kulinarik | gastroführer gaultmillau 2021 – oberwallis

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WALLIS 12 Walliser Bote Freitag, 20. November 2020 Vorzüglich. Mit solch lautmalerischen Gerichten hat sich Marko Merker von der Mühle in Geschinen 14 Punkte im GaultMillau 2021 erkocht. FOTOS ZVG Kulinarik | Gastroführer GaultMillau 2021 – Oberwallis weiterhin top Essen wie Gott im Oberwallis OBERWALLIS | Die Oberwal- liser Gastronomiebetrie- be schneiden im neuen GaultMillau 2021 einmal mehr sehr gut ab. Philly- ra Bund vom Hotel zur alten Gasse in Bellwald und Marko Merker von der Mühle in Geschinen konnten jeweils einen Punkt dazugewinnen. Und haben gar noch Potenzial für mehr. MARTIN KALBERMATTEN Ein 18-Punkte-Lokal im Ober- wallis gibt es seit dem Wegzug von Markus Neff aus Saas-Fee indessen keines mehr. Die Oberwalliser Spitzengastrono- mie mit jeweils 17 Punkten ist fortan in Zermatt zu finden; bei Ivo Adam und Florian Neubau- er im After Seven sowie bei An- drea Migliaccio und Giovanni Bavuso im Capri. Letzteres wur- de bei der Wertung in eine Klammer gesetzt (siehe Grafik), weil es diese Saison laut Gault- Millau nicht geöffnet hat. Auch aus gesamtkantona- ler Sicht ist die Speerspitze der Walliser Gourmetküche etwas stumpfer geworden, nachdem der geniale 19-Punkte-Koch Di- dier de Courten sein Gourmet- restaurant in Siders geschlos- sen hat. So führt jetzt Franck Reynaud von der Hostellerie du Pas-de-l’Ours in Crans-Montana als einziger Betrieb mit 18 Punkten die Riege der Sterne- köche im Rhonetal an. Schüler wird zum Meister Dies soll jedoch die starken Leistungen der Oberwalliser GaultMillau-Betriebe nicht trü- ben. Davon zeugen denn auch die drei Neueinsteiger im Gas- troführer. Während Philipp Höppler und Timo Zimmer vom Restaurant Cäsar Ritz in Saas-Fee sowie Heinz Rufibach von der Lusi Brasserie & Lounge in Zermatt mit je 13 Punkten im neuen GaultMillau zu fin- den sind, stieg Reinhold Wro- bel vom Restaurant Saveurs gleich mit 14 Punkten ein. Unterdessen konnten Marko Merker von der Mühle in Ge- schinen und Phillyra Bund vom Hotel zur Alten Gasse in Bell- wald ihre Punktezahl jeweils von 13 auf 14 erhöhen. Marko Merker findet in der idyllischen Gommer Mühle je länger, je mehr eine eigene Handschrift und emanzipiert sich damit Schritt für Schritt von seinem Lehrmeister Klaus Leuenberger, hält GaultMillau fest: «Wir wurden schon vom ersten Gang positiv überrascht: Ein Rindstatar, das rauchend unter einer Glasglocke hervor- gezaubert wurde, war wunder- bar schmackhaft und erhielt dank einem Schuss Kräuter- schnaps eine unverwechselba- re Note. Makellos kam der zar- te Coq au vin an Weisswein- sauce mit einer blauen Kartof- fel und knackigem Gemüse auf den Tisch. Dann überzeugte das Zweierlei vom Weiderind: das zarte Geschmorte auch dank tiefer Sauce, das vorzüg- liche Filet auch dank der Mari- nade aus einer Kräutermi- schung.» Nur die Gnocchi hät- ten enttäuscht – vom angekün- digten Brennnesselaroma habe man nichts gespürt, kritisiert der Gastroführer. Ferner habe das Millefeuille zwar nur aus zwei knusprigen Blätterteig- blättern bestanden – diese ge- nügten aber, um mit der wür- zigen Minzencreme dazwi- schen einen gekonnten Schluss- punkt zu setzen. Der 46-jährige Merker ist Quereinsteiger und hat seine Ausbildung zum Koch erst als Erwachsener gemacht. Zu sei- nem 14. Punkt sagt er auf An- frage: «Es ist mein erster 14. Punkt, den ich alleine geholt habe. Zuvor kochte ich unter meinem Ausbildner Klaus Leu- enberger. Von daher ist das jetzt schon eine spezielle Freu- de für mich.» Auf die Punkte versteifen möchte sich Merker aber nicht: «Das Wichtigste ist, dass die Gäste zufrieden sind. Ich koche für die Gäste. Wenn da- bei was punktemässig rauss- pringt, ist das sicher gut. Aber es wäre jetzt auch kein Welt- untergang, wenn man nicht aufsteigen würde oder im schlimmsten Fall einen Punkt abgeben müsste.» Neues aus der Alten Gasse Nach einigen Wechseln im Ho- tel zur Alten Gasse in Bellwald steht dort jetzt die ehemalige Souschefin Phillyra Bund in der Verantwortung. Sie hat die Karte nur leicht modifiziert, trotzdem ist aber ein Hauch von Aufbruch zu spüren, attes- tiert der GaultMillau: «Den Start machte ein profaner sommerlicher Blattsalat, aber die Chefin bot dazu drei aus- gezeichnete Dressings zur Wahl. Ambitionierter war der feine, hausgebeizte Lachs auf einem asiatisch marinierten Fenchelsalat mit Randenqui- noa. Zürcher Geschnetzeltes muss in einem Schweizer Tou- rismusgebiet wohl sein – wenn es aber so hervorragend ge- macht ist wie hier, haben wir nichts dagegen einzuwenden. Ausgezeichnet schmeckte auch das klassische Suprême vom Alpstein-Poulet mit Marktgemüse.» Und dass es die junge Köchin beim Süssen ebenfalls könne, habe schliess- lich auch der Marillenknödel mit knusprigem Röster als Re- ferenz an ihre österreichische Grossmutter bewiesen. Für Roger Geissberger, Be- sitzer der Alten Gasse, kommt der 14. Punkt wenig überra- schend, wie er auf Anfrage sagt: «Obwohl Bund mit 26 Jahren noch sehr jung ist, habe ich ihr die Chance zur Küchen- chefin gegeben. Weil ich ge- merkt habe, dass sie eine Be- sessene ist. Aus meiner Sicht bietet sie die beste Küche, die wir in den letzten vier Jahren hatten. Deshalb habe ich schon gehofft, dass es auf 14 Punkte raufgeht, zumal wir in der Al- ten Gasse immer zwischen 13 und 15 Punkten hatten.» Auf die Frage, wie weit die Reise mit der talentier- ten Jungköchin gehen wird, sagt Geissberger: «Ich denke, Bund hat durchaus das Po- tenzial, um bei uns 15 Punkte zu erreichen. Darüber hinaus wird es schwierig. Wir sind in Bellwald und nicht in Zer- matt. 16 und mehr Punkte wä- ren zu kompliziert, 15 für uns ideal.» GRAFIK ZVG Könner. Phillyra Bund und Marko Merker: Die beiden Oberwalliser Aufsteiger im GaultMillau 2021.

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Page 1: Kulinarik | Gastroführer GaultMillau 2021 – Oberwallis

WALLIS12 Walliser BoteFreitag, 20. November 2020

Vorzüglich. Mit solch lautmalerischen Gerichten hat sich Marko Merker von der Mühle in Geschinen 14 Punkte im GaultMillau 2021 erkocht. FOTOS ZVG

Kulinarik | Gastroführer GaultMillau 2021 – Oberwallis weiterhin top

Essen wie Gott im OberwallisOBERWALLIS | Die Oberwal-liser Gastronomiebetrie-be schneiden im neuen GaultMillau 2021 einmal mehr sehr gut ab. Philly-ra Bund vom Hotel zur alten Gasse in Bellwald und Marko Merker von der Mühle in Geschinen konnten jeweils einen Punkt dazugewinnen. Und haben gar noch Potenzial für mehr.

MARTIN KALBERMATTEN

Ein 18-Punkte-Lokal im Ober-wallis gibt es seit dem Wegzug von Markus Neff aus Saas-Fee indessen keines mehr. Die Oberwalliser Spitzengastrono-mie mit jeweils 17 Punkten ist fortan in Zermatt zu finden; bei Ivo Adam und Florian Neubau-er im After Seven sowie bei An-drea Migliaccio und Giovanni Bavuso im Capri. Letzteres wur-de bei der Wertung in eine Klammer gesetzt (siehe Grafik), weil es diese Saison laut Gault-Millau nicht geöffnet hat.

Auch aus gesamtkantona-ler Sicht ist die Speerspitze der Walliser Gourmetküche etwas stumpfer geworden, nachdem der geniale 19-Punkte-Koch Di-dier de Courten sein Gourmet-restaurant in Siders geschlos-sen hat. So führt jetzt Franck Reynaud von der Hostellerie du Pas-de-l’Ours in Crans-Montana als einziger Betrieb mit 18 Punkten die Riege der Sterne-köche im Rhonetal an.

Schüler wird zum Meister Dies soll jedoch die starken Leistungen der Oberwalliser GaultMillau-Betriebe nicht trü-ben. Davon zeugen denn auch die drei Neueinsteiger im Gas-troführer. Während Philipp Höppler und Timo Zimmer vom Restaurant Cäsar Ritz in Saas-Fee sowie Heinz Rufibach von der Lusi Brasserie & Lounge in Zermatt mit je 13 Punkten im neuen GaultMillau zu fin-den sind, stieg Reinhold Wro-bel vom Restaurant Saveurs gleich mit 14 Punkten ein. Unterdessen konnten Marko Merker von der Mühle in Ge-schinen und Phillyra Bund vom

Hotel zur Alten Gasse in Bell-wald ihre Punktezahl jeweils von 13 auf 14 erhöhen.

Marko Merker findet in der idyllischen Gommer Mühle je länger, je mehr eine eigene Handschrift und emanzipiert sich damit Schritt für Schritt von seinem Lehrmeister Klaus Leuenberger, hält GaultMillau fest: «Wir wurden schon vom ersten Gang positiv überrascht: Ein Rindstatar, das rauchend unter einer Glasglocke hervor-gezaubert wurde, war wunder-bar schmackhaft und erhielt dank einem Schuss Kräuter-schnaps eine unverwechselba-re Note. Makellos kam der zar-te Coq au vin an Weisswein-sauce mit einer blauen Kartof-fel und knackigem Gemüse auf den Tisch. Dann überzeugte das Zweierlei vom Weiderind: das zarte Geschmorte auch dank tiefer Sauce, das vorzüg-liche Filet auch dank der Mari-nade aus einer Kräutermi-schung.» Nur die Gnocchi hät-ten enttäuscht – vom angekün-digten Brennnesselaroma habe man nichts gespürt, kritisiert der Gastroführer. Ferner habe das Millefeuille zwar nur aus zwei knusprigen Blätterteig-blättern bestanden – diese ge-nügten aber, um mit der wür-zigen Minzencreme dazwi-schen einen gekonnten Schluss-punkt zu setzen.

Der 46-jährige Merker ist Quereinsteiger und hat seine Ausbildung zum Koch erst als Erwachsener gemacht. Zu sei-nem 14. Punkt sagt er auf An-frage: «Es ist mein erster 14. Punkt, den ich alleine geholt habe. Zuvor kochte ich unter meinem Ausbildner Klaus Leu-enberger. Von daher ist das jetzt schon eine spezielle Freu-de für mich.»

Auf die Punkte versteifen möchte sich Merker aber nicht: «Das Wichtigste ist, dass die Gäste zufrieden sind. Ich koche für die Gäste. Wenn da-bei was punktemässig rauss-pringt, ist das sicher gut. Aber es wäre jetzt auch kein Welt-untergang, wenn man nicht aufsteigen würde oder im schlimmsten Fall einen Punkt abgeben müsste.»

Neues aus der Alten GasseNach einigen Wechseln im Ho-tel zur Alten Gasse in Bellwald steht dort jetzt die ehemalige Souschefin Phillyra Bund in der Verantwortung. Sie hat die Karte nur leicht modifiziert, trotzdem ist aber ein Hauch von Aufbruch zu spüren, attes-tiert der GaultMillau: «Den Start machte ein profaner sommerlicher Blattsalat, aber die Chefin bot dazu drei aus-gezeichnete Dressings zur Wahl. Ambitionierter war der feine, hausgebeizte Lachs auf einem asiatisch marinierten Fenchelsalat mit Randenqui-noa. Zürcher Geschnetzeltes muss in einem Schweizer Tou-rismusgebiet wohl sein – wenn es aber so hervorragend ge-macht ist wie hier, haben wir nichts dagegen einzuwenden. Ausgezeichnet schmeckte auch das klassische Suprême vom Alpstein-Poulet mit Marktgemüse.» Und dass es die junge Köchin beim Süssen ebenfalls könne, habe schliess-lich auch der Marillenknödel mit knusprigem Röster als Re-ferenz an ihre österreichische Grossmutter bewiesen.

Für Roger Geissberger, Be-sitzer der Alten Gasse, kommt der 14. Punkt wenig überra-schend, wie er auf Anfrage sagt: «Obwohl Bund mit 26 Jahren noch sehr jung ist, habe ich ihr die Chance zur Küchen-chefin gegeben. Weil ich ge-merkt habe, dass sie eine Be-sessene ist. Aus meiner Sicht bietet sie die beste Küche, die wir in den letzten vier Jahren hatten. Deshalb habe ich schon gehofft, dass es auf 14 Punkte raufgeht, zumal wir in der Al-ten Gasse immer zwischen 13 und 15 Punkten hatten.»

Auf die Frage, wie weit die Reise mit der talentier - ten Jungköchin gehen wird, sagt Geissberger: «Ich denke, Bund hat durchaus das Po-tenzial, um bei uns 15 Punkte zu erreichen. Darüber hinaus wird es schwierig. Wir sind in Bellwald und nicht in Zer-matt. 16 und mehr Punkte wä-ren zu kompliziert, 15 für uns ideal.»

GRAFIK ZVG

Könner. Phillyra Bund und Marko Merker: Die beiden Oberwalliser Aufsteiger im GaultMillau 2021.