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KriSiS - Kritische Situationen im Blickfeld des Fahrdatenspeichers Quantitative Folgeuntersuchung zur Weiterentwicklung der Ergebnisse aus der qualitativen Untersuchung Im Auftrag des Deutschen Verkehrssicherheitsrates DVR e.V. und der Gewerblichen Berufsgenossenschaften durchgeführt von: Vierboom & Härlen Wirtschafts- und Kommunikationspsychologen, Hennef in Zusammenarbeit mit: Verkehrspsychologische Praxis Dirk-Antonio Harms, Braunschweig unter organisatorischer Unterstützung von: IVU Institut für Verkehr und Umwelt der Landesverkehrswacht Baden-Württemberg e.V. Ergebnisbericht 22.10.02 Vierboom & Härlen

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Page 1: KriSiS - Kritische Situationen im Blickfeld des ... · KriSiS - Kritische Situationen im Blickfeld des Fahrdatenspeichers Quantitative Folgeuntersuchung zur Weiterentwicklung der

KriSiS - Kritische Situationen im Blickfeld

des Fahrdatenspeichers

Quantitative Folgeuntersuchung zur Weiterentwicklung der

Ergebnisse aus der qualitativen Untersuchung

Im Auftrag des Deutschen Verkehrssicherheitsrates DVR e.V. und

der Gewerblichen Berufsgenossenschaften

durchgeführt von: Vierboom & Härlen Wirtschafts- und Kommunikationspsychologen, Hennef

in Zusammenarbeit mit: Verkehrspsychologische Praxis Dirk-Antonio Harms, Braunschweig

unter organisatorischer Unterstützung von: IVU Institut für Verkehr und Umwelt der Landesverkehrswacht Baden-Württemberg e.V.

Ergebnisbericht

22.10.02

Vierboom& Härlen

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Vierboom & Härlen Wirtschaftspsychologen

I N H A L T

1 Einleitung ................................................................................................ 3 1.1 Zielsetzungen des Projekts ...................................................................... 3 1.2 Projektstruktur und -ablauf...................................................................... 4 1.3 Form und Strategie der Befragung .......................................................... 5 1.4 Zusammensetzung der Befragtengruppe................................................. 6 1.5 Methodische Anmerkung zur Einordnung der Daten ............................. 9

2 Ergebnisse.............................................................................................. 10 2.1 Rekapitulation: Motivationsstrukturen des Fahren-Lernens unter

Einfluss des Fahrdatenspeichers............................................................ 10 2.2 Einfluss des Fahrdatenspeichers auf Einstellungen und Fahrverhalten 13 2.3 Gruppierung der Fahrer nach Einstellungs- und Verhaltensmustern.... 15 2.4 Gewöhnungseffekte im Zusammenhang des Fahrens mit

Fahrdatenspeicher.................................................................................. 22 2.5 Der Nutzen des Fahrdatenspeichers aus Sicht junger Fahrer................ 26 2.6 Formen und Module der Fahrausbildung aus Sicht junger Fahrer........ 30

3 Zusammenfassung der Befunde und Diskussion .................................. 36

4 Anhang: Die Befragungsbögen ............................................................. 40 4.1 Befragungsbogen Experimentalgruppe................................................. 40 4.2 Befragungsbogen Kontrollgruppe ......................................................... 46

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1 Einleitung

1.1 Zielsetzungen des Projekts

Die in diesem Ergebnisbericht zusammengestellten und diskutierten Befunde stehen in einer Reihe verschiedener Forschungsprojekte, die in den vergangenen Jahren im Zusammenhang mit dem Fahrdatenspeicher (FDS), seinen Wirkungen auf das Fahren und seinen deskriptiven Eigenschaften bei der Unfall-/Fahrverhaltensforschung im europäischen Raum und speziell in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt wurden.

Das hier dargestellte Projekt bezieht sich insbesondere auf folgende, in den letzten Jahren durchgeführte Projekte:

− „Moderne Verkehrstechnologie – Fahrdatenspeicher FDS und Junge Fahrer“. For-schungsprojekt FE 82.146/1998 der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), unter Pro-jektleitung und Organisation des IVU Institut für Verkehr und Umwelt der Landesver-kehrswacht Baden-Württemberg e.V. (Prof. Dr.-Ing. Günter Sabow), 1998 – 2001.

− „KriSiS – Kritische Situationen im Blickfeld des Fahrdatenspeichers“. Forschungsprojekt des Deutschen Verkehrssicherheitsrates DVR e.V. und der gewerblichen Berufsgenossen-schaften BG, durchgeführt von Vierboom & Härlen Wirtschafts- und Kommunikations-psychologen (Hennef) und dem Sachverständigenbüro Kast (Heidenheim), 1999 – 2001.

Das Hauptinteresse dieses Projektes lag darin, auf Basis der qualitativ-psychologischen Be-funde aus KriSiS 2001 und im Abgleich mit quantitativ-psychologischen Befunden Rück-schlüsse für die Gruppe der jungen Fahrer/innen zu ziehen, die für die Fahrausbildung und Programmentwicklung genutzt werden können. Im einzelnen wurden folgende Fragen bzw. Themenkomplexe bearbeitet:

1. Hat der FDS Einfluss auf das Fahrverhalten junger Fahrer und wie beschreiben diese Fah-rer den Einfluss des FDS auf ihr Fahrverhalten und ihre Einstellungen zum Fahren?

2. Wie beschreiben junge Fahrer ihre Gewöhnungseffekte im Zusammenhang des Fahrens mit FDS bzw. der Auseinandersetzung damit?

3. Lässt die gedankliche Auseinandersetzung mit dem FDS bzw. das Fahren unter Einfluss des FDS verschiedene Einstellungs- und Verhaltensmuster jungen Fahrens erkennen?

4. Welchen Nutzen nehmen junge Fahrer im Zuge ihrer Auseinandersetzung am FDS wahr und wie beziehen sie diesen Nutzen auf ihre Situation?

5. Welche Formen und Module der Fahrausbildung präferieren junge Fahrer, vor dem Hin-tergrund einer mehrjährigen Projekterfahrung in einem Verkehrsprojekt?

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1.2 Projektstruktur und -ablauf

Das Projekt zentriert sich um die Durchführung einer schriftlichen Nachbefragung von Fah-rern, die im Zeitraum 1998 bis 2001 an dem oben erwähnten Projekt des IVU teilgenommen haben. Auf dem Wege dieser Nachbefragung konnte die Gelegenheit genutzt werden, die Fahrer des IVU-Projekts noch einmal zu Nachwirkungen im Rahmen der Projektteilnahme zu befragen; die Befragung dieser Fahrer bot nicht zuletzt auch die Chance, mit einem pragmati-schen Vorgehen junge Fahrer und FDS-erfahrene Zielgruppen zu erreichen, um auf diesem Wege die qualitativ-psychologischen Befunde der KriSiS-Studie mit quantitativen Daten in Austausch zu bringen.

Nach Sammlung verschiedener Fragestellungen und Teilaspekte zum Wirkungszusammen-hang „FDS – Junge Fahrer“ in der Projektgruppe wurde je ein Fragebogen zur Befragung von Fahrern aus der Experimental- und Kontrollgruppe des IVU-Projekts entworfen. Diese Ent-würfe wurden den Teilnehmern der Projektgruppe zur Abstimmung und Korrektur vorgelegt. Anschließend fand ein Pretest der optimierten Fragebogen-Versionen bei Schülern einer Braunschweiger Berufsschule sowie bei Fahrern aus dem KriSiS-Projekt statt, zu Kriterien wie: Beantwortungsdauer, Verständlichkeit, Eindeutigkeit.

Der Versand der endgültigen Fragebogen-Versionen an rd. 1.500 Teilnehmer des IVU-Projekts erfolgte über das IVU. Beim IVU wurden auch die rücklaufenden Fragebögen ge-sammelt und zur Erfassung, Eingabe, statistischen Auswertung sowie graphischen bzw. tabel-larischen Datenaufbereitung an Herrn Dirk-Antonio Harms weiter geleitet. Die daran an-schließende qualitativ-psychologische Analyse und Interpretation der Daten wie auch die Verantwortung für die Berichterstellung lag bei Vierboom & Härlen, in Abstimmung und Diskussion mit Herrn Harms.

Das Projekt fand im Zeitraum Februar bis September 2002 statt.

Wir möchten an dieser Stelle allen Projektbeteiligten für Unterstützung und gedanklichen Austausch danken:

− Herrn Jochen Lau und Herrn Kay Schulte vom DVR Deutscher Verkehrssicherheitsrat e.V., Bonn/Berlin

− Herrn Armin Kast vom Sachverständigenbüro Kast, Heidenheim

− Herrn Holger Bach vom IVU Institut Verkehr und Umwelt, Stuttgart

− Herrn Dr. Ingo Pfafferott von der Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach

− Herrn Dirk-Antonio Harms – Verkehrspsychologische Praxis Harms, Braunschweig

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1.3 Form und Strategie der Befragung

Es war das Bestreben im Projekt, die oben aufgeführten Themenstellungen mit einer pragma-tisch angelegten Forschungsstrategie und in einem überschaubaren Zeitraum zu bearbeiten. Deshalb wurde die Form der schriftlich-postalischen Befragung gewählt – ein Vorgehen, das aufgrund der durch das IVU-Projekt gewährleisteten Einbindung und Kontaktpflege der Be-fragtengruppen eine zufriedenstellende Rücklaufquote der Fragebögen erwarten ließ.

Die Fragebögen waren standardisiert, in Form von Statement-Batterien, die nach einer Ska-lierung von „Trifft voll zu – Trifft eher zu – Trifft weniger zu – Trifft nicht zu“ anzukreuzen waren; ergänzt durch Fragen, die mit Ja/Nein-, Einfachwahl- oder Mehrfachwahl-Ankreuzungen zu beantworten waren. Die 4er-Skalierung wurde (statt der gemeinhin oft be-nutzten) 5er-Skalierung benutzt, um indifferentem Antwortverhalten zuvor zu kommen und klarere Antwortprofile zu erhalten.∗

Durch die Standardisierung konnte eine realistische Bearbeitungsdauer des Fragebogens von ca. 15 Minuten sicher gestellt werden. Für die Analyse, Gewichtung und Interpretation der Daten aus der standardisierten Befragung standen die qualitativ-psychologischen Befunde aus dem KriSiS-Projekt sowie Ergebnisse aus dem IVU-Projekt zur Verfügung – eine aus unserer Sicht unabdingbare Voraussetzung dafür, den quantitativen Daten ihren Platz und Stellenwert im Rahmen der Gesamtbefunde zuzuordnen.

Durch die Einbeziehung sowohl der Experimental- wie in der Kontrollgruppe sollte eine möglichst große Anzahl von Rückläufen erreicht werden. Zum anderen macht es die Befra-gung beider Gruppen möglich, im Wege der Unterscheidung dieser Gruppen eventuelle Ef-fekte der Nachwirkung des FDS auf die Fahrer zu erfassen.

In der Gesamtbetrachtung und unter den oben beschriebenen Voraussetzungen war der Ein-satz standardisierter Fragen im Projekt ein forschungsökonomisch effektives Mittel. Die die-sem Projekt vorausgegangenen Untersuchungen boten die Möglichkeit, Fragebögen zu kon-struieren, die „auf der Oberfläche“ (d.h. aus Sicht der Befragten) unverfänglich wirken und zugleich die im Projekt angezielten Sachverhalte und Fragestellungen „in der Tiefe treffen“. Und sie gaben Sicherheit, „nicht nur gut gemessen zu haben, sondern auch einiges darüber in Erfahrung zu bringen, was gemessen worden ist.“

∗ Übersicht der verwendeten Fragebögen im Anhang des Berichts.

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1.4 Zusammensetzung der Befragtengruppe

Die Zusammensetzung der am Projekt beteiligten Befragtengruppen macht es notwendig, sich darüber Rechenschaft zu geben, welche Personen bereit waren, sich nach mehrjähriger Projektteilnahme auf eine erneute Befragung einzulassen:

1. Die Forschung trifft zumal bei experimentellen, mit Zeit- und sonstigen Aufwänden ver-bundenen Projekten immer auf Personen, die man hinsichtlich ihrer Einstellung, ihrer Neugier und ihrem Interesse an Innovationen als „Positivauswahl“ oder – projektentwick-lungsgemäß gesprochen – als „Pioniergruppe“ bezeichnen kann.

2. Bei der in diesem Projekt angesprochenen Personengruppe handelt es sich zudem um Teilnehmer, die durch mehrjährige Projektteilnahme über „Kondition“ verfügten (und entsprechend „strapazierbar“ waren) und/oder ein besonderes Interesse am Thema „Fahr-datenspeicher“ gefunden und vor weiterer Befragung keine Scheu hatten. Man muss hier also von einer Positivauswahl im doppelten Sinne sprechen.

3. Die Bereitschaft zur fortgesetzten Projektteilnahme ist sicherlich auch auf einige sozio-demographisch beschreibbare Besonderheiten zu beziehen: Die meisten der Befragten sind berufstätig oder machen ein Studium; sie verfügen überdurchschnittlich häufig über Realschulabschluss oder Abitur; das Mindestalter aller Befragten lag bei 22, das Höchst-alter bei 29 Jahren. Das Gros der Befragten (87 %) war 24 bis 28 Jahre alt.

Abbildung 1: Merkmal Berufstätigkeit

Was machen sie zur Zeit beruflich?

0,9

73,3

2,1

18,8

1,0

71,9

0,6

2,6

0,4

20,8

0,8

74,7

1,9

1,5

2,9

1,2

19,7

5,1

0,0 20,0 40,0 60,0 80,0 100,0

Berufsausbildung/Lehre

Studium

Wehr- oder Zivildienst

berufstätig (nach/ohneAusbildung

Schule

arbeitssuchend

NG = 578, NE= 313, NK = 265

in % der Befragten

KontrollgruppeExperimentalgruppe Gesamtstichprobe

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Abbildung 2: Merkmal Schulabschluss

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Welchen Schulabschluss haben Sie?

5,7

27,5

14,2

3,5

34,5

47,8

15,3

4,1

30,9

49,7

12,8

2,6

38,9

45,6

6,0

31,0

29,9

0,00,00,0

0,0 20,0 40,0 60,0 80,0 100,0

ohne Abschluss/noch inschulischer Ausbildung

Hauptschule

polytechn. Oberschule

Realschule

Fachhochschulreife oderAbitur

NG = 578, NE= 313, NK = 265 in % der Befragten

Kontrollgruppe

Experimentalgruppe

Gesamtstichprobe����

*nach Angaben d. Stat. Bundesamts zu Strukturdaten über Schulabschlüsse 20-25jähriger Männer (1999).

Grundgesamt*

Abbildung 3: Merkmal Alter

Wie alt sind Sie?

12,8

13,3

20,0

23,3

1,7

7,0

10,5

14,6

15,6

21,7

24,8

1,3

3,0

7,9

15,5

11,7

20,0

18,1

21,5

2,3

3,8

17,6

7,4

4,5

0,0 20,0 40,0 60,0 80,0 100,0

22

23

24

25

26

27

28

29

NG = 579, NE= 314, NK = 265 in % der Befragten

KontrollgruppeExperimentalgruppe Gesamt

Mittelwerte: E = 26,01 K = 25,89Streuungen: E = 1,80 K = 1,78Alter ist in beiden Stichproben normalverteilt

Bei der Würdigung aller Befunde im Projekt wird also immer zu bedenken sein, dass hier wenige Vertreter der klassischen Risikogruppe „Junge Fahrer“ (18 – 24 Jahre) befragt wor-den sind; nur 24 % aller Befragten waren 22 – 24 Jahre alt. 7

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Abbildung 4: Anzahl gefahrener PKW

Wie viele Pkw fahren Sie (privat, beruflich)?

27,1 27,7

0,0

48,8

26,4

48,9

0,5

23,4

1,0

22,3

49,0

24,8

0,0

20,0

40,0

60,0

80,0

100,0

keinen einen zwei mehr als zwei NG = 568, NE= 310, NK = 258

in %

der

Bef

ragt

enGesamt Experimentalgruppe Kontrollgruppe

Angesichts einer hoch dynamischen Thematik wie dem motorisierten Fahren und einer psy-chologisch sensiblen, durchaus mit Irritationen und Verunsicherung einher gehenden Thema-tik wie dem Fahrdatenspeicher aber scheint es geradezu sinnvoll, sich der Problematik junger Fahrer und dem Thema Fahrdatenspeicher auch aus Sicht der etwas älteren Fahrer zu nähern. Die in diesem Bericht wiedergegebenen Befunde gehen von der Überlegung aus, dass hier eine Gruppe mit einem gewissen Standing und Erfahrungsschatz befragt worden ist, die den behandelten Themen mit mehr Gelassenheit begegnen kann, als dies bei der klassischen Gruppe junger Fahrer der Fall ist. So sei an dieser Stelle die These erlaubt, dass die Befragten realistischer und „näher an der Wirklichkeit“ geantwortet haben, als dies jungen Befragten unter den Vorzeichen emotionaler Dynamik, sozialer Erwünschbarkeit u.ä. möglich gewesen wäre.

Abschließend sei an dieser Stelle auch daran erinnert, dass alle Befragten männlichen Ge-schlechts waren. Die Gesamtzahl der zurück geschickten Fragebögen beläuft sich auf 582, bei 317 Bögen aus der Experimentalgruppe und 265 Bögen aus der Kontrollgruppe. Wie ver-schiedene Graphiken in diesem Bericht zeigen, können die Zahlen beim jeweils ausgezählten Merkmal leicht variieren. Dies hat entweder mit Auslassungen oder mit Unklarheiten bei einzelnen Ankreuzungen in den ausgefüllten Bögen zu tun.

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1.5 Methodische Anmerkung zur Einordnung der Daten

Die befundmäßige Einordnung der Befragungsdaten erfolgt gemäß bestimmter Ergebnisse und Hypothesen aus vorausgegangenen Projekten. Wie die nachfolgende Berichtslegung zeigt, wird kein Befragungsdatum „im Verhältnis 1 zu 1 für wahr genommen“ und als für sich sprechender Befund gewertet,

− sondern in Abgleich auf bestimmte Themenstellungen mal in den einen, mal in den ande-ren Zusammenhang eingerückt,

− hinsichtlich seines Stellenwertes und der daraus zu ziehenden Schlüsse auf qualitativ-psychologische Analysen zu den Bestimmungsfaktoren und Funktionsmechanismen des Fahrens mit FDS bezogen,

− in eine dynamische statt statische Betrachtungsweise eingebettet, indem z.B. Befra-gungsdaten zur Verlaufsbeschreibung von Gewöhnungseffekten im Zusammenhang der Auseinandersetzung mit dem FDS benutzt werden.

Die in diesem Bericht wiedergegebenen Befunde zielen auf eine Einordnung und Gewichtung verschiedenster Daten und Beobachtungen zum FDS. Unseres Erachtens bemisst sich die Tauglichkeit und Zuverlässigkeit dieses Vorgehens danach, ob die im Bericht festgehaltenen Befunde und Überlegungen dem Leser dabei helfen, seine Fragestellungen, Erfahrungen und Beobachtungen zum Thema weitergehend zu systematisieren.

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2 Ergebnisse

2.1 Rekapitulation: Motivationsstrukturen des Fahren-Lernens unter Einfluss des Fahrdatenspeichers

Um für die im Ergebnisteil dieses Berichts dargestellten Zahlen eine Analyse- und Einord-nungsgrundlage zu haben, greifen wir nicht zuletzt auf Befunde zu den Motivationsstrukturen des Fahren-Lernens unter Einfluss des Fahrdatenspeichers zurück, die während des Projekts „KriSiS – Kritische Situationen im Blickfeld des Fahrdatenspeichers“ erstellt worden sind. Diese Befunde werden hier kurz rekapituliert:

Der Führerschein hat in unserer Kultur einen hohen Stellenwert; er ist einer der Identitäts-ausweise, deren Besitz für ein aktives und erfolgreiches Agieren in der Erwachsenenwelt, für Beruf, Freizeit und Ausgestaltung der persönlichen Lebenskreise unerlässlich ist. Mit der Fahrausbildung, erst recht mit dem Erhalt der Fahrerlaubnis beginnt für die jungen Fahrer die Aneignung und Ausformung eines eigenen Fahrstils, innerhalb dessen verschiedene kulturel-le Leitbilder der Gesellschaft und die persönlichen Erwartungen der jungen Fahrer an Fahren und Fortkommen in Einklang gebracht werden müssen.

Diese Integration ist zunächst gekennzeichnet durch ein Motiv, dass sich als Auto-Nomisierung bezeichnen lässt. Die jungen Fahrer streben ein Fahrkönnen an, das sich mög-lichst schnell und lückenlos durch Souveränität und Selbstverständlichkeit auszeichnen soll. Man will „Herr am Steuer“ sein und die Phase der Irritation und Ungewissheit über das eige-ne Fahrkönnen weit hinter sich lassen. Der Status des unerfahrenen Fahrers soll bald verges-sen sein (Unbewusst-Machen).

Mit dem Einbau des Fahrdatenspeichers in das Fahrzeug nun steht dem starken Autonomisie-rungsbestreben eine Art minimal-invasiver Bewusstmachung entgegen. Der Fahrdatenspei-cher hindert am schnellen Verdrängen der Unsicherheit. Er wirkt erzieherisch und reglemen-tierend, „legt sich quer“ und droht „das schöne Fahren“ zu stören. Einem kontinuierlichen operativen Eingriff oder einem subkutan platzierten Wirkstoff-Depot vergleichbar, erinnert er immer wieder daran, dass der junge Fahrer noch unfertig ist und fortgesetzt im Status der Prüfung bleibt (Zuspitzung der Probezeit). Man könnte den Fahrdatenspeicher auch mit ei-nem Denkmal vergleichen, das gegen ein schnelles Selbstverständlich-Werden des Fahrers an die Risiken und Grenzen motorisierten Fahrens gemahnt.

In dieser Spannung zwischen Autonomisierung und irritierender Bewusstmachung wird zu-nächst eine Fortsetzung und Bewahrung der Autonomie durch Verdrängung wirksam. Man will den Fahrdatenspeicher weg haben, versucht ihn zu ignorieren, seine Daten un-kenntlich zu machen. Die jungen Fahrer erleben sich als fremdbestimmt im ureigensten Ter-rain und es kommt zu Abstoßungsreaktionen gegen ein „Implantat“, das man nicht in das eigene „Körperschema“ integriert wissen will („Auto“ = grch. „selbst, eigen, persönlich“).

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Abbildung 5: Motivstrukturen des Fahren-Lernens unter Einfluss des FDS

Reflexionsprozesse

des Fahrens

Gutes Durchkommen und optimales

Einpegeln zwischen Extremen

Elektronische Skalierung des Autofahrens

Minimal-Invasive Bewusstmachung

Fortsetzung und Bewahrung der

Autonomie durch Verdrängung

Auto-Nomisierung

Auf der anderen Seite sind Versuche der Einordnung zu beobachten. Diese Einordnungsver-suche gehen in Richtung einer elektronischen Skalierung des Autofahrens. Man nimmt Maß am Fahrdatenspeicher, will etwas über seine persönlichen Daten wissen, um Auskunft über den Status des eigenen Fahrkönnens zu bekommen. Diese Tendenz fügt sich in eine Kulturentwicklung ein, die mit zunehmendem Monitoring moderner Lebensweisen einher geht und die bereits verschiedene Bereiche des Alltagslebens erfasst (z.B. Gesund-heit/Fitness, private Finanz- und Sicherheitsplanung/Zahlungsmittel, PC-Nutzung/e-mail/Internet).

Das Fahren-Lernen unter Einfluss des Fahrdatenspeichers eröffnet jedoch auch eine bestimm-te Art guten Durchkommens und optimalen Einpegelns zwischen Extremen. Hier stellt sich mit dem Fahrdatenspeicher eine neue Fahrästhetik her, indem man Extreme vermeidet, „zwischen den Leitplanken“ bleibt und „schön“ funktionierende Fahrgestalten herstellt. Das Fahren wird darin dem „Retten“ des eigenen Vehikels im Rahmen dramatischer Videospiele vergleichbar - eine moderne Form des Geschicklichkeitstrainings.

Nicht zuletzt wirkt sich das Fahren-Lernen unter Einfluss des Fahrdatenspeichers auch hin-sichtlich der Ausrüstungsseiten beim Fahrkönnen aus. Es setzen Reflexionsprozesse des Fahrens ein, innerhalb derer der FDS zwar als Steigerung der Mühen und Unsicherheiten des Lernens wahrgenommen, trotzdem aber akzeptiert wird, weil er einen pilotierenden Fahrstil entwickeln hilft („Verkehrs-Flow-Management“ durch FDS).

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Die strukturellen Züge des Wirkungszusammenhangs „Fahren-Lernen unter Einfluss des FDS“ lassen sich gemäß verschiedener Entwicklungsphasen oder Entwicklungsniveaus des Fahrens in eine Verlaufsstruktur bringen:

1. Zunächst eine Phase der Auto-Nomisierung des Fahren-Lernens ohne FDS. Man versucht den Fahrdatenspeicher nach Möglichkeit zu ignorieren.

2. Dann eine Phase der Rebellion gegen den FDS. In dieser Phase versucht man seine Fahrt-entwürfe gegen jegliche Verkomplizierung und gegen das irritierende Bewusstsein feh-lender Fahrerfahrung abzuschotten.

3. In der dritten Phase kommt der FDS als ein ambivalent wirkendes Entwicklungsbarome-ter zu Zuge: Vom Zwanghaften (FDS als mangeldiagnostisches Instrument) über das Spielerische (FDS als Sparringspartner) zur Meisterschaft (FDS als Coach).

4. Diese Entwicklungen gehen schließlich in eine Autonomisierung mittels des FDS über. Bei diesem gestalthohem Entwicklungsniveau wird der FDS – über den mühevollen Um-weg der Bewusstmachung - für den neuen Level einer veränderten Version von Autono-misierung (Pilotieren) genutzt.

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2.2 Einfluss des Fahrdatenspeichers auf Einstellungen und Fahrverhalten

Die Leitfrage dieses Kapitels lautet: Hat der Fahrdatenspeicher Einfluss auf das Fahrverhal-ten junger Fahrer und wie beschreiben diese den Einfluss des FDS auf ihr Fahrverhalten und ihre Einstellungen zum Fahren?

Auf dem Wege der Befragung Wirksamkeiten festzustellen, ist ein schwieriges Unterfangen, weil Antwortverhalten von persönlicher Einschätzung geprägt und hinsichtlich der Zuverläs-sigkeit seines Zutreffens auf die Wirklichkeit im Vergleich zur Beobachtung von dritter Seite immer im Hintertreffen ist. Die Befragung hat jedoch zu Ergebnissen geführt, bei denen die Antworten der Befragten aus der Experimental- und der Kontrollgruppe bezüglich Zustim-mung oder Verneinung bestimmter Sachverhalte signifikant differieren.∗ Gemäß der Grund-annahme, dass vor allem die Effekte bzw. Wirksamkeiten als befundmäßig gesichert gelten dürfen, die sich im Vergleich zwischen Experimental- und Kontrollgruppe herausstellen las-sen, werden hier einige Befragungsergebnisse analysiert und eingeordnet.

Reflexions-Wirkungen

Die über längere Zeit erfolgte Auseinandersetzung mit dem Fahrdatenspeicher führt bei Teil-nehmern der Experimentalgruppe zu Einschätzungen und Denkhaltungen, die durch einen höheren Grad an Reflexion gekennzeichnet sind. So beurteilen diese Fahrer im Vergleich zu ihrer Altersgruppe die eigene Fahrweise als weniger entspannt (26,2 %), während die Fahrer aus der Kontrollgruppe ihre Fahrweise als entspannter im Vergleich zur Altersgruppe ein-schätzen (36,2 %). Die Befragten der Kontrollgruppe gehen auch ungebrochener mit dem Statement „Nachts macht das Fahren mehr Spaß, weil man dann auch mal freie Bahn hat“ um. Sie stimmen diesem Statement zu 57,4 % eher oder voll zu, während die Befragten aus der Experimentalgruppe in geringerem Maße zustimmen (48,6 %) bzw. das Statement eher verneinen (51,4 %).

Die reflexive, bewusstmachende Wirkung des FDS in den Einstellungen von Fahrern zeigt sich auch bei der Frage nach Elementen zukünftiger Fahrausbildung, für die die Befragten plädieren konnten. So votieren für das Angebot von Erste-Hilfe-Kursen 43,2 % der Experi-mentalgruppe, im Vergleich zu 30,4 % bei der Kontrollgruppe. Der Fahrdatenspeicher zeitigt eine Art heilsamer Verunsicherung, die hier als erhöhte Sensibilität für das, was im Straßen-verkehr an riskanten und unfallträchtigen Situationen auftreten kann und wofür man auch mental „ausgerüstet“ sein sollte, zum Ausdruck kommt.

Realistischer Ausgleich zwischen reflektierter Haltung und Handlungsfähigkeit

Allerdings ist die Umbildungswirkung des Fahrdatenspeichers nicht so geartet, dass sie beim Gros der Fahrer zu einer Störung führen würde. Der FDS induziert eine reflektiertere Haltung zum Fahren; diese Wirkung jedoch macht die Fahrer nicht handlungs- und entscheidungsun-

∗ Bei den meisten dieser Statements unterscheiden sich die Mittelwerte der Befragtengruppen signifikant auf 99%-Niveau, bei einigen wenigen auf 95%-Niveau.

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fähig. 78,2 % der Befragten aus der Experimentalgruppe verneinen das Statement “Durch FDS überlegt man zweimal, wie man sich in brenzligen Situationen verhält“; währenddessen stimmen nur 59,1 % der Befragten aus der Kontrollgruppe dieser Einschätzung nicht zu.

Das Fahren mit FDS hält Fahrer einerseits zu erhöhter Reflexion an; andererseits darf dieses Maß an Reflexion unter dem konkreten Handlungsdruck der Fahrtanforderungen nicht über-hand nehmen; sonst droht der „Tausendfüßler-Effekt“ – Nachdenken darüber, wie etwas funktioniert, während doch nur etwas funktionieren soll. Die Fahrer der Experimentalgruppe verneinen denn auch stärker als die Fahrer der Kontrollgruppe die Einschätzung, dass Fahran-fänger mit FDS in der Probezeit seltener Verkehrsverstöße begehen (NE 45,6 %; NK 35,9 %).

Im Vergleich zur Kontrollgruppe kann man sagen, dass die Fahrer der Experimentalgruppe durch Einwirkung des FDS eine insgesamt realistischere, insofern auch sicherheitszuträgli-chere Einstellung und Einschätzung zum Fahren entwickelt haben. Sie verfügen z.B. über mehr Gespür dafür, wie wirkungsmächtig manche Gegebenheiten des Straßenverkehrsalltags sind. Sie realisieren auch, dass ihnen ein wie auch immer geartetes, im Fahrzeug eingebautes Gerät die zu treffenden Entscheidungen im Straßenverkehr und den damit einher gehenden Handlungsdruck nicht abnehmen kann.

In der Summe kann man sagen, dass der Fahrdatenspeicher bei der Einübung eines realisti-schen Fahrstils unterstützend wirkt. Verschiedene Zahlen bestätigen die Beobachtung aus dem KriSiS-Projekt, dass der FDS eine bewusst machende Wirkung hat und reflexives Fahr-verhalten fördern kann.

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2.3 Gruppierung der Fahrer nach Einstellungs- und Verhaltensmustern

Ausgangspunkt für die Ausführungen in diesem Kapitel ist die Frage, ob die gedankliche Auseinandersetzung mit dem FDS bzw. das Fahren unter Einfluss des FDS verschiedene Einstellungs- und Verhaltensmuster jungen Fahrens erkennen lassen.

Nach Bearbeitung des Datenmaterials zeigen sich zwei Cluster, in denen verschiedene Grundmuster hinsichtlich Einstellung und Verhalten zum Ausdruck kommen. Die im Folgen-den beschriebenen Grundmuster gelten für alle Befragten, sowohl der Experimentalgruppe als auch der Kontrollgruppe. Auffällig zunächst ist eine signifikante Unterscheidung der bei-den Gruppen hinsichtlich Schulbildung und täglicher Verweildauer im Straßenverkehr. Die eine Gruppe kann als eher „innengeleitet“ und die andere als eher „außengeleitet“ beschrie-ben werden. Die Innengeleiteten verfügen über einen signifikant höheren Schulabschluss und verbringen wesentlich weniger Zeit in ihrem Auto (vgl. Tabelle).

Außerdem zeigen die „Innengeleiteten“ eine deutlich kritischere Haltung gegenüber Regel-werken des Straßenverkehrs allgemein und dem FDS im Besonderen, als dies bei den „Au-ßengeleiteten“ der Fall ist (vgl. in der Tabelle „größere Rebellionstendenz, geringere Vor-schriftsaffinität“ und „höhere Enttäuschung über Fahrausbildungsmängel“).

Für die Außengeleiteten ist es wichtig, sich an Regeln orientieren zu können, die von außen gesetzt werden. Sie nehmen diese Regeln auch eher als gegeben hin als die Innengeleiteten. Hierzu passt, dass es dieser Gruppe wichtiger ist, hinsichtlich ihres Autos gewisse Standards zu erfüllen – das Fahrzeug soll nach außen mehr Präsentationsfunktionen erfüllen („mehr Leistungsorientierung, höhere Verweildauer im Straßenverkehr“). Anders herum fällt es den Innengeleiteten schwerer, etwas unhinterfragt hinzunehmen. Würde der Fahrdatenspeicher mehr Interaktion zulassen, wäre die Akzeptanz gerade in dieser Gruppe aller Wahrschein-lichkeit nach höher.

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Tabelle 1: Eigenschaften der Clustergruppen für alle Befragten im Überblick Merkmal/Aspekt/Eigenschaft Ausprägung/Tendenz in

Cluster 1 (innengeleitet) (n = 253), 60,1 %

Ausprägung/Tendenz in Cluster 2 (außengeleitet)

(n = 168), 39,9 %

Signifikante Mit-telwertunterschiede zwischen den Grup-

pen Gesamtzahl von Ereignissen des Fahrers im Projektverlauf

streut stärker als in Gruppe 1

nein

Schulabschluss höherwertig geringerwertig ja Exposition (tägl. Verweildauer im Straßenverkehr)

eher kurz eher lang ja

Einstellung zum FDS bei Projektbeginn

eher neutral-negativ positiv (bei größerer Streuung)

ja

Einstellung zum FDS nach einjäh-riger Projektteilnahme

eher neutral-negativ positiv ja

Sicherheitsbezogene Veränderungen der Fahrweise nach 18 Monaten Projekt

geringer deutlicher ja

Problembewusstsein für Gefährdung von Fahranfängern nach 18 Monaten Projekt

geringer hoch (bei größerer Streuung)

ja

(potenzielle oder tatsächliche) Beeinflussbarkeit durch FDS

geringer hoch (bei größerer Streuung)

ja

FDS-Befürwortung für Fahranfänger

geringer deutlicher ja

Sensibilität für Peinlichkeitspotenzial des FDS

geringer hoch (bei größerer Streuung)

ja

Rebellions- bzw. Verdrängungstendenz

hoch (bei größerer Streuung)

geringer nein, aber fast

Leistungsorientierung /Narzissmus beim Fahren

geringer deutlicher ja

Problembewusstsein für Gefähr-dung von Fahranfängern aktuell

geringer (bei größerer Streuung)

deutlicher ja

Vorschriftsaffinität geringer hoch (bei größerer Streuung)

ja

Instrumentalisierung / Psycho-hygienefunktion des Fahrens

hoch (bei geringer Streuung)

geringer (bei größerer Streuung)

nein

Angst vor Geschwindigkeit geringer hoch (bei größerer Streuung)

ja

Einstellung geg. anderen Fahrern eher neutral-negativ (bei größerer Streuung)

positiv nein, aber fast

Professionalisierungswunsch geringer deutlicher ja Anreizorientierung geringer höher ja Enttäuschung über Fahrausbil-dungsmängel

höher geringer ja

Strenggenommen kann nicht von „Ablehnern“ oder „Befürwortern“ des FDS gesprochen werden. Die Daten zeigen vielmehr, dass ein Großteil der Befragten den FDS weiter in Gebrauch haben – über 12 Prozent haben ihn sogar aktiv in ein neues Fahrzeug eingebaut.

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Hieraus lässt sich schließen, dass eine grundsätzliche Akzeptanz gegenüber dem FDS bei allen Befragten aus der Experimentalgruppe gegeben ist, bzw. die Reaktanz gegen den Appa-rat sich in Grenzen hält.

Abbildung 6: Weiternutzung des FDS

Nach Projektbschluss habe ich den FDS...

1,3

12,610,0

63,2

18,7

10,6

0

20

40

60

80

100

weiter in Gebrauch nicht mehr in Gebrauch abgeklemmt in neues Fz eingebaut mit altem Fz verkauft ausgebaut

(mehrere Antworten möglich) NE= 310

in %

der

Bef

ragt

en

Experimentalgruppe

Die Kritik induzierende Schwäche des Apparates liegt lediglich in seiner Unanschaulichkeit. Gerade vom FDS erwartet man sich mehr sichtbare Daten. Der Wunsch nach eindeutigen Regeln im Straßenverkehr ist durchgängig bei allen Befragungsteilnehmern deutlich vorhan-den.

Abbildung 7: Einstellungen zum Alkoholverbot

Ein absolutes Alkoholverbot für Fahranfänger würde dazu führen, dass weniger Unfälle passierenvon 0 (trifft nicht zu) bis 3 (trifft voll zu)

4,212,812,4

56,1

27,4

4,2

25,9

57,9

4,212,0

29,1

54,0

0

20

40

60

80

100

trifft nicht zu trifft weniger zu trifft eher zu trifft voll zu

NG = 574, NE = 309, NK = 265

in %

der

Bef

ragt

en

Gesamt Experimentalgruppe Kontrollgruppe

Mittelwerte: E = 2,38 K = 2,33Streuungen: E = 0,85 K = 0,85

17

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Abbildung 8: Beurteilung der Eindeutigkeit von Verboten

Eindeutige Verbote (z. B. 0,0 Promille) geben mehr Klarheit, wie man sich verhalten soll von 0 (trifft nicht zu) bis 3 (trifft voll zu)

4,9

52,7

16,9

52,1

25,3

5,7

24,2

51,6

6,5

17,726,5

15,9

0

20

40

60

80

100

trifft nicht zu trifft weniger zu trifft eher zu trifft voll zu

NG = 574, NE = 310, NK = 264

in %

der

Bef

ragt

en

Gesamt Experimentalgruppe Kontrollgruppe

Mittelwerte: E = 2,21 K = 2,27Streuungen: E = 0,95 K = 0,90

Außerdem wünschen sich die Befragten ein klares Feedback über ihr eigenes fahrerisches Können. Der FDS, so wie er aktuell konzipiert ist, vermag dieses Feedback nicht zu geben.

Abbildung 9: Bedarf nach Einschätzung der Fahrfähigkeiten

Ich würde gern objektiv wissen, wie gut ich fahrevon 0 (trifft nicht zu) bis 3 (trifft voll zu)

2,7

17,1

44,5

15,0

45,636,6

2,8

37,3

46,5

2,8

13,3

35,7

0

20

40

60

80

100

trifft nicht zu trifft weniger zu trifft eher zu trifft voll zu

NG = 579, NE = 316, NK = 263

in %

der

Bef

ragt

en

Gesamt Experimentalgruppe KontrollgruppeMittelwerte: E = 2,28 K = 2,22Streuungen: E = 0,80 K = 0,82

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Die beschriebenen Cluster hinsichtlich der Einstellungs- und Verhaltensmuster „Innengleitet“ und „Außengeleitet“ lassen sich auf die Motivstrukturen des Fahren-Lernens unter Einfluss des FDS beziehen.

Abbildung 10: Einordnung unterschiedlicher Fahrtypen in die Motivstrukturen des Fahren-Lernens unter Einfluss des FDS

Ambivalente Schutzsuche

Denkender Tausendfüßler

Vernünftiges Pilotieren

High Score Spiele

Aggressives Sabotieren

Ausblenden

Reflexionsprozesse

des Fahrens

Gutes Durchkommen und optimales

Einpegeln zwischen Ex-tremen

Elektronische Skalierung des Autofahrens

Minimal-invasive Bewusstmachung

Fortsetzung und Bewahrung der

Autonomie durch Verdrängung

Auto-Nomisierung

Bezogen auf die Motive des Fahren-Lernens unter Einfluss des FDS zeigen sich bei den In-nengeleiteten deutlich stärkere Autonomietendenzen (Auto-Nomisierung) als bei dem Au-ßengeleiteten. Durch den Blackbox-Charakter der im Projekt verwendeten Fahrdatenspei-cher-Version wird eine kritische Auseinandersetzung oder gar ein sinnvoller Dialog mit dem Fahrdatenspeicher erschwert. Insofern erlebt man ihn als übergeordnete, „erzieherische“ und ungeliebte Instanz, die gleichsam die „Ich-Stärke“ des Innengeleiteten auf die Probe stellt (Minimal-invasive Bewußtmachung). Die Folge ist vielfach Kritik und Ablehnung (Wahrung der Autonomie durch Verdrängung).

Der Fahrdatenspeicher selbst – in seiner momentanen Konzeption, ohne Benutzeroberfläche – verkörpert das Prinzip der Fremdbestimmung durch eine höhere Macht. Andererseits weist der FDS durchaus auch in der eher kritischen Gruppe der Innengeleiteten das Potenzial zu einem sinnvollen Begleitinstrument für den Verkehrsalltag auf. Der anfängliche Protest weicht bei manchen einer reflektierten Haltung und dem Bestreben, „gemeinsam“ mit diesem

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Gerät gut durchzukommen. So erhält der FDS gleichsam seinen Platz als Internalisierungshil-fe, was wiederum die Autonomiebestrebungen stützt.

Bei den Innengeleiteten zeigen sich schwerpunktmäßig folgende Typen des Umgangs mit dem FDS, die sich in dem beschriebenen Motivgefüge verorten lassen (grün markiert, s.o.).

− Aggressives Sabotieren: In dem Bestreben, die Autonomie wieder herzustellen entladen sich Aggressionen teilweise unbemerkt gegen den Apparat, der als störendes Implantat angesehen wird, mit dem man sich nicht sinnvoll auseinandersetzen kann.

− Vernünftiges Pilotieren: Hier gelingt es, den FDS im Sinne einer souveränen und vor-ausschauenden Fahrweise zu instrumentalisieren. Der Fahrer übt sich darin, den Apparat zu möglichst wenigen „kritischen“ Lauten zu veranlassen. Eine Benutzeroberfläche, die einen sinnvollen Dialog mit dem FDS ermöglicht, würde diese Umgangsform stark be-günstigen.

− High Score Spiele: Diese Umgangsform lässt sich aus zweierlei Perspektive betrachten (zweifarbige Markierung). Aus der Perspektive des Innengeleiteten, wird versucht, Auto-nomie dadurch wieder herzustellen, dass aus dem Umgang mit dem FDS ein Spiel ge-macht wird, bei dem es darum geht, eine möglichst gute Punktzahl zu erreichen („im grü-nen Bereich bleiben“). Gleichzeitig gelingt eine Art Sinnstiftung, indem man die un-scheinbare „Blackbox“ in einen „High Tech-Kontext“ rückt.

Aus der Perspektive des Außengeleiteten bedeutet diese Umgangsform, dass man die Norm, die der FDS verkörpert, möglichst optimal erfüllt („Klassenbester werden“ / „stär-kere Leistungsorientierung“ vgl. Tabelle).

Bei den Außengeleiteten spielt die Entwicklung der Autonomie zunächst eine untergeordnete Rolle. Wichtiger ist der Halt durch eine übergeordnete Instanzen, die die Regeln vorgeben und Auskunft darüber geben, wo man steht (Elektronische Skalierung des Autofahrens). Der FDS in seiner jetzigen Version wird vergleichsweise weniger als „Kränkung“ erlebt und er-freut sich bei den Außengeleiteten einer signifikant höheren Akzeptanz (vgl. Tabelle: Einstel-lung zum FDS bei Projektbeginn, Einstellung zum FDS nach einjähriger Projektteilnahme).

Bei den Außengeleiteten zeigen sich schwerpunktmäßig folgende Typen des Umgangs mit dem FDS, die sich in dem beschriebenen Motivgefüge lokalisieren lassen (rote Markierung, s.o.).

− Ausblenden: Hier wird eine Auseinandersetzung mit dem FDS vermieden, indem der Apparat ganz einfach ausgeblendet wird. Im Vergleich mit dem „aggressiven Sabotieren“ ist dies eine archaischere Umgangsform, die mit einer geringeren „Ich-Stärke“ in Verbin-dung zu bringen ist.

− Ambivalente Schutzsuche: Bei dieser Umgangsform repräsentiert der FDS die Orientie-rung und den Halt durch eine höhere Instanz. Ambivalent ist diese Umgangsform des-halb, da die höhere Instanz, die einen zu beschützen verspricht, sich auch strafend gegen einen wenden kann. Auch hier wird keine kritische Auseinandersetzung gesucht.

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− Denkender Tausendfüßler: Hier handelt es sich um junge Fahrer, die hinsichtlich ihres fahrerischen Könnens noch sehr unsicher sind und deren Unsicherheit durch den FDS e-her noch potenziert wird. Sie kommen schnell aus dem Konzept, vor allem dann, wenn sie über die beim Autofahren notwendigen Tätigkeiten nachzudenken beginnen. Das Ideal einer souveränen, vorrausschauenden und pilotierenden Fahrweise wird hier verfehlt. Als Extremform wird der „denkende Tausendfüßler“ zu einem Spielball äußerer Einflüsse.

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2.4 Gewöhnungseffekte im Zusammenhang des Fahrens mit Fahrdaten-speicher

Ein besonderes Interesse galt in diesem Projekt auch der Frage, ob sich aus den Antworten der Befragten Rückschlüsse über Gewöhnungseffekte ziehen lassen und wie diese Gewöh-nungseffekte geartet sind. Diese Frage ist insofern von Bedeutung, als hiervon auch die Ein-schätzung des FDS im Sinne einer Sicherheitswirkung betroffen ist. Gesucht werden Antwor-ten darauf, ob und in welchem Maße man von einer sicherheitszuträglichen Wirkung des FDS ausgehen kann, wie diese Wirkung über einen längeren Zeitraum beschaffen ist und ob etwa die standardmäßige Implementierung des FDS in Fahrzeugen zu gegenläufigen Effekten führen kann, wie sie z.B. mit dem Mechanismus der Risikokompensation beschrieben wer-den.

Im Überblick auf die Fragen und Statements des Fragebogens, die das Thema betreffen, lässt sich vorweg feststellen, dass das Antwortverhalten der Befragten aus der Experimentalgruppe verschiedene Phasen der Auseinandersetzung mit dem FDS beschreibt und dass man hier im Detail von Gewöhnung als einem Prozess der Gewinnung einer Haltung zum FDS und seiner allmählichen, psychodynamisch erlebten Implementierung in das Fahrverhalten sprechen kann.

Aufregung

71,5 % aller Befragten aus der Experimentalgruppe stimmen dem Statement „Am Anfang find ich den FDS ziemlich aufregend“ voll oder eher zu.

Dieses „Bekenntnis“ der Befragten lässt sich sicherlich auch auf die Projektteilnahme an sich beziehen: das Mitmachen bei einem Projekt ist nichts Alltägliches. Das Ausmaß der Zustim-mung zum Statement „Aufregung“ aber ist vor allem dem gewachsenen Standing der Projekt-teilnehmer zu danken, die genügend Abstand zu den Dynamiken des Fahrens mit FDS ge-wonnen haben, um darüber realistisch zu reden.

67,3 % der Befragen aus der Experimentalgruppe stimmen dem Statement „Am Anfang des Projekts habe ich gedacht, ich würde anders fahren, bin dann aber doch genauso wie vorhergefahren“ voll oder eher zu.

Der FDS stört die schnelle und ungebrochene Aneignung der Straße. Er wirkt zunächst irri-tierend und verunsichernd. Welche Wirkungen man ihm zu Anfang auch immer zuordnen mag – es wird diesem Gerät unterstellt, dass es Wirkungen hat.

Immerhin 34 % der Befragten aus der Experimentalgruppe bemerken, dass sie zu Beginn des Projektes sehr darauf geachtet haben, keine Fehler zu machen.

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Anstrengung

Mit der Zeit stellen sich positive Wirkungen heraus, die dem FDS zugebilligt werden. Nach-dem die Fahrer aus der Experimentalgruppe nicht mehr zu den typisch jungen Fahrern gehö-ren, können sie über „die Fahranfänger“ sprechen (Mechanismus der Projektion) und dem FDS heilsame Kräfte unterstellen:

54,4 % der Befragten glauben nach ihrer mehrjährigen Projekterfahrung, dass Fahranfän-ger mit diesem Gerät in der Probezeit seltener Verkehrsverstöße begehen als ohne.

Der FDS jedoch hat auch eine anstrengende Seite; er beansprucht Aufmerksamkeit und es gelingt erst mit der Zeit, ihn als einen zumeist stummen Begleiter zu integrieren. Diese an-strengende Seite resultiert nicht allein aus der kontrollierenden, auch ängstigenden Funktion der Datenspeicherung; die Anstrengung hat psychologisch ihren Ursprung auch darin, dass das Gerät hinsichtlich seiner Funktionen, seiner Informationen und eventuell daraus zu fol-gernder Konsequenzen unanschaulich bleibt.

32,6 % der Befragten aus NE bekräftigen, dass das Piepen des FDS beim Anlassen manchmal nerve.

18 % der Befragten aus dieser Gruppe bezweifeln, dass man nach einiger Zeit den FDS im Auto vergessen könne.

Produktive Auseinandersetzung

Im weiteren Verlauf des Fahrens mit FDS stellt sich dann eine Phase her, in der gleichsam die produktive Seite dieses Gerätes in den Vordergrund rückt und die Bereitschaft wächst, den FDS in den eigenen Fahrstil und die persönliche Einstellung zum Fahren zu integrieren.

38 % der Befragten aus NE schätzen, dass die Projektteilnahme und die konkrete Ausei-nandersetzung mit dem FDS ihre Wahrnehmung von Verkehrssituationen dahingehend verändert hat, dass sie zunehmend mehr gefährliche Situationen im Straßenverkehr er-kennen.

Ein Viertel der Befragten (25 %) bekundet, man habe es sich durch den FDS angewöhnt, Vorschriften im Straßenverkehr genauer zu beachten und dies auch beibehalten.

Zustimmung und Akzeptanz

Die Beschäftigung mit dem FDS geht schließlich in eine Phase des Selbstverständlich-Werdens über.

99,4 % der Fahrer aus NE lehnen die Behauptung ab, sich jemals mit dem FDS im Wagen vor seinen Freunden „blöd“ vorgekommen zu sein.

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Sicherlich ist das hohe Maß an Ablehnung genau dieses Statements auch aus Gründen nach-träglicher Abwiegelung und Beschönigung einstiger Unsicherheit und Skepsis zu verstehen. Jedoch sagt diese Zahl nicht zuletzt etwas über das Selbstverständnis aus, das sich die Fahrer mittlerweile angeeignet haben und das ihnen eine relativ souveräne Identifikation mit dem FDS und seinen Funktionen (damit einher gehend auch die Verdrängung früherer Unsicher-heit) erlaubt.

57,2 % der Befragten stellen fest, dass mit Beifahrern schon mal über den FDS gespro-chen werde.

Die Fahrer der Experimentalgruppe sind „im Training“ mit FDS und betonen mit ihrer Aus-sage, dass sie sich befugt fühlen, etwas „mit Hand und Fuß“ zum Thema zu sagen.

Es passt zu dem hohen Grad der Selbstverständlichkeit des FDS, dass rd. zwei Drittel der Fahrer dieses Gerät weiter in Gebrauch, dagegen nur wenige es ausgebaut oder abgeklemmt haben – was technisch ohne weiteres auch für den Laien möglich wäre.

Abbildung 11: Weiternutzung des FDS

Nach Projektbschluss habe ich den FDS...

1,3

12,610,0

63,2

18,7

10,6

0

20

40

60

80

100

weiter in Gebrauch nicht mehr in Gebrauch abgeklemmt in neues Fz eingebaut mit altem Fz verkauft ausgebaut

(mehrere Antworten möglich) NE= 310

in %

der

Bef

ragt

en

Experimentalgruppe

Nüchterne Bewertung zum Stellenwert des FDS

Rund ein Drittel (32,1 %) der Fahrer aus NE billigt dem FDS dezidiert zu, dass er Einfluss auf ihr aktuelles Fahrverhalten habe. Gemäß dem hohen Grad an weiterhin im Fahrzeug in-stallierten, funktionstüchtigen Fahrdatenspeichern kann man davon sprechen, dass sich viele

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Fahrer eine Erwartungshaltung gegenüber dem FDS bewahrt haben und ihm hinsichtlich Wirkung auf Sicherheit einigen Stellenwert zumessen.

Die Befragung aber führt auch zu Ergebnissen, die eine gewisse Enttäuschung und Distanz zum FDS erkennen lassen. 61,5 % der Befragten aus der Experimentalgruppe lehnen Überle-gungen zur Einführung einer 2-phasigen Fahrausbildung ab, im Vergleich zu 53,6 % der Be-fragten aus der Kontrollgruppe. Hier ist eine Sättigung am Fahrdatenspeicher zu erkennen; nach jahrelanger Projektteilnahme hat man „genug“ und präferiert lieber ein Sicherheitstrai-ning, statt mit FDS zu fahren (65,5 % NE).

Nach unserer Einschätzung hat diese eher nüchterne, den Fragebogen abschließende Bewer-tung des FDS mit dem Grad an technischer Implementierung zu tun, den man diesem Gerät mit seiner jetzigen Version gewährt hat. Psychologisch betrachtet ist das Gerät im Status der „Black Box“ verblieben, akustisch nur rudimentär, ansonsten gar nicht wahrnehmbar – eine anstrengende Konstellation der Auseinandersetzung mit einem datenspeichernden Gerät, dem man einstmals insgeheim so viel Wirkung unterstellt hat.

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2.5 Der Nutzen des Fahrdatenspeichers aus Sicht junger Fahrer

Für die Wirkungsabschätzung des Fahrdatenspeichers auf das Fahrverhalten und seine Implementierungs-Chancen in den Lebens- und Fahrwelten der jungen Fahrer ist es notwen-dig, auch eine Nutzenabschätzung vorzunehmen. Diese Nutzenabschätzung muss über Fragen der Sicherheitswirkung des FDS – wie in den vorhergehenden Kapiteln behandelt – hinaus gehen. Denn gerade den jungen Fahrern wie auch anderen Fahrergruppen geht es beim Fah-ren niemals nur um Fragen der Sicherheit; eher das Gegenteil ist bei vielen motorisierten Fahrern der Fall. Deshalb zentrieren sich die im Folgenden dargestellten Befragungsbefunde und die daran anknüpfenden Überlegungen um die pragmatische Frage: „What’s in it for me?“ Mit dieser Ausrichtung auch auf die nüchterne Frage nach dem Nutzen kann in der Summe dann ein umfassendes Bild der Akzeptanz, der Erwartungen und Zuschreibungen der jungen Fahrer an den Fahrdatenspeicher gewonnen werden.

Verschiedenartige Nutzenerwägungen

Unter Betrachtung verschiedener, während der Befragung berührter Aspekte fällt auf, dass junge Fahrer an den Fahrdatenspeicher mehrere Nutzenerwartungen knüpfen.

Abbildung 12: Nutzen des FDS

Für mich hat (hätte) der FDS folgenden Nutzen...

13,1

4,3

12,1

3,63,4

89,7

14,211,5

6,53,9 4,9

93,1

15,519,0

96,1

0

20

40

60

80

100

Gefühl, ein guter Fahrer zusein

Sicherheit, im Zweifelsfallmein Recht zu bekommen

hält von unbesonnemFahren ab

Familie/Freunde findengut, dass ich mit FDS

fahre

sehe kaum Vorteile

(mehrere Antworten möglich); NG = 566, NE= 305, NK = 261

in %

der

Bef

ragt

en

gesamt Experimentalgruppe Kontrollgruppe

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Rechtsbeistand

Die Hoffnung, mit dem Fahrdatenspeicher im Auto einen „eingebauten Rechtsbeistand“ mit sich zu führen, wiegt bei den Befragten am stärksten; 93,1 % (NG) wünschen, im Zweifels-fall mit Hilfe des FDS ihr Recht zu bekommen. Dass der FDS hier so hoch punktet, erklärt sich aus der erlebten Unsicherheit der jungen Fahrer. Mit einem sehr hektischen, von tiefgrei-fenden Widersprüchen zwischen offiziellen Gesetzen und inoffiziellem „Gesetz der Straße“ geprägten Verkehrsumfeld konfrontiert, sehnen sie Unterstützung und unumstößliche Fakten für den Fall herbei, dass es zu Streitigkeiten etwa bei der Schuldklärung kommen sollte. Wie wichtig den jungen Fahrern dies ist, machen zwei weitere Zahlen deutlich:

Rund zwei Drittel (63,2 %) der Fahrer (NE) haben den Fahrdatenspeicher weiter in Ge-brauch.

Nur 32,9 % der Befragten (aus NE) stimmen dem Statement „Wenn ich im Recht bin, dann fahre ich auch so. Der FDS kann das im Zweifelsfall ja auch bestätigen“ eher oder voll zu.

Vor allem die letztere Zahl gibt einen Blick darauf, dass es dieser Fahrergruppe gar nicht so sehr darauf ankommt, im Sinne eines ungebrochenen Agierens zu fahren, „wenn und weil man im Recht ist“. Es geht diesen Fahrern vielmehr darum, mit dem FDS besser davor gefeit zu sein, ins Unrecht gesetzt zu werden.

Schutzengel und guter Beifahrer

19 % aller Befragten beobachten, dass ihre familiären Angehörigen oder ihre Freunde das Fahren mit FDS befürworten. Dieses Datum gibt einen Hinweis darauf, wie sehr Fragen des Fahrens in das persönliche Beziehungsgefüge des Fahrers eingebettet sind und einen wie ho-hen Stellenwert dabei Fragen der Sicherheit und des Schutzes ausmachen. Der Fahrdaten-speicher steht hier in Funktion eines Schutzengels für den Sohn oder den Freund; er soll Sor-ge für sicheres Fahren tragen, weil man selber nicht ständig dafür sorgen kann. In diesem Zusammenhang stellen 13,1 % der Befragten auch fest, dass ein FDS von unbesonnenem Fahren abhalten könne – als spürten sie für manche Lebens- und Verkehrssituationen ihren Bedarf nach einem standfesten Freund oder verständnisvollen Eltern, die sie von „Dummhei-ten“ abhalten sollten.

„State of the Art“ – Teilhabe an modernen Lifestyles

Den Fahrdatenspeicher nehmen die jungen Fahrer jedoch nicht allein als eine Art Fortsetzung der elterlichen Schutzmacht wahr. Er steht im Gegenlauf dazu auch für die Emanzipation von Abhängigkeit und Protektion. Den jungen Fahrern ist ein gut ausgerüstetes und technisch einwandfreies Fahrzeug sehr wichtig, wie die Zustimmung von 97 % aller Befragten zeigt. Hier kann der FDS eine bedeutsame Rolle spielen, insofern er ein technologisch sehr moder-nes und zukunftsorientiertes Instrument darstellt, mit dem man sein Fahrzeug und damit auch

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sich – gemäß der Vorstellung von einem gut integrierten Körperschema – gern ausgestattet wissen will. Der FDS und seine Akzeptanz aber repräsentiert auch die Internalisierung eines guten Fahrstils, mit dessen Entwicklung man seine Selbstständigkeit beweist. Der FDS als „State of the Art“ – Zeichen für Können und Modernität.

Abbildung 13: Bedeutung des technischen Zustandes des Autos

Ein gut ausgerüstetes und technisch einwandfreies Fahrzeug ist wichtigvon 0 (trifft nicht zu) bis 3 (trifft voll zu)

0,4 3,02,3

78,7

18,3

0,7

16,5

80,9

1,0 1,6

20,4

76,2

0

20

40

60

80

100

trifft nicht zu trifft weniger zu trifft eher zu trifft voll zu

NG = 574, NE = 309, NK = 265

in %

der

Bef

ragt

en

Gesamt Experimentalgruppe Kontrollgruppe

Mittelwerte: E = 2,77 K = 2,72Streuungen: E = 0,52 K = 0,53

Anhalt und Feedbackgeber

Die Zustimmung zu dem Statement „Ich würde gerne objektiv wissen, wie gut ich fahre“ (87,8 % der Befragten) stellt auf den ersten Blick einen überraschend hohen Wert dar. Vor dem Hintergrund des Fahren-Lernens in unserer Fahrkultur, mit ihren widersprüchlichen, indifferenten und verunsichernden Botschaften aber erscheint sie nur zu verständlich. Aus ihren Projekterfahrungen heraus greifen die jungen Fahrer auf den FDS als ein Mess- und Maßinstrument, mit dessen Hilfe sie sich selbst, auch ihr Fahrkönnen besser reflektieren und einschätzen können. Sie brauchen nicht nur feste Regeln, an denen sich Maß nehmen lässt, sondern auch Feedbackgeber, an denen sie ablesen können, ob sie sich mit ihrem Fahrstil im „roten“ oder „grünen“ Bereich bewegen.

Der FDS und sein direkter Nutzen

94,3 % aller Befragten (NG) stimmen dem Statement zu, dass eine niedrigere Kfz-Versicherung für Autos mit FDS ein interessanter Anreiz wäre. Weitere 56,8 % aller Befrag-ten halten den FDS für eine geeignete Auflage, falls man die Fahrerlaubnis mit 17 Jahren

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erwerben möchte. An diesen Daten und ihren Aspekten der pragmatischen Nutzenabwägung lässt sich ablesen, wie weitgehend die Auseinandersetzung der Projektteilnehmer im Projekt gediehen ist und wie selbstverständlich sie den FDS auf ihren Erfahrungs- und Vorstellungs-horizont beziehen können. Der FDS als ein passendes Tauschmittel, mit dem man sich mehr Einbindung, Verpflichtung und Kontrolle einhandelt; mit dem sich aber auch mehr Freiheit im Sinne früherer Unabhängigkeit und eine günstigere Kostensituation gewinnen lassen.

Letztlich sind die Nutzenerwägungen der Fahrer an den FDS in ein Verhältnis der Ambiva-lenz zu rücken: Einerseits werden dieser Art der Fahrzeugausstattung durchaus hohe Erwar-tungen und Akzeptanz entgegen gebracht; man bedenke in diesem Zusammenhang allein schon die hohe Zahl der auch nach Projektende weiterhin im Gebrauch befindlichen Geräte. Andererseits leidet der FDS in seiner momentan verwendeten Version unter dem Manko ei-ner zu geringen Anschaulichkeit und „Oberfläche“, die allen beschriebenen Erwartungen und Bedarfen der jungen Fahrer zuwider läuft. Die Enttäuschung, auch ein gewisser Unwille dar-über ist so groß, dass sich viele der Befragten die Gelegenheit nicht entgehen lassen, bei der Frage nach ihren Präferenzen, im Vergleich zwischen FDS und Fahrsicherheitstraining dem letzteren den Vorzug zu geben (66,4 %).

In der Zusammenfassung jedoch bleibt fest zu halten, dass die Auseinandersetzung der jun-gen Fahrer mit dem FDS eine Bandbreite verschiedenartiger Nutzen eröffnet. Ganz wesent-lich daran ist insbesondere die Erkenntnis, dass junge Fahrer dieses technische Gerät unmit-telbar auf ihre spezifische Situation beziehen können und dass sie dem FDS Wirkung und Hilfsfunktion zumessen. Bei einer veränderten, bedarfsangepassten Oberflächen-Version des FDS wäre durchaus mit einer noch höheren Akzeptanz des Gerätes zu rechnen. Im Rückbe-zug auf Sicherheitsbelange kann an dieser Stelle der Schluss gezogen werden, dass auf Basis der beschriebenen Nutzenerwartungen und damit einher gehender „Realitätstüchtigkeit“ einer weitergehender optimierten, auf das Ziel „Benutzerfreundlichkeit“ ausgerichteten Version des FDS auch seine Sicherheitswirkung und seine präventiven Wirkungen ein höheres Maß erreichen dürften.

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2.6 Formen und Module der Fahrausbildung aus Sicht junger Fahrer

Ein Schwerpunkt der Nachbefragung von Fahrern aus dem FDS-Projekt leitete sich aus dem Interesse ab, etwas darüber zu erfahren, was junge Fahrer mit mehrjähriger Erfahrung und Reflexion aus einem Verkehrsprojekt über verschiedene Formen und Module der Fahrausbil-dung denken.

Die Situation junger Fahrer – zwischen Unsicherheit und Perfektionszwang

Es gehört zur Entwicklungspsychologie jungen Fahrens, dass es durch ein Ausprobieren von Maßverhältnissen gekennzeichnet ist: Wann ist was zu viel, wann zu wenig (Motorausstat-tung – Gas geben – Lenkbewegungen – Bremsen – Alkohol/Drogen – Einhaltung von Re-geln)? Die jungen Fahrer sehen sich eingespannt zwischen Mächten, die sie noch nicht ken-nen bzw. austariert haben:

1. Die Eigenkräfte und Dynamiken, die in Autonomiebestrebungen und mehr oder weniger heftigen Wünschen nach Ausleben und Ausagieren zum Ausdruck kommen.

2. Die Kräfte des Fahrzeugs, die sie hinsichtlich ihrer Ausmaße und Eigenarten in verschie-denen Situationen erst noch einschätzen lernen müssen.

3. Die Straßenverkehrsordnung und die Fahrerlaubnisregelungen, die eine offizielle Version vom Straßenverkehr geben, mit entsprechenden Einschränkungen, Verboten und Sankti-onsdrohungen.

4. Die „Hidden Agenda“ des Straßenverkehrsalltags, die man mit der Zeit auch lernen muss und die etwa besagt, dass Fahren viel mit Interpretation und Auslegung zu tun hat, man also einen souveränen Umgang z.B. mit Geschwindigkeitsbegrenzungen finden muss.

Das Zusammenspiel dieser Kräfte ist zudem überdeterminiert durch gesellschaftlich-kulturelle Leitbilder, die mit Begriffen wie „Mobilitätseuphorie“ oder „Perfektionszwang“ zu beschreiben sind und die junge Leute beim Fahren in den Stress setzen, so zu tun, als hätten sie immer schon „alles im Griff“, ohne Übergänge, ohne allmähliches Lernen und dabei not-wendig einher gehende Stolperphasen.

Diese Hintergrundbedingungen sind es, die viele junge Fahrer eine mehr oder weniger unein-gestandene Sehnsucht nach klaren „Leitplanken“ für das Fahren, nach Sicherheit und Füh-rung spüren lässt.

Mehr als drei Viertel aller Befragten (77,4 %) der Gesamtgruppe halten das Statement „Eindeutige Verbote (z.B. 0,0 ‰) geben mehr Klarheit, wie man sich verhalten soll“ für voll oder für eher zutreffend.

Dem Statement „Drogen passen nicht zum Autofahren“ stimmen 93,6 % aller Befragten zu.

Ein Großteil aller Befragten (83,5 %) ist der Meinung, dass ein absolutes Alkoholverbot für Fahranfänger zu weniger Unfällen führen würde.

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Die jungen Fahrer „schreien“ nach festen Regeln, weil zum Lernen zunächst die Aneignung klarer Konstanten und Gesetze gehört. Erst nachfolgend macht es Sinn, sich auch das Variie-ren, d.h. das Interpretieren und Auslegen von Regeln und damit die „andere“, ebenso bedeut-same Seite der Straßenverkehrsrealität anzueignen. Die Akzeptanz absoluter Regeln und Verbote ist als eine echte, „aus Not geborene“ Akzeptanz einzuordnen. Entsprechende Um-setzungen im Gesetzeswerk würden vielen jungen Fahrern mehr Halt und Sicherheit, insbe-sondere auch bei Konfliktsituationen in der Clique geben.

Realistische Selbsteinschätzung

Verschiedene Fragen aus der Befragung zu konkreten Fahranforderungen geben Auskunft darüber, dass viele junge Fahrer ein Bewusstsein ihrer Unsicherheit haben und dass sie die Bereitschaft mitbringen, diese Unsicherheit zu reflektieren und zu benennen. Die folgenden Grafiken rücken typische Problemfälle jungen Fahrens in den Blick:

Aber auch bei weniger exponiert scheinenden Verkehrssituationen zeigen sich die Befragten problembewusst.

So stimmen 91,5% aller Befragten dem Statement zu, dass Fahranfänger Schwierigkeiten haben, zügig und sicher einzuparken.

Bei ihrer Betrachtung der Fahrkünste älterer Fahrer im Straßenverkehr lassen es sich die Be-fragten nicht nehmen, zu einer eher kritischen Bewertung zu kommen.

60% der Befragten sind der Meinung, dass die älteren Autofahrer riskanter fahren als jün-gere und dass man auch dieser Fahrergruppe mehr Aufmerksamkeit schenken sollte.

Abbildung 14: Schwierigkeiten beim Einparken

Fahranfänger haben Schwierigkeiten, zügig und sicher einzuparkenvon 0 (trifft nicht zu) bis 3 (trifft voll zu)

1,18,4

31,3

7,8

27,7

63,8

0,7

67,7

24,7

0,37,3

59,2

0

20

40

60

80

100

trifft nicht zu trifft weniger zu trifft eher zu trifft voll zu

NG = 578, NE = 316, NK = 262

in %

der

Bef

ragt

en

Gesamt Experimentalgruppe Kontrollgruppe

Mittelwerte: E = 2,17 K = 2,21Streuungen: E = 0,55 K = 0,63

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Abbildung 15: Schwierigkeiten beim Kurvenfahren

Fahranfänger haben Schwierigkeiten, Kurven richtig einzuschätzenvon 0 (trifft nicht zu) bis 3 (trifft voll zu)

0,4

28,4

14,0

23,2

62,2

0,5

64,6

19,0

0,6

15,8

59,4

11,9

0

20

40

60

80

100

trifft nicht zu trifft weniger zu trifft eher zu trifft voll zu

NG = 577, NE = 316, NK = 261 ** Mittelwerte unterscheiden sich signifikant auf 99%-Niveau

in %

der

Bef

ragt

en

Gesamt Experimentalgruppe Kontrollgruppe

Mittelwerte: E = 2,02 K = 2,16**Streuungen: E = 0,61 K = 0,63

Abbildung 16: Verhalten in Bremssituationen

Als Fahranfänger kann es einem passieren, dass man zu zögerlich bremstvon 0 (trifft nicht zu) bis 3 (trifft voll zu)

1,5

28,719,2

32,0

17,4

48,7

1,9

47,1

15,9

2,2

34,7

50,6

0

20

40

60

80

100

trifft nicht zu trifft weniger zu trifft eher zu trifft voll zu

NG = 575, NE = 314, NK = 261

in %

der

Bef

ragt

en

Gesamt Experimentalgruppe Kontrollgruppe

Mittelwerte: E = 1,77 K = 1,87Streuungen: E = 0,74 K = 0,73

Allerdings führt diese eher skeptische Einschätzung der älteren Fahrer nicht etwa zu einer Haltung des Aufrechnens oder zu einem gesteigerten Beharren auf die eigenen Rechte und Künste als Fahrer. Im Gegenteil, es zeugt vielmehr von einem relativ hohen Problembewusst-sein der Befragten, dass sie sich kein ungebrochenes Selbstbewusstsein „gönnen“.

80.9% aller Befragten verneinen etwa das Statement, dass man nach 2 Jahren Fahrerfah-rung ein sicherer Fahrer sei.

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Erlebte Widersprüche

In Bezug auf die Einstellung zur Fahrausbildung weist das Antwortverhalten der jungen Fah-rer auf den ersten Blick einige Inkonsistenz auf.

71,2% der Befragten beteuern, dass ihre Fahrschulausbildung nicht besser hätte sein kön-nen.

Die gleichen Befragten (65,4%) wiederum stellen an anderer Stelle fest, dass sich die wichtigen Erfahrungen, die man als Fahrer macht, in der Fahrausbildung kaum wieder finden lassen.

Der scheinbar krasse Widerspruch bei diesen Antworten ist jedoch nicht etwa als rationaler Bruch, als Resultat beliebigen Ankreuzens beim Beantworten oder als Produktion erwünsch-ter Antworten zu interpretieren. Vielmehr ist hier von einem erlebten Widerspruch objektiver Erfahrungen zu sprechen, wie sie sich jungen Fahren vor allem in den ersten Jahren der mo-torisierten Verkehrsteilnahme darstellen. Die jungen Fahrer würdigen die Leistung ihrer Fahrschule und stellen darüber hinaus fest, dass es noch andere Realitäten im Straßenverkehr kennen zu lernen gilt.

Konkrete Vorstellungen und Anforderungen

Die jungen Fahrer wollen wissen, auf welche Bedingungen sie beim Fahren treffen; und sie wollen rechtzeitig und wiederkehrend darüber informiert werden bzw. Informationen austau-schen.

So stimmen 82,6% aller Befragten dem Statement zu, dass das Verhalten im Straßenver-kehr bereits im Schulunterricht viel öfter thematisiert werden sollte.

Immerhin 49,4% der Befragten lassen sich den Hinweis entlocken, dass es „manchmal gut (wäre), innerhalb der Probezeit zu einem Erfahrungsaustausch eingeladen zu werden.“

Von allen Befragten begrüßten 87,8% die Überlegung, nach der Fahrschulzeit an einem Sicherheitstraining teilzunehmen.

Nicht zuletzt erklärten insgesamt 82,2% aller Befragten, dass sie gerne objektiv wüssten, wie gut sie fahren.

Präferenzen für die Fahrausbildung und Weiterbildung

Die Präferenzen der Befragten für verschiedene Module der Fahrausbildung ergeben ein brei-tes und zugleich ausgewogenes Bild.

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Abbildung 17: Verbesserungsmöglichkeiten für die Fahrausbildung

Was hat nach Ihrer Ansicht in der Fahrausbildung oder danach gefehlt? Wenn Sie die Fahrausbildung gestalten könnten, für welche Elemente bzw. Angebote würden Sie plädieren?

45,5

48,1

8,9

6,1

1,8

41,7

77,9

15,2

37,3

15,7

8,4

33,0

41,5

46,5

12,6

7,6

4,0

2,0

41,2

77,1

15,0

43,2

14,6

8,6

31,6

38,5

8,5

50,0

50,0

12,7

10,4

8,5

1,5

42,3

78,8

15,4

30,4

16,9

8,1

34,6

7,5

12,7

38,538,5

6,6

0,0 20,0 40,0 60,0 80,0 100,0

später noch Rückmeldung

Informationsveranstaltung

Fahr-Spar-Training

Pannenkurs

Hotline für Fragen

Eventwochenende mit

Infopost

Nichts davon

mehr Hintergrundwissen

Schleuderkurs

Veranstaltungen in der Region

Erste-Hilfe-Kurs

Schrauberkurs

Gruppenfahrt mit Erfahrungsaustausch

Rangier-Training

(mehrere Antworten möglich) NG = 564, NE= 305, NK = 259

in % der Befragten

KontrollgruppeExperimentalgruppe Gesamt

An den aus dieser Präferenzliste herausstechenden Zahlen ist zum einen bemerkenswert der Bedarf danach, die verschiedenen Anforderungen und Bereiche des Fahrens in allen Facetten auszuloten: Wissen was man an Kräften zu bändigen hat (Schleuderkurs); Umgang mit Pan-nen und Erste-Hilfe-Situationen; Steuern ohne „Anecken“ (Rangieren).

Die Zahlen weisen andererseits daraufhin, dass es einen vergleichbar hohen Bedarf nach Re-flexion und methodischer Behandlung gibt: Mehr Hintergrundwissen haben wollen, Rück-meldung bekommen, Fahrstile ausprobieren, pilotierende Kontrolle trainieren, „schlau sein“ (Fahr und Spar).

Aus diesen Zahlen und den darin implizierten Bedeutungen lassen sich die folgenden Schlussfolgerungen ziehen:

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1. Die jungen Fahrer suchen nach Gelegenheiten, die ihnen die Auseinandersetzung mit konkreten Erfordernissen des Fahralltags erlauben. Diese Gelegenheiten sollen so konkret wie möglich sein und im geschützten Rahmen stattfinden.

2. Es braucht mehr Reflexionsmöglichkeiten für junge Fahrer zur inhaltlichen und persönli-chen Auseinandersetzung mit zwischenzeitlich gemachten Erfahrungen, sowie zur Be-handlung der erlebten Widersprüche zwischen den offiziellen und inoffiziellen Gesetzen der Straße.

3. Junge Fahrer wünschen Rückmeldung über ihr Fahrkönnen, sei es in einer zweiphasigen Fahrausbildung, sei es durch im Fahrzeug implementierte Rückmeldesysteme.

Indem junge Fahrer neben den klassischen Skills auch methodisches Wissen und Einord-nungstechniken vermittelt bekommen, werden sie besser dafür ausgerüstet, mit den Dynami-ken des Verkehrsalltags und seinen verwirrenden Logiken angemessen umzugehen. Sie be-kommen im Rahmen einer zweiphasigen Fahrausbildung auch mehr Systematisierung an die Hand, insofern es darum geht, ein Selbstbild von sich und ein Bild vom eigenen Fahrkönnen zu gewinnen, dem man trauen kann.

Gelegenheiten der Rückmeldung im Rahmen eines solchen Ausbildungsprogramms können nicht zuletzt ein positives, produktives Modell der Initiation darstellen. Rückmeldung sagt einem, wo man steht, im Sinne der Bestätigung oder der Unmissverständlichkeit; sie kann Wirkungen gegen die initiatorische Verkehrung in Form riskanter Fahrmanöver oder Unfälle entfalten.

Zusammenfassend betrachtet bieten die oben beschriebenen Module der Fahrausbildung den jungen Fahrern die Möglichkeit, gegen die Anforderungen und Überforderungen der ersten Jahre im motorisierten Straßenverkehr nicht automatisch mit Selbstschutzmanövern nach dem Motto „Coolness“ zu reagieren, sondern sich Offenheit und Flexibilität gegenüber den eigenen Erfahrungen und emotionalen Dynamiken zu bewahren. Die insbesondere aus Ver-kehrssicherheitssicht unbedingt notwendige Wirkung einer solchen Ausbildungsstruktur liegt darin begründet, dass sie das Einüben von Skills und die Reflexion über Erfahrungen nicht gegeneinander ausspielt (etwa nach dem Motto „Schleuderkurse gegen blasse Theorie“), son-dern zueinander ins Verhältnis setzt.

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3 Zusammenfassung der Befunde und Diskussion

Einfluss des Fahrdatenspeichers auf Einstellungen und Fahrverhalten: Der Vergleich der Befragungsdaten aus Experimental- und Kontrollgruppe ergibt, dass das Fahren mit Fahrdatenspeichern bei den jungen Fahrern Wirkungen zeitigt, die aus Sicht der Verkehrssi-cherheit positiv zu interpretieren sind. Der Fahrdatenspeicher

- sensibilisiert für schwierige Bedingungen und Situationen des Straßenverkehrs, - sorgt für ein gewisses, jedoch nicht handlungsunfähig machendes Maß an Verunsi-

cherung bzw. Brechung von zuviel Selbstbewusstsein und - fördert eine mehr reflexive Haltung zum Fahren.

Verschiedene Einstellungs- und Verhaltensmuster: Aus dem Datenmaterial lassen sich zwei Cluster herausarbeiten, in denen verschiedene Grundmuster jungen Fahrens wie auch der Einstellung zum Fahrdatenspeicher zum Ausdruck kommen. Mit dem einen Cluster lässt sich eine Gruppe der „Innengeleiteten“ identifizieren,

- die einen höheren Bildungsabschluss haben, - weniger Zeit in/mit ihren Autos verbringen, - Ansprüche an Souveränität und Autonomie haben, - den FDS als Kontrollinstrument ablehnen und ihn spielerisch-kritisch zu internalisie-

ren versuchen.

Die Gruppe der „Außengeleiteten“ dagegen

- hat im Durchschnitt einen nicht so hohen Bildungsabschluss, - verbringt mehr Zeit in/mit ihren Fahrzeugen, - ist regelorientierter, - nimmt den FDS eher als eine übergeordnete Instanz wahr, die Auskunft über das

Fahrkönnen gibt.

Von einer einfachen Ablehnung oder Befürwortung bei einem bestimmten Cluster kann nicht gesprochen werden; eher von einer grundsätzlichen Bereitschaft zur Akzeptanz und Nutzung des Fahrdatenspeichers.

Gewöhnungseffekte im Zusammenhang des Fahrens mit dem Fahrdatenspeicher: Das Antwortverhalten der Befragten aus der Experimentalgruppe zeigt auf, dass es mit dem FDS einen Prozess der Gewöhnung gibt, von anfänglicher Aufregung und Unsicherheit, über An-strengung und Auseinandersetzung, bis hin zur Zustimmung. Im zeitlichen Abstand zum Pro-jekt nehmen die Fahrer eine abgeklärte Haltung zum Fahrdatenspeicher ein; dabei dürfte die Unanschaulichkeit und schwierige Begreifbarkeit des FDS (wegen der fehlenden Benutzer-oberfläche) eine erhebliche Rolle spielen. Im Ganzen betrachtet sprechen die Ergebnisse da-für, dass eine weiter entwickelte Version des FDS „mit mehr Oberfläche“ nicht nur höhere Akzeptanz, sondern auch mehr sicherheitszuträgliche, verhaltens- und erlebensregulierende Wirkung entfalten kann.

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Nutzen des Fahrdatenspeichers aus Sicht junger Fahrer: Die befragten Fahrer gewinnen dem Gerät verschiedene Nutzenmöglichkeiten ab:

- Funktion des Rechtsbeistands in Streitfällen und bei der Schuldklärung (siehe hier die ursprüngliche Funktion der Datenspeicherung)

- Feedbackgeber, zur fahrerischen Selbsteinschätzung

- Schutzengelfunktion, im Sinne der Vermeidung unbesonnenen Fahrens

- Modernes Instrument für modernen Lifestyle

- Direkter Nutzen im Falle niedrigerer Kfz-Prämien und der Möglichkeit eines vorgezo-genen Fahrerlaubniserwerbs

Bedarfe an die Fahrausbildung aus Sicht junger Fahrer: In der Gesamtbewertung aller Befragungsdaten ist selbstverständlich in Rechnung zu stellen, dass die befragten Fahrer-gruppen – wie eingangs beschrieben – in mehrerlei Hinsicht eine Positivauswahl darstellen. Deshalb dürfen manche, aus Verkehrssicherheitssicht positive Befragungswerte nicht einfach über die Gesamtheit der Gruppe junger Fahrer gestülpt, wie auch nicht als einfache, im Ver-hältnis 1 zu 1 wörtlich zu nehmende Anfragen an neue Angebote der Fahrausbildung gewer-tet werden. Wie aber bereits dargelegt, reflektieren die in diesem Projekt befragten Fahrer mit ihrem Antwortverhalten auf die Erfahrungen ihrer ersten Fahrerjahre. Insofern sind sie genau das Klientel, das man nach realistischen, auf Ereignisse, Erlebnisse und Dynamiken jungen Fahrens abgeglichenen Bedarfen der Fahrausbildung befragen sollte.

Hinsichtlich einer zukünftigen Gestaltung der Fahrausbildung sehen die befragten Fahrer einerseits die Notwendigkeit weiterer Übung bei den Skills, wie z.B. Rangieren, Kurvenfah-ren, Bremsen. Andererseits nehmen die jungen Fahrer auch Bedarfe der Reflexion über ihre Probleme mit verschiedenen Fahranforderungen und Stress-Situationen im Straßenverkehr wahr. Aus diesen Befunden ergibt sich ein Bedarf für Weiterentwicklung in Richtung einer ausgewogenen Fahrausbildung, in deren Rahmen das Üben von Skills und die Reflexion und Auseinandersetzung darüber nicht gegeneinander ausgespielt, sondern „in einen Guss“ ge-bracht werden.

Der Fahrdatenspeicher aus Sicht der Verkehrssicherheit

Der Fahrdatenspeicher ist in seiner bisher verwendeten Version ein „Prozessor ohne Oberflä-che“. Er führt bei den meisten Fahrern nicht zu Störungen und provoziert keine übermäßige Reaktanz. Im Gegenteil, er stellt ein psychologisch so interessantes Ding dar, dass gegen alle Unanschaulichkeit und Nicht-Begreifbarkeit die Gewöhnung und Auseinandersetzung mit ihm ein relativ hohes Maß erreicht.

Vor diesem Hintergrund einer Implementierung des Fahrdatenspeichers als Black Box ist jedoch festzuhalten, dass er hinsichtlich einer produktiven Integration in die Verhaltensstile junger Fahrer unterhalb seiner Möglichkeiten bleibt. Ergebnisse aus bisherigen Projekten mit einer Verwendung des Fahrdatenspeichers in Fahrzeugflotten von Behörden, Polizei u.ä. verweisen auf hohe, eindeutig nachweisbare Effekte des Gerätes z.B. im Rahmen der Unfall-

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prävention. Auch in diesen Projekten war der Fahrdatenspeicher in den Fahrzeugen nicht mit Benutzeroberflächen verknüpft, wie man es sich etwa durch die Kombination mit einem Na-vigationsbildschirm vorstellen könnte. Die Einbindung der Implementierungsmaßnahme aber in Arbeitsverhältnisse und damit verbundene Schulungen und Führungsstrukturen sorgte al-lein schon für mehr „Nutzung“, trotzdem der Fahrdatenspeicher auch hier nur in Form der Black Box eingebaut war.

Eine ähnliche Form der „Nutzeroberfläche“ ist denkbar, wenn man den Einsatz des Fahrda-tenspeichers mit Anreizsystemen verknüpft. Die Befragungsergebnisse ergeben konkrete An-haltspunkte dafür, dass eine größere Gruppe junger Fahrer den Einbau des Fahrdatenspei-chers dann in Erwägung ziehen würde, wenn dies etwa mit niedrigeren Versicherungsprä-mien oder mit der Möglichkeit eines früheren Fahrerlaubniserwerbs einher ginge.

Unseres Erachtens nach sind die erwähnten Beobachtungen und Befragungsergebnisse so zu interpretieren, dass der Fahrdatenspeicher bei vielen jungen Fahrern auch ohne gesetzliche Verordnung auf eine deutlich höhere Akzeptanz und Umsetzungsbereitschaft treffen würde, um in der Folge dann deutlich präventive Wirkungen im Sinne der Unfallverhütung und der Einübung sicherer Fahrstile zu erzielen.

Im Projekt „Moderne Verkehrstechnologie – Fahrdatenspeicher FDS und Junge Fahrer“ konnte – entgegen aller vorheriger Erwartung – kein Präventionseffekt in befriedigendem Umfang nachgewiesen werden. Dies liegt nach heutiger Erkenntnis an dem Umstand, dass in diesem Projekt der Fahrdatenspeicher selbst, in seiner Black Box-Version als alleiniger Wir-kungsfaktor im Fokus stand, ohne Einbindung etwa in die institutionellen Rahmenbedingun-gen eines Unternehmens oder einer Behörde, mit ihren verschiedenen Möglichkeiten und Strukturen der Herstellung von Verbindlichkeit und Informationsaustausch; oder ohne die Verknüpfung mit Anreizen, die ein Sich-Einlassen auf den Fahrdatenspeicher hätten „anfüt-tern“ können. So konnte der Fahrdatenspeicher seine Potenziale an Akzeptanz und Umset-zung bei den jungen Fahrern in Projekt, damit auch seine präventiven Wirkungen in nur sub-optimalem Ausmaß ausschöpfen.

Zum Abschluss des Berichts seien unter der Zielausrichtung „Benutzeroberfläche“ ein paar Eckpunkte eines Anforderungsprofils für einen praktikablen und kommunikativ starken Fahr-datenspeicher genannt, der ohne gesetzliche Bestimmung im Markt des motorisierten Indivi-dualverkehrs eine Durchsetzungschance hätte und damit auch im Sinne der Verkehrssicher-heit wirksam werden könnte. Es geht um das Modell eines Fahrdatenspeichers, der mit seiner Benutzeroberfläche

• dialogische Möglichkeiten des Umgangs, d.h. Einwirkungsmöglichkeiten bietet (Abfra-gen verschiedener Daten; Einstellung individueller Profile usw.).

• Anschaulichkeit gewährt, zur unmittelbaren Selbsteinschätzung der momentanen Fahr-verfassung („Bin ich im roten oder im grünen Bereich?“).

• „freundlich“ bleibt, sich nicht „versteckt“, keine Ängste vor zusätzlichen „elektronischen Spuren“ provoziert oder sich als ein weiteres, modern-elektronisches Disziplinierungsin-strument erweist.

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• „klare Sprache spricht“, sei es im Sinne positiver Bestätigung des Fahrverhaltens oder im Sinne der Unmissverständlichkeit von Daten, an denen nichts zu interpretieren ist und die Anlass geben könnten, das Fahrverhalten zu ändern.

• zu modernen Lebenswelten mehr Kompatibilität aufweist und von daher integrierbarer wird (s. das elektronische Monitoring im Zusammenhang moderner Lifestyles, etwa bei Fitness/Gesundheit, Finanzen/Zahlungsmittel, PC/Internet).

• Fahrstile entwickeln hilft, die sich durch eine mehr pilotierende Fahrweise und Fahrästhe-tik auszeichnen („Fahrstiloptimierung in Echtzeit“; „Verkehrs-Flow-Management“).

• an Navigations- und Informationssysteme angekoppelt werden kann und auf diesem We-ge mehr „Realitätstüchtigkeit“, d.h. auch Einwirkung auf Sicherheit hat.

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4 Anhang: Die Befragungsbögen

4.1 Befragungsbogen Experimentalgruppe „Alles nur eine Sache der Gewöhnung? Bitte wählen Sie durch Ankreuzen jeweils die Bewertung für die folgenden Aussagen aus, die für Sie bzw. Ihrer Meinung nach am ehesten zutrifft. (Bitte nur ein Kreuz pro Aussage!)

trifft voll zu

trifft eher zu

trifft weniger

zu

trifft nicht zu

1.1 Am Anfang fand ich den FDS ziemlich aufregend.

1.2 Nach einiger Zeit vergisst man, dass der FDS im Auto ist.

1.3 Ich habe zuerst sehr darauf geachtet, keine Fehler zu machen.

1.4 Wenn ich allein fahre, denke ich öfter an den FDS, als wenn noch jemand mitfährt.

1.5 Ich habe mir durch den FDS angewöhnt, die Vorschrif-ten genauer zu beachten und dies auch so beibehalten.

1.6 Am Anfang des Projekts habe ich gedacht, ich würde anders fahren, bin dann aber doch genauso wie vorher gefahren.

1.7 Wenn ich nicht beim Projekt mitgemacht hätte, hätte ich in dieser Zeit wohl öfter eine Strafe zahlen müssen.

1.8 Nach Projektabschluss habe ich den FDS: (bitte wählen Sie eine oder auch mehrere Möglichkeiten aus)

weiter in Gebrauch in mein neues Fahrzeug eingebaut

nicht mehr in Gebrauch mit dem alten Fahrzeug verkauft

„abgeklemmt“ ausgebaut 1.9 Den Einfluss des FDS auf mein Fahrverhalten schätze ich jetzt so ein: (bitte entscheiden Sie sich für eine Möglichkeit) Der FDS hat Einfluss auf mein Fahrverhalten

keinen Einfluss auf mein Fahrverhalten 1.10 Hat die Projektteilnahme Ihre Einschätzung von Verkehrssituationen verändert? (bitte entscheiden Sie sich für eine Möglichkeit)

Ja, ich sehe immer mehr, wie viele gefährliche Verkehrssituationen es doch gibt.

Nein, meine Einschätzungen von Verkehrssituationen haben sich nicht verändert.

Mit zunehmender Erfahrung merkt man, dass viele Verkehrssituationen gar nicht so brenzlig sind.

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1.11 Für mich hat der FDS folgende(n) Nutzen: (bitte wählen Sie eine oder auch mehrere Möglichkeiten aus)

Das Gefühl, ein guter Fahrer zu sein

Die Sicherheit, im Zweifelsfalle mein Recht zu bekommen

Er hält mich von unbesonnenem Fahren ab

Meine Familie / meine Freunde finden es gut, dass ich mit FDS fahre

Ich sehe kaum Vorteile für mich 1.12 Ohne FDS fahre ich: (bitte wählen Sie eine oder auch mehrere Möglichkeiten aus)

schneller wie sonst auch langsamer vorsichtiger

riskanter sportlicher entspannter aufmerksamer

etwas freier etwas lockerer im Umgang mit den Verkehrsregeln „Mehr oder weniger Sicherheit mit FDS?“ Bitte wählen Sie durch Ankreuzen jeweils die Bewertung für die folgenden Aussagen aus, die für Sie bzw. Ihrer Meinung nach am ehesten zutrifft. (Bitte nur ein Kreuz pro Aussage!)

trifft voll zu

trifft eher zu

trifft weniger

zu

trifft nicht zu

2.1 Durch den FDS überlegt man sich zweimal, wie man sich in einer brenzligen Situation verhält (z.B. Überholma-növer, Einscheren).

2.2 Mit Beifahrern wird schon mal über den FDS gespro-chen.

2.3 Ich habe schon mal einen Fehler gemacht, weil mich der FDS verunsichert hat.

2.4 Das Piepen vom FDS beim Anlassen nervt manchmal.

2.5 Wenn ich im Recht bin, dann fahre ich auch so. Der FDS kann das im Zweifelsfall ja auch bestätigen.

2.6 Manchmal kam / komme ich mir vor meinen Freunden ganz schön blöd vor mit dem FDS in meinem Wagen.

2.7 Manchmal beneide ich andere Autofahrer, die ohne FDS fahren können, wie sie wollen.

2.8 Manchmal denke ich, ohne FDS würde ich mich unsi-cherer fühlen.

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trifft voll zu

trifft eher zu

trifft weniger

zu

trifft nicht zu

2.9 Frauen finden den FDS besser als Männer.

2.10 Auch mit dem FDS fährt man, wie man will.

„...ganz ohne Risiko?“ Bitte wählen Sie durch Ankreuzen jeweils die Bewertung für die folgenden Aussagen aus, die für Sie bzw. Ihrer Meinung nach am ehesten zutrifft. (Bitte nur ein Kreuz pro Aussage!)

trifft voll zu

trifft eher zu

trifft weniger

zu

trifft nicht zu

3.1 Fahranfänger haben Schwierigkeiten, zügig und sicher einzuparken.

3.2 Fahranfänger haben Schwierigkeiten, Kurven richtig einzuschätzen.

3.3 Als Fahranfänger kann es einem passieren, dass man zu zögerlich bremst.

3.4 Peinlich wird es, wenn man durch seine Fahrmanöver auffällt.

3.5 Meine Freunde sollen wissen, dass ich mein Auto be-herrsche.

3.6 Fahranfänger haben größere Schwierigkeiten, das Fahrverhalten anderer einzuschätzen.

3.7 Wenn ich eine Frau mitnehme, fahre ich aufmerksa-mer als sonst.

3.8 Nachts macht das Fahren mehr Spaß, weil man dann auch mal „freie Bahn“ hat.

3.9 Ich meine, manchmal gilt auch beim Autofahren: „No Risk – No Fun“.

3.10 Durch häufigere und deutlichere Geschwindigkeits-begrenzungen würden weniger Unfälle passieren.

3.11 Manchmal hat man Geschwindigkeitsbegrenzungen an Stellen, wo dies eigentlich nicht erforderlich wäre.

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Vierboom & Härlen Wirtschaftspsychologen

trifft voll zu

trifft eher zu

trifft weniger

zu

trifft nicht zu

3.12 Man sollte auch bei den älteren Autofahrern hin-schauen – die fahren doch viel riskanter.

3.13 Wenn ich richtig Stress hatte, dann nutze ich das Autofahren, um mich zu entspannen.

3.14 Nach einem anstrengenden Tag tut es gut, beim Fahren die richtige Musik aufzudrehen.

3.15 Egal, wie mein Tag gelaufen ist, ich fahre so wie im-mer.

3.16 Wenn man die ersten zwei Jahre Fahrerfahrung hin-ter sich hat, dann ist man ein sicherer Fahrer.

3.17 Wenn alle anderen schneller fahren, dann versuche ich mitzuhalten.

3.18 Wenn man vorschriftsmäßig fährt, fühlt man sich als Verkehrs-Hindernis.

3.19 Ein gut ausgerüstetes und technisch einwandfreies Fahrzeug ist wichtig.

3.20 Ein absolutes Alkoholverbot für Fahranfänger würde dazu führen, dass weniger Unfälle passieren.

3.21 Drogen passen nicht zum Autofahren.

3.22 Eindeutige Verbote (z.B. 0,0 ‰) geben mehr Klar-heit, wie man sich verhalten soll.

3.23 Meine eigene Fahrweise beurteile ich im Vergleich zu meiner Altersgruppe als: (bitte wählen Sie eine oder auch mehrere Möglichkeiten aus)

schneller normal langsamer vorsichtiger

riskanter sportlicher entspannter aufmerksamer

sicherer etwas gewissenhafter im Umgang mit den Verkehrsregeln etwas lockerer im Umgang mit den Verkehrsregeln

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„Aller Anfang ist schwer...“ Bitte wählen Sie durch Ankreuzen jeweils die Bewertung für die folgenden Aussagen aus, die für Sie bzw. Ihrer Meinung nach am ehesten zutrifft. (Bitte nur ein Kreuz pro Aussage!)

trifft voll zu

trifft eher zu

trifft weniger

zu

trifft nicht zu

4.1 Schon in der Schule müsste über das Verhalten im Straßenverkehr viel öfter gesprochen werden.

4.2 Ich fände es gut, wenn man schon früher (Führer-schein mit 17) an das Autofahren herangeführt würde.

4.3 Meine Fahrschulausbildung hätte nicht besser sein können.

4.4 Die wichtigen Erfahrungen, die man als Fahrer macht, finden sich in der Fahrausbildung kaum wieder.

4.5 Der FDS wäre eine geeignete Auflage, wenn man den Führerschein schon mit 17 haben möchte.

4.6 Ich denke, man sollte nach der Fahrschule an Sicher-heitstrainings teilnehmen.

4.7 Ich würde gerne objektiv wissen, wie gut ich fahre.

4.8 Ich glaube, mit FDS begehen Fahranfänger in der Probezeit seltener Verkehrsverstöße.

4.9 Ein Sicherheitstraining wäre für Fahranfänger viel sinnvoller als mit FDS zu fahren.

4.10 Eine niedrigere Kfz-Versicherung für Autos, die den FDS eingebaut haben, wäre eine interessanter Anreiz.

4.11 Ich finde, die Kfz-Versicherer sollten sich grundsätz-lich über Angebote für Fahranfänger mehr Gedanken ma-chen.

4.12 Manchmal wäre es gut, innerhalb der Probezeit zu einem Erfahrungsaustausch eingeladen zu werden.

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„Zum Schluss: Ein Ausblick in die Zukunft“ Abschließend noch ein paar Fragen zur Zukunft der Fahrausbildung, mit denen wir Sie um Ihre Expertenmeinung bitten. In Medien und Öffentlichkeit wird in der letzten Zeit verstärkt über eine 2-phasige Fahraus-bildung diskutiert. Kernpunkt dieser zweiphasigen Fahrausbildung: Nimmt der Fahranfänger sechs Monate nach seiner Führerscheinprüfung an einem speziellen Seminar teil, so redu-ziert sich die Probezeit von zwei Jahren auf ein Jahr. 5.1 Sollte man eine solche 2-phasige Fahrausbildung wie beschrieben einrichten? (bitte entscheiden Sie sich für eine Möglichkeit)

Ja Nein 5.2 Was hat nach Ihrer Ansicht in der Fahrausbildung oder danach gefehlt? Wenn Sie die Fahrausbildung gestalten könnten, für welche Elemente bzw. Angebote würden Sie plädie-ren? (bitte wählen Sie eine oder auch mehrere Möglichkeiten aus)

Auch später noch erklärt bekommen, was man beim Fahren besser machen kann

Mehr Hintergrundwissen zu speziellen Risi-ken und Problemen von Fahranfängern

Informationsveranstaltung

Schleuderkurs

Fahr-Spar-Training für geringeren Sprit-verbrauch

Veranstaltung in der Region für junge Fahrer

Pannenkurs

Erste-Hilfe-Kurs

Hotline für Fragen, Probleme, Anregungen Schrauberkurs

Eventwochenende mit Freizeit-Spaß

Gruppenfahrt mit Erfahrungsaustausch

Infopost Rangier-Training Nichts davon

Andere Ideen:

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4.2 Befragungsbogen Kontrollgruppe „Alles nur eine Sache der Gewöhnung?“ Bitte wählen Sie durch Ankreuzen jeweils die Bewertung für die folgenden Aussagen aus, die für Sie bzw. Ihrer Meinung nach am ehesten zutrifft. (Bitte nur ein Kreuz pro Aussage!)

trifft voll zu

trifft eher zu

trifft weniger

zu

trifft nicht zu

1.1 Nach einiger Zeit vergisst man sicherlich, dass der FDS im Auto ist.

1.2 Ich glaube, auch mit dem FDS fährt man, wie man will.

1.3 Ich würde mir durch den FDS angewöhnen, die Vor-schriften genauer zu beachten.

1.4 Wenn ich nicht beim Projekt mitgemacht hätte, hätte ich in dieser Zeit wohl öfter eine Strafe zahlen müssen.

1.5 Nach unseren Projekttreffen bin ich jedes Mal etwas aufmerksamer gefahren.

1.6 Ich fahre seit dem Projektende lockerer und entspann-ter.

1.7 Hat die Projektteilnahme Ihre Einschätzung von Verkehrssituationen verändert? (bitte entscheiden Sie sich für eine Möglichkeit)

Ja, ich sehe immer mehr, wie viele gefährliche Verkehrssituationen es doch gibt.

Nein, meine Einschätzungen von Verkehrssituationen haben sich kaum verändert.

Mit zunehmender Erfahrung merkt man, dass viele Verkehrssituationen gar nicht so brenzlig sind.

1.8 Für mich hätte der FDS folgende(n) Nutzen: (bitte wählen Sie eine oder auch mehrere Möglichkeiten aus)

Das Gefühl, ein guter Fahrer zu sein

Die Sicherheit, im Zweifelsfalle mein Recht zu bekommen

Er würde mich von unbesonnenem Fahren abhalten

Meine Familie / meine Freunde fänden es bestimmt gut, wenn ich mit FDS fahre

Ich hätte kaum Vorteile

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„Mehr oder weniger Sicherheit mit FDS?“ Bitte wählen Sie durch Ankreuzen jeweils die Bewertung für die folgenden Aussagen aus, die für Sie bzw. Ihrer Meinung nach am ehesten zutrifft. (Bitte nur ein Kreuz pro Aussage!)

trifft voll zu

trifft eher zu

trifft weniger

zu

trifft nicht zu

2.1 Durch den FDS überlegt man sich zweimal, wie man sich in einer brenzligen Situation verhält (z.B. Überholma-növer, Einscheren).

2.2 Ich könnte mir vorstellen, dass andere blöde Bemer-kungen machen, wenn ich mit FDS fahren würde.

2.3 Ich glaube, Frauen finden den FDS besser als Män-ner.

2.4 Mit einem FDS würde ich mich wahrscheinlich siche-rer fühlen.

2.5 Manchmal habe ich mir vorgestellt, wie das Fahren mit einem FDS wäre.

„...Ganz ohne Risiko?“ Bitte wählen Sie durch Ankreuzen jeweils die Bewertung für die folgenden Aussagen aus, die für Sie bzw. Ihrer Meinung nach am ehesten zutrifft. (Bitte nur ein Kreuz pro Aussage!)

trifft voll zu

trifft eher zu

trifft weniger

zu

trifft nicht zu

3.1 Fahranfänger haben Schwierigkeiten, zügig und sicher einzuparken.

3.2 Fahranfänger haben Schwierigkeiten, Kurven richtig einzuschätzen.

3.3 Als Fahranfänger kann es einem passieren, dass man zu zögerlich bremst.

3.4 Peinlich wird es, wenn man durch seine Fahrmanöver auffällt.

3.5 Meine Freunde sollen wissen, dass ich mein Auto be-herrsche.

3.6 Fahranfänger haben größere Schwierigkeiten, das Fahrverhalten anderer einzuschätzen.

3.7 Wenn ich eine Frau mitnehme, fahre ich aufmerksa-mer als sonst.

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trifft voll zu

trifft eher zu

trifft weniger

zu

trifft nicht zu

3.8 Nachts macht das Fahren manchmal mehr Spaß, weil man dann auch mal „freie Bahn“ hat.

3.9. Ich meine, manchmal gilt auch beim Autofahren: „No Risk – No Fun“.

3.10 Durch häufigere und deutlichere Geschwindigkeits-begrenzungen würden weniger Unfälle passieren.

3.11 Manchmal hat man Geschwindigkeitsbegrenzungen an Stellen, wo dies eigentlich nicht erforderlich wäre.

3.12 Man sollte auch bei den älteren Autofahrern hin-schauen – die fahren doch viel riskanter.

3.13 Wenn ich richtig Stress hatte, dann nutze ich das Autofahren, um mich zu entspannen.

3.14 Nach einem anstrengenden Tag tut es gut, beim Fahren die richtige Musik aufzudrehen.

3.15 Egal, wie mein Tag gelaufen ist, ich fahre so wie im-mer.

3.16 Wenn man die ersten zwei Jahre Fahrerfahrung hin-ter sich hat, dann ist man ein sicherer Fahrer.

3.17 Wenn alle anderen schneller fahren, dann versuche ich mitzuhalten.

3.18 Wenn man vorschriftsmäßig fährt, fühlt man sich als Verkehrs-Hindernis.

3.19 Ein gut ausgerüstetes und technisch einwandfreies Fahrzeug ist wichtig.

3.20 Ein absolutes Alkoholverbot für Fahranfänger würde dazu führen, dass weniger Unfälle passieren.

3.21 Drogen passen nicht zum Autofahren.

3.22 Eindeutige Verbote (z.B. 0,0 ‰) geben mehr Klar-heit, wie man sich verhalten soll.

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Page 49: KriSiS - Kritische Situationen im Blickfeld des ... · KriSiS - Kritische Situationen im Blickfeld des Fahrdatenspeichers Quantitative Folgeuntersuchung zur Weiterentwicklung der

Vierboom & Härlen Wirtschaftspsychologen

3.23 Meine eigene Fahrweise beurteile ich im Vergleich zu meiner Altersgruppe als: (bitte wählen Sie eine oder auch mehrere Möglichkeiten aus)

schneller normal langsamer vorsichtiger

riskanter sportlicher entspannter aufmerksamer

sicherer etwas gewissenhafter im Umgang mit den Verkehrsregeln etwas lockerer im Umgang mit den Verkehrsregeln „Aller Anfang ist schwer...!?“ Bitte wählen Sie durch Ankreuzen jeweils die Bewertung für die folgenden Aussagen aus, die für Sie bzw. Ihrer Meinung nach am ehesten zutrifft. (Bitte nur ein Kreuz pro Aussage!)

trifft voll zu

trifft eher zu

trifft weniger

zu

trifft nicht zu

4.1 Schon in der Schule müsste über das Verhalten im Straßenverkehr viel öfter gesprochen werden.

4.2 Ich fände es gut, wenn man schon früher (Führer-schein mit 17) an das Autofahren herangeführt würde.

4.3 Meine Fahrschulausbildung hätte nicht besser sein können.

4.4 Die wichtigen Erfahrungen, die man als Fahrer macht, finden sich in der Fahrausbildung kaum wieder.

4.5 Der FDS wäre eine geeignete Auflage, wenn man den Führerschein schon mit 17 haben möchte.

4.6 Ich denke, man sollte nach der Fahrschule an Sicher-heitstrainings teilnehmen.

4.7 Ich würde gerne objektiv wissen, wie gut ich fahre.

4.8 Ich glaube, mit FDS begehen Fahranfänger in der Probezeit seltener Verkehrsverstöße.

4.9 Ein Sicherheitstraining wäre für Fahranfänger viel sinnvoller als mit FDS zu fahren.

4.10 Eine niedrigere Kfz-Versicherung für Autos, die den FDS eingebaut haben, wäre ein interessanter Anreiz.

4.11 Ich finde, die Kfz-Versicherer sollten sich grundsätz-lich über Angebote für Fahranfänger mehr Gedanken ma-chen.

4.10 Manchmal wäre es gut, innerhalb der Probezeit zu einem Erfahrungsaustausch eingeladen zu werden.

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Vierboom & Härlen Wirtschaftspsychologen

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„Zum Schluss: Ein Ausblick in die Zukunft“ Abschließend noch ein paar Fragen zur Zukunft der Fahrausbildung, mit denen wir Sie um Ihre Expertenmeinung bitten. In Medien und Öffentlichkeit wird in der letzten Zeit verstärkt über eine 2-phasige Fahraus-bildung diskutiert . Kernpunkt dieser zweiphasigen Fahrausbildung: Nimmt der Fahranfänger sechs Monate nach seiner Führerscheinprüfung an einem speziellen Seminar teil, so redu-ziert sich die Probezeit von zwei Jahren auf ein Jahr. 3.2 Sollte man eine solche 2-phasige Fahrausbildung wie beschrieben einrichten? (bitte entscheiden Sie sich für eine Möglichkeit)

Ja Nein 5.2 Was hat nach Ihrer Ansicht in der Fahrausbildung gefehlt? Wenn Sie die Fahrausbil-dung gestalten könnten, für welche Elemente bzw. Angebote würden Sie plädieren? (bitte wählen Sie eine oder auch mehrere Möglichkeiten aus)

Auch später noch erklärt bekommen, was man beim Fahren besser machen kann

Mehr Hintergrundwissen zu speziellen Risi-ken und Problemen von Fahranfängern

Informationsveranstaltung

Schleuderkurs

Fahr-Spar-Training für geringeren Sprit-verbrauch

Veranstaltung in der Region für junge Fahrer

Pannenkurs

Erste-Hilfe-Kurs

Hotline für Fragen, Probleme, Anregungen Schrauberkurs

Eventwochenende mit Freizeit-Spaß

Gruppenfahrt mit Erfahrungsaustausch

Infopost Rangier-Training

Nichts davon

Andere Ideen: