh-mer eine ständige Annäherung an die vorzulegende Präsentation: Briefi ng, naive Vorrecherche, Refl exion und Planung der Vorgehensweise, ergänzende Recherche,

Evaluation der Ergebnisse, angemessenes Zitieren der Ergebnisse, Präsentieren vor dem Auftraggeber, Feedback durch den Auftraggeber, nachträgliche Refl exion der Lessons Learned aufgrund eines zweiseiti-gen Recherche-Portfolios.

Jede Lerneinheit besteht in der Regel aus drei Lernobjekten:

� Eine Einführung, die den roten Faden aus der vorangegangenen Lerneinheit auf-nimmt und neue Lernziele nennt;� Eine E-Mail der fi ktiven Praktikan-tenbetreuerin des Unternehmens Glo-balAG, Dr. Marianne Müller-Martinez. Sie stellt den Praktikanten Aufgaben, die sie bei der erfolgreichen Bearbeitung ihres Auftrags voranbringen und emp-fi ehlt entsprechende Informationsres-sourcen.� Eintragungen im »Praktikantenhand-buch«, die die Praktikanten bei der Bear-beitung der Aufgabe unter stützen.

Aktivierende Lernformen

Die Studierenden erhalten einen Studien-nachweis, wenn sie an circa 15 Sitzungen teilgenommen und sie auch vorbereitet haben. Der Arbeitsaufwand dürfte drei ECTS entsprechen. Die häuslichen Ar-beitsergebnisse werden in den Präsenzver-anstaltungen aufgegriff en, diskutiert und ergänzt.

Das WebQuest begleitet lediglich die selbstständige Arbeit der Studierenden. Die Präsenzveranstaltungen werden durch

die Lehrenden strukturiert. Während das WebQuest die Aufträge an die Studieren-den abbildet, sind die Lernformen wäh-rend der Präsenzveranstaltungen in dem Begleitmaterial für die Lehrenden festge-legt und nicht im Internet verfügbar. Bei-spiele für aktivierende Lernformen wäh-rend der Sitzungen in den vorliegenden Lerneinheiten sind:19 � Rollenspiele,� Brainstorming und Strukturierung

durch Metaplankärtchen,� Gruppenarbeit mit anschließender

»Expertenrunde«,� Konstruieren und Präsentieren (zum

Beispiel Suchstrategien),� »Karussellmethode«.

Die Lehrenden

Neben dem eigentlichen WebQuest, das die Lehrenden in der Strukturierung des Lernprozesses unterstützt, stehen folgende schriftliche Hilfen zur Verfügung:

� eine Ablaufmatrix für jede einzelne Sit-zung,

� Anweisungen für die Vorbereitung der Sitzung,

� Vorlagen für Handouts an die Lernen-den,

� gegebenenfalls Powerpointdateien für Kurzpräsentationen von Lehrinhalten.

Trotz dieser Hilfestellungen ist die Auf-gabe der Lehrenden keineswegs banal: Im Gegensatz zu instruktionsorientierten di-daktischen Ansätzen, die es den Dozenten erlauben, sich an den Inhalten festzuhal-ten, erfordern problemlösungsorientier-te Lernszenarien fl exibles Reagieren auf nicht-planbare Situationen. Die Lehren-den werden mit Phasen der Unsicherheit und Frustration konfrontiert sein und

wissen oft nicht, welche Lösungsansätze die Lernenden als Ergebnisse häuslicher Arbeit in die Sitzungen mitbringen.

Recycling

Wir laden Kolleginnen und Kollegen in der Praxis dazu ein, unser WebQuest »GlobalAG« nachzunutzen. Auf Anfrage versenden wir gerne die Materialien, die sich an die Lehrenden zur Durchführung der Präsenzveranstaltung wenden. Wir sind neugierig auf Ihre Erfahrungen da-mit.

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 812 Teaching Library

In Zeiten fortrasender Virtualisierung sind Bibliotheken nicht mehr gottgegeben un-hinterfragte Einrichtungen jeder Hochschu-le. Glaubt man einem sachfremden, jedoch bibliotheksaffinen Experten wie Prof. Peter Weibel, dem Vorstand des »Zentrums für Kunst und Medientechnologie« in Karlsru-he, dann werden sie nur als virtuelle Dienst-leistung überleben. So lautete die These sei-nes Vortrags anlässlich des Seminars »Die Mediengesellschaft und die Zukunft der Bibliotheken« des Berufsverbandes BIB und der ekz.bibliotheksservice GmbH in Reut-lingen im Juni 2007. Doch so muss es nicht enden, wenn wir gegensteuern und uns als »Teaching Library« durch die Vermittlung von Informationskompetenz als elementa-ren Teil der Hochschullehre profilieren.

Was tun, wenn der letzte Datensatz fremd-übernommen, der letzte Aufsatz lizen-ziert und das letzte Buch von Google ein-gescannt ist? Unsere Unterhaltsträger wer-den dann einen Grund brauchen, die Biblio-theken nicht aufzugeben oder austrocknen zu lassen. Die Schönheit und Reinheit des Katalognachweises mag unsere Herzen zu entflammen vermögen, aber den Rektor oder Präsidenten einer Hochschule interes-siert das nicht. Auch ein Professor als wis-senschaftlicher Leiter oder ein nichtbiblio-thekarischer Dienstvorgesetzter der Bib-liotheksleitung wird nur in den seltensten Fällen mit Details bibliothekarischer Arbeit konfrontiert werden wollen.

Niemand weiß also, was wir letzten Som-mer getan haben. Nur uns ist der enorme Aufwand, den wir für Beschaffung und Er-schließung betreiben, bewusst. Stets regt sich in uns der leise Vorwurf: »Wenn wir Partner wären, dann müsstet ihr euch dafür interessieren, was wir hier alles Wunderba-res leisten.«

Doch Hochschulleitungen haben die Ge-samtsteuerung des Unternehmens auf dem Radar, und dabei ist die Bibliothek ein Leis-tungserbringer unter vielen und gilt nicht selten als ein Kostentreiber und Aufwands-verursacher. Wir kämpfen mit anderen Ein-

richtungen um geringer werdende staatliche Mittel und glücklich fließende Studienbei-träge. Auch unsere Mitbewerber um Geld und Ansehen wissen ihren Wert zu artikulie-ren. Uns bleibt gar keine Alternative, als un-sere vornehme Haltung aufzugeben und ak-tiv werbend für uns selbst einzutreten!

Zur Disposition gestellt werden Biblio-theken heute schon. Sowohl von der bo-denständigen Basislehre, der ein eklektizis-tisches Eigenskript zur Klausurwiedergabe reicht, als auch von der Spitzenforschung, deren einschlägige Datenbank schließlich bezahlt und organisiert ist und deren Kon-taktbedürfnis sich auf eine Handvoll weite-rer Spezialisten weltweit beschränkt.

Kommunikation ist das Zauberwort

Längst gibt es Bundesländer, deren Hoch-schulgesetze keine »Pflichtaufgabe Biblio-thek« mehr beinhalten. Im vergangenen Jahr wurde auch in Bayern erst in letzter Mi-nute dieser Passus wieder in die Beschluss-vorlage eingefügt. Fusionen und Zwangs-ehen der sinnstiftenden bis grotesken Art lassen manche Bibliothek schon heute als profilierte Marke verblassen.

Unsere »Shareholder« müssten uns zu-erst einmal kennen, ehe sie uns schätzen ler-nen könnten. »Wenn ich heute zum Buch-händler gehe, habe ich doch auch morgen das Buch in der Hand, warum dauert das bei Ihnen so lange, und warum liegen da die Bü-cher die ganze Zeit herum?«, solche Fragen stehen ganz einfach im Raum.

Freilich wissen wir um die Vorzüge eines formalen, systematisch und verbal erschlos-senen Katalognachweises. Nicht jeder Kun-de aber wird darüber nachgedacht haben, wo denn dieser Nachweis herkommt. Mehr

noch: Wir bieten nicht nur Access, wir haben auch Content. In Büchern und elektronisch, das weltweite Netz ist unser Tummelplatz, die unendlichen Weiten unser Zuhause. Und das gilt es, aktiv sichtbar zu machen.

Indem wir dies in Veranstaltungen von Professoren, besser noch in eigenen Ver-anstaltungen, am besten aber in curricular verankerten bibliothekarischen Pflichtver-anstaltungen vermitteln, steigen wir vom internen Dienstleister zum Mitspieler auf. An Hochschulen steht die Lehre höher im Kurs als die Unterstützung der Lehre. Nut-zen wir den günstigen Wind und werden Teil der Lehre!

Freilich kann es Widerstände geben. Selbst die Rücknahme etablierter biblio-thekarischer Veranstaltungen, zum Beispiel beim Wechsel einer Studienordnung, ist nicht ausgeschlossen. Das Thema muss aber zuerst für uns der Mühe wert sein. Wofür der Bibliothekar nicht glüht, dafür wird sich der Finanzier nicht erwärmen.

Die zweite Zielgruppe: Hochschulen haben Studierende

Es mag besonders motivierte Studierende geben. Ganz sicher aber gibt es viele nicht ganz so leistungsbereite Studierende, die sehr klug und zielgerichtet das Prüfungs-wissen punktgenau bereitstellen. Nicht we-niger. Selten mehr.

So sieht konsequenterweise dann auch die Informationsbeschaffung aus. Studie-rende beschränken sich auf den »Google-Hupf« und ahnen noch nicht einmal, dass die Welt mehr zu bieten hätte. Dabei ist es gar kein verwerflicher Akt, die Recherche für eine Studienarbeit mit Google zu begin-nen. Kritisch und für den Wissenschaftsbe-trieb fatal wird es, wenn damit die Recher-che auch schon endet und solche Arbeiten dann noch positiv benotet werden.

In den »seven pillars of information liter-acy« hat Christine Bruce ganz treffend »re-cognise information need« als erste Säule definiert.* Genau das ist der Punkt: Ein Stu-dent, dessen Sicht auf die Welt bei Google und Wikipedia endet, wird exakt auf diesem Niveau seine Diplomarbeit oder Bachelor-Thesis, am Ende gar noch seine Master-Ar-beit verfassen und gar nicht ahnen, dass daraus keine genügende Qualität erwach-sen kann.

Kommentar

Wer früher lehrt, ist später totVom aufhaltsamen Ende der wissenschaftlichen Bibliotheken

* Mehr dazu unter: www.sconul.ac.uk/groups/information_literacy/sp/model.html

Eine curricular eingebundene Lehr-veranstaltung »Wissenschaftliches Arbeiten« ist eine Dauerwerbesen-dung für die Bibliotheksleistungen.

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Teaching Library

Oder geben wir auf und beugen uns dem »Google-Copy-Paste-Syndrom«, das Stefan Weber in seiner gleichnamigen Arbeit 2007 so beißend und treffend beschrieben hat? Dann jedoch bauen wir Bibliotheken in Mu-seen um.

Wer aber sollte unserem nachhaltig nach-wachsenden Rohstoff Studierender die wun-derbare Welt der Informationsbeschaffung zeigen, wenn nicht die Bibliothekarinnen und Bibliothekare, die Informationsspezia-listen jeder Couleur, Laufbahn und persönli-cher Ausprägung. Denn das ist unser Allein-stellungsmerkmal: Wir bieten Menschen an. Hilfsbereite, empathische und aus Steuermit-teln halbwegs auskömmlich vorfinanzierte Ex-perten, die man nicht nur fragen kann, son-dern von ihnen sogar pro-aktiv Hilfestellung erhält.

Natürlich ist das aufwendig. Natürlich wür-de der Hinweis auf ein Online-Tutorial oder eine Hilfefunktion den Erkenntnisstau abkür-zen. Aber wann haben wir selbst zuletzt ge-duldig einen umfänglichen Hinweistext gele-sen? Eben. Informationsmaterial ist sinnvoll, die persönliche Begegnung in einer Unter-richtssituation kann aber sehr viel mehr Sin-ne ansprechen.

Eine curricular eingebundene Lehrveran-staltung »Wissenschaftliches Arbeiten« ist eine Dauerwerbesendung, besser noch: ein interaktiver Werbedialog für die Leistungen der Bibliothek. Daran lassen sich weitere Kun-denbindungsmaßnahmen anschließen, etwa ein Diplomanden-vier-Augen-Service.

Eine Lehrveranstaltung ist Bibliotheksmar-keting direkt am Kunden, den erst die dro-hende Klausur motiviert, bald aber die cha-rismatische und interaktiv aktivierende Wis-sensshow der Bibliothekarin völlig begeistert. Sie eröffnet ihm eine neue Welt, die er zu-gleich kritisch zu reflektieren lernt. Im Ide-alfall. Die co-finanzierenden Kunden, in die Rolle eines neuen Entscheiders aufgerückt, werden interessiert, informiert und über-zeugt von der Sinnhaftigkeit der Biblio-theksexistenz.

Sex up your library service

Fürchten wir uns ein wenig davor? Nutzen wir die Chance! Bibliotheken per se sind für Studierende so wenig sexy wie für Hochschul-leitungen. Was wir hinter den Kulissen tun, sieht unsere primäre Zielgruppe nicht, was wir vor ihren Augen tun, wird kaum einer als »coolen Fun-Job« bezeichnen. (Von Verirrun-gen in den Hirnen harmloser junger Menschen abgesehen, die in äußerster Konsequenz zum

Ergreifen dieses Berufes führen können. Was aber eine ganz andere Geschichte ist.)

Durch die organisierte Vermittlung von In-formationskompetenz erhalten wir die Mög-lichkeit, uns, unsere Bibliothek, letztlich un-seren ganzen Berufsstand in einem neuen und positiven Licht erstrahlen zu lassen. Wir sind es, die aus der Masse von Werbemüll und ungeprüfter Behauptung die Rosinenpicken können. Wir sind es, die diese Rosinen in Rum einlegen helfen, um daraus schmack-haften Kuchen zu machen, wir können ele-gante Tipps für eine geschmeidige schriftliche Arbeit geben. Wir sind es, die so lästige Dinge wie »Literaturverzeichnis« und »Zitiertech-nik« erklären können.

Denn Teaching Library kann sehr viel mehr, als den üblichen Kanon der Katalog- und Da-tenbankrecherche abzuhandeln. Sie muss nicht auf halbem Wege stehen bleiben. Dies hieße, dem Suchenden das Werkzeug in die Hand geben, ihm aber nicht sagen, wie er es sinnvoll nutzen soll.

Ideen wie Peer-Review interessieren den Nutzer erst, wenn ihm die Relevanz einer Qualitätssicherung für seine Wissensbasis be-kannt gemacht wurde. Er wird erst dann wis-senschaftlich geprüfte Quellen suchen und andere unbeachtet am Wegrand zurücklassen, wenn ihm der Unterschied zwischen beiden Welten verständlich wurde. Demokratisieren-de und oft inhaltlich verflachende soziale Wel-ten à la Web 2.0 machen diese Erkenntnis nur noch deutlicher.

Zudem wird der Nutzer zunehmend an-spruchsvoller. Denn immer öfter zahlt er Stu-dienbeiträge und will dafür einen »Return-

on-Investment« sehen. Den bieten wir. Da-von profitieren wir: Wer früher seine Lektion gelernt hat, geht später nicht unter.

Ob man es Teaching Library oder Lear-ning Library oder Informationskomptenz-vermittlung nennen mag, ist nicht entschei-dend, wichtig ist nicht nur das Vehikel, die Lehrmethode und wichtig ist nicht zuerst der Inhalt – wichtig ist der Zweck. Nur die (hoch-schul-)öffentlich wahrgenommene Bibliothek wird eine Zukunft haben. Eine aktive und ak-tiv beworbene Bibliothek erspart den dort Be-schäftigen das Schicksal, einen Pausenraum für Studierende ohne geheizte Heimstatt zu betreiben.

Schlüsselkompetenzen und Selbst-lernphasen – nie war eine Bibliothek so wertvoll wie in Zeiten der Bachelor-Studiengänge

Das eingangs aufgegriffene Diktum des Karls-ruher Professors wird die Zukunft widerlegen. Die Bibliothek wird gerade als Ort überleben. Als sinnlich wahrnehmbares First Life. Als Ort mit Menschen, die ein Ideal des bibliotheka-rischen Berufes fernab von Dutt und Sprech-verbot vorleben. Und die in Schulungen und Veranstaltungen Wissen bewegen.

Wir sorgen uns um saures Papier und den Zugang zu Mikrofischen, gut und schön, sor-gen wir uns aber noch mehr um unsere ur-eigenste bestandserhaltende Maßnahme, um unser Weiterleben.

Eine moderne, medial profund, extensiv und in der angemessenen Tiefe bestückte Bib-liothek mit freundlichem, auskunftswilligen und auskunftsfähigen, fachlich beschlagenem Personal trägt dazu bei. Es geht um die Biblio-thek, die bei den Schlagwörtern Bologna-Pro-zess und Schlüsselkompetenzen automatisch mitgedacht wird. Auch für Öffentliche Biblio-theken ist aktive Vermittlung ein Schlüssel zur Zukunft. Mit gezielten Angeboten zum Bei-spiel für Jugendliche, Senioren und Menschen mit Migrationshintergrund rückt die Biblio-thek in den Mittelpunkt.

So kann die Teaching Library ein stützendes Moment sein – gleichwohl drohen genügend unterminierende Parallelströmungen von Google über Web´n´Walk bis Hochschulauto-nomie, die fürchten lassen, am Ende könnten auch die Bibliotheken den Weg alles Irdischen gehen.

In letzter Konsequenz ist der Erhaltungs-trieb Motor der Teaching Library. Wir tun un-seren Entscheidern und Kunden etwas Gutes – damit die uns nichts Böses tun.

Jens Renner

Jens Renner, Histori-ker und Diplom-Bib-liothekar, leitet seit 1996 die Bibliothek der im gleichen Jahr gegründeten Fach-hochschule Ansbach. Seit dem Jahr 2000 lehrt er im Neben-

amt an der FH das Fach Wissenschaftli-che Arbeitsweise in vier Studiengängen. Zudem ist er als Dozent in der Ausbil-dung des mittleren und höheren Diens-tes an der Bayerischen Bibliotheksschule tätig. Er ist Mitglied der AG Informati-onskompetenz des Bibliotheksverbundes Bayern und stellvertretender Vorsitzen-der des BIB. – Kontakt: [email protected]

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 814 Teaching Library

Die Beiträge in dem neuen Sammelband zeigen eindrücklich, dass sich ein neuer Konsens zur Kernaufgabe »Teaching Library« entwickelt hat. Foto: Rebecca Seemann

Ingeborg Simon

Teaching Library – schon wieder?!Aktueller Sammelband verschafft Übersicht zur dynamischen Entwicklung der Materie

Lohnt es sich, drei Jahre nach Erscheinen des Standardwerkes »Teaching Library in Deutschland. Vermittlung von Informati-ons- und Medienkompetenz als Kernauf-gabe für Öffentliche und Wissenschaft-liche Bibliotheken«1 bereits einen Sam-melband mit fast gleich lautendem Titel herauszugeben? Noch dazu mit Autoren, die durch aktuelle Tagungsbeiträge und Veröffentlichungen dem interessiertem Publikum gut vertraut sind? Durchaus, bejaht Ingeborg Simon in ihrer Rezension: Denn der neue Band versammelt nicht nur eine »geballte theoretische und prakti-sche Kompetenz« vor allem aus der Szene der wissenschaftlichen Bibliotheken – die Beiträge zeigen auch eindrücklich, dass sich ein neuer Konsens zur »Kernaufgabe Teaching Library« entwickelt hat.

1 Claudia Lux, Wilfried Sühl-Strohmenger: Teaching Library in Deutschland. Vermitt-lung von Informations- und Medienkom-petenz als Kernaufgabe für Öff entliche und Wissenschaftliche Bibliotheken. Wiesbaden: Dinges und Frick, 2004 (BIT.online – Inno-vativ; Band 9)

2 Das neunte Hamburger Kolloquium Biblio-theks- und Informationsmanagement wurde veranstaltet im Sommersemester 2006 an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg.

3 Ute Krauß-Leichert: Teaching Library – eine Kernaufgabe für Bibliotheken. Frankfurt a.M. u.a.: Peter Lang, 2007

Die Herausgeberin Ute Krauß-Lei-chert hat die Referate des neunten Hamburger Kolloquiums Biblio-

theks- und Informationsmanagement2 in einem Band veröff entlicht. Versammelt sind Beiträge von Detlev Dannenberg, Jana Haase, Th omas Hapke, Katrin See-wald, Wilfried Sühl-Strohmenger und von noch drei weiteren in der Szene bekannten Kollegen – Benno Homann, Oliver Kohl-Frey und Holger Schultka.3

Vor allem für Neueinsteiger ist es sehr hilfreich, die geballte theoretische und praktische Kompetenz versammelt zu fi n-den. Zudem hat dieser Band einen ganz anderen Ansatz als sein Vorgänger: Es will weniger die »Vielfalt der Konzepte und Modelle« aufzeigen, wie es das Anlie-gen von Claudia Lux und Wilfried Sühl-Strohmenger 2004 war. Vielmehr wird die »Bandbreite der derzeitigen theoretischen und praktischen Auseinandersetzung mit dem Konzept der ›Teaching Library‹« in sieben Beiträgen vertieft dargestellt.

Neu ist der off ensichtlich zunehmend fl ächendeckende Konsens zur »Kernaufga-be Teaching Library«, den Wilfried Sühl-Strohmenger in seinem Überblicksartikel »Neue Entwicklungen auf dem Weg zur ›Teaching Library‹« konstatiert. Sichtbar wird das� an der Zunahme von Bibliotheken, die sich »nachhaltig« auf diesem Feld enga-gieren; genannt werden die Universitäts-bibliotheken in Bielefeld, Cottbus, Bonn, Düsseldorf, Eichstätt-Ingoldstadt, Hildes-heim, München, Paderborn, Saarbrücken,

Stuttgart-Hohenheim, Tübingen und Ulm;� durch die Berücksichtigung von Schu-lungen im BIX und bei der DBS;� angesichts der wachsenden Anzahl von Schulungen und Geschulten pro Jahr;� an dem »pädagogisch-didaktischen Einfallsreichtum«, mit dem mittelgroße und kleinere Bibliotheken ihr Personalde-fi zit kompensieren;� an der Ausdiff erenzierung und Weiter-entwicklung der Konzepte;� an der stärkeren Berücksichtigung von Vermittlungsmethoden, »die das selbst-ständige und aktive Lernen unterstützen«;� an den Erfolgen, Bibliotheksschulun-gen im Zusammenhang mit der Einfüh-rung der Bachelor- und Master-Studien-gänge in die Curricula zu integrieren;� an der allmählichen Wandlung des Berufsbildes hin zu einer »pädagogisch-

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Lesesaal | BuB 815Schwerpunkt

Teaching Library

Vor allem für Neueinsteiger ist es sehr hilfreich, die geballte theoretische

und praktische Kompetenz ver-sammelt zu fi nden.

didaktische(n) Professionalisierung« der BibliothekarInnen;� am komplexer gewordenen Anforde-rungsprofi l an die lehrenden Bibliotheka-rInnen; � an der Emanzipation von den amerika-nischen »Standards der Informationskom-petenz für Studierende«;� an der stärkeren Vernetzung der Biblio-theken auf Länderebene und künftig auch auf Bundesebene4.

Argumente, Modelle, neue Literatur

Handlungsbedarf sieht Sühl-Strohmenger vor allem bei einem umfassenden Qualifi -zierungsangebot für die Bibliothekare, die solche Schulungen durchführen sollen. Ihm ist für sein »State-of-the-Art« aus-drücklich zu danken. Es ist eine sehr infor-mative Einführung für alle, die sich erst-mals mit Teaching Library beschäftigen, bietet Argumentationshilfen, Hinweise auf zahlreiche Modelle und ein Verzeich-nis aller relevanten deutschen Veröff ent-

lichungen zum Th ema der letzten sieben Jahre.

Wer im Bereich Teaching Library zu-kunftsfähig bleiben will, muss sich mit neuem universitärem Lernen auseinander-setzen. Worum es dabei geht, macht Th o-mas Hapke in »Perspektive E-Learning – Die Rolle von Universitätsbibliotheken in neuen Lernumgebungen« deutlich. Für Hapke ist E-Learning ein strategisches Feld der UB, um sich als aktiver Partner in universitären Lernprozessen zu positi-onieren. Zeitgemäß ist heute »informelles E-Learning«, wozu Sammeln von Infor-mationen, Austausch von Erfahrungen,

Schaff en von Innovationen und Weiterge-ben der Ergebnisse gehören.

Universitätsbibliotheken sollten am »Point of Need« unterstützen, durch � elektronische Systeme, die Studieren-den ermöglichen, elektronische Doku-mente selbst zu schaff en, im Rahmen eines Learning Resource Centers, in Weblogs, Wikis und elektronischen persönlichen Portfolios;� durch Gestaltung der Bibliothek als Lernlabor: für die Informationssuche, zum Lernen und Lehren, zum Kommuni-zieren, aber auch zum Entspannen;� durch Vermittlung von IK, und zwar zunehmend »so in das Curriculum in-tegriert, dass die Studierenden aus ihrer Eigenverantwortung und aus ihrer Studi-enaufgabe heraus die Kompetenz des Um-gangs mit elektronischer Fachinformation selbst gesteuert erlernen«.

An der Technischen Universität Ham-burg-Harburg wird diesen Herausforde-rungen auf verschiedenste Weisen begeg-net:

� Das Online-Tutorial »Discus« (http:/discus.tu-harburg.de), vermittelt spiele-risch IK und ist in die vorhandenen elek-tronischen Lernplattformen der Universi-tät integriert. � »BibTutor« ermöglicht als »Just-in-time-E-Learning«, beim Recherchieren unmittelbar zu kleinen Online-Tutorials zu gelangen und Hilfe bei der Datenbank-auswahl zu bekommen;� »Vision« bietet als Tutorial zum wis-senschaftlichen Arbeiten Beratung beim Schreiben, Zitieren, Präsentieren.

Neu ist der andere Blick auf den Nut-zer. Es ist ein Nutzer, von dem das System selbst lernt, auch zum Nutzen anderer Benutzer. Es ist ein Nutzer, der mithilfe von sozialer Software wie Weblogs und Wikis seine Fähigkeiten anderen verfüg-bar macht. Es ist ein Nutzer, der sich und seine Kompetenz in elektronischen Port-folios selbst präsentiert.

Hapke fordert auf, den Begriff Informa-tionskompetenz kritisch zu hinterfragen. Statt Belehren favorisiert er »Lernen zu er-möglichen und zu unterstützen«. Er fragt auch: Ist es noch nötig, den Kunden die Unterscheidung zwischen selbstständigen und unselbstständigen Veröff entlichun-gen abzuverlangen? Sollte die Bibliothek nicht zunächst ihre Informationssysteme optimieren und ihre Servicenagebote im Bereich IK besser vermarkten?

Diese Gedanken zur Neudefi nition des IK-Begriff s sowie zur Sicht auf den Nutzer sind hier sehr komprimiert dargestellt5, das wird nicht für jeden Leser leichte Kost sein – aber sie lohnt sich!

Benno Homann, unter anderem Leiter des Referats Schulung und Fortbildung an der UB Heidelberg, hatte amerikani-sche IK-Standards schon 2002 durch seine Übersetzung einem breiteren Publikum bekannt gemacht6 und sein davon abge-leitetes »Dynamisches Modell der Infor-mationskompetenz« (DYMIK) mehrfach auf Tagungen vorgestellt. Neu ist sein Ver-gleich der amerikanischen Standards mit den australischen, neuseeländischen und

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4 Siehe unter: www.informationskompetenz.de

5 Eine ausführlichere Darstellung siehe: Th o-mas Hapke: Informationskompetenz 2.0 und das Verschwinden des »Nutzers«. In: Biblio-thek Forschung und Praxis 31(2007)2, Seite 137–149

6 Siehe Benno Homann: Standards der Infor-mationskompetenz. In: Bibliotheksdienst 36(2025) Seite 625–638

7 Siehe auch: www.informationskompetenz.de/laender.bw/materialien/NIK-Stadards.pdf

8 Musterkurs siehe: www.ub.uni-konstanz.de/bibliothek/projekte/informationskompetenz/material.html

9 Siehe unter: www.hochschuldidaktik-bawue.de

Handlungsbedarf sieht Sühl-Strohmenger vor allem bei einem

umfassenden Qualifi zierungsangebot für die Bibliothekare, die solche Schulungen durchführen sollen.

Prof. Ingeborg Simon lehrt im Studiengang Biblio-theks- und Informationsmanagement an der Hoch-schule der Medien in Stuttgart unter anderem das Fachgebiet Teaching Library. – Kontakt: [email protected]

baden-württembergischen von 2006.7 Die Amerikaner propagieren mit ihren Stan-dards einen erweiterten IK-Begriff inner-halb des wissenschaftlichen Arbeitens.

In Baden-Württemberg waren nach Ho-mann hochschulpolitische Rücksichten im Spiel, als man sich dort eher auf Infor-mationssuche und -bewertung beschränk-te. Wichtig sei jedoch, Standards nicht nur zur Argumentation bei der Durchsetzung von Veranstaltungen an Universitäten durch die Bibliothek heranzuziehen, son-dern sie für die kooperative Erarbeitung von Schulungsmodulen zu nutzen.

Karussellmethode »Lernen durch Lehren«

Detlev Dannenberg, bekannt vor allem als Dozent zahlreicher Fortbildungen und sein »Lernsystem Informationskompe-tenz« (www.lik-online.de) hat die biblio-thekarische Schulungslandschaft durch die von ihm propagierte Karussellmethode bereichert. Sie folgt dem Grundsatz »Ler-nen durch Lehren«. Zusammen mit Jana Haase, einer typischen OPL-Bibliotheka-rin, nimmt er wunderbar pragmatisch und doch theoretisch fundiert alle Neuanfän-ger an die Hand: »In zehn Schritten zur Teaching Library – erfolgreiche Planung bibliothekspädagogischer Veranstaltun-gen und ihre Einbindung in Curricula«.

Man kann den beiden für diese präg-nante und verständliche Einführung – von der Inhaltsanalyse, über die didaktische Reduktion, die Beschreibung der Lernzie-le, die Methodenauswahl, die Ablaufma-trix bis zur Evaluation – wirklich dankbar sein. Sie macht pädagogischen Laien Mut und gibt ihnen konkrete Arbeitsanweisun-gen.

Ähnlich Mut machend ist der Beitrag von Katrin Seewald: »Lehren lernen oder Wie entsteht eine Teaching Library«. Sie skizziert den Weg der Stadtbibliotheken des Berliner Bezirks Friedrichshain-Kreuz-berg hin zu außerschulischen Lernorten, die sich selbstbewusst als gleichwertige Einrichtungen gegenüber Schulen und Kindertagesstätten positionieren.

Für ihre Zielgruppen, die Kinder (oft Migrantenkinder), haben sie sechs Mo-dule entwickelt, mit denen sie Freude am Umgang mit Büchern, Sprachförderung,

Lese- und Medienkompetenz sowie Lern- und Arbeitstechniken vermitteln. Die ein-zelnen, erprobten Module werden über-sichtlich vorgestellt.

Ein Best-Practice-Beispiel ganz anderer Art stellt Oliver Kohl-Frey vor: »Beyond the Bachelor. Informationskompetenz für Anfänger und Fortgeschrittene an der Universität Konstanz«. Kohl-Frey hat als Projektleiter maßgeblich das Konstanzer Modell mitentwickelt. Dazu gehören bib-liothekarische Lehrveranstaltungen als Teil von fachwissenschaftlichen Prosemi-naren und eigenständige IK-Kurse als Teil des Bachelor-Curriculums, die über ein ganzes Semester laufen und mit Credits bewertet werden.8

Um auch für die Masterstudiengänge Angebote zu konzipieren, wurden an der

Universität Konstanz 2006 die Graduier-ten befragt, mit interessanten Ergebnis-sen. Demnach sollten etwa Suchmaschi-nen stärker thematisiert werden, aber auch die Verknüpfung von Suchmaschinen mit bibliothekarischen Diensten scheint not-wendig. Unterstützung wünschten sich die Befragten bei der Recherche – online, durch Tutorials, aber auch persönlich –, bei der elektronischen Literaturverwaltung und beim elektronischen Publizieren.

Erste »Master«-Angebote haben die Konstanzer bereits entwickelt: etwa eine ins Curriculum integrierte IK-Pfl ichtver-anstaltung auf Masterniveau für Politik- und Verwaltungswissenschaft und Work-shops für »exzellente Nachwuchswissen-schaftler«.9

Positive Lernerfahrungen ermöglichen

Einen Perspektivenwechsel stellen schließ-lich die »Gedanken zur (Bibliotheks-)Päd-agogik« von Holger Schultka dar. Schultka ist Koordinator für Benutzerschulungen an der UB Erfurt. Er propagiert Lernsitua-tionen, in denen positive Lernerfahrungen möglich sind; wo die Lehrenden ihre »Idee vom Lernenden« durch Wertschätzung, Vertrauen und Sicherheit vermitteln. Wer Holger Schultka einmal in einem Work-shop an der UB Erfurt erlebt hat, weiß, dass diese Philosophie dort auch gelebt wird.

Für die eher an praktischen Beispielen Interessierten beschreibt er ein dreistufi ges Schulungsangebot für die Studierenden der UB Erfurt. Besonders erwähnenswert ist auch sein Konzept für die Schulungen von Gymnasialschülern der Oberstufe – eine Unterrichtseinheit von vier Stunden, die hier anschaulich vorgestellt wird.

Ich werde unseren Studierenden in Stuttgart diesen Sammelband in die Hand geben, nicht zuletzt als Fundgrube für aktuelle Literatur. Unverständlich ist allerdings, warum kaum Konzepte von Öff entlichen Bibliotheken erwähnt wer-den. Denn auch dort entwickelt sich die Teaching Library kreativ und dynamisch weiter.

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Der aktuell entfachte Wettbewerb unter den deutschen Hochschulen bietet biblio-thekarisch gesehen eine Fülle von Chancen und Herausforderungen. Durch die in die-sem Zusammenhang wieder bedeutsamer werdende Hochschulbibliografie können Bibliotheken mit klassischen Kompetenzen im Bereich Medien und Information punk-ten und sich als findige Dienstleister positi-onieren. Wie das genau funktioniert erklärt Eric W. Steinhauer.

Seit Gründung der Bundesrepublik Deutsch-land haben die Hochschulen zwei bedeu-tende Umbrüche erlebt. Der erste Umbruch ereignete sich im Zuge der 68er-Bewegung: An die Stelle der alten Ordinarienuniver-sität trat damals die Gruppenuniversität. Es war die Zeit ambitionierter Hochschul-gründungen, geprägt von einer starken Bil-dungs- und Planungseuphorie. Diese Pha-se des Aufbruchs währte jedoch nicht lang. Am Ende der Entwicklung stand vielfach die anonyme und unzureichend ausgestattete Massenuniversität mit ihrer mehr schlecht als recht funktionierenden Mangelverwal-tung.

Seit einigen Jahren ist nun ein zweiter Umbruch an den Hochschulen im Gang. Die Gruppenuniversität mit ihren oft schwer-fälligen Konsensritualen und ihrem Gremi-enbetrieb wandelt sich zur »Wettbewerbs-hochschule«. Nicht frei schwebende Wis-senschaftlichkeit, nicht die Partizipation der Hochschulangehörigen, ökonomische Ge-sichtspunkte und Marktargumente bestim-men die hochschulpolitische Szene. Zen-trales Kennzeichnen dieser Entwicklung ist

ein ausgeprägtes Berichts- und Evaluations-wesen, verbunden mit Rankings und Leis-tungsvergleichen aller Art. Die »Produkte« der Hochschule werden erhoben, gezählt, gewertet. Neben Studienabschlüssen, ein-geworbenen Drittmitteln oder angemelde-ten Patenten sind es vor allem die wissen-schaftlichen Publikationen der Hochschul-angehörigen, die ein zuverlässiges Bild über den Leistungsstand einer Einrichtung ver-mitteln sollen.

Dem leistungsfähigen Hochschullehrer winken im Zuge der neuen W-Besoldung Zulagen. Auch die hochschulinterne Mittel-verteilung wird die Fleißigen begünstigen. Es liegt daher im Interesse der Verantwortli-chen in der Hochschule, genaue und aktuel-le Kennzahlen über den Leistungsstand ihrer Einrichtung zur Hand zu haben.

Diese Aufgabe kann für die Publikationen der Wissenschaftler die Hochschulbiblio-grafie übernehmen. Als professionelle Ver-zeichnung von Veröffentlichungen gehört sie zu den Kernaufgaben einer jeden Hoch-schulbibliothek. Auf den ersten Blick klingt dies schlüssig und einfach. Gibt es doch an nicht wenigen Hochschulen bereits eine lan-ge hochschulbibliografische Tradition.

Und doch ist die gegenwärtige Situati-on etwas Neues. War die Verzeichnung der Publikationen aus der Hochschule bisher al-lein nach bibliografischen und bibliotheka-rischen Gesichtspunkten erfolgt, wird diese Praxis durch die Bedürfnisse des Hochschul-managements modifiziert, infrage gestellt und herausgefordert. Aus der stillen biblio-thekarischen Dienstleistung wird unter der Hand ein Politikum.

Dies fängt schon mit der genauen Bestim-mung dessen an, was überhaupt als Pub-likation im Sinne der Hochschulbibliografie gelten soll. Sicher sind Bücher und Aufsätze in Fachzeitschriften wissenschaftliche Ver-öffentlichungen. Kritisch wird es aber schon bei Rezensionen oder gar Vorworten zu Dis-sertationen. Und was ist mit Webseiten, Blog-Beiträgen oder die auf selbstgebrann-ten CD-ROMs bei einer Tagung verteilte Powerpoint-Präsentation? Wäre schließlich nicht auch der Posterbeitrag auf einem in-ternationalen Kongress als Veröffentlichung anzusehen?

Bibliothekare mit Expertenstatus

Diese kurze Aufzählung mag genügen, um die Schwierigkeiten zu illustrieren, das für die Hochschulbibliografie relevante Materi-al in Zusammenarbeit mit der Hochschullei-tung exakt zu definieren. Selbstredend hat jeder betroffene Wissenschaftler in Grenz-fällen seine höchst eigenen Vorstellungen, was denn eine Publikation ist oder nicht. Und diese Vorstellung wird er, da es um die Evaluation seiner Leistung geht, mit Aus-dauer und Leidenschaft in den Gremien sei-ner Hochschule zu Gehör bringen. Es ist für Bibliothekare eine ungewohnte Situation, dass sie dort mit den Hochschullehren eine medien- beziehungsweise bibliothekswis-senschaftliche Fachdiskussion führen müs-sen und in dieser Rolle plötzlich Experten-status besitzen.

Noch komplexer als die Bestimmung des zu verzeichnenden Materials ist die Festle-gung von Evaluationskriterien. Natürlich ist es nicht Aufgabe der Bibliothek, die in der Hochschulbibliografie verzeichneten Pub-likationen im Einzelnen zu bewerten. Sie muss sie aber mit geeigneten Metadaten versehen, damit später in der Hochschul-verwaltung eine differenzierte Analyse der Publikationstätigkeit der Wissenschaftler möglich ist.

Hier müssen zudem die unterschiedli-chen Fachkulturen an der Hochschule mit ihren je eigenen Publikationsgewohnheiten angemessen berücksichtigt werden. Wäh-rend in den Geisteswissenschaften eine aus-führliche Rezension in einer Fachzeitschrift durchaus als richtige wissenschaftliche Pu-blikation gilt, sind entsprechende Beiträge von Technikern und Ingenieuren kaum zu finden. Dort wiederum sind meist sehr kur-

Blickpunkt Wissenschaft

Dr. Eric W. Steinhauer ist Bibliothekar an der Universi-tätsbibliothek Ilmenau/Thüringen. Sein besonderes In-teresse gilt den vielfältigen Beziehungen von Bibliothek, Hochschule und Recht. Näheres zur Person steht unter www.steinhauer-home.de im Internet.

Die Renaissance der Bibliografi eHochschulevaluation eröffnet neue Chancen für Bibliotheken

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819Lesesaal | BuBWissenschaft

Förderung von Open Access

Der Wert der Hochschulbibliografie kann durch die Integration in das übrige Dienst-leistungsspektrum der Bibliothek noch ge-steigert werden. Wird die Bibliografie etwa mit dem Katalog verbunden, bedeutet dies als angenehmen Nebeneffekt eine größe-re Sichtbarkeit der unselbstständigen wis-senschaftlichen Publikationen. Werden zu-sätzlich noch die elektronischen Parallelaus-gaben und genuin digitale Dokumente des Repositoriums der Hochschule mit der Bib-liografie verknüpft, erweist sie sich aus Sicht der Bibliothek sogar als Mittel, um Open Access zu befördern.

Durch das einfache und unkomplizierte Angebot, gleich bei der Meldung einer Pu-blikation für die Bibliografie auch die ent-sprechende Datei zur Veröffentlichung auf dem hochschuleigenen Repositorium anzu-hängen, wächst die Akzeptanz für elektro-nisches Publizieren. Für den Wissenschaftler wird so die Hochschulbibliografie zum One-Stop-Shop für alle Dienstleistungen, die ihm die Hochschulbibliothek für seine wissen-schaftlichen Publikationen anbietet.

Abschließend sei noch ein weiterer mög-licher Anwendungsbereich der Hochschul-bibliografie genannt. Es geht um die Ver-zeichnung der studentischen Abschlussar-beiten. Auch wenn in der Regel Diplom-, Bachelor- und Masterarbeiten nicht publi-ziert werden, ist es gleichwohl von Interes-se zu erfahren, welche Themen an welchem Fachgebiet bearbeitet wurden. Soweit die einschlägigen Prüfungsordnungen die Er-stellung und Publikation von Abstracts zu den Prüfungsarbeiten verbindlich vorsehen, wäre die Hochschulbibliografie der ideale Ort, um diese Abstracts zu verbreiten.

Man mag zu der sich herausbildenden Wettbewerbshochschule stehen wie man will. Bibliothekarisch gesehen bietet sie durch die bedeutsamer werdende Hoch-schulbibliografie eine Fülle von Chancen und Herausforderungen, mit klassischen Kompetenzen im Bereich Medien und In-formation an der eigenen Einrichtung zu punkten und sich als findiger Dienstleister zu positionieren. Bibliotheken sollten diese Chancen nutzen und sich zu einer zentra-len Anlaufstelle für alle Fragen des wissen-schaftlichen Publizierens entwickeln. Mit Bibliografie und Repositorium haben sie hierfür zwei starke Angebote in der Hand.

ze, von mehreren Autoren gemeinschaft-lich erstellte »Proceedings« von Bedeutung, eine in den Geisteswissenschaften weitge-hend unbekannte Textsorte.

Wenn das Problem des zu verzeichnen-den Materials und der über die reine biblio-grafische Beschreibung hinausgehenden Metadaten endlich geklärt ist, stellen sich weitere Schwierigkeiten. Wie soll die Biblio-grafie technisch realisiert werden? Im Ka-talog der Bibliothek oder in einer eigenen Datenbank? Und wie wird gewährleistet, dass wirklich alle relevanten Publikationen verzeichnet werden? Hier ist wiederum die Sachkunde der Bibliothek gefragt. Sie kann sich bei dieser Gelegenheit mit einem über-zeugenden Konzept innerhalb der Hoch-schule als Dienstleisterin profilieren, wenn es ihr gelingt, die Interessen des Hochschul-managements und der publizierenden Wis-senschaftler mit den Vorteilen und Erforder-nissen einer sorgfältigen bibliothekarischen Verzeichnung zu verbinden.

Integration von Dienstleistungen wäre hier das Zauberwort, um möglichen Akzep-tanzproblemen der Bibliografie bei den Wis-

senschaftlern gegenzusteuern. Diese Pro-bleme sind nicht gering. Eine korrekte Ver-zeichnung von Publikationen setzt nämlich die Autopsie der Originalquelle voraus. Die-se wenigstens leihweise bereitzustellen, be-deutet lästigen Aufwand. Die Wissenschaft-ler werden ihn aber dann (gerne) leisten, wenn sie in Zukunft in ihrer Hochschule nie mehr (!) nach der betreffenden Publikation gefragt werden, wenn also gewährleistet wird, dass die Hochschulverwaltung für For-schungsberichte, Evaluationen oder welche Anforderungen auch immer selbstständig und ausschließlich auf die Hochschulbiblio-grafie zugreift. Ist die Hochschulbibliogra-fie das einzige und zentrale Nachweisins-trument für die wissenschaftlichen Publika-tionen an der Hochschule, werden alle auch ohne ausdrückliche Verpflichtung ihre Bei-träge zur Hochschulbibliografie melden.

Rationelle Lesetechniken Schneller Lesen – Mehr behaltenChristian Peirick.2. überarbeitete Auflage 2007.XIX. 209 Seiten.14,8 x 21 cm. kartoniertISBN: 978-3-87066-990-4€ 14.90

Die durch Internet und E-Mails rasant angestiegene Flut an schriftlichen Infor-mationen erfordert unabdingbar die Fä-higkeit zum besseren Auswählen und schnelleren Bewältigen der für den Leser wichtigen Texte. Das vorliegende Buch vermittelt leicht verständlich und nach-vollziehbar die hierfür notwendigen rati-onellen Lesetechniken und Strategien.

Das Buch basiert auf den langjährigen Erfahrungen des Autors aus der Seminar-leitertätigkeit für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst im Land Rheinland-Pfalz. Mit seiner Hilfe konnte die Se-minarteilnehmer ihre Lesegeschwindig-keit regelmäßig wenigstens verdoppeln.

Das Buch beinhaltet die in den Semi-naren durchlaufenen Schritte zum Errei-chen dieser Lesebeschleunigung und er-möglicht den Leserinnen und Lesern, an diesen Erfahrungen zu partizipieren. Ne-benbei erfahren Sie, warum schnelleres Lesen meistens ein besseres Verstehen und Behalten bewirkt

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820 BuB | Lesesaal IFLA-Weltkongress Durban 2007

Bernd Schleh

Afrikanische Trommelwirbel und ein Paukenschlag aus USAMillionen-Spende beschleunigt Lobbyarbeit für Bibliotheken / Die IFLA auf dem Weg zum politischen Akteur

Beim IFLA-Weltkongress in Durban gab es mitreißende afrikanische Trommelmu-sik, doch der entscheidende Paukenschlag kam aus den USA. Die Bill & Melinda Gates Stiftung spendierte dem Weltver-band der Bibliotheken und Bibliotheks-verbände eine Million Dollar. Im Füh-rungsgremium der IFLA – jährlicher Etat: zweieinhalb Millionen Dollar – musste man nicht lange überlegen, was mit dem unverhofften Geldsegen geschehen soll: Die Lobbyarbeit für Bibliotheken wird forciert. Diese Entscheidung unterstreicht, was sich auf den vorherigen IFLA-Kon-gressen bereits abgezeichnet hatte und was im August in Durban vollends zutage getreten ist: Die IFLA hat sich von einer internationalen Standesvertretung, in der Bibliothekare vorwiegend berufl iche Fachfragen diskutieren, zu einer Orga-nisation mit gesellschaftspolitischem Anspruch gewandelt.

Einen besseren Start hätte sich die neue deutsche IFLA-Präsidentin Claudia Lux gar nicht wünschen können.

Zwei Tage vor der offi ziellen Amtsteinfüh-rung auf der Schlussfeier des IFLA-Welt-kongresses in Durban schüttet die Stif-tung des Microsoft-Gründers Bill Gates das Füllhorn über den chronisch klammen Weltverband der Bibliotheken und Biblio-theksverbände aus: Eine Million Dollar, mit der, so die Stiftung, »das Bewusstsein für die Bedeutung der Bibliotheken bei der Entwicklung der Informationsgesell-schaft« gestärkt werden soll. Mit anderen Worten: Eine mächtige Finanzspritze für die Lobbyarbeit der IFLA – also genau für den Arbeitsbereich, dessen Förderung sich

Lux für ihre zweijährige Amtszeit auf die Fahnen geschrieben hat.

Mit dem Motto »Bibliotheken auf die Tagesordnung« hatte die Berlinerin, die im Hauptberuf die dortige Zentral- und Lan-desbibliothek leitet, bereits vor zwei Jah-ren mit deutlichem Abstand die Wahl zur IFLA-Präsidentschaft gewonnen. Ideen zur Umsetzung ihres Mottos sammelte Lux inzwischen auf vielen Kongressen, national und international (siehe dazu den Infokasten auf Seite 827) – jetzt ist auch das Geld dafür da. Eine Stelle, zunächst auf drei Jahre begrenzt, für einen Mitar-beiter, der sich in der IFLA-Zentrale im niederländischen Den Haag um die »Stär-kung des Bewusstseins für die Bedeutung der Bibliotheken bei der Entwicklung der Informationsgesellschaft« kümmert, ist bereits ausgeschrieben. Und wenn die neue Kollegin oder der neue Kollege nicht gleich mit 330 000 US-Dollar Jahresge-halt einsteigt, dürfte auch für weitere Ak-tivitäten noch etwas übrig bleiben.

Nummer eins in Sachen Informationsfreiheit

Baustellen, für die Investitionsmittel ge-sucht werden, hat der Verband jedenfalls genug. Da wäre zunächst das in die Jahre gekommene hauseigene Informationssys-tem IFLANET (www.ifl a.org), mit dem der Verband im Internet seine Arbeit prä-sentiert und auf vielfältige Weise aufzeigt, wie Bibliotheken den Menschen Zugang zur Informationsgesellschaft verschaff en können. Die seit langem geplante grundle-gende Überarbeitung kann nun in Angriff genommen werden.

Da wäre zum Beispiel auch das Com-mittee on Free Access to Information and Freedom of Expression, kurz FAIFE ge-nannt – das Gremium innerhalb der IFLA mit der stärksten politischen Ausrichtung. Es kümmert sich um die Informations-freiheit, weltweit, – und muss sich bei der Finanzierung seiner wichtigen Arbeit seit Jahren von Spende zu Spende hangeln. Trauriger Höhepunkt in diesem Frühjahr: Das FAIFE-Büro in Kopenhagen musste aus fi nanziellen Gründen geschlossen wer-den. Die IFLA-Verantwortlichen machten aus der Not eine Tugend. Generalsekretär Peter Lor sagte dazu: »Wir konzentrieren nun unsere gesamte Lobbyarbeit in Den Haag. Das ist auch ein Vorteil.«

Das FAIFE-Komitee hatte für die Pres-sekonferenz in Durban die Herausgabe des »Weltberichts 2007«, in dem die Situation der Informationsfreiheit in den einzelnen Ländern genau unter die Lupe genommen wird, angekündigt. Ein echtes Highlight,

Zünftige Begrüßung bei der Eröffnungsfei-er zum IFLA-Weltkongress in Durban: Zulu-Männer in Stammestracht

Fotos: Bernd Schleh

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821Lesesaal | BuBIFLA-Weltkongress Durban 2007

betrachtet man die übrigen Programm-punkte des Pressetreff s, die sich zwischen den persönlichen Veranstaltungsfavoriten des IFLA-Generalsekretärs und der Be-kanntgabe des »Shawky Salem Conference Attendance Grant 2006« – wer hat jemals davon gehört? – bewegten. Doch die Aus-dauer der Medienvertreter, die bis zum FAIFE-Bericht durchhielten, wurde nicht belohnt. Das kleine Redaktionsteam um Prof. Th eo Bothma von der University of Pretoria hatte den Termin nicht geschaff t. Bothma versuchte, das Beste aus der Situ-ation zu machen: »Wir wurden praktisch Opfer unseres eigenen Erfolgs.«

Zweifelhafte Kandidaten

Von den 174 Ländern, die die Mitarbeiter Bothmas angeschrieben hatten, antworte-ten 116, das ist gut ein Drittel mehr als bei der vergangenen Umfrage im Jahr 2005. Hinzu kommt: Es gingen nicht nur mehr Länderberichte ein, es waren auch mehr faule Kandidaten darunter. Bothma: »Wir müssen bei zweifelhaften Angaben nach-recherchieren. Das kostet Geld und Zeit.« Knackpunkt ist immer dieselbe Frage: Hat es in ihrem Land in den vergangenen beiden Jahren Verletzungen des Rechts auf intellektuelle Freiheit gegeben? FAI-FE-Chef Paul Sturges erklärte gegenüber BuB: »Man wundert sich, welche Länder hier mit einem klaren Nein antworten.«

Doch die FAIFE-Redaktion steuert selbstbewusst gegen: Wer off ensichtlich

die Unwahrheit verkündet – Auskunft geben in der Regel Nationalbibliotheken und nationale Bibliotheksverbände –, dessen Report wird mit einer Gegendar-stellung versehen. Im vergangenen Bericht war dies bei Weitem nicht nur bei den üb-lichen Verdächtigen, wie China und Kuba, der Fall. Wo die Schönfärber im Jahr 2007 sitzen, wird in der neuen Ausgabe zu le-

sen sein, dessen Veröff entlichung nun für Ende November angekündigt ist. Sturges machte bereits Appetit: »Es gab zahlreiche scharfe Auseinandersetzungen um die Formulierungen.« Doch der Einsatz und die Hartnäckigkeit des Redaktionsteams haben sich gelohnt, da ist sich der FAIFE-Chef sicher: »Wir legen einen Report vor, der Hand und Fuß hat und die Fakten in

Bewegende Rede: Der Richter am südafrikanischen Verfassungsgericht, Albie Sachs, berichtete über seine Erfahrungen im Gefängnis während der Apartheid.

3 100 Bibliothekare und Informationsspezialisten aus mehr als 120 Ländern – darunter 50 aus Deutschland – kamen zum diesjährigen IFLA-Welt-kongress nach Südafrika.

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Sachen Informationsfreiheit auf den Tisch bringt – und das in 116 Ländern der Welt. Eine umfassendere Zusammenstellung gibt es nirgends.«

Ein Pfund also, mit dem der Weltver-band wuchern sollte. Sturges hat das auch vor: »Wir müssen diesen Bericht bekann-ter machen in Politik, Gesellschaft und bei den Medien. Damit können wir zeigen, dass wir weltweit die Nummer eins als An-sprechpartner in Sachen Informationsfrei-heit sind.«

Politisch und emotional

Das Th ema Informationsfreiheit zog sich wie ein roter Faden durch die gesamte Großveranstaltung in Durban. Das ist kein Zufall. Schließlich liegt der Kampf der schwarzen südafrikanischen Bevöl-kerungsmehrheit für politische Freiheit, wozu die Informationsfreiheit elementar gehört, noch keine 15 Jahre zurück. Die Erinnerungen und die Wunden sind noch frisch. Nicht zuletzt aus diesem Grund wurde der 73. IFLA-Weltkongress ein po-litischer Kongress – und ein Kongress der Emotionen. Das zeigte sich bereits in der gelungenen Eröff nungsfeier. Die Gastge-ber schaff ten es, ohne Spezialeff ekte und große Bühnenshow, die Besucher tief zu berühren und ihnen die Bedeutung der Informationsfreiheit, für die viele südafri-kanische Teilnehmer während der Zeit der Apartheid unter großem Einsatz persön-lich gekämpft hatten, neu zu vermitteln.

Es gab bewegende Momente: Als die fi nnischen Bibliothekarinnen, die wäh-rend des Befreiungskampfes für die Füh-rung des Afrikanischen Nationalkongres-ses (ANC) im Exil eine Informationsbib-liothek aufgebaut hatten, ihre damaligen südafrikanischen Kollegen nach mehr als 20 Jahren wieder in die Arme schlossen – oder als der Richter am südafrikani-schen Verfassungsgericht, Albie Sachs, der im Befreiungskampf bei einem Attentat Auge und Arm verlor, über seine grausame Haftzeit berichtete und mit den Worten schloss: »Ohne Bücher und die Bibliothe-kare, die sie mir im Gefängnis zur Verfü-gung stellten, hätte ich nicht überlebt. Sie haben einen wunderbaren Beruf!«

Nicht wenige Kollegen hatten nach dieser Rede Tränen in den Augen, vor Rührung – manche Südafrikaner auch vor Wut. Denn die zahlreich aufgebote-nen Veteranen aus dem Kampf gegen die weiße Apartheid, die heute hohe Ämter in Justiz, Verwaltung und Regierung des Landes bekleiden, sangen zwar allesamt das Hohelied der Informationsfreiheit, blickten dabei allerdings mehr in die Ver-

gangenheit als auf aktuelle Probleme und ließen die größte Katastrophe des Landes gleich ganz aus: Aids.

Die rasante Verbreitung der Seuche, die in Südafrika täglich mehr als 1 000 Menschen dahinraff t, hat viele Ursachen. Eine ganz wesentliche ist die zweifelhafte Informationspolitik der Regierung und die damit einhergehende mangelnde Auf-klärung der Bevölkerung. Obwohl die Infektionsrate in Südafrika bei geschätz-ten 15 Prozent liegt, das sind mehr als 6 Millionen der 44 Millionen Südafrikaner, leugnet die Regierung noch immer, dass

IFLA-Weltkongress Durban 2007

»Die Politisierung der IFLA begann mit dem Kampf gegen die Apartheid«

Ellen Tise hat federführend den IFLA-Welt-kongress in Durban organisiert. Im Kurz-In-terview mit BuB-Redakteur Bernd Schleh zog sie nach der Großveranstaltung eine erste Bilanz.

BuB: Mrs. Tise, der Kongress in Durban hat es gezeigt: Die IFLA wird politischer. Setzt sich diese Entwicklung fort?

Ellen Tise: Ja, davon gehe ich aus. Übri-gens hat Afrika daran großen Anteil. Die ak-tuelle IFLA-Erklärung zum Thema »Indige-nes Wissen« stammt beispielsweise aus Afri-ka. Und die Politisierung der IFLA begann ja

eigentlich mit der Unterstützung des Kamp-fes gegen die Apartheid in Südafrika.

Während des Kongresses wurden zentrale Probleme Südafrikas, wie Aids und Korrup-tion, angesprochen. Wie können Bibliothe-ken zur Lösung beitragen?

Auf vielfache Weise: Bibliotheken können Informationen bereitstellen, Workshops or-ganisieren, die Menschen unterrichten, die Forschung unterstützen und sie können mit anderen bürgerschaftlichen Organisationen zusammenarbeiten.

Was sind die wichtigsten Ergebnisse des Kongresses?

Ein ganz wesentliches Ergebnis besteht in der Schärfung des Profils von Bibliothe-ken. Wir konnten vermitteln, welch wichti-ge Rolle Bibliotheken für den Aufbau und das Funktionieren demokratischer Gesell-schaften spielen. Für uns Bibliothekare in Südafrika war auch die Intensivierung der Gespräche mit Regierungsvertretern enorm wichtig.

Was waren die größten Probleme bei der Organisation des Kongresses?

Die Finanzmittel. Wir haben befürchtet, dass aufgrund der Sicherheitslage in Süd-afrika deutlich weniger Besucher kommen würden. Schwierig war außerdem der Um-stand, dass viele unterschiedliche Gruppen bei der Organisation mitgewirkt haben und dass der professionelle Kongressveranstal-ter von IFLA in einem anderen Land saß.

Welches sind die entscheidenden Themen für IFLA bis zum nächsten Kongress in Qué-bec?

Da sehe ich vor allem zwei Bereiche: Zum einen das Thema indigenes Wissen und die Einbeziehung indigener Gruppen in die In-formationsversorgung sowie die Förderung von kultureller und sprachlicher Vielfalt.

Die südafrikanische Bibliothekarin Ellen Tise war Vorsitzende des nationalen Organisationskomi-tees für den IFLA-Weltkongress in Durban und wird 2009 die Nachfolge von Claudia Lux als Präsi-dentin des IFLA-Weltverbandes antreten.

Foto: privat

das Land ein ernsthaftes Problem mit Aids habe.

Bizarres Lehrstück

Den Fortgang eines bizarren Lehrstücks in Sachen Informationsfreiheit konnten die Teilnehmer während des Kongresses täglich live in den großen Zeitungen des Landes verfolgen. Die stellvertretende Ge-sundheitsministerin Südafrikas, Nozizwe Madlala-Routledge, eine der wenigen Re-gierungsmitglieder, das es gewagt hatte, öff entlich auf die Aids-Katastrophe auf-

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Die Großveranstaltung war perfekt organisiert: Ein Heer von freiwilligen Hilfskräften stand den Teilnehmern freundlich zur Seite.

Entspannung nach einem langen Kongresstag: die deutschen Teilnehmer beim Empfang in der Deutschen Schule Durban

merksam zu machen, wurde unter faden-scheinigen Argumenten Stück für Stück demontiert und schließlich entlassen. Ihre Vorgesetzte, die Gesundheitsministerin Manto Tshabalala-Msimang, darf dage-gen noch immer den Verzehr von Knollen-gemüse als Heilmittel gegen Aids öff ent-lich propagieren.

Es ist in Südafrika die Basis, die den Kampf gegen die Seuche führt. Dazu ge-hören auch mutige Bibliothekare, zum Beispiel in den Township-Büchereien (siehe dazu den Bericht auf Seite 832) der Drei-Millionen-Metropole Durban. In der Bibliothek des Townships KwaMashu steht die selbstgebastelte Aids-Info-Wand gleich am Eingang.

Jabu Sithole, die für die Ausleihe in Durbans Township-Bibliotheken verant-wortlich ist, erklärt: »Wir wollen, dass diese überlebenswichtigen Informationen alle, die in die Bibliothek kommen, auch wahrnehmen.« Es gibt noch einen zweiten Grund: Neben der Info-Tafel steht eine Schachtel mit Gratis-Kondomen. Vie-le Besucher trauen sich nur zuzugreifen, wenn sie anschließend schnell wieder aus der Bücherei rauskommen.

Der IFLA-Weltkongress in Südafrika wäre eine hervorragende Gelegenheit ge-wesen, die Aids-Katastrophe, gegen die Einzelkämpfer in Bibliotheken auf verlo-renem Posten stehen, auf die politische Ta-gesordnung zu heben. Nach Angaben von UNAIDS, des Joint United Nations Pro-gramme on HIV/Aids, sind in Schwarzaf-rika 38,6 Millionen Menschen mit HIV infi ziert. Von den 3 100 Kongressteilneh-mern stammte rund die Hälfte aus afrika-

nischen Ländern, sie hätten die Botschaft mit nach Hause nehmen können. Statt-dessen war Aids gerade mal in einer der 95 Kongress-Veranstaltungen zentrales Th ema (»Zugang zu HIV/Aids-Informati-on in Afrika und Urheberrechte«). In zwei weiteren Veranstaltungen, »Bibliotheken und Gesundheitsversorgung« sowie »Frau-en, Information, Bibliothek und die UN-Millenniumsziele«, wurde das Problem am Rande gestreift.

Andere afrikanische Probleme wurden dagegen mit off enem Visier angegangen, zuvorderst die literarische und sprachliche Fremdbestimmung auf dem Kontinent. Bei den zahlreichen Ausfl ügen in die Bib-liotheken Durbans und der Umgebung war die Misere auf einen Blick zu erkennen: In den Regalen stehen in der Regel Bücher in englischer Sprache, die von Nichtafri-kanern geschrieben sind. Die bekannte südafrikanische Autorin Gcina Mhlophe forderte deshalb auf dem Kongress: »Es ist unsere Aufgabe, endlich mehr Bücher aus unserer Perspektive zu schreiben – und zwar nicht in Englisch, sondern in unse-ren Sprachen, sodass die Menschen hier auch tatsächlich beurteilen können, ob das Geschriebene richtig oder falsch ist. Wir müssen unsere Geschichte, aber auch die Gegenwart für uns zurückerobern.« (siehe hierzu das Interview auf Seite 829)

Zumindest in Südafrika hat man mit der Rückeroberung der eigenen Kultur und Geschichte begonnen. In der Eröff -nungsfeier des Kongresses kündigte der südafrikanische Minister für Kunst und Kultur, Pallo Jordan an, dass die Regie-rung in den kommenden drei Jahren eine Milliarde Rand, das sind umgerechnet 100 Millionen Euro, in den Ausbau der Bibliotheken stecken wird. Der Minister sagte: »Wir brauchen eine bessere Ausbil-dung der Mitarbeiter, längere Öff nungs-zeiten, moderne Informationstechnologie, Bücher und Medien in der Muttersprache

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der Nutzer und Leseförderaktionen für Kinder.« Nur so könne in Südafrika eine Lesekultur geschaff en werden.

Die Chefi n des südafrikanischen Kon-gress-Organisationsteams und designierte Nachfolgerin von IFLA-Präsidentin Clau-dia Lux im Jahr 2009, Ellen Tise, ist sich sicher, dass der Kongress gerade für afrika-nische Bibliotheken und Bibliothekare ein großer Erfolg war. »Wir haben unser Profi l geschärft und Politik und Öff entlichkeit demonstriert, dass Bibliotheken ein we-sentlicher Bestandteil der Kultur und des Bildungswesens sind«, so Tise. Auf inter-nationaler Ebene seien wichtige Partner-schaften geschlossen worden, so zum Bei-spiel zwischen der Sektion »Black Caucus«

des US-amerikanischen Verbandes ALA und diversen afrikanischen Verbänden sowie zwischen dem südafrikanischen und dem fi nnischen Bibliotheksverband. Tise geht davon aus, dass der Einfl uss afrika-nischer Bibliothekare innerhalb der IFLA künftig größer sein wird: »Das zeigt doch schon die Einrichtung der neuen IFLA-Sprachzentren in Dakar und Alexandria sowie des neuen IFLA-Regionalzentrums in Pretoria.«

Lähmende Bürokratie

Natürlich ging es beim größten interna-tionalen Kongress der Bibliothekare und Informationsspezialisten nicht nur um

afrikanische Bibliotheken. Die 3 100 Kol-legen aus 120 Ländern, darunter auch 50 Deutsche, konnten bei der Zusammen-stellung ihres persönlichen Kongresspro-gramms aus dem gesamten Spektrum der berufsfachlichen Th emen auswählen: von der sozialen Bibliotheksarbeit über die Ka-talogisierung bis hin zu Digitalisierungs-fragen. Dafür hatten die 45 IFLA-Sektio-nen, in denen die Facharbeit geleistet wird, eine Vielzahl attraktiver Veranstaltungen (nachzulesen unter www.ifl a.org/IV/ifl a73/Programme2007.htm) aufgeboten. Und darüber hinaus durften Teilnehmer auch zum ersten Mal alle Gremiensitzun-gen der IFLA-Funktionäre besuchen. Es gab keine geschlossenen Sitzungen – ein

In Südafrika gibt es eine allgemeine Schulpflicht vom 7. bis zum 16. Lebensjahr. Der Unterricht ist kostenlos. Dennoch sind gut ausgestatte Schulen wie diese in einem Vorort Durbans eher die Ausnahme.

In kaum einem anderen Land der Welt sind die Gegensätze zwischen Arm und Reich so groß wie in Südafrika. Hüttensiedlungen liegen oft nur we-nige hundert Meter von noblen Stadtvierteln entfernt.

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überfälliger Schritt für eine Organisation, die sich so sehr der Informationsfreiheit verschrieben hat.

Auch die innere Reform der Mammut-organisation IFLA – der Weltverband der Bibliotheken und Bibliotheksverbände hat derzeit 1 700 Mitglieder in mehr als 150 Ländern – schreitet also voran. Die neue deutsche Präsidentin will hier noch mehr Dampf machen. Lux ist vor allem die lähmende IFLA-Bürokratie ein Dorn im Auge. Beim Kongress äußerte sie sich dazu diplomatisch: »Wir müssen den Verband schlanker und damit handlungsfähiger machen, ohne bewährte Strukturen über Bord zu werfen.« Auch für mehr Transpa-renz will die deutsche Präsidentin sorgen. Sie und der IFLA-Vorstand werden künf-tig monatlich über ihre Aktivitäten und über neue Entwicklungen innerhalb der Organisation in einem Rundbrief für die Mitglieder berichten.

Ein zentraler Punkt der internen IFLA-Reform war die jüngste Umstellung der IFLA-Strategie auf das sogenannte Drei-Säulen-Modell: Mitglieder – Facharbeit – Gesellschaft. In diesem Strategiepapier

wird die stärkere politische Ausrichtung des Verbandes ausdrücklich festgeschrie-ben. Neben dem Service für die Mitglieder und der Weiterentwicklung der Fachar-beit, beispielsweise in der Ausarbeitung von Richtlinien, wird die Wirkung der bibliothekarischen Arbeit in die Gesell-

schaft hinein als gleichwertige Aufgabe defi niert.

Ausgangspunkt der forcierten gesell-schaftspolitischen Arbeit der IFLA wird das Hauptquartier in Den Haag sein. Dort sind inzwischen drei wichtige Kernakti-vitäten, »Free Access to Information and

Gedichte und Lieder präsentierten die Schüler der Saphumelela School den internationalen Kon-gressteilnehmern in einer Vorstadt Durbans.

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Freedom of Expression« (FAIFE), »Co-pyrigt and other Legal Matters« (CLM) sowie die Fortführung der Aktivitäten im Rahmen des Weltinformationsgipfels (WISIS), konzentriert. Gemeinsam mit der Millionen-Spende aus USA und der engagierten deutschen Präsidenten ist das eine gute Ausgangsposition, um das Bewusstsein für die Bedeutung der Bib-liotheken bei der Entwicklung der Infor-mationsgesellschaft zu fördern. Inwieweit das gelungen ist, kann schon der nächste IFLA-Weltkongress zeigen. Er fi ndet vom 10. bis zum 15. August 2008 im kanadi-schen Québec statt.

Indischer Tanz beim IFLA-Weltkongress in Südafrika: Ein Drittel der Einwohner Durbans sind Inder oder haben indische Wurzeln.

BOBCATSSS: Die jungen Wilden der LIS

Was der IFLA World Library and Informati-on Congress (WLIC) für die »alten Hasen« des internationalen Bibliotheks- und Infor-mationswesens ist, stellt BOBCATSSS für die »jungen Wilden« der LIS-Studierenden und Professionals dar. Wie beim WLIC wird auch auf dem jährlichen BOBCATSSS-Sym-posium über neue Entwicklungen diskutiert, es werden Ideen ausgetauscht und Kontak-te geknüpft. Die Symposien werden in Ko-operation von ost- und westeuropäischen Universitäten organisiert, von der Wahl des geeigneten Austragungsortes der Veran-staltung bis hin zur Auswahl der eingereich-ten Paper liegt dabei alles in der Hand der Studierenden mit Unterstützung der Dozen-ten.

BOBCATSSS, eine etwas kleinere Veran-staltung als der IFLA-Weltkongress, steht diesem jedoch in Internationalität nicht nach. Interessierte aus der ganzen Welt be-warben sich mit ihren Ideen für das kom-mende Symposium 2008 in Kroatien. Or-ganisiert wird BOBCATSSS 2008 durch die Humboldt-Universität zu Berlin, die Univer-sität Osijek, die Fachhochschule Potsdam und die Universität Zadar. Unterstützt wer-den wir von EUCLID, dem Schirmherr von BOBCATSSS, und Sponsoren aus Wirtschaft

und Bibliothekswesen, die wir im Zuge der Organisation des Symposiums von unserer Arbeit überzeugen konnten.

Dazu gehört natürlich auch die Präsen-tation von BOBCATSSS auf verschiedenen Kongressen – bisher vor allem auf nationa-ler Ebene und dieses Jahr nun auch auf dem IFLA-Weltkongress in Durban. Unsere Pos-terpräsentation zog viele Neugierige an: Ob südafrikanische LIS-Studierende, Dozenten aus den Vereinigten Staaten oder Asien und Afrika – das Interesse für das junge Sympo-sium war groß. Zu unserer Freude zeigte sich auch die IFLA-Jury von unserem Poster be-geistert und zeichnete es mit dem 2. Platz bei der Wahl zum besten Poster der 80 aus-gestellten aus.

Das kommende Symposium vom 28. bis 30. Februar 2008 in Zadar widmet sich dem Thema »Providing Access to Information to Everyone« aus sozialer, politischer und tech-nischer Sicht. Wenn Sie also der internati-onale Austausch über dieses aktuelle The-ma interessiert, besuchen Sie zur weiteren Information unsere Homepage www.bob-catsss2008.org oder unseren Stand Nr. 4.2 M446 auf der Frankfurter Buchmesse: Wir freuen uns auf das Gespräch – selbstver-ständlich können Sie dort auch einen Blick auf das preisgekrönte Poster werfen!

Christin Mollenhauer und Boris Jacob

Landeten mit ihrer Posterpräsentation auf dem zweiten Platz: LIS-Studentin Christin Mollenhauer und Dozentin Petra Hauke, die Betreuerin des BOBCATSSS-Projekts an der Humboldt-Universität zu Berlin. Foto: Boris Jacob

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Mit guten Ideen auf die politische Tagesordnung

Workshop der IFLA-Präsidentin zur erfolgreichen Lobbyarbeit

Bei Kongressen – national und interna-tional – hat es sich bereits herumgespro-chen: Während man sich als Teilnehmer beim Gros der Veranstaltungen gemütlich zurücklehnen und einfach zuhören kann, ist bei der neuen IFLA-Präsidentin Claudia Lux Mitarbeit gefragt – und dennoch ist der Andrang groß. Zu Lux’ Workshop in Durban strömten weit über 100 Biblio-thekare und Informationsspezialisten. Sie stellten eine beeindruckende Liste von konkreten Tipps für die Lobbyarbeit von Bibliothekaren auf und einigten sich auch darauf, welche Fehler man tunlichst vermeiden sollte.

Anleitungen für eine erfolgreiche Lob-byarbeit gibt es genug, vor allem aus den USA und aus Skandinavien. Dass diese Ratschläge nicht für alle Bibliotheken in allen Ländern passen, wurde beim ge-meinsamen Brainstorming schnell deut-lich. Es ist ein Unterschied, ob man in einem hochentwickelten Industrieland für den Ausbau der Bibliotheken wirbt oder in einer südafrikanischen ländlichen Kom-mune, wo die Gründung einer Bücherei in direkter Konkurrenz zum Aufbau der Trinkwasserversorgung steht.

In ihrer Einführung umriss Claudia Lux deshalb mit wenigen Worten, wor-auf es bei der Lobbyarbeit für Bibliothe-

ken ankommt – egal in welcher Situation: »Es geht darum, den Wert von Bibliothe-ken aufzuzeigen.« Wer es darüber hinaus schaff e, mutig in die Zukunft zu denken und einen regelmäßigen Kontakt mit den Entscheidungsträgern im Umfeld der Bib-liothek aufrechtzuerhalten, der sei gut ge-rüstet und leiste einen wichtigen Beitrag, um das aktuelle IFLA-Präsidentschafts-motto »Bibliotheken auf die Tagesord-nung« in die Tat umzusetzen.

Die Ideen, die aus den Arbeitsgruppen kamen, waren so bunt und international, wie deren Zusammensetzung. Gesucht waren Antworten auf die Fragen:� Wie stellt man den ersten Kontakt her?� Wie präsentiert man seine Ideen?� Welches sind die Eckpfeiler einer er-

folgreichen Lobbyarbeit?� Was sollte man tunlichst vermeiden?Im Folgenden eine kurze Zusammenfas-sung der wichtigsten Vorschläge:� überzeugend, selbstbewusst, professio-

nell – und wenn es passt auch leiden-schaftlich – auftreten

� Lösungen aufzeigen und nicht über Probleme klagen

� Schlüsselpersonen aus dem öff entli-chen Leben (Politik, Kultur, Sport) für die eigenen Ziele gewinnen

� gegebenenfalls mit professionellen Lobbyisten zusammenarbeiten

� aktiv auf Medien zugehen� Regierungs- und Behördenpläne stu-

dieren und die eigene Einrichtung dort einbringen

� hartnäckig sein, und immer wieder vorstellig werden

� in Gesprächen mit Entscheidungsträ-gern: wissen was man erreichen will und beim Th ema bleiben

� Anliegen in dem Stil vortragen, der in der Politik üblich ist

� Gesprächspartner korrekt anreden� bei Terminen mit Entscheidungsträ-

gern mit Gespür vorgehen: nicht zuviel reden und auch zuhören

� mit den Aktionen und Dienstleistun-gen der Bibliothek überraschen und Aufmerksamkeit erregen

� die Bibliothek für andere Funktionen öff nen: zum Beispiel als Wahllokal, wie in manchen skandinavischen Ländern

� die Möglichkeiten der Bibliothek bei der sozialen Integration hervorheben

� Entscheidungsträger in die Bibliothek einladen

� Lobbyarbeit strategisch planen� sich in die Situation des Politikers hi-

neindenken und ihm verdeutlichen, welchen Beitrag die Bibliothek zur Er-reichung seiner Wahlziele – und damit für seine Wiederwahl – leisten kann

� bei Verhandlungen fl exibel sein und auch auf Kompromisse eingehen (manchmal kann es hilfreich sein, erst einen Schritt zurückzugehen, um das angestrebte Ziel zu erreichen)

� Bibliotheksnutzer in Strategie einbezie-hen (sie können bei Entscheidungsträ-gern oft mehr Druck machen und mehr erreichen als Bibliothekare selbst).

Wer diese Ratschläge beherzigt, hat gute Chancen, die Arbeit seiner Bibliothek in ein besseres Licht zu rücken und für das Erreichen der eigenen Ziele künftig mehr politische und fi nanzielle Unterstützung zu erhalten. Freilich bietet aktives Lob-bying auch reichliche Gelegenheit, in Fettnäpfchen zu treten. Die internationa-len Workshop-Teilnehmer machten vor allem zwei Gefahrenbereiche aus. Erstens: Niemals Mitleid erregen! Zweitens: Nie als Bittsteller auftreten, sondern als Ge-sprächspartner auf gleicher Ebene!

Bernd Schleh

IFLA-Präsidentin Claudia Lux (rechts) hörte aufmerksam zu, was in den einzelnen Arbeitsgruppen diskutiert wurde. Foto: Bernd Schleh

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Kongress-Splitter

� »Bibliotheken gelten als langweilig. Kon-gresse gelten als noch langweiliger. Nun stel-le man sich einen Bibliothekskongress vor …« Albie Sachs, südafrikanischer Verfassungs-richter und Festredner bei der Eröffnung des IFLA-Weltkongresses

� Das Thema Informationsfreiheit zog sich wie ein roter Faden durch den Kongress. Fast genauso eifrig diskutierten die Bibliothekare freilich das Thema Bewegungsfreiheit: Aus Sicherheitsgründen wurden die Kongressteil-nehmer morgens mit Bussen direkt vor dem Hotel abgeholt und bis vor das Kongresszen-trum gefahren. Abends ging es auf dieselbe Weise zurück. Von eigenen Erkundungen der Stadt wurde dringend abgeraten.

� Die Jahrhundertfigur Nelson Mandela, Freiheitskämpfer und erster schwarzer Re-gierungschef Südafrikas, feiert im kommen-den Jahr ihren 90. Geburtstag. Aus diesem Anlass will Biblionef, eine internationale Initi-ative, die Bibliotheken und Schulen in unter-entwickelten Ländern mit Büchern versorgt, ein Kinderbuch über Mandela in den elf of-fiziellen Sprachen Südafrikas herausbringen. Niederländische Bibliotheksorganisationen haben bereits ihre Unterstützung zugesagt. Weitere Sponsoren für dieses und ähnliche Projekte werden noch gesucht. Informatio-nen unter www.biblionefsa.org.za.

� Der mit einer Million Dollar dotierte »Ac-cess to Learning Award« der Bill & Melinda Gates Stiftung ging in diesem Jahr an das im australischen Darwin ansässige öffentliche Bibliothekssystem NTL. Damit wurde der in-novative Ansatz der Einrichtung gewürdigt, Computer und Internettechnologie in abge-legene, von indigener Bevölkerung bewohn-te Teile des Kontinents zu bringen.

� Mit dem Verkauf von Kaffee und Tee, mit Verlosungen und anderen kleinen Aktionen haben australische Bibliothekare so viel Geld gesammelt, dass sie 16 afrikanischen Kolle-gen den Besuch des IFLA-Weltkongresses

in Durban finanzieren konnten. Zur Nach-ahmung dieser guten Tat hat der scheiden-de IFLA-Präsident Alex Byrne aufgerufen: Im kommenden Jahr könnten Bibliothekare in USA Geld sammeln, um so Kollegen aus La-teinamerika die Kongressteilnahme in Qué-bec zu ermöglichen. 2009 seien Bibliothekare aus wohlhabenden europäischen Ländern an der Reihe, um Kollegen aus ärmeren europäi-schen Ländern die Teilnahme am Kongress in Mailand zu erleichtern.

� Auch im Jahr 2010 wird es einen IFLA-Weltkongress geben: Er findet im australi-schen Brisbane statt.

� Rechtzeitig zum IFLA-Weltkongress ist eine Fülle von neuen Fachpublikationen er-schienen (siehe unter www.ifla.org/V/saur.htm). Besonders empfehlenswert: die »IFLA Library Building Guidelines« von Karen Lati-mer und Hellen Niegaard. Darin ist alles Wis-senswerte rund um Planung, Bau und Aus-stattung von Öffentlichen und wissenschaft-lichen Bibliotheken versammelt.

� Die Fußballweltmeisterschaft in Südafri-ka findet erst in drei Jahren statt. Dennoch hat das sportliche Großereignis seinen Schat-ten auch auf die IFLA-Konferenz geworfen. Organisations-Chefin Ellen Tise sagte, dass es schwierig gewesen sei, Sponsoren für den Kongress zu finden, weil viele potenzielle Geldgeber sich bereits komplett auf die WM 2010 konzentrierten.

� Noch nie kamen so viele afrikanische Bib-liothekare zu einer IFLA-Konferenz wie in Durban: rund die Hälfte der 3 100 Teilneh-mer. Der IFLA-Weltkongress fand in diesem Jahr zum 73. Mal statt, jedoch erst zum zwei-ten Mal auf dem afrikanischen Kontinent. 1984 hatten sich die Bibliothekare der Welt in der kenianischen Hauptstadt Nairobi ge-troffen.

� Warum IFLA-Mitglied werden? Eine Zu-sammenstellung der Vorteile einer Mitglied-schaft sowie Strukturen, Gremienbesetzun-gen und statistisches Material der Organisa-tion sind im Membership-Toolkit unter www.ifla.org/III/officers/index.htm zu finden. Dort steht zum Beispiel, dass in Deutschland 79 Verbände, Bibliotheken und Privatperso-nen Mitglied bei IFLA sind. Im Vergleich dazu gibt es in Frankreich 63 Mitglieder, in Däne-mark 55, in Großbritannien 70 und in den USA 248.

� Beim IFLA-Weltkongress wurde viel geredet, es gab aber auch ganz konkre-te Hilfe: Die 3 100 Teilnehmer brachten insgesamt 711 Kinderbücher mit, die nun an eine Bibliothek in Durban gespendet wer-den.

Den Internationalen Marketing Award der IFLA-Sektion Marketing und Management erhielt Olga Einasto von der Universitätsbibliothek in Tartu, Estland. Unter dem Motto »Students Don’t Sleep! Come to the Library!« öffnete die engagierte Bib-liothekarin ihre Einrichtung auch nachts und bot zu-dem Spielräume für Kleinkinder sowie eine Betreu-ung durch Babysitter für studierende Eltern an.

Foto: Schleh

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»Die Menschen hier haben genug von Shakespeare und Co.«

Die südafrikanische »Mother of Books« Gcina Mhlophe fordert ein Ende der sprachlichen und literarischen Fremdbestimmung

Gcina Mhlophe zählt zu den bekanntes-ten Künstlerpersönlichkeiten in Südafrika. Ihre Arbeit gilt als entscheidender Beitrag zur Wiederbelebung der afrikanischen Erzähltradition. Sie setzt sich leiden-schaftlich für die Kultur ihres Landes ein und nimmt im Interview kein Blatt vor den Mund: »Die Menschen hier haben genug von Shakespeare und Co.« Statt dem Import von westlicher Literatur und Lebensweise fordert die südafrikanische »Mother of Books« Bücher, geschrieben von Schwarzafrikanern für Schwarzafrika-ner, und ein Ende der sprachlichen Fremd-bestimmung. Bei der Eröffnungsfeier des IFLA-Weltkongresses in Durban führte das Multitalent mit viel Temperament durchs Programm und zeigte sich dabei engagiert, selbstbewusst und humorvoll, genauso wie im Interview mit BuB-Re-dakteur Bernd Schleh, der mit ihr über die Bedeutung des Lesens und der modernen Informationstechnologie in Afrika sprach.

Zeitschrift BuB: Mrs. Mhlophe, Internet, neue Medien und schnelle Kommunikati-onstechnik boomen weltweit. Gleichzeitig haben Sie mit der Wiederbelebung der alten afrikanischen Erzähltradition – im In- und Ausland – großen Erfolg. Wie passt das zu-sammen?

Gcina Mhlophe: Ich setze mich mit voller Kraft für die Kunst des Geschich-tenerzählens ein, weil das etwas ganz Be-sonderes ist und weil wir Afrikaner sonst viel verlieren würden, was unbedingt zu uns gehört. Was zu uns gehört, gleichzeitig aber auch universell ist. Geschichten und Erzählungen verbinden Menschen rund um den Globus, die Informationstech-nologie macht dasselbe. Beides geht also Hand in Hand.

Wichtig ist: Wir müssen gegenseitigen Respekt vor unterschiedlichen Arten von Informations- und Kommunikations-systemen haben. Oftmals ist es jedoch so, dass Menschen von technologischen Entwicklungen so gefangen sind, dass sie den Blick fürs Spirituelle, für das eigent-lich Menschliche, verlieren. Das ist eine Gefahr. Wir brauchen nicht nur Technik, sondern auch Leidenschaft, Kunst und Kultur, die Betonung der Einzigartigkeit des Menschen. Technik allein kann diese Werte beiseite fegen und den Menschen zur Maschine degradieren. Deshalb ist die andere, die afrikanische Perspektive so wichtig.

Afrika liegt im weltweiten Vergleich in Sachen Informations- und Kommunikati-onstechnologien weit hinten. Reicht es aus, die Menschen auf ihre kulturellen Wurzeln zu verweisen?

Nein, das reicht nicht aus. Wir müssen in Sachen Informationstechnologie auf-holen, sonst werden wir bald feststellen, dass uns etwas Entscheidendes fehlt. Es ist wichtig, dass wir uns, nach so langer Zeit der Fremdbestimmung, auf unsere kul-turellen Wurzeln besinnen, dabei dürfen wir den Anschluss an die moderne Welt aber nicht verlieren. Hinzu kommt: Die neue Informationstechnologie bietet große Chancen, unser altes Wissen zu bewahren. Das sollten wir unbedingt nutzen.

In Afrika herrschen orale Kulturen vor, die ihre Erfahrungen, ihr Wissen und ihre Ge-schichten nicht in schriftlichen Dokumenten, sondern in mündlichen Erzählungen weiter-geben. Welche Rolle spielen Bibliotheken bei der Bewahrung dieser Tradition?

Es ist nur die halbe Wahrheit, wenn man heute sagt, die Weitergabe von In-formationen und Wissen von einer zur anderen Generation würde funktionieren. Das Fernsehen hat diese Tradition gründ-lich kaputt gemacht. Die Menschen eifern dem nach, was sie im Fernsehen erfahren und schätzen das gering, was sie von ih-ren Vorfahren tradiert bekommen. In die-ser Sache stehen wir in Südafrika, ja, auf dem ganzen afrikanischen Kontinent, am Scheideweg. Die Frage ist: Wird es uns ge-lingen, unsere ureigenen Werte und Tra-ditionen wiederzuentdecken oder werden

Gcina Mhlophe ist eine der bekanntesten Ge-schichtenerzählerinnen Südafrikas. Sie hat mehrere Kinderbücher veröffentlicht, sie schreibt Theaterstücke und Kurzgeschich-ten. Auf Deutsch sind unter anderen die Ge-schichtensammlung »Love Child« (1998) für Erwachsene sowie das Kinderbuch »Wie die Geschichten auf die Welt kamen« (1998) erschienen. 2001 startete die Autorin eine Road-Show für das Lesen in südafrikanischen Schulen und Bibliotheken, bei der sie Bücher, vor allem für Kinder, bis in die entlegendsten Winkel des Landes verteilte. Seither ist sie in ihrer Heimat als »Mother of Books« bekannt. Mhlophe lebt in Durban, sie ist mit einem Deutschen verheiratet und hat ein Kind.

Fotos: Bernd Schleh

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wir weiter fremden Vorbildern und Le-bensmustern nachrennen? Bibliotheken können hier eine wichtige Rolle spielen. Sie müssen den Menschen Bücher in ih-rer eigenen Sprache, nicht nur in Englisch, zur Verfügung stellen. Wichtig ist es auch, die Erzählungen von Menschen, die nicht lange genug leben, um ein Buch zu schrei-ben oder die gar nicht schreiben können, auf Tonträger aufzunehmen. Das ist einer meiner Träume: Eine Art Haus der Erin-nerung, in dem jeder diese Aufnahmen anhören kann. Das wäre doch auch eine schöne Aufgabe für Bibliotheken.

Die westliche Welt zeigt gern demonstrati-ves Interesse für afrikanische Traditionen, wie Tänze, Musik und Erzählungen, setzt aber stillschweigend die Überlegenheit von Schriftkulturen voraus. Wie gehen Sie mit diesem Vorurteil um?

Dieses Vorurteil wird wohl so lange be-stehen, bis wir den Wert unserer Kultur und unserer Traditionen beweisen – auch in Büchern. Das, was über uns geschrieben wird, stammt fast nie von Afrikanern. Das ist ein großes Problem. Meistens kommen Ausländer, sprechen mit ein paar Men-schen und veröff entlichen dann ein Buch. Es ist unsere Aufgabe, endlich mehr Bü-cher aus unserer Perspektive zu schreiben – und zwar nicht auf Englisch, sondern in unseren Sprachen, sodass die Menschen hier auch tatsächlich beurteilen können, ob das Geschriebene richtig oder falsch ist. Die betroff enen Menschen müssen endlich über die Möglichkeit verfügen, an ihrer ei-genen Geschichtsschreibung teilzuhaben, sodass sie gegebenenfalls auch sagen kön-nen: Hey, das ist so nicht richtig. Ich kenne eine andere Version dieser Geschichte und die will ich euch erzählen.

Das gilt gerade auch für den Wissenschafts-bereich. Wer heute fundierte Informationen über Afrika sucht, wird nach wie vor eher in US-amerikanischen Bibliotheken als in den Archiven afrikanischer Länder fündig.

Das ist eine Herausforderung, der wir begegnen müssen. Wir sind nicht nur mit der Aids-Seuche konfrontiert, mit der Dekolonisierung unseres Denkens, mit der technologischen Aufholjagd, sondern wir haben auch sicherzustellen, dass unser Wissen von uns selbst niedergeschrieben wird. Wenn Sie heute in eine südafrika-nische Buchhandlung gehen, werden Sie große Probleme haben, ein Buch zu fi nden, das von einem schwarzen Südafrikaner ge-schrieben ist – abgesehen von den wenigen bekannten Politikern und Prominenten. Wir müssen unsere Geschichte, aber auch die Gegenwart für uns zurückerobern.

Kommen wir zu Ihrem Heimatland Südaf-rika: Auch 13 Jahre nach den ersten freien Wahlen sind die Auswirkungen der Apart-heid auf das Bildungssystem weiter groß. Der weiße Bevölkerungsanteil ist der am besten ausgebildete, während die Analphabetenrate unter den Schwarzen am höchsten ist. Ha-ben Sie Hoff nung, dass sich diese Situation in absehbarer Zeit verbessert?

Es stimmt, dass die weiße Bevölkerung noch immer mehrheitlich die beste Aus-bildung genießt und unsere Leute oft nicht mal lesen können. Wir wissen, dass wir in einer bildungspolitischen Notlage sind. Aber inzwischen gibt es eine Vielzahl von Bildungsprogrammen und Leseförderak-tionen, auch in Bibliotheken. Wie schnell das Früchte tragen wird, kann niemand

die sich engagieren, die gute Ideen haben und gute Arbeit leisten, denen aber das Geld fehlt. Sie sollten nun Unterstützung erhalten. Die Ausgaben für die Fußballweltmeister-schaft 2010 in Südafrika sind gut zehn Mal so hoch. Ist das Geld angesichts des notleiden-den Bildungssystems gut investiert?

In dieser Sache bin ich wirklich gespal-ten. Meine Gefühle, meine Träume sind eng mit dem Th ema Lesen und der Aus-bildung der Menschen verbunden. Fuß-ball allein kann dazu nicht viel beitragen. Dennoch bin ich froh, dass die WM bei uns stattfi ndet. Das Großereignis ist eine gute Gelegenheit, Südafrika in der Welt zu präsentieren und zu zeigen, wie die Men-schen hier leben. Da werden sicher auch

IFLA-Weltkongress Durban 2007

Von Kindern umringt: die südafrikanische Autorin Gcina Mhlophe bei der Eröffnungsfeier des IFLA-Weltkongresses in ihrer Heimatstadt Durban.

sagen. Ich bin mir jedoch ganz sicher, dass sich die Situation verbessern wird.

In den kommenden drei Jahren will die süd-afrikanische Regierung eine Milliarde Rand (rund 100 Millionen Euro) in die Schaff ung, Verbesserung und Erweiterung von Biblio-theken investieren. Lassen sich die Probleme allein mit Geld beheben?

Nein, Probleme können nicht mit Geld allein gelöst werden. Ganz wichtig ist, dass die Regierung jetzt Menschen fi ndet, die dieses Geld sinnvoll und mit Verstand und Weitsicht in wirkungsvolle Bildungsarbeit umsetzen. Es gibt bereits viele Menschen,

Dinge ins Blickfeld geraten, die sonst kei-ne Aufmerksamkeit erfahren würden.

Trotz der Bedenken sind Sie bei der Welt-meisterschaft im vergangenen Jahr in Deutschland als offi zielle Botschafterin für die Fußball-WM in ihrer Heimat aufgetre-ten.

Damit habe ich keine Probleme. Wenn man mich engagiert, dann komme ich nicht als Jubelstar, sondern als Th emen-paket. Ich nutze solche Gelegenheiten, um auf die Situation in meinem Land auf-merksam zu machen. Das gibt den Men-schen in Südafrika Kraft und Hoff nung.

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Es ist eine Möglichkeit, um die Dekoloni-sierung des Denkens voranzutreiben und den Menschen in meiner Heimat zu zei-gen, dass es überhaupt keinen Grund gibt, sich minderwertig zu fühlen und unter-würfi g zu sein. Das ist meine Botschaft!

Blicken wir auf das aktuelle bibliothekari-sche Großereignis: Wird der IFLA-Weltkon-gress in Durban den Stellenwert von Biblio-theken im südlichen Afrika verändern?

Ich glaube, dass der IFLA-Weltkongress sehr wichtig für Südafrika ist. Bibliothe-ken standen bereits in den vergangenen drei Jahren im Fokus der Bildungspoli-tiker, das wird sich jetzt noch verstärken. Mit meinem Vorleseprojekt bin ich als »Südafrikanische Büchermutter« durch das ganze Land gereist und habe Bücher in die kleinsten Dörfer gebracht. Das war ein Anfang, und die gute Nachricht jetzt lautet: Ich bin inzwischen nicht mehr al-leine. Es tut sich einiges in Sachen Lesen und Leseförderung.

Lesen, Bildung und der Zugang zu Informa-tion gelten als Voraussetzung für ein funk-tionierendes demokratisches Gemeinwesen. Wird in Afrika das gesellschaftspolitische Potenzial der Bibliotheken erkannt?

Das ist in den einzelnen Ländern ganz unterschiedlich, manche sind sich dieses Potenzials bewusst. Eines ist jedoch sicher: Wir alle müssen künftig politische Th emen mehr in den Vordergrund stellen: Hunger, Aids, Armut. Diese Probleme können wir nur mit besserer Bildung und mit mehr Wissen überwinden. Bibliotheken können dazu viel beitragen.

Mehr als 3 000 Bibliothekare aus aller Welt sind nach Durban gekommen. Was können sie von Südafrika lernen?

Südafrika steht vor einem Berg von Pro-blemen, weil sich so viele Dinge gleichzei-tig verändern. Wir stehen nicht nur dem furchtbaren Monster Aids gegenüber, das unsere jungen Menschen verschlingt, für deren Bildung wir uns einsetzen. Wir sind auch konfrontiert mit Wohnungslosigkeit, Arbeitslosigkeit und vielen anderen erns-ten Problemen. Trotzdem geben wir unse-ren Traum nicht auf, aus diesem Land eine lesende, gebildete und mächtige Nation zu machen. Vielleicht ist es gerade dieser Optimismus und dieses positive Denken das Besuchern hier in Südafrika auff ällt. Wir sind immer positiv eingestellt. Es ist die Hoff nung, die uns stark macht, und wir sind davon überzeugt, dass wir die momentanen Schwierigkeiten genauso erfolgreich bekämpfen werden wie die Apartheid.

IFLA-Weltkongress Durban 2007

Lesen gilt in vielen Teilen Afrikas als An-strengung, die vorwiegend mit Studieren und Arbeiten verbunden wird, weniger mit Vergnügen und persönlicher geistiger Berei-cherung. Wie kann man das ändern?

Viele Afrikaner betrachten das Lesen ausschließlich als Werkzeug für die Be-rufsbildung, weil es ihnen so aufgezwun-gen wird. Es gibt fast keine Bücher in ihrer eigenen Sprache und über Th emen, die ihr Leben betreff en. Die Menschen hier ha-ben genug von Shakespeare und Co. Die Schule lehrt uns, was in anderen Kulturen wichtig ist, aber nicht in unserer eigenen. Wir müssen die Inhalte der Bücher ändern, dann lesen auch die Afrikaner mehr.

In Südafrika gibt es elf offi ziell anerkannte Sprachen. Das fördert einerseits die kulturel-le Identität, verursacht aber auch hohe Kos-ten, beispielsweise bei der Bereitstellung von Büchern für die einzelnen Sprachgruppen. Ist diese Sprachenvielfalt eher ein Hindernis oder eine Hilfe für die Leseförderung?

Ich bin mir dessen bewusst, was es kos-tet, Bücher in verschiedenen Sprachen zu drucken – und das in einem Land, in dem das Geld ohnehin knapp ist. Aber ande-rerseits: Wenn du nicht in deiner eigenen Sprache lesen kannst, ja, wenn du nicht mal in deiner eigene Sprache richtig reden kannst, dann hast du ein massives Pro-blem. Es ist die einzige Möglichkeit, die Menschen tatsächlich zu erreichen. Viele weiße Südafrikaner nehmen überhaupt keine Notiz von afrikanischen Sprachen, sie können nicht mal die täglichen Gruß-formeln verstehen. Wir arbeiten seit Jahren mit ihnen zusammen und sie sagen weder »hallo« noch »danke« auf Zulu. Ganz ein-fache Dinge. Im Gegenzug wird von uns verlangt, dass wir ganz selbstverständlich Englisch sprechen. Viele unserer Kinder verlieren ihre eigene Muttersprache. Von ihnen wird erwartet, dass sie immer hilfs-bereit und freundlich zu allen sind – und auf sie wird keinerlei Rücksicht genom-men. Das ist ein Problem in diesem Land!

Sie gelten als eine der bekanntesten Geschich-tenerzählerin Afrikas und sind mit einem deutschen Mann verheiratet. Was lässt sich ihre gemeinsame Tochter am liebsten vor-lesen, deutsche Märchen oder afrikanische Mythen?

Meine Tochter will beides hören. Sie spricht drei Sprachen fl ießend: Zulu, Englisch und Deutsch. Kinder in diesem Alter saugen Geschichten und Sprachen geradezu auf. Das ist wunderbar und gibt mir Hoff nung: Menschen, die mehrere Sprachen sprechen, sind off ener für andere Ideen und Kulturen.�

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Aus der tristen Ansammlung von Bretterbu-den und Lehmhütten ragen sie heraus wie Leuchttürme des Wissens: die Township-Büchereien in Südafrika. In der Drei-Millio-nen-Metropole Durban am Indischen Oze-an gibt es 87 dieser Einrichtungen. Für vie-le Bewohner der armen Stadtviertel bieten sie eine der wenigen Möglichkeiten, um an Wissen und Informationen zu gelangen, um sich weiterzubilden und damit vielleicht doch eines Tages die Chance auf einen rich-tigen Arbeitsplatz und ein Leben ohne Ar-mut und Elend zu erhalten.

Wer auf der staubigen Piste zwischen den ärmlichen Behausungen des Townships KwaMashu von Schlagloch zu Schlagloch fährt, würde nicht vermuten, dass hier noch eine Bibliothek kommt. Am Ende der Straße steht sie, solide aus Stein gebaut, wie nur wenige Häuser in dieser Siedlung. Die Fas-sade ist liebevoll gestaltet. Statt alter Au-toreifen und Plastikplanen schützen bunte Rollos die Fenster vor der grellen afrikani-schen Sonne.

Es ist Nachmittag. Die Tische in der Bü-cherei sind dicht belagert von Schülern. Jabu Sithole, die für die Ausleihe in den Town-ship-Bibliotheken verantwortlich ist, sagt: »Die Kinder hier wohnen zusammen mit sie-

ben, acht und noch mehr Geschwistern und den Eltern in einem Raum. Da gibt es keine Möglichkeit, in Ruhe Hausaufgaben zu ma-chen.« Auch über Bücher verfügen die meis-ten Familien in den Townships nicht. Wer für die Schule ein Referat vorbereiten muss, ist auf die Nachschlagewerke in der Bücherei angewiesen. Sithole weiß: »Die Erwachse-

nen haben überhaupt kein Interesse an Bü-chern, da ist es schwer, den Kindern den Wert von Literatur zu vermitteln.«

Immerhin gibt es Kinder und Jugendliche, die auch Bücher mit nach Hause nehmen. Sieben Stück darf man auf einmal für ma-ximal 14 Tage ausleihen. Sithole hat die Er-fahrung gemacht: »Den meisten reicht ein Buch. Mehr leiht fast niemand aus.« Ge-fragter sind CDs und Magazine. Von denen dürfen jedoch maximal zwei auf einmal ein-gepackt werden. Die Rückgabe wird streng kontrolliert. Pro Tag Verspätung sind 20 südafrikanische Cent fällig. Und bei säumi-gen Lesern schauen die Bibliothekare auch schon mal persönlich vorbei.

Die Bibliothek ist vergleichsweise gut ausgestattet. Bereits vor dem Eingang in den gesicherten Bereich liegt ein Außen-raum mit einfachen Tischen und Stühlen sowie elektrischem Licht, der auch außer-halb der gewöhnlichen Öffnungszeiten von 10 bis 18 Uhr benutzt werden kann. Es gibt zwei PCs und einen Diskussionsraum. Au-ßerdem befindet sich im Gebäude noch ein kleines naturhistorisches Museum, vor al-lem mit Ausstellungsstücken aus der heimi-schen Tierwelt.

Kaum Bücher in der eigenen Muttersprache

Nur bei den Büchern und Medien zeigt sich ein Problem: Sie sind fast ausschließlich in Englisch und Afrikaans geschrieben. Die Muttersprache der Bibliotheksbesucher ist jedoch Zulu. Sithole räumt ein: »Das ist eine unbefriedigende Situation. Aber es ist sehr

Leuchttürme zwischen Bretterbuden und Lehmhütten

Township-Büchereien sollen Apartheid-Grenzen überwinden

Weithin sichtbar und solide aus Stein gebaut, wie nur wenige Häuser in dieser Siedlung: die Bücherei im Township KwaMashu. Fotos: Bernd Schleh

Die Büchereien sind mit selbstgebastelten Aufklärungsplakaten und der Verteilung von kos-tenlosen Kondomen Vorreiter bei der Bekämpfung der südafrikanischen Aids-Katastrophe.

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schwierig, Bücher in Zulu überhaupt zu be-kommen.«

Pädagogen, Schriftsteller und Bibliothekare in Südafrika sehen darin einen Hauptgrund für die Leseaversion breiter Bevölkerungsschich-ten: Es gibt zu wenig Bücher in den Mutter-sprachen der Menschen und über Themen, die ihr Leben betreffen. Die südafrikanische Autorin Gcina Mhlophe fordert deshalb: »Wir müssen die Inhalte der Bücher ändern, dann lesen auch Afrikaner mehr.« (siehe Interview auf Seite 829)

Ein Thema, das im wahrsten Sinne des Wor-tes das Leben der Menschen in den Townships betrifft, hat inzwischen breiten Eingang in die kleinen Büchereien gefunden: die Aufklä-rung über Aids. Schätzungen gehen von bis zu sechs Millionen Infizierten in Südafrika aus, mehr als ein Drittel davon lebt in der Region KwaZulu Natal, in der das Township KwaMas-hu liegt. In keiner anderen Provinz des Landes wütet das Virus so sehr.

Freilich stehen die Einzelkämpfer in den Bibliotheken weitgehend auf verlorenem Pos-ten. Während sie mit großem Engagement selbstgebastelte Aufklärungsplakate präsen-tieren und kostenlos Kondome verteilen, wird die Aids-Katastrophe auf höherer Ebene hart-näckig ignoriert. Die südafrikanische Gesund-heitsministerien Manto Tshabalala-Msimang – von der Bevölkerung spöttisch »Dr. Rote Bete« genannt – empfiehlt noch immer den Verzehr von Knollengemüse gegen Aids.

Nicht nur bei der Bildung und der Gesund-heitsaufklärung der Einwohner, auch bei der Zusammenführung der noch stark nach Haut-farbe der Bewohner segregierten Wohnvier-tel wird den Township-Büchereien eine zu-nehmend wichtigere Rolle zugeschrieben. Sie sollen den sozialen Zusammenhalt der Men-

schen fördern über Stammes-, Sprach- und ethnische Grenzen hinweg.

Ethnische Trennung besteht faktisch weiter

Das Erbe aus der Zeit der Apartheid wiegt schwer. Noch immer besteht praktisch jede Stadt in Südafrika aus einem weißen, wirt-schaftlich und sozial bessergestellten Teil und einem ärmlichen schwarzen Teil. Diese Town-ships gleichen Schlaf- oder Satellitenstädten. Die meisten entstanden im Zuge von um-fangreichen städtischen Sanierungsmaßnah-men, durch die vor allem die räumliche Apart-heid umgesetzt wurde: Schwarze, die als Ar-beitskräfte in den Ballungsräumen gebraucht wurden, sollten nicht im Stadtkern wohnen, sondern am fernen Stadtrand konzentriert werden. Den Bewohnern wurde kein Dauer-

wohnrecht zugestanden. Sie mussten wieder in ihre Heimatdörfer zurückkehren, nachdem ihr Arbeitsvertrag, der meist weniger als ein Jahr dauerte, abgelaufen war. Die Bewohner kamen und gingen.

Diese nach ethnischen Gesichtspunkten aufgeteilten Townships bestehen faktisch weiter. Sie nehmen die Ausmaße von ganzen Städten an. Die ständig wachsende Bevölke-rung in den Townships ist eines der größten Probleme Südafrikas. Die Menschen wohnen in großen Siedlungen und Hüttenvierteln fast ohne Infrastruktur. Die einzelnen Behausun-gen sind in der Regel vollkommen ungeord-net gebaut.

Nach dem Ende der Apartheid änderten sich die Zustände zwar nur schleppend, doch es gibt allmählich Verbesserungen. So werden beispielsweise die oft zu dicht nebeneinander gebauten Häuser verlegt, um Platz zu machen für ein effizientes Straßen- und Versorgungs-netz. Und es werden Bibliotheken gebaut.

Sie sollen auch dazu beitragen, die chaoti-schen Zustände im Bildungswesen zu verbes-sern. Aufgrund von Lehrermangel, überfüll-ter Klassen und eines schlechten Images schi-cken Schwarze ihre Kinder, wenn es irgendwie geht, trotz der sehr langen Anfahrtswege, in die ehemaligen Schulen der Weißen. Die Fol-gen sind übermüdete Kinder, fehlender Infor-mationsaustausch zwischen Lehrern und den weit entfernt in den Townships lebenden El-tern und deren Kultur sowie eine Überforde-rung der weißen Lehrer, die zum großen Teil die Sprachen der Schüler nicht verstehen. Aus Angst vor sinkendem Niveau an den öffentli-chen Schulen schicken wiederum diejenigen, die es sich finanziell leisten können, also vor allem Weiße, ihre Kinder auf teure Privatschu-len. Bernd Schleh

Bildung als Chance auf ein besseres Leben: Viele Schüler erledigen ihre Schulaufgaben in der Bücherei, weil es zu Hause weder Platz noch Ruhe zum Lernen gibt.

Blick in die Umgebung einer Township-Bücherei: Die Menschen wohnen in Hüttenvierteln fast ohne Infrastruktur.

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Drinnen Bücher – draußen Gemüse

Ein Besuch in der Mpumalanga-Bibliothek

Die Bibliothek in Mpumalanga wurde 2001 eröffnet, doch es kamen keine Besucher. Die Bibliotheksleitung überleg-te nicht lange: Sie gab den Garten vor der Bibliothek für den Gemüseanbau frei. Das funktionierte. Die umliegenden Bewohner pfl anzten und ernteten – und arbeite-ten sich Schritt für Schritt zur Bibliothek durch.

Allmählich wird die Landschaft hügeliger, die zerfransten Stadtränder von Durban lassen wir hinter uns, und der Bus schau-kelt uns über die Landstraße ins Tal der tausend Hügel.

Die Arbeitslosigkeit in diesem Gebiet ist enorm. Das ist schon aus dem Bus her-aus zu sehen, die Menschen sitzen am Stra-ßenrand, warten, schauen.

Mitten in diesem weiten Gelände biegt der Bus ein in die Auff ahrt der Bibliothek. Sie liegt auf einer Bergkuppe und über-blickt die schöne Landschaft mit den lang-gestreckten Gebäuden der Putenfarmen der »Rainbow Factory«.

Ob der Geruch, der uns beim Ausstei-gen entgegenkommt, von den Gefl ügel-höfen in der Nähe kommt oder von dem frischen Anstrich der Bibliothek, ist nicht zu sagen. Auf jeden Fall ist alles bestens auf die Ankunft der Busladung internati-onaler Bibliothekskollegen vorbereitet, die im Rahmen des in Durban stattfi ndenden IFLA-Weltkongresses die Mpumalanga-Bibliothek besuchen. Eine Gruppe junger Mädchen, alle farbenprächtig gekleidet und freundlich lachend, weisen uns sin-gend und tanzend den Weg zur Biblio-thek. Dann setzt der Chor ein, um uns zu begrüßen, und Arbeitslosigkeit, Armut, Elend sind für einen Moment vergessen.

Die Bibliothek wurde 2001 eröff net. Damals, so erzählt uns die Bibliotheks-leiterin vor dem Gebäude, kam niemand. Die schwarzen Bewohner der Umgebung waren nicht darauf vorbereitet, freien und kostenlosen Zugang zu der Bibliothek zu erhalten. Da das Bibliotheksgebäude um-geben ist mit umzäunten großen Flächen, wurden diese kurzerhand in Gemüse-An-baufl ächen, in einen Obstgarten und eine Wiese zum Weiden von Ziegen umge-wandelt, um so die Bewohner der Gegend anzulocken. Hier bekamen sie Gelegen-

heit, eigenes Gemüse anzupfl anzen oder, jeden Freitag, das angebaute Bio-Gemüse zu verkaufen. Und allmählich gingen die Menschen nicht nur in den »Bibliotheks-garten«, sondern auch in die Bibliothek.

28 000 Bücher, Zeitungen, Videos und CDs stehen in der Bibliothek zur freien Verfügung. Schwerpunkt ist neben der Kinder- und Schulmaterialecke der »Job Corner«, der für Arbeitssuchende ausge-stattet ist mit Informationen zu Firmen, Ausschreibungen und Bewerbungshilfen und der darüber hinaus über einen Com-puter, E-Mail und Internet sowie ein Fax-gerät verfügt. Die vier Bibliotheksmitar-beiter unterstützen die Arbeitssuchenden bei der Informationsrecherche und dem Erstellen der Bewerbung. Einmal im Jahr werden die großen Firmen in die Biblio-thek eingeladen zur Informationsbörse.

Die Bibliothek ist Anlaufstelle für 27 Schulen im Umkreis. Sie hat das Projekt »adopt a child« initiiert, ein Projekt, bei dem Bibliotheksnutzer mit circa 100 Euro im Jahr ausschließlich Schulmädchen un-terstützen bei der Beschaff ung von Schul-büchern, der Schuluniform und sonstigen Ausgaben für eine Schulausbildung.

Eine Informationsecke in der Biblio-thek ist dem Kampf gegen Aids gewidmet. Auf einem großen Plakat wird – gezeich-net wie ein Comic – beschrieben, was der kleine Junge tun kann, wenn seine Mutter demnächst an der Immunschwä-chekrankheit sterben wird. Und darun-ter wird der sterbenden Mutter der Rat gegeben, ihren nahen Tod vorzubereiten, indem sie für ihre zurückbleibenden Kin-der eine »Memo-Box« einrichtet, damit sie nicht vergessen wird. Daneben Informati-onen zum Mitnehmen vom Ministerium über die Krankheit, Ratschläge und gro-ße Packungen von Kondomen zum freien Mitnehmen. – Es gruselt den Betrachter bei dieser direkten, krassen und notwen-digen Pointierung des Dramas, das sich in Afrika abspielt. Aber deutlicher als hier in Mpumalanga in Südafrika habe ich die lebensnotwendige Bedeutung von Biblio-theken noch nie begriff en.

Die Gruppe der Bibliothekskollegen aus aller Welt wird mit Tanz und Musik zurück zum Bus begleitet – die Tänzer und Kinder lachen und winken.

Hella Klauser, Kompetenznetzwerk für Bibliotheken im dbv

Reisekostenzuschüsse für die Teilnahme am 74. IFLA-Weltkongress 2008 in Québec

Der 74. IFLA-Weltkongress wird unter dem Thema »Libraries without borders: Naviga-ting towards global understanding« vom 10. bis 15. August 2008 in Québec, Kana-da, stattfinden. Ihm wird die deutsche IFLA-Präsidentin Prof. Claudia Lux vorstehen.

Kolleginnen und Kollegen aus Bibliothe-ken in Deutschland, die an dem Kongress als »IFLA Officer«, mit einem Vortrag, ei-ner Posterpräsentation oder in anderer Wei-se aktiv teilnehmen möchten, können sich um einen Reisekostenzuschuss bewerben. Über die Vergabe der Zuschüsse, die über Bibliothek & Information International der BID und über die Deutsche Forschungsge-meinschaft (DFG) bereitgestellt werden, be-rät das deutsche IFLA-Nationalkomitee ge-meinsam auf seiner Sitzung im kommenden Frühjahr.

Die schriftliche Bewerbung für den Rei-sekostenzuschuss sollte folgende Angaben enthalten: � Thema des eingereichten oder geplanten

Posters � Ihre bisherigen IFLA-Aktivitäten und Teil-

nahmen an IFLA-Konferenzen � Ihre IFLA-Mitgliedschaft (institutionelle

oder persönliche Mitgliedschaft)

� Mitteilung, bei welcher Einrichtung Sie außerdem Zuschüsse beantragen

� Ihre Mitgliedschaft in einem deutschen Fachverband.

Senden Sie diese Bewerbung bitte bis spätestens 31. Dezember 2007 an:

Sekretariat des IFLA-Nationalkomiteesz.Hd. Hella Klauserc/o Deutscher Bibliotheksverband e.V.KNB – Internationale KooperationStraße des 17. Juni 11410623 Berlin [email protected]: 030-39 00 14 82

Ein Online-Bewerbungsformular ist auf der BII-Website zu finden unter www.goethe.de/wis/bib/prj/bii/ant/de964040.htm.

Die Bewerbung für einen Vortrag muss gemäß einem entsprechenden »Call for Pa-pers« direkt bei der jeweiligen IFLA-Sektion erfolgen. Die ersten Aufrufe zur Einreichung von Vorträgen werden zu Jahresbeginn auf der IFLANET-Webseite veröffentlicht unter www.ifla.org/IV/ifla74/index.htm.

Für weitere Auskünfte stehen die Vorsit-zende des deutschen IFLA-Nationalkomi-tees Prof. Claudia Lux oder Hella Klauser, Sekretariat des IFLA-Nationalkomitees, zur Verfügung.

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835Lesesaal | BuBBenutzerforschung

Elke Greifeneder, Michael Seadle

Die Kunst des BeobachtensWie man Digitale Bibliotheken mit ethnografi schen Methoden evaluiert

Digitale Bibliotheken fi nden sich heute überall im Internet. Ihre Qualität ist je-doch sehr unterschiedlich. So wundert es nicht, dass die Geldgeber solcher Projekte zunehmend deren Evaluierung fordern. Es stellt sich für die Evaluierung einer Digi-talen Bibliothek die Frage nach der dafür am besten geeigneten wissenschaftlichen Methode. Geklärt werden muss dafür aber auch, wer »der Benutzer« des Ange-bots überhaupt sein soll. Elke Greifeneder und Michael Seadle stellen in folgendem Beitrag die Theorie der Ethnografi e für die Nutzerforschung vor und erklären beispielhaft, wie man Nutzerwünschen mit ethnografi schen Methoden auf die Spur kommt – beispielsweise unter Einsatz von Fragebögen, linguistischen Analysen, Fokusgruppen-Workshops und Bild- und Tonaufnahmen.

Wer ist der Benutzer? Manchmal ist die Antwort ganz einfach: Der Benutzer ist jemand, der

eine Digitale Bibliothek benutzt. Er be-sucht die Website, sucht nach Dokumen-ten und verwendet dann vielleicht das gefundene Material. Jedoch gibt es auch Benutzer, die sich selber gar nicht als Be-nutzer sehen. Hierzu drei Beispiele: � Jemand besucht die Website einer Di-gitalen Bibliothek und sucht nach einer Browsing-Funktion. Er fi ndet nur ein kompliziertes Suchfeld und gibt einen Be-griff ein, der zu einer Nulltreff er-Meldung führt. Er fi ndet keine Hilfe, gibt auf und besucht die Seite nie wieder. Dieser Benut-zer wollte nichts Spezifi sches fi nden, son-dern nur erkunden, ob sich in dieser Digi-talen Bibliothek Dokumente befi nden, die für ihn von Interesse sein könnten. Weil er nichts gefunden hat, betrachtet er sich als Nichtnutzer. Schickt man ihm später ei-nen Fragebogen zur Evaluierung zu, wird er den wahrscheinlich nicht ausfüllen.� Ein Bibliothekar benutzt täglich eine Digitale Bibliothek. In den ersten Monaten hatte er noch viele Schwierigkeiten damit, weil er die Suchfunktionen zunächst nicht verstanden hat, er sieht sich selbst auch nicht als Computergenie. Endlich, durch ständige Wiederholung, lernte er, wie er die Digitale Bibliothek benutzen muss. Er hinterlässt nie einen Kommentar auf der Website, weil er sich nicht als Benut-zer sieht, sondern als Bibliothekar, dessen Aufgabe es ist, anderen bei der Bedienung komplizierter, benutzerunfreundlicher Systeme zu helfen. Wenn man ihn nach Änderungsvorschlägen fragt, enthält er sich, weil er besorgt ist, dass es zeitaufwen-dig sein könnte, schon wieder etwas Neues lernen zu müssen. Natürlich füllt er keine Fragebogen aus – sie sind schließlich nur für die Benutzer.� Ein Mitarbeiter des Programmierteams, das die Digitale Bibliothek aufgebaut hat und jetzt betreut, nutzt die Benutzerober-fl äche, um zu sehen, ob eine neue Funktion wie geplant läuft. Er hat die Wünsche der Bibliotheksleitung genau befolgt und stellt fest, dass die Umsetzung ihm nicht gefällt. Er macht eine kleine Änderung, die, seiner Meinung nach, eine technische Verbesse-rung ist. Die Leitung sieht das anders, er muss die Änderung rückgängig machen. Wenn man die Benutzer nach ihrer Beur-teilung der Digitalen Bibliothek befragt, antwortet er natürlich nicht. Er ist schließ-lich kein Benutzer, sondern Entwickler.

Im Allgemeinen spielen die genannten Benutzergruppen keine Rolle bei der Eva-luierung. Entweder die gängigen Metho-den schließen sie aus, oder sie schließen

sich selbst aus. Trotzdem haben sie wich-tige Meinungen zur Digitalen Bibliothek. Einige von ihnen (besonders in den Bei-spielen zwei und drei) benutzen sie sogar regelmäßig. Um eine gründliche Evaluie-rung durchzuführen, benötigt man eine Methode, die diese Benutzergruppen ein-bezieht.

Die Wahl einer ethnografi schen Methode

Das Ziel einer Evaluation ist es, ein Ge-samtbild der Benutzung einer Digitalen Bibliothek zu entwerfen, wozu nachste-hende Eckpunkte gehören: � eine übergreifende Darstellung der In-

tentionen der Entwickler und der Be-treuer,

� die Erwartungen der Benutzer – und ebenso wichtig der Nichtnutzer –, die

Es gibt einige bekannte Beispiele von US-Bibliotheken, in denen explizit ethnografi sche Methoden verwendet wurden. Dokumentiert sind sie unter anderem in einem Buch von Bonnie

Nardi und Vicky O’Day.

sich für die Digitale Bibliothek interes-sieren sollen,

� der kulturelle Kontext, in dem die Di-gitale Bibliothek existiert.

Es gibt mehrere wissenschaftliche Metho-den, die man für diese Zwecke verwenden könnte. Die Ethnografi e (kulturelle An-thropologie) ist besonders gut dafür ge-eignet, da sie auf das menschliche Verhal-ten in der Gesellschaft orientiert ist. Die linguistische Basis einer ethnografi schen Analyse ist ein Vorteil, denn die Nutzer-oberfl ächen Digitaler Bibliotheken sind für gewöhnlich sehr wortlastig.

Es gibt einige bekannte Beispiele von US-Bibliotheken, in denen explizit eth-nografi sche Methoden verwendet wurden und werden. Dokumentiert sind sie unter anderem in dem 1999 erschienenen Buch von Bonnie Nardi und Vicky O’Day über die Firmenbibliothek von Apple1 und, ganz aktuell, gibt es eine vom »Institute for Museum and Library Services« unter-stützte Studie dazu an der Universität Ro-chester2.

Bibliothekare können die ethnografi -sche Methode möglicherweise durch diese Beschreibung des US-Ethnografen Clif-ford Geertz besser verstehen:

»Ethnographie betreiben gleicht dem Versuch, ein Manuskript zu lesen (im

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836 BuB | Lesesaal

Sinne von ›eine Lesart entwickeln‹), das fremdartig, verblasst, unvollständig, voll von Widersprüchen, fragwürdigen Ver-besserungen und tendenziösen Kommen-taren ist, aber nicht in konventionellen Lautzeichen, sondern in vergänglichen Beispielen geformten Verhaltens geschrie-ben ist.«3

Sich nur auf einen geringen Teil der Be-nutzer zu konzentrieren ist so, als lese man das oben erwähnte Manuskript, ohne die Lücken und Korrekturen zu beachten und ohne die Kommentare zu berücksichtigen. Man könnte in gewissem Sinne alte Manu-skripte als Digitale Bibliotheken eines frü-heren Zeitalters betrachten: Sie waren die Verkörperung von Information, manch-mal mit sichtbaren Referenzen (Links) ausgestattet, wie die Bibel, und manchmal mit versteckten Referenzen (Links), die zu einem unbekannten und nicht auffi ndba-ren griechischen Text führten; ganz wie wir es heute im Umgang mit Digitalen Bibliotheken erleben.

Den Kontext einbeziehen

Heute würde man nie ein altes Manuskript studieren, ohne seinen Kontext zu berück-sichtigen, ohne die Intentionen der Leute zu hinterfragen, die es geschrieben haben, oder ohne die verschiedenen Menschen in die Forschung einzubeziehen, die das Ma-nuskript bereits gelesen haben. Man würde das Manuskript nie studieren, ohne dass man die äußeren Umstände kennt, unter denen es gebraucht wurde, ohne mehr über den Ort herausfi nden zu wollen, in dem das Manuskript betreut und gelagert wurde, oder ohne zu begreifen, welchen Einfl uss das Manuskript hatte. Kurz: Man muss versuchen, den kulturellen Kontext des Werkes zu verstehen. Das ist die Auf-gabe von Ethnografi e.

David Fetterman beschreibt Ethnogra-fi e durch folgende Metapher:

»One of the most important attributes of a successful ethnographer is his or her ability to use a cultural perspective – in the artistic and literary Geertzian traditi-on – to decipher reality. Th e gem cutter’s precision is important, but his artist’s most important gift is his or her artistic ability to see the inner beauty of a diamond in the rough and to make its beauty known to the world.«4

Ethnografi e versucht die (unbeachtete) Wirklichkeit einer Situation zu zeigen, so wie man versucht, die verborgene Schön-heit eines Edelsteins sichtbar zu machen. Es ist unbedeutend, ob die Kultur primi-tiv oder entwickelt ist und ob sie landes-weit oder nur von einem kleinen Teil der

Gesellschaft getragen wird. Kultur kann auch eine »Mikro-Kultur« sein, bestehend aus einer begrenzten Gruppe, die ihren eigenen Wortschatz (oft Fachbegriff e) verwendet, der für Außenstehende unver-ständlich ist. Das Ziel von Ethnografi e ist es, die richtigen Informationen zu sam-meln, damit man die Kultur selbst durch ethnografi sche Beschreibung nachemp-fi nden kann.

Ethnografi e benutzt viele Methoden, darunter natürlich auch den Fragebogen. Fragebögen sind eine der populärsten Evaluierungsmittel, aber ein eff ektiver Fragebogen erfordert viel Zeit und Mühe. Der Leser muss die Fragen richtig verste-hen und eine Antwort auswählen, die am besten zu dem Bild passt, das er von dem zu beurteilenden Objekt hat. Es kann in einem Fragebogen kaum zusätzliche Er-klärungen geben. Deshalb bekommt man

terschiede im Verständnis existieren und man diese bei der Interpretation der Er-gebnisse bedenken muss.

Webpräsenzen Digitaler Bibliotheken entsprechen dem Einband und dem Ma-terial der alten Manuskripte. Sie sind das, was man zuerst sieht und bewertet, auch wenn sie nur Träger der Information sind. Darüber hinaus bergen sie jedoch für eth-nografi sche Untersuchungen wertvolle Hinweise, welche von den Entwicklern meistens ganz unbeabsichtigt gegeben werden. Anhand von zwei Webpräsenzen Digitaler Bibliotheken – der Digitalen Bibliothek der Bayerischen Staatsbiblio-thek (BSB) und DigiZeitschriften – soll dies im Folgenden demonstriert werden.

Beispiel Bayerische Staatsbibliothek

Informationen darüber, was die Digitale Bibliothek der BSB eigentlich ist, fi ndet man erst, nachdem man sich durch meh-rere Ebenen geklickt hat (Startseite > Die Bayerische Staatsbibliothek > Abteilun-gen > Bestandsaufbau und Erschließung > Digitale Bibliothek). Betont wird hier also nicht die Präsentation, sondern die Suchfunktion, die man mit einem Klick von der Startseite aus fi ndet.5

Die Digitale Bibliothek selbst nennt sich »Referat Digitale Bibliothek« und ist als Unterabteilung hierarchisch in die Bib-liothek eingeordnet. Der Begriff der Kom-petenz tritt auf der Webpräsenz gleich zweifach zutage. Die BSB geht von einem Nutzer aus, der weiß, dass eine Bibliothek Qualitätssicherung betreibt. Analysiert man die Seite der BSB, so fällt einem die Häufi gkeit der Worte »Bayerisch« und »Bibliothek« auf.

Kultur kann auch eine »Mikro-Kultur« sein, bestehend aus einer begrenzten Gruppe, die ihren eigenen Wortschatz

verwendet, der für Außenstehende unverständlich ist.

oft verwirrende und widersprüchliche Antworten und möchte neue Fragen stel-len. Wenn man einen Fragebogen benutzt, sollte man ihn vorher gut testen.

Im Folgenden werden drei andere Me-thoden beschrieben, die man benutzen kann, um Digitale Bibliotheken zu be-werten: linguistische Analyse, Workshops mit Fokusgruppen, die auf eine bestimmte Aufgabe ausgerichtet sind, und die Beob-achtung mit Bild- und Tonaufnahme. Die linguistische Analyse kann man eigen-ständig, ohne Probanden durchführen. Für die anderen Methoden benötigt man Teilnehmer aus den richtigen Bereichen.

Linguistische Analyse

Linguistische Analysen untersuchen das Wort, die Syntax und die Rezeption von Bedeutungen. Semantische Diff erenzen sind häufi g minimal und werden des-halb nicht bedacht. Eine Umfrage auf der Homepage einer Bibliothek fragt zum Beispiel: »Gefällt Ihnen die Bibliothek?« Der erste Befragte denkt an das Gebäude mit seinem schönen neuen Lesesaal und beantwortet die Frage positiv. Ein anderer Befragter denkt an den veralteten Bestand der Bibliothek und beantwortet dieselbe Frage negativ. Bei jeder Evaluation muss man sich bewusst sein, dass minimale Un-

1 Bonnie A. Nardi and Vicki L. O‘Day: Infor-mation Ecologies: Using Technology with Heart. Cambridge: MIT Press, 1999

2 Nancy Fried Foster and Susan Gibbons: Stu-dying Students: Th e Undergraduate Research Project at the University of Rochester. Chica-go, Association of College and Research Li-braries, 2007

3 Cliff ord Geertz: Dichte Beschreibung: Bei-träge zum Verstehen kultureller Systeme. Frankfurt a.M.: Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, 1983, Seite 15 (Amerikanische Originalfassung: Cliff ord Geertz: Th e Inter-pretation of Cultures: Selected Essays. New York: Basic Books, 1973)

4 David M. Fetterman: Evolution of a Discipli-ne. In: David M Fetterman und Mary Anne Pitman (Hrsg.): Educational Evaluation: ethnography in theory, practice, and politics. Beverly Hills: Sage, 1986, Seite 216

5 Die Digitale Bibliothek der Bayerischen Staats-bibliothek fi ndet man unter: www.bsb-muen-chen.de/Digitale_Bibliothek.329.0.htm

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Die Argumentation, warum der Nutzer diese Digitale Bibliothek benützen soll-te und was sie zum Beispiel von Google Books unterscheidet, liegt vollständig in dem Begriff Bibliothek. Nun wissen Mit-glieder von Informationseinrichtungen, dass sich hinter dem Begriff Bibliothek das Konzept der Qualitätssicherung befi ndet. Aber wissen das auch alle tatsächlichen Nutzer?

Beispiel DigiZeitschriften

Vergleichen wir die BSB mit dem Ange-bot DigiZeitschriften.6 DigiZeitschriften ist das deutsche digitale Zeitschriftenar-chiv, das federführend von der Staats- und Universitätsbibliothek (SUB) Göttingen geführt wird. Betont wird jedoch nicht die SUB Göttingen (DigiZeitschriften verwendet nur einmal den Namen Göttin-gen), sondern die internationale Sichtbar- und Zugänglichkeit.

Auf der Startseite befi ndet sich eine Suchmaske und mit einem Klick erhält man direkt eine Informationsseite »Über uns«. DigiZeitschriften defi niert sich selbst – konträr zur BSB – nicht als Biblio-thek oder Sammlung, sondern als Archiv. Obwohl der Begriff Archiv eher einen passiven Nutzer impliziert, legt DigiZeit-schriften seinen Schwerpunkt auf den Nutzer: »DigiZeitschriften ist ein Service für das wissenschaftliche Arbeiten« und »eine wichtige, von der DFG geförderte Infrastrukturmaßnahme zum Nutzen der deutschen Wissenschaft«.

Zwei Aspekte fallen hier besonders auf: Zum einen der Begriff des Service. Für die Benutzung von DigiZeitschriften muss der Nutzer Gebühren zahlen und deshalb sieht sich DigiZeitschriften in der Pfl icht, diese zu verteidigen. Es wird auf Service-leistungen ausdrücklich verwiesen, es gibt ausführliche Informationen über Digi-Zeitschriften und ausführliche FAQ und man betont: »Wir haben jederzeit ein off e-nes Ohr für Sie.«

Die BSB wird von der Deutschen For-schungsgemeinschaft gefördert und auch die kostenpfl ichtige Digitale Bibliothek DigiZeitschriften erhält DFG-Fördergel-der. Letztere stellt die Förderung durch die DFG jedoch viel stärker in den Vor-dergrund als die BSB. Der zweite Aspekt

ist die Betonung der Wissenschaftlichkeit. Oben haben wir erläutert, dass die Qua-litätssicherung bei der BSB dadurch aus-gedrückt wird, dass der Begriff Bibliothek hervorgehoben wird. Bei DigiZeitschrif-ten wird die Qualitätssicherung durch die Betonung der Wissenschaftlichkeit kom-muniziert.

Wörter wie »wissenschaftliche Arbei-ten«, »Wissenschaftler«, »wissenschaftli-che Einrichtungen«, »namhafte deutsche Zeitschriften« und »Fachgebiet« verdeut-lichen, dass DigiZeitschriften sich erheb-lich von roboterbasierten Datenbanken wie Google Books unterscheidet. Betont

sie Digitale Bibliotheken häufi g benutzen und weil sie an der Evaluierung ein Inter-esse haben.

Trotzdem haben Studierende andere Beurteilungskriterien als Bibliothekare oder Programmierer. Um sie zur Teilnah-me zu gewinnen, ist man normalerweise auf die aktive Unterstützung ihrer Vorge-setzten angewiesen. Professoren und wis-senschaftliche Mitarbeiter sind besonders schwer in eine Studie einzubeziehen, weil ihre Zeit sehr begrenzt ist und man mehr Zeit leider nicht als Belohnung anbieten kann. Wie zum Ausfüllen von Fragebögen kann man sie nur höfl ich um Hilfe bitten.

Der Zeitplan für einen Workshop darf nicht zu lang, das Programm nicht zu kompliziert sein. Zwei bis drei Stunden ge-nügen, um das Konzept eines neuen Web-auftritts zu erarbeiten. Grundsätzliche Än-

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Dr. Michael Sead-le ist geschäftsfüh-render Direktor des Instituts für Biblio-theks- und Informa-tionswissenschaft an der Humboldt Universität zu Ber-lin. Er hat dort eine

Professur für Bibliotheks- und Informa-tionswissenschaft, Schwerpunkt Digitale Bibliotheken, inne. Zuvor war Michael Seadle als Assistant Director for Systems and Digital Services an den Michigan State University Libraries tätig. Michael Seadle erwarb seinen PhD in Geschichte im Jahr 1977 an der University of Chica-go. Zu seinem breiten Forschungsprofil gehören Social Systems and Collections, Metadaten, Evaluierung, E-Learning, Multimedia, Informationstechnologie und -ökonomie, Open Access, Mensch-Maschine-Schnittstelle, Copyright, An-thropologie und Langzeitarchivierung. Michael Seadle ist Herausgeber der Zeit-schrift »Library High Tech«. – Kontakt: [email protected]

Elke Greifeneder, geboren 1982 in Schwäbisch Hall, ist Absolventin des In-stituts für Biblio-theks- und Informa-tionswissenschaft der Humboldt-Uni-versität zu Berlin. Sie

studierte Bibliothekswissenschaft und Romanistik in Berlin und Paris, ihre Magisterarbeit schrieb sie über Online-Hilfen in Universitäts-Opacs. Seit 2006 ist sie Editorial Assistant der Fachzeit-schrift »Library High Tech«. – Kontakt: [email protected]

6 DigiZeitschriften – Das deutsche digitale Zeitschriftenarchiv fi ndet man unter: www.digizeitschriften.de

7 Cliff ord Geertz: Dichte Beschreibung: Bei-träge zum Verstehen kultureller Systeme. Frankfurt a.M.: Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, 1983, Seite 30

Gefällt Ihnen die Bibliothek? Der erste Befragte denkt an den neuen Lesesaal und beantwortet die Frage

positiv. Ein anderer denkt an den veralteten Bestand und beantwortet

dieselbe Frage negativ.

wird dies auch durch die Kopplung von »Fachgebiet« und »Wissenschaftler« zum »Fachwissenschaftler«.

Workshops

Ein Workshop ähnelt einer Fokusgrup-pen-Untersuchung. Bei beiden Varianten kommen Teilnehmer zu einem Gespräch zusammen. Der Unterschied besteht da-rin, dass ein Workshop ein Ziel hat, das mit einem echten Projekt verbunden ist.

Zur Neugestaltung eines Webauftritts kann man beispielsweise entweder die bisherige Website präsentieren und den Teilnehmern die geplanten Änderungen vorstellen. Man kann ihnen aber auch sagen, dass sie den Webauftritt völlig neu gestalten dürfen. Im ersten Fall bleibt die Struktur der Seite erhalten, aber man kann erfahren, welche Partien überfl üssig sind und was aus Nutzersicht fehlt. Im zwei-ten Fall erfährt man die Erwartungen der Teilnehmer, was möglicherweise erhebli-che Veränderungen zur Konsequenz hat.

Entscheidend ist eine gelungene Aus-wahl der Personen, die man zum Work-shop einlädt. Es ist an manchen Fachberei-chen durchaus üblich, Workshop-Teilneh-mern eine kleine Belohnung anzubieten. Die Art der Belohnung hängt von den Probanden ab. Studierende beispielswei-se mögen Essen (zum Beispiel Pizza) und freuen sich auch über eine kleine fi nanziel-le Aufwandsentschädigung (vielleicht fünf Euro). Studierende sind vor allem deshalb geeignete Teilnehmer für Workshops, weil

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derungen sind wichtiger als Details. Wenn die Teilnehmer zu viel Zeit haben, lang-weilen sie sich schnell, oder sie steuern den Prozess in eine unerwartete Richtung. Für Workshops braucht man einen Moderator, der die Grundsätze der Aufgabe wieder-holt und das Gespräch immer wieder zum Th ema zurückbringt. Dabei dürfen die Teilnehmer aber natürlich nicht zu vorher geplanten Ergebnissen gelenkt werden.

Es sind oft die unerwarteten Ergebnisse, die besonders interessant sind. In der Stu-die der Universität Rochester haben Bib-

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liothekare beispielsweise gelernt, dass Stu-dierende keine Informationssilos möch-ten, sondern breite Informationsportale, die sie selbst gestalten und verändern kön-nen, wenn sich ihre Interessen (etwa durch Lehrveranstaltungen) ändern. Unter vie-len Bibliothekaren sind solche Ergebnisse unerwünscht, sie widersprechen ihren ei-genen Präferenzen. Bei der Bewertung von Workshop-Ergebnissen muss man auf-passen, dass man nicht nur die Interessen einer kleinen Gruppe beachtet hat. Auch Workshops bieten nur Informationen an. Man muss immer daran denken, wie die Information in das Gesamtbild passt.

Beobachtung mit Film- und Tonaufnahmen

Die Beobachtung von Menschen bei der Arbeit am Computer ist schwer, weil die-se oft nicht in der Bibliothek, sondern zu Hause verrichtet wird. Bildschirme sind klein und demzufolge schwer zu beobach-ten, wenn man nicht direkt daneben sitzt. Man muss also wie bei den Workshops freiwillige Teilnehmer für eine Analyse fi nden. Möglicherweise stört es die Teil-nehmer, wenn jemand neben ihnen sitzt und alles beobachtet. Ein Ausweg ist, die Teilnehmer zu bitten, ihre Arbeit an den Bildschirmen bei der Benutzung der Digi-talen Bibliothek aufzeichnen zu dürfen.

Dank der Bildschirmaufnahme kann man verfolgen, wie sich der Proband in der Digitalen Bibliothek von Seite zu Seite be-wegt, ohne dass er sich überwacht fühlt. Die meisten Computer verfügen bereits über Software zur Bildschirmaufnahme. Auch Open-Source-Software oder ver-

hältnismäßig günstige Softwareprodukte stehen Bibliotheken für Beobachtungen zur Verfügung. Ergänzend kann man die Teilnehmer bitten, bei der Nutzung der Digitalen Bibliothek ihre Gedanken in ein Tonaufnahmegerät zu sprechen.

Durch beide Aufnahmearten kann man den Weg der Benutzung genau verfolgen und auch Vergleiche mit anderen Benut-zern ziehen. Wenn kein Aufnahmegerät vorhanden ist, kann man die Teilnehmer auch nachträglich bitten, ihre Gedanken in einem Interview zu wiederholen – aller-dings besteht die Gefahr, dass die Teilneh-mer dann bereits zu viel vergessen haben.

Mit dieser Methode ermittelt man ins-besondere, wie die Teilnehmer mit der Di-gitalen Bibliothek umgehen. Wenn man deren Arbeitsgewohnheiten verstehen möchte, kann man sie auch bitten, Fotos von ihren Arbeitsplätzen, von ihren Com-putern und ihrer Umgebung aufzuneh-men. Anhand der Fotos erkennt man zum Beispiel, ob jemand gleichzeitig mit Papier und aufgeschlagenen Büchern arbeitet, ob der Computer groß oder klein ist, ob er an öff entlichen Plätzen oder in einem ruhigen, privaten Raum arbeitet. Dies alles sind Faktoren, von denen die Praxis der Benutzung einer Digitalen Bibliothek abhängt.

Fazit

Die Ergebnisse einer ethnografi schen Eva-luation sind schwerer zu ermitteln als zum Beispiel einfache Fragebogen, die man mit statistischen Werkzeugen auswerten kann. Die linguistische Analyse, die Ergebnisse eines Workshops und alle Aufnahmen aus der Beobachtung sind reiche Informati-onsquellen, aber sie sind keine Zahlen, die man auf ein einziges Ergebnis reduzieren und in einem Diagramm leicht visualisie-ren kann. Ethnograf zu sein, erfordert ein

gewisses Maß an Vorstellungskraft, um aus den einzelnen Beobachtungen ein Ge-samtbild zu entwerfen.

Der Ethnograf muss über die Inter-netseite der Digitalen Bibliothek hinaus denken, weil auch Benutzer diff erierende Sichtweisen auf die Digitale Bibliothek haben. Benutzer mit guten Computer-kenntnissen haben eine andere Meinung zu Suchmöglichkeiten und Sucheingabe-feldern als zum Beispiel weniger compu-teraffi ne Menschen. Trotzdem benutzen sie die gleiche Oberfl äche. Eine ethno-grafi sche Analyse muss alle Aktivitäten einbeziehen, in denen Menschen mit einer Ressource interagieren.

Wie kann nun ein Bericht über die ethnografi sche Evaluierung einer Digita-len Bibliothek aussehen? Teilnehmer von Workshops oder Beobachtungsstudien su-chen die Ursache oft bei sich selbst, wenn sie Probleme bei der Benutzung haben. Sie sehen selten, dass beispielsweise die unver-ständliche Navigation Ursache des Pro-blems sein kann. Ethnografi e heißt nun nach Geertz, »Vermutungen über Bedeu-tungen anzustellen, diese Vermutungen zu bewerten und aus den besseren Vermutun-gen erklärende Schlüsse zu ziehen«7.

Bei einer ethnografi schen Evaluierung ist es also wichtig, Schlüsselerkenntnis-se zu sammeln und zu interpretieren, um letztendlich die tatsächliche Benutzung, die Probleme und Vorteile der untersuch-ten Digitalen Bibliothek präzise und in ei-ner für Außenstehende verständlichen Art beschreiben zu können. Das ist keinesfalls eine einfache Aufgabe. Die Evaluation stellt dabei die Digitale Bibliothek als Ge-samtorganismus dar, denn nur mit Blick auf die Gesamtheit bringt sie verlässliche Ergebnisse.

Dank der Bildschirmaufnahme kann man verfolgen, wie sich der

Proband in der Digitalen Bibliothek von Seite zu Seite bewegt, ohne dass

er sich überwacht fühlt.

Usability-Studie

Eine Usability-Studie der Virtuellen Fach-bibliothek Ethnologie orientiert an kultur-anthropologischen Methoden findet man unter www.ib.hu-berlin.de/~kumlau/handreichungen/h147/: Benjamin Blin-ten: Nutzerevaluation der Virtuellen Fachbibliothek Ethnologie: eine quali-tative Usability-Studie. Berlin: Institut für Bibliothekswissenschaft der Hum-boldt-Universität zu Berlin, 2005 (Berli-ner Handreichungen zur Bibliothekswis-senschaft; 147)

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Gernot Gabel

Von der Gentleman’s Library zur exklusiven For-schungsbibliothekDie privat fi nanzierte Boston Athenaeum Library feiert 200-jähriges Jubiläum

Eine der ältesten privat fi nanzierten Bib-liotheken der USA ist in Boston beheima-tet. Das ausschließlich von den Beiträgen seiner Mitglieder unterhaltene »Boston Athenaeum« umfasst eine Bibliothek so-wie eine Kunstgalerie. In diesem Jahr lädt das schmucke, in der historischen Altstadt Bostons gelegene Ensemble zu seinem 200. Geburtstag ein.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wetteiferten in der jungen ameri-kanischen Demokratie zwei Städte

um den Rang der führenden Stadt. Nach dem Ende des Unabhängigkeitskrieges war diese Position zunächst Philadelphia zuerkannt worden, denn dort hatte sich die verfassungsgebende Versammlung des neues Staates konstituiert und dort nahm auch die amerikanische Bundesregierung für ein Jahrzehnt ihr erstes Domizil.

Doch seit dem Jahr 1800, als Regierung und Kongress nach Washington umzogen, lag die offi zielle Hauptstadt der USA an den Ufern des Potomac, obgleich die von einem französischen Architekten geplante Kapitale eher einer großen Baustelle glich und von ihrer künftigen Rolle noch wenig erkennen ließ. Boston, die Hauptstadt des Bundesstaates Massachusetts, präsentier-te sich hingegen als prosperierende Han-dels- und Hafenstadt, deren Geschicke in den Händen einer gebildeten Oberschicht lagen, die sich britischen Vorbildern ver-pfl ichtet fühlte.

Die führenden Familien sahen es als ihre Aufgabe an, ihren Wohlstand auch zum Nutzen der Allgemeinheit einzuset-zen und ihrer Stadt kulturelle und sozia-le Einrichtungen zu stiften. Von dieser Oberschicht, die Sozialwissenschaftler später als »Boston Brahmins« bezeichne-ten, ging auch die Gründung des Boston Athenaeums aus.

In den etablierten Familien der Stadt, die ihren Wohlstand fast ausnahmslos dem Handel verdankten, galt es als schicklich und elegant, sich in den Mußestunden den Künsten und Wissenschaften zu widmen, was Boston schon bald den Ehrentitel eines amerikanischen Athens eintrug. Ihre phy-sische Manifestation fand diese Neigung nicht zuletzt in stattlichen Büchersamm-lungen, ja die Bibliophilie wurde geradezu ein Markenzeichen dieser Bürgerschicht. Solche soziale Konstellation begünstigte zu Beginn des 19. Jahrhunderts Bestrebun-gen, den jungen Schriftstellern und Dich-tern in den Neuenglandstaaten den Weg in die Öff entlichkeit zu ebnen, indem man ihre Texte in Anthologien publizierte.

Die »Anthology Society« von 1804

In Boston hatte sich 1804 eine Gruppe von 14 literarisch interessierten Bürgern in der »Anthology Society« zusammengefunden, um die »Monthly Anthology and Boston Review« herauszubringen. Man traf sich wöchentlich zu Diners und gepfl egter Konversation und diskutierte über litera-rische Novitäten. Dies geschah zunächst in angemieteten Räumen, aber als einige

Mitglieder des Kreises Zeitschriften aus ihren privaten Kollektionen zirkulieren ließen, stellte sich bald die Frage nach der Verwahrung dieser Periodika. Von Seiten anderer Mitglieder gingen Bücher, Karten und weitere Zeitschriften als Geschenke ein, und so lag der Gedanke nahe, diesen Fundus zum Nutzen aller Mitglieder in ei-nem Lesesaal zusammenzuführen.

Um die Finanzierung eines solchen Projektes sicherzustellen, fand unter den Herren der Vorschlag eine Mehrheit, in-teressierte Bürger der Stadt dazu einzu-laden, entsprechende Anteile an diesem Unternehmen zu zeichnen. Man ließ ei-nen sorgfältig formulierten Geschäftsplan zirkulieren, der in den führenden Familien Bostons auf Zustimmung stieß, und inner-halb weniger Monate hatten mehr als 160 Personen Anteile im Wert von jeweils 300 Dollar gezeichnet, damals eine beträchtli-che Summe. 1806 wurde der »Anthology Reading Room« eröff net.

Den Lesesaal frequentierten, wie da-mals üblich, nur die Herren, denn Frauen traute man außerhäusliche Interessen ein-fach nicht zu. Den Gentlemen waren nicht nur literarische Th emen wichtig, sondern auch historische Traktate, Reisebeschrei-bungen und Abhandlungen über die Na-turwissenschaften und Technik. Um diese Th emenpalette abdecken zu können, bat man die Mitglieder, Bücher, Broschüren, Zeitschriften, Karten, Statistiken und an-dere Materialien als Geschenke zu über-eignen, was reichlich geschah.

Je umfangreicher und je vielfältiger die Kollektion wurde, umso deutlicher er-kannte der Vorstand, dass sich dieses Kon-volut nur in einem zivilrechtlich fi xierten Rahmen auf Dauer zum Nutzen aller verwalten ließ. Ende 1806 fand der Vor-schlag Zustimmung, das Eigentum an der Büchersammlung einem Kreis von Kura-toren zu übertragen. Der Vertrag fand die Billigung der Regierung des Staates Mas-sachusetts, und im Februar 1807 wurde die von den Treuhändern geleitete Gesell-schaft als »Th e Boston Athenaeum« recht-lich anerkannt und ihr die inzwischen auf mehr als 1 000 Bände angewachsene Kol-lektion übereignet.

Die Kuratoren ließen die Bibliothek nicht nur mit einer Referenzabteilung ausstatten, sondern wollten ihren Bestand zu einer wissenschaftlichen Ansprüchen genügenden Kollektion ausweiten. Des-gleichen stellten sie der Bibliothek ein naturwissenschaftliches Kabinett mit Ra-ritätenkammer zur Seite, einschließlich eines kleinen Laboratoriums. Jedermann war eingeladen, dem Boston Athenaeum (BA) Rara und Kuriositäten zu übereig-

Autor: Gernot U. Gabel – Kontakt: [email protected]

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nen, und das geschah mit erstaunlicher Großzügigkeit.

Innerhalb von nur zwei Jahren wuchs die Büchersammlung auf rund 5 800 Bän-de an, und 1809 erhielten die Treuhänder noch die erfreuliche Mitteilung, dass John Quincey Adams, der Sohn des amerikani-schen Präsidenten John Adams und später selbst der sechste Präsident der USA, der Bibliothek seine mehr als 5 000 Bände zählende Privatkollektion zu schenken beabsichtigte und so die Sammlung mit einem Schlage verdoppelte.

Großzügige Schenkungen

Angeregt durch diese Geste gingen auch von weiteren Mitgliedern großzügige Schenkungen ein, und der Bibliothekar hatte Mühe, den Katalog der Sammlung einigermaßen aktuell zu halten. Wenig später übereignete die »American Library of Arts and Sciences« dem BA ihre gesamte

Bibliothek, der bald die Sammlungen der »Th eological Library«, der »Boston Medi-cal Society«, der »Massachusetts Scientifi c Association« und anderer Gesellschaften in Boston folgten. Innerhalb von nur zwei Jahrzehnten war das BA zur größten wis-senschaftlichen Kollektion in Neuengland außerhalb der Hochschulen herangewach-sen.

Trotz dieses ernormen Wachstums der Büchersammlung blieb das BA dem Grundsatz nach eine »Gentleman’s Libra-ry«, die wie ein privater Klub organisiert war. 1821 konnte das BA ein Gebäude be-ziehen, das ihm ein Mitglied übereignet hatte. Da neben gedruckten Materialien auch Kunstgegenstände und Gemälde als Geschenke eingingen, wurden diese in einer eigenen Abteilung verwahrt und 1827 als Kunstgalerie der Öff entlichkeit zugänglich gemacht.

Nun begann man gezielt Gemälde und Zeichnungen mit Bezug auf die ameri-

kanische Geschichte zu erwerben, und Ausstellungen dieser Schätze zogen ein breites Publikum an. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts war das BA mit rund 50 000 Bänden eine der größten Bibliothe-ken und mit seiner umfangreichen Kollek-tion von Gemälden und Skulpturen sogar das größte Kunstmuseum in den Neu-englandstaaten.

Weil das vom BA genutzte Gebäude in Hafennähe die gesamte Kollektion nicht mehr zu beherbergen vermochte, beauftragte man den Architekten Edward Clark Cabot, einen Sohn der Stadt, mit einem Neubau in der vornehmen Beacon Street. Der dreigeschossige, mit neopal-ladianischer Fassade geschmückte Bau wurde 1849 eröff net. Das Interieur war im zeittypischen Stil auf das Prächtigste aus-gestaltet. Der Ausstellungsraum mit den Skulpturen lag im ersten, die Bibliothek im zweiten und die Gemäldegalerie im dritten Geschoss.

Das repräsentative Gebäude zog die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich, mit dem Eff ekt, dass dem BA noch mehr Bücher und Kunstgegenstände angeboten wurden. Dank des Engagements zweier Gönner konnte auf einer Auktion auch die Kollektion des ersten US-Präsidenten George Washington für das BA erworben werden. Angesichts dieser repräsentativen Sammlung initiierte der Stadtrat von Bos-ton zu Beginn der 1850er Jahre sogar eine Kampagne, um das BA zur Keimzelle ei-ner städtischen Bücherei zu machen, aber ohne Erfolg. Die Mitglieder des BA votier-ten für den Erhalt ihres privaten Klubs mit Bibliothek und Kunstgalerie. Die Boston Public Library wurde somit 1854 als städ-tische Einrichtung geschaff en.

Während die Bibliothek des BA nur den Mitgliedern zugänglich war, stand die Kunstgalerie für jedermann in der Stadt off en. Da in Boston damals kein Kunst-museum existierte, erfreute sich diese Kunstsammlung einer regen Frequentie-rung. Aber die Kuratoren sahen es nicht als ihre Aufgabe an, diesen Sammelbereich langfristig zu einem Museum auszuweiten, und daher setzten sie sich gemeinsam mit anderen in Boston beheimateten Instituti-onen für die Gründung eines städtischen Kunstmuseums ein, das schließlich 1876 als »Museum of Fine Arts« gegründet wur-de. Der größte Teil der Kunstkollektion des BA ging als Depositum an diese neue Einrichtung.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als die Büchersammlung bereits die Schwelle von 200 000 Bänden überstiegen hatte und die Raumnot unübersehbar war, ent-schlossen sich die Treuhänder zur Reno-

Heutzutage lädt man die Mitglieder zu Symposien, Teestunden und Diskussionszirkeln ein, und die stilvollen Räume des Boston Athenaeum sind für private Feiern zu mieten.

Foto: Copyright Peter Vanderwarker

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vierung und Erweiterung des historischen Baus in der Beacon Street. Die aus Holz gefertigten Gebäudeteile wurden entfernt und die Struktur mit Stahlträgern feuer-sicher erneuert sowie um zwei Stockwerke erweitert (seit 1966 ist der Bau in die Liste der nationalen Denkmäler eingetragen). Zugleich öff nete man sich einem größeren Publikum, um mehr Subskribenten zu ge-winnen. Neben die Forschungskollektion traten Angebote für die gesamte Fami-lie, ablesbar am neu eingerichteten Kin-derlesesaal und an der Erweiterung der Belletristiksammlung.

Weltwirtschaftskrise und Sparmaßnahmen

Als sich Mitte der Zwanzigerjahre abzeich-nete, dass die jährlichen Kosten des BA nicht mehr allein von den Anteilseignern aufzubringen waren, begann der Vorstand aktiv für einen Kapitalfonds zu werben, um die Existenz des BA langfristig zu si-chern. Die Kuratoren konnten zwar einiges an Spenden verbuchen, aber mit Einsetzen der Weltwirtschaftskrise kam der Geldzu-fl uss weitgehend zum Erliegen und man war gezwungen, die Ausgaben drastisch einzuschränken und sogar die Gehälter der Mitarbeiter zu kürzen. Dennoch ergab sich ein jährliches Defi zit, worauf man mit verkürzten Öff nungszeiten reagierte.

Andere von Privatleuten unterhalte-ne Bibliotheken wie die »Boston Library Society« mussten 1939 sogar schließen, woraufhin deren Buchbestand an das BA ging. Als Refugium für Wissenschaftler überstand das BA auch die wirtschaftlich angespannten Kriegsjahre.

Nach 1945 wurde eine Entscheidung über die Positionierung des BA in einem kulturellen Umfeld, in dem Stadtbiblio-thek und Kunstmuseum als kommunale Einrichtungen erfolgreich agierten, dring-licher. Das BA hatte, je nach Wirtschafts-lage und gesellschaftlichem Trend, mal den Aspekt Forschungsbibliothek, mal mehr populäre Nutzungstrends berück-sichtigt, aber nun besann man sich auf die Stärken der Sammlungen und entschied, das Besondere hervorzuheben.

Da das BA mit der Boston Public Libra-ry weder hinsichtlich Sammlungsumfang noch Publikumsakzeptanz konkurrieren konnte, stellte man den Bereich der frü-hen Americana, das heißt die Ära vom Unabhängigkeitskrieg bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, als Schwerpunkt heraus, denn dank der vielen zeitgenössischen Bro-schüren, Traktate und Pamphlete, die früh gesammelt wurden, besaß das BA eine fast einzigartig zu nennende Kollektion.

Anfang der Siebzigerjahre – die Samm-lung war inzwischen auf über 400 000 Bände angewachsen – fi el die Entschei-dung zugunsten einer sich der Qualität verpfl ichtenden Forschungsbibliothek. Die Kuratoren beriefen einen PR-Fach-mann, der dieses Exzellenzkriterium ge-bührend herausstrich, und legten dann ei-nen »fund drive« auf, um den Kapitalfonds

Stipendienprogramm

Um Forscher für die historisch einma-ligen Bestände des BA zu interessieren, entwickelte die Leitung ein Stipendien-programm, für das sich Mitfi nanziers gewinnen ließen. Und es gelang, die Zahl der Aktivitäten, mit denen ein bil-dungsbewusstes Publikum angespro-

Als Refugium für Wissenschaftler überstand das Boston Athenaeum auch die wirtschaftlich an-gespannten Kriegsjahre. Foto: Copyright Peter Vanderwarker

so weit aufzustocken, dass eine direkte Ab-hängigkeit von den Kapitalzufl üssen aus den jährlichen Mitgliedsbeiträgen nicht mehr gegeben war.

Um diesen Ansatz zu unterstützen, ver-äußerten die Kuratoren auch jene Kunst-werke, die dem städtischen Kunstmuseum bisher nur als Depositum anvertraut wa-ren. Die eigene Kunstgalerie beschränkte sich künftig auf das Sammeln von Zeug-nissen aus der frühen Epoche der amerika-nischen Nation.

Dem gesellschaftlichen Wandel trug das BA dadurch Rechnung, dass mehr Frauen und zudem jüngere Mitglieder, die insgesamt ein buntes Spektrum an Berufen abdeckten, in das Kuratorium berufen wurden. Ihnen kam die Aufgabe zu, die Neuausrichtung aktiv zu gestalten und werbend für das BA tätig zu sein. Den althergebrachten Kartenkatalog brach man ab, stattdessen wurden die Dienste des OCLC in Anspruch genommen und der eigene Online-Katalog »Athena« auf-gebaut.

chen werden sollte, erheblich zu erhöhen und damit das BA stärker in den Blick-punkt der Bostoner Bevölkerung zu rücken.

Heutzutage lädt man die Mitglieder zu Symposien, Teestunden und Diskussi-onszirkeln ein, und die stilvollen Räume des BA sind für private Feiern zu mie-ten. Der Mitgliedsbeitrag wurde gesenkt (heute 220 Dollar pro Jahr), sodass er für breite bürgerliche Kreise erschwing-lich wurde. Dank dieser Maßnahmen erwies sich auch eine weitere Spenden-aktion als erfolgreich, die über 30 Milli-onen Dollar einbrachte und die Position des BA als eine der am besten fi nanzier-ten privaten Bibliotheken des Landes festigte.

Zur Feier des Jubiläums zeigte das BA eine Ausstellung mit dem Titel »Acquired Tastes«, in der einige der schönsten und seltensten Stücke der Buch- und Kunst-sammlung zu sehen waren. Sie gastiert seit September 2007 im exklusiven »Grolier Club« in New York. �

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@Dr. Jürgen Plieninger arbeitet als Biblio-thekar in Tübingen und ist im Internet als Informationsanbieter und Rechercheur aktiv. Näheres zur Person unter http://homepages.uni-tuebingen.de/juergen.plieninger

Tausendsassa des InternetEin Weblog sorgt für optimale Verbreitung von Informationen

Weblogs sind die neuen Tausendsassas des Internet. Zunächst sah es gar nicht danach aus: Immer chronologisch geordnet, der neueste Eintrag oben, das ist doch langwei-lig, da kann man ja eine Homepage oder – moderner – ein Content Management System (CMS, ein naher Verwandter des Weblogs!) besser strukturieren! Wenn sich die Weblogs dennoch vom negativen Image eines »Webtagebuchs« emanzipiert und als Erfolgsmodell etabliert haben, so muss das seine Gründe haben. Internet-Experte Jür-gen Plieninger erklärt sie im Folgenden.

Zunächst einmal ist Aktualität im Internet Trumpf, und folglich ist ein Medium, wel-ches den Benutzern das Aktuellste immer an erster Stelle präsentiert, benutzerfreund-licher als eines mit einer wohl geordneten Struktur, bei der man raten darf, an wel-cher Stelle denn nun bitteschön aktualisiert wurde. Dann ist ein Weblog anpassungs-fähig, man kann es in der servergestützten Form (in der es von vielen Providern kos-tenlos angeboten wird, wie zum Beispiel bei de.wordpress.com oder bei www.blog-ger.com) von jedem PC aus »füttern«, was eine Flexibilität des Publizierens erlaubt, die man mit Webseiten oft nicht zur Verfügung hat.

Diese Flexibilität erhöht sich weiter durch die Möglichkeit des kollektiven Publizie-rens: Wie bei einem CMS können mehrere zum Inhalt eines Weblogs beitragen. Was weiter für den Erfolg von Weblogs von Be-deutung ist, ist die Tatsache, dass Weblogs wahre Container für den Transport unter-schiedlicher Formate sind, wenn man so will: Multimedia-Tausendsassas! Text, Links, Fo-tos, Töne, Videos – das kann alles dargestellt

oder eingebunden werden, sodass Ihre Be-nutzer nicht hin- und herwechseln müssen zwischen WWW- und Multimediaservern, nicht Dateien herunterladen und öffnen müssen, sondern sich alles im Rahmen des Blogs ansehen können und auf die entspre-chenden Quellen verwiesen werden.

Als Container für diverse Verweisungen und Importe entpuppt sich oft auch die Na-vigationsleiste, in der man per RSS-Feeds – Sie erinnern sich noch an den »Blickpunkt Internet« in Heft 4? – die unterschiedlichs-ten Informationen aus anderen Quellen ein-binden kann: Fotos aus Fotodiensten wie flickr.com, Links aus sozialen Bookmark-diensten wie del.icio.us, Neuerwerbungen aus sozialen Literaturverwaltungsdiens-ten wie librarything.de, Titel von Einträgen in anderen Weblogs, Aktualisierungen von Wikis und so weiter.

Außer RSS kann man noch andere Din-ge in der Navigationsleiste oder »blog roll«, wie sie eigentlich genannt wird, unterbrin-gen: Links zur Homepage der Bibliothek und andere Neuigkeiten oder ein Chatfens-ter (»instant messaging«), mit dessen Hil-fe Ihre Benutzer Kontakt aufnehmen kön-nen. Wenn Sie all’ das einmal in Aktion se-hen möchten, so schauen Sie sich bitte das Weblog der Stadtbibliothek Nordenham des Kollegen Jochen Dudeck an www.stadtbuecherei-nordenham.de/wordpress, auf wel-ches ich in den »Fundstücken« bereits hin-gewiesen habe.

Minimaler Aufwand

Vielleicht sollte am Schluss des Lobliedes für Weblogs noch die Tatsache erwähnt wer-den, dass ein Weblog mit minimalem Auf-

wand einzurichten ist. Beim Marktführer Wordpress bekommt man eine ganze Rei-he von »themes« – also: Layoutvorlagen – mitgeliefert, ebenso gibt es viele »plug ins« (so werden Ergänzungen genannt, die Browsern und in diesem Falle Weblogs zu-sätzliche Funktionalitäten verschaffen), die einem das Leben erleichtert. Hierzu gehört beispielsweise der Spamblocker Akismet, der verhindert, dass man Hunderte vollge-spammter Kommentare händisch wieder lö-schen muss. Einfache Einrichtung, leichte Layoutangleichung, intuitive Handhabung – da kann man sich ganz aufs Inhaltliche konzentrieren!

Richtig: das Inhaltliche. Wie kann man denn diese Wunderwerkzeuge einsetzen? Hier wird es für viele Bibliotheken schwierig, weil sie ihre Web- oder Intranetseiten inner-halb des Webauftrittes der Trägerorganisa-tion (Kommune, wissenschaftliche Instituti-on oder andere) zu gestalten haben und da-mit oft in zweierlei Hinsicht gebunden sind. Einerseits gibt es rechtliche oder organisa-torische (»corporate identity«) Einschrän-kungen, sodass man nicht alles umsetzen oder schreiben darf, was einem einfällt, an-dererseits sind oft die Rechenzentren jene, welche für die Installation oder das Up-daten von Programmen zuständig sind und sich nur allzu oft als Bremser herausstellen (»Weblogs? Was ist das? Wozu brauchen Sie das überhaupt?«).

Da kann man nur sagen: Steter Tropfen höhlt den Stein! Weblogs und deren Softwa-re gibt es nun schon seit sechs, sieben Jah-ren, und es ist nun wahrhaftig nichts Exo-tisches mehr, ein Weblog für interne oder externe Zwecke einrichten zu wollen! Man kann Weblogs in die eigentliche Homepage integrieren, wie es die UB der LMU Mün-chen gemacht hat www.ub.uni-muenchen.de, man kann sie im Layout an die Homepa-ge angleichen, aber extra führen, wie es die Stabi Hamburg realisiert hat www.sub.uni-hamburg.de/blog, man kann sie auch ganz extern (mit einem Provider) mit einem ei-genen Layout führen, wie es beispielswei-se das Otto-Suhr-Institut der FU Berlin mit-hilfe des externen Providers edublogs reali-siert hat ihne21.edublogs.org. Es gibt also unterschiedliche Wege der Umsetzung, und je nach Situation kann man die Dinge der Entscheidungsebene schmackhaft machen oder Unvereinbarkeiten mit Rechenzentren auch mal umgehen.

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Blickpunkt Internet

Nach diesem Exkurs zu Anfangsschwie-rigkeiten, welche nicht den Weblogs selbst geschuldet sind, sondern dem Rahmen, in welchem sie eingesetzt werden, nochmals die Frage: Wie und wo kann man Weblogs im Bibliotheksmanagement einsetzen?

Der erste Bereich ist jener der Öffent-lichkeitsarbeit: Wie Homepages dienen Weblogs der Verlautbarung von Informati-onen über die Bibliothek und ihre Dienst-leistungen. Sie stellen somit einfach einen weiteren Kommunikationsweg zu den ver-schiedenen Zielgruppen dar, vor allem na-türlich zu solchen Zielgruppen, die Aushän-ge, Flyer, Anzeigen in Zeitungen und so wei-ter eher weniger zur Kenntnis nehmen. Die einzelnen Zielgruppen und Themen können hervorragend durch die Kategorien ange-sprochen und ausgewiesen werden.

Vor allem dort, wo die Trägerorganisati-on der Bibliothek keine eigene Öffentlich-keitsarbeit betreibt, kann das Weblog auch deren Öffentlichkeitsarbeit dienen. Nicht vergessen sollte man hier auch die Möglich-keiten einer Kooperation: Wie wäre es mit einem gemeinsamen Weblog mit der Volks-hochschule oder ein gemeinsames Blog al-ler Bibliotheken am Ort? Was oft schon auf der Ebene des Katalogs realisiert ist, könn-te man auf dem Gebiet der Öffentlichkeits-arbeit hier ohne großen Aufwand nachvoll-ziehen.

Weblogs können ohne Weiteres auch zur Unterstützung der Schulung eingesetzt werden. Informationskompetenz muss ja nicht unbedingt heißen, dass eine kompak-te, durchkomponierte Maßnahme angebo-ten wird, sondern sie kann auch als Reihe, als Vermischtes oder in Form von aktuel-len Tipps verbreitet werden. Ein Beispiel da-für wäre die Reihe zu Web 2.0-Anwendun-gen im Weblog der SUB Hamburg, die von Anne Christensen und Markus Trapp ver-fasst wurden www.sub.uni-hamburg.de/blog/?p=464.

Hilfe bei Schulungen

Sie teilen meine Erfahrung, dass Benutzer mit Schulungsmaßnahmen schwer zu errei-chen sind? Mithilfe von Weblogs haben Sie die Möglichkeit, Hinweise, Tipps und Infor-mationen zu streuen, die als Einzelteile bes-ser und regelmäßiger zur Kenntnis genom-men werden als in einem kompletten Kurs. Und vielleicht stärken diese Informationen

neben der Kompetenz der Benutzer auch die Motivation, an einem Kurs teilzuneh-men, um systematisch die Lücken zu füllen! – Weblogs können aber nicht nur Mittel, sie können auch Gegenstand von Schulung sein: Unsere Nutzer können Weblogs sinn-voll für den Einsatz in (Förder-)Vereinen, Ar-beitsgruppen und so weiter verwenden.

Bei beiden bisher vorgestellten Funktio-nen spielt die Multimediafähigkeit des Blogs eine große Rolle, neben Text kann man auch Bilder, Podcasts und Töne einspeisen. Man ist so nicht nur auf ein Medium angewiesen und kann die Eintragungen attraktiver und informativer gestalten.

Weblogs können für die Dokumentation und für Verlautbarungen im Intranet einge-setzt werden, quasi als Ersatz für Rundmails und Mailinglisten. Die Erfahrung zeigt doch leider, dass Mails häufig einfach wegge-klickt werden. Mittels eines Weblogs kön-nen die Nachrichten dann angesehen wer-den, wenn ein konkretes Bedürfnis besteht, sich zu informieren – und man kann die In-formationen (via RSS) auch weiter abonnie-ren, falls gewünscht. Hier schlägt ebenfalls die Verweisungsmöglichkeit positiv zu Bu-che, indem beispielsweise Links auf Doku-mente gelegt werden können, auf die sich Texte beziehungsweise Textstellen im Blog beziehen.

Eine weitere interne Funktion, die Weblogs wahrnehmen können, ist die the-menzentrierte Kommunikation innerhalb ei-ner Einheit, sei es einer Projekt- oder einer Arbeitsgruppe. Exposés, Fundstücke, The-sen können gepostet, mittels der Katego-rien erschlossen und mittels der Kommen-tare diskutiert werden. Das Weblog dient so dem Wissensmanagement. Aber ebenso kann es dem Entscheidungsprozess dienen: Beispielsweise kenne ich eine Erwerbungs-kommission, welche die Beschaffungsvor-schläge als einzelne Einträge in ein Weblog einspeist, per Kommentar Ablehnungen kommuniziert und die Ergebnisse als beige-fügte statische Seiten dokumentiert. Mittels der Kategorien ist ersichtlich, welche Abtei-lung das Buch vorgeschlagen hat, um die Transparenz zu gewährleisten.

Interne Verwendung von Weblogs be-deutet nicht, dass Sie die Software notwen-digerweise auf dem Server laufen lassen müssen. Wordpress beispielsweise bietet an, Weblogs nur für Berechtigte zugäng-lich zu machen oder öffentlich zugängliche

Weblogs für die Erschließung von Suchma-schinen zu sperren.

Ein oft gehörter Einwand gegen den Einsatz von Weblogs ist jener, dass es viel Zeit benötige, ein solches einzurichten und zu füllen. Nun, verkünsteln kann man sich bei jeder Sache und gerade im Bereich von Homepages waren und sind ja viele passio-nierte Bastler am Werk. Unsere Profession sollte sich aber nicht mithilfe von Homepa-ges und Weblogs selbst verwirklichen, son-dern Informationen adäquat transportieren. Hierzu sind meiner Meinung nach Weblogs sehr gut geeignet, man kann sie mit ver-gleichsweise wenig Aufwand einrichten und füllen.

Für das Füllen gibt es übrigens noch ein Hilfsmittel, das auch bei anderen Vertretern der Familie der Sozialen Software zu finden ist, das so genannte Bookmarklet. Wenn man dieses in der Lesezeichenleiste installiert hat, leistet es einem unschätzbare Hilfe. Will man beispielsweise auf eine neue Schulung hinweisen, die man bereits in der Homepa-ge der Bibliothek eingetragen hat, dann lädt man diese Seite im Browser, markiert bei Be-darf eine Passage, welche ins Blog eingetra-gen werden soll und drückt das Bookmark-let. Hierauf öffnet sich die Produktionssicht des Blogs, der markierte Text ist bereits in den Korpus des zu edierenden Eintrags ein-gefügt, der Link ebenfalls, sodass man nur wenig angleichen muss und dann den Ein-trag wegschickt. Schnelles Arbeiten, wenig Mühe, optimale Verbreitung von Informa-tionen – das bieten Ihnen Weblogs. Probie-ren Sie es aus!

Fundstück

� Vierzehn Fächer sind jetzt schon über das »Navigations- und Schulungssystem« Lotse lotse.uni-muenster.de erschlos-sen, welches kollektiv in Zusammenar-beit von mehreren Universitätsbiblio-theken gepflegt wird. Eine klare, sich wiederholende Struktur, die mit Inhal-ten für die verschiedenen Fächer jeweils auf Anfänger- und Expertenniveau ge-füllt wird. Besonders hervorzuheben ist, dass das Sich-auf-dem-Laufenden-hal-ten und die Kommunikation in der Fach-Community einen selbstverständlichen Platz neben traditionelleren Anleitungs-themen wie »Wie finde ich Bücher« ha-ben!

Internet

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Unikat mit Mängeln

Fächer- und branchenübergrei-fendes Lexikon als Kompilation älterer Nachschlagewerke

Strauch, Dietmar; Margarete Rehm: Lexi-kon Buch, Bibliothek, neue Medien. 2., ak-tualisierte und erweiterte Aufl age. Mün-chen: Saur 2007. 472 Seiten. – broschiert 48,– Euro

Dieses Lexikon wagt erstmals, was bislang ein Desiderat war: Die Zu-sammenfassung der vier Bereiche

Archiv, Bibliothek, Buchwirtschaft und Buchgeschichte sowie Information und Dokumentation in einem Nachschlage-werk.

Immerhin waren die genannten Fach-gebiete in Ausbildungs- und Studiengän-gen und in der Praxis lange Zeit weitge-hend getrennt. Erst seit den 1990er-Jahren erfolgte auf der Basis des Internet in der Praxis eine Annäherung mit der Folge ei-ner Zusammenführung von Berufsbildern und Studiengängen. Insofern bedient das Lexikon einen zunehmenden Bedarf und platziert sich als Unikat.

Konvergenz der Fächer

Ein gleichnamiges, weniger umfangreiches Lexikon von Margarete Rehm erschien im selben Verlag 1991. Die Lemmata der ers-ten Aufl age wurden in der zweiten Aufl a-ge von Dietmar Strauch aktualisiert und um zahlreiche Stichwörter, besonders aus den Bereichen Internet, Informatik, Neue Medien und Publizistik, ergänzt. Der Umfang der zweiten Aufl age liegt bei rund 4 200 Lemmata mit einer Länge von zwei Zeilen bis einer Seite.

Für den Bereich Bibliotheken stehen beispielhaft Lemmata wie »Leihverkehr«, »Schulbibliothek«, »Cutter, Charles Ami«, »Cataloguing in Publication«, für den Be-reich Buchwirtschaft und Buchgeschichte Termini wie etwa »Kräuterbuch« (mit Ver-weisung von »Hortus sanitatis«), »Korpus«, »Kopialbuch«, »Nonpareille«, »Schriftgar-nitur«, »Büchersendung«, »Remittenden«. Information und Dokumentation sind zum Beispiel mit Artikeln über »Kozitati-onsanalyse«, »Scope Note«, »Pfad« (beim Hypertext), »Relevanzrückkopplung« oder »Dokumentarische Bezugseinheit« vertreten.

Die Auswahl an Lemmata aus dem Ar-chivbereich wie »Provenienz« oder »Presse-archiv« ist demgegenüber deutlich schma-ler. Gewiss lassen sich viele Termini gar nicht klar einem dieser Bereiche zuordnen (etwa »Reiseführer«, »Budapest Open Ac-cess Initiative«, »Bitübertragungsschicht« im OSI-Schichtenmodell, »Medline«, »In-ternationale Patentklassifi kation«). Aber dies spiegelt gerade die Konvergenz dieser Bereiche wider.

Bibliothekarische Herkunft

So begrüßenswert dieser Ansatz alles in al-lem ist, so sehr ist er im Detail misslungen. Das Lexikon leidet unter vielerlei gravie-

Anschrift des Rezensenten: Prof. Dr. Konrad Um-lauf, Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft, Doro-theenstraße 26, 10117 Berlin; [email protected]

Fachliteratur

renden Schwächen, die seine Brauchbar-keit insgesamt infrage stellen.

Erstens sind Breite und Tiefe, mit der jeder der vier Bereiche berücksichtigt wer-den, sehr verschieden. Das liegt wohl an der bibliothekarischen Herkunft der ers-ten Aufl age. Bibliotheksbezogene Sach-verhalte werden diff erenzierter und präzi-ser erläutert als die aus den anderen Berei-chen. Beispielsweise behandelt der Artikel »Heften« ausdrücklich die Besonderheiten beim Heften von Bibliothekseinbänden, weil diese besonders stabil sein sollen.

Termini aus der aktuellen Praxis der Buchbranche und aus der Buch- und Schriftgeschichte sind weitgehend berück-sichtigt, beispielsweise »Humanistische Minuskel«, »Hurenkind«, »Mängelexem-plare«, »Originalausgabe« oder »Vorsatz«. Hingegen fehlen die speziellen Termini aus der Herstellung: Desktop Color Sepa-rations, Nachfalz, Rausatz.

Die Auswahl der behandelten Biblio-theken (»Bayerische Staatsbibliothek«, »British Library«, »Library of Congress«, »Staatsbibliothek zu Berlin«, »Univer-sitätsbibliothek Göttingen«, allerdings ohne Verweisung etwa von der offi ziellen Namensform) ist plausibel, die Auswahl der Verlage kaum nachzuvollziehen: »S. Fischer« und »Suhrkamp« werden behan-delt, Wagenbach, Diogenes und Lübbe nicht; die Verlage »Axel Springer«, »Sprin-ger« und »de Gruyter« sind mit Artikeln vertreten, C.H. Beck nicht.

Sehr blass ist der Bereich Archiv vertre-ten; so haben einzelne Bibliothekstypen (»Schulbibliothek«, »Staatsbibliothek«) oder Buchhandelsformen (zum Beispiel »Bahnhofsbuchhandel«, nicht: Boulevard-Buchhandlung) eigene Artikel, nicht aber Archivtypen (außer »Pressearchiv« und »Rundfunkarchiv«), von den Archiven nur das »Bundesarchiv«. Aber mit dieser un-gleichen Verteilung der Gewichte könnte man leben.

Verweise fehlen

Zweitens stehen die Lemmata der vier Bereiche, die je ihre eigene Tradition und Terminologie haben, unverbunden neben-einander. Das wäre kein einschneidender Mangel, denn ohne ausreichenden Th eo-rie- und Lehrbuchvorlauf kann die sub-stanzielle Integration der vier Bereiche nicht geleistet werden. Aber man hätte er-warten können, dass Termini zugeordnet und aufeinander bezogen werden.

Das ist aber nicht der Fall. Unkoordi-niert stehen ähnliche Sachverhalte be-handelnde Artikel wie »Bestandserschlie-ßung« oder »Indexierung« nebeneinander.

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1 Helmut Hiller, Stephan Füssel: Wörterbuch des Buches. 7., grundlegend überarb. Aufl . Frankfurt (Main): Klostermann, 2006

2 Klaus-W. Bramann, Ralf Pelz [Hrsg.]: Ver-lagslexikon. Hamburg: Input-Verlag, Frank-furt (Main): Bramann, 2002

3 Severin Corsten, Günther Pfl ug, Friedrich Adolf Schmidt-Künsemüller [Hrsg.]: Lexi-kon des gesamten Buchwesens. LGB2. 2., völ-lig neubearb. Aufl . Bd. 1 ff . Stuttgart: Hierse-mann, 1987 ff .

4 Rainer Kuhlen, Th omas Seeger, Dietmar Strauch: Grundlagen der praktischen Infor-mation und Dokumentation. Bd. 2: Glossar. 5., vollständig neu gefasste Aufl age. Mün-chen: Saur, 2004

5 Helmut Hiller, Stephan Füssel: Wörterbuch des Buches. 6., grundlegend überarb. Aufl . Frankfurt (Main): Klostermann, 2002, S. 67–68

6 Ebd. S. 1907 Ebd. S. 211

Bibliotheksbezogene Sachverhalte werden differenzierter und präziser

erläutert als die aus den anderen Bereichen. Sehr blass ist der Bereich

Archiv vertreten.

Fachliteratur

»Bestandserschließung« verweist nur auf »Katalogisierung«; Bestandserschließung durch Aufstellung kommt nicht vor. Der Artikel »Katalogisierung« verweist auf »Formalkatalogisierung« und »Sachka-talogisierung«; eine Beziehung zu »In-dexierung« wird nicht hergestellt, auch »Sachkatalogisierung« und »Inhaltser-schließung« stehen unverbunden nebenei-nander, obwohl »Indexierung« wieder auf »Inhaltserschließung« verweist.

Es wird deutlich, dass die vier Berei-che nur kompilatorisch unter Benutzung verschiedener vorhandener Lexika addi-tiv, aber nicht konzeptionell zusammen-gefügt wurden, vor allem auf Basis von Hiller/Füssel »Wörterbuch des Buches«1, Bramann/Petz »Verlagslexikon«2, »LGB2 – Lexikon des gesamten Buchwesens«3 und Band 2 (Glossar) der »Grundlagen der praktischen Information und Doku-mentation«4 (dieses Glossar ist praktisch komplett und mehr oder minder wörtlich in das neue Lexikon eingegangen).

Problemfall Buchpreisbindung

Drittens, und das ist ein einschneidender Mangel, sind bei dieser Kompilation Feh-ler und Sinn entstellende Umformulierun-gen unterlaufen, und in den verwendeten Quellen vorhandene Zusammenhänge wurden teilweise zerschlagen. Oder es werden aus älteren Quellen damals rich-tige Aussagen einfach übernommen, aber nicht aktualisiert, sodass sie falsch wer-den.

So steht im Artikel »Buchhändleri-sche Verkaufsordnung«: »In Deutschland können heute anstelle der früheren allge-meinen Bindung des Ladenpreises indivi-duelle Vereinbarungen zwischen Verleger

und verbreitendem Buchhandel getroff en werden.« (Seite 95). Dies ist fast wörtlich aus dem »Wörterbuch des Buches«5 über-nommen, wo es sich als Relikt früherer Aufl agen mitgeschleppt hat, obwohl die Aussage heute falsch ist – in Deutschland gilt heute das Preisbindungsgesetz.

Ebenso ist der Artikel »Ladenpreis« falsch, in dem es heißt: »In Deutschland verpfl ichtet seit 1906 die Buchhändleri-sche Verkaufsordnung die Bucheinzel-

händler zur Einhaltung des Ladenpreises (fester Ladenpreis).« (Seite 271). Der Satz ist wiederum ebenfalls fast wörtlich aus dem »Wörterbuch des Buches«6 übernom-men, wo aber der folgende Satz mitteilt, dass der feste Ladenpreis seit dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen von 1958 zunächst durch das Sammelrevers-system realisiert wurde. Dieser Satz ist im »Lexikon Buch, Bibliothek, neue Medien« weggelassen, wodurch die Falschaussage entsteht.

Als Beispiel für einen in der verwende-ten Quelle vorhandenen, bei der Kompi-lation aber verloren gegangenen Zusam-menhang sollen wieder »Ladenpreis« und »Buchpreisbindung« angeführt werden. Im »LGB2«werden beide Lemmata be-handelt (nur »Preisbindung« statt »Buch-preisbindung«), aber mit einer sinnvollen Arbeitsteilung, bei Strauch und Rehm ste-hen beide Artikel trotz Verweisung unko-ordiniert nebeneinander.

Fernleihe nur für Bücher?

Als Beispiel für eine sinnentstellende Um-formulierung soll der Artikel »Logbuch« zitiert werden. Im »Wörterbuch des Bu-ches« von Hiller und Füssel heißt es: »Äl-tere L. bilden wesentliche Beiträge für die Geschichte der Seefahrt und sind daher begehrte Objekte im Antiquariats-Buch-handel.«7; bei Strauch und Rehm wird daraus: »Ältere Logbücher enthalten oft Beiträge zur Geschichte der Seefahrt und sind deshalb begehrte Objekte im Anti-quariatsbuchhandel.«

Der Artikel »Leihverkehr« defi niert diesen als Beschaff ung von »Büchern« aus einer anderen Bibliothek für einen Nutzer. Das könnte man so stehen lassen, wenn

im Artikel ausgeführt würde, dass längst auch andere Medienarten in den Leihver-kehr einbezogen werden. Das leistet der Artikel aber nicht, er ist also irreführend. Unklar bleibt, in welchen Fällen der Leit-weg einzuhalten ist und in welchen Fällen Direktbestellungen möglich sind, weil das genannte Kriterium (»regionale oder überregionale Bestandsnachweise«) un-präzise beschrieben wird. Aber der Artikel verweist auch auf »Fernleihe«, und dort wird die LVO zitiert und auf Dokument-lieferung weiter verwiesen; aber auch hier erfährt man nicht, welche Medienarten in den Leihverkehr einbezogen sind und wel-che nicht.

Der Artikel »Hörerrabatt« ist irrefüh-rend, weil er im Präsens steht. Der Hinweis fehlt, dass das Buchpreisbindungsgesetz einen Hörerrabatt nicht mehr vorsieht. Im Artikel »Buchpreisbindung« fehlt die Aus-sage, dass unter das angesprochene Preis-bindungsgesetz fremdsprachige Bücher nur dann fallen, wenn sie überwiegend für den Absatz in Deutschland bestimmt sind, womit die englischsprachige Buchproduk-tion der deutschen Wissenschaftsverlage aus der Preisbindung herausfällt.

Überraschend heißt es in dem Arti-kel: »Die individuelle Durchführung der Preisbindung beruht auf schriftlichen Verträgen zwischen dem preisbindenden Verlag einerseits und dem gebundenen Händler andererseits, die handschriftlich unterzeichnet werden müssen.« (Seite 100) Vielleicht ist den Autoren hier eine Aussage über das bei Zeitschriften weiter geltende Reverssystem in den Artikel über die Buchpreisbindung hineingerutscht – oder handelt es sich einfach um eine fal-sche Aussage, da aufgrund des Buchpreis-bindungsgesetzes das Reverssystem für Bücher entfallen ist?

Ärger mit der Statistik

»Brotschrift« sei eine Schrift von fünf bis zehn Punkt – in allen anderen Lexika und Fachbüchern wird Brotschrift etwas grö-ßer defi niert. Der Artikel »Bibliothekssta-tistik« beginnt mit dem Gedanken, dass jede »Öff entliche Bibliothek« ein Interes-se an Erfolgsmessung haben müsse. Der Artikel »Öff entliche Bibliothek« defi niert diese richtig als Bibliothek für die Allge-meinheit, sodass man sich fragt, ob wis-senschaftliche Bibliotheken kein Interesse an Bibliotheksstatistik haben.

Aber im Fortgang des Artikels »Öf-fentliche Bibliothek« erfährt man, dass auch wissenschaftliche Bibliotheken in ir-gendeiner Bedeutung des Wortes »öff ent-lich« sind, und im Artikel »Bibliotheks-

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statistik« heißt es schließlich, dass die »Öff entlichen Bibliotheken« gegenüber den wissenschaftlichen Bibliotheken eine vereinfachte Version der Bibliotheksstatis-tik führen.

Das alles bleibt also höchst verworren. Und wenn dann weiter gesagt wird, dass der Inhalt der Deutschen Bibliothekssta-tistik nach der Norm EN ISO 2789 fest-gelegt ist, dann ist das einfach falsch, denn die Gremien arbeiten gerade erst an einer Anpassung der DBS an die Norm.

Sprachliche Unschärfen

Die vierte Unzulänglichkeit sind durch-gehende sprachliche Mängel und Mängel in der Stoff präsentation. So wird im Arti-kel »Buchwissenschaft« eine Aufzählung der Th emen dieser Disziplin durch den Hinweis unterbrochen, dass die Medien-stiftung der Sparkasse Leipzig zusammen mit der Universität Leipzig einen »Förder-preis Buchwissenschaft« vergibt. Symp-tomatisch für sprachliche Unschärfen ist die Verwendung von »Schmutztitel« in der Bedeutung von »Schmutztitelblatt« oder die umgangssprachliche Formu-lierung im Artikel »Bücherfl uch«: »[…] werden ihm alle möglichen Strafen an-gedroht« (Seite 88); gemeint ist natürlich nicht »alle möglichen«, sondern »die ver-schiedensten«.

Typisch für die zahllosen Ungenau-igkeiten, bei denen man nicht weiß, ob es bloß sprachliche Nachlässigkeiten oder sachliche Mängel sind, ist folgen-der Zusammenhang: »Indexierung« wird defi niert als »Inhaltserschließung von Tex-ten«, während im Artikel »Inhaltserschlie-ßung« nicht »Texte«, sondern »Dokumen-te« erschlossen werden, und im Artikel »Dokument« ist auch von multimedialen Dokumenten die Rede – werden bei die-sen also nur die Textanteile inhaltlich er-schlossen?

Im Artikel »Honorar« heißt es: »Das Übersetzerhonorar, das bei deutschen Erstausgaben und fremdsprachigen Origi-nalausgaben [!?] anfällt, wird meist eben-falls in Form eines Pauschalhonorars ge-zahlt, wobei der Übersetzer einen Festbe-trag pro Normseite erhält. Üblich ist auch eine sogenannte Bestsellerbeteiligung bei besonders erfolgreichen Titeln. Die Ho-norarsätze bewegen sich zwischen […]« (Seite 218). Die Bestsellerbeteiligung be-zieht sich nicht auf das Übersetzerhonorar, sondern auf die im Satz davor angespro-chenen Autorenhonorare. Ein Hinweis auf rechtliche Regelungen (»angemessene Vergütung« nach § 32 UrhG) fehlt. Am Rande: Der extensive Gebrauch des über-

fl üssigen »sogenannt« hebt die Qualität des Lexikons nicht. Und Literaturangaben fehlen.

Insgesamt liegt hier eine über 470 Sei-ten umfassende, schlecht durchgearbeitete und oft nicht verlässliche Kompilation von Wissenssplittern vor (bis hin zu »Beat«, eine von der Uhrenfi rma Swatch erfunde-ne Zeiteinheit als Taktgeber im WWW, oder im Artikel »Medien« eine bezugs- und beziehungslose Zusammenstellung von Einzelaussagen), die unter nicht ganz einsichtigen Kriterien zusammengestellt wurden.

Dennoch muss der Versuch anerkannt werden, ein modernes, handliches Lexikon herauszubringen, das der internetbasierten Konvergenz bisher getrennter Bereiche Rechnung tragen will.

Konrad Umlauf

Neue Fachliteratur

Neue Fachliteratur

Gemeinsam in der Sprache baden: Fami-ly Literacy. Internationale Konzepte zur familienorientierten Schriftsprachförde-rung. Textband. [Landesinstitut für Leh-rerbildung und Schulentwicklung und UNESCO-Institut für Lebenslanges Ler-nen]. Hrsg. von Maren Elfert und Gabri-ele Rabkin. Stuttgart [u.a.]: Ernst-Klett-Sprachen, 2007. 140 Seiten. – broschiert 14,80 Euro

IFLA Library Building Guidelines: Deve-lopments & Refl ections. Edited on behalf of IFLA by Karen Latimer and Hellen Niegaard. München: Saur, 2007. 266 Sei-ten: Illustrationen, grafi sche Darstellun-gen. – gebunden 58,– Euro

Informationsinfrastrukturen im Wandel. Informationsmanagement an deutschen Universitäten = Changing Infrastructures für Academic Services. Information Ma-nagement in German Universities. [Deut-sche Initiative für Netzwerkinformation e.V.]. Herausgegeben von Andreas Degk-witz und Peter Schirmbacher. Mit einem Vorwort von Sabine Wefers. Bad Honnef: Bock + Herchen, 2007. 383 Seiten: gra-fi sche Darstellungen. – broschiert 24,90 Euro

Jochum, Uwe: Kleine Bibliotheksge-schichte. 3., verbesserte und erweiterte Aufl age. Stuttgart: Reclam, 2007 (Uni-versal-Bibliothek; 17667). 280 Seiten. – broschiert 6,80 Euro

Neue Impulse der Bilderbuchforschung. Wissenschaftliche Tagung der Forschungs-stelle Kinder- und Jugendliteratur der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg 13.–15. September 2006. Herausgegeben von Jens Th iele. 1. Aufl age. Baltmannsweiler : Schneider Hohengehren, 2007. 185 Sei-ten: zahlreiche Illustrationen, grafi sche Darstellungen. – broschiert 18,– Euro

Plieninger, Jürgen, Edlef Stabenau: So-ziale Software nutzen. Berufsverband Information Bibliothek e.V., OPL-Kom-mission. [Reutlingen]: BIB, 2007 (Check-listen; 22). 32 Seiten: Illustrationen, gra-fi sche Darstellungen. – kostenlos online unter www.bib-info.de/komm/kopl/pub/check22.pdf

Ruppelt, Georg: Buch- und Bibliotheksgeschichte(n). Hildesheim: Olms, 2007. 229 Seiten. – broschiert 19,80 Euro

Stoye, Guido; Tina Schönfelder: BibLibido – eine Liebeserklärung für Bibliothekare. Nach einer Idee von Andrea Nikolaizig. Berlin: BibSpider, 2007. 137 Seiten. – bro-schiert 15,- Euro

Teaching Library – eine Kernaufgabe für Bibliotheken. Ute Krauß-Leichert (Hrsg.). Frankfurt (Main) [u.a.]: Lang, 2007. – 189 Seiten: Illustrationen, grafi sche Darstel-lungen. – broschiert 29,80 Euro

Weber, Stefan: Das Google-Copy-Paste-Syndrom. Wie Netzplagiate Ausbildung und Wissen gefährden. 1. Aufl age. Han-nover: Heise, 2007 (Telepolis). V, 159 Sei-ten: Illustrationen. – broschiert 16,– Euro

Zugang für alle – soziale Bibliotheksar-beit in Deutschland. Herausgegeben von Ben Kaden und Maxi Kindling. Berlin: BibSpider, 2007. 273 Seiten. – broschiert 30,– Euro

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Aus den Kommissionen

Kommission für Ausbildung und Berufsbilder:

Planungen für Bibliothekartag Mannheim 2008 und mehr…

Ende Juli 2007 fand in Frankfurt am Main in den Räumen der Deutschen Nati-onalbibliothek die erste Sitzung der Kom-mission für Ausbildung und Berufsbilder (KAuB) in Anwesenheit des BIB-Ge-schäftsführers Michael Reisser statt.

Von den designierten Mitgliedern nahmen Claudia Hartmann (Technische Informationsbibliothek und Universi-tätsbibliothek Hannover), Heike Kamp (Staats- und Universitätsbibliothek Bre-men), Susanne Taege (Landesfachstelle für Archive und öff entliche Bibliotheken Potsdam), Christa Meyer (IBIT Informa-tions-, Bibliotheks-und IT-Dienste der CvO-Universität Oldenburg) sowie Ka-rin Holste-Flinspach (Stauff enbergschule Frankfurt/Main, Vorsitzende) teil.

Verhindert waren Cornelia Awenius (Universitätsbibliothek Mainz), Dorothee Dürsch (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Nürnberg), Sandra Schütte (Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin) und Wiltraut Zick (Oberstufenzentrum Bürowirtschaft und Verwaltung Berlin; stellvertretende Vor-sitzende).1

Bewährte Angebote weiterführen

Nach Begrüßung und kurzer Vorstel-lungsrunde mit Angabe besonderer Inte-ressen oder bevorzugt zu übernehmender Aufgabengebiete war der Arbeitstag den künftigen Aufgabenschwerpunkten der Kommission gewidmet. Letztere standen auch im Mittelpunkt der zweiten Kom-missionssitzung Ende August in Hanno-ver.

So wird die Kommission für Ausbil-dung und Berufsbilder bewährte Projekte und Veranstaltungen der Vorgängerkom-missionen2 weiterführen, unter anderem die Ausbildungs- und Praktikumsdaten-bank DAPS (www.bib-info.de/daps), das »Innovationsforum« und weitere Aktivitä-ten auf den jährlich stattfi ndenden Biblio-thekartagen sowie die erarbeiteten Mate-rialien der Vorgängerkommission KIFA

(Kommission zur Information von FaMIs und Assistenten).

In Bezug auf den Internet- und Intrane-tauftritt sollen unter anderem die von der KIFA begonnene Linkliste zum Berufsfeld Fachangestellte, die FaMI-Literaturliste und vor allem die Ausbildungs- und Prak-tikumsdatenbank DAPS (Datenbank der Ausbildungsstätten, Praktikumsstellen und Studienmöglichkeiten) weitergeführt werden. Die Download-Möglichkeiten der ehemaligen KIFA-Materialien bleiben ebenfalls erhalten.

Bibliothekartag Mannheim 2008

Für den nächsten Bibliothekartag 2008 in Mannheim ist zum einen die Fortfüh-rung des bislang von der zwischenzeitlich aufgelösten Kommission für Aus- und Fortbildung (KAuF) durchgeführten In-novationsforums geplant3, die »Start-Up-Veranstaltung« (Vorstellung neuer und alternativer Beschäftigungsfelder) soll in eventuell veränderter Form im Zweijah-resrhythmus (beginnend 2009) angeboten werden.

Des Weiteren ist ein Angebot zum 10-jährigen Jubiläum des FaMI-Berufes vor-gesehen. Im Rahmen des Th emenkomple-xes »Wer bewegt das Wissen? – Die neuen Akteure der Informationswelt« sollen nach einem kurzen Abriss über die Entstehung, derzeitige Situation und Zukunftsaussich-ten des FaMI, externe Referenten über ih-ren berufl ichen Werdegang und ihre der-zeitige Tätigkeit berichten. Außerdem soll unter Mitwirkung von FaMI-Berufsschul-klassen eine Mini-Festschrift und gegebe-nenfalls ein Projekt wie beispielsweise eine Posterpräsentation initiiert werden.

Grundsätzlich konnte bei den Anwe-senden Einvernehmen darüber erzielt werden, dass die Ausbildungskommission versuchen wird, möglichst alle Ausbil-dungs- und Studiengänge angemessen zu

berücksichtigen. So ist für die Praktika von Bachelor- und Masterstudiengängen die Erstellung eines Praktikumsleitfadens ebenso geplant wie eine Zusammenstel-lung der rechtlichen Rahmenbedingungen und möglichen Wege einer Umschulungs-ausbildung zum FaMI sowie der Teilnah-memöglichkeiten an Externenprüfungen. Außerdem wird sich die Kommission mit der angedachten Öff nung der Hochschu-len mittels berufsbegleitenden Fernstudi-enangeboten für die Zielgruppe der FaMis beschäftigen.

Ansprechpartnerinnen für Studium und Ausbildung

Die Hochschulen in Stuttgart und Köln werden aktuell von Mitgliedern im Bun-desvorstand betreut. Zum besseren Über-blick über die in starkem Wandel begrif-fenen Studienangebote wurden die nicht durch Vertreterinnen im Bundesvorstand des BIB abgedeckten Hochschulen vorläu-fi g wie folgt auf die Kommissionsmitglie-der verteilt:– Hannover: Claudia Hartmann– Leipzig und Potsdam: Susanne Taege– Hamburg: Heike Kamp und Christa

Meyer– Berlin: Wiltraut Zick und Sandra

Schütte– Darmstadt-Dieburg: Karin Holste-

Flinspach.Eine ähnliche Aufteilung gilt für die Bun-desländer und den dort gegebenenfalls auftretenden Informationsbedarf:– Brandenburg, Mecklenburg-Vorpom-

mern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Th ü-ringen: Susanne Taege

– Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein: Heike Kamp und Christa Meyer

– Berlin: Wiltraut Zick und Sandra Schütte

– Nordrhein-Westfalen: Claudia Hart-mann

– Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg: Karin Holste-Flinspach

– Bayern: Karin Holste-Flinspach und Dorothee Dürsch.

Publikation zum Berufsbild geplant

Ein weiteres Arbeitsvorhaben betriff t ei-nen Einleger voraussichtlich zunächst im Juniheft 2008 von BuB, zeitgleich oder später auch als Broschüre, mit einem Überblick über im Berufsverband vertre-tenen Berufe.

Das Konzept für die Broschüre wurde von der Geschäftsstelle und BuB-Redakti-

1 Kontaktdaten der einzelnen Mitglieder sie-he www.bib-info.de/komm/kab; siehe auch die Kurzvorstellung der Kommission in BuB Heft 9/2007, S. 673.

2 Dazu gehören insbesondere die zum 30. Juni 2007 aufgelöste Kommission für Aus- und Fortbildung (KAuF) und die ebenfalls aufge-löste Kommission für FaMIs und Assistenten (KIFA). Deren Aufgaben haben seit 1. Juli mit einem veränderten Kompetenzzuschnitt die neue Kommission für Fortbildung (Fobi-Kom) und die hier beschriebene neue Kom-mission für Ausbildung und Berufsbilder (KAuB) übernommen; zur Neuausrichtung der Kommissionsarbeit im Berufsverband sie-he BuB Heft 2/2007, S. 131/132.

3 Ein entsprechender Call for Papers ist erfolgt, siehe BuB Heft 10/2007, S. 698.

Aus den Kommissionen

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Kommission für Fortbildung:

»Rent-a-Fobi« – ein Basisangebot der neuen Fortbildungskommission

Eine der Aufgaben der neuen Kommission für Fortbildung (FobiKom) ist es, Emp-fehlungen für Fortbildungsveranstalter/innen zu geben. Das beginnt mit der Aus-wahl des Angebots und endet (noch lange nicht) mit der Evaluation der jeweiligen Fort- und Weiterbildungsmaßnahme.

Um beispielsweise die Th emenauswahl zu erleichtern, bietet die FobiKom den Anbieter(inne)n verschiedene Informatio-nen und Aktionen an. Für die Zukunft ist geplant, Fortbildungstrends zu ermitteln und Bedarfserhebungen durchzuführen.

Kernstück »Themenempfehlung«

Eine Dienstleistung, die bereits jetzt schon allen zur Verfügung steht, ist unser Basis-angebot »Rent-a-Fobi«. Es besteht aus

einem ausgearbeiteten Fortbildungsthe-ma mit Referentenvorschlägen plus einer Toolbox mit Arbeitshilfen für die Veran-staltungsarbeit. Die Vermittlung und dir Toolbox sind für BIB-Mitglieder kosten-los. Sie melden sich bei Kommissions-mitglied Ursula Stolarski ([email protected]). BIB-Externe leisten einen freiwilligen Beitrag; Infos bei der Kommissionsvorsitzenden Ilona Munique ([email protected]).

Das Kernstück von »Rent-a-Fobi« ist eine Empfehlung zu einem nach bestimm-ten Kriterien ausgewählten Th ema. Für die Saison 2007/2008 ist dies zunächst das Th ema »Web 2.0«. Dazu sind konkrete In-halte festgelegt und (unverbindlich) eine Vor-Auswahl von Referentinnen und Re-ferenten beziehungsweise Vortragenden getroff en. Die notwendigen Rahmenbe-dingungen (voraussichtliche Honorarkos-ten, Dauer der Veranstaltung, erforder-licher Geräteeinsatz, Raumausstattung etc.) sind ebenfalls aufgelistet. So kann jede/r sofort überprüfen, ob die Buchung für sie oder ihn sowohl fi nanziell als auch organisatorisch infrage kommt.

FobiKom-Toolbox mit Arbeitshilfen

Ergänzend zu den ausgearbeiteten Th e-menempfehlungen, bietet die FobiKom verschiedene Arbeitshilfen an, die die Veranstaltungsarbeit unterstützen. Die Toolbox ist derzeit im Aufbau begriff en und wird fortlaufend ergänzt. Vorgese-hen sind unter anderem Mustervorlagen wie Angebots- und Rechnungsvordrucke, Teilnehmerbestätigungen oder Check-listen zur reibungslosen Durchführung der Veranstaltung sowie Informationen und Fragebögen zur Evaluation.

Die Arbeitshilfen können je nach in-dividuellem Bedarf über die FobiKom-Mitglieder angefordert werden. (Noch-)Nicht-Verbandsmitglieder, die sich für die Arbeitshilfen interessieren, melden sich bei der Vorsitzenden Ilona Munique.

Die Einladung an Teilnehmende sowie die Durchführung vor Ort kann die Fo-biKom personell leider nicht leisten. Die Buchung von Räumen und Geräten oder der gastronomische Teil muss von den Anbieter(inne)n selbst organisiert werden. Doch auch hierzu geben wir Tipps und In-formationen und stehen beratend bei.

Letztendlich soll mit diesem Basisange-bot das Qualitätsmanagement von Fortbil-dungsangeboten verbessert und gefördert werden. Gerade die Arbeitsmittel wirken beispielgebend, wie eine Veranstaltung optimiert und professionell organisiert werden kann.

Die Mitwirkenden in der Kommission für Fortbildung sind (Stand Juli 2007):

– Ulrike Kraß (Stadtbibliothek Frei-burg)

– Sonja Lebert (FH Würzburg/Schwein-furt)

– Ilona Munique (Wega-Team, Stutt-gart)

– Andrea Osterode (DBV-Geschäftsstel-le, Berlin)

– Ursula Stolarski (Staats- und Universi-tätsbibliothek Göttingen) sowie

– Nicole Weigand (Staatsbibliothek Ber-lin).

Ilona Munique,FobiKom-Vorsitzende

BIB-Kommission für Ausbildung und Berufsbilder (KAuB)

Kontakt: Karin Holste-Flinspach (Vorsitzende)c/o StauffenbergschuleArnsburger Straße 44, D-60385 Frankfurt (Main)Telefon 069/21 23-52 74 (Schulsekretariat)[email protected]

on erarbeitet und sieht vor, dass Redaktion und Geschäfsstelle in Abstimmung mit der Kommission sechs bis acht persönliche Porträts erstellen, die stellvertretend das Spektrum der Berufe und Tätigkeitsfelder im Bibliotheks- und Informationssektor widerspiegeln. Die Kommission ihrerseits liefert eine ergänzende kursorische Über-sicht aktueller Ausbildungs- und Studien-möglichkeiten (Text und Tabellen).

Die nächste Arbeitssitzung der Aus-bildungskommission ist für Mitte Januar 2008 in Berlin geplant, Anregungen und Hilfestellungen sind selbstverständlich herzlich willkommen.

Karin Holste-Flinspach,KAuB-Vorsitzende

BIB-Kommission für Fortbildung

Kontakt: Ilona Munique (Vorsitzende)c/o Das WEGA-Team Spemannstraße 23, D-70186 StuttgartTelefon 07 11/42 07 09-62Telefax 07 11/42 07 [email protected]

Aus den Landesgruppen

Landesgruppenwahlen 2007/2008:

Ergebnis der Wahl zum BIB-Lan-desvorstand Sachsen für die Jahre 2007 bis 2010

Nach Auszählung der Stimmen der Briefwahl durch den Wahlausschuss am 7. September 2007 in der Stadtbibliothek Grimma ergab sich für die Landesgruppe Sachsen folgendes Ergebnis: – Wahlberechtigte: 128– abgegebene Stimmzettel: 55– davon ungültig: 2– Wahlbeteiligung: 43,0 Prozent.

Aus den Landesgruppen

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Auf die Kandidatinnen und Kandidaten für den fünfköpfi gen Landesvorstand ent-fi elen die Stimmen wie folgt:– Kathrin Tittel (Stadtbibliothek Chem-

nitz): 48 Stimmen (gewählt) – Daniela Neumann (Bibliothek der

Handelshochschule Leipzig): 46 Stim-men (gewählt)

– Annelies Brockel (Stadtbibliothek Leipzig): 45 Stimmen (gewählt)

– Ute Blumtritt (UB der Technischen Universität Chemnitz): 41 Stimmen (gewählt)

Fortbildungstermine

April

Baden-Württemberg

»Quer durch die Bundesrepublik« (Frühjahrsexkursion)

Inhalt und Programm: Informa-tive Exkursion zu interessanten Bibliotheks(neu)bauten mit der BIB.Lan-desgruppe Baden-Württemberg nach Weimar, Cottbus und Guben� Donnerstag (3. April): Anreise nach Weimar, Check-in im Hotel, danach Führung durch Bauhausbibliothek� Freitag (4. April): Weiterfahrt nach Cottbus, Führung UB Cottbus, danach Cottbus »auf eigene Faust« oder Son-derprogramm� Samstag (5. April): Fahrt nach Gu-ben, Besichtigung der Stadtbibliothek, mittags Cottbus »auf eigene Faust« oder Sonderprogramm (Abendtref-fen mit den KollegInnen der besuchten Städte sind geplant).� Sonntag (6. April): Rückfahrt Leistungen: Busfahrt in modernem Rei-sebus, 3 Übernachtungen mit Frühstück und Bibliotheksführungen, Unterkunft in zentral gelegenen Hotels in Weimar und CottbusVeranstalter: BIB-Landesgruppe Baden-Württemberg Zielgruppe: alle interessierten Kolleg(inn)en Termin: Donnerstag, 3. bis Sonntag, 6. April 2008Treffpunkt: Karlsruhe, Busparkplatz auf der Rückseite des HauptbahnhofesKosten: Preise pro Person für BIB-Mit-glieder im Doppelzimmer 205 Euro (nur bei gleichzeitiger Anmeldung von 2 Per-sonen möglich) und im Einzelzimmer 245 Euro; Nicht-Mitglieder zahlen einen Aufpreis von 45 Euro auf die genann-ten PreiseTeilnehmerzahl: 22 (BIB-Mitglieder aus Baden-Württemberg haben Vorrang, Mitglieder aus anderen Bundesländern und Nicht-Mitglieder werden auf einer Warteliste erfasst) Verbindliche Anmeldung bis 31. De-zember bei Angela Gutjahr-Zipfel nur mit Anmeldeformular (formlos anfor-

Multimediale Einblicke in das Studio Dortmund des WDR bekamen 15 Biblio-thekarinnen und Bibliothekare aus ganz Nordrhein-Westfalen Mitte September in Dortmund, wo sie vor allem den Bereich »Dokumentation und Archivierung« ken-nenlernten.

Nach einem äußerst interessanten Vor-trag über die Arbeiten in diesem Bereich, den Claudia Reckruth als Leiterin des Ar-chivs mithilfe diverser technischer Unter-stützung (von PowerPoint über Hörbei-spiele bis zu Filmsequenzen) hielt, wurde die BIB-Besuchergruppe zunächst durch die Rund- und Hörfunkstudios geführt. So ergab sich auch die Gelegenheit, das Ende der Radiosendung »Zwischen Rhein und Weser« verfolgen zu können und von Re-gie und Moderator Matthias Bongard noch

einen Einblick in deren Tätigkeiten zu er-halten.

Anschließend zeigte uns die Kollegin die verschiedenen Archive für Ton-, Bild- und Printmaterialien. Hierbei erläuterte Reck-ruth die unterschiedlichen Datenträgerty-pen für Audio- und Videoformate und ging dabei insbesondere auf die Herausforde-rung ein, 50 Jahre altes Material zu verar-beiten und die Mediensammlung künftig mittels Digitalisierung anzubieten.

Nach fast drei Stunden endete unser Be-such. Es war ein gelungener und sehr inter-essanter Nachmittag, der nur leider zu kurz war, um das gesamte Spektrum der Arbeit beim WDR zu erfassen.

Andreas Graupp (UB Bielefeld),BIB-Web-Redaktion /

Foto: LG NW

– Katrin Gläßer (Sächsische Landesbib-liothek – Staats- und Universitätsbib-liothek Dresden): 41 Stimmen (ge-wählt).

Die genannten Kolleginnen haben schrift-lich die Annahme der Wahl erklärt. Auf der konstituierenden Sitzung wurde Kathrin Tittel zur Vorsitzenden der Lan-desgruppe gewählt.

Sybille Kutscher (Stadtbibliothek Grimma),

Vorsitzende des Wahlausschusses

Termine

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dern per Mail an [email protected], Telefon 07 21/48 34-70 oder Telefax -71)Besonderheiten: – Geben Sie bitte bei der Anmeldung unbedingt an, ob Sie Mitglied sind oder die Mitgliedschaft beantragt haben! Bitte auch die dienstliche und private Tel.-Nr. sowie E-Mail-Adresse angeben, damit Sie ggf. bei kurzfristigen Ände-rungen noch benachrichtigt werden können. – BIB-Mitglieder aus Baden-Württem-berg erhalten nach Eingang der Anmel-dung umgehend eine Buchungsbestä-tigung. Für die eventuellen Restplätze werden die Buchungsbestätigungen erst im Januar 2008 verschickt. Nach Erhalt dieser Buchungsbestätigung muss die Anzahlung von 70 Euro umgehend auf das BIB-Konto erfolgen. Die Buchung wird storniert und der Platz neu verge-ben, wenn die Anzahlung binnen 14 Ta-gen nach Versand der Buchungsbestäti-gung nicht auf dem Konto eingegangen ist.

BIB-Fortbildungen

Die aktuelle Gesamtübersicht der vom Berufsverband Information Bibliothek an-gebotenen Fortbildungsveranstaltungen sowie weitere Informationen und Links zur beruflichen Weiterbildung finden Sie auf der BIB-Website unter www.bib-info.de/event.htm. Fortbildungen anderer Anbie-ter sind in jeder BuB-Ausgabe im Hauptteil unter »Termine« aufgeführt.

Vorankündigung für den 11. BIB-Sommerkurs im August 2008 in Freiburg:

»Fordern und fördern: Mitar-beiterführung in Bibliotheken vor dem Hintergrund leistungs-bezogener Bezahlung«

Die Neuerungen in den neuen Tarifverträ-gen des öffentlichen Dienstes für Bund, Länder und Kommunen hinsichtlich der leis-tungsbezogenen Entgeltelemente sind An-lass für das Thema des Sommerkurses 2008, der vom 4. bis 8. August 2008 in Freiburg im Breisgau stattfinden wird. Inhalte und Programm: Schwerpunkte sind zum einen die Faktenübermittlung hinsicht-lich der Regelungen, die TVöD und TV-L vorsehen. Neben der Erarbeitung der the-oretischen Grundlagen von Zielvereinba-rungen und systematischer Leistungsbe-wertung sollen praktische Übungen beim Führen von Zielvereinbarungs- und Beurtei-lungsgesprächen im Zentrum der gemeinsa-men Arbeitswoche stehen. Weitere Inhal-te sind die Vorstellung und Diskussion von

Modellen zur Einführung und Umsetzung leistungsorientierten Entgelts, die in Biblio-theken unterschiedlicher Trägerschaft be-reits umgesetzt werden. Zielgruppe: Angesprochen sind alle Mitar-beiter/innen in Bibliotheken einschließlich Führungskräfte sowie mit Personalangele-genheiten betraute KollegInnen. Rahmenprogramm und Exkursionen: Ar-beiten, wo andere Urlaub machen: Freiburg bietet den idealen Rahmen für konzentrier-tes und gleichzeitig entspanntes Lernen. Am traditionellen Best-Practice-Tag geht es ab ins Elsass zu bibliothekarischen und kultu-rellen Highlights. Weitere Informationen: In BuB Heft 2/2008 wird die detaillierte Ausschreibung mit An-gabe der Kosten und des Programmablaufs veröffentlicht. Informationen erhalten sie bereits jetzt unter [email protected]. Die BIB-Kommission für Fortbildung wird bei der Bundeszentrale für politische Bildung die Anerkennung der Förderungs-würdigkeit des Sommerkurses als eine po-litische Bildungsveranstaltung zur nachfol-genden Gewährung von Bildungsurlaub be-antragen.

Ulrike Kraß und Nicole Weigand,Mitglieder der Kommission für Fortbildung

– Für die Busfahrt und die gebuchten Hotelübernachtungen erhalten Sie ei-nen Reisesicherungsschein. Für alle wei-teren Reisebausteine besteht ein Haf-tungsausschluss. – Bei Rücktritt wird eine Stornierungs-gebühr fällig (bis 15. Januar 2008: 70 Euro, bis 29. Februar 2008: 150 Euro; danach ist der volle Reisepreis zu zah-len). Wir empfehlen daher, eine Reise-rücktrittsversicherung abzuschließen.

Mitglieder

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Impressum »Aus dem Berufsverband«

Herausgeber: BIB . Berufsverband Information Bibliothek e.V., Postfach 13 24, 72703 Reutlingen

Redaktion: Jörg Sämann, Stadtbibliothek Merzig,Hochwaldstraße 47, 66663 MerzigTelefon 0 68 61/79 06-92/-93Telefax 0 68 61/79 [email protected]

Redaktionsschluss für Verbandsmitteilungen BuB Heft 1/2008: 16. November

Mitglieder

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Summary of the Main Articles

Programming Every Channel / How Munich’s Ludwig Maximilian University is Develo-ping into a Teaching Library (André Schüller-Zwierlein) (pp. 788–793)

The European higher education area (EHEA) with its new Bachelor and Master programs is experiencing rapid development, and increa-singly becoming electronic educational area. The cycle of innovations in research methods is getting shorter and shorter, and teaching information competency is getting more and more important. Training sessions being gi-ven under the general keyword of »teaching library« are increasingly seen as a core task in many academic library systems. Munich’s Ludwig Maximilian University is one of the largest German universities and one of the three most successful universities under the German government’s program for academic excellence at the institutional level. Its uni-versity library is tasked with administering the extensive training courses for information

competency. The multifaceted tutoring ses-sions and units for e-learning are conducted according to the principle that »information competency can’t be learned, it must be ac-quired by doing«. In the coming years courses will be expanded and further developed; in-creasingly student multipliers will be trained to act as intermediaries. The most important portal for information competency in Germa-ny can be found online at www.informati-onkompetenz.de

African Drum Rolls and a Drumbeat from the U.S.A. / The IFLA World Congress in Durban (Bernd Schleh) (pp. 820–825)

For five days this past August at the 73rd IFLA World Congress in Durban, South Afri-ca, 3,100 librarians and information specia-lists from 120 countries discussed issues along the entire range of the profession, from social library work to cataloging to digitalization. Over and above this, there was an increase in the number of politically related topics: in-digenous knowledge, the digital divide, cor-ruption and AIDS. In Black Africa there are 38.6 million people infected with AIDS and in South Africa alone 1,000 people die every day from this immune deficiency disease. Libraries can make an important contribution to public

awareness here. There was also open discus-sion about other African problems, first and foremost being the literary and linguistic he-teronomy throughout the continent.

As part of the social program the delegates experienced rousing African drumming. But in the end the most resounding drumbeat came from the U.S. when it was announced that the Bill and Melinda Gates Foundation would donate one million dollars to the worldwide library professional organization IFLA. In re-sponse to this most welcome support for the efforts of the newly installed German presi-dent of IFLA, Claudia Lux, she stated: »We will invest these funds strictly in accordance with the guidelines of the Gates Foundation and thereby promote awareness for the signi-ficance of libraries in the development of the information society.«

In other words, she plans to push forward lobby efforts on behalf of libraries. This decisi-on underlines the trend already set in previous IFLA congresses and now in full evidence at the Durban gathering. The IFLA has transfor-med itself from an international professional organization devoted primarily to the discus-sion of professional matters to an organizati-on concerned about their wider socio-political implications.

Translated by Martha Baker

Résumé des principaux articles

Envoyer sur tous les réseaux / Comment la bibliothèque de l‘université Ludwig-Maxi-milian se transforme en »teaching-library« (André Schüller-Zwierlein) (pp. 788–793)

Le monde européen de l‘enseignement supé-rieur avec ses cursus LMD, se développe rapi-dement. Les supports de la recherche se mo-difient en des cycles d‘innovation de plus en plus courts, la transmission de compétences d‘information (IK) devient de plus en plus en plus importante. De plus en plus, les forma-tions en rapport avec ces compétences devi-ennent la mission fondamentale dans beau-coup de bibliothèques universitaires.

L‘université Ludwig-Maximilian de Mu-nich est l‘une des plus grandes universités d‘Allemagne. Elle fait partie des trois univer-sités qui sont arrivées en tête au classement d‘excellence du gouvernement allemand. La bibliothèque universitaire y est responsable des formations complètes à l‘IK.

Les nombreuses actions de tutorat et d‘E-learning se développent d‘après le slo-

gan: »on ne peut pas apprendre l‘IK, il faut l‘expérimenter«. Dans les années à venir l‘offre d‘E-learning doit être étendue encore. Et à l‘avenir, on formera de plus en plus des étudiants en tant que médiateurs. La plate-forme de »teaching-library« la plus importan-te en Allemagne peut être consultée en ligne à l‘adresse suivante: www.informationskom-petenz.de.

Roulements de tambours africains et coup de timbale en provenance des Etats-Unis / Le congrès mondial de l‘IFLA à Durban (Bernd Schleh) (pp. 820–825)

En Août, au 73ème congrès mondial de l‘IFLA à Durban (Afrique du Sud), 3 100 bibliothé-caires et spécialistes de l‘information, is-sus de 120 pays, ont discuté pendant 5 jours du spectre complet des thèmes profession-nels allant du travail social en bibliothèque, en passant par les questions de catalogage, jusqu‘aux problèmes de numérisation. Plu-sieurs thématiques politiques étaient aussi à l‘ordre du jour: le savoir indigène, la fractu-re numérique, la corruption et le SIDA – en Afrique noire 38,6 millions de personnes sont contaminées, et dans la seule Afrique du sud 1 000 personnes meurent chaque jour de cet-te maladie. Les bibliothèques peuvent ici con-tribuer activement à l‘information préventi-

ve. D‘autres problèmes africains ont été ab-ordés ouvertement, notamment l‘influence étrangère prédominante dans les langues et la littérature au sein du continent.

Le programme d‘accompagnement du con-grès proposait la musique passionnante des tambours africains, mais le coup de cimbale déterminant est arrivé des Etats-Unis. La fon-dation »Bill et Melinda Gates« a offert 1 mil-lion de dollars au regroupement mondial des bibliothèques et des assoications de bibliothé-caires, IFLA. Voilà un soutien bienvenu pour le travail de la nouvelle présidente allemande de l‘IFLA, Claudia Lux. Elle dit: »nous utiliserons l‘argent dans la fidélité stricte aux demandes de la fondation Gates, c‘est à dire pour pro-mouvoir la conscience de l‘importance des bi-bliothèques dans le développement de la so-ciété de l‘information.«

En d‘autres termes: Le travail de lobbying pour les bibliothèques va être intensifié. La décision confirme les tendances des congrès précédents de l‘IFLA et celles qui se sont plei-nement exprimées à Durban, à savoir que l‘IFLA a évolué vers une organisation qui re-vendique un engagement socio-politique, alors qu‘à l‘origine elle était le représentation internationale d‘un corps de métier, au sein de laquelle les bibliothécaires discutaient essen-tiellement de questions professionnelles.

Traduit par Suzanne Rousselot