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Einfluss von Fungiziden auf die Dynamik der Belagsbildung an Weinreben Effect of fungicides on the dynamics of deposit formation on grapevine Influence des fongicides sur le dynamisme de la formation du dépôt aux vignes DR. HERIBERT KOCH UND OLIVER STRUB, DIENSTLEISTUNGSZENTRUM LÄNDLICHER RAUM RHEINHESSEN NAHE HUNSRÜCK, BAD KREUZNACH Einleitung Bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln auf einen Pflanzenbestand kommt es ent- scheidend auf die Belagsbildung am einzelnen Zielobjekt an. Der dort erzeugte Initialbelag ist Ausgangspunkt für jegliche folgenden Effekte wie biologische Wirksamkeit, Rückstandsverhalten, Nebenwirkungen, Verflüchtigung, usw.. Die ausgebrachte Wassermenge als Trägerstoff und O- berflächeneigenschaften von Blättern und Trauben beeinflussen die Retention in ganz erheblicher Weise. Grundsätzlich kann nur die am einzelnen Zielobjekt angelagerte Stoffmenge auch an die- sem Zielobjekt Wirkung entfalten. Deshalb wird pauschal gleichmäßige Verteilung gefordert. In einem Pflanzenbestand ist ein einheitlicher Belag auf allen Blättern oder Trauben nicht erreichbar, da der Applikationsprozess eine Abfolge mehrerer überlappender Zufallsprozesse ist. Im Ergebnis ergibt sich eine große Variabilität von Belagsmassen mit üblicherweise einer Spannbreite in der Größenordnung um den Faktor 15 (KOCH U. WEIßER, 1994). Bei jeder Pflanzenschutzmittelapplika- tion kommt es auch auf die Vermeidung von Verlusten an. Nicht angelagerte Spritzflüssigkeit kos- tet Geld und trägt nicht zur Wirkung bei. Deshalb müssen Verluste durch Abfließen (zu hohe Was- sermenge) ebenso vermieden werden wie Verluste durch Abdrift (falsche Geräteeinstellung und sehr feintropfige Applikation). Neuere Arbeiten zeigen, dass die Pflanzenschutzmittel selbst auf Grund ihrer Formulierung die Belagsbildung hinsichtlich Retention, Belagsmasse und Belagsstruktur massiv beeinflussen (KOCH U. STRUB, 2006). Dabei können sich auch sehr unterschiedliche Effekte ergeben hinsichtlich der Beläge auf Beeren, Stielgerüst und Blattoberflächen mit wahrscheinlich relevanter Bedeutung für die biologische Wirksamkeit (KOCH et al., 2006). Belagsbildung an Blatt, Beere und Stielgerüst In den hier vorgestellten Untersuchungen wurde die Belagsbildung mit Hilfe einer Video- kamera aufgezeichnet. Es kam darauf an, den Moment des Auftreffens der Spritztropfen sowie die unmittelbar darauf folgende Phase zu dokumentieren und zu visualisieren. Dabei zeigt sich eine erhebliche Bandbreite des Verhaltens auf den verschiedenen Oberflächen der Weinrebe. Während die Blattoberseite von Rebblättern sehr leicht benetzbar ist und Fließ- prozesse rasch einsetzen, sind Beeren sehr schwer benetzbar, so dass Spritztröpfchen kaum haften bleiben. Einzelne Präparate verhalten sich sehr unterschiedlich, so dass Zu- satzstoffe in bestimmter Hinsicht deutliche Effekte bringen. Das gesamte Geschehen wird weiterhin modifiziert durch das Tropfenspektrum und die Wassermenge. Beispielhaft untersucht wurden: Düsen: ATR gelb bzw. rot (feintropfig) und AVI 015 bzw. 03 (grobtropfig) Wasseraufwandmenge: 400 l/ha und 800l/ha Fungizide: Topas, Teldor, Cantus, Prosper, Zusatzstoff: Break Thru S 240 Die Untersuchungen wurden auf einer Laborspritzbahn durchgeführt, d.h., ohne Gebläse- luftstrom. Die Vielzahl der Kombinationen kann hier nicht dargestellt werden. Im Bild sollen aber einige ausgewählte Varianten gezeigt werden, so dass deutlich wird, welch unterschied- liche Prozesse in der Praxis auftreten. Damit lässt sich auch sehr deutlich sagen, dass Zu- satzstoffe nicht in jedem Fall Verbesserungen bringen. In Abb. 1 sind die Belagsmassen auf den Beeren von 40 untersuchten Trauben sowie den 40 Stielgerüsten jeweils einzeln und als Mittelwert dargestellt. Es wird angenommen, dass bei den niedrigsten Belagsmassen zuerst Krankheitsbefall auftreten wird. Insofern ist der Mittelwert als Kenngröße für die Belagsmasse nur bedingt geeignet, wenn es darum geht die Applikationsqualität zu beschreiben oder einen Bezug zur biologischen Wirksamkeit her- zuleiten. Besser geeignet ist die Angabe des Anteils der Zielobjekte mit geringer Belagsmas- se.

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Page 1: Koch Intervitis 2007-Einfluss von Fungiziden Belagsbildung · ab. Andere Präparate spreiten im Moment des Auftreffens der Tropfen und bilden rasch ei-nen hohen Bedeckungsgrad. Besonders

Einfluss von Fungiziden auf die Dynamik der Belagsbildung an Weinreben

Effect of fungicides on the dynamics of deposit formation on grapevine

Influence des fongicides sur le dynamisme de la formation du dépôt aux vignes

DR. HERIBERT KOCH UND OLIVER STRUB, DIENSTLEISTUNGSZENTRUM LÄNDLICHER RAUM

RHEINHESSEN NAHE HUNSRÜCK, BAD KREUZNACH

Einleitung

Bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln auf einen Pflanzenbestand kommt es ent-scheidend auf die Belagsbildung am einzelnen Zielobjekt an. Der dort erzeugte Initialbelag ist Ausgangspunkt für jegliche folgenden Effekte wie biologische Wirksamkeit, Rückstandsverhalten, Nebenwirkungen, Verflüchtigung, usw.. Die ausgebrachte Wassermenge als Trägerstoff und O-berflächeneigenschaften von Blättern und Trauben beeinflussen die Retention in ganz erheblicher Weise. Grundsätzlich kann nur die am einzelnen Zielobjekt angelagerte Stoffmenge auch an die-sem Zielobjekt Wirkung entfalten. Deshalb wird pauschal gleichmäßige Verteilung gefordert. In einem Pflanzenbestand ist ein einheitlicher Belag auf allen Blättern oder Trauben nicht erreichbar, da der Applikationsprozess eine Abfolge mehrerer überlappender Zufallsprozesse ist. Im Ergebnis ergibt sich eine große Variabilität von Belagsmassen mit üblicherweise einer Spannbreite in der Größenordnung um den Faktor 15 (KOCH U. WEIßER, 1994). Bei jeder Pflanzenschutzmittelapplika-tion kommt es auch auf die Vermeidung von Verlusten an. Nicht angelagerte Spritzflüssigkeit kos-tet Geld und trägt nicht zur Wirkung bei. Deshalb müssen Verluste durch Abfließen (zu hohe Was-sermenge) ebenso vermieden werden wie Verluste durch Abdrift (falsche Geräteeinstellung und sehr feintropfige Applikation).

Neuere Arbeiten zeigen, dass die Pflanzenschutzmittel selbst auf Grund ihrer Formulierung die Belagsbildung hinsichtlich Retention, Belagsmasse und Belagsstruktur massiv beeinflussen (KOCH

U. STRUB, 2006). Dabei können sich auch sehr unterschiedliche Effekte ergeben hinsichtlich der Beläge auf Beeren, Stielgerüst und Blattoberflächen mit wahrscheinlich relevanter Bedeutung für die biologische Wirksamkeit (KOCH et al., 2006).

Belagsbildung an Blatt, Beere und Stielgerüst

In den hier vorgestellten Untersuchungen wurde die Belagsbildung mit Hilfe einer Video-kamera aufgezeichnet. Es kam darauf an, den Moment des Auftreffens der Spritztropfen sowie die unmittelbar darauf folgende Phase zu dokumentieren und zu visualisieren. Dabei zeigt sich eine erhebliche Bandbreite des Verhaltens auf den verschiedenen Oberflächen der Weinrebe. Während die Blattoberseite von Rebblättern sehr leicht benetzbar ist und Fließ-prozesse rasch einsetzen, sind Beeren sehr schwer benetzbar, so dass Spritztröpfchen kaum haften bleiben. Einzelne Präparate verhalten sich sehr unterschiedlich, so dass Zu-satzstoffe in bestimmter Hinsicht deutliche Effekte bringen. Das gesamte Geschehen wird weiterhin modifiziert durch das Tropfenspektrum und die Wassermenge.

Beispielhaft untersucht wurden: Düsen: ATR gelb bzw. rot (feintropfig) und AVI 015 bzw. 03 (grobtropfig) Wasseraufwandmenge: 400 l/ha und 800l/ha Fungizide: Topas, Teldor, Cantus, Prosper, Zusatzstoff: Break Thru S 240

Die Untersuchungen wurden auf einer Laborspritzbahn durchgeführt, d.h., ohne Gebläse-luftstrom. Die Vielzahl der Kombinationen kann hier nicht dargestellt werden. Im Bild sollen aber einige ausgewählte Varianten gezeigt werden, so dass deutlich wird, welch unterschied-liche Prozesse in der Praxis auftreten. Damit lässt sich auch sehr deutlich sagen, dass Zu-satzstoffe nicht in jedem Fall Verbesserungen bringen.

In Abb. 1 sind die Belagsmassen auf den Beeren von 40 untersuchten Trauben sowie den 40 Stielgerüsten jeweils einzeln und als Mittelwert dargestellt. Es wird angenommen, dass bei den niedrigsten Belagsmassen zuerst Krankheitsbefall auftreten wird. Insofern ist der Mittelwert als Kenngröße für die Belagsmasse nur bedingt geeignet, wenn es darum geht die Applikationsqualität zu beschreiben oder einen Bezug zur biologischen Wirksamkeit her-zuleiten. Besser geeignet ist die Angabe des Anteils der Zielobjekte mit geringer Belagsmas-se.

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Abb. 1: gewichtsbezogene Belagsmassen (ng/g) an Beeren und Stielgerüst von 40 Trauben zeigen sehr hohe Beläge am Stielgerüst (17.7.2006, BBCH 78). Die Produktmischung B erhöht die mittlere Belags-masse an den Beeren von 202 auf 325 ng/g und reduziert die mittlere Belagsmasse am Stielgerüst von 2812 auf 2294 ng/g. Das Verhältnis von 40:60 (A) wird umgekehrt bei B.

Abb. 1 zeigt auch deutlich, dass bei Variante A 40 % der Belagsmasse an den Trauben auf den Beeren angelagert ist und ca. 60% an den Rappen. In Variante B ist das Verhältnis umgekehrt, d.h., an den Beeren befindet sich 60% des Initialbelages und an den Rappen 40%. Dieses Beispiel zeigt einen erheblichen Handlungsspielraum und ggf. eine Möglichkeit zum zielgerichteten Handeln. Je nachdem, ob die Beeren im Vordergrund stehen oder das Stielgerüst kann die eine oder die andere Vorgehensweise vorteilhaft sein. Allerdings sind weitere Untersuchungen erforderlich, um zu klären, was dieser Unterschied für die biologi-sche Wirksamkeit bedeutet.

Abb. 2 zeigt Bildsequenzen für 4 Fungizide bzw. Mischungen. Das erste Bild jeder Se-quenz wurde jeweils vor der Applikation aufgenommen. Die Effekte auf der Traube sind al-lein durch das verwendete Pflanzenschutzmittel verursacht. Alle anderen Parameter wurden nicht verändert. Die Wasseraufwandmenge lag mit rechnerischen 400 l/ha in einer Größen-ordnung, bei der die Retentionskapazität nicht überschritten ist und Fließprozesse noch nicht auftreten.

Die beiden rechten Spalten zeigen das Fungizid Cantus in der höheren Wasseraufwand-menge. Cantus allein erzeugt selbst bei dem hohen Wasseraufwand von 800 l/ha auf dem Blatt ein Tropfenmuster, wobei sich das Belagsbild nach dem Anhaften der Tröpfchen prak-tisch nicht mehr verändert. Aus anderen Messungen wird abgeleitet, dass auftreffende Trop-fen auch zu einem erheblichen Teil nicht anlagern sondern abprallen, mit geringerer Be-lagsmasse als Ergebnis. Das Additiv verändert die Oberflächenspannung der Spritzflüssig-keit, so dass die hohe Flüssigkeitsmenge auf der Blattoberseite nicht mehr gehalten werden kann. Es kommt zu Fließprozessen mit einem sehr hohen Bedeckungsgrad und schließlich zum Abtropfen.

Diskussion und weiteres Vorgehen

Belagsmessungen an Beeren Stielgerüst und Blatt zeigen, dass die Belagsbildung an diesen Zielobjekten bedingt durch deren verschiedenartige Oberfläche jeweils sehr unter-schiedlich abläuft. Außerdem verhalten sich die Präparate ebenfalls sehr unterschiedlich. Je nach Formulierung und Formulierungshilfsstoffen werden die Eigenschaften der Spritzflüs-sigkeit, z.B. die Oberflächenspannung mehr oder weniger stark verändert. Die Belagsmes-sungen zeigen weiterhin einen eindeutigen Vorteil grobtropfiger Applikation. Hier werden tendenziell höhere Belagswerte erreicht, was erklärt, dass bei grobtropfiger Applikation in vielen Fällen die biologische Wirksamkeit besser ist.

Einige der untersuchten Fungizide lagern sich auf Beeren mit sehr geringer Kontaktfläche ab. Andere Präparate spreiten im Moment des Auftreffens der Tropfen und bilden rasch ei-nen hohen Bedeckungsgrad. Besonders bemerkenswert ist der Belagsmassenunterschied zwischen Stielgerüst und Beeren. Das Stielgerüst ist wesentlich besser benetzbar als die wachsige Beerenoberfläche.

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Abb. 2: Beispielhafte Bildsequenzen für produktbedingte Beeinflussung der Belagsbildung an Beeren, Stielgerüst und Blattoberseite der Weinrebe. Spalte 1: Prosper, AVI 80 015, 400 l/ha, Spalte 3: Cantus, AVI 80 03, 800 l/ha, Spalte 2: Scala, AVI 80 015, 400 l/ha, Spalte 4: Cantus, Break Thru, AVI 80 03, 800 l/ha;

Insofern muss aus Sicht der Phytopathologie geklärt werden, an welcher Position bzw. an welchem Zielobjekt ein Wirkstoff in einem bestimmten Entwicklungsstadium seine biologi-sche Wirksamkeit am besten entwickeln kann. Da nicht immer nur ein einzelner Schaderre-ger bekämpft wird und deshalb Tankmischungen appliziert werden, muss außerdem klar formuliert werden, welcher Schadorganismus - und damit welches Zielobjekt - an einem Behandlungstermin im Vordergrund steht, oder ob gegen alle gleichrangig vorgegangen werden sollte. Anders ausgedrückt heißt das, es muss klar sein ob sich z.B. eine Behand-lung nur nach den Erfordernissen der Traube (und dort Beere oder Stielgerüst) ausrichtet, oder ob gleichzeitig und gleichrangig auch das Laub geschützt werden muss. Oftmals wer-den dadurch Kompromisse notwendig, die den Pflanzenschutz nicht gerade einfacher ma-chen. Hilfreich wäre in diesem Zusammenhang eine weitere Verbreitung der Zweistoff

Gerätetechnik, womit gleichzeitig eine Applikation in die Traubenzone und ein weitere auf die gesamte Laubwand gerichtet werden kann. Dies umso mehr, als das Verständnis der Pro-zesse, die schließlich zum Initialbelag führen durch die dargelegten Arbeiten zunimmt und bei einer Ausrichtung auf eine bestimmte Krankheit wesentlich zur Optimierung von Dosie-rung und Pflanzenschutzmittel-Nutzung beitragen kann.

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Zusammenfassung

Zerstäubung und Retention von Spritzflüssigkeiten auf Pflanzenoberflächen sind abhän-gig von den physikalischen Eigenschaften der ausgebrachten Mischung und den Oberflä-chen der Zielobjekte im Bestand.

Pflanzenschutzmittel stehen als sehr unterschiedliche Formulierungen zur Verfügung und beeinflussen sowohl die Zerstäubung als auch die Retention auf Pflanzen, deren Oberflä-chen wiederum selbst Einfluss nehmen auf Belagsbildung und Belagsstruktur. Die Applikati-on von Pflanzenschutzmitteln ist als eine Abfolge überlappender Schritte von Zerstäubung über Tropfentransport, Retention und Bildung des Initialbelags an ungeordnet positionierten und beliebig ausgerichteten Zielobjekten zu verstehen. Diese überlappenden Zufallsprozes-se resultieren in einer weiten Variabilität der Belagsmassen (ng/cm²) auf den Zielobjekten eines Bestandes. Ein zusätzlich das Geschehen stark beeinflussender Faktor ist die Was-seraufwandmenge, die als Trägermaterial benötigt wird und damit bedeutsam ist für Belags-bildung, Belagsmasse und Bedeckungsgrad.

In dieser Arbeit wurde die Phase von Retention und Belagsbildung mit einer Videokamera aufgezeichnet, um Auswirkungen unterschiedlicher im Weinbau eingesetzter Fungizide auf die Retention vergleichen zu können. Es wird deutlich, dass die untersuchten Fungizide die Eigenschaften der Spritzflüssigkeit verändern und damit erheblichen Einfluss auf die Belags-struktur und die Verteilung im Bestand haben.

Auf Grund der Video-Sequenzen und erster Belagsmessungen können folgende Aussa-gen getroffen werden:

1. Die verschiedenen Fungizide verändern die Flüssigkeitseigenschaften erheblich, was sich in verschiedenen Belagsstrukturen zeigt.

2. Es zeigen sich deutliche Unterschiede auf den 4 relevanten Zielobjekt-Typen bei Reben (Blattober- und unterseite, Stielgerüst, Beeren).

3. Abweichende Eigenschaften der Spritzflüssigkeit führen zu unterschiedlichen Be-lagsmassen.

4. Durch Zusatz eines Additivs, das die Oberflächenspannung senkt, verändern sich Belagsstruktur und Belagsmassen (ng/cm²).

Reben, bzw. die genannten Organe der Reben sind je nach Entwicklungsstadium unter-schiedlich anfällig für Pilzkrankheiten. Dies ist epidemiologisch relevant und sollte auch bei Belagsmessungen zur Untersuchung der Applikationsqualität berücksichtigt werden. D.h., je nach Zielsetzung sollte zwischen Blattober- und Blattunterseite, dem Stielgerüst der Trauben und den Beeren unterschieden werden. Diese Oberflächen zeigen sehr spezifisches Retentionsverhalten.

Schlüsselwörter: Belagsbildung, Formulierung, Pflanzenschutzmittel, Belagsstruktur

Summary

The atomisation of spray fluids on plants depends on the physical properties of the delivered fluid. The retention on plants depends on surface characteristics of targets. Plant protection products (PPP) are used in very different types of formulation and affect both the spray fluid as well as the retention on plant surfaces which themselves have an affect on the formation of deposit magnitude and structure. The application of PPP is a sequence of overlapping processes which are atomisation, droplet transportation, retention and deposit formation. These processes result in a wide variability of deposits (ng/cm²) on targets in a canopy. Additionally the water volume needed as a carrier influences deposit and coverage as well.

In this work the retention process was video recorded in order to compare effects of fungicides/mixtures used in grapevine on the deposit formation. It can be demonstrated that the investigated chemical products result in different deposit structure.

Video sequences and first deposit measurements show: 1. There are differences in deposit structure induced by chemical products and their

inherent potential to change the fluid behaviour. 2. There are differences in deposit structure on the target types (upper and lower leaf

surface, pedicels/rachises, berries) in different growth stages. 3. There are differences in the magnitude of deposit (ng/cm²) depending on the

product. 4. There are different effects of an additive in combination with products on deposit

structure and deposit.

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Grape plants and plant organs are sensitive to various fungal diseases which affect

different parts of the plant at different growth stages. Consequently specific targets are identified and relevant for disease control throughout the growing season. It is necessary to consider deposits on upper and lower leaf side, berries and pedicels/ rachis separately because their surfaces show different retention characteristics of spray fluids.

Key words: spray deposit, deposit structure, plant protection product, formulation

Résumé

La pulvérisation et la rétention du liquide appliqué sur la surface des plantes dépendent des propriétés physiques du mélange et de la superficie de l échantillon choisi.

Les produits phytosanitaires sont disponibles selon des formules de conception et ont des propriétés diffèrentes comme lors de la pulvérisation, de la rétention sur les plantes dont les surfaces ont elles-mêmes de l influence sur la formation des dépôts et sur sa structure.

L application de produit phytosanitaire est une suite d étapes succéssives en partant de la pulvérisation, en passant par le transport des gouttes, la rétention et la formation des dépôts initiaux sur des cibles positionnées aléatoirement. Ce procédé aléatoire d étapes succéssives résulte d une certaine variabilité de la quantité de dépôt (ng/cm²) qui dépend notamment d un facteur très influent que représente la quantité d eau untilisée qui est un matériel de transport nécessaire et significatif pour la formation des dépôts, la quantité de dépôt et le degré de densité.

Dans ce travail, la phase de rétention et de formation de dépôt a été filmée, afin de comparer les différents effets des fongicides sur la rétention dans la viticulture. Il en ressort clairement que les fongicides étudiés modifient la fluidité du produit appliqué et par la-même possèdent une importante influence sur la structure du dépôt et sur la culture. De part les séquences filmées et les premières mesures des dépôts, les conclusions suivantes peuvent être tirées: 1. Les différents fongicides modifient de manière importante de fluidité, ce qui se constate

dans différentes structures des dépôts. 2. On constate clairement d importantes différences sur 4 échantillons typiques de la vigne

le dessus et le dessous de la feuille, la tige et les grains de raisin. 3. La modification des propriétés de la liquidité du produit appliqué conduit à des

différences de quantité des dépôts. 4. Au travers de l application d un additif la tension de la surface chute, la structure et la

quantité de dépôt (ng/cm²) sont modifiées.

La vigne et plus communément les organes de la vigne sont à chaque stade du développement différemment exposés aux contaminations de champignons. C est épidemiologiquement évident et cela devrait être pris en considèration pour la messure des dépôt et l analyse de la qualité des applications, qui doivent être faites séparemment sur le dessus et le dessous de la feuille, sur la tige et les grains de raisin. Ces surfaces montrent des capacités de rétention très spécifiques.

Literatur

Koch, H., G. Hill, H. Knewitz (2006): Untersuchungen zur differentiellen Belagsbildung an Blättern, Stielgerüst und Beeren bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln im Weinbau und deren potenzielle epidemiologische Relevanz. Mitt. Biol. Bundesanst. Land- Forstwirtsch. 400, 2006, S. 168. Koch, H. u. O. Strub (2006): Belagsbildung von Fungiziden an Raps, Poster, Mitt. Biol. Bun-desanst. Land- Forstwirtsch. 400, 2006, S. 425. Koch, H. u. P. Weißer (1994): Untersuchungen zur Variabilität von Initialbelägen bei der Applikation von Pflanzenschutzmitteln in Obstanlagen. Z. Pflanzenkrankh. Pflanzensch. 101, 634-640.

Dr. Heribert Koch und Oliver Strub Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen Nahe Hunsrück-, Rüdesheimerstr. 66-68 55545 Bad Kreuznach

Quelle: Koch, H. u. O. Strub (2007) Einfluss von Fungiziden auf die Dynamik der Belagsbildung an Weinre-ben. KTBL-Schrift 456, S 47-53.